Zusammen sind wir trotzdem noch allein

Finding Vivian Maier USA 2013, Drehbuch & Regie: John Maloof, Charlie Siskel, Kamera: John Maloof
Finding Vivian Maier USA 2013, Drehbuch & Regie: John Maloof, Charlie Siskel, Kamera: John Maloof

Finding Vivian Maier
USA 2013, Drehbuch & Regie: John Maloof, Charlie Siskel, Kamera: John Maloof

Kairos ist ein Nebendarsteller im olympischen Spektakel griechischer Mythologie. Er ist der „Gott des glücklichen Moments“. Dargestellt mit einer unübersehbaren Stirnlocke, die es zu ergreifen gilt in dem einen, dem richtigen Moment.

Diesem jüngsten Sohn des Zeus begegnete der Immobilienmakler und Hobbyhistoriker John Maloof im Jahr 2007. Und er traf die richtige Entscheidung im unwiederbringlich richtigen Moment. Für den Preis von 380 Dollar ersteigerte er in einem Chicagoer Auktionshaus mehrere Kartons voller Negative. Erhofft hatte er sich Bilder über sein Chicagoer Stadtviertel Portage Park für eine Chronik dieses Teils der Stadt, an der er gerade arbeitete. Gefunden hat er Fotografien aus den Jahren 1950 bis weit in die 1990er-Jahre von einer ihm unbekannten Fotografin: Vivian Maier.

Maloof konnte, nachdem er festgestellt hatte, dass die Negative für seinen Zweck nicht brauchbar waren, zunächst nichts mit den Kisten anfangen. Er versuchte dennoch, die Fotografin ausfindig zu machen. Aufgrund der Professionalität der Fotos ging er davon aus, dass es sich um eine Journalistin oder eine Fotografin handeln müsse. Seine Suche blieb erfolglos, was ihn in höchstes Erstaunen versetzte: Offenbar gibt es Menschen, die in unserer durchgescannten Welt keine Spuren hinterlassen. Selbst der von ihm engagierte Genealoge fand nur dünne Einträge in Geburten- und Sterberegistern. Erst 2009 brachte ihn die Anzeige ihres Todes schließlich auf die kaum sichtbaren Spuren, die sie hinterlassen hat. Von nun an sollte der Immobilienmakler John Maloof zum obsessiven Nachlassverwalter einer völlig unbekannten Frau werden, von der lediglich Kisten voller Negative überliefert waren.

Von der akribischen Suche nach der Fotografin Vivian Maier erzählt die Dokumentation „Finding Vivian Maier“, die Maloof gemeinsam mit seinem Mitstreiter Charlie Siskel im Jahr 2013 produzierte.

Maier, die 1926 in New York geboren wurde, hatte eine französische Mutter und einen österreichischen Vater, der die Familie jedoch früh verließ. Sie sprach fließend Französisch, da es bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr immer wieder längere Aufenthalte in Frankreich gab. Dort lebte sie mit ihrer Mutter in jenem Ort, aus dem die Familie stammte: Saint-Bonnet-en Champsaur im Südosten des Landes. So malerisch das 250-Seelen-Dorf im Film auch erscheint, in ihrer Familiengeschichte spiegelt sich dies nicht. Die Familienmitglieder hatten keinen Kontakt untereinander. Maiers Tante vererbte ihr kleines Vermögen einer Freundin, und keinem der Verwandten, mit den testamentarisch verbrieften Worten, dass alle sicher wüssten, warum sie dies täte.

Im Jahr 1940 kehrte die Familie endgültig in die USA zurück. Maier musste früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen und tat dies zunächst in den kleinen Hinterhoffabriken Chicagos. Da sie jedoch das Eingesperrtsein in den stickigen Räumen der Manufakturen hasste, begann sie als junge Frau in den Mittelklassevororten der Stadt als Kindermädchen zu arbeiten – eigentlich viel zu intelligent für die Arbeit in der Küche und im Kinderzimmer. Zumindest zeitweise jedoch liebte Maier ihre Arbeit. Sie konnte sich mit den Kindern relativ frei bewegen und war, wie die nun Erwachsenen sich noch immer entnervt erinnern, immer draußen, den ganzen Tag. Wenn nicht in der Natur, so in den heruntergekommenen Vierteln der Stadt, um das zu tun, was sie, nach Aussage der Kinder, immer tat: fotografieren.

Die von ihr betreuten ehemaligen Schützlinge kommen im Film zu Wort, mit durchaus widerstreitenden Meinungen über ihre extrem eigensinnige Nanny. Die Erinnerungen reichen hier von einer Person, die, trotz aller Strenge, eine Atmosphäre von Abenteuer, Lebenslust und Freiheit verbreitete, bis hin zu jenen, die von, wenn auch zeitgemäßer, tiefschwarzer Pädagogik sprechen.

Was wir dank der leidenschaftlichen, nahezu manischen Recherche Maloofs sicher wissen, ist, dass Vivian Maier kaum je ohne Kamera anzutreffen war. Lange Zeit war dies eine Rolleiflex, mit der es gelang, bei geringstmöglicher Aufmerksamkeit der Porträtierten nah und unauffällig an ihre Objekte heranzukommen. Die „Rollei“ ermöglichte eine Form der Fotoarbeit, die heute nicht mehr vorstellbar ist: Die Fotografin schaut nach unten in das Objektiv, schaut somit nicht direkt auf den Bildausschnitt, auf die Person, die sie fotografieren will, und hat keine Kamera vor dem Gesicht. So kommt zum einen die starke Untersicht vieler ihrer Porträts zustande, zum andern lässt sich so auch die Unbefangenheit der Porträtierten erklären.

Vivian Maier selbst sorgte mit großer Energie dafür, dass sie kaum Spuren hinterließ. So verleugnete sie nicht selten ihren Namen oder änderte ständig dessen Schreibweise. Sie wechselte häufiger ihre Stelle als Kindermädchen. Mag sein, dass dies üblich war. Ihre Arbeitgeber berichten jedoch auch von ihrem exzentrischen Wesen. Davon, dass sie mit ihren Fotoboxen, von denen niemand wusste, dass es sich um Fotoboxen handelte, ganze Garagen zustellte, dass sie schwere Schlösser an ihre Privaträume anbringen ließ und sie zu verbotenen Zonen erklärte, dass sie Tonnen von Zeitungen hortete – dass sie ein Messie war. Offenbar wussten wohl meist nur die Kinder, dass sie fotografierte und dass sie dies ständig tat.

Der Film zeigt, wie viel Maloof daran liegt, die Person Maiers zu entschlüsseln, derjenige zu sein, dem es gelingt, und sei es postum, die Frau kennenzulernen, die nach Meinung einiger Kunstkritiker zu den ganz Großen der Street Photography gehört. In zum Teil atemberaubenden Schnitten stellt Maloof Arbeitgeber und Bekannte Maiers mit völlig widersprüchlichen Erzählungen zu ihrer Person gegenüber. So beschämt uns beispielsweise die Arroganz des Linguisten, bei dem Maier Abendkurse besuchte, wenn er behauptet, Maier hätte ihren französischen Akzent nur gefakt. Andere erklären, Maier sei mindestens zwei Meter groß gewesen, sie hätte sich gekleidet, wie es in den zwanziger Jahren Mode war, und den Stechschritt eines „german nazi“ gehabt. Mit Wärme sprach kaum jemand über sie, mit Respekt ihrer Exzentrik und Eigenheit gegenüber alle. Einig war man sich darin, dass sie ein unfassbar einsamer Mensch gewesen sein muss. Einsam meint: keine Freunde, keine Verwandten, keinen Liebhaber, kein Kind – keinen Anruf.

Von den Einsamen geht eine Faszination aus, vor allem dann, wenn diese Einsamkeit frei gewählt und mit Vehemenz verteidigt wird – diese Faszination steigert sich ins Mythische, wenn die Einsamen ein Werk hinterlassen, das uns staunen lässt. So wie es die Bilder Maiers tun. Die Sammlung ihrer Werke, die Maloof sukzessive aufgekauft hat, umfasst schätzungsweise 100.000 Negative, 20.000 Farbdias, 3000 Abzüge, Film- und Tonaufnahmen.[1]

Ausstellung der Werke Vivian Maiers in München, 2011 (Foto: Thomas Leuthard/flickr)

Ausstellung der Werke Vivian Maiers in München, 2011 (Foto: Thomas Leuthard/flickr)

Wenn heute von ihren Arbeiten die Rede ist, fällt regelmäßig der Name Cartier-Bresson und sein Credo vom „richtigen Moment“. Denn das ist es, was Maiers Bilder so besonders macht und sie in eine Reihe mit Helen Levitt, Diane Arbus, Alfred Eisenstaedt oder Elliott Erwitt stellt, die Fähigkeit den richtigen Moment zu erwischen.[2]

Der Film von Maloof und Siskel ist, wie Bert Rebhandel in der FAZ[3] treffend feststellte, nicht der richtige Ort, um über den Rang und die Bedeutung der Fotografin Vivian Maier zu urteilen. Die Bilder laufen zu ungestüm über den Bildschirm, es bleibt kaum Zeit, sie zu betrachten. Aber dass Vivian Maier eine begnadete Fotografin war, deren Unsichtbarkeit weitaus umfassender war als nur ein verheimlichter Name und ein verschlossenes Zimmer, dies wird im Film sehr deutlich.

Sieht man sich ihre Bilder genauer an – der von Maloof im Jahr 2011 herausgegebene Bildband[4] macht dies möglich –, erkennt man zunächst, dass sie in der Tat das war, was der Kunsthistoriker im Film behauptet: „She was a genuine shooter“ und „She had a great eye“. Auf den zweiten Blick erkennt man ein imaginäres Wasserzeichen auf fast jedem ihrer Bilder. Der Subtext dieses Zeichens lautet: Egal wie groß die Stadt ist, in der wir uns bewegen, egal wie viele Menschen neben uns sind, selbst wenn jemand unsere Hand nimmt – es nützt nichts, der Mensch ist ein einsames Tier.

 

Finding Vivian Maier
USA 2013, Drehbuch & Regie: John Maloof, Charlie Siskel, Kamera: John Maloof,
100 Minuten, Farbe & Schwarz-Weiß

[1] Christoph Gunkel, Das Kindermädchen mit der Kamera, in: Spiegel-online, 25.1.2011 (30.6.2014).

[2] Andrea Diener, Von ihrem Leben blieb nur ihr Blick auf die Welt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.8.2010, Nr. 187, S. Z3 (Bilder und Zeiten).

[3] Bert Rebhandel, Das Kindermädchen mit der Kamera. Der Regisseur John Maloof kauft auf dem Flohmarkt eine Schachtel Negative, macht sich auf die Suche nach der Fotografin und findet Vivian Maier: eine Frau, die noch immer Rätsel aufgibt, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22.4.2014, Nr. 25, S. 42.

[4] John Maloof, Vivian Maier. Street Photographer, München 2011.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/07/08/zusammen-sind-wir-trotzdem-noch-allein/

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Rezensions-Digest Juni 2014

Mariusz Kaczka: Rezension zu: Peter Paul Bajer: Scots in the Polish-Lithuanian Commonwealth, 16th-18th Centuries. The Formation and Disappearance of an Ethnic Group. Leiden / Boston 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/23940.html

Uwe Baumann: Rezension zu: Dieter Berg: Heinrich VIII. von England. Leben – Herrschaft – Wirkung. Stuttgart 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/23837.html

Joachim Eibach: Rezension zu: Maria R. Boes: Crime and Punishment in Early Modern Germany. Courts and Adjudicatory Practices in Frankfurt am Main, 1562-1696. Aldershot 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24419.html

Axel Gotthard: Rezension zu: Thomas Brockmann / Dieter J. Weiß (Hgg.): Das Konfessionalisierungsparadigma. Leistungen, Probleme, Grenzen. Münster 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24342.html

Dieter Weiß: Rezension zu: Hanna Brommer: Rekatholisierung mit und ohne System. Die Hochstifte Würzburg und Bamberg im Vergleich (ca. 1555-1700). Göttingen 2014, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24821.html

Horst Pietschmann: Rezension zu: Norbert Campagna: Staatsverständnisse im spanischen ‘siglo de oro’. Baden-Baden 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24415.html

Katrin Keller: Rezension zu: Anne J. Cruz / Maria Galli Stampino (eds.): Early Modern Habsburg Women. Transnational Contexts, Cultural Conflicts, Dynastic Continuities. Aldershot 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24422.html

Alois Schmid: Rezension zu: Walter Cupperi / Martin Hirsch / Annette Kranz (Hg.): Wettstreit in Erz. Porträtmedaillen der deutschen Renaissance. Berlin/München 2013, in: ZBLG online, 13.06.2014

http://www.kbl.badw-muenchen.de/zblg-online/rezension_2636.html

Wolfgang Burgmair: Rezension zu: Die städtischen Kliniken Münchens in Geschichte und Gegenwart. München 2009, 13.06.2014

http://www.kbl.badw-muenchen.de/zblg-online/rezension_2562.html

Karoline Döring: Rezension zu: Johannes Feichtinger / Johann Heiss (Hgg.): Geschichtspolitik und »Türkenbelagerung«. Wien 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/21337.html

Rainer Hering: Rezension zu: Markus Friedrich: Die Geburt des Archivs. Eine Wissensgeschichte. München 2013, in: H-Soz-u-Kult, 10.06.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-162

Martin Faber: Rezension zu: Sabine Jagodzinski: Die Türkenkriege im Spiegel der polnisch-litauischen Adelskultur. Kommemoration und Repräsentation bei den Żółkiewski, Sobieski und Radziwiłł. Ostfildern 2013, in: H-Soz-u-Kult, 27.06.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-207

Wolfgang Burgdorf: Rezension zu: Christoph Kampmann / Katharina Krause / Eva-Bettina Krems u.a. (Hgg.): Neue Modelle im Alten Europa. Traditionsbruch und Innovation als Herausforderung in der Frühen Neuzeit. Köln / Weimar / Wien 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/22559.html

Sascha Weber: Rezension zu: Ulrich L. Lehner: Monastic Prisons and Torture Chambers. Crime and Punishment in Central European Monasteries 1600-1800. Eugene, OR 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24914.html

Jonathan Spangler: Rezension zu: Margaret M. McGowan (ed.): Dynastic Marriages 1612/1615. A Celebration of the Habsburg and Bourbon Unions. Aldershot 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24421.html

Justus Nipperdey: Rezension zu: Sophus A. Reinert: Translating Empire. Emulation and the Origins of Political Economy. Cambridge 2011, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/23200.html

Katrin Gäde: Rezension zu: Martina Schattkowsky (Hrsg.): Adlige Lebenswelten in Sachsen. Kommentierte Bild- und Schriftquellen. Köln 2013, in: H-Soz-u-Kult, 06.06.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-159

Christophe Losfeld: Rezension zu: Wolfgang Schmale: Das 18. Jahrhundert. Wien 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/23133.html

Bernward Schmidt: Rezension zu: Johannes Wischmeyer (Hrsg.): Zwischen Ekklesiologie und Administration. Modelle territorialer Kirchenleitung und Religionsverwaltung im Jahrhundert der europäischen Reformationen. Göttingen 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6, 15.06.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/06/24839.html

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1775

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Bilderkrieger, oder: Wer fotografiert den Krieg?

Bilderkrieger Cover

 

„Mein Arbeitsplatz ist sicher, denn diese Typen – sie werden niemals aufhören zu kämpfen. Ich würde aufhören, wenn das nur ein Job wäre. Aber es ist eine Art zu leben.“

 

Michael Kamber, Bilderkrieger. Von jenen, die ausziehen, uns die Augen zu öffnen. Kriegsfotografen erzählen, Ankerherz Verlag 2013

Michael Kamber, Bilderkrieger. Von jenen, die ausziehen, uns die Augen zu öffnen. Kriegsfotografen erzählen, Ankerherz Verlag 2013

Was der französische Kriegsfotograf Patrick Chauvel hier zum Ausdruck bringt, würden viele seiner Kollegen sicher unterschreiben. Wer einmal angefangen hat, Krieg zu fotografieren, kommt davon oft nicht mehr los – so zumindest berichten es viele der in diesem Band vertretenen Fotografinnen und Fotografen. Der von Michael Kamber zusammengestellte Band enthält 21 Gespräche mit 15 Männern und fünf Frauen, die in Kriegen von Vietnam bis Afghanistan fotografierten (Joao Silva ist mit zwei Gesprächen vertreten).

Eingeteilt sind die Gespräche in die Komplexe „Mission“, „Krieg“ und „Narben“. Überwiegend handelt es sich dabei um bereinigte Transkriptionen von Interviews, in zwei Fällen (Francesco Zizola und Don McCullin) um Erinnerungsprotokolle von Gesprächen, die nicht aufgezeichnet wurden. Die hier besprochene Ausgabe ist eine Übersetzung des bei University of Texas Press ebenfalls 2013 erschienenen Buches  Photojournalists on War – The Untold Stories from Iraq. Die einzelnen Beiträge sind zwischen 5 und 12 Seiten lang und schließen jeweils mit einer einzelnen doppelseitigen Abbildung aus dem Werk des Fotografen. Am Ende findet sich zudem ein visueller Epilog, der aus neun Fotografien von Personen besteht, die im Interviewteil nicht vertreten sind.

Aus den Interviews geht hervor, wie unterschiedlich die einzelnen Kriegsfotografen arbeiteten und noch arbeiten. Gleichwohl bilden sich auch bestimmte Muster heraus, die immer wiederkehren und so dazu beitragen, einen „idealtypischen“ Kriegsfotografen entstehen zu lassen, den man etwa so beschreiben könnte: Am Anfang steht zwar keine Ausbildung, aber die Überzeugung, dass es eine moralische Verpflichtung gibt, das vom Krieg verursachte Leid zu dokumentieren und der Weltöffentlichkeit zu zeigen, und zwar unabhängig davon, ob sich die Weltöffentlichkeit dafür auch interessiert oder nicht – letzteres sei nämlich häufig der Fall. Partei ergreifen die Fotografen selten für einen Krieg führenden Staat oder eine Gruppe im Bürgerkrieg; Partei ergreifen sie aber sehr wohl für die leidende Zivilbevölkerung. Dass sie selbst sich dabei in Lebensgefahr begeben, nehmen sie billigend in Kauf. Angst empfinden sie, fühlen sich jedoch entweder verpflichtet, diese in den Griff zu bekommen, oder genießen auch den Adrenalinkick, den die Gefahrensituation auslöst. Sie sind extrem genügsam, untereinander gut vernetzt und haben entweder keine Familie oder sind geschieden.

So weit bestätigen sie frühere Aussagen von Kriegsfotografen, die es in großer Zahl gibt und die stets um die gleichen Themen kreisen. Dennoch sind die Interviews spannend zu lesen und da besonders eindrücklich, wo die Protagonisten ihre eigene Verstrickung in das Geschehen beschreiben: Manche leiden, wie Soldaten, unter posttraumatischem Stresssyndrom, manche haben Schuldgefühle, weil sie Mitmenschen in Gefahr bringen oder befürchten, dass die Präsenz der Kamera Gewalttaten auch auslösen (statt verhindern) kann.

Zudem kommen auch einige Fotografen zu Wort, die nicht den Krieg selbst, sondern seine Folgen dokumentieren, sei es im Zusammenhang mit der Benachrichtigung der Angehörigen von gefallenen Soldaten, sei es im Kontext der Rehabilitation Schwerverletzter, die von der Öffentlichkeit gern vergessen werden. Diese Fotografen bilden ein gutes Gegengewicht zum Typ Gefahrensucher, als der die meisten Kriegsfotografen erscheinen – mitunter allerdings wohl auch zu Unrecht. Schließlich erklären alle hier vertretenen Fotografen, dass Vorsicht, Erfahrung, vernünftiges Abwägen von Risiken und eine gute Vernetzung ausschlaggebender für den Erfolg seien als blindes Draufgängertum.

Eine historische Einordnung der Kriegsfotografie in die Geschichte des 20. Jahrhunderts nimmt der Herausgeber nicht vor – und das ist auch gut so, gibt es doch schon reichlich Literatur zum Thema. Besonders beeindruckend ist indes die Auswahl der im Band abgedruckten Fotografien, die zum Teil schon durch die Medien gingen, darunter Anja Niedringhaus’ Foto eines U.S. Marine im Irak, der eine GI Joe Figur – also eine Art militärischen Ken – im Rucksack trägt; dieses Bild gewann als Teil einer Serie einen Pulitzer-Preis für Fotografie. (Anja Niedringhaus wurde am 4. April 2014 – weniger als ein Jahr nach Erscheinen des Buches – bei der Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit in Afghanistan erschossen; eine kanadische Kollegin überlebte schwer verletzt.) Andere Fotografien – wie das von Ashley Gilbertson aus einem Hubschrauber aufgenommene Bild des Camp Lima im Irak, in dem polnische Soldaten eben ein Sonnenbad nehmen, sind vielfach unbekannt. Angesichts der Tatsache, dass im Textteil eher wiederholt eine Inflation der Bilder als ein Mangel an Bildern beklagt wird, ist die Zurückhaltung bei der Bildauswahl und die Beschränkung auf einige herausragende Aufnahmen ebenso konsequent wie überzeugend. Das Buch ist mit Fadenheftung, Lesebändchen und guter Druckqualität handwerklich sehr schön gemacht. Aktuell wird es wohl noch lange bleiben.

Michael Kamber, Bilderkrieger. Von jenen, die ausziehen, uns die Augen zu öffnen. Kriegsfotografen erzählen, Hollenstedt: Ankerherz 2013, 287 Seiten mit zum Teil farbigen Abbildungen, ISBN 978-3-940138-44-6, € 29,90 (D); € 30,70 (A); CHF 45,00

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/06/30/bilderkrieger-oder-wer-fotografiert-den-krieg/

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Rezensions-Digest Mai 2014

Die Links zur Historischen Zeitschrift sind nicht Open Access, sondern nur über Institutionen mit einem Abonnement aufrufbar.

Thomas Töpfer: Rezension zu: Christine Absmeier: Das schlesische Schulwesen im Jahrhundert der Reformation. Ständische Bildungsreformen im Geiste Philipp Melanchthons (Contubernium, Bd. 74). Stuttgart 2011, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 492-493

doi:10.1515/hzhz-2014-0164

Mark Häberlein: Rezension zu: Oswald Bauer: Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568–1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem (Colloquia Augustana, Bd. 28). Berlin 2011, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 488-490

doi:10.1515/hzhz-2014-0162

Gabriele Haug-Moritz: Rezension zu: Wolfgang Behringer / Milo Halvelka / Katharina Rheinholdt (Hgg.): Mediale Konstruktionen in der Frühen Neuzeit. Korb 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5, 15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/23465.html

Sabine Holtz: Rezension zu: Kirsten Bernhardt / Barbara Krug-Richter / Ruth-E. Mohrmann (Hgg.): Gastlichkeit und Geselligkeit im akademischen Milieu in der Frühen Neuzeit. Münster 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5, 15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/22541.html

Tim B. Müller: Rezension zu: Peter Burschel / Alexander Gallus / Völkel (Hrsg.): Intellektuelle im Exil. Göttingen 2011, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 432-434

doi:10.1515/hzhz-2014-0126

Bernd Wunder: Rezension zu: Joachim Brüser: Herzog Karl Alexander von Württemberg und die Landschaft (1733 bis 1737). Katholische Konfession, Kaisertreue und Absolutismus (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Rh. B: Forschungen, Bd. 180). Stuttgart 2010, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 502-503

doi:10.1515/hzhz-2014-0170

Dietrich Ebeling: Rezension zu: Thomas Freller: Die Geschichte Mallorcas. Ostfildern 2013, in: H-Soz-u-Kult, 28.05.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-143

Enno Bünz: Rezension zu: Germania Sacra, Germania Sacra. Die Kirche des Alten Reiches und ihre Institutionen. 3. Folge, 5: Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Konstanz, 6: Das Reichsunmittelbare Prämonstratenserstift Marchtal. Im Auftrage der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen bearb. v. Wilfried Schöntag. Berlin/Boston 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 428-430.

doi:10.1515/hzhz-2014-0123

Ulrich Niggemann: Rezension zu: Frank Göse: Friedrich I. (1657–1713). Ein König in Preußen. Regensburg 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 497-499

doi:10.1515/hzhz-2014-0167

Werner Telesko: Rezension zu: Elisabeth Großegger: Mythos Prinz Eugen. Inszenierung und Gedächtnis. Wien 2014, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5, 15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/24565.html

Andreas Becker: Rezension zu: Jochen Gruch (Bearb.): Die Evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer im Rheinland von der Reformation bis zur Gegenwart. Zusammengest. u. bearb. v. Jochen Gruch im Auftrag der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte. Bd. 1: A–D. Bd 2: E–J (Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte, Bd. 175). Bonn 2011 / 2013, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S.  431-432

doi:10.1515/hzhz-2014-0125

Bernd−Stefan Grewe: Rezension zu: Niels Grüne: Dorfgesellschaft – Konflikterfahrung – Partizipationskultur. Sozialer Wandel und politische Kommunikation in Landgemeinden der badischen Rheinpfalz (1720–1850) (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte, Bd. 53). Stuttgart 2011, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 434-436

doi:10.1515/hzhz-2014-0127

Sven Externbrink: Rezension zu: Peter-Michael Hahn: Friedrich II. von Preußen. Feldherr, Autokrat und Selbstdarsteller. Stuttgart 2013, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 503-505

doi:10.1515/hzhz-2014-0171

Axel Gotthard: Rezension zu: Mark Hengerer: Kaiser Ferdinand III. (1608–1657). Eine Biographie (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, Bd. 107). Wien/Köln/Weimar 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 495-497.

doi:10.1515/hzhz-2014-0166

Klaus Bergdolt: Rezension zu: Sabine Herrmann: Giacomo Casanova und die Medizin des 18. Jahrhunderts. Stuttgart 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5, 15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/22556.html

Robert J. Christman : Rezension zu: Henning P. Jürgens / Thomas Weller (Hgg.): Streitkultur und Öffentlichkeit im konfessionellen Zeitalter. Göttingen 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5, 15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/24655.html

Reinhard Buchberger: Rezension zu: Daniel Jütte: Das Zeitalter des Geheimnisses. Juden, Christen und die Ökonomie des Geheimen (1400–1800). 2. Aufl. Göttingen/Bristol 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 484-485

doi:10.1515/hzhz-2014-0159

Axel Gotthard: Rezension zu: Britta Kägler: Frauen am Münchener Hof (1651–1756) (Münchener Historische Studien, Abteilung Bayerische Geschichte, Bd. 18). Kallmünz, Oberpfalz 2011, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 499-500

doi:10.1515/hzhz-2014-0168

Ulrich Leinsle: Rezension zu: Gerhard Krieger (Hrsg.): Herausforderung durch Religion? Begegnungen der Philosophie mit Religionen in Mittelalter und Renaissance (Contradictio, Bd. 11). Würzburg 2011, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 430-431

doi:10.1515/hzhz-2014-0124

Dirk Brietzke: Rezension zu: Susanne Lachenicht: Die Französische Revolution (Geschichte kompakt.) Darmstadt 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 508-510

doi:10.1515/hzhz-2014-0173

Nina Schweisthal: Rezension zu: Gaby Mahlberg / Dirk Wiemann (Hrsg.): European Contexts for English Republicanism. Farnham 2013, in: H-Soz-u-Kult, 13.05.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-106

Ute Lotz-Heumann: Rezension zu: Ricarda Matheus: Konversionen in Rom in der Frühen Neuzeit. Das Ospizio dei Convertendi 1673–1750. Berlin 2012, in: H-Soz-u-Kult, 22.05.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-128

Wolfgang Reinhard: Rezension zu: Thomas F. Mayer: The Roman Inquisition. A Papal Bureaucracy and Its Laws in the Age of Galileo. Philadelphia 2013, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 485-487

doi:10.1515/hzhz-2014-0160

Peter Rauscher: Rezension zu: Philipp Robinson Rössner: Deflation – Devaluation – Rebellion. Geld im Zeitalter der Reformation (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte, Bd. 219). Stuttgart 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 493-495

doi:10.1515/hzhz-2014-0165

Daniel Bellingradt: Rezension zu: Massimo Rospocher (Ed.): Beyond the Public Sphere. Opinions, Publics, Spaces in Early Modern Europe (Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento/Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient, Contributi/Beiträge, 27). Bologna/Berlin 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 487-488

doi:10.1515/hzhz-2014-0161

Helmut Stubbe da Luz: Rezension zu: Friedrich Wilhelm Schembor: Franzosen in Wien: Einwanderer und Besatzer. Französische Revolution und napoleonische Besatzung in den österreichischen Polizeiakten. Bochum 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5 ,15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/23211.html

Inken Schmidt−Voges: Rezension zu: Michaela Schmölz-Häberlein: Kleinstadtgesellschaft(en). Weibliche und männliche Lebenswelten im Emmendingen des 18. Jahrhunderts (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte, Bd. 220). Stuttgart 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 505-508

doi:10.1515/hzhz-2014-0172

Jiří Hrbek: Rezension zu: Arndt Schreiber: Adeliger Habitus und konfessionelle Identität. Die protestantischen Herren und Ritter in den österreichischen Erblanden nach 1620. München 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 5, 15.05.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/05/23512.html

Verena Lehmbrock: Rezension zu: Koen Stapelbroek / Jani Marjanen (Hrsg.): The Rise of Economic Societies in the Eighteenth Century. Patriotic Reform in Europe and North America. Basingstoke 2012, in: H-Soz-u-Kult, 27.05.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-138

Michael Rohrschneider: Rezension zu: Anuschka Tischer: Offizielle Kriegsbegründungen in der Frühen Neuzeit. Herrscherkommunikation in Europa zwischen Souveränität und korporativem Selbstverständnis (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, Bd. 12). Münster 2012, in: Historische Zeitschrift, 298.2 (2014): S. 490-492. Retrieved 3 Jun. 2014, from

doi:10.1515/hzhz-2014-0163

 

 

 

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1765

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Helmut Lethen: Der Schatten des Fotografen

Lethen_Schatten

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Auf H-Soz-u-Kult bespricht Annette Vowinckel die Sammlung von Essays von Helmut Lethen, bei denen es u.a. um das scheinbar idyllische Bild der Minensucherin geht, um die Geschichte hinter Dorothea Langes ikonischer Fotografie der „Migrant Mother“ von 1936 oder auch um die in der Sowjetunion produzierte „Unterwäsche, die kratzte, verrutschte, verführte, manchmal auch vererbt wurde“ – eine Beschreibung, die neugierig macht.

H. Lethen: Der Schatten des Fotografen (Annette Vowinckel), H-Soz-u-Kult, 29. April 2014

Helmut Lethens Buch „Der Schatten des Fotografen“ wurde in diesem Jahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Sparte Sachbuch/Essayistik ausgezeichnet.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/05/14/helmut-lethen-der-schatten-des-fotografen/

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Aby Warburg und die Bilder

Eva Schmidt (Hg.): Lieber Aby Warburg, was tun mit Bildern? Vom Umgang mit fotografischem Material. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung, Heidelberg: Kehrer Verlag, 2012, 15,5 x 23 cm, 380 Seiten, broschiert, 192 Abb. in Farbe., Deutsch/Englisch, 36 Euro
Eva Schmidt (Hg.): Lieber Aby Warburg, was tun mit Bildern? Vom Umgang mit fotografischem Material. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung, Heidelberg: Kehrer Verlag, 2012, 15,5 x 23 cm, 380 Seiten, broschiert, 192 Abb. in Farbe., Deutsch/Englisch, 36 Euro

Eva Schmidt (Hg.): Lieber Aby Warburg, was tun mit Bildern? Vom Umgang mit fotografischem Material. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung, Heidelberg: Kehrer Verlag, 2012, 15,5 x 23 cm, 380 Seiten, broschiert, 192 Abb. in Farbe., Deutsch/Englisch, 36 Euro

 

Um die Frage nach Funktion und Rolle von Bildern für kollektive Gedächtnisse beantworten zu können, muss die Frage nach Bildtraditionen und deren Deutung gestellt werden. Aby Warburgs Theorie des sozialen Bildgedächtnisses gewann in der Visual History daher in den vergangenen Jahren an Bedeutung.

„Lieber Aby Warburg, was tun mit Bildern?“, fragte eine Ausstellung im Sommer 2013 im Museum für Gegenwartskunst in Siegen. Im Dezember-Heft 2013 der  Zeitschrift Fotogeschichte beleuchtet eine Rezension den Begleitband zur Ausstellung.

 

 

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/04/07/aby-warburg-und-die-bilder/

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Rezensions-Digest März 2014

Hans-Christoph Hobohm: Rezension zu: Raymond Birn: Royal Censorship of Books in Eighteenth-Century France. Palo Alto 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/birn_hobohm

Lothar Schilling: Rezension zu: Julien Broch: L’école des »Politiques« (1559–1598). La contribution des juristes et publicistes français à la construction de l’État royal. Avant-propos Éric Gasparini. Préface Jean-Louis Thireau (Collection d’histoire des idées et des institutions politiques, 41). Aix-en-Provence 2013, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/broch_schilling

Pia Wallnig: Rezension zu: Olivier Chaline (dir.) avec la collaboration d’Ivo Cerman: Les Schwarzenberg. Une famille dans l’histoire de l’Europe, XVIe–XXIe siècles. Panazol 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/chaline_wallnig

Iwan-Michelangelo D’Aprile: Rezension zu: Mark Curran: Atheism, Religion and Enlightenment in Pre-Revolutionary Europe (Royal Historical Studies in History Series, 83). London 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/curran_daprile

Christian Volkmar Witt: Rezension zu: Irene Dingel / Herman J. Selderhuis (Hrsg.): Calvin und Calvinismus. Europäische Perspektiven. Göttingen 2011, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/24841.html

Christian Kühner: Rezension zu: Jeroen Duindam / Tülay Artan / Metin Kunt (ed.): Royal Courts in Dynastic States and Empires. A Global Perspective. Leiden 2011, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/artan-duindam-kunt_kuehner

Anuschka Tischer: Rezension zu: Martin Espenhorst / Heinz Duchhardt (Hrsg.): Frieden übersetzen in der Vormoderne. Translationsleitungen in Diplomatie, Medien und Wissenschaft. Göttingen 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/23216.html

Kathrin Müller: Rezension zu: Ulrike Feist: Sonne, Mond und Venus. Visualisierungen astronomischen Wissens im frühneuzeitlichen Rom. Berlin 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/24358.html

Jutta Wimmler: Rezension zu: Anoush Fraser Terjanian: Commerce and Its Discontents in Eighteenth-Century French Political Thought. Cambridge 2013, in: H-Soz-u-Kult, 04.03.2014

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-1-155

Anuschka Tischer: Rezension zu: Tryntje Helfferich: The Iron Princess. Amalia Elisabeth and the Thirty Years War. Cambridge, Massachusetts / London, England  2013, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/helfferich_tischer

Sven Externbrink: Rezension zu: Françoise Hildesheimer / Stéphane Blond (dir.): »Quand la guerre se retire…«. Actes de la journée d’étude du 19 novembre 2012. Paris 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/blond-hildesheimer_externbrink

Sven Externbrink: Rezension zu: Karin Joos: Gelehrsamkeit und Machtanspruch um 1700. Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften im Spannungsfeld dynastischer, städtischer und wissenschaftlicher Interessen (Stuttgarter historische Forschungen 13). Köln / Weimar / Wien 2011, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/joos_externbrink

Ruth Schilling: Rezension zu: Alexander Kästner / Gerd Schwerhoff (Hrsg.): Göttlicher Zorn und menschliches Maß. Religiöse Abweichung in frühneuzeitlichen Stadtgemeinschaften (Konflikte und Kultur – Historische Perspektiven). Konstanz 2013, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/kaestner-schwerhoff_schilling

Johann Kirchinger: Rezension zu: Manfred Knedlik (Hrsg.): Leonhard Müntzer. Ein dichtender Kämmerer der Frühen Neuzeit in Amberg. Eine Edition. Regensburg 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/24609.html

Sven Externbrink: Rezension zu: Alexander Koller: Imperator und Pontifex. Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555-1648). Münster 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/20863.html

Donatus E. Düsterhaus: Rezension zu: Heinrich Lackmann / Tobias Schrörs (Bearb.): Katholische Reform im Fürstbistum Münster unter Ferdinand von Bayern. Die Protokolle von Weihbischof Arresdorf und Generalvikar Hartmann über ihre Visitationen im Oberstift Münster in den Jahren 1613 bis 1616 (Westfalia Sacra. Quellen und Forschungen zur Kirchengeschichte Westfalens, 16). Münster 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/lackmann-schroers_duesterhaus

Manuela Böhm: Rezension zu: Jürgen Macha / Anna-Maria Balbach / Sarah Horstkamp (Hrsg.): Konfession und Sprache in der Frühen Neuzeit. Interdisziplinäre Perspektiven (Studien und Texte zum Mittelalter und zur frühen Neuzeit, 18). Münster 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/balbach-horstkamp-macha_boehm

Albert Cremer: Rezension zu: Gary B. McCollim: Louis XIV’s Assault on Privilege. Nicolas Desmaretz and the Tax on Wealth, Rochester (Changing Perspectives on Early Modern Europe). New York 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/mccollim_cremer

Jochen Fühner: Rezension zu: Cédric Michon (dir.): Conseils et conseillers dans l’Europe de la Renaissance v. 1450–v. 1550. Tours 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/michon_fuehner

Ruth Albrecht: Rezension zu: Marc Frédéric Muller: Nicolas Louis de Zinzendorf. Un éclaireur au temps des Lumières (1700–1760). Préface Christian Bonnet (Figures protestantes). Lyon 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/muller_albrecht

Matthias Pohlig: Rezension zu: Peter J. Opitz (ed.): The Myth of Reformation (Refo500 Academic Studies, 9). Göttingen 2013, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/opitz_pohlig

Justus Nipperdey: Rezension zu: Massimo Rospocher (ed.): Beyond the Public Sphere. Opinions, Publics, Spaces in Early Modern Europe(Annali dell Istituto storico italo-germanico in Trento/Jahrbuch des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient. Contributi/Beiträge, 27). Bologna 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/rospocher_nipperdey

Ludolf Pelizaeus: Rezension zu: Sabine Schülting / Sabine Lucia Müller / Ralf Hertel (ed.): Early Modern Encounters with the Islamic East. Performing Cultures (Transculturalisms, 1400–1700). Farnham 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/hertel-mueller-schuelting_pelizaeus

Sabine Holtz: Rezension zu: Philip M. Soergel: Miracles and the Protestant Imagination. The Evangelical Wonder Book in Reformation Germany (Oxford Studies in Historical Theology). Oxford 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/soergel_holtz

Andreea Badea: Rezension zu: Maria Stuiber: Zwischen Rom und dem Erdkreis. Die gelehrte Korrespondenz des Kardinals Stefano Borgia (1731-1804). Berlin 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/22520.html

Eberhard Busch: Rezension zu: Jacques Varet (dir.): Calvin. Naissance d’une pensée. Tours 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/varet_busch

Helen Watanabe-O’Kelly: Rezension zu: Pablo Vázquez Gestal: Una nueva majestad. Felipe V, Isabel de Farnesio y la identidad de la monarquía (1700–1729). Sevilla / Madrid 2013, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/vazquez-gestal_watanabe-okelly

Sabine Holtz: Rezension zu: Timothy J. Wengert: Defending Faith. Lutheran Responses to Andreas Osiander’s Doctrine of Justification, 1551–1559 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation. Studies in the Late Middle Ages, Humanism and Reformation, 65). Tübingen 2012, in: Francia-Recensio 2014/1 | Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500-1815), 20.03.2014

http://www.perspectivia.net/content/publikationen/francia/francia-recensio/2014-1/FN/wengert_holtz

Hans-Christian Maner: Rezension zu: Mirna Zeman: Reise zu den “Illyriern”. Kroatienstereotype in der deutschsprachigen Reiseliteratur und Statistik (1740-1809). München 2013, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 3, 15.03.2014

http://www.sehepunkte.de/2014/03/23515.html

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1610

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Von der DDR in die Welt (und zurück): Thomas Billhardt

Thomas Billhardt. Fotografie. Mit einem Essay von Steffen Lüddemann, Berlin: Edition Braus 2013
Thomas Billhardt. Fotografie. Mit einem Essay von Steffen Lüddemann, Berlin: Edition Braus 2013

Thomas Billhardt. Fotografie. Mit einem Essay von Steffen Lüddemann, Berlin: Edition Braus 2013

 

Die Bilder sind spektakulär: Da gibt es eine Aufnahme von Erich Honecker mit Fidel Castro in einem offenen Auto während Castros Staatsbesuch in Berlin, das Bild einer nordvietnamesischen Soldatin, die einen gefangen genommenen amerikanischen GI mit der Waffe vor sich her treibt, und einen Schnappschuss, auf dem zwei ältere Ostberlinerinnen auf der Straße etwas unbeholfen das Tanzbein zu schwingen scheinen (tatsächlich suchen sie etwas in ihren Handtaschen, die sie auf den angehobenen Oberschenkel stellen). Viele Fotografien, die der 1937 geborene Thomas Billhardt als freiberuflicher Fotojournalist machte, waren in der DDR gut bekannt und erlangten zum Teil ikonischen Status. Chronologisch sortiert bietet der vorliegende Band einen guten Überblick über das Werk des heute 76jährig in Kleinmachnow lebenden Fotografen. Seine Reisen – unternommen zum Teil im Auftrag staatlicher Institutionen und zwei Mal auch von der UNICEF initiiert, zum Teil aus eigenem Interesse – führten Billhardt unter anderem nach Kuba, Sibirien, Vietnam, Chile, China, Kambodscha, Italien und in den Libanon. Nachdem er 1961 von einem Aufenthalt in Kuba in die DDR zurückgekehrt war, obwohl er die Gelegenheit hätte nutzen können, im Westen zu bleiben, galt er daheim als so zuverlässig, dass er uneingeschränkte Reisefreiheit genoss und von dieser Freiheit auch regen Gebrauch machte. Obwohl das „Life Magazine“ seine Vietnam-Bilder druckte und einer Karriere im Westen kaum etwas im Weg stand, richtete sich Billhardt in der DDR häuslich ein.

Berlin, Karl-Marx-Allee, Werbung Vietnam-Fotoausstellung, 5. Oktober 1968 „Zentralbild Mittelstädt ch 5.10.1968: Berlin am Vorabend des 19. Jahrestages der Republik. Weithin sichtbar in der Berliner Karl-Marx-Allee ist dieser Aufruf zur Solidarität mit Vietnam. Er lädt Berliner und ihre Gäste zum Besuch der Vietnam-Fotoaustellung des Berliner Bildreporters Thomas Billhardt ein.“ Bundesarchiv, Fotograf: Rainer Mittelstädt (ADN - Zentralbild (Bild 183), CC-BY-SA 3.0

Berlin, Karl-Marx-Allee, Werbung Vietnam-Fotoausstellung, 5. Oktober 1968
„Zentralbild Mittelstädt ch 5.10.1968: Berlin am Vorabend des 19. Jahrestages der Republik. Weithin sichtbar in der Berliner Karl-Marx-Allee ist dieser Aufruf zur Solidarität mit Vietnam. Er lädt Berliner und ihre Gäste zum Besuch der Vietnam-Fotoaustellung des Berliner Bildreporters Thomas Billhardt ein.“
Bundesarchiv, Fotograf: Rainer Mittelstädt (ADN – Zentralbild (Bild 183), CC-BY-SA 3.0

Umso interessanter erscheint sein Werk in historischer Perspektive: Anfangs finden sich Elemente sozialistischer Weltanschauung, zum Teil mit Anleihen bei der Arbeiterfotografie, die in der DDR stark gefördert wurde (dies zeigt sich zum Beispiel in einer Bildserie über den Bau einer Erdgastrasse in der Sowjetunion 1977). Einige sozialistische Politiker (vor allem Fidel Castro) werden als sympathische und tatkräftige Menschen dargestellt, die Revolutionen in Kuba und Nicaragua werden im Bild ebenso positiv präsentiert wie der nordvietnamesische Kampf gegen Südkorea und die Vereinigten Staaten. Andere Aufnahmen wiederum zeigen einen vorsichtig kritischen, zuweilen ironischen Blick auf die DDR und den Staatssozialismus: Eine Straßenszene zeigt ein Wandplakat mit dem Text: „Weiter erfolgreich auf dem Kurs des Parteitages …“ (der Rest des Satzes ist nicht zu sehen), darunter laufen Hand in Hand zwei junge Menschen in West-Jeans.

Eingeleitet wird der Band mit einem Essay von Steffen Lüddemann – dem einzigen im Band abgedruckten Text. Dieser allerdings lässt viele Fragen offen: Wie veränderte sich Billhardts Haltung zum Sozialismus? Zahlte er für seine Reisefreiheit einen Preis? Wurde er, wie viele andere Fotografen, überwacht? Von Konflikten zwischen dem Fotografen und staatlichen Institutionen oder Medien ist nicht die Rede – es fragt sich aber, ob es sie nicht vielleicht doch gab. Immerhin dekorierte sich Billhardt 1987 anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Nationalpreis der DDR (dritter Klasse) mit einer ganzen Reihe von Spielzeugorden – wohl um die Auszeichnungspraxis der DDR auf die Schippe zu nehmen. Nichtsdestotrotz reiste er noch 1989 mit Egon Krenz nach China, wo er im Tross der DDR-Delegation Zugang zum inner circle des chinesischen Machtapparats erhielt.

Der Band ist visuell anspruchsvoll und fotografiegeschichtlich ein wahrer Glücksfall. Zwei Aspekte sind allerdings problematisch: Zum einen spart der einzige Text des Buchs Fragen nach den Bedingungen, unter denen Billhardt arbeitete, ebenso aus wie die nach seinem komplexen Verhältnis zum sozialistischen Staat: Wo anfangs Begeisterung vor allem für die Kubanische Revolution unübersehbar ist, scheint in späteren Bildern mehr Distanz zur DDR und ihren Funktionären und Institutionen auf. Ein Gutachten des Verlags Neues Leben zu seinem Bildband über Italien lässt ahnen, dass einige seiner Publikationen mehr oder weniger „durchgewunken“ wurden, [1] möglicherweise deshalb, weil die zuständigen Gutachter sich schwer taten, Billhardts Fotografien einzuschätzen.

Besonders bedauerlich ist zudem, dass die Fotografien im Band keinerlei Bildunterschrift haben. Zusammengefasst werden sie in Kapiteln wie „Chile 1970/71“ oder „DDR in den 1970er Jahren“, sodass eine grobe zeitliche und räumliche Zuordnung möglich ist. Grundlegende Informationen dazu, wer wo, wann und in welcher Situation auf den Fotografien zu sehen ist, fehlen jedoch zuweilen schmerzlich. Im Einleitungstext zu „Kuba 1961“ wird zum Beispiel erwähnt, Billhardt habe dort „Tamara Bunke, die deutsche Partisanin und Kampfgefährtin von Ché Guevara“ abgelichtet. Welche der zahlreichen in diesem Abschnitt zu sehenden Damen nun Frau Bunke ist, muss der Leser mit Hilfe von Google/Bilder herausfinden oder einfach raten. Mit wenig mehr Aufwand – vor allem einer Zeittafel, einem Namensregister und Bildunterschriften – hätte aus dieser visuell hoch attraktiven Werkschau ein Band werden können, der auch für die (Fotografie-)Geschichtsschreibung von Nutzen wäre. Jedem, der sich einen Überblick über die Vielfalt von Billhardts Tätigkeit verschaffen möchte, ist der Band dennoch sehr zu empfehlen.

Thomas Billhardt. Fotografie. Mit einem Essay von Steffen Lüddemann, Berlin: Edition Braus 2013, 256 Seiten, ca. 500 überwiegend farbige Abbildungen, ISBN 978-3-86228-048-3, 49,95 Euro

[1] Gutachten: Thomas Billhardt (Fotos) und Peter Jacobs (Text), Noch steht der schiefe Turm … Streifzüge durch die rote Toskana, Berlin: Verlag Neues Leben 1975, Lektoratsgutachten Radandt, Bundearchiv Lichterfelde, DR1 3551a, Bl. 497ff.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/03/31/von-der-ddr-in-die-welt-und-zurueck-thomas-billhardt/

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aventinus recensio Nr. 41 [28.02.2014]: Christoph Nonn: Das 19. und 20. Jahrhundert (=Orientierung Geschichte), Paderborn u.a.: Ferdinand Schöningh, 22009. ISBN 978-3-8252-2942-9

Auf knappem Raum stellt Christoph Nonn die zentralen Aspekte der europäischen Geschichte zwischen 1789 und 1991 dar. Es wird deutlich, dass bewusst Schwerpunkte gesetzt wurden und dadurch auch manche Themen nur hintergründig behandelt werden können. http://bit.ly/1rKakKr

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/02/5008/

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Neuer Rezensions-Digest

Auch wenn nicht für die Frühe Neuzeit, freuen wir uns, dass ein weiterer Wissenschaftsblog einen Rezensions-Digest zum jeweiligen Fachgebiet veröffentlicht hat. Wir haben in einem Artikel bereits auf die Zusammenstellungen der Blogs für “Mittelalter” und für “Ordensgeschichte” hingewiesen, nun gibt es auch einen für die Geschichte des Oberrheingebiets im Mittelalter. “Mittelalter am Oberrhein“, ein Blog der Abteilung Landesgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,  veröffentlichte einen Digest für das Jahr 2013, wobei eine Ergänzung seitens der User erwünscht ist. Schön wäre es, wenn weitere Rezensions-Digests folgen würden, vielleicht ja auch ein Digest zum Thema “Frühe Neuzeit am Oberrhein”.

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1599

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