Über: Marlene Streeruwitz: „Handbuch gegen den Krieg.“

[1] Marlene Streeruwitz „Handbuch gegen den Krieg.“ ist zugleich ein Handbuch für den Frieden, für die (Menschen-)Liebe, für die Demokratie, für die Grundrechte.[2] Das „Handbuch“ hat rund 80 Seiten Text, und auch das Großoktav-Format überrascht bei einem „Handbuch“. Man hat es noch nicht aufgeschlagen, da hat es schon irritiert. Es ist in Ganzleinen gebunden und kostet 19,90 Euro. Letzteres signalisiert, dass es sich nicht um eine Schrift für das schnelle und vielleicht nur einmalige Lesen handelt.[3] Rein äußerlich erinnert mich das Buch an Voltaires „Dictionnaire philosophique portatif“ (1764), das in ähnlicher Weise auf ein damals wohlbekanntes Format (Dictionnaire) rekurrierte und dann doch schon beim ersten Anblick irritierte.[4] „Irritation“ ist positiv gemeint. Schon die allererste Begegnung muss irritieren. Das trägt dazu bei, das Lesen und Nachdenken zu einem produktiven Prozess werden zu lassen.

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Quelle: https://wolfgangschmale.eu/ueber-marlene-streeruwitz-handbuch-gegen-den-krieg/

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Rezension: „Corona und die journalistische Bildkommunikation. Praktiken und Diskurse des Visuellen“

Rezension: „Corona und die journalistische Bildkommunikation. Praktiken und Diskurse des Visuellen“

Cover: Felix Koltermann (Hrsg.), Corona und die journalistische Bildkommunikation. Praktiken und Diskurse des Visuellen, Nomos, 2021 ©

Selten ist das Thema eines Sammelbandes so aktuell wie das des vorliegenden: „Corona und die journalistische Bildkommunikation“, herausgegeben von dem Kommunikationswissenschaftler und Journalisten Felix Koltermann. Dass es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handeln kann, ist kaum nötig zu erwähnen. Ein absehbares Ende der Pandemie war zum Redaktionsschluss des Bandes im Mai 2021 ebenso wenig in Sicht wie zur Veröffentlichung dieser Rezension. Folgerichtig beabsichtigen die Autor:innen nicht, die langfristigen Folgen der Pandemie auf den Bildjournalismus zu prognostizieren; vielmehr soll hier eine Art Zwischenfazit nach rund einem Jahr Pandemie gezogen werden. Die einzelnen Beiträge betrachten, wie die Coronakrise die Arbeit von Bildredakteur:innen, Foto- und Datenjournalist:innen bis zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt und verändert sowie neue Diskurse geschaffen hat.

Die Autor:innen des Sammelbandes aus dem Kollegium des Hannoveraner Studiengangs „Fotojournalismus und Dokumentarfotografie“ verlassen sich dabei nicht nur auf die systematisch erhobenen Ergebnisse ihrer Studien, sondern ziehen ganz bewusst einzelne Stimmen aus der Berufspraxis heran, um die dargelegten Erkenntnisse mit Erfahrungen zu ergänzen und einzuordnen.

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Quelle: https://visual-history.de/2022/03/01/kulig-rezension-corona-und-die-journalistische-bildkommunikation/

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Rezension: Japan 1900

Rezension: Japan 1900

Cover: Sebastian Dobson/Sabine Arqué, Japan 1900: A Portrait in Color,
Köln: Taschen Verlag 2021 ©

Sebastian Dobson, freier Wissenschaftler auf dem Gebiet der frühen Fotografiegeschichte Japans und Ostasiens, hat gemeinsam mit Sabine Arqué, Dokumentarin, Bildredakteurin und Autorin mit den Themenschwerpunkten Tourismus und Fotografie, eine umfangreiche Monografie zu Fotografien Japans um 1900 vorgelegt. Der mit mehr als 700 zu einem großen Teil kolorierten Fotografien reich bebilderte, mit englischen, deutschen und französischen Texten versehene Band „Japan 1900: A Portrait in Color“ lädt ein zu einer „Reise durch Japan um die Jahrhundertwende“.

In der Einleitung des Bildbandes (S. 15-17) zeichnen der Autor und die Autorin ein kurzes Porträt Japans in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schwerpunkt ist dabei die Regierungszeit des Kaisers Mutsuhito, auch Meiji-Zeit genannt, von 1868 bis 1912, die durch intensive Modernisierung und Öffnung hin zum Westen geprägt war. Mit dem Sturz der japanischen Feudalordnung 1868 setzte eine Abkehr von der Politik der Abschottung ein, der Austausch Japans mit dem Ausland intensivierte sich. 1912 war Japan zu einem anerkannten Mitglied der internationalen Gemeinschaft geworden und zur Großmacht aufgestiegen, mit eigener Armee und Marine sowie eigenen Kolonien.

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Quelle: https://visual-history.de/2022/02/07/frank-rezension-japan-1900/

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Rezension: „Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe“

Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe

Cover: Merten Lagatz/Bénédicte Savoy/Philippa Sissis (Hg.), Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe, Matthes & Seitz, Berlin 2001 ©In den vergangenen Jahren hat das Thema der Translokation von Objekten, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Verlagerung von Kunstwerken, und der Frage ihrer Restitution eine stärkere Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung erhalten. So setzte George Clooney mit seinem Film „The Monuments Men“ 2014 den Kunstschutzoffizieren der Monuments, Fine Arts, and Archives Section der amerikanischen Armee im Zweiten Weltkrieg ein Hollywood-Denkmal. Sie waren unter anderem für die Bergung und Rückführung der von den Nationalsozialisten geraubten Kunst- und Kulturgüter verantwortlich.[1]

Mit der Debatte um das Humboldt Forum in Berlin, das seit Ende 2020 in Etappen eröffnet und unter anderem die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst zeigen wird, rückten auch unter den asymmetrischen Machtverhältnissen des Kolonialismus verbrachte Objekte und die Frage nach dem Umgang mit diesen verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. Ein weiterer Katalysator für diese Entwicklung war das Versprechen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei einer Rede in Burkina Faso 2017, Kulturgüter nach Afrika zurückzugeben. Diesem folgten mit dem von Felwine Sarr und Bénédicte Savoy verfassten Expertengutachten und der Rückgabe von Objekten auch erste Taten. In Deutschland kulminiert diese Entwicklung in der geplanten Rückgabe der Benin-Bronzen, die medial breit begleitet wird.

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Quelle: https://visual-history.de/2021/10/19/rezension-beute-ein-bildatlas-zu-kunstraub-und-kulturerbe/

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„Neu Sehen“ im Frankfurter Städel und als Katalog ist ein kleines Juwel

„Neu Sehen“ im Frankfurter Städel und als Katalog ist ein kleines Juwel

Cover des Katalogs zur Ausstellung „Neu Sehen. Die Fotografie der 20er und 30er Jahre“ im Frankfurter Städel Museum, © Kerber Verlag, Bielefeld 2021

In Frankfurt am Main ist noch bis zum 24. Oktober 2021 eine ganz besonders lohnenswerte Ausstellung zur Fotografie der deutschen Zwischenkriegszeit zu sehen. Sie macht durch Ausstellungsgestaltung und fundiert aufbereitete Hintergrundinformationen große Lust, die fotografischen Schmuckstücke „neu zu sehen“ und den Sammlungsbestand (unter Ergänzung einzelner Leihgaben) näher in den Blick zu nehmen. Der Kuratorin Kristina Lemke ist mit dieser Ausstellung etwas Wunderbares gelungen. Ein Besuch lohnt sich sehr – mit Zeit zum genauen Hinsehen erschließt diese Ausstellung neues Terrain, denn selten wird dem fotografischen Abzug an sich so viel Aufmerksamkeit und Hinwendung zuteil. Es handelt sich um ein kleines Ausstellungsjuwel; insbesondere in der Zusammenschau mit dem im Kerber Verlag erschienenen Katalog offenbart sich die fundierte Recherche.[1]

Die Ausstellung präsentiert die gerahmten Fotografien mit einem angemessenen Vertrauen in die Strahlkraft der einzelnen Werke.

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Quelle: https://visual-history.de/2021/10/08/neu-sehen-im-frankfurter-staedel-und-als-katalog-ist-ein-kleines-juwel/

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NEUE REZENSIONEN: H-SOZ-KULT

NEUE REZENSIONEN: H-SOZ-KULT

Old Books, 08. Juni 2016, Foto: Eli Francis, Quelle: commons.wikimedia.org, Lizenz: CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication

 

Dennis Jelonnek: Fertigbilder. Polaroid Sofortbildfotografie als historisches und ästhetisches Phänomen

Edition Menzel, München 2020

Rezensiert von Mirco Melone, redaktionell betreut durch Jan-Holger Kirsch



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Quelle: https://visual-history.de/2021/07/12/neue-rezensionen-h-soz-kult-15/

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Wer schaut hier wen an?

Wer schaut hier wen an?

1896 kaufte sich der Kameruner Kwelle Ndumbe, der auch als Bismarck Bell bekannt war, ein Opernglas und blickte mit diesem auf die Besucher*innen der Ersten Deutschen Kolonialausstellung im Treptower Park in Berlin. Bismarck Bell, Anführer der Duala-Gruppe, war einer von 106 afrikanischen Teilnehmer*innen der Berliner Kolonialausstellung, die dort das alltägliche Leben in ihren Herkunftsländern vorführen sollten. Der etwa Zwanzigjährige leistete aktiv Widerstand gegen die stereotype Rolle als „primitiver Eingeborener“ und provozierte nicht nur mit seinem Opernglas. Er ließ sich auch in westlicher Kleidung anstatt traditionell afrikanischer Tracht fotografieren und wirkte damit exzeptionell auf die zeitgenössischen, europäischen Darstellungsweisen von Afrikaner*innen ein.[1]

In unserer digitalisierten Welt werden Bilder massenhaft medial reproduziert und global verbreitet. Dadurch verankern sie sich in wachsender Anzahl im kollektiven Bildgedächtnis verschiedener Gesellschaften. Unter anderem historische Fotografien aus kolonialen Zusammenhängen haben in ihrer heutigen, postkolonialen Erinnerung eine besondere Brisanz: Da sie häufig diskriminierende oder kolonialrassistische Bildinhalte transportieren, sehen sich Ausstellungsmacher*innen, die koloniale Themen für eine breite Öffentlichkeit aufbereiten, ohne eine ausreichende Kontextualisierung der Gefahr einer bloßen Reproduktion dieser Bildinhalte und damit eines kolonialen Rassismus gegenüber.

Mit den Postcolonial Studies werden seit den 1990er Jahren die Visualisierungen der Kolonialzeit und des „Anderen“ aus Sicht der deutschen Kolonisierenden, aber auch das Verständnis von Fotografie als kolonialrassistischer Herrschaftspraxis auch in der Geschichtsvermittlung präsenter.

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Quelle: https://visual-history.de/2021/06/28/wer-schaut-hier-wen-an/

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Die Geister der Bombe

Die Geister der Bombe

Im August 2020 jährten sich zum 75. Mal die ersten Abwürfe einer Atombombe gegen menschliche Ziele. Die japanische Stadt Hiroshima wurde am 6. August 1945 Ziel einer auf Little Boy getauften US-amerikanischen Uranbombe. Die Detonation von Fat Man folgte drei Tage später auf der benachbarten Insel Kyūshū über der Stadt Nagasaki. Zehntausende Menschen verglühten sofort zu Asche, und allein in Hiroshima starben bis zum Ende des Jahres 1945 zirka 150.000 Menschen an den unmittelbaren Folgen des Abwurfs. Die zumeist aus Holz erbaute Stadt im Südwesten der japanischen Hauptinsel Honshū wurde nahezu vollständig zerstört. Die wenigen gemauerten Gebäude, wie die Ausstellungshalle der Präfektur, blieben wie Mahnmale in der atomaren Schlacke stehen. Die Dystopie erschien vollkommen und besiegelt zu sein.

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Quelle: https://visual-history.de/2021/02/15/die-geister-der-bombe/

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Die montierte Stadt

Die montierte Stadt

Vom Königreich Preußen bis zur Bundesrepublik Deutschland: Berlin war in seiner wechselhaften Geschichte die Hauptstadt unterschiedlichster Staatsformen und Gesellschaften. Mittlerweile ist es auch zur „Hauptstadt des Comics“ geworden, zu einem Zentrum, aber vor allem auch Objekt von Comicproduktionen. 2012 zählte der Journalist Lars von Törne fast 100 Comic-Hefte und Graphic Novels, die Berlin zum Schauplatz haben.[1] Seitdem hat sich ihre Zahl stetig vergrößert, und die Vielfalt an historischen sowie gegenwärtigen Themen und künstlerischen Stilen ist immens.

Im Folgenden soll anhand von zwei Graphic Novels[2], die beide in der Zeit der Weimarer Republik angesiedelt sind, besprochen werden, wie diese stadtgeschichtliche Epoche eine grafisch erzählende Verarbeitung findet: Jason Lutes’ „Klassiker“ „Berlin – Steinerne Stadt“ (erster Teil der ab 2003 in der deutschen Übersetzung von Heinrich Anders beim Carlsen-Verlag erschienenen Trilogie[3]) und der deutlich weniger bekannte Band „Wolkenbügel – Berlin im Rausch“ von Sebastian Strombach (erschienen 2018 im Jovis Verlag).

 

Abb. 1 Cover: Sebastian Strombach, Wolkenbügel – Berlin im Rausch, Jovis Verlag, Berlin 2018 ©



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Quelle: https://visual-history.de/2021/02/02/die-montierte-stadt/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=die-montierte-stadt

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