Update zu Mobile History. Neue Apps für Historiker und Geschichtsinteressierte

Die New York Times hat unter dem Titel “Gateways to the Classical World” Ende August eine Übersicht zu neuen, englischsprachigen iPad-Apps zur antiken Geschichte und den zugehörigen Sprachen veröffentlicht. Die meisten von ihnen dienen Geschichtsinteressierten – die es natürlich nie genug geben kann. Dabei sind aber auch einige Projekte, die für Historiker interessant sein können, wie Lexika, Wörterbuch oder ein Kartenwerk der antiken Welt, mit denen ein Schritt in Richtung der wissenschaftlichen Nutzung von Apps (siehe Mobile History Teil I) und E-Books (siehe Social Reading für die Wissenschaft) getan ist.The Barrington Atlas of the Greek and Roman World. Während das seit 2000 erhältliche gedruckte Werk bei 425 Dollar liegt, kostet die iPad-App bloß 19,99. Der Atlas umfasst den Zeitraum von 1600 Jahren, enthält umfangreiches Textmaterial und 102 Karten. Der Vorteil der App liegt dabei, neben dem Preis, zum einen in der hohen Auflösung der Bilder von bis zu 800% im Vergleich zur gedruckten Version. Auch die Suchfunktion vereinfacht das Arbeiten mit den Karten. Das Ortsverzeichnis umfasst mehr als 20.000 Standorte.

Virtual History Roma wirft für einen ebenfalls kleinen Preis einen Blick auf das alte Rom durch ein drehbares 3D-Modell, farbige Abbildungen und Fotos von den Ruinen. Neben den Bildern führen kurze Textblöcke den Leser durch die Geschichte des Römischen Reiches mit einer kurzen Beschreibung seiner Kunst, Architektur und Politik. Hinzu kommen interaktive Elemente, wie Videos, eine Schritt-für-Schritt-Demonstration zum Bau einer Römerstraße oder eine 360-Grad-Luftaufnahme der Stadt mit Vogelflug-Optik.

Führ nicht einmal 4 Dollar führt die App Ancient Greece junge Interessierte in die griechische Welt der Götter und Sterblichen ein. Sie nutzt ebenfalls die multimediale Vielfalt von Fotos, Animationen und Videos, um die wichtigsten Aspekte der griechischen Kultur abzudecken. Hinzu kommen aber Spiele, also Gamification-Aspekte, die die Motivation für die Beschäftigung mit dem Thema durch Spaß erhöhen sollen. Der begleitende Text ist kurz, aber informativ, und birgt eine breite Palette von bekannten Themen der antiken Welt.

Die SPQR- und Ancient Greek-Wörterbuch-Apps helfen all jenen, die für wenig Geld etwas digitale Hilfe bei der Bewältigung der antiken Sprachen suchen. Grammatik- und Wortschatz-Tests, Lexika und eine E-Bibliothek mit Werken von bekannten Autoren zum Lesen und Übersetzen unterstützen aber nicht nur Studenten. Die Wörterbücher oder die Möglichkeit, den Originaltext direkt mit einer Übersetzung der Loeb Classical Library vergleichen zu können, hilft auch Historiker oder Archäologen bei der Quellenarbeit oderist auf einer Ausgrabung sehr praktisch. Das gilt gleichermaßen für reine Lexikon- oder Wörterbuch-Apps. Davon gibt es mehrere kostenlose oder kostengünstige für iOS und Android, wie Ancient Greek Lexikon and Syntaxoder die kostenlose Logein App (web version auf logeion.uchicago.edu) der Universität von Chicago, die mehr als ein Dutzend griechische und lateinische Wörterbücher und Nachschlagewerke vereint.

Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit, alle Apps zu testen, deswegen freue ich mich über Erfahrungsberichte und Hinweise, zum Beispiel über die verwendeten Quellen. Spannend wäre auch, ob solche Lexika ähnlich einer Fachwikipedia regelmäßig aktualisiert werden – gerade für die Forschung ein wichtiger Aspekt, der sich bei digitalen Inhalten wesentlich leichter umsetzen lässt, als im Print mit Ergänzungsbänden. Um es mit dem Autor zu halten: „The Greeks and Romans recorded their worlds on papyrus and tablets made of wax or clay, and there’s a satisfying sense of continuity when you study their ­millenniums-old ideas on 21st-century tablets made of glass and metal.“

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1384

Weiterlesen

Deir el Medine Online. Nichtliterarische Ostraka aus Medine

http://dem-online.gwi.uni-muenchen.de Die Zahl der im Gebiet der Arbeitersiedlung von Deir el Medine gefundenen Ostraka mit nichtliterarischem Inhalt hat die 10.000 bereits weit hinter sich gelassen und wird möglicherweise auch die 20.000 noch überschreiten. „Deir el Medine online” dient dem Ziel, dieser Textflut mit Hilfe moderner Technologien Herr zu werden. Die Ostraka werden in einer heutigen […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/09/5348/

Weiterlesen

Rezension: Michal Slivka: Pohľady do dejín stredovekého Slovenska. Martin, 2013.(Blicke auf die mittelalterliche Geschichte der Slowakei, Martin, 2013)

Einen Beitrag zur Ordensgeschichte in der Slowakei liefert Michal Slivkas neue Publikation Pohľady do dejín stredovekého Slovenska (Blicke auf die mittelalterliche Geschichte der Slowakei). Als einer der wichtigsten slowakischen Archäologen hat er langjährige Erfahrung in der Archäologie des Mittelalters. Die neue Publikation vergleicht die Kenntnisse über das Leben in ungarischen Klöstern, Städten und Burgen mit denen über den westeuropäischen Raum. Der Autor findet die Denkmäler der Materialkultur so wichtig wie die schriftlichen Quellen und er versucht, diese im Vergleich mit den religiösen Vorstellungen zu präsentieren. Slivka beschäftigt sich mit Synkretismus im mittelalterlichen Europa, den Anfängen des Christentums in Ungarn und damit verknüpft mit den durchgeführten religiösen Praktiken (zu der Zeit noch gemischt mit alten  heidnischen Praktiken). Sehr interessant ist auch der Beitrag zur Entwicklung der ersten Ordensgemeinschaften in Ungarn. Aufgrund archäologischer Entdeckungen kann man den Etablierungsprozess der Ordensgemeinschaften in mittelalterlichen Städten rekonstruieren. Weiter beschäftigt sich der Autor mit dem Phänomen des Patroziniums, als Schutzpatronat der Einrichtungen: von Kirchen, Klöstern und auch des Staates. Im Mittelalter versuchte der königliche Hof sich auch über die Heiligsprechung im kirchlichen und politischen Leben zu legitimieren. Damit wollten die Könige ihre Dynastie stärken und deswegen haben sie ein Familienmitglied vom Papst heiligsprechen lassen. Abschließend widmet sich Michal Slivka dem Charakter der Interaktion zwischen Klöstern und der restlichen Welt und zwar im Rahmen des wirtschaftlichen Systems des Mittelalters.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7695

Weiterlesen

Über Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Drogenkartellen und Archäologie sowie das geringere Risiko, erschossen zu werden.

http://alexandreafonso.wordpress.com/2013/11/21/how-academia-resembles-a-drug-gang Basierend auf einer wissenschaftlichen Analyse der Sozialverhältnisse von Drogenbanden in den USA, die bereits im Jahr 2000 erschienen ist (und hier als pdf online steht), unternimmt es A. Afonso, Asisstant Professor für Political Economics in London, den archäologischen Arbeitsmarkt in den USA, England und Deutschland zu analysieren – und findet erschreckende Ähnlichkeiten. © Text: […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/06/5165/

Weiterlesen

“Neue alte Sachlichkeit” – Ein Einführungstext stellt sich zur Diskussion

Seit dem Jahr 2003 fördert die DFG „Wissenschaftliche Netzwerke“, die auf Initiative von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern einen fachübergreifenden Dialog zu einem ausgewählten Thema etablieren. Romedio Schmitz-Esser und ich ergriffen im Sommer 2009 diese Gelegenheit, um einer gemeinsamen Leidenschaft folgend den Dingen des Mittelalters auf den Grund zu gehen.

Wir wussten erstaunlich wenig von dem, auf was wir uns unter dem Titel „Neue alte Sachlichkeit“ einließen. Von einem ‚material turn’ in den Geisteswissenschaften hatten wir damals noch kaum etwas läuten gehört und die ArchäologInnen und KunsthistorikerInnen des dreizehnköpfigen Teams hießen uns wohlwollend lächelnd auf ‚ihrem’ altgewohnten Forschungsterrain willkommen. Die ebenso kontroversen wie konstruktiven Diskussionen der folgenden Jahre erschlossen uns einen ganzen Kosmos innovativer Ideen und Impulse. Der nunmehr in Vorbereitung befindliche Sammelband unternimmt den Versuch, diese Vielfalt an Impressionen konzeptionell zu bündeln und in einen Einführungstext zu überführen, der sich wiederum an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler richtet.

Im Hinblick auf die inspirierenden Erfahrungen der Netzwerkarbeit möchten wir diesen Schritt ebenfalls nicht in stiller Heimarbeit vollenden. Wir freuen uns daher über die Gelegenheit, auf diesem Forum der avisierten Zielgruppe einen ersten Textentwurf vorstellen zu dürfen. Erneut erhoffen wir uns eine reiche Ernte an weiterführenden Einwürfen und Anmerkungen. Dabei geht es sowohl um jene Denkanstöße und Details, die aus Sicht benachbarter Disziplinen zu kritischen Nachfragen provozieren. Ebenso dankbar sind wir für generelle Statements zum Stand mediävistischer Dingwissenschaften, für Literaturhinweise und Korrekturanmerkungen. Zentrales Anliegen unseres Bandes ist es, eine disziplinübergreifende Diskussion über die Dinge der Vergangenheit zu fördern. Damit möchten wir möglichst schon vor der Drucklegung beginnen.

Die Vorpublikation an dieser Stelle versteht sich als Experiment, dessen Fragestellung lautet: Können Blogs als niederschwellige Medien wissenschaftlicher Kommunikation einen Beitrag zu Qualität und interdisziplinärer Anschlussfähigkeit von Printpublikationen leisten? Sind sie ein geeigneter Ort des Austausches fachlicher Expertise? Oder gelten die interessen der User – was völlig legitim wäre – eher dem schnellen Meinungsaustausch über Detailprobleme, etwa die Zitierfähigkeit der wikipedia? Natürlich mag man bei diesem Versuch die Gefahr wittern, das Forum mit halbfertigen Textentwürfen zu überschwemmen. Wir verstehen es daher ausdrücklich als Privileg, diesen Beitrag hier posten zu dürfen. Längerfristige Strategien lassen sich erst mit Blick auf das Ergebnis entwickeln.

Zum Text: Einführung in die “Neue alte Sachlichkeit”

Das Layout versteht sich als ein Vorläufiges, die zahlreichen in den Text gesetzten Kästen bedürfen noch einer endgüligen Platzierung und optischen Abhebung. Sie verstehen sich vornehmlich als optionale Lektüren außerhalb des Argumentationsganges des Haupttextes.

 

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3904

Weiterlesen

Mittelalterarchäologie, eine hochspekulative Wissenschaft?

Am Ende eines aktuellen Artikels in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu den Plagiatsvorwürfen gegen Olaf Rader bezeichnet Patrick Bahners die Mittelalterarchäologie an sich als hochspekulativ:

„Aber warum unterbricht der Biograph seine Schilderung der Schlacht von Bouvines, um ein Mikroepochenschema aus einer hochspekulativen Disziplin wie der Mittelalterarchäologie als sicheres Wissen zu präsentieren?“[1]

Patrick Bahners wirft Olaf Rader nicht nur Plagiate, sondern zusätzlich das Einflechten eines mittelalterarchäologischen Exkurses vor. Mit anderen Worten: Schlimm genug, dass Herr Raders plagiiert. Nein, er zieht zudem Erkenntnisse aus der hochspekulativen Mittelalterarchäologie heran.

Es geht uns hier explizit nicht darum, Herrn Raders Arbeitsweise in Schutz zu nehmen, sondern wir sehen hier unser eigenes Fach, die Mittelalterarchäologie, falsch dargestellt.

Der Autor Patrick Bahners bezeichnet die gesamte Fachrichtung als hochspekulativ und das ist völlig unzutreffend. In der Mittelalterarchäologie wird durch die Analyse der bei der Grabung gewonnenen Stratigraphie die relative Chronologie eines Fundplatzes gesichert bestimmt. Zur Datierung der Phasen zieht sie als historische Disziplin neben den schriftlichen Quellen auch immer die vielfältigsten naturwissenschaftlichen Methoden, wie z. B. die Dendrochronologie und die C14-Methode, heran, um zu gesicherten Ergebnissen zu kommen, die eben nicht hochspekulativ sind.

[1] FAZ Feuilleton vom 5. Mai 2014: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/der-plagiatsfall-grosse-seeschlachten-12924883.html

Dr. Kai Thomas Platz und Maxi Platz M.A.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3670

Weiterlesen

Karfreitags-Archäologie – Von der falschen Via Dolorosa und richtigen Erinnerungsorten

Orte sind doch immer etwas Besonderes. Wer an einem Ort längere Zeit gelebt hat, verbindet eine bestimmte Lebensphase mit diesem Ort. Orte und Erinnerung hängen zusammen. Ein Ort ist ganz oft auch der Ort, der … oder der Ort, an … Continue reading

Quelle: http://grammata.hypotheses.org/519

Weiterlesen

aventinus varia Nr. 44 [28.03.2014]: Altwegeforschung. Forschungsstand und Methoden einer interdisziplinären Herangehensweise

Wegenetze sind die Grundlage jeglicher Kommunikation historischer Zeiten. Wege sind das Medium, über das Austausch stattfindet. Nicht nur Austausch von Waren und Personen, sondern auch von Informationen und Ideen. Bis in das digitale Zeitalter hinein. http://bit.ly/P0rUec

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/03/5006/

Weiterlesen

Die Magdalenenflut 1342 – ein unterschätztes Jahrtausendereignis?

 


an(no) m° ccc° xl ii do ver drank hermen goltsmet in der groten vlot to sentemargret(en) dage
.[1]

Vermutlich war es der wohlhabende Göttinger Goldschmied und Ratsherr Hans, der seinem 1342 verstorbenen Vater Hermann ein seiner Profession gemäßes Denkmal setzte.[2] Auf der Spitze der Göttinger Albanikirche ist die oben stehende Inschrift, auf einem Reliquienkreuz noch oberhalb der Wetterfahne angebracht, bis heute erhalten geblieben. Nun ist der niedersächsische Goldschmied nicht einfach ein Opfer eines beliebigen Hochwassers geworden, sondern in der mutmaßlich schwersten Flutkatastrophe Mitteleuropas in den letzten 1000 Jahren ertrunken: Der nach dem Festtag der Heiligen am 22. Juli benannten Magdalenenflut von 1342.

Als im letzten Sommer an Donau, Elbe und Saale die zweite Extremflut seit dem Milleniumswechsel tausende Menschen bedrohte, fand auch ein selbst unter Mediävisten oft wenig bekanntes Ereignis wie die Magdalenenflut 1342 erneute mediale Aufmerksamkeit. Dies steht in deutlichem Gegensatz zum (Des-)Interesse der Geschichtswissenschaft: Explizit mediävistische Auseinandersetzungen mit der Magdalenenflut 1342 finden sich so gut wie nicht[3], etwas besser ist es bei der Nachbardisziplin Archäologie bestellt.[4] Betrachtet man hingegen die Publikationen aus dem im weitesten Sinn naturwissenschaftlichen Bereich mit historischem Fokus, aber auch umweltgeschichtlichen Werken, fällt auf, dass durchaus viel auf das Flutereignis von 1342 verwiesen wird.[5] Dies bedeutet allerdings keineswegs in jedem Fall eine intensive Beschäftigung damit, v.a. nicht mit der schriftlichen Überlieferung.[6] Dabei ist die Quellenlage durchaus vielversprechend, wie im Folgenden kurz skizziert werden soll.

Die klimageschichtliche Datenbank tambora.org bietet ad ann. 1342 bereits einen ersten Eindruck von dem Ausmaß der Flut, wenn auch viel zu viele der Einträge nicht zeitgenössischen Ursprungs sind, so dass sie sich für historisches Arbeiten nicht verwenden lassen. Trotz der notwendigen Einschränkungen zur Benutzbarkeit der Datenbank aus historisch-quellenkritischer Sicht zeigt dieses verdienstvolle Projekt trotz allem die Entwicklungspotentiale kollaborativer Datenbanken gerade im Bereich der Klimageschichte auf. Doch in Kombination mit gedruckten Repertorien meteorologischer Ereignisse aus dem 20. Jahrhundert kann man sich schnell dem Ereignis nähern: Curt Weikinns nach historiographischen Maßstäben auch nicht durchweg verlässliche, aber äußerst materialreiche Quellensammlung zu hydrologischen Ereignissen[7] liefert eine komfortable Ausgangsbasis für die Erforschung der Magdalenenflut. In Kombination mit der Materialsammlung des nicht minder akribischen, aber doch quellenkritischeren Sammlers meteorologischer Nachrichten, Pierre Alexandre[8], zeigt sich, welcher große europäische Raum 1342 unter den Überschwemmungen zu leiden hatte: Ost- und Zentralfrankreich, die Provence, Norditalien, das ganze heutige Deutschland sowie Böhmen, Österreich und Ungarn waren von massiven Fluten betroffen. Im Einzelfall wäre freilich erst noch zu klären, ob es sich dabei um jeweils um ein- und dasselbe Flutereignis handelt. Doch die Ausgangsbasis von über 40 verschiedenen Extremwetterbelegen für 1342 in edierten Chroniken sollte die  weitere Untersuchung der Magdalenenflut deutlich erleichtern. Und dabei ist die Sammlung von Weikinn und Alexandre noch keineswegs vollständig.[9] Auch das eingangs aufgeführte Beispiel mit dem Göttinger Reliquienkreuz ist keineswegs die einzige Inschrift, die als Beleg der Magdalenenflut angeführt werden kann.[10]

Schriftquellen sind also in relativer Fülle vorhanden, und doch ist die Chronologie des meteorologischen Extremjahres 1342 noch lange nicht geklärt, wie ein rascher Blick in die bisherige Forschung und deren (knappe) Aussagen zu Vorgeschichte und Verlauf der Flutkatastrophe zeigt: Intensiver Schneefall im Winter 1341/42 soll zu einer starken Schneeschmelze mit ersten Hochwassern geführt haben, dann folgte ein regenreiches Frühjahr. Der im Sommer noch immer feuchte Boden konnte schließlich die Starkregenfälle Mitte Juni 1342 nicht mehr aufnehmen.[11] Andere Interpreten sehen keine nennenswerten, durch die Schneeschmelze propagierten Hochwässer im Frühjahr 1342.[12] Je nach regionalem Fokus wird auch von einem Eisstoß im späten Winter 1342, – dem der Vorgängerbau der Prager Karlsbrücke zum Opfer fiel –, dann einem Frühjahrshochwasser im April und dem eigentlichen Magdalenenhochwasser im Juli 1342 ausgegangen.[13] Ganz ausgeblendet wird bisher die Lage in Frankreich und Italien, aber auch in Ostmitteleuropa jenseits Böhmens. Warum es so wichtig ist, die Abfolge der Niederschläge und Flutereignisse möglichst sicher zu identifizieren, leuchtet spätestens dann ein, wenn wir die unvermeidliche Frage stellen, was der geophysikalische Hintergrund der Katastrophe von 1342 war.

Eine Vb-Wetterlage braut sich zusammen: Ein sog. Genuatief vom 7. Oktober 1996. (Quelle: Wikimedia Commons)Eine Vb-Wetterlage braut sich zusammen: Ein sog. Genuatief vom 7. Oktober 1996. (Quelle: Wikimedia Commons)

Verantwortlich für die extremen Niederschläge soll eine meteorologische Konstellation gewesen sein, die so auch 1997, 2002 und 2013 die extremen Hochwässer in (Ost-)Mitteleuropa hervorgerufen hat: Eine sogenannte Vb-Wetterlage, bei der ein Tiefdruckgebiet über Norditalien sich über der Adria oder dem Golf von Genua immens mit Feuchtigkeit auflädt und dann eine Zugbahn am Ostalpenrand entlang über das heutige Österreich, Ungarn und Tschechien bis nach Polen einnimmt. Im Kontakt mit wesentlich kälteren Luftmassen im Norden und Westen kommt es zu sehr ergiebigen Niederschlägen über dem skizzierten Teil Ostmitteleuropas bis hin nach Bayern.[14] Doch passt dieses Szenario schon geographisch nicht widerspruchsfrei zur Überschwemmungslage und den Extremniederschlägen des Jahres 1342. Ob noch andere Faktoren wie etwa Vulkanausbrüche[15] zu den Mitverursachern der Starkregen gehören, ist bisher kaum diskutiert worden.

Das meteorologische und klimahistorische Interesse an dem Ereignis liegt auf der Hand. Aber welchen breiteren historischen Erkenntnisfortschritt darf man sich von einer Beschäftigung mit der Magdalenenflut erwarten?
Zum einen natürlich ein besseres Verständnis der Häufung exogener Schocks, denen die mitteleuropäischen Gesellschaften in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ausgesetzt waren. Neben der Magdalenenflut wäre die Abkühlungstendenz seit ca. 1310, die Große Hungersnot von 1315-18, Einfälle von Heuschrecken 1338 und natürlich die Pest 1347ff. zu nennen. Die umweltlich-natürlichen Rahmenbedingungen müssten also zu einer Neubewertung der „Krise des 14. Jahrhunderts“ verstärkt herangezogen werden, ist doch eine letzten Endes sozialdeterministische Tendenz zur Relativierung der krisenhaften Momente im Spätmittelalter hin zu einem überwiegenden Reflex von Diskursen des 20. Jahrhunderts zu beobachten.[16] Vielleicht ist es daher an der Zeit im Zeichen eines material turn – obwohl diese Wende die Mediävistik bisher wenig tangiert – den natürlichen Rahmenbedingungen und konkreten Einflüssen von Umweltveränderungen auf den historischen Prozess auch im Spätmittelalter zu ihrem Recht zu verhelfen, ohne in platte Determinismen zu verfallen.
Eine klarere Vorstellung vom potentiellen Impact der Flut von 1342 liefern allerdings nicht die historischen Quellen allein: Vielmehr sind es die Überlegungen von historisch arbeitenden Geowissenschaftlern, die die Dimensionen des Ereignisses erst recht erahnen lassen, etwa durch Modellrechnungen der Scheitelabflussmenge – der Höchstmenge an Wasser, die in einem Moment einen bestimmten Punkt am Fluss passiert. So ist für den Main im Juli 1342 eine Zahl 3500 m²/s errechnet worden[17], während für das Sommerhochwasser 2013 in Würzburg eine Scheitelabflussmenge des Mains von ‘nur’ 900 m²/s erreicht wurde.[18] Die Konsequenzen für den modernen Hochwasserschutz und seine unterstellten historischen Maximalwerte sind enorm.[19]
Darüber hinaus sind es die Untersuchungen von Geoökologen wie Hans-Rudolf Bork und seinen Schülern, die die apokalyptischen Ausmaße der Erosion in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vorstellbar und plausibel machen. [20] Ganz entgegen der allgemein vorherrschenden Vorstellung von Erosion als langsamem Prozess betonen die naturwissenschaftlichen Kollegen die massiven Veränderungen innerhalb kürzester Zeit und ordnen, gestützt auf zahlreiche Beispiele aus Mittel- und Nordostdeutschland, etwa die Hälfte des gesamten Erosionsabtrags in Mitteleuropa seit dem Frühmittelalter dem Zeitraum 1313 bis 1348 zu.[21] Dabei nimmt ein Einzelereignis – nach aller Plausibilität die Magdalenenflut von 1342 – eine beträchtliche Rolle ein. Diese Annahmen werden auch durch die Befunde aus Warvenchronologien unterstützt.[22]
Besonders betroffen zeigten sich von der Erosion landwirtschaftliche Nutzflächen in Höhenlagen, die oft erst im Zug des hochmittelalterlichen Landesausbaus erschlossen wurden. Sie verloren nach der geomorphologischen Einschätzung so viel fruchtbare Krume, dass ihre weitere Bewirtschaftung sinnlos wurde. Die Belege dafür lieferten markante, tobelartige Kerbtäler,

Die Wolfsschlucht bei Pritzenhagen/Oberbarnim, Brandenburg. Das Kerbtal ist wesentlich durch einige wenige Erosionsereignisse in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geprägt. (Quelle: Wikimedia Commons)Die Wolfsschlucht bei Pritzenhagen/Oberbarnim, Brandenburg. Das Kerbtal ist wesentlich durch einige wenige Erosionsereignisse in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geprägt. (Foto: Lienhard Schulz, Lizenz: CC-BY-SA, Quelle: Wikimedia Commons)

durch massive Erosion (‚Schluchtenreissen‘) geschaffen, an deren Ende das weggespülte Erdreich sog. Schwemmfächer bildet. Die genaue Analyse von deren Schichten belegt wenige, einzelne Starkregenereignisse, die über im Material enthaltene Holzkohlestückchen auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert werden können. Im Einzugsgebiet eines untersuchten Schwemmfächers, am Abhang einer Rodungsfläche zu einem See hin gelegen, muss es zu großflächigen Verlusten an fruchtbarem Ackerboden gekommen sein.[23] Ein ähnlicher Befund wurde für spätmittelalterliche Wölbäcker im Eichsfeld festgestellt, die von einem singulären Niederschlagsereignis im 14. Jahrhundert verändert wurden, wobei hier eine Datierung des erodierten Materials über spätmittelalterliche Keramik plausibel gemacht werden konnte.[24] Vor diesem Hintergrund sollten die Wüstungsprozesse des Spätmittelalters über die sozialen, politischen und ökonomischen Erklärungstheorien von Wilhelm Abel hinaus gedacht werden – die meteorologischen Extremereignisse mit ihren mutmaßlich verheerenden Folgen für die Landwirtschaft sind als Faktor unbedingt mit einzubeziehen.[25] Aber auch die ungeklärte Frage nach dem Erlahmen des Landesausbaus in Ostmitteleuropa noch vor der Pest könnte von einer Untersuchung der klimatischen Ungunstverhältnisse seit 1300 profitieren. Im Einzelfall bestätigen auch die Schriftquellen die hydrologisch-bodenkundlich begründeten Hypothesen, wie etwa im Fall des Kloster Loccum bei Hannover: Es ergossen sich vom Himmel nämlich Regenmassen, Gewässer brachen aus der Erde hervor, Flüsse zerstörten die Dämme, Quellen und Gießbäche strömten aus der Erde, die Flüsse erhoben ihre Wasser, so daß sie über ihre Ufer traten, nicht nur die Saaten und viele Pflanzen auf den Feldern, sondern auch die Äcker selbst und die Wege vernichteten, in Burgen, Städte, Dörfer und Kirchen eindrangen, bis über die Altäre anwuchsen, Mauern und Türme umstießen, zahlreiche Menschen und Zugtiere ertränkten und viele andere Schäden herbeiführten.[26]
Es scheint daher sinnvoll, nicht nur nach Hinweisen auf Wüstungsprozesse, sondern auch nach Berichten zu Infrastrukturschäden bzw. Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz oder zur Wiederherstellung von Brücken in Rechnungs- und Urkundenbüchern zu suchen. Rainer Schreg etwa hat ein anschauliches Beispiel in einer Urkunde gefunden, das sich auf einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit einer Hangrutschung in Esslingen im September 1342 bezieht.[27] Christian Rohr verweist auf eine Donaubegradigung größeren Umfangs beim Kloster Oberalteich.[28] Am 23. September 1342 gewährte Ludwig d. Bayer eine Erhöhung des Brückenzolls für Frankfurt am Main und umliegende Ortschaften für Wiederaufbaumaßnahmen.[29] Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Jahrtausendflut von 1342 der zentralen Katastrophe des 14. Jahrhunderts den Weg ebnete: Inwiefern die Ernteeinbrüche in der Folge von 1342 sowie die ebenfalls sehr feuchten, häufig von Nahrungsmangel gekennzeichneten Jahre unmittelbar vor Ausbruch der Pest zum verheerenden Impact des Schwarzen Todes in Europa beigetragen haben, müsste weiter erforscht werden.

Nach dieser tour de force durch viele denkbare Perspektiven auf die Magdalenenflut 1342 hört dieses Opusculum dort auf, wo sonst die eigentliche historische Arbeit erst einsetzen würde. Das aufgezeigte Panorama, und sei es noch so unvollständig und verkürzt, sollte m.E. Historiker/innen ermutigen, das Jahrtausendereignis von 1342 genauer in den Blick zu nehmen, um einerseits die relativ reichen Schriftquellen systematisch zu sammeln und zu analysieren und andererseits die wertvollen Anregungen benachbarter, aber auch fremder Disziplinen aufzugreifen und das Gespräch mit den Kollegen zu suchen. Erst mit ihrer Hilfe können wir die Tragweite der Magdalenenflut richtig einschätzen und ersehen, ob auch aus geschichtswissenschaftlicher Sicht von einem Jahrtausendereignis gesprochen werden sollte.

[2] Vgl. Urkundenbuch der Stadt Göttingen, Bd. 1: Bis zum Jahre 1400, hg. v. Karl Gustav Schmidt, Hannover 1863, Nr. 236

[4] Rainer Schreg: Die Krisen des Spätmittelalters: Perspektiven, Potenziale und Probleme der archäologischen Krisenforschung, in: Falko Daim; Detlef Gronenborn; Rainer Schreg (Hrsg.): Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung, Mainz 2011, S.197-214; Ders., Bodenerosion 1342 – ein Rechtsstreit in Esslingen, in: Archäologik, 19. Januar 2013 und Ders., Unwetterschäden im Raum Tübingen im Jahr 1342 (?), in: Archäologik, 28. August 2013; Udo Recker: Wüstungserscheinungen im Kontext mittelalterlicher Unweltkrisen und Risiken, in: Falko Daim; Detlef Gronenborn; Rainer Schreg (Hrsg.): Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung, Mainz 2011, S.197-214

[5] Josef H. Reichholf: Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, Frankfurt/Main 2007, S.  53f.; Rüdiger Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas. 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, 2. aktual. und erw. Auflage, Darmstadt 2008, S. 230f. Umwelthistorische Werke: Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Klimas. Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung, Bonn 2007, S. 146; Christian Rohr: Extreme Naturereignisse im Ostalpenraum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit, Köln; Weimar; Wien 2007, S. 226-228.

[7] Curt Weikinn: Quellentexte zur Witterungsgeschichte Europas von der Zeitenwende bis zum Jahre 1850. Hydrographie, Teil 1 (Zeitenwende – 1500), Berlin 1958 sowie fünf weitere Bände bis 1850. Dass damit nur 20% der Weikinnschen Sammlung ausgewertet wurden, lässt sich der Website eines abgeschlossenen Projekts der Sächsischen Akademie der Wissenschaften entnehmen. Es bleibt nur zu hoffen, dass eine baldige Veröffentlichung der dadurch erschlossenen meteorologischen Daten von Weikinn kurz bevorsteht.

[8] Vgl. Pierre Alexandre: Le Climat en Europe au Moyen Age. Contribution à l’histoire des variations climatiques de 1000 à 1425, d’après les sources narratives de l’Europe occidentale, Paris 1987, S. 467-470.

[9] So z.B. ein zufällig durch den Autor gefundener Beleg für Kloster Corvey im Weserland: Anno Domini 1343 [sic!] fuit diluvium aque et inundavit monasterium et castrum istut et fecit dampnum magnum undique et fames diu erat in terra. (Corveyer Abtskatalog von 1467, in: Friedrich Philippi; Otto Grotefend: Neue Quellen zur Geschichte Westfalens in Handschrift 861 der Leipziger Universitätsbibliothek, in: Westfälische Zeitschrift 60 (1902), S. 108-156, hier S. 144). Die Jahresangabe muss korrekt natürlich 1342 lauten.

[10] Zu verweisen wäre auf eine Gedenkinschrift am Würzburger Hof ‚Zum großen Löwen‘: DI 27, Die Würzburger Inschriften bis 1525. Auf der Grundlage des Nachlasses von Theodor Kramer unter Mitarbeit von Franz Xaver Hermann, bearbeitet von Karl Borchardt, Wiesbaden 1988, Nr. 61 u. Abb. 34. Auch auf einem Steinquader der Kirche St. Blasius in Hann.-Münden findet sich ein eindrucksvoller Beleg: DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 9 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0000901. Eine nur schriftlich belegte Flutmarke in derselben Stadt: DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 10† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0001007.

[11] Vgl. Gauger, Hochwasser und ihre Folgen (wie Anm. 3), S. 100; Zbinden, Magdalenen-Hochwasser (wie Anm. 6), S. 200.

[12] Vgl. Glaser, Klimageschichte (wie Anm. 5), S. 230.

[13] Vgl. Rohr, Extreme Naturereignisse (wie Anm. 5), S. 226.

[14] Vgl. Zbinden, Magdalenen-Hochwasser (wie Anm. 6), S. 200.

[15] Vgl. dazu die Datenbank Global Volcanism Program:  Denkbar wäre ein nur sehr grob auf 1340 datierter, massiver Ausbruch des Mont Pélee auf Martinique (Karibik) (Eruption No 12424) oder des isländische Hekla (Eruption No 12726).

[16] Vgl. nur ein Beispiel: Peter Schuster, Die Krise des Spätmittelalters. Zur Evidenz eines sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Paradigmas in der Geschichtsschreibung des 20 Jahrhunderts, in: Historische Zeitschrift 269 (1999), S. 19-55

[17] Vgl. Zbinden, Magdalenen-Hochwasser (wie Anm. 6), S. 197f., verweisend auf Gerd Tetzlaff, Michael Börngen, Manfred Mudelsee, Armin Raabe: Das Jahrtausendhochwasser von 1342 am Main aus meteorologisch-hydrologischer Sicht, in: Wasser&Boden 54 (2002), S. 41–49

[19] Vgl. z.B. die Konsequenzen für die Schweizerischen Atomkraftwerke und deren Hochwasserschutz, die sich aus den Ergebnissen einer historischen Rekonstruktion seit dem Beginn des Spätmittelalters ergeben müssten: Oliver Wetter, Christian Pfister, Rolf Weingartner, Jürg Luterbacher, Tom Reist & Jürg Trösch (2011): The largest floods in the High Rhine basin since 1268 assessed from documentary and instrumental evidence, in: Hydrological Sciences Journal 56/5 (2011), S.733-758

[20] Hans-Rudolf Bork; Arno Beyer; Annegret Kranz: Der 1000-jährige Niederschlag des Jahres 1342 und seine Folgen in Europa, in: Falko Daim; Detlef Gronenborn; Rainer Schreg (Hrsg.): Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung, Mainz 2011, S. 231-242; Hans-Rudolf Bork u.a.: Spuren des tausendjährigen Niederschlags von 1342, in: Ders. (Hg.): Landschaften der Erde unter dem Einfluss des Menschen, Darmstadt 2006, S. 115–120;  Hans-Rudolf Bork; Markus Dotterweich: Jahrtausendflut 1342, in: Archäologie in Deutschland 4 (2007), S. 20-23; Hans-Rudolf Bork u.a.: Landschaftsentwicklung in Mitteleuropa. Wirkungen des Menschen auf Landschaften, Gotha 1998, hier v.a. S. 226-251.

[21] „Von 1313 bis 1348 wurden in Deutschland zusammen 34 Mrd. t Boden erodiert – etwa die Hälfte des gesamten mittelalterlich-neuzeitlichen Bodenabtrags. Die ackerbaulich genutzten, von Bodenerosion betroffenen Flächen Deutschlands wurden von 1310 bis 1350 im Mittel um etwa 25 cm tiefer gelegt.“ (Ebd., S. 230).

[22] So z.B. die Untersuchung des Schalkenmehrener Maars, vgl. Frank Sirocko (Hg): Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert, Darmstadt 2009, S. 167f.

[23] Das gut untersuchte Beispiel findet sich im ostelbischen Ausbaugebiet, in der sog. Wolfsschlucht bei Pritzhagen (Barnim, Brandenburg). Vgl. Bork, Landschaftsentwicklung (wie Anm. 20), S. 66-75. Ähnliche Kerbtäler sind etwa die sog. ‘Rummeln’ im Hohen Fläming, ebenfalls einer von massiven Wüstungsprozessen im Spätmittelalter veränderten Landschaft, die im Ausbauprozess v.a. durch große Getreideanbauflächen auf der Hochebene gekennzeichnet war.

[24] Die Grabung zwischen Rüdershausen und Gieboldeshausen war der Ausgangspunkt der Beschäftigung Borks mit den spätmittelalterlichen Erosionsphänomenen, vgl. Bork, Landschaftsentwicklung (wie Anm. 20), S. 93-102.

[25] Eine echte Beweisführung über Zusammenhänge zwischen klimatischen Veränderungen und Wüstungen hat bisher nämlich seitens der Historiker noch nicht stattgefunden, auch nicht im einschlägig betitelten Artikel von Werner Rösener: Die Wüstungen des Spätmittelalters und die Klimafaktoren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 115 (2010), S. 57-77.  Ermutigende Befunde aber von archäologisch-naturwissenschaftlicher Seite: Markus Dotterweich;  Jochen Haberstroh: Bodenressourcennutzung und Klimawandel zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Barbara Scholkmann u.a. (Hg.): Zwischen Tradition und Wandel. Archäologie des 15. und 16. Jahrhunderts, Büchenbach 2009 (Tübinger Forschungen zur historischen Archäologie 3), S. 501-510

[26] Nam pluvis a coelo descentibus et aquis de terra emergentibus ruinis aggerum ruptis, fontibus et torrentibus supereffluentibus, flumina levaverunt aquas suas ita, ut metas suas transcendentes non solum segetes et multa viventia in agris, verum etiam ipsos agros et vias dissiparent, castra, civitates, villas et ecclesias intrarent, super altaria ascenderent, muros, domos, turres everterent, plures hominess et jumenta submergando necarent et alia plura damna (De Origine et Abbatibus Monasterii Luccensis, in: Gottfried Wilhelm Leibniz (Hg.): Scriptores Brunsvicensiusm illustrationi inservientes. Bd. 3, Hannover 1711, S. 690-699, hier: 695). Übersetzung nach Christoph Erich Weidemann, Geschichte des Klosters Loccum, hg. v. Friedrich Burchard Köster, Göttingen 1822. Mit ganz ähnlichem Tenor, wenn auch weniger konkret Johann von Viktring, Liber certarum historiarum (MGH SSrG 36, 2) Buch 6, Kapitel 11, S. 225f.

[28] Vgl. Rohr, Extreme Naturereignisse (wie Anm. 5), S. 227, 364f.; RI VII, H. 1,3, Nr. 591; RI VIII, H. 3, Nr. 533

[29] Vgl. Johann Friedrich Böhmer (Hg.): Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus. Urkundenbuch der Reichstadt Frankfurt, Frankfurt /Main 1836, S. 578f. Den Hinweis auf die erste der beiden Urkunden verdanke ich Frau Ulrike Fliege (Darmstadt).

Citation: Martin Bauch: Die Magdalenenflut 1342 – ein unterschätztes Jahrtausendereignis?, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 04. Februar 2014, http://mittelalter.hypotheses.org/3016 (ISSN 2197-6120).

 

 

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3016

Weiterlesen

Buchvorstellung – Römisches Mainz – Begleitpublikation zur Ausstellung „Im Dienst des Kaisers. Mainz – Stadt der römischen Legionen.“





Zur Ausstellung „Im Dienst des Kaisers. Mainz – Stadt der römischen Legionen“, über die an dieser Stelle schon berichtet wurde, gibt es keinen eigenen, umfangreichen Ausstellungskatalog, wie man es vielleicht erwarten könnte. Stattdessen wurde im Mai 2013 eine Sonderausgabe der „MAINZ Vierteljahreshefte“ veröffentlicht. Agentur und Verlag Bonewitz sei für die Zurverfügungstellung eines Rezensionsexemplars herzlich gedankt. 
Die schmale Begleitpublikation ist in Satz und Layout ansprechend gestaltet und vor allem die qualitätvollen Abbildungen überraschen positiv. Ohne Anmerkungsapparat ist der Band rein populär angelegt. Leider wird durch das Fehlen von wenigstens einigen weiterführenden Literaturhinweisen die Chance vergeben, interessierten Lesern die Möglichkeit eines tieferen Einstiegs in die Themen zu bieten.
Zählt man die Umschlagseiten mit, dann sind lediglich vier von insgesamt knapp hundert Seiten für Werbung vergeben. Nur eine einzige der ganzseitigen Anzeigen ist in den Innenteil eingefügt und hierbei zwischen zwei der hinteren Kurzkapitel eingebettet, sodass der Lesefluß nicht mehr als nötig unterbrochen wird.
Den Einstieg bildet ein Vorwort des Herausgebers Michael Bonewitz, dem eine Einleitung durch diesen und Andreas Precht folgt. Diese ist mit „Mainz – Schauplatz römische Militärgeschichte“ überschrieben, was leicht vom Titel im Inhaltsverzeichnis abweicht. Bis zur Beschreibung der Ergänzungsausstellung „Ave Caesar“ ist kein Autor mehr für die folgenden Kapitel angegeben. Mit einer dreimaligen Wiederholung auf drei aufeinanderfolgenden Textseiten werden das Gründungsdatum der römischen Stadt Mainz und dessen strategische Bedeutung im Rahmen der Germanenfeldzüge auch dem unaufmerksamsten Leser nahegebracht.
Nach einer Einführung in die Ausstellung, finden sich Kapitel, die sich an den einzelnen Bereichen der Ausstellung orientieren. Zusammen mit kurzen Einführungstexten werden römische Fundobjekte zum jeweiligen Themenkomplex vorgestellt. 
Die Abbildungen sind stets informativ beschriftet. Die zahlreichen Inschriften werden durchgehend durch eine lateinische Umschrift mit Ergänzungen und eine deutsche Übersetzung begleitet. Allein bei den Salbenstempeln werden diese Zusätze vermisst. Einigen Fundabbildungen sind Vergrößerungen zur Seite gestellt, welche auf handwerkliche Details verweisen.
Auf einer Doppelseite berichtet Dr. Andreas Bersch über die schon erwähnte Ergänzungsausstellung „Ave Caesar. Feldherren und Kaiser im römischen Mainz“. Ebenfalls auf zwei Seiten wird das Rahmenprogramm zur Ausstellung vorgestellt.
Mit 18 Seiten ist rund ein Fünftel des Bandes einem Interview gewidmet, welches der Herausgeber mit dem ehemaligen Landesarchäologen für Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Gerd Rupprecht, geführt hat. Sein Inhalt gibt Einblicke in Arbeit und Vita Dr. Rupprechts und beleuchtet die Tätigkeiten der Landesarchäologie in Mainz. Neben den Mainzer Römerschiffen und den Resten der römischen Wasserversorgung im Zahlbachtal, werden die Theatergrabungen und das Isis- und Magna Mater-Heiligtum thematisiert. Auch der Verein „Initiative Römisches Mainz“ findet Erwähnung, der neben seiner Fördertätigkeit für die Mainzer Archäologie, auch die öffentlich zugängliche Präsentation des Heiligtums betreut. Gleich auf der nächsten Seite wird der Verein in einem eigenen Kurzkapitel noch einmal vorgestellt.
Knapp aber informativ ist das Kapitel „Römerstätten in Mainz“. Auf sechs Seiten werden dem Leser die Römersteine im Zahlbachtal, das Isis- und Magna Mater-Heiligtum, der Drusus-Stein und das Bühnentheater sowie das Stadttor auf dem Kästrich näher gebracht. Zudem geben Infokästen Hinweise zu Anreisemöglichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Insgesamt bietet das hier vorgestellte Sonderheft der „MAINZ Vierteljahreshefte“ einen gut lesbaren, gerafften Überblick über die Ausstellung im Landesmusem. Es sind vor allem die Gestaltung des Heftes und die guten Abbildungen mit ihren Begleitinformationen, die einen positiven Eindruck hinterlassen.



Römisches Mainz, Mainz Vierteljahreshefte, Sonderausgabe Mai 2013
96 Seiten, 8,50 €, ISSN 0720-5945
Agentur & Verlag Bonewitz




Quelle: http://provinzialroemer.blogspot.com/2013/12/buchvorstellung-romisches-mainz.html

Weiterlesen
1 3 4 5 6 7 9