Klobürste

Daniel Becker

Zum 4. Januar 2014 hin erklärte die Hamburger Polizei einen großen Teil der Hamburger Innenstadt zum Gefahrengebiet, darunter die Stadtteile St. Pauli, Sternschanze und Teile Altonas. Hintergrund war eine Demonstration gegen die Stadtpolitik, nach derer unmittelbaren Auflösung es zu Krawallen kam, sowie vermeintliche Angriffe auf Polizeiwachen und Beamte. Das Gefahrengebiet erlaubte der Polizei weitreichende Befugnisse wie verdachtsunabhängige Personenkontrollen und Durchsuchungen. Infolgedessen verabredeten sich täglich viele Hamburger zu Spaziergängen im Gefahrengebiet, um gegen die überzogenen polizeilichen Maßnahmen zu demonstrieren. Sie riefen dabei in sozialen Netzwerken dazu auf, skurrile Gegenstände bei sich zu tragen, um die Praxis der Polizei ad absurdum zu führen. Am 7. Januar berichtete das Nachtmagazin der Tagesschau über diese Vorkommnisse und zeigte Aufnahmen einer polizeilichen Kontrolle: Polizisten durchsuchten einen an einen Bus gedrückten Demonstranten und beschlagnahmten eine Klobürste, die in dessen Hosenbund steckte.

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Quelle: http://nomoi.hypotheses.org/844

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Ursachen und Auslöser der „friedlichen Revolution“

Wir haben uns viel mit der Frage beschäftigt, wie friedlich die „friedliche Revolution“ von 1989 wirklich war und  verschiedene Aspekte des Umsturzes in der DDR beleuchtet. Bevor jedoch eine Analyse der Friedfertigkeit der Revolution beginnen kann, ist es wichtig festzustellen, inwiefern der Begriff „friedliche Revolution“ die Massenbewegung der DDR-Bürger im Jahr 1989 zutreffend beschreibt. Es ist auffällig, dass keine andere bekannte Revolution in der Geschichte mit dem Attribut „friedlich“ versehen worden ist.

Was ist eine Revolution? Das deutsche Universallexikon Duden definiert eine Revolution als ein „auf radikale Veränderungen der bestehenden politischen u. gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichteter, gewaltsamer Umsturz[versuch]“.[i] Schließt diese Definition eine „friedliche Revolution“ nicht als ein Paradoxon aus?

Eine etwas komplexere Definition lässt sich in Karl Griewanks Werk „Der neuzeitliche Revolutionsbegriff“ finden. Dieser beschreibt eine Revolution als einen „Neuanfang unter entschiedenstem Bruch mit der Vergangenheit“.[ii] Laut Griewank ist eine Entwicklung dann Revolution zu nennen, wenn sie drei Kriterien erfüllt. Erstens muss es ein „stoßartige[r] und gewaltsame[r] Vorgang“ sein, zweitens müssen die Anliegen eine massenmobilisierende Wirkung haben und drittens muss eine definierte „programmatische Idee“ Grundlage der Bewegung sein.[iii]

Auch in dieser Definition bleibt ein Verweis auf Gewaltsamkeit nicht aus. Was aber ist Gewalt? Die erste Bedeutung, die in den Sinn kommt, ist die der physischen Gewalt. Die Revolution 1989 darf sich vielleicht nicht der vollkommenen Abwesenheit von Gewalt rühmen, doch verlief die Revolution so untypisch gewaltfrei, im Sinne von physischer Gewalt, dass eine Definition als gewaltsamer Umsturz nicht angemessen erscheint. Der Duden gibt jedoch eine weitere Definition von Gewalt, die eine Erklärungshilfe für das scheinbare Paradoxon „friedliche Revolution“ bietet. Es heißt weiter, Gewalt sei eine „elementare Kraft von zwingender Wirkung“.[iv] Es ist nicht zu bestreiten, dass 400.000 Demonstranten auf den Straßen Leipzigs eine „elementare Kraft von zwingender Wirkung“ darstellten.

Definiert man also eine gewaltsame Revolution als eine Bewegung mit extremer Kraft, die großen Druck auf das bestehende System ausübt, so ist der Begriff Revolution durchaus im Falle der ostdeutschen Bürgerbewegung passend und mit dem Attribut friedlich zu vereinbaren. Denn in diesem besonderen Fall blieb der Volksaufstand einer gesamten Nation so erstaunlich friedlich, dass der Begriff „friedliche Revolution“ ideal zu passen scheint. Der „friedliche“ Aspekt wird durch die vehement vermiedene physischer Gewalt abgedeckt, das Attribut „gewaltsam“ trifft aber im Sinne der nicht zu leugnenden ungeheuren Kraft, die von einem aufbegehrenden Volk ausgeht, ebenfalls zu.

Weiterhin offen bleibt nun die Frage, was die Bürger der DDR bewegte, 1989 mit einer friedlichen Revolution ihren Staat in den Grundfesten zu erschüttern, was im Folgenden dargestellt werden wird.

Die Menschenmassen, die sich an den Montagsdemonstrationen in Leipzig und anderen ostdeutschen Städten beteiligten, machen deutlich, dass ein großes Krisenpotential in der DDR steckte. Und viele dieser Krisen waren nicht neu. Doch warum kam es nicht schon viel früher zu einer Eskalation und was führte zu dieser „Freiheitsrevolution“?[v]

Die folgende Darstellung der Situation in der DDR beruht auf den Beschreibungen Karsten Timmers, Bernward Baules und Karl Bruckmeiers, die in ihren jeweiligen Werken die Entwicklungen im Jahr 1989 beschreiben und analysieren. So berichtet Timmer, dass bis in den Sommer 1989 in der DDR ein stark repressiver Parteiapparat herrschte, der für Bedingungen sorgte, die einer bürgerlichen Bewegung jegliche Erfolgschancen entzogen und Proteste gegen die Staatsgewalt mit einem sehr hohen Risiko belegten. Ein Zeitzeuge berichtete, dass der Repressionsmechanismus der SED-Spitze für die „Verbreitung einer diffusen Atmosphäre der Ohnmacht und Angst bei den Menschen“[vi] sorgte. Diese andauernde Stimmung der Angst hatte eine Gesellschaft geformt, die Konfrontationen aus dem Weg ging und von Karsten Timmer als „Nischengesellschaft“[vii] beschrieben wird. Die Last der bestehenden Repressalien verhinderte auch die Bildung einer organisierten Opposition, die zum Beispiel die Aufstände 1953 in eine gerichtete Bewegung hätte verwandeln können. Die DDR war noch Anfang 1989 kein Staat, der die Grundbedingungen für eine aufstrebende Bürgerbewegung stellen konnte. Timmer beschreibt in seinen Studien, dass die Bedingungen im Mai 1989 noch immer sehr „bewegungsfeindlich“[viii] waren. Die Kommunalwahlen, bei denen eine großflächige Fälschung aufgedeckt wurde, führten, trotz der großen Aufmerksamkeit des Westfernsehens und den stichhaltigen Argumenten der Oppositionsgruppen, zu keiner starken Resonanz in der Bevölkerung. Doch nur wenige Monate später demonstrierten 400.000 DDR-Bürger in Leipzig, um das totalitäre Regime zu stürzen, das noch Monate vorher genug Drohpotential besessen hatte, die Bevölkerung im Angesicht von massivem Wahlbetrug stillzuhalten.[ix]

An dieser Stelle stellt sich unweigerlich die Frage, was die Bevölkerung zu den folgenden Demonstrationen bewegte. Im Weiteren sollen daher die in den vorherigen Jahren entwickelten Konflikte genauer betrachtet werden, die nun von unterschwelligen Krisen zu unleugbaren, ernsthaften Problemen wurden?[x]

In der Vorgeschichte der Revolution sind insbesondere zwei Aspekte zu betrachten, die vor 1989 schon den Grundstein für die Staatskrise legten. Zum einen ist das Konzept der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik zu nennen, dass 1971 auf dem 8. Parteitag der SED beschlossen wurde, zum anderen das Konzept der Perestroika, das Gorbatschow 1987 auf einem Parteitag der KPdSU entwarf.[xi] Die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik führte zwar zu einer Verbesserung der Lebensumstände in der DDR in den 80er-Jahren und auch zu einer höheren Akzeptanz der SED. Erich Honecker hatte die Wirtschaft als „Mittel zum Zweck“[xii] genutzt, um für eine „Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes“[xiii] zu sorgen. Mit Maßnahmen, mit denen die SED versuchte, an der sozialistischen Idee der gesellschaftlichen Gleichheit festzuhalten, zum Beispiel Subventionsmaßnahmen bei Konsumgütern, neue Wohnungsbauprogramme und verbesserte Arbeitsbedingungen, sorgte sie für eine breitere Legitimation der SED-Herrschaft in der Bevölkerung. Diese nicht wirtschaftlich verankerten Maßnahmen trieben die DDR aber gleichzeitig auch in eine extreme Verschuldungssituation, die 1982 und 1989 beinahe zum Staatsbankrott führte.[xiv] Die anhaltende Versorgungskrise 1989 führte parallel zu einer immer stärker werdenden latenten Krisenstimmung.[xv] Timmer erläutert, dass die SED als einzige Entscheidungsinstanz im Staat auch die einzige Stelle war, an die Kritik gerichtet werden konnte. Als Monopol der Macht war sie die einzige Angriffsstelle für die Unzufriedenheit und den Zorn der Bevölkerung.[xvi]

Etwas wirklich grundlegend Neues war die Reformstimmung in den östlichen Nachbarländern, angeführt von der Perestroika in der Hegemonialmacht UdSSR. Sie veränderte die Machtstellung der SED-Spitze nachhaltig. Die Bevölkerung hegte Hoffnungen, die DDR könne sich ebenfalls der Reformpolitik Gorbatschows anschließen, doch die DDR-Führung reagierte stark in die entgegengesetzte Richtung. Trotz aller Enttäuschung über die eigene Regierung war der Kurs der UdSSR klar und damit stellte die Hegemonialmacht keinen Drohfaktor mehr dar. Die Demonstranten konnten nahezu sicher davon ausgehen, dass es keine sowjetischen Panzer sein würden, die den ei-genen im Falle eines Aufstandes zur Hilfe kommen würden. Ohne diesen Schutz des „großen Bruders“ im Rücken, war die DDR-Regierung in einer ganz anderen Ausgangssituation den Demonstranten gegenüber.[xvii]

So trug nicht nur das Scheitern der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik zu einer Sinnkrise des Sozialismus bei, auch der vergleichende Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse in der BRD und die Reformpolitik der UdSSR als politische Orientierung gaben den latenten Problemen der DDR immer mehr Nahrung, sodass nur noch der sprichwörtliche Funken fehlte, um die 40 Jahre lang regierende Parteidiktatur der DDR in ihren Grundfesten zu erschüttern und zu stürzen.[xviii]

Dieser Funken zur Revolution stellte sich als keinesfalls oppositionell organisierter Mobilisierungsakt heraus, sondern vielmehr als ungewollt falsch gesendetes Signal der ungarischen Regierung, die symbolisch einen Teil ihres Grenzzaunes abbauten, um den westlichen Kreditgebern ein reformbereites Ungarn zu präsentieren. Ungarn strebte eine Annäherung an den Westen Europas an, hatte jedoch seine Grenzpolitik mit den östlichen Nachbarn abgesprochen und klargestellt, dass trotz der symbolischen Öffnung die Grenzbewachung weiterhin bestehen bliebe. Diese Nachricht erreichte jedoch nicht jene DDR-Bürger, die nun die Chance sahen, die DDR auch ohne staatliche Erlaubnis zu verlassen. In den folgenden Wochen wurden bis zu 4000 DDR-Flüchtlinge an der ungarischen Grenze abgefangen, die mit einer einfachen Überquerung der Grenze gerechnet hatten. Mit ihrem ungarischen Stempel im Pass waren die Flüchtlinge als ebenjene, als Republikflüchtlinge, gebrandmarkt und wussten, dass bei der Wiedereinreise in die DDR ein Gefängnisaufenthalt unausweichlich würde.[xix]

Die DDR-Bürger, denen die Heimreise unmöglich gemacht wurde, suchten Zuflucht in der BRD-Botschaft in Budapest. Durch die einsetzenden Schulferien vervielfachte sich die Anzahl der Ungarnreisenden und sowohl die Zahl der Fluchtversuche als auch die der Botschaftsbesetzer nahm schnell zu. Immer wieder gelang es Flüchtigen, die Grenzanlagen tatsächlich zu überwinden und am 22. August hatten etwa 300 DDR-Bürger die bundesdeutsche Botschaft in Wien erreicht. Zu diesen erfolgreich Geflüchteten kamen am 19. August noch 600 Teilnehmer des Paneuropäischen Frühstücks an der ungarischen Grenze hinzu, die durch ein geöffnetes Tor ungehindert nach Österreich gelangt waren.[xx] Dennoch war für viele Ungarnreisende die Situation hoffnungslos, denn Ungarn hielt weiterhin an der Grenzbewachung fest und stellte keine Änderung in Aussicht. Daher füllte sich die Budapester Botschaft der Bundesrepublik mit etwa 1800 Menschen, die auf eine Ausreise hofften.

Ungarn stand sowohl innen- als auch außenpolitisch vor einem Problem und entschied sich am 22. August für eine Lösung, die die Gunst des Westens garantierte und als die humanitärste Lösung für die eigene Bevölkerung und auch für die 200.000 DDR-Bürger, die nach dem Ende der Schulferien nicht mehr zurückgekehrt waren, erschien. Nachdem sich Ungarn von der BRD eine Art Schadensersatz im Falle von Vergeltungshandlungen seitens der DDR hatte zusichern lassen, stellte Ungarn ein Ultimatum an die DDR bis zum 11.September. Die DDR reagierte jedoch nur mit Ärger auf diese „Erpressung und Verrat“ und ließ das Ultimatum verstreichen.[xxi] Am 10.September 1989 verkündete Außenminister Horn: „Die Bürger der DDR können das Land verlassen“. Etwa 14.000 Menschen verließen in den nächsten fünf Tagen Ungarn, damit hatten etwa 20.000 Menschen die DDR seit Mai 1989 verlassen.[xxii]

Die Zurückgebliebenen reagierten mit Resignation und Enttäuschung, die laut Timmer eine „Angst um unser Land“[xxiii] erzeugte, die von den personellen und ideologischen Verlusten herrührte. Aufgrund einer solidarischen Stellungnahme zur chinesischen Regierung nach dem Massaker am Platz des himmlischen Friedens war auch die Angst vor dem Parteiapparat noch immer allgegenwärtig. Doch die Bevölkerung reagierte schon hier empört, über die wirklichkeitsfremde, eindeutig ideologisch gefärbte Berichterstattung, der sie von der Regierung ausgesetzt wurden. Diese Tendenz verstärkte sich weiter, als die SED-Spitze auch zu den Vorgängen in Ungarn keine angemessene Reaktion zeigte. Laut DDR-Regierung war die Fluchtwelle nur eine Erfindung der Westmedien und die Geflohenen entführt vom imperialistischen Feind BRD.[xxiv] Die Parteispitze wartete mit einer Stellungnahme ab, da sie den 40. Jahrestag der DDR nicht durch innenpolitische Probleme belasten wollte. Dieses Erklärungsvakuum bot jedoch nach jahrelanger Chancenlosigkeit den Oppositionsgruppen die Möglichkeit, sich nahezu frei an die Bevölkerung zu wenden. So entwickelte sich für die folgenden Revolution, durch die fehlende Reaktion der SED-Führung, eine Spitze, eine Elite, die dafür sorgte, dass die ungerichteten, unorganisierten Anliegen des Volkes nicht wie 1953 von der Macht des Parteiapparates unterdrückt wurden sondern auf den Straßen Gehör fanden.[xxv]

Ab dem 22. September reagierte die DDR-Führung mit erschwerten Reisebedingungen nach Ungarn, sodass den DDR-Bürgern dieser Fluchtweg abgeschnitten wurde. Die Ausreisewilligen sahen als Alternative nur noch die Ausreise in die ČSSR und innerhalb einer Woche versammelten sich in der Prager Botschaft der BRD 2500 Menschen, die auf eine Ausreise in die Bundesrepublik hofften. Am Rande der zum gleichen Zeitpunkt stattfindenden UN-Vollversammlung einigten sich die Regierungsvertreter der DDR und der BRD darauf, dass die Botschaftsbesetzer von Prag offiziell aus der DDR ausgewiesen werden und in Sonderzügen, über das Gebiet der DDR fahrend, das Land verlassen sollten. Etwa 7000 Menschen gelangten in der Nacht des 30. September in diesen Sonderzügen in die Bundesrepublik.[xxvi] Die Resonanz der zurückgebliebenen Bürger war resigniert und wütend, da die Fliehenden dem eigenen Land keine Chance geben wollten. Doch die Regierung überschätzte diese Stimmung des Verratenwerdens und publizierte am darauffolgenden Tag, dass man „diesen Verrätern keine Träne nachweinen soll“.[xxvii] Die Bevölkerung der DDR wollte und konnte jedoch keine Regierung länger dulden, die so wenig Wert auf die eigenen Bürger legte.

Der Funke der Unzufriedenheit entzündete sich in Dresden, wo sich ab dem 3. Oktober Ausreisewillige sammelten, die auf dem Weg nach Prag von einem weiteren neuen Gesetz der Visapflicht für die ČSSR überrascht worden waren und sich bis zum 6. Oktober heftige Straßenschlachten mit der Volkspolizei und den Sicherheitskräften lieferten.[xxviii]

Diese Demonstrationen, die noch während des 40. Jahrestages der DDR stattfanden, und jegliche innenpolitischen Probleme, wurden in den Festreden sowohl von den Parteirednern als auch vom Ehrengast Gorbatschow vollkommen vernachlässigt. Gerade wegen dieser vollkommenen realitätsfernen Idealisierung der DDR gingen schon an diesem Tag viele Bürger auf die Straßen, um für einen Reformkurs der Regierung zu kämpfen.[xxix] Innerhalb nur weniger Wochen überwanden die Demonstranten die Angst vor einer chinesischen Lösung und strömten an den folgenden Montagen zu Tausenden auf die Straßen. Die Bürger der DDR brachten eine Revolution ins Rollen, die noch Monate vorher in der vollkommen „bewegungsfeindlichen“[xxx] DDR kaum denkbar schien. Sie schufen eine Revolution, die, abgesehen von den Krawallen in Dresden, vollkommen gewaltfrei verlief und in der Tradition der Revolutionen Europas aus diesem Grund einzigartig ist.

[i] Dudenredaktion. Duden Deutsches Universalwörterbuch 7.,überarbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim: Bibliographisches Institut GmbH, 2011. „Revolution“.

[ii] Griewank, Karl (1955): Der neuzeitliche Revolutionsbegriff. Entstehung und Entwicklung, Weimar. 5.

[iii] Griewank, K. 7.

[iv] Duden, „Gewalt“.

[v] Baule, Bernward (1991): „Wir sind das Volk!“ Politische Bedingungsfelder der Freiheitsrevolution in der DDR, 17.

[vi] Timmer, Karsten (2000): Vom Aufbruch zum Umbruch. Die Bürgerbewegung in der DDR 1989, Göttingen. 80.

[vii] Timmer, K. 82.

[viii] Timmer, K. 80.

[ix] vgl. Timmer, K. 80

[x] vgl. Timmer, K. 82.

[xi] vgl. Bruckmeier, Karl (1993):Entwicklung der Bürgerbewegung 1989-1991. in: Haufe, Gerda; Bruckmeier, Karl (Hrsg.): Die Bürgerbewegung in der DDR und in den ostdeutschen Ländern, Opladen, 9-28. 24.

[xii] Timmer, K. 87.

[xiii] Timmer, K. 87.

[xiv] vgl.Timmer, K. 89.

[xv] vgl. Baule, B. 34.

[xvi] vgl. Timmer, K. 93.

[xvii] vgl. Baule, B. 24.

[xviii] vgl. Timmer, K. 84.

[xix] vgl. Timmer, K. 99.

[xx] vgl. Timmer, K. 100.

[xxi] vgl. Timmer, K. 102.

[xxii] vgl. Timmer, K. 103.

[xxiii] Timmer, K. 109.

[xxiv] vgl. Timmer, K. 113.

[xxv] vgl. Bruckmeier, Karl (1993):Die Bürgerbewegung der DDR im Herbst 1989. in: Haufe, Gerda; Bruckmeier, Karl (Hrsg.): Die Bürgerbewegung in der DDR und in den ostdeutschen Ländern, Opladen, 9-28. 32.

[xxvi] vgl. Timmer, K. 116.

[xxvii] Timmer, K. 117.

[xxviii] vgl. Timmer, K. 118.

[xxix] vgl. Timmer, K. 120.

[xxx] Timmer, K. 121.

Quelle: http://revolution1989.hypotheses.org/78

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Protest gegen Elbtunnel 1974

von Brigitte Abramowski -

„Straßenkampf auf dem Weg zwischen City und Autobahn“, titelte das Hamburger Abendblatt am 21. Juli 1973. Die Geschichte der Bürgerproteste gegen die Verkehrsplanung in Ottensen geht bis in die frühen 1970er Jahre zurück. Der neue Elbtunnel sollte 1974 fertiggestellt werden. Auch wenn die bis dahin bekannten „City-West“-Pläne, die den Abriss des Kerngebietes von Ottensen, die Errichtung des Bürohochhausviertels „City-West“ und den Bau von Hochstraßen für eine Autobahnanbindung vorsahen, nach und nach zurückgenommen wurden, war eine erhebliche Verkehrsbelastung auf den bestehenden Straßen zu erwarten.

 

Aus der Eulenstraße ab Mottenburgerstraße wurde die Mottenburger Twiete, für den
Durchbruch der Eulenstraße zur Bahrenfelder Straße als Autobahnzubringer wurden
Häuser abgerissen, um 1975 / Foto: Sammlung Stadtteilarchiv Ottensen
 
 

Zwischen Lobuschstraße und Bleickenallee wurden die Straßenzüge Keplerstraße, Arnoldstraße und Klausstraße-Eulenstraße jeweils im Einrichtungsverkehr zweispurig als Autobahnzubringer ausgebaut.

„Ottensen kämpft gegen Autobahnzubringer“

Mit der Eröffnung der Autobahn „Westliche Umgehung“ und der Öffnung der Zu- und Ausfahrt Othmarschen war ein täglicher Kampf zwischen Autofahrern und Bewohnern in Ottensen vorherzusehen. Dort hatte sich schon 1973 eine Aktionsgemeinschaft Ottensen (AO) formiert, die gegen die City-West-Pläne agierte und forderte, die Autobahnausfahrt nicht zu genehmigen. „Ottensen kämpft gegen Autobahnzubringer“ war der Slogan der Aktionsgemeinschaft, die als ihr Sprachrohr die „Ottenser Zeitung“ (OZ) herausgab. Bis 1982 bildeten sich weitere Verkehrsberuhigungsinitiativen in Ottensen.

 

Demonstrationszug gegen die Planung der City West an der Straßenkreuzung Bahrenfelder
Straße und Arnoldstraße 1973 / Foto: Stadtteilarchiv Ottensen/Schaffrath
 

1975 hatte sich die „Bürgerinitiative Verkehr in Ottensen“ (BIVO) gegründet, um eine „Bus-Trasse“ vom neuen Busbahnhof am Altonaer Bahnhof zum Spritzenplatz und weiter zur Bleickenallee zu verhindern. Seit 1980 kämpfte die „Bürgerinitiative Verkehrsberuhigung Ottenser Marktplatz/Holländische Reihe/Bernadottestraße“ für „Tempo 30“, Überholverbot und gegen Schwerlastverkehr auf ihren Straßenzügen. Das Sprachrohr dieser Verkehrsinitiativen wurde die neue Stadtteilzeitung „ZO“ – Zeitung für Ottensen. Die neue Partei „Grün-Alternative Liste“ (GAL) hatte in Altona „Verkehr“ zu einem ihrer zentralen Themen gemacht.

„Ottenser 6-Tage-Schleichen“

Auftaktveranstaltung für das erste „Ottenser 6-Tage-Schleichen“ war eine Fahrrad-Demonstration der „Grünen Radler“ am Sonnabend, den 16. Mai 1981, vom Gerhart-Hauptmann-Platz durch mehrere Hamburger Stadtteile zum „Fischerfest“ in Teufelsbrück. Nach einer Kundgebung in der Ottenser Hauptstraße schlossen sich die Ottenser Radler dem Konvoi an und radelten im großen Verband durch das enge Ottensen hinunter nach Teufelsbrück. In der Zeit vom 18. bis 23. Mai fand dann die erste „Verkehrsberuhigungswoche“ statt.

Täglich ab 16.30 Uhr zur Hauptverkehrszeit waren Fahrradkonvois unterwegs. Dabei wurden bekannte Unfallorte markiert, selbst hergestellte „Tempo-30“-Schilder installiert, Zebrastreifen ausgerollt und fußgängerfreundliche Ampeln aufgestellt. An einem Informationstisch an der Ecke Ottenser Hauptstraße Am Felde wurde von 16-18 Uhr täglich informiert und zu Gesprächen eingeladen. Abends fanden im Stadtteilkulturzentrum „Motte“ oder im „Stadtteilarchiv Ottensen“ (damals noch in den Räumen Am Born 6) Filmvorführungen oder Podiumsdiskussionen mit Polizei, „Grünen Radlern“, Verwaltung, Stadtplanern, Politikern sowie Ottenser Bürgern und Bürgerinnen statt.

„Radeln in Rudeln“

Während die Informationstische ordnungsgemäß angemeldet waren, war das Radeln eher informell und spontan. So rief die „ZO“ zum „Radeln in Rudeln“ auf, so dass die Pkws nur im Schritt-Tempo und mit zeitweiligem Stillstand bei besonderen Aktionen im Straßenraum hinter den „Rudeln“ herfahren konnten. Da einige Autofahrer aber sehr aggressiv reagierten, entschlossen sich die Organisatoren schnell dazu, einen eigenen PKW voran und einen am Schluss mitfahren zu lassen, um besonders auch mitradelnde Kinder zu schützen.

 

Eine Fahrraddemonstration formiert sich auf dem Parkplatz an der Nöltingstraße, einer
Freifläche der ehemaligen Maschinenfabrik Menck & Hambrock, am heutigen
Kemal-Altun-Platz, 1980 / Foto: Stadtteilarchiv Ottensen
 
 
„Schleichen statt Leichen“

So hieß die Parole der Verkehrsberuhigungsaktivitäten. Leider bekam dieser Slogan eine traurige Aktualität, als im Juni 1982 zwei Kinder in der Holländischen Reihe verunglückten und ein Kind an den Unfallfolgen starb. Zwei Tage lang gab es täglich Demonstrationen und Straßensperrungen am Unfallort und auf anderen Ottenser Straßen. Plötzlich ging alles sehr schnell und unkompliziert. Hamburgs Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD) ordnete drei Tage nach dem Unfall „Tempo 30“, Überholverbot sowie ein Verbot für Schwerlastverkehr auf der Holländischen Reihe an.

Und das war nur der Anfang. Nach und nach wurden auch die anderen Autobahnzubringer zu Tempo-30-Zonen, bis für ganz Ottensen „Tempo 30“ Vorschrift wurde. Leider waren immer nur schwere Unfälle mit Kindern die Anlässe für weitere Maßnahmen: Die zweispurigen Autobahnzubringer wurden auf eine Spur reduziert und teilweise wurden Fahrradspuren ausgewiesen. Die Eulenstraße wurde in der Höhe Mottenburger Twiete verschwenkt, so dass Raum für den Bau einer Kindertagesstätte entstand. Die Bus-Trasse vom Altonaer Busbahnhof konnte verhindert werden und aus den Dreiecksplätzen entlang der Bahrenfelder Straße wurden statt Verkehrsinseln mit Parkplätzen wieder Plätze für Menschen. Das Engagement der Ottenser und Ottenserinnen für Verkehrsberuhigung war vorbildlich und erfolgreich, wovon der Stadtteil bis heute profitiert.

 

Aufkleber der Bürgerinitiative Verkehr in Ottensen (BIVO) / Grafik: Stadtteilarchiv Ottensen
 
 

Quellen und Literatur:

  • Wenn die Westliche Umgehung fertig ist: „Straßenkampf“ auf dem Weg zwischen City und Autobahn, in: Hamburger Abendblatt 21.7.1973
  • Ottenser 6-Tage-Schleichen – Radeln in Rudeln, in: Zeitung für Ottensen Nr. 33, Mai 1981
  • Förderkreis Ottensen-Chronik (Hrsg.), Ottensen Chronik, Dokumentation eines Hamburger Stadtteils, Hamburg 1993
  • Stadtteilarchiv Ottensen e.V. (Hg.), Schauplatz Ottensen, Geschichte und Geschichten der Ottenser Plätze, Hamburg-Altona 2003, S.27f

Zur Autorin:

Brigitte Abramowski ist Geschäftsführerin und pädagogische Mitarbeiterin im Stadtteilarchiv Ottensen sowie langjährige Akteurin in Bürger- und Stadtteilinitiativen Ottensens seit 1976. Auf den Hamburgischen Geschichten veröffentlichte sie zuletzt den Artikel “Ottensen – Von der Gegenkultur zum Motor der Gentrifizierung? (1980 bis 2010)

 

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=421

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