Erinnerungskultur 2.0 · Das Projekt “1001 Geschichten über Dänemark”


1001 stories of Denmark
Screenshot der englischsprachigen
Android-App

Ich habe das Stichwort “Erinnerungskultur 2.0″ auf diesem Blog bei einem früheren Beitrag  bereits verwendet, es ging um ein norwegisches Projekt. Mal sehen, ob daraus nun sogar der Titel einer längeren Serie wird. Jedenfalls ist es hochspannend, zu beobachten, wie in Nordeuropa mehrere erinnerungskulturelle Projekte Elemente des Web 2.0 aufgreifen. In diesem Fall handelt es sich um das Projekt 1001 Geschichten über Dänemark, das erfreulicherweise nicht nur auf Dänisch, sondern nahezu vollständig (!) auch auf Englisch zugänglich ist. Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Die Seite verzeichnet 1001 Stätten des dänischen kulturellen Erbes, die sich mithilfe einer Karte oder nach verschiedenen Kriterien (zuletzt hochgeladen, am besten bewertet, alphabetisch) durchsuchen lassen. Eingetragene User können eigene Beiträge verfassen, andere Beiträge kommentieren, neue Orte hinzufügen und neben ihren eigenen Erzählungen auch Bild, Video- und Audiomaterial hochladen. Die 1001 ursprünglichen Einträge und die 50 übergreifenden Thementexte können nicht verändert, aber kommentiert werden. Betrieben wird die Seite von der Abteilung Kulturarv [Kulturerbe] innerhalb der Kulturstyrelsen, einer staatlichen Institution unter der Ägide des Kulturministeriums, welche als kulturpolitische administrative Zentrale fungiert.

Die Seite baut sehr stark auf die Einbindung der User durch ihre eigenen Beiträge. Hier ist auch die Wortwahl bemerkenswert, wenn mit dem dänischen “1001 fortællinger” dezidiert auf das “Geschichtenerzählen” verwiesen wird, persönlich gefärbte Erinnerungen also; die Beiträge gehen oft von eigenen Vorlieben oder der Wohn-, Arbeits- oder Kindheitsumgebung der Erzählenden aus. Da ist bei einigen schon eine gehörige Portion Nostalgie mit im Spiel, aber das ist auch gewollt, um die persönliche Note zusätzlich zu betonen. Im Anschluss an den oben bereits erwähnten Beitrag scheint es also, als ob der Beschäftigung mit Geschichte (als verabsolutierender Kollektivsingular) die subjektiven Geschichten vieler Einzelner entgegengesetzt werden sollen. Oder man könnte sagen: Monolithisch daherkommende, Allgemeingültigkeit für sich in Anspruch nehmende Deutungen werden durch solche persönlichen Beiträge aufgebrochen und bereichert. Es könnte gut sein, dass sich in bestimmten Bereichen der Geschichtsforschung künftig facettenreichere Bilder aufgrund solchen Materials zeichnen ließen. Könnten diese persönlichen Erzählungen und Kommentare nicht die Grundlage für künftige Forschungen über Alltagskultur, Lokalgeschichte und Geschichtskultur jenseits der etablierten Institutionen bilden? Auf jeden Fall besitzen solche Projekte erhebliches Potenzial zur Mobilisierung geschichtsinteressierter Privatpersonen. Auf diese Weise könnten sich viel breitere Kreise am öffentlichen Geschichtsdiskurs beteiligen. Luke Tredinnick schreibt in diesem Zusammenhang vom Potenzial digitaler Technologien, neue Arten von Geschichten zu kreieren und ein neues Verhältnis zur Vergangenheit zu erlauben.

“Technological innovation has augured what Henry Jenkins has described as ‘participatory’ culture, in which individuals more actively intervene in the structure and make-up of cultural discourse, fashioning the stuff of culture in more personal, fragmented, and playful ways. History is clearly succumbing to this participatory mode. It is not merely the opening up of primary source materials, from census data, to genealogical records, [that] has enabled individuals to construct their own disintermediated relationship with the past. It is also that the proliferation of popular histories, and a popular engagement with the past across both new and traditional media, creates a fertile interaction of the scholarly history and mass culture which cannot leave either unchanged.”

Die Frage ist natürlich, ob die professionelle Geschichtsforschung bereit ist, solche Stimmen wahrzunehmen. So manche Fachvertreter werden darauf setzen, dass sich qua Institutionalisierung und qua Reputationsaufbau innerhalb hermetischer disziplinärer Publikations- und Kommunikationsforen nicht allzuviel ändert. Die Deutungshierarchien oder auch -hegemonien dürften sich als langlebig erweisen. Von daher sollte das Augenmerk auch auf der Herausforderung liegen, welche die Öffnung des historischen Diskurses für so subjektive Stimmen wie auf 1001 Geschichten über Dänemark in sich birgt. Tredinnick spricht von “the making of histories [man beachte den Plural!] in digitally mediated contexts”. Wenn wir von Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter sprechen, sollten wir nicht nur davon reden, dass etablierte Akteure der Geschichtsvermittlung einfach den medialen Wandel vollziehen, so wichtig und bemerkenswert dies auch ist. Doch gerät in den Hintergrund, dass sich neue Formen und Foren für die Auseinandersetzung mit Geschichte herausbilden. “It is not merely that an objectively knowable past is repurposed for changing cultural contexts, but that different kinds of historical discourses are mobilized within a more participatory mode of cultural engagement. […] In the immediacy of digital culture, history perhaps regains part of its mythapoic [sic!] function.”

Zurück zu den Geschichten aus 1001 dänischen Erinnerungsorten: Ein einführendes Video (nachfolgend mit englischen Untertiteln) zeigt Suchmöglichkeiten und einige Beispiele für Userbeiträge und gibt einen guten ersten Eindruck – verbunden mit einigen humorigen Abschnitten, welche die Schwierigkeiten aufgreifen, eine gescheite Aufnahme hinzubekommen. Klar wird aber auch, wie verschieden die Beiträge ausfallen können, vom Hamlet-Gedenkstein inklusive Gedicht-Deklamation bis hin zu einem Stück Straßenmusik, von einem begeisterten Wissenschaftler am Niels-Bohr-Institut bis hin zu einer naturnahen Interpretation der dänischen Nationalhymne.

Ergänzt wird diese Seite durch Apps für mobile Endgeräte, die für iOs und für Android bereitstehen. Unterwegs kann man also den nächstgelegenen historischen Ort, der auf der Seite verzeichnet ist, z.B. auf dem Smartphone aufrufen und sich Hintergrundinformationen anzeigen lassen. Diese Anwendung hat noch Entwicklungspotenzial, doch die Erweiterung um solch eine mobile Variante ist eine klasse Sache. Der historische Reiseführer, der durch individuelle Kommentare noch mehr Einschätzungen dazu erlaubt, ob der fragliche Ort für einen selber wirklich interessant ist – das ist schon toll. Allerdings zeigt sich dann in einigen Regionen, dass die Dichte bei 1001 (plus weitere durch User hinzukommende) möglichen Besuchsorten streckenweise etwas dürftig ist. Auf Seeland (der Insel, auf der Kopenhagen liegt) findet man nun mal deutlich mehr Stätten des kulturellen Erbes als in einigen Teilen Jütlands. Außerdem könnte man sich die einleitenden Texte dann manchmal doch etwas grundlegender wünschen, um gedruckten Reiseführern ernsthafter Konkurrenz zu machen.

Auf der Hauptseite kann man einzelne Orte von besonderem Interesse zu einer Route zusammenstellen, um einen Trip von Geschichtsstätte zu Geschichtsstätte zu planen. Das verweist klar auf den immer weiter wachsenden Geschichtstourismus, dessen wirtschaftliche Implikationen durch einen eigenen Abschnitt zu Wirtshäusern und Hotels unterstrichen werden. Eine Auswahl von 17 Stück wird durch die jeweils besondere Bedeutung für die dänische Geschichte in das erinnerungskulturelle Konzept eingegliedert. Ohne Frage wird der an diesem Teilprojekt beteiligte dänische Gaststättenverband über die zusätzlich in die Gasthäuser strömenden Kunden nicht wenig erfreut sein.

Und dann gibt es da noch eine schöne Überraschung: Ein eigener Abschnitt widmet sich “Europäischen Erzählungen” – eine überzeugende Einbettung dänischer Geschichte in die europäische. Es geht darum, kulturelle, wirtschaftliche und politische Beziehungen zwischen Dänemark und dem Rest des Kontinents aufzuzeigen, Prägungen, Ideenexport und -import, Gemeinsamkeiten, auch die dänische Geschichte nicht rein national zu deuten, sondern als Teil der europäischen Geschichte zu vermitteln. Das verdient Respekt und es bleibt anzumerken, dass einem eine Überschrift wie “Europe – The Beautiful Story” in Zeiten der Eurokrise geradezu das Herz wärmt und einen angesichts des in Dänemark traditionell starken Europa- und EU-Skeptizismus doch überrascht.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/189

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FES: Plakat- und Flugblattsammlung der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

http://www.ebert-gedenkstaette.de/plakatsammlung.html Das Archiv der Stiftung Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte enthält Plakate und Flugblätter verschiedener Parteien Deutschlands und Österreichs, welche in einer Vorschau online eingesehen werden können. Hierzu gehören v.a. Bürgerlich-Demokratische Partei (Österreich), Deutsche Demokratische Partei (DDP), Deutschnationale Volkspartei (DNVP), Deutsche Volkspartei (DVP), Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), Plakate der Reichsregierung, Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Österreich), Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Unabhängige […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/12/3658/

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durchsichten: Gunilla Budde u.a. (Hg.): Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien. Göttingen 2006, rezensiert v. Siegfried Weichlein

http://www.sehepunkte.de/2007/06/11587.html Die vorliegende Festschrift zum 65. Geburtstag von Jürgen Kocka versammelt Beiträge seiner Kollegen zu einem gemeinsamen Thema. Alle Autoren suchen nach Fragestellungen und Themenfeldern, die die nationalstaatliche Ebene verlassen. Dadurch nimmt diese Festschrift den Charakter eines Readers zu Fragen der titelgebenden “Transnationalen Geschichte” an.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/12/3654/

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Lexikon zur Computergeschichte: Common Gateway Interface – CGI

http://de.selfhtml.org/servercgi/cgi/cgihtml.htm Common Gateway Interface bezeichnet einen Standard zum Austausch von Daten zwischen einem Webserver und einer externen Software, wobei die Software über ein HTML-Dokument aufgerufen wird, welches entsprechende Eingaben absendet und die Software wiederum als Ergebnis HTML-Code zurückliefert. CGI´s wurden in den 1990er Jahren eingesetzt, um in Zeiten des Web 1.0 erste dynamische Elemente wie […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/12/3649/

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Taggen zur Organisation persönlicher Daten birgt Frustrationspotential


In diesem Experiment von Qin Gao wurden 40 Probranden bezüglich ihrer Leistung, Arbeitsbelastung und Gedächtnisleistung untersucht. Hierzu sollten Sie ein Organisations-Schema aufbauen und 38 Texte (Artikel) in einer Kategorisierungs- oder Tagging-Aufgabe organisieren. Dabei wurde die Zeit gemessen, die sie dafür benötigten und mittels eines Fragebogens ihre Zufriedenheit. In einem späteren Interview wurden die Teilnehmer nach ihren Gewohnheiten zu ihrem persönlichen Informationsmanagement befragt.

Die Ergebnisse für die Organisation von Informationen sind wie folgt:

Die Tagging-Teilnehmer berichteten eine höhere Arbeitsbelastung und Frustration als die Kategorisierungs-Teilnehmer. Das dürfte daher rühren, dass die Nutzer verschiedene Ziele mit ihren Tags erreichen möchten (Selektion von Tags für diverse Gelegenheiten führt zu mehr Tags; unterschiedliche Ebenen der Spezifität werden mit Tags bezeichnet, Beschreibung von verschiedenen Perspektiven des Inhalts), dies aber nicht immer schaffen, da sie beim Taggen gegen eigene Regeln verstoßen und somit Konsistenz nicht immer erreichen können.

Die Ergebnisse in der Information-Retrieval-Aufgabe

In dieser Aufgabe geht es um das Wiederfinden von Information, die zuvor organisiert wurde. Es wurden keine großen Unterschiede zwischen beiden Gruppen (Tagging/Kategorisierung) in der Bearbeitungszeit gemessen, allerdings gab es einen signifikanten Unterschied in der Fehlerrate. Die Fehlerrate der Tagger war höher als die der Probanden, die die Informationen über eine Ordnerstruktur wiederfinden sollten. Dafür gibt es folgende Gründe:

  • Ein Ordnersystem erlaubt im Gegensatz zum Tagging-System eine systematische und erschöpfende Suche, da vom Allgemeinen zum Besonderen gesucht werden kann.
  • Der Mangel einer klaren Struktur und die Schwierigkeit, die Konsistenz eines Tagging-Systems bewahren zu wollen, trägt zur höheren Fehlerrate bei.

Idealerweise können Tagging-Nutzer jeden Artikel mit zwei Klicks erreichen (einen Klick für den Tag, einen für den Artikel), was häufig weniger Klicks erfordert, als die Information in einem hierarchischen Ordnersystem wiederzufinden. Allerdings zeigten die Ergebnisse, dass die Gesamtzahl der Klicks, die ein Tagging-Nutzer für die Retrieval-Aufgabe benötigte, ähnlich zu der der Ordner-Nutzer war. Dies ist mit der hohen Fehlerrate beim Taggen verbunden, die den Vorteil der flachen Struktur aufhebt. Deshalb zeigen die Ergebnisse, dass es beim Taggen keine signifikante Reduktion in der Anzahl der Klicks gibt.

Die Tagger empfanden einen höheren Zeitdruck, als die Teilnehmer, die Ordner verwendeten. Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass Retrieval-Aufgaben mehr kognitive Ressourcen von Tagging-Teilnehmern erfordern, als von Nutzern des hierarchischen Systems.

Der Vergleichstest für die Gedächtnisleistung zeigte, dass Tagger dazu tendierten, ein besseres Gedächtnis für das getaggte Material zu haben, als die Kategorisierungs-Teilnehmer, obwohl der Unterschied nicht signifikant war.

Sowohl in der Organistations- als auch in der Retrieval-Aufgabe wurden keine signifikanten Unterschiede in der Nutzerzufriedenheit zwischen beiden Gruppen festgestellt.

Obwohl die Tagger bei Organisationsaufgaben mehr Frustration zeigten, da ihnen klar war, dass sie Inkonsistenzen nicht vermeiden konnten, zeigten sie sich ähnlich zufrieden, wie die Ordner-Nutzer. Das könnte meiner Meinung nach mit dem sog. „Spreading-apart-Effekt“ begründet werden: Nach schwierigen Entscheidungen wird die gewählte Alternative aufgewertet und die nicht gewählte abgewertet (siehe hierzu auch Kognitive Dissonanz), so dass das zunächst empfundene Frustrationsgefühl dadurch verdrängt wird.

Fazit: Taggen ist kognitiv aufwändiger als Informationen in einem hierarchischen System zu verwalten. Vereinfacht kann man sagen, dass der Nutzer beim Taggen leicht den Überblick verliert; er kann letztlich seine Daten nicht „perfekt“ verwalten; seine Tags sind inkonsistent.

Meine Erklärung dafür ist, dass wir evolutiv bedingt stark in Kategorien denken und alles sofort darin einteilen. Das ist ein Mechanismus, der uns Menschen überlebensfähig macht. Tags überfordern uns in gewisser Weise. So schnell, wie sich die Technik ändert und neue Möglichkeiten schafft, können wir uns aber nicht anpassen. Gao stellt daher fest, dass die Frage nicht lauten darf: „Wird Tagging die Kategorisierung von Daten ersetzen?“, sondern lauten muss: “ Wie kann Tagging zusätzliche Informationen zur Kategorisierung bereitstellen?“

Die Vorteile, beide Systeme miteinander zu verbinden, dürfte die Lösung sein, damit der Nutzer seine kognitiven Leistungen zu einem höheren Grad ausnutzen kann.

Literatur:

Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

Quelle: http://games.hypotheses.org/843

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Wenn Bilder wandern …. Oder: Von der Schwierigkeit, Karikaturen zu übersetzen

MIT Visualizing Cultures (Screenshot)

MIT Visualizing Cultures (Screenshot)

Seit mehr als 10 Jahren präsentiert das am Massachusetts Institute of Technology angesiedelte Projekt Visualizing Cultures, das in die Open Courseware-Initiative eingebettet ist, Module zur Geschichte Ostasiens und fördert bei regelmäßigen Konferenzen die Vernetzung von ForscherInnen unterschiedlichster Disziplinen, die mit Bildquellen arbeiten.

Visualizing Cultures was launched at MIT in 2002 to explore the potential of the Web for developing innovative image-driven scholarship and learning. The VC mission is to use new technology and hitherto inaccessible visual materials to reconstruct the past as people of the time visualized the world (or imagined it to be). [Quelle: http://ocw.mit.edu/ans7870/21f/21f.027/home/index.html]

Jedes Modul stellt Bildmaterial zu einem bestimmten Ereignis in den Mittelpunkt – wobei die Bildmaterialien, die vorgestellt werden, von Gemälden und Zeichnungen über Landkarten und Pläne zu Photographien, von Plakaten über Propoaganda-Postkarten zu Karikaturen reichen – wie beispielsweise:

Eines der Module beschäftigt sich mit der Kaiserinwitwe Cixi (Cixi 慈禧, 1835-1908). In The Empress Dowager and the Camera. Photographing Cixi, 1903-1904 bespricht David Hogge im Abschnitt Cixi’s Image Problem einige Karikaturen, um die Wahrnehmung der Kaiserinwitwe zu veranschaulichen. Unter diesen Karikaturen finden sich auch Beispiele aus österreichisch-ungarischen satirisch-humoristischen Periodika, so aus dem “Floh”, der “Germany” zugerechnet wird und aus dem “Kikeriki”.

Aus den verwendeten Karikaturen und deren Präsentation wird ersichtlich, wie komplex der Umgang mit der Quellengattung Karikatur ist – und warum es mitunter unumgänglich ist, auf das Original zurückzugreifen.

MIT Visualizing Cultures | Karikatur aus dem 'Kikeriki'Eine Karikatur (s. Abbildung links) aus dem “Kikeriki” [Bild cx235 (mit Quellenangabe, Vergrößerung])  ist besonders interessant. Thema das Schicksal der ausländischen Diplomaten in Beijing 北京 während der Yihetuan-Bewegung (義和團運動 Yihetuan Yundong, Boxer-Krieg, häufig auch “Boxer-Aufstand”) im Sommer 1900.

Die Karikatur hat hier keinen Titel, der Blocktext ist in französischer Sprache:

“Kikeriki, No. 97 June 12, 1900 (Austria)  “Cette bonne impératrice de Chine garde soigneusement dans le plus intime de son palais, les représentants des puissances. Alors! que signifie?”

In der Präsentationwird eine englische Übersetzung beigefügt:

“This good empress of China carefully guards in the innermost part of the palace the representatives of the Powers. So! what does that mean?”

Die Frage ist nicht unberechtigt – denn die ganze Sache erschein bei genauer Betrachtung durchaus mysteriös …

Als Quelle wird lediglich “Kikeriki, No. 97 June 12, 1900 (Austria) angegeben.  Das kann nicht sein, denn der 12. Juni 1900 war ein Dienstag. Der “Kikeriki”, eines der bedeutendsten satirisch-humoristischen Periodika des späten 19./frühen 20. Jahrhunderts, erschien wöchentlich am Dienstag und am Sonntag (s. Jahresübersicht Kikeriki 1900) – allerdings liegt der ‘Fehler’ schon in der Vorlage, die wohl einem französischen Sammelband mit China-Karikaturen oder Karikaturen zu ‘la guerre de Boxeurs’ entnommen wurde, das allerdings im Quellenverzeichnis nicht genannt wird.

ANNO | Kikeriki, 5.8.1900, S. 4 Das Original (s. Abb. rechts) findet sich auch in der Nummer  62 vom 5. August 1900 auf Seite 4 – dort mit einem deutschen Text:

Neuesten Nachrichten zufolge befinden sich die europäischen Gesandten unter dem Schutz der Kaiserin Tsu-tsi [i.e. Cixi] derzeit sehr wohl. [oberhalb der Karikatur]
- Aber so! [unterhalb der Karikatur]

Die Karikatur ist die sehr drastische Umsetzung der Interpretation der sehr widersprüchlichen Nachrichten aus China, denn einerseits gab es die offizielle Mitteilung, dass es den Gesandten gut geht, andererseits kamen zahllose Gerüchte darüber, dass die Gesandtschaften niedergebrannt und alle Gesandten gefangen genommen oder gar ermordet worden wären. Im Zentrum thront eine weibliche Figur, die durch Kleidung, Frisur und (über)lange Fingernägel als ‘Chinesin’ markiert und durch den Blocktext als Cixi identifiziert wird. Sie ‘bewacht’ einen Käfig mit der Aufschrift “Gesandtschafts-Palais”. In diesem Käfig sind eine ganze Reihe von Figuren gefangen, die durch Kleidung/Uniform, Kopfbedeckungen und Frisuren als Ausländer markiert und durch den Text als diplomatische Vertreter identifiziert sind. Zu erkennen sind (v. l. n. r.) Russland, Spanien, Österreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien und das Deutsche Reich. Rechts neben dem Käfig ist ein rauchender Ofen mit der Aufschrift “Englische Gesandtschaft” zu sehen. Im Bildhintergrund links ist ein als chinesisch markiertes Gebäude mit der Aufschrift “Kaiserpalast” zu sehen.

Ohne den Text wäre das eines von vielen [1] kaum verhüllt rassistischen und Chinesen-feindlichen Bildern (Karikaturen und Bildwitzen) des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Der Blocktext erlaubt eine Einordnung, er setzt einen Rahmen, der zwar am in der manifesten Feindbild nichts ändert, für die Deutung der Karikatur aber zwingend notwendig ist. Durch die Übersetzung und die damit verbundene Verfremdung in der im Visualizing-Cultures-Modul präsentierten Version (die allem Anschein nach aus einem französischen Sammelband von Karikaturen stammt) wird die Bedeutung verändert, die Pointe ist verloren. Aus einer pointierten Karikatur wird eine platte Feindbilder verstärkende Zeichnung von begrenzter künstlerischer Qualität …

[1] Die Karikatur ist eine von mehr als dreihundert zum Thema China, die zwischen 1894 und 1917 im Figaro, im Kikeriki, im Floh, in den Humoristischen Blättern und in den (N)euen Glühlichtern erschienen.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/68

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Das Projekt „Stolpertonsteine“ Hamburg

von Marek Schossek -

Auf den kleinen Messingplatten stehen Namen und Daten: Elizabeth Lange, geb. 7.7.1900, gestorben am 28.1.1944 im KZ Fuhlsbüttel; Jonny Rummel, geb. 15.12.1924, erschossen am 8.2.1945 in Königsberg. Die Gedenksteine begegnen uns überall in Hamburg vor den Häusern, in denen diese Menschen einst gewohnt haben.

Sie zeugen von den Verbrechen, die an ihnen verübt wurden. Gemeint sind die Stolpersteine. Wir nehmen sie sicherlich an den meisten unserer täglichen Wege gar nicht mehr wahr. Und doch wird wohl jeder von uns hin und wieder über die Steine geistig stolpern und sich fragen:  “Was für Geschichten haben diese Menschen wohl gehabt?”

Die Vertonung der Stolpersteine

Seit 1995 erinnert der Kölner Künstler Günter Demnig mit den Stolpersteinen an die Opfer des Nationalsozialismus. Eine seiner Intentionen ist es, den ,in den Konzentrationslagern zu Nummern degradierten Opfern, ihre Namen zurückzugeben. Dass heute noch etwas mehr möglich ist, zeigen aktuell die beiden Studentinnen Marta Werner und Sarah Dannhäuser. Mit ihrem Projekt der „Stolpertonsteine“ haben sie die Biographien von 20 Opfern vertont. Die Idee kam den beiden angehenden Medienwissenschaftlerinnen, während eines Seminars. In neun Monaten und in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, sowie dem Institut für die Geschichte der deutschen Juden. sind die „Stolpertonsteine“ entstanden.

Die beiden betonen, dass es ihnen wichtig ist, neben dem neuen Zugang zu den Biographien auch die verschiedenen Schicksale zu zeigen. Die 20 Biographien, die momentan über die Internetseite www.stolpersteine-hamburg.de und der Smartphone App (“Stolpersteine in Hamburg”) abrufbar sind, wurden mit ehrenamtlichen Sprechern aufgenommen. Unter ihnen Persönlichkeiten wie der Moderator Carlo von Tidemann oder der Schauspieler Tim Kreuer. Gelesen werden dabei nicht nur die Lebensläufe, sondern auch persönliche Aufzeichnungen der Opfer und ihrer Familien. Durch die Untermalung mit passenden Umgebungsgeräuschen werden die gelesenen Passagen zu kleinen Hörspielen. So hört man z.B. bei einer in einer Bar spielenden Szene die passenden Hintergrundgeräusche. Durch den Hörspielcharakter gewinnen die Stolpertonsteine eine Dimension, die die erwähnte Intention Demnigs übertrifft. Die Opfer gewinnen nicht mehr nur ihre Namen, sie bekommen einen Teil ihrer Geschichte zurück.

Es braucht nur Zeit und ein Smartphone

Im Augenblick ruht das Projekt der Studentinnen, die beiden arbeiten gerade an ihren Master-Abschlüssen. Es soll aber nach Möglichkeit weiter geführt werden. Material gibt es noch mehr als genug. Seit 2002 wurden in Hamburg 4326 privat finanzierte Stolpersteine verlegt. Es liegen noch gut 250 weitere Anträge auf Patenschaften vor. Und seit dem Herbst 2006 haben Forscher des Projektes “Biographische Spurensuche”, mehr als 1000 Biografien zu den in der Stadt gesetzten Stolpersteinen, erarbeitet. Dieses von den begleitenden Instituten geleitete Projekt, liefert die Grundlage für die von Marta Werner und Sarah Dannhäuser bisher produzierten „Stolpertonsteine“.

Die Frage nach der Geschichte der Opfer auf den Stolpersteinen, lässt sich jetzt einfacher beantworten. Wir brauchen nur noch ein Smartphone und etwas Zeit, Zeit um uns die Geschichten von diesen Menschen anzuhören. Menschen wie: Josef Schupp, geb. 11.3.1893, hingerichtet am 11.10.1944 im KZ Sachsenhausen, Heinrich Habitz GEN.“ Liddy Barcroff“ geb. 19.8.1908, gestorben am 6.1.1943 KZ Mauthausen.

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=666

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Der Altavista lebt! … (und der Lycos und der Hotbot auch)

So höret Ihr Kinder, ich will Euch erzählen von alter Zeit. Es gibt einige ältere Mitbürger/innen unter uns, die mit “Altavista” nicht eine Outdoor-Sportmarke, ein Brillenfachgeschäft oder ein Arnold-Schwarzenegger-Zitat1 assoziieren. Denn, oh ja, es war einmal eine Zeit, als in den Bibliotheken noch Zettelkästen stunden und die tapfersten und aufgewecktesten der jungen Generation, geschmacklos in […]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6575

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