ViFa Geschichte Nr. 02/03 (2013): Neue Datenbanken in chronicon eingebunden

https://www.historicum.net/chronicon In “chronicon. Die Suchmaschine für historicum.net” sind zwei neue Datenbanken eingebunden: Die “BSB Volltextkollektion Geschichte 1800-1870“ bietet Digitalisate von gemeinfreien Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek im Volltext. Der Bibliothekskatalog der Friedrich-Ebert-Stiftung enthält u.a. Bestände zur Sozial- und Zeitgeschichte sowie zur Geschichte der Arbeiterbewegung.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/03/3960/

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Wirtschaftspolitik im Dritten Reich, Teil 3

Von Stefan Sasse

Teil 1 und Teil 2 finden sich hier. 

Fritz Todt, 1940
Für den bevorstehenden Krieg aber stellte sich die chaotische Organisation als großes Problem dar. Nicht weniger als drei Personen hatten Kontrolle über die Wirtschaft, ohne dass ihre Kompetenzen geregelt wären. Für Hitler war dies vorteilhaft, weil er den ständigen Kompetenzkampf seiner Untergebenen brauchte, um selbst unangefochten an der Spitze zu stehen, aber für die Organisation des Krieges war es vollkommener Unfug. Georg Thomas, der Leiter des Wirtschaftsrüstungsamts, erklärte die Organisation zur „Missgeburt“. Neben ihm kontrollierten Göring als Leiter der Vierjahresplanbehörde und Fritz Todt als Generalbevollmächtiger für das Bauwesen die Wirtschaft. 

Zu diesem organisatorischen Chaos kam, dass die Wehrmacht insgesamt kaum als einsatzfähig beschrieben werden kann. Sie besaß nur einen geringen Vorrat an Munition – vielleicht zwei, maximal drei Monate – und nicht die Möglichkeiten, genügend zu produzieren. Gleiches galt für Ersatzteile und modernes Equipment; viele Flugzeuge und Fahrzeuge waren bereits veraltet (was sich natürlich gegen das noch ältere polnische Equipment nicht so dramatisch auswirkte). Am Ende des Polenfeldzugs waren rund 50% des Fahrzeugbestands und große Teile der Luftwaffe nicht mehr einsatzbereit. Die Vermutung, dass ein beherzter Angriff der Alliierten den Krieg für Deutschland hätte dramatisch enden lassen, liegt zumindest nicht vollständig fern. Es sollte bis zum Frühjahr 1940 dauern, bis die Wehrmacht wieder die Stärke erreicht (und überschritten) hatte, die sie vor dem Polenfeldzug besessen hatte. Gleichzeitig wurde die bestehende Marine von der Royal Navy gejagt und verlor fast jede Begegnung. 

Großadmiral Raeder, Initiator des Plan Z
Der erfolgreiche Polenfeldzug öffnete den Nationalsozialisten aber eine gänzlich andere Ressource: Arbeit. Anfangs noch auf Freiwilligenbasis, bald aber mit Zwang, wurden polnische Arbeiter in der Rüstungsindustrie eingesetzt und erlaubten so das massenhafte Einziehen von deutschen Arbeitern in die Wehrmacht, ohne die Produktivität (noch weiter) absinken zu lassen. Eine andere Ressource dagegen wurde bereits im Herbst 1939 empfindlich knapp: Eisenerz. Die polnischen Vorräte, die man erbeutet hatte, halfen nicht lange weiter, und aus Frankreich konnte aus naheliegenden Gründen nichts mehr importiert werden. Die wichtigste Quelle war Schweden, aus deren Bergwerken das Erz in die ganzjährig eisfreien norwegischen Häfen transportiert und von dort innerhalb der Drei-Meilen-Zone nach Deutschland verschifft wurde. Die Briten konnten das kaum zulassen, und so begann ein Wettlauf um die Kontrolle der norwegischen Handelsrouten, der im Frühjahr 1940 durch den Skandinavienfeldzug entschieden wurde, bei dem die Deutschen Norwegen besetzten und sich damit das schwedische Erz bis Kriegsende sicherten. Gleichzeitig aber kostete dieser Erfolg das Deutsche Reich einen Großteil seiner Überwasserflotte, die nie ersetzt werden konnte und beschleunigte den Ausbau der U-Bootflotte und das Ende des größenwahnsinnigen Plan Z – das erste Programm der Vorkriegszeit, das der Realität des Kriegsdrucks zum Opfer fiel. 

Unter dem Eindruck dieser katastrophalen Unzulänglichkeiten wurde im Frühjahr 1940 Fritz Todt zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt, wodurch ihm technisch gesehen die gesamte Wirtschaft unterstand. Sicher war er vor Störfeuer Görings jedoch nie, der als Oberbefehlshaber der Luftwaffe genug Einfluss behielt, auch wenn seine Vierjahrplanbehörde rapide an Einfluss verlor. Die deutsche Industrie, allen voran die „Wehrwirtschaftsführer“ IG Farben, Krupp und Thyssen verweigerten sich jedoch einer Zentralisierung der Wirtschaft und wollten weiterhin das Rentabilitätsprinzip erhalten (was zu großen Gewinnen und dem kommunistischen Mythos vom kapitalistischen Krieg führen würde). Erst ab 1943 würde es in größerem Umfang Schließungen von nicht kriegswichtigen Betrieben geben. 

Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts 1939
Der Sieg gegen Frankreich entspannte die Lage für die Wehrmacht erneut. Die vielen Kriegsgefangenen, die französischen Ressourcen und die Zwangsarbeiter erlaubten das Freistellen weiterer deutscher Arbeiter, die auch zunehmend durch Frauen ersetzt wurden. Der nun anstehende Luftkrieg über England zeigte aber erneut die Unzulänglichkeiten der deutschen Planung: Niemand hatte vor 1940 ernsthaft die Überlegung aufgestellt, wie die britische Royal Air Force bekämpft werden könnte. Stattdessen war die deutsche Luftwaffe auf Bodenunterstützung ausgelegt worden. Das Fehlen vernünftiger Flugzeugtypen sowohl für strategische Bombardements als auch das Erringen der Luftherrschaft führten zur Niederlage Deutschlands in der „Luftschlacht um England“ und einer nachhaltigen Verkrüppelung der Luftwaffe selbst. Aufgrund der effektiven englischen Seeblockade fehlten dem Deutschen Reich zahlreiche kriegswichtige Ressourcen, vor allem Grundnahrungsmittel wie Getreide, Verhüttungsmetalle und seltene Metalle sowie Öl und Kautschuk. Der einzige größere Handelspartner, der verblieb, war die Sowjetunion. Sie stellte besonders Öl und Getreide als Teil des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 zur Verfügung. Das Fehlen besonders der Getreideimporte nach dem Einfall in die Sowjetunion war nur durch die bewusste Hungerpolitik zu kompensieren, der Millionenen von Kriegsgefangenen und Zivilisten zum Opfer fielen, die aber immerhin die „Heimatfront“ beruhigte. 

Erneut zeigten sich im Verlauf des Jahres 1941 deutliche Schwächen der deutschen Kriegswirtschaft auf. In der gesamten Führungselite, besonders aber in der Wehrmacht, herrschte eine Verachtung für die „amerikanischen“ Methoden der Massen- und Fließbandfertigung vor, die nach Ansicht der Wehrmacht nur minderwertiges Material hervorbrachte (vergleiche Artikel „Folgenschwere Fehleinschätzung“). Stattdessen setzte man auf eine breite Palette komplexer und qualitativ hochwertiger, aber aufwändig herzustellender Systeme, was im Kriegsverlauf zunehmend Probleme bereiten würde. Da die Vierjahrpläne zudem eine feste Gewinnmarge für die Unternehmer vorsahen, gab es für die Kriegswirtschaft keinerlei Anreize zur Rationalisierung und sparsamen Ressourcenverbrauch. Teilweise wurden Ressourcen sogar heimlich von Rüstungsproduktionen weg in die wesentlich profitablere Konsumindustrie gelenkt. Todt weitete daher seine Befugnisse deutlich aus und unterwarf die Industrie ab 1941 einer wesentlich strikteren Kontrolle. 

Hochkomplexes Waffensystem: Panzerkampfwagen Tiger
Das System, das Todt sich als Konsequenz ausdachte, war das so genannte „Ausschusssystem“. Es löste die beiden Hauptprobleme auf einen Schlag, indem es der Wehrmacht die Kontrolle über den Rüstungsprozess entzog und gleichzeitig Anreize für rationales Wirtschaften schuf. Wenn Hitler oder ein anderer zuständiger Funktionär ein Projekt – etwa einen neuen Panzertyp – abgesegnet hatten, wurde dieses Projekt dem sogenannten „Hauptausschuss“ zugewiesen. Dieser legte fest, welche verschiedenen Teile benötigt wurden (etwa Munition, Chassis, Ketten, etc.) und wies diese den „Sonderausschüssen“ zu, die sich um die Beschaffung kümmerten. Auf diese Art und Weise wurde die Industrie wesentlich effizienter ausgelastet. Sie war aber immer noch nicht vor plötzlichen Prioritätenwechseln durch „Führerbefehl“ gefeit, der wie immer als chaotischer Faktor eingreifen konnte. Für ihn beeinflussende Untergebene wie Göring, Dönitz oder Rommel war dies natürlich ein geeignetes Mittel, um direkt Ressourcen für ihre Projekte zu bekommen. Gleichzeitig arbeiteten die Ausschüsse, unabhängig von Anforderungen, daran, die verschiedenen verwendeten Systeme zu vereinheitlichen. So waren bisher Munition und Ersatzteile selten kompatibel; Flugabwehrgeschütze der Wehrmacht verwendeten einen anderen Typ als die der Marine. Die Vereinheitlichungsanstrengungen schufen hier deutliche Produktivitätsgewinne. 

Nach Todts Tod übernahm Albert Speer die Rüstungsindustrie und erreichte weitere Produktivitätssteigerungen, indem er etwa „Sparingenieure“ einsetzte, die Rohstoffverschwendung eindämmten. Besonders erhellend ist folgende Episode: Speers Recherchen ergaben, dass viele Betriebe nur eine Schicht fuhren, während gleichzeitig in gigantischem Ausmaß neue Kapazitäten gebaut wurden. Speer ließ diese Neubauten sofort stoppen und stattdessen drei Schichten fahren. Für die Gewinne der Unternehmer und Hitlers Prestige war das ein schwerer Schlag, aber die Produktivität steig erneut deutlich an. 

Luftabwehr in Berlin
Letztlich glichen diese Produktivitätssteigerungen aber zu einem großen Teil nur die Verluste an industrieller Substanz durch die alliierten Luftangriffe aus. Obwohl diese deutlich weniger effizient waren, als ihre Planer es sich erhofft hatten (sie minderten die Produktivität maximal um 30%, eher deutlich weniger, und entfalteten gegen Japan eine um ein vielfaches verheerendere Wirkung) fraßen sie doch Kapazitäten, schon allein, weil Deutschland in die Luftabwehr zu investieren gezwungen war. Nichts destrotz stiegen die Produktionsraten bis 1944 kontinuierlich an, ein Phänomen, das die Alliierten nach 1945 zu emsigen Nachforschungen antrieb. Zwei Faktoren erwiesen sich als entscheidend: zum einen trafen die Luftangriffe nur Endmontagebetriebe und nicht die wirtschaftliche Basis, vor allem die Infrastruktur (deren Zerstörung 1945 brachte die Wirtschaft denn auch zum Erliegen), und zum anderen war die deutsche Wirtschaft vor 1943 schlicht katastrophal ineffizient gewesen. 

Nicht, dass sich dieses Grundproblem jemals wirklich beseitigen ließ. In einem für die deutsche Kriegswirtschaft typischen Akt stieg die Produktivität für die einzelnen Produkte – etwa Jagdflieger oder Panzer – dramatisch an, in Extremfällen um bis zu 600 Prozent. Gleichzeitig aber konzentrierte man sich so auf diese ingenieurtechnischen Höchstleistungen, dass andere Bereiche darunter litten. So stellte man, teils an entlegensten Orten, zwar hochmodernes Gerät her (etwa den Düsenstrahljäger), gleichzeitig wurden aber keinerlei Ersatzteile gefertigt oder ausgeliefert, was das Material effektiv nutzlos machte. Je weiter die Zerstörungen und ab 1944 Gebietsverluste voranschritten, desto mehr war die Industrie auf hastige Improvisationen angewiesen. Spätestens ab März 1945 war das ganze System endgültig und nachhaltig zusammengebrochen, konnten keine Lieferungen mehr getätigt oder Systeme mehr verbunden werden. Der Materialmangel war allumfassend und brachte das Wirtschaftsleben zum fast vollständigen Erliegen – ein wichtiger Faktor bei dem später entstehenden Mythos um die Stunde Null und dem Totalbeginn, den die alliierten Besatzungsmächte durchzuführen gezwungen waren. 

Albert Speer in Nürnberg, 1946
Die Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten war, man kann es kaum anders sagen, grotesk. Das vollständige Chaos, das sie kennzeichnete, und seine chronische Ineffizienz hätten in einem Staat, der nicht die bereits komplett industrialisierte Gesellschaft des Deutschen Reichs aufwies, katastrophale Folgen für die Bevölkerung gehabt – ein Experiment, das sich am Beispiel der Sowjetunion oder Chinas unter Mao Tsetung gut nachverfolgen lässt. So aber blockten die Wirtschaftsführer viele der für sie negativen Maßnahmen ab, bremsten sich die Bürokratien gegenseitig aus und verschoben sich beständig Kompetenzen und Prioritäten. Es liegt der Schluss verführerisch nahe, dass eine effizientere Wirtschaftsordnung dem Zweiten Weltkrieg eine gänzlich andere Richtung hätte geben können, aber dieser Schluss führt in die Irre. Der gesamte Krieg ist ein höchst irrationales Unterfangen. Hätten die Nationalsozialisten rational gehandelt, wären sie zu dem Schluss gekommen, dass die angestrebten Ziele unmöglich waren und von ihnen abgekommen, kurz: sie wären nicht die Nationalsozialisten gewesen. Der Zweite Weltkrieg, wie Deutschland ihn führte, ist kaum ohne die spezifischen Strukturen vorstellbar, die die Wirtschaft zu dem chaotischen, ineffizienten Komplex machten, der sie war. 


Bildnachweise: 
Fritz Todt - Bundesarchiv, Bild 146-1969-146-01 / Röhn / CC-BY-SA
Raeder - Imperial War Museum (gemeinfrei)
Pakt - National Archives & Records Administration (gemeinfrei)
Tiger - unbekannt (CC-BY-SA 3.0)
Flak - Bundesarchiv, Bild 101I-649-5387-09A / Vieth / CC-BY-SA
Speer - Charles Alexander (gemeinfrei)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2013/02/wirtschaftspolitik-im-dritten-reich_21.html

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Wirtschaftspolitik im Dritten Reich, Teil 2

Von Stefan Sasse


Wagenkolonne Hitlers in Wien, 1938
Die Unseriosität des nationalsozialistischen Finanz- und Währungssystems wurde auch dadurch deutlich, dass ab 1935 keine Haushaltspläne mehr veröffentlicht werden durften. Auf diese Art hoffte das Regime, die kritische Haushaltslage zu verschleiern. Da diese Verschleierung, die Mefo-Wechsel und die politische Preisfestsetzung eine seriöse Bewertung der Reichsmark kaum möglich machten, blieben ausländische Investitionen ins Dritte Reich praktisch vollständig aus. Dies führte zu einer chronischen Devisenknappheit, die Importe extrem verteuerte und die ohnehin betriebene Autarkiepolitik zu einer faktischen Notwendigkeit werden ließ. Gleichzeitig sorgte die wirtschaftliche Konzentration auf den Rüstungssektor dafür, dass das Reich auch nicht allzu viele Güter exportieren konnte, was weiter zu der Devisenknappheit beitrug. Die Goldreserven der Reichsbank waren jedenfalls 1938 praktisch vollständig aufgebraucht, ebenso die vorhandenen Devisen. In dieser Situation erwies sich der "Anschluss" Österreichs für die Stabilisierung des deutschen Finanzsystems als wahrer Segen. 

Als im März 1938 deutsche Truppen die Schlagbäume zu Österreich niederrissen und das Land mit dem Deutschen Reich zum "Großdeutschen Reich" vereinten, transferierten Sonderkommandos so schnell wie möglich alle Goldreserven der österreichischen Zentralbank nach Berlin. Dieser Zuschuss von Goldreserven ermöglichte es dem Dritten Reich, seine ruinöse Aufrüstungspolitik bis 1939 fortzuführen, einem Zeitpunkt, an dem der ausbrechende Krieg jegliche Hemmungen beseitigte und zu einer beispiellosen Beuteökonomie führte.

Albtraum der Nazis: Bank-Run auf Sparkasse, 1932
Ein weiteres Problem der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik betraf die Börsen. Sie waren den Nationalsozialisten ohnehin suspekt; das inkohärente NS-Ideologiegebäude hasste sowohl den Kapitalismus (obwohl man sich in der Realität seiner durchaus versicherte) als auch die Juden, und beide waren an den Börsen in konzentrierter Form zu finden. Doch auch den Nationalsozialisten war klar, dass es ganz ohne Börsen nicht gehen konnte. Ohne sie würde die Kapitalversorgung der Unternehmen praktisch unmöglich sein (wenn man nicht den Weg der kompletten Verstaatlichung gehen wollte, der niemals diskutiert wurde). Die resultierenden Maßnahmen waren entsprechend ein Kompromiss und nicht besonders tragfähig. Zum Einen wurde die Zahl der Handelsplätze von 21 auf 9 reduziert, zum anderen die Börsenvorstände gleichgeschaltet und alle Juden aus ihnen entfernt. Diese Maßnahmen führten zu einer deutlichen Verringerung des Börsenaufkommens und reduzierten die Attraktität des deutschen Börsenstandorts deutlich. Besiegelt wurde diese Entwicklung 1934 mit der Verpflichtung, Wertpapiere ausschließlich an seiner jeweiligen Heimatbörse zu handeln. 

Dies war jedoch nicht alles: um mehr Kapital bei den Unternehmen zu belassen, wurde die Ausschüttung von Dividenden an die Aktionäre per Gesetz begrenzt. Auf diese Art und Weise hatten die Unternehmen wesentlich mehr Kapital zur Verfügung, um ihre Investitionen in die Rüstungsindustrie durchzuführen. Gleichzeitig gab es aber praktisch keinen Anreiz für neue Emissionen mehr, was den Kapitalmarkt praktisch verkrüppelte. Im Gegenzug überfluteten die Nationalsozialisten den Anleihenmarkt geradezu mit Staatsanleihen, zu deren Aufnahme die Börsenteilnehmer teils geradezu gezwungen waren. Die Börsen hatten auf diese Art und Weise eine starke Reduzierung des privaten Geldumlaufs hinzunehmen, während gleichzeitig analog zu den Mefo-Wechseln ein Schattensektor etabliert wurde, der der Wirtschaft wie ein Mühlstein um den Hals hing und immer größer wurde. All diese Entwicklungen mussten vor einer breiten Öffentlichkeit verborgen werden, um Runs auf Banken und Börsenplätze wie während der Weltwirtschaftskrise zu verhindern.

BDM Ernteeinsatz
Gänzlich andere Probleme bereitete den Nationalsozialisten die Rohstoffversorgung. Die Autarkiemaxime verlangte gemäß der Blut-und-Boden-Ideologie eine Sebstversorgung mit Nahrungsmitteln durch einen starken primären Sektor der Landwirtschaft. Das Deutsche Reich war aber in den 1930er Jahren bereits ein industrialisierter Staat, der keine starke Bauernschicht mehr brauchte. Das Land exportierte Getreide und importierte andere Nahrungsmittel. Diesem Handel gedachten die Nationalsozialisten ein Ende zu bereiten, indem sie sätmliche Landwirtschaftsverbände gleichschalteten und die verbreitete Landflucht eindämmten. Dabei wurden der Gruppe der ostelbischen Junker viele Privilegien zugestanden, die zu einer deutlichen Schlechterstellung von Beschäftigten in der Landwirtschaft führten. Das Verbot, Höfe ab einer bestimmten Größe zu verkaufen, zwang die Menschen auf dem Land zu bleiben. Die landwirschaftliche Produktion wurde außerdem deutlich subventioniert. Trotzdem gelang es nicht einmal, das Niveau von 1913 zu halten; die Vernichtung landwirtschaftlicher Nutzfläche durch den Bau von Befestigungsanlagen und Autobahnen und vor allem der massive Mangel an Dünger und modernen Maschinen ließ die Landwirtschaft effektiv auf einem Niveau des 19. Jahrhunderts stecken. Viele landwirtschaftliche Rohstoffe mussten über ausländische Staaten bezogen werden. Selbst mit der Hinzunahme des Sudetenlandes, Österreichs und des Memellands 1939 erreichten die Nationalsozialisten nur eine Selbstversorgerquote von 83%. 

Das Deutsche Reich war kein besonders rohstoffreicher Staat. Zwar gab es einige Eisen- und Kohlefördergebiete; an die Bedürfnisse eines industrialisierten Staates reichten deren Fördermengen aber nie heran, besonders nicht, seit die schlesischen Gebiete größtenteils durch den Versailler Vertrag verloren gegangen waren. Da dem Land die Devisen fehlten, mit denen man hätte größere Mengen Rohstoffe auf dem normalen Handelsweg importieren könnte, musste man zu so genannten "Clearing"-Verträgen greifen, zu denen aber bei weitem nicht alle Länder bereit waren (besonders die größeren nicht). Bei einem Clearing-Vertrag werden Lieferungen gegeneinander verrechnet - eine moderne Form des Tauschhandels. Besonders die Länder des Balkans und Skandinaviens entwickelten sich hier zu wichtigen Handelspartnern Deutschlands. Für den Rüstungssektor nahm besonders Schweden eine zentrale Rolle ein, dessen Eisenerze für die Rüstungsindustrie überlebenswichtig waren. Die grundsätzliche Devisenknappheit und Autarkiepolitik sorgten dafür, dass das Ausmaß des gesamten Außenhandels während der Friedensjahre praktisch nicht anstieg. Bedenkt man, auf welchem Niveau der Außenhandel wegen der Weltwirtschaftskrise war, so ist das ein erbärmliches Zeugnis der NS-Wirtschaftspolitik. 

Hermann Göring (l., neben Hitler)
In der Führungsspitze der Partei stellten derlei Überlegungen jedoch keinerlei Rolle. Hitler gab stattdessen 1936 die Order, einen Vierjahresplan auszuarbeiten. Bevollmächtigter hierfür wurde Hermann Göring, der damit weisungsbefugt auch für das Wirtschaftsministerium wurde und eine nie dagewesene Machtfülle auf seine Person vereinte, die er auch weidlich nutzte, um seine eigenen Taschen zu füllen. Hitler gab für den Vierjahresplan genau zwei Direktiven aus: 
1) Die deutsche Armee muss in vier Jahren kriegsbereit sein. 
2) Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsbereit sein. 
Viel weiter gingen seine Überlegungen nicht. Diese Vorgaben waren reiner politischer Wille, sie fanden keinerlei Entsprechung in der Realität. Die deutsche Wirtschaft war bei weitem nicht leistungsfähig genug, um diese Ziele zu erfüllen. Hermann Göring, beileibe kein Volkswirtschaftler von Hause aus, kümmerte sich ebenfalls wenig um wirtschaftliche Gegebenheiten, sondern setzte mit brachialer Gewalt alle Ziele um.

Da es beim Vierjahresplan allein um die militärische Leistungsfähigkeit ging, wurden zivile Wirtschaftsführer in die militärischen Strukturen eingebunden, um so die privatwirtschaftlichen Interessen weitgehend auszuschalten. Die Unterstellung des gesamten Projekts an die Militärführung, ohne dass eine einheitliche Organisation erkennbar wäre (Göring verwaltete den Vierjahresplan auf ad-hoc-Basis) sorgten dafür, dass die gesamte Aufrüstung äußerst chaotisch verlief. Die drei Teilstreitkräfte - Heer, Luftwaffe, Marine - meldeten jeweils einen Bedarf an, der die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ausreizen musste. Die Marine etwa stellte den ehrgeizigen Plan Z auf, mit dem die deutsche Marine 1945 die Größe der britischen erreichen würde. Ein so größenwahnsinniger Plan musste das Gefallen Hitlers finden, der folgerichtig Großadmiral Raeder auch sein Placet dazu gab. Göring, dem die Luftwaffe als Steckenpferd unterstand, wünsche sich natürlich eine nie dagewesene Luftwaffe, während den Beteiligten klar war, dass die Wehrmacht letztlich für eine Kontinentalmacht wie Deutschland das wichtigste Gerät blieb. Die Folge dieses Gerangels um Kompetenzen waren ständige Improvisationen und Prioritätenänderungen, je nachdem, welcher Lobbyist sich gerade einen Führerbefehl erschleichen konnte, der die gesamte Rohstoffverteilung durcheinander brachte. Dass in diesem heillosen Chaos überhaupt eine halbwegs vernünftige Armee entstand ist bemerkenswert. 

Modell der Graf Zepellin
Alle Beteiligten besaßen zudem eine unglaubliche Besessenheit mit Prestigeobjekten, die militärisch völlig sinnlos waren, aber in ihrer Gigantomanie Maßstäbe setzten. So verschwendete die Marine massenhaft Ressourcen in einem unzureichend durchdachten Flugzeugträger (die "Graf Zeppelin"), der nie fertiggestellt wurde, baute die Luftwaffe Flugzeugprototypen, die eklatante Schwächen hatten, aber auf irgendeinem Feld einen Superlativ darstellten und lieferten sich die Panzerkonstrukteure einen Wettlauf um den größten und schwersten Panzer, der in so albernen Konstruktionen wie dem "Maus" mündete. Mangels moderner, tauglicher Prototypen, für die dank dieser völlig fehlgeleiteten Prioritäten keine Ressourcen bereitstanden, wurden dafür in hohen stückzahlen veraltete Modelle produziert, etwa der Sturzkampfbomber Ju-87, der nur gegen einen Feind ohne einsatzfähige Luftwaffe wirklich effektiv war. Für einen modernen Konflikt essenzielle Techniken wie die Funkmesstechnik, moderne Produktionsabläufe und Ähnliches wurden dagegen sträflich vernachlässigt. 

Geradezu aberwitzig aber mutet die Aussetzung des Rentabilitätsprinzips durch Göring an. Im sicheren Wissen, dass die Rohstoffe bei weitem nicht ausreichend waren, um die gesteckten Ziele zu erreichen, ordnete er an, dass keine Gedanken mehr an die Rentabilität von Unternehmungen verschwendet werden sollten. So sollte die Schwerindustrie etwa selbst dreißigprozentiges Eisenerz verhütten. Die Industriellen weigerten sich, das mitzumachen, und so baute Göring seinen eigenen schwerindustriellen Komplex auf, indem ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Rentabilität produziert werden konnte. Finanziert wurden diese Maßnahmen auf Pump, über Enteignungen und Mefo-Wechsel. Innerhalb kürzester Zeit fraß sich der Vierjahresplan durch die Substanz der deutschen Wirtschaft. Ohne einen massiven Influx von neuen Rohstoffen würde die Produktion nicht über 1940 hinaus aufrechtzuerhalten sein. Nicht mehr wehren konnten sich die Industriellen gegen direkte Befehle, ihre Produktionskapazitäten auf ein Maß auszuweiten, das den Bau all dieser Projekte erlaubte - ohne die notwendigen Rohstoffe oder Arbeiter zu besitzen, wohlgemerkt. Im Gegenzug berechneten die Industriellen absurd überhöhte Preise, eine Maßnahme, die sie bereits mit den Mefo-Wechseln ergriffen hatten und die die verdeckte Inflation im Reich immer weiter in die Höhe trieb. Das Deutsche Reich hatte gigantische Überkapazitäten geschaffen, die gewissermaßen im Leerlauf liefen.

Adolf Hitler auf der Prager Burg, 1939
Die letzte große Gelegenheit für die wirtschaftlichen Planer, den unvermeidlichen Zusammenbruch noch einmal auf friedliche Art und Weise hinauszuzögern, war die Zerschlagung der Tschechoslowakei. 1939 besetzten die deutschen Truppen in einem Bruch des Münchner Abkommens Prag, spalteten die Slowakei als nominell unabhängigen, wirtschaftlich und politisch aber Deutschland unterworfenen Staat ab und plünderten die Ressourcen Tschechiens ("Böhmen und Mähren"), dessen vorherhige Mobilisierung gegen einen erwarteten deutschen Angriff nun eine große Menge fertiger Rüstungsgüter in deutsche Hände brachte. Spätestens im Sommer 1939 aber war absehbar, dass die Wirtschaft nicht mehr lange auf diese Art würde funktionieren können. Hjalmar Schacht war seinen Posten als Reichsbankpräsident inzwischen los. Die Ausplünderung unterworfener Nationen war für die Nationalsozialisten der einzig gangbare Weg, um ihren wirtschaftlichen Raubbau aufrecht zu erhalten.

Literaturhinweise:
Bernhard Chiari - Ökonomie und Expansion
Rolf Walter - Vom Merkantilismus bis zur Gegenwart
Harold James - Die Deutsche Bank im Dritten Reich
Wolfgang König - Volkswagen, Volksempfänger, Volksgemeinschaft
Sabine Groß - Made in Germany

Bildnachweise:
Wagenkolonne - Bundesarchiv, Bild 146-1972-028-14 / CC-BY-SA
Bank-Run - Bundesarchiv, Bild 102-12023 / Georg Pahl / CC-BY-SA
BSM-Einsatz - Bundesarchiv, Bild 183-E10868 / CC-BY-SA
Hermann Göring - Bundesarchiv, Bild 146-1980-048-11A / CC-BY-SA
Modell - Raboe001 (CC-BY-SA 2.5)
Prager Burg - Bundesarchiv, Bild 183-2004-1202-505 / CC-BY-SA

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2013/02/wirtschaftspolitik-im-dritten-reich_5.html

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Wirtschaftspolitik im Dritten Reich, Teil 1

Von Stefan Sasse

Arbeitslosenzahlem von 1933 bis 1939
Die Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus ist von Mythen umrankt. Das ist verständlich, denn die NSDAP kam im Umfeld der größten Wirtschaftskrise mehrerer Generationen an die Macht und stabilisierte ihre Herrschaft auch durch scheinbare wirtschaftliche Erfolge, der größte davon eine nominelle Vollbeschäftigung. Und zum Ende waren nicht nur die Alliierten verwundert, wie das zusammengebombte Dritte Reich es schaffte, immer noch eine Rüstunsmaschinerie am Laufen zu halten. Im Folgenden soll deswegen der Wirtschaftspolitik des Dritten Reichs auf den Grund gegangen werden - sowohl im Frieden als auch, später, im Krieg.

Zu Beginn stehen die Konzepte. Die wichtigste Idee der Nationalsozialisten war die Autarkie. Sie verstanden darunter die Fähigkeit Deutschlands, völlig ohne Importe auszukommen und einen in sich geschlossenen Wirtschaftskreislauf zu schaffen. Diese Idee fußte auf zwei gleichermaßen fixen Ideen. Die erste war das grundsätzliche Misstrauen gegenüber marktwirtschaftlichen Strukturen, besonders im Handel mit anderen Nationen (eine Haltung, mit der die Nazis in den Protektionismus-geplagten 1920er und 1930er Jahren allerdings nicht alleine standen), die zweite das Bewusstsein, dass man es auf einen Krieg anlegte und in einem solchen eine Abhängigkeit vom potenziell feindlichen Ausland verheerend sein würde. Der Autarkismus sah die Schaffung eines eigenständigen Wirtschaftsblocks vor, der nicht nur aus Deutschland bestand, aber klar von Deutschland dominiert wurde. Die NS-Planer dachten an eine Art Kolonialreich, modelliert an einem völlig idealisierten Bild des britischen Weltreichs. Deutschland würde Rohstoffe aus nachgeordneten Staaten besziehen - vor allem in Osteuropa und auf dem Balkan - und diese für seine eigene Wirtschaft nutzen. So wäre es komplett unabhängig vom Welthandel.

5 Reichsmark, 1942
Das Konzept diente natürlich nicht der bestmöglichen Versorgung der Bevölkerung und ihrem Wohlergehen, sondern war den Interessen der so genannten Wehrwirtschaft untergeordnet - die Autarkie war lediglich ein wenn auch entscheidender Wegstein zur Vorbereitung eines Krieges. Sie musste instande sein, genügend Ressourcen für den militärischen und die Aufrechterhaltung eines rudimentären zivilen Sektors zu beschaffen (hierzu später mehr), den Treibstoff für die Fahrzeuge bereitszustellen, eine Infrastruktur aufzubauen, die schnelle Truppenverlegungen ermöglichte und all das auch finanzieren.

Den Nationalsozialisten war klar, dass die Errichtung dieser Wehrwirtschaft klar zulasten einer zivilen Wirtschaft, besonders der Konsumgüterindustrie, gehen musste. Stets das Schreckbild des Zusammenbruchs 1918 vor Augen definierten sie die zuverlässige Versorgung der Bevölkerung mit den Gütern des täglichen Bedarfs als höchste Priorität, die auch in der Tat wesentlich zum langen Durchhalten Nazi-Deutschlands beitrug. Die Versorgung mit Lebensmitteln musste gesichert werden, ebenso mit den Gütern, die zur Aufrechterhaltung des Propagandapperats notwendig waren - Zeitungen, Radios, Kinoeintritt u.ä. Des Weiteren wurden einige propagandistische Programme wie der Volkswagen initiiert, mit denen das Volk gegenüber dem Regime positiv gestimmt werden sollte. Vordringlichstes Ziel musste daher die Beendigung des Brüning'schen Austeritätsprogramms und die Herstellung von Vollbeschäftigung sein. Die Verbreitung bestimmter wirtschaftlicher Güter, vor allem Autos, sollte propgandistisch die Leistungsfähigkeit des Regimes herausstreichen. 

Saalebrücke bei Hirschberg - Man achte auf den regen Verkehr.
Mit diesen Zielsetzungen ging das Regime an die Planung seiner Wirtschaft. Aufbauend auf den Weimarer Programmen zum Infrastrukturausbau trieben die Nationalsozialisten den Ausbau der Autobahnen voran. Um möglichst schnell die Arbeitslosigkeit abbauen zu können, nutzten sie eine künstliche Manualisierung der Arbeit: mit primitiven Werkzeugen wie Hacken und Schaufeln, ohne großartigen Maschineneinsatz, wurde der Arbeitskräftebedarf künstlich vervielfacht. Tausende von schlecht ausgebildeten Arbeitslosen konnten hier zum Einsatz kommen. Da die Arbeit hart, schlecht bezahlt und von widrigen Umständen begleitet war - die Arbeiter mussten ihre schäbigen Unterkünfte selbst bauen - gab es kaum Freiwillige, weswegen das Regime die Arbeitslosen einfach zum Einsatz zwang. Die Maßnahme war vor allem propagandistisch erfolgreich und brachte eine sechsstellige Zahl Arbeitsloser in Arbeit; die Autobahnen selbst waren wegen der geringen Motorisierung unbedeutend; Truppenverlegungen geschahen ohnehin per Eisenbahn.

Die Nationalsozialisten gingen außerdem zügig daran, eine Kernforderung der Unternehmer zu erfüllen - die ihnen natürlich auch gelegen kam - und zerschlugen noch im Mai 1933 die Gewerkschaften vollständig. An ihre Stelle trat die DAF, die "Deutsche Arbeitsfront", die aber kein effektives Verhandlunsorgan war.  Als Ausgleich wurde die KdF, die "Kraft durch Freude", aufgebaut, eine Organisation, die Urlaubsreisen für Arbeitnehmer organisierte. Den größten Effekt auf die Arbeitslosigkeit aber hatten zwei Maßnahmen, beide 1935: die Einführung des "Reichsarbeitdiensts", in den Männer bis zum Alter von 24 eingezogen wurden und der effektiv unbezahlte, körperliche Arbeit darstellte, und die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, die die Zahl der Soldaten von 100.000 auf eine Million steigerte - und die Arbeitslosigkeit unter jungen Männern praktisch vollständig beseitigte. Ein effektiver Preisstop fror dazu die Löhne und Preise etwa auf dem Niveau von 1933 ein - der Lebensstandard im Reich lag damit unter dem von 1928, aber natürlich deutlich über dem der Jahre 1930-1932, die für die meisten Menschen den einzig gültigen Vergleichssmaßstab darstellten. 

Speisung im Obdachlosenasyl 1932
Es ist wichtig an dieser Stelle den Unterschied zwischen relativem und absolutem Wohlstand zu verstehen. Den Menschen ging es zu Beginn der nationalsozialistischen Diktatur im allgemeinen besser als während der Wirtschaftskrise, aber schlechter als in der Weimarer Republik. Nur war dieser feine Unterschied natürlich rein akademisch - wer drei Jahre lang in grausamen wirtschaftlichen Umständen gelebt hat erinnert sich nicht mehr realistisch an das, was vorher war (besonders wenn dieses Vorher ohnehin beständig denunziert wird). Bewusst war vor allem eines: die Massenarbeitslosigkeit war vorüber, und praktisch niemand mehr musste Angst davor haben, kein Brot auf den Tisch zu bekommen. Angst betraf einige andere Gruppen, vor allem ehemalige aktive Demokraten, Kommunisten und Juden. Diese Gruppen verloren enorm an wirtschaftlicher Sicherheit, allen voran die Juden.

Neben den propagandistischen Maßnahmen - vor allem der in Szene gesetzte Autobahnbau und die Einführung des Reichsarbeitsdiensts - fanden im Hintergrund umfrangreiche Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik statt. Diese Richtungswechsel wurden mit großem Aufwand vor der Öffentlichkeit innerhalb wie außerhalb Deutschlands verborgen, denn sie waren alles andere als hasenrein. Letztlich ging es Hitler darum, dass die Wirtschaft möglichst schnell einen akzeptablen Lebensstandard bereitstellte und andererseits in der Lage war, die geplante Aufrüstung zu schultern. Dies konnte nur mit einer expansiven Wirtschaftspolitik erreicht werden, doch diese würde unweigerlich destabilisierend wirken. Eine trabende Inflation aber konnte man sich genausowenig leisten wie eine Aufnahme von größeren Schuldenbeträgen. Letzteres war in der Weltwirtschaftskrise mangels Kreditgebern ohnehin nicht möglich. Der Vorsitzende der Reichsbank, Hjalmar Schacht, brauchte also dringend eine Möglichkeit, die ab 1935 rasch ansteigenden Rüstungsausgaben mit einer Art Schattenwirtschaft zu finanzieren, denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes reichte eigentlich gerade aus, um den Lebensstandard der Deutschen wieder auf das Niveau Ende der 1920er Jahre zu bringen (das übrigens im ganzen Dritten Reich nie wirklich erreicht wurde).

Funktionsweise der Mefo-Wechsel
Zu diesem Zweck grüdnete er zusammen mit vier namhaften deutschen Unternehmen - Siemens, Gutehoffnungshütte, Krupp und Rheinmetall - die "Metallurgische Forschungsgesellschaft", eine reine Tarnfirma. Diese "Mefo" diente lediglich einem Zweck: eine zweite Unterschrift für Wechsel bereitzustellen, mit denen diese zum gesetzlichen Zahlungsmittel werden konnten. Offiziell deckten diese vier Unternehmen also von der Reichsbank ausgegebene Wechsel, die nicht auf Gold oder anderen Werten basierten, wie es die Reichsmark offiziell tat. Die Eigenkapitaleinlage der Mefo betrug gerade einmal eine Million Reichsmark - bedenkt man, dass bis 1938 Wechsel über insgesamt 11,9 Milliarden Reichsmark ausgestellt wurden erkennt man den gewaltigen Hebel, mit dem hier gearbeitet wurde.

Da hinter den Wechseln keine echten Werte standen, konnte das Reich die damit getätigten Einkäufe natürlich kaum bezahlen. In der Realität wurden daher nur rund 40% der mit den Wechseln getätigten Einkäufe tatsächlich bezahlt. Die restlichen 60% wurden als Anteile auf spätere Einnahmen und Steuernachlässe gutgeschrieben. Dies führte zu zwei Entwicklungen: zum einen gruben die Mefo-Wechsel dem Reich innerhalb kürzester Zeit die Steuerbasis ab, weil ja gewaltige Steuergutschriften aufliefen. Und zum anderen entstand eine kurzfristig in die Zukunft verlagerte Notwendigkeit, neue Einkommensquellen zu erschließen, um die Wechsel zu bedienen. In den Firmen selbst wurde das System natürlich schnell durchschaut. Da mit nur 40% des Warenwerts kaum gewirtschaftet werden konnte, begannen die Firmen in gewaltigem Umfang die Bilanzen zu frisieren und um ein vielfaches höhere Preise abzurechnen. Das ab 1934 von Hermann Göring gesteurte Wirtschaftsministerium konnte dagegen wenig unternehmen - die Mefo-Wechsel hatten eine gegenseitige Symbiose geschaffen. Weder konnte das Wirtschaftsministerium die Bilanzfälschungen anprangern noch die Firmen die Wechsel einlösen. 1938 wurde die Ausgabe der Wechsel gestoppt, ermöglichte bis dahin aber die Aufrüstung auf ein Niveau, das in etwa dem der Nachbarstaaten entsprach.

Bildnachweise: 
Arbeitslosenrate - Hedwig Klawuttke (CC-BY-SA 3.0)
Reichsmarl - Bildarchiv der Deutschen Bundesbank, Frankfurt am Main (gemeinfrei)
Autobahnbrücke - Bundesarchiv, Bild 146-1979-096-13A / CC-BY-SA
Obdachlosenasyl -  Bundesarchiv, Bild 183-R96268 / CC-BY-SA
Mefo-Wechsel - Guido Golla (CC-BY-SA 3.0)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2013/02/wirtschaftspolitik-im-dritten-reich.html

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Aktuelle Problematiken bei der Globalisierung von Polizeiarbeit

In der globalisierten Moderne werden Probleme wie Terrorismus, Krieg, organisierte Kriminalität, Umwelt- und Wirtschaftsdelikte zu grenzübergreifenden Gefahren und machen daher eine internationale Zusammenarbeit im Polizeiwesen zunehmend erforderlich. Dass in der Umsetzung von internationaler Polizeiarbeit zahlreiche Schwierigkeiten, auch ethischer Art auftreten, ist nicht von der Hand zu weisen. Bereits bei oberflächlicher Betrachtung der Einsätze in  Afghanistan-Einsatz oder  im Kosovo wird auf der Suche nach auftretenden Schwierigkeiten schnell fündig. Im kriminalpolizeilichen Bereich bestehen mit Interpol und Europol bereits feste zwischenstaatliche Institutionen – in ihren Aufgabenbereich fallen u. a. die Bearbeitung internationaler Strafsachen, die Koordination internationaler Fahndungen oder die operative und strategische Analyse von Akten internationaler Kriminalität. Interpol und Europol haben allerdings keine Exekutivbefugnisse.1

Darüber hinaus führen insbesondere die Vereinten Nationen (UN) eine Vielzahl weiterer internationaler Polizeieinsätze durch. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts setzte ein Wandel der Kriegsformen ein. Der Abnahme zwischenstaatlicher Kriege steht eine Zunahme innerstaatlicher, bürgerkriegsähnlicher Konflikte mit oft komplexen Ursachen gegenüber. Entsprechend hat die Zahl von UN-Einsätzen zur Friedenskonsolidierung („Peacebuilding“) zugenommen. Nach der Entmilitarisierung der Konfliktparteien sind dabei auch zivile Experten für humanitäre Hilfe und den (Wieder-)Aufbau eines funktionierenden Staatsapparates gefragt. In diesem Rahmen haben die von den UN entsandten Polizeikräfte – je nach Reichweite des UN-Mandats – meist folgende Aufgaben: Beobachtung, Überwachung, Beratung und Ausbildung der örtlichen Polizei sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Da die Polizei die Verkörperung des staatlichen Gewaltmonopols und zugleich Exekutivorgan zur Durchsetzung des Rechtsstaats ist, gilt sie als wichtiges Bindeglied zwischen militärischer Sicherheit und zivilem Staatsaufbau.2

Im Jahre 2011 unterstützte die Bundesrepublik Deutschland beispielsweise die UN und die EU in neun Missionen mit insgesamt mehr als 300 Polizisten. Eine dieser Missionen war in 2011 der Einsatz in Afghanistan. Die deutschen Polizeikräfte haben hier keine exekutiven Befugnisse. Das Ziel ist vielmehr der Aufbau effektiver Polizeistrukturen unter afghanischer Eigenverantwortung. Dies soll durch Ausbildung, Betreuung, Beobachtung und Beratung afghanischer Polizisten erreicht werden. Dabei zeigt sich jedoch, dass in Westeuropa funktionierende Konzepte nicht ohne Weiteres auf andere Kulturen übertragen werden können. Tatsächlich ist die afghanische Polizei für die einheimische Bevölkerung eher eine Quelle der Angst als ein Garant für Sicherheit. Zudem bestehen Probleme bei der Personalrekrutierung und der Materialausstattung, bei der Kooperation mit der afghanischen Regierung und der Einigung mit den anderen UN-Nationen über die inhaltliche Gestaltung der Sicherheitsreform. Letzteres liegt auch daran, dass verschiedene Nationen für die unterschiedlichen Bereiche des Sicherheitssektors wie Polizei (Deutschland), Militär (USA), Justiz (Italien) oder Demobilisierung (Japan) verantwortlich sind, sodass kein einheitliches Reformkonzept besteht.3

Eine weitere internationale Polizeimission mit deutscher Beteiligung findet im Kosovo statt, wo ebenfalls u. a. ein Polizeiwesen aufgebaut werden soll. An dieser Aufgabe sind hier allerdings 44 Nationen beteiligt. Neben Kommunikations- und Koordinationsschwierigkeiten bestehen dabei auch unterschiedliche Auffassungen über das Selbstverständnis der Polizei. Vertrauensverlust der Bevölkerung in die staatlichen Institutionen, Korruption, steigende Kriminalitätsraten und Etablierung von Mafiabanden sind die Folge.4

„Culture clash“ beim sogenannten Wiederaufbau

Intervenieren westliche Mächte im Ausland und versuchen anschließend den Staat, in dem interveniert wurde, neu aufzubauen, dann legen sie dabei meist ihr eigenes Verständnis von Fortschritt und Entwicklung als Maßstab für das Gelingen des Wiederaufbaus an. Freie Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie setzen sie als anzustrebende Ziele. Die Herstellung von Sicherheit gilt dabei als Voraussetzung zum Erreichen dieser Ziele. Um Sicherheit herzustellen, werden Herrschaftsinstitutionen wie die Polizei etabliert, die über die Legalität und Illegalität von Verhaltensweisen urteilen. In nicht-westlichen Kulturen sind aber teilweise ganz andere Werte und Normen verankert. Das westliche Verständnis einer demokratisch legitimierten, „für Recht und Ordnung sorgenden“ Polizei setzt sich daher nur schwer durch. Eine stärkere Einbeziehung der einheimischen Kultur und lokaler Akteure wäre nötig sowie ein intensives Vertrautmachen mit den sozialen, ethnischen und geschichtlichen Hintergründen einer Gesellschaft und Region, um bessere Zugänge zu den Menschen zu finden. Allerdings kann man als von der UN gesandter Polizist an die Grenzen seines Selbstverständnisses geraten, wenn die einheimische Kultur soweit berücksichtigt wird, dass von Rechtsstaatlichkeit nicht mehr gesprochen werden kann.

Im Bereich des Polizeiwesens ist aber festzuhalten, dass die Demokratisierung des Staates auch gar nicht das Erfolgskriterium ist. Vielmehr soll die Polizei für eine Stabilisierung und Befriedung der Region sorgen, für die Herstellung öffentlicher Sicherheit. Welches Staatsverständnis dabei durchgesetzt werden soll, ist auf einer anderen Ebene zu klären.

Die Absicht, die eigenen Werte und Normen in fremden Kulturen zu etablieren, führt zu der Frage, ob es sich bei solchen Interventionen um Neo-Kolonialismus handelt. Insbesondere beim Afghanistan-Einsatz ist diese Frage zu stellen, da hier im Gegensatz zu vielen anderen Missionen nicht die Intention war, Menschenrechtsverletzungen durch den Staat an der Bevölkerung zu unterbinden. Vielmehr war Terrorprävention die Rechtfertigung. Afghanistan wurde als Unterschlupf für Terroristen und somit als Gefahrenquelle betrachtet. Die Intervention sollte also für mehr Sicherheit für die westliche Welt sorgen. Während Kolonialisierungen aber in aller Regel wirtschaftlich intendiert und auf Dauer angelegt sind, ist die Intervention in Afghanistan ihrer Natur nach sicherheitspräventiv und vorläufig. Kolonialistisch ist sie somit nicht, imperial dagegen allemal.

Das zunehmende Zusammenwachsen Europas lässt vermuten, dass es irgendwann eine EU-weite Exekutive geben wird.

Geltung ohne Bedeutung?

In vielen Diskussionen wird immer wieder der Kritikpunkt genannt, dass „westliche” Traditionen und Normen nicht einfach zu implementieren wären. Dass heißt, es reicht nicht, die Polizei im Ausland so auszubilden, wie man es „zu Hause“ tut. Man muss sich mit den Werten und Normen des Landes auseinandersetzen. Ansonsten droht die Niederlage des eigenen Handelns.

Der italienische Philosoph und Politikwissenschaftler Giorgio Agamben schildert einen ähnlichen Fall, in dem der Staat versucht ein Regelsystem aufrechtzuerhalten, das kulturell vielleicht nicht überholt ist, aber kein Zusammenleben zwischen Gesetz und Mensch ermöglicht und damit ein bedeutungsloses Regelsystem schafft. Agamben beschreibt es folgendermaßen:

„Was ist ein Staat, der die Geschichte überlebt, eine staatliche Souveränität, die sich über das Erreichen des historischen telos hinaus erhält, wenn nicht ein Gesetz, das gilt, ohne zu bedeuten?”5

In Diskussionen, in denen es um Polizeiaufgabenhilfe im Ausland geht, fallen oftmals Begriffe wie „Weltpolizei“ oder die „Indoktrination“ westlicher Werte. Dabei wird kritisiert, dass westliche Werte als Naturrechte dargestellt werden. Dabei seien Werte wie Freiheit und Demokratie nur Erfindungen, und auch Menschenrechte wären nur aus der westlichen Philosophie entstanden, aber würden keine objektiven ‚Ur-Werte‘ darstellen; und so wie auch McDonalds eine Erfindung ist, haben sie einen gewissen Erfolg im Ausland, aber sind sie nicht imstande Traditionen zu brechen.

Franz Kafka beschreibt in seinem Buch “Der Process” die Beziehung mit dem Gesetz als ein „Nichts der Offenbarung”.  Darin beschreibt er einen Stand, in dem das Gesetz sich noch behauptet, d.h., dass das Gesetz gilt, aber nichts bedeutet. Auch bei Auslandseinsätzen der Polizei, insbesondere wenn es um den Aufbau einer Polizei bzw. eines Rechtsstaates geht, trifft dieses zu – dem Recht obliegt eine Geltung aber keine Bedeutung.

In seinem Werk „Homo Sacer“ stellt Giorgio Agamben das Gesetz vor, das keine Bedeutung hat. Er bezieht sich auch auf Kafka, auf den Mann „Vor dem Gesetz”, der das offene Tor versucht zu öffnen. So sei auch das Gesetz ein offenes Tor, welches zu öffnen versucht wird. Aber was offen ist, kann nicht geöffnet werden. Daraus ergibt sich nach Agamben ein aktuelles Problem: „Alle Gesellschaften und Kulturen (…) sind heute in eine Krise der Legitimation geraten, in der das Gesetz (…) als reines ‘Nichts der Offenbarung’ gilt.6

Auch Immanuel Kant spricht von der „bloßen Form” des Gesetzes, also der alleinigen Geltung: „Nun bleibt von einem Gesetz, wenn man alle Materie, d.i. Jeden Gegenstand des Willens (als Bestimmungsgrund) davon absondert, nichts übrig, als die bloße Form einer allgemeinen Gesetzgebung.”7

Aus der Bedeutung des Gesetzes heraus entsteht also auch die  Vorrausetzung für die Legitimation und die Sinnhaftigkeit einer staatlichen Handlung. In Afghanistan scheint das „westliche“ Gesetz keine Bedeutung zu haben. Daraus ergibt sich für den Afghanistan-Einsatz die Fragestellung: Kann man mit der Bedeutungslosigkeit des Gesetzes das Scheitern in der Polizeiaufgabe in Afghanistan erklären?

Für die Ausbildung der Polizei in Afghanistan ist Deutschland seit 2002 als internationaler Chefausbilder zuständig. Die Aufgabenstellung der deutschen Polizeibeamten in Afghanistan definiert sich wie folgt:

„Neben der im ersten Schritt dringend benötigten Ausstattung in nahezu allen Bereichen polizeilicher Arbeit hat das Team vor allem die Aufgabe, bei der Reformierung der Ausbildung und Organisation der zukünftigen afghanischen Polizei sowie bei der Drogenbekämpfung als Berater für die jeweiligen afghanischen Verantwortungsträger zur Verfügung zu stehen.”8

Insgesamt wurde die Polizeiarbeit von der Polizei Nordrhein-Westfalens als positiv bewertet:

„Die afghanischen Kollegen seien zum ganz überwiegenden Teil durchaus gut qualifizierte Polizisten, die lediglich während der letzten 20 Jahre schlummern mussten [...). Vieles von dieser guten polizeilichen Ausbildung ist auch das Resultat ehemaliger enger Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland in den 60er und 70er Jahren sowie zur DDR zu Zeiten des kommunistischen Machteinflusses nach 1979. Wie gut diese damaligen Beziehungen gewesen sind, können wir noch heute in Gesprächen vor allem mit den älteren afghanischen Kollegen erfahren, die immer wieder von ihren Erlebnissen während dieser Zeit berichten, die bis zur kompletten Teilnahme an Ausbildungen des gehobenen und auch höheren Dienstes reichen.” 9

Allerdings zeichnen die Medien ein anderes Bild. Die Polizeiarbeit wird doch als „kläglich gescheitert" angesehen, „Die Regeln westlicher Zivilisationen seien außer Kraft"10 gesetzt worden und die „Schaffung eines Rechtsstaates in Afghanistan [sei] eine Illusion”.11  Deutschland habe sich in der Rolle des Ausbilders blamiert. „Zu viel Bürokratie, zu wenig Investitionen, dazu Lehrstoffe, die eher ins Schwabenland passen als nach Kabul”12,  und als „ausgebildet gilt dabei jeder, der mal ein Klassenzimmer gesehen hat und sei es für eine Woche.“ 13

Des Weiteren erreichen auch die Anwärter für die Polizeischule nicht das erforderliche Qualitätsniveau.  Die Auszubildenden seien weder „körperlich noch geistig” für den Polizeidienst geeignet und bewürben sich „meistens nur aus Not, nicht aus Überzeugung”.14  Zudem seien 90 Prozent Analphabeten und könnten sich nicht länger als 30 Minuten konzentrieren. Viele Unterrichtsstunden bestünden allein aus Übersetzungsarbeit. Insgesamt hätte sich „die auf acht Wochen reduzierte Ausbildung der Polizeianwärter nicht bewährt.” 15

Damit hätte Deutschland die afghanische Wirklichkeit nicht anerkannt und könne auch nicht davon ausgehen, dass die vorgelebten Normen oder Werten aus der westlichen Welt auf fruchtbaren Boden stoßen: „Wir erkennen die afghanische Wirklichkeit nicht an und deshalb werden wir dort scheitern”.16 Deswegen werde „das Land (…) niemals nach den Regeln westlicher Zivilisation funktionieren” können. 17
Hierbei ist deutlich zu sehen, dass die Gesetze, Normen und Überzeugungen der westlichen Welt keine Frucht in Afghanistan tragen. Allerdings ist es auch zu bezweifeln, dass niemand den Normen und Werten Bedeutung zumessen möchte. Sicherlich haben westliche Werte nicht den gleichen gesellschaftlichen Stand wie zum Beispiel in Europa, dennoch kann alleine die Bedeutungslosigkeit nicht das Problem der fehlenden Akzeptanz der Entwicklungsprogramme erklären.

Insgesamt zeichnet sich zwar ein fatales Bild der Polizeiausbildungshilfe in Afghanistan ab. Allerdings wäre es zu simpel, das nur auf eine Bedeutungslosigkeit der Gesetze für die afghanische Bevölkerung zu schieben. Denn auch wenn eine Implementierung der Gesetze und Ordnungen nicht immer einfach zu sein scheint, gewisse Tendenzen und Erfolge zeichnen sie ab – auch in Afghanistan. Aber die strukturellen Probleme machen auch eine erfolgreiche Polizeiarbeit zunichte.

Hierbei könnte man auch bei Johan Galtung anknüpfen, der strukturelle Gewalt als eine Form der Ungleichheit sieht.18 Also ungleiche Behandlung wie auch Verteilung von Einkommen, Bildungschancen und Lebenserwartungen oder auch das Wohlstandsgefälle zwischen der Ersten und der Dritten Welt. Zudem nehme man diese Ungleichheit nur unbewusst wahr – zu sehr ist man in „alten“ Traditionen und Werten gefangen – dennoch „lebt” man sie. Und auch wenn man bei solch einer Hilfe von Seiten der Deutschen nicht von Kolonialismus die Rede sein kann, ist dennoch nicht auszuschließen, dass die Afghanen sich diesem „Machtgefüge“ eigentlich nicht fügen wollen.

Insgesamt muss man feststellen, dass Gesetze keinen Sinn ergeben, wenn Strukturen nicht erschaffen werden, die den Gesetzen eine Bedeutung zumessen können. Ungebildete Menschen in acht Wochen zu gebildeten und voll ausgebildeten Menschen zu machen, ist schier unmöglich. Vor allem, wenn dabei die Hälfte der Zeit für Übersetzungen gebraucht wird und das Einkommen zu gering ist, um eine Familie zu ernähren. Eine Struktur zu schaffen, würde bedeuten, bei den Menschen vor Ort die Struktur zu verändern und Möglichkeiten zu schaffen, die eigene Lebenslage wahrzunehmen und zu verbessern. Das zeigt sich auch dort, wo diejenigen zur Polizei gehen, die keine andere Chance haben und nicht die, die vielleicht „etwas bewegen“ wollen. Das lässt zumeist großen Spielraum für Korruption, welches auch ein großes Problem bei der Polizei in Afghanistan darstellt. Insofern gelten nicht nur andere Normen und andere Traditionen. Sondern auch die Suche nach Lebensverbesserung durch zum Beispiel ökonomische Vorteile gilt auch für die Bewohner.

„Damit die alten Sitten nicht gleich wieder einreißen, bleiben deutsche Mentoren für zehn Monate vor Ort. Doch, so bisher die Erfahrung der Amerikaner, nach zwei Jahren ist die Hälfte der Polizeihelden wieder weg. Manche sterben im Einsatz; die meisten gehen zu Sicherheitsfirmen oder Warlords.”19 Und die „Norm” nach wirtschaftlichen Vorteilen ist in der westlichen Welt nicht anders.

Polizei auf dem Weg in die Souveränität?

Einen weiteren Kritikpunkt bei Polizeiinterventionen sieht Giorgio Agamben in der wachsenden Zahl von Interventionen, die als Polizeiaktionen „verkauft“ werden, dabei aber eigentlich militärische Missionen darstellen. Dabei, so Agamben, würde die Polizei eine Souveränität erlangen, die ihr eigentlich in der Demokratie nicht zustehe. Agamben bezieht sich darauf auf den Zweiten Golfkrieg, der 1990 anfing und dem das „unscheinbare Gewand einer ‘Polizeioperation’ gegeben“ wurde. Hierbei hätte es sich eigentlich um eine militärische Intervention gehandelt, die dann als Polizeioperation getarnt war. Diese Polizeioperationen haben nach Agamben eine schwerwiegende Konsequenz:

„Tatsache ist, dass die Polizei (…) vielleicht der Ort ist, an dem sich mit größter Deutlichkeit die Nähe, ja fast die konstitutive Vertauschung von Gewalt [violenza] und Recht entblößt, die die Figur des Souverän kennzeichnet.“20

Zudem würde die Polizei sich in einem Ausnahmezustand bewegen. Ihre Rolle ist also kein Regelfall. Der Ausnahmezustand wird vom Souverän ausgerufen, welches Agamben nach auch die Polizei ist, und diese kann des Weiteren die Gesetze aufheben. Dieser Ausnahmezustand sei aber auch ein Ort, in dem zwischen Recht und Gewalt keine Unterschiede mehr bestehen. Denn die Ausnahme ist ein Schwellwert der existierenden Rechtsordnung:

„In Wahrheit steht der Ausnahmezustand weder außerhalb der Rechtsordnung, noch ist er ihr immanent, und das Problem seiner Definition betrifft genau eine Schwelle oder eine Zone der Unbestimmtheit, in der innen und außen einander nicht ausschließen, sondern sich un-bestimmen. Die Suspendierung der Norm bedeutet nicht ihre Abschaffung, und die Zone der Anomie, die sie einrichtet, ist nicht ohne Bezug zur Rechtsordnung.“21

Der Ausnahmezustand ist insoweit gefährlich, als dass in diesem Augenblick das Recht praktisch aufgehoben wird. In diesem Beispiel wäre die Polizei wirklich souverän und müsste sich nicht rechtfertigen. Prinzipien und Werte gelten dann auf einmal nicht einmal mehr. Die Polizei muss sich also keinem Kontrollmechanismus mehr verantworten und hat grenzenlose Macht. Agamben geht mittlerweile davon aus, dass der Ausnahmezustand zur Regel geworden ist. Dabei bezieht er sich auf Walter Benjamin, der das Recht der Polizei „als den Punkt bezeichnet, an welchem „der Staat (…) jede Rechtsordnung, die er um jeden Preis zu erreichen wünscht, nicht mehr durch die Rechtsordnung garantieren kann.“22

Um dieses zu verdeutlichen, führt Agamben die Judenverfolgung während des Dritten Reiches an, die seiner Meinung nach ausschließlich als Polizeioperation konzipiert wurde. Dieses unterstreicht er mit der Wannenseekonferenz im Januar 1942, in der die Polizeifunktionäre die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen haben.  Doch diese vermeintlichen Polizeioperationen hätten laut Agamben noch weitere Konsequenzen gehabt. Durch diese Polizeiaktion müsste der Gegner erst mal kriminalisiert werden, um im Nachfolgenden vernichtet werden zu können.  Allerdings würden die Staatsoberhäupter vergessen, dass sich die Kriminalisierung auch irgendwann gegen sie selbst richten kann. Zwar nahmen an der Wannseekonferenz sechs führende Polizeifunktionäre teil, aber auch Staatssekretäre verschiedener Ministerien, sowie leitende Funktionäre der Gestapo und SS. Und auch die endgültige Vernichtung der Juden war kein Novum. Der Holocaust wurde schon längst beschlossen und teilweise auch ausgeführt. Es ging hierbei nur noch um eine Systematisierung und bessere Koordinierung sowie Organisation der Deportationen. Zudem sollte die Zusammenarbeit bei dem Genozid sichergestellt werden. Insofern kann nicht davon gesprochen werden, dass “die Endlösung der Judenfrage” eine Polizeioperation war. Zumal das Dritte Reich mit seinen rechtlichen und staatlichen Form eine einmalige Form der “Regierung” darstellt. Insofern ist es schwer, dass auf andere Regierungsformen, wie zum Beispiel die Demokratie, zu beziehen.

Die Polizei der Zukunft?

Keine Frage. Die sogenannte „souveräne Polizei“ wird zu Kontroversen führen, wenn es keine nationale, sondern eine internationale Polizei mit Exekutivrechten geben wird. Fragen nach der Handelslegitimierung sowie nach dem Souverän nach der Definition von Agamben müssten erst mal geklärt werden. Wer darf über Polizeioperationen entscheiden und inwieweit wird das Souveränitätsprinzip aufgehoben?

 

 

Empfohlene Zitierweise: Goździelewska, Agnieszka (2013): Aktuelle Problematiken bei der Globalisierung von Polizeiarbeit. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 

 Bibliographie:

  1. Srock, Gregor: Rechtliche Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung von Europol: Perspektiven im EU-Vertrag in der Verfassung von Europa. Tübingen 2006. S. 34ff.
  2. Hubegger, Berthold: Auslandseinsätze der Polizei: eine Studie des Bundesministeriums für Inneres. Wien 2011. S. 25ff.
  3. Seiffert, Anja / Langer, Phil C. / Carsten, Pietsch: Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan: Sozial- und politikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden 2012.
  4. Kramer, Helmut / Džihić, Vedran: Die Kosovo-Bilanz: Scheitert die internationale Gemeinschaft? Wien 2005.
  5. Siehe Agamben, Giorgio (2001), Jenseits der Menschenrechte, In: Ders: Mittel ohne Zweck, Freiburg, S. 23-33.
  6. Siehe Agamben, Giorgio (2002), Rechtsform, In: Ders.: Homo Sacer: Die Souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt am Main, S. 60-76.
  7. Zitiert nach Weischedel, Wilhelm: Immanuel Kant: Werke in zwölf Bänden. Band 7, Frankfurt am Main 1977. § 4. Lehrsatz III. S. 135-136.
  8. Siehe: Polizei des Landes Nordrhein-Westfalens (2005), Projektgruppe Polizeiliche Aufbauhilfe Afghanistan, URL: http://www.polizei-nrw.de/auslandseinsaetze/einsatzgebiete/article/PG_PAA.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  9. Siehe: Polizei des Landes Nordrhein-Westfalens (2005), Projektgruppe Polizeiliche Aufbauhilfe Afghanistan, URL: http://www.polizei-nrw.de/auslandseinsaetze/einsatzgebiete/article/PG_PAA.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  10. Siehe SPIEGELOnline (2010), Mission am Hindukusch. Deutsche Polizisten  fürchten Afghanistan-Desaster, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,686968,00.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  11. Siehe SPIEGELOnline (2010), Mission am Hindukusch. Deutsche Polizisten  fürchten Afghanistan-Desaster, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,686968,00.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  12. Siehe Zepelin, Joachim (2009), Polizeiausbildung in Afghanistan. Zweiter Bildungsweg URL: http://www.stern.de/politik/ausland/polizeiausbildung-in-afghanistan-zweiter-bildungsweg-707290.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  13. Siehe Zepelin, Joachim (2009), Polizeiausbildung in Afghanistan. Zweiter Bildungsweg URL: http://www.stern.de/politik/ausland/polizeiausbildung-in-afghanistan-zweiter-bildungsweg-707290.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  14. Siehe SPIEGELOnline (2010), Mission am Hindukusch. Deutsche Polizisten  fürchten Afghanistan-Desaster, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,686968,00.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  15. Siehe SPIEGELOnline (2010), Mission am Hindukusch. Deutsche Polizisten  fürchten Afghanistan-Desaster, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,686968,00.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  16. Siehe SPIEGELOnline (2010), Mission am Hindukusch. Deutsche Polizisten  fürchten Afghanistan-Desaster, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,686968,00.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  17. Siehe SPIEGELOnline (2010), Mission am Hindukusch. Deutsche Polizisten  fürchten Afghanistan-Desaster, URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,686968,00.html (Abrufdatum: 15.07.2001).
  18. Imbusch, Peter / Zoll, Ralf: Friedens- und Konfliktforschung: Eine Einführung. Wiesbaden 2010. S. 88ff.
  19. Siehe Financial Times (2009) Zweiter Bildungsweg, URL: http://www.ftd.de/politik/international/:agenda-zweiter-bildungsweg/545075.html?page=3 (Abrufdatum: 15.07.2001).
  20. Siehe Agamben, Giorgio (2001) Souveräne Polizei, In: Mittel ohne Zweck, Noten zur Politik, Freiburg, S. 99-102.
  21. Siehe Agamben Giorgio (2004), Ausnahmezustand, Frankfurt am Main, S. 8ff.
  22. Siehe Agamben, Giorgio (2001), Souveräne Polizei, In: Mittel ohne Zweck, Noten zur Politik, Freiburg, S. 99-102.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2013/01/aktuelle-problematiken-bei-der-globalisierung-von-polizeiarbeit-und-internationalen-polizeimissionen/

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FES: Texte und Dokumente zu Erinnerung und Demokratie der Online-Akademie der Friedrich-Ebert-Stiftung

http://www.fes-online-akademie.de/modul.php?md=2&c=texte Im Rahmen ihres politischen Weiterbildungsauftrages stellt die Online-Akademie der Friedrich-Ebert-Stiftung Materialien und Texte insbesondere zur deutschen Zeitgeschichte, aber auch zur Geschichte der Arbeiterbewegung  zur Verfügung.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/01/3790/

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aventinus varia Nr. 36 [19.12.2012]: Realism and Idealism in Post-Cold War Australian Foreign Policy, 1989-2001

http://www.aventinus-online.de/varia/aussereuropaeische-geschichte/art/Realism_and_Ide/html/ca/view The end of the Cold War marked a period of change in Australian foreign policy. As the bipolar world order collapsed, an era of marked stability in international power relations came to an end. In the new world order, Australia had yet to define what role it should take in the international sphere.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/12/3677/

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Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Über rechtswidrige Polizeigewalt

Gewalt und Gewaltanwendung  werden vor allem dort gelebt wo Menschen wütend und verzweifelt sind und wo sogar der Spaß an der Verletzung anderer, ob körperlich oder psychisch, vorhanden ist. Es sind mitunter Machtspielchen, das Gefühl von Kontrolle über andere und das bloße Bedürfnis sich auf Kosten anderer “abzureagieren”. Nicht nur im privaten Raum, vor vielerlei Augen verborgen, sondern gerade im öffentlichen Raum, wo viele Menschen Zeuge und Beobachter von solchen Gewaltanwendungen werden, häufen sich solche Fälle.

Uns begegnet eine ganze Bandbreite von Akteuren, ob nun die “Krawalltouristen” auf öffentlichen Demonstrationen oder politisch oder religiös rivalisierende Gruppierungen, Ausschreitungen von  Hooligans nach Fußballspielen, sogenannte “Kleinkriminelle” auf der Straße und so weiter. Man muss gar nicht stigmatisieren, aber bereits nach einem kurzen Blick in die Tageszeitung stößt man auf die Bezeichnungen der Akteure oder Gruppen, die im öffentlichen (und privaten) Raum, als gewaltausübend eingestuft werden.

Häufig vergessen werden aber dabei diejenigen, die als Freund und Helfer dem Bürger zur Seite stehen sollen und vom Staat dazu beauftragt sind die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten bzw. sie wiederherzustellen. Denn wie steht es eigentlich um die rechtswidrige Gewaltausübung der Polizei im öffentlichen Raum und wie kann man die von ihr ausgeübten gewaltsamen und damit strafbaren und rechtswidrigen Übergriffe aufspüren und sie womöglich präventiv verhindern?

So wie man besser bei älteren Hamburger Polizeibeamten den Namen „Fritz Sack“ nicht erwähnt, so sollte man bei der Los Angeles Polizeibehörde den Namen „Rodney King“ weglassen. Rodney King ist kein Fritz Sack, aber dennoch haben sie ein gemeinsames Thema: Die Kontrolle der Polizeibehörde. Welche Grenzen sind der polizeilichen Arbeit gesetzt, wo endet Gewalt als Befugnis und wo fängt Gewalt als Repression an?

Rodney King war mit Sicherheit kein Heiliger. Drogenmissbrauch, Drogenschmuggel oder  körperlichen Verletzung wurden ihm vorgeworfen; er wurde deswegen strafrechtlich verfolgt und auch belangt.

Dennoch liefern seine eigenen Vergehen keine Entschuldigung oder auch nur annähernd eine Erklärung für die brutale Gewalt der Polizisten ab, die ihm am 3. März 1991 widerfuhr. Rodney King wurde am besagten Tag von der Polizei aus Los Angeles (L.A.P.D.) in seinem Auto angehalten. Da er alkoholisiert war und eine Bewährungsstrafe auf ihm lastete, versuchte er zu fliehen. Doch die vier Polizisten konnten die Verfolgung aufnehmen und King verhaften. Was bei dieser Verhaftung noch passiert ist, nahmen einige Einwohner mit ihren Amateurkameras auf. Aus diesen Aufnahmen ging hervor, dass King ca. 50-mal mit dem Schlagstock traktiert wurde und weitere sechs Tritte erleiden musste. Auch als King bereits am Boden lag machten die Polizisten weiter.1  Zwar wurden die Polizisten vor Gericht gestellt, doch sie wurden in dem darauffolgenden Prozess im Jahre 1992 wieder freigesprochen, weil keine rechtsstaatlichen Anhaltspunkte für diese Tat gefunden werden konnten (obwohl zufälligerweise Bewohner mit Amateurkameras alles aufgezeichnet haben und die ganze Situation rekonstruiert werden konnte). Als besonders belastend empfanden afroamerikanische Einwohner die Tatsache, dass kein einziger Schwarzer in der Jury saß2. Das so etwas zu Frustration und Wut führt ist verständlich. Schon davor haben viele Afroamerikaner kritisiert, dass die Polizisten das racial profiling praktizieren. Rodney King war nur ein weiteres Indiz dafür. Nachdem die Polizisten vor Gericht freigesprochen wurden, wurde die Wut der Bürger immer größer und artete in der brutalsten Massendemonstration aus, die Los Angeles je gesehen hatte. Die Los Angeles Riots 1992 zeigte der LAPD, dass sie was ändern musste. Es gab einige Veränderungen, z.B. wurde ein Gesetz gegen das racial profiling erlassen, in einem zweiten Prozess wurden zumindest zwei Polizisten strafrechtlich belangt und die Bürger wurden mehr in die Polizeiarbeit integriert. Noch aber hat niemand an eine unabhängige Kontrollinstanz gedacht.

Eine Kontrolle der Polizei?

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Polizeiskandale. Es kommt zu brutalen und unbegründeten Gewaltakten der Polizei gegen Einzelne. Ob es sich nun um die Tatbestände in Hamburg im PK 11 handelt, wo es zu strukturellen Diskriminierung und Misshandlung von Schwarzafrikanern kam, oder um Fälle wie Stephan Neisius oder Oury Jalloh. Beide sind auf tragische Art und Weise durch Polizeigewalt ums Leben gekommen. Die Umstände des Todes bei Oury Jalloh sind bis heute ungeklärt. Wie genau der Brand zustande kam, warum nichts getan wurde und der Verhaftete  in der eigenen Zelle verbrannt ist, weiß die Öffentlichkeit bis heute nicht wirklich. Die Polizisten wurden in erster Instanz freigesprochen. Auch Oury Jalloh war kein “Heiliger”, aber die Personen auf der „anderen Seite“ sind es auch nicht. Viele Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International prangern die nicht vorhandene Transparenz in den Ermittlungen und den “Korpsgeist” innerhalb der Polizei an. Zu Recht.

Das “Vertrauen in unseren Rechtsstaat”, heißt es da, sei dadurch “nachhaltig gestört”3. Zudem ist insgesamt nur schwer Vertrauen aufzubauen, wenn man als Bürger weiß, dass die Kontrollinstanz der Polizei praktisch sie selbst ist. Das hat einen gewissen undemokratischen Beigeschmack. Besonders wenn man weiß, dass in der Polizei der „Korpsgeist“ herrscht. Das ist so als ob die Mafia den Prozess gegen die eigene Familie vorbereiten sollte. Da ist es klar, dass einige Informationen „verloren“ gehen können.  Etwas wissenschaftlicher hat es der Kriminologe Werner Lehne formuliert:

„Eine altbekannte Problematik rechtsstaatlich organisierter Polizeien ist die angemessene Reaktion auf polizeiliches Fehlverhalten. In erster Linie resultiert diese Problematik daraus, daß es die Polizei selbst und die mit ihr eng kooperierende Staatsanwaltschaft sind, denen die Aufgabe zukommt, polizeiliches Fehlverhalten zu ermitteln und ggf. zur Anklage zu bringen. Allein das führt zu einem erheblichen Mißtrauen dahingehend, ob solche Ermittlungen mit der notwendigen Neutralität und Intensität geführt werden.“4

Allein aus diesem Grunde wäre eine unabhängige Kontrollinstanz zu befürworten. Doch damit ist den Opfern von Polizeigewalt noch keine Gerechtigkeit wiederfahren. Wie sollte so eine Kontrollinstanz aussehen und welche Rechte und Pflichten hätte sie?

Solch eine Instanz sollte zum Einen nicht in einer „Gutmenschmanier“ den Polizisten mit erhobenem Finger ständig aufzeigen, was sie falsch machen und warum all diese Fehler ihnen selbst niemals unterlaufen würden. Dass das nicht auf Jubelrufe seitens der Polizei stößt ist selbstverständlich.5 Denn nicht alles was die Polizei macht ist schlecht. Stattdessen sollte sie die Polizeiarbeit kontrollieren und im Falle einer Gewalttat die Situation objektiv analysieren und ggf. eine strafrechtliche Verfolgung möglich machen. Das Ziel dieser Kontrolle sollte so formuliert sein, wie es Amnesty International in Deutschland versucht zu umschreiben: Eine unabhängige Kontrollinstanz soll „die größtenteils sehr gute Polizeiarbeit strukturell unterstützen und verbessern, und letztlich durch mehr Transparenz und Verantwortung bei der Polizei auch das Vertrauen in die Polizei stärken“6  .

Durch solch eine Art von Transparenz könnte das Vertrauen in den Rechtstaat wieder hergestellt werden. Das was Werner Lehne zu Recht als größten Kritikpunkt nennt, wäre mit einer unabhängigen Kontrollinstanz zerschlagen. Das sollte der Polizei auch deswegen am Herzen liegen, als dass es nicht zu solch einer Situation wie in Los Angeles 1992 führen möge. Aber fehlendes Vertrauen und immer größer werdende Abneigung kann sich in Frustration und Wut entladen. Es ginge nicht darum ein mächtigeres Instrument als die Polizei zu erschaffen, sondern auf gleicher Augenhöhe die Arbeit der Polizei zu hinterfragen. Denn wenn wir strafrechtlich fundiert einen Menschen Gewalt antun (ohne aus Notwehr zu handeln) dann sollten wir dafür belangt werden, gleichgültig ob wir eine Dienstmarke tragen oder nicht.

Auch das Beispiel Polizeikommission in Hamburg hatte genau das Ziel – die Polizei effektiv und demokratisch zu kontrollieren – und hat es dennoch nicht erreicht. Warum nicht? Warum scheint das Modell einer Kontrollinstanz nicht zu funktionieren?

Warum gibt es rechtswidrige Polizeigewalt?

Zu aller Erst wäre es wertvoll eine genauere Unterscheidung zu unternehmen, was eigentlich die Polizisten zu dieser Gewaltbereitschaft und Brutalität führt. Ist es ein strukturelles Problem? Das heißt, sind es im Vorhinein gewaltbereite Menschen, die nur die Machtinstitution Polizei nutzen um ihre „Vorlieben“ legal auszuleben7. Oder aber sind es individuelle und unterschiedliche Faktoren die dazu führen, dass einige Polizisten in gewissen Situationen brutal, willkürlich und gesetzeslos handeln. Bei dem Beispiel Rodney King oder auch in den deutschen Beispielen, mag man schnell daran glauben das strukturelle Gewalt das Problem darstellt. Aber wer mit vielen Polizisten spricht, erkennt, dass in den deutschen Polizeischulen nicht der „Rambo“  oder der „Egoshooter“ gesucht wird, sondern der „Grautyp“. 8

Bei Demonstrationen zu unterscheiden, wer „angefangen“ hat, ist schon sicherlich schwieriger. Zum einen sind Demonstrationen bzw. Krawalle sehr emotional und werden durch viele Faktoren, wie zum Beispiel Rufe und Beleidigungen noch weiter aufgeheizt. Und auch Kameras können nicht jede Situation von Anfang an erfassen.

Zudem stehen die Polizisten, medial betrachtet, heute unter ständiger Beobachtung. Was bei den Unruhen 1992 noch nur dem Fernsehen möglich war, kann heute fast jede Person Gewaltexzesse dokumentieren – dank Handy und Video-Plattformen wie YouTube. So veröffentlichte die Internetplattform „Cop Watch LA“9 mehrere brutale Verhaftungsvideos, die später sogar in eine FBI-Untersuchungskommission mündeten.10 Dies ist eine machtvolle Technik, die nicht unterschätzt werden sollte. Allerdings sollte sie auch nicht überschätzt werden. Zum einen kann sie nicht alles beobachten und auch nicht von Anfang an. So gab es auch kritische Stimmen zur Verhaftung von Andrew Meyer, der 2007 zu einer Internetberühmtheit wurde. So soll der damals 21-Jährige seine ruppige Verhaftung selbst provoziert haben, doch das nahmen die Handykameras natürlich nicht auf.11 Des Weiteren kann YouTube nicht als Bürgerrechtsplattform umfunktioniert werden, zum einen gibt es insgesamt sehr viele Videos, von denen viele aufgrund der Gesamtmenge der kursierenden Videos, nur zu leicht übersehen werden und zum anderen werden solche Videos zu oft auch zu Propagandazwecken genutzt. Der Hass auf die Polizei in den USA ist vor allem in solchen Großstädten nicht gerade gering. Vor allem werden Videos gepostet die „Stimmung“ machen sollen, zum Beispiel vor Großdemonstrationen wie dem G-8-Gipfel.

Es gibt auch noch andere Argumente die gegen eine unabhängige Kontrollinstanz sprechen. Zum einen hätte solch eine Institution keinen entsprechenden Zeugenstatus vor Gericht (wenn es zur Anklage von Polizisten käme), nur die Polizei selber hat diesen besonderen Zeugenstatus. Auch hat zumindest die Polizei in Hamburg bereits durch die „Abspaltung“ des D.I.E. (Dezernat Interne Ermittlungen) an die Behörde für Inneres schon etwas für die unabhängige Kontrollinstanz getan. Zudem sind auch gesonderte Staatsanwälte für Amtsdelikte zuständig. Doch das überzeugendste Argument ist, dass man mit einer ganzheitlichen, unabhängigen Institution ganze Strukturen innerhalb der Polizei ändern müsste. Das liegt vor allem daran, dass man für eine Fallaufklärung Zeugen und Spurensicherung braucht – und das ist nun mal Aufgabe der Polizei. Das ist natürlich insoweit gefährlich, als das schon dort „Verschleierungen“ eines Tatbestandes möglich wären. Allerdings stellt sich die Frage nach der Machbarkeit und Sinnhaftigkeit einer unabhängigen Zeugenbefragung und Spurensicherung. Polizisten wissen am besten, dass gerade in bestimmten Milieus bei Ermittlungen, wie zum Beispiel der Drogenszene, die sogenannte Schwarz-Weiß-Zone eher zu einer Grauzone werden kann und dass die für einen Polizisten rechtlich vertretbaren Mittel auch gerne ausgereizt werden sollten. Hierbei ist es aber schwer den ermittelnden Polizisten zu be- und verurteilen.

Um dennoch gegen weitere Fehlverhalten seitens der Polizei entgegenzuarbeiten, wurden als weitere Maßnahme ein Rotationsprinzip eingeführt, welches Polizisten unmöglich macht Jahre bei ein und derselben Dienststelle zu verbringen und einen „Korpsgeist“ zu bilden, gegen den es schwer ist anzukämpfen.

Kontrolle der Polizeigewalt bislang schwer umsetzbar

Insgesamt ist es schwer ein Kontrollgremium einzuführen, welches im vollen Umfang effektiv die Polizei kontrollieren könnte. Zu schwer wiegen die Veränderungen innerhalb der polizeilichen Strukturen.

Zum Schluss sei nur kurz erwähnt, dass der Vergleich mit den Erkennungsmarken an den Polizeihelmen an einigen Stellen zumindest hakt. Man fordert diese Erkennungsmarken an den polizeilichen Helmen und argumentiert sehr oft mit dem (auch logischem) Grund: Wer nichts zu verbergen hat, der muss sich auch nicht fürchten. Warum aber funktioniert dieses Argument nicht woanders? Zum Beispiel in der Drogenpolitik. Die wenigsten Menschen sind dazu bereit Urin-, Blut-  oder Haarproben abzugeben, damit der Chef sieht, wer eigentlich was konsumiert (und ob überhaupt natürlich). Hier kann man die gleiche Argumentation anbringen. Wer nichts zu verbergen hat, der muss sich auch nicht fürchten. Aber auch hier wird schnell das Gegenargument formuliert- es ist ein Eingreifen in die Privatsphäre. Natürlich ist es das. Doch wenden wir den Blick wieder zurück zur Polizei. Denn als weiteres Argument in der Debatte um die Kontrolle der Polizei kann angeführt werden, dass die Polizei als Exekutivorgan aber öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Die Polizei ja, aber nicht die Polizisten nach Feierabend. Wer also das Gut der Unantastbarkeit der Privatsphäre hochhält, der sollte es universell hochhalten, ansonsten droht ein Abstieg in die Heuchelei.

Wenn Polizeikommissionen und unabhängige Instanzen nicht greifen, weil sie die Struktur zu sehr einengen und nicht haltbar sind, muss man wohl etwas kleiner anfangen.

Insgesamt 98% der Ermittlungen in Sachen Polizeigewalt in Hamburg werden eingestellt. Laut der Polizei liegt es daran, dass den Polizisten mehr Glauben geschenkt wird, als dem vermeintlichen Opfer. Diese Glaubwürdigkeit hat sich die Polizei, nach Aussagen der D.I.E. auch hart erarbeiten müssen.

Natürlich ist die Verhältnismäßigkeit relevant. Es verlangt immer das Abwägen von Maßnahmen im öffentlichen Interesse gegenüber den dadurch entstehenden Einschnitten in private Interessen und Grundrechte. Aber was eigentlich bedeutsam ist, ist eine vollkommen andere Sache. Es geht um Transparenz.

Warum werden 98% der Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt? Welche Beweggründe gab es dafür? Nicht alles kann auf Glauben beruhen. Dem Bürger transparent die Gründe darlegen um die Nachvollziehbarkeit hinter der Einstellung des Falles rekonstruieren zu können. Transparent auch dann zu bleiben wenn es zur Anklage kommt und dem Bürger immer den Nachweis bringen, dass er nicht in einer Zwei-Klassen Gesellschaft lebt, in der die Polizisten Straftaten begehen können, ohne dafür belangt zu werden. Dass die Polizei teilweise versucht sich vor der Öffentlichkeit zu hüten bringt Werner Lehne nochmals auf den Punkt:

„Weiter kommt noch ein Phänomen hinzu, das unter dem Schlagwort “Mauer des Schweigens” oder auch “Korpsgeist” diskutiert wird: In einer Institution wie der Polizei besteht leicht die Gefahr, daß sich eine kollektive Haltung herausbildet, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die eigene Institution vor Angriffen aus der “Umwelt” zu schützen ist, indem die einzelnen Beamten sich wechselseitig aufeinander verlassen können und keine Informationen nach außen geben, die gegen Kollegen verwendet werden könnten. Dieser Mechanismus führt nicht nur zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aufdeckung und Aufklärung von Fehlverhalten, er macht es einzelnen Polizeibeamten auch nahezu unmöglich, innerhalb der Bahnen der internen Verarbeitung von Mißständen ihr Wissen konstruktiv einzubringen, ohne dadurch Nachteile zu erleiden und unter erheblichen sozialen Druck zu geraten.“

Hier ist noch ein weiterer Punkt relevant. Polizisten sind als keine besseren Menschen zu sehen. Sie machen Fehler. Wenn sie bewusst Fehlverhalten bejahen, dann haben sie den falschen Arbeitgeber gewählt. Wenn es aber unbewusst passiert, dann müssen sie dazu stehen und auch mit den Konsequenzen leben. Vollkommene Transparenz hierbei würde das Misstrauen auf beiden Seiten (Täter und Opfer) verkleinern und wäre ein wichtiger Schritt zum Abbau von Frustration, Wut und Disharmonie auf beiden Seiten. Wenn die Polizei nicht damit aufhört ihr Fehlverhalten „unter sich“ ausmachen zu wollen, ohne den Bürger zumindest zu erklären, was passiert ist und wie es gelöst werden kann, dann werden in Zukunft  noch viel mehr YouTube-Videos zum Thema Polizeigewalt im Internet auftauchen.


Empfohlene Zitierweise:
Goździelewska, Agnieszka (2012): Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Über rechtswidrige Polizeigewalt. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

Bibliographie:

Chancer, Lynn S.: High-profile crimes: when legal cases become social causes.
[u.a.]: Univ. of Chicago Press, Chicago 2005.

Friedrichs, Hauke: Schläger in Uniform [aus:] Zeit Online vom 08.07.2010 URL: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty [Abrufdatum: 15.01.2012]

Hagen, Kevin: Das große Schweigen. [aus:] Spiegel Online vom 08.07.2010 URL: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,705422,00.html [Abrufdatum: 15.01.2012]

Jefferson, Andrew M.: State violence and human rights: state officials in the South., Routledge-Cavendish, 2009.

Patalong Frank: Polizeibrutalität -Litlle Brother is watching you [aus:] Spiegel Online vom 21.09.2007 URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,506937,00.html [Abrufdatum: 17.01.2012].

Report of the Independent Commission on the Los Angeles Police Department: Chapter 1: The Rodney King Beating. : S. 7. 1991. Als Download unter: http://www.parc.info/client_files/Special%20Reports/1%20-20Chistopher%20Commision.pdf [Abrufdatum: 15.01.2012]

 
Weitere interessante Links:

http://polizeigewalt.org/

http://www.polizeigewalt.de/

http://www.amnesty.de/themenbericht/polizeigewalt-im-brennpunkt

  1. Weitere Informationen zu der Verhaftung Kings unter: http://www.parc.info/client_files/Special%20Reports/1%20-%20Chistopher%20Commision.pdf (Abrufdatum: 17.01.2012)
  2. Anm.: Man hatte den Prozess auf Antrag der Verteidigung in das benachbarte Venturra County verlagert. Dort war der Bevölkerungsanteil von Afroamerikanern sehr gering, weswegen keiner in die Jury einberufen werden musste
  3. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty  (Abrufdatum: 15.01.2012)
  4. Siehe http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/IKS/quellenundlinks/ki-21.html(Abrufdatum: 11.02.2012)
  5. Anm.: In einem Schulprojekt habe ich insgesamt vier Polizisten und einen Polizeiausbilder interviewt und zwei Polizisten haben damals das immer größer werdende Misstrauen der Bevölkerung in der Polizei kritisiert. Dies würde sich vor allem bei Polizisten in diesem Maße äußern, das der Einwohner selber besser wisse, wie der Polizist sich zu verhalten habe. Bei einem Interview kam dann die Kritik des Polizisten, dass es ihm nicht einfallen würde einem Bäcker zu sagen, wie man Brötchen backen muss.
  6. http://www.amnestypolizei.de/aktuell/taxonomy/term/20 (Abrufdatum: 15.01.12)
  7. Hierbei könnte man nach der Sublimierungstheorie von Sigmund Freud behaupten, dass Polizisten ihre Position ausnutzen und sich der Sublimation mächtiger Triebe, wie den Sexual- und Aggressionstrieb, bedienen und somit ihre Triebe ausleben. Sublimierung ist charakterisiert durch Umwandlung sexueller Triebenergie in nicht-sexuelle Energien. (Vgl. Stein 1984, S.32).
  8. Aus einem Interview mit einem Polizisten. Das Interview vom 28.12.2011 liegt der Autorin vor
  9. Einsehbar unter: www.copwatchla.org
  10. Frank Patalong: Polizeibrutalität -Litlle Brother is watching you (aus:) Spiegel.de vom 21.09.2007 (Stand: 17.01.2012)
  11. Wobei dennoch die Kritik angebracht wäre, dass Elektroschocks als sinnlose Polizeigewalt klassifiziert werden können, gleichgültig ob jemand provoziert oder nicht.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/12/vertrauen-ist-gut-kontrolle-ist-besser-uber-rechtswidrige-polizeigewalt/

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James Bonds Kollegen: Der deutsch-deutsche Spionagefilm ist ein unbekanntes Kapitel der Popgeschichte

Daniel Craig als James Bond in “Skyfall”. (Foto: Sony Pictures 2012) Mit dem Erfolg des jüngsten James-Bond-Film “Skyfall” scheint die “Bonditis” wieder ausgebrochen, die vor 50 Jahren mit dem ersten Bond-Film begann. In den Sixties kämpften auf den Leinwänden auch deutsche Spionagehelden – gegen fiktive Superschurken, aber auch gegen höchst reale Zensoren auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Ein unbekanntes Kapitel deutscher Popgeschichte.   Seine Armbanduhr verbirgt ein Tonbandgerät, sein Koffer ein Schlauchboot und er verfügt über ein Mini-Tauchgerät. Seine Pistole trifft immer ihr Ziel, aber seine Gegner erledigt er lieber mit einem betäubenden Handkantenschlag, stets lächelnd und im tadellos sitzenden Anzug. Er raucht ausschließlich Zigarillos der Marke Monte Christo mit goldenem Mundstück. Frauen sind ebenso machtlos gegen seinen Charme wie Superschurken gegen seine Fäuste. Sein Spitzname: Mister Dynamit. Auf den ersten Blick sieht der Mann mit dem explosiven Faustschlag und der ungewöhnlichen Begabung des Bauchredners einem bekannten britischen Spionagefilm-Helden zum Verwechseln ähnlich. Wären da nicht die Details. Etwa die geheime Dienstnummer: Es ist nicht die 007 sondern die 18. Mister Dynamit ist auch nicht in London verbeamtet sondern in Pullach. Und sein Name ist nicht Bond, sondern Urban. Robert Urban. Der wichtigste Unterschied ist jedoch, dass James Bond ein Weltstar ist, Robert Urban jedoch weitgehend vergessen. Dabei war er einst nichts weniger als der deutsche 007. Mitte der Sechzigerjahre für eine Groschenromanreihe konzipiert, hätte der deutsche Held eine ähnlich erfolgreiche Karriere machen sollen wie sein ungleich bekannterer Kollege vom britischen Auslandsgeheimdienst MI6.   “Dr. No” (1962) James Bond feiert dieser Tage sein 50. Leinwandjubiläum. Noch immer ist er ein „Agent des Zeitgeistes“, wie ihn sein Chronist, der bekennende Fan Werner Greve in einer gerade erschienenen analytischen Hommage genannt hat (Werner Greve: James Bond 007. Agent des Zeitgeistes, Vandenhoeck & Ruprecht 2012). Noch immer schreiben lizensierte Nachfolger die Romanabenteuer fort und noch immer entsteht alle paar Jahre ein Kinofilm. Bonds deutsche Kollegen sind unterdessen weitgehend vergessen. Die „Mister Dynamit“-Hefte erscheinen schon seit Jahren nicht mehr und auch andere harte Männer wie „Kommissar X“ oder „Jerry Cotton“ sind in der Krise. Dabei haben deutsche fiktionale Agenten eine mindestens ebenso brisante Geschichte wie ihr weltbekanntes britisches Vorbild. In den sechziger Jahren kämpften sie auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs — ein weitgehend unbekanntes Kapitel deutsch-deutscher Popgeschichte. Es beginnt in der Zeit des Kalten Krieges, dessen Frontlinie mitten durch das besiegte Deutschland schneidet. Der Kalte Krieg ist eine symbolische Auseinandersetzung, die nicht nur mit dem taktischen Arsenal der Raketen, Panzersperren und dem Marschtritt der Paradestiefel ausgetragen wurde. In weiten Zügen war er ein Konflikt der Kultur, der die Grenzen zwischen „harten“ und „weichen“ Faktoren aufweichte: Als Bedrohung stationierte Raketen waren of nur Theaterkulissen während Filme und Romane als reale Waffen wirken konnten, deren ideologische Botschaften mitten im Feindesland zündeten. Niemand nahm dies so ernst wie die Zensoren. Die Abenteuer des James Bond waren in der DDR verboten. Im Westen hingegen wurden sie ähnlich populär wie zuvor die aus Großbritannien schwappende Beat-Welle, die so genannte Beatlemania. Die zwischen in den Jahren 1953 bis 1965 erscheinenden Romane des Ex-Spions und Erfolgsschriftstellers Ian Lancaster Fleming verbreiteten sich zunächst in Buchform, dann als täglicher Comicstrip in Zeitungen, schließlich als Filme, die hunderte Millionen Pfund einspielten. Der „Spy Craze“ umfasste bald viel mehr als nur Romane und Kinofilme. Die Modewelle erstreckte sich auf Armbanduhren, Autos, Herrendüfte und Wodkasorten, die in einem bislang einzigartigen product placement mit dem Namen James Bond verbunden waren. Tatsächlich aber war der von Fleming geschaffene Charakter weder der einzige, noch der erste fiktive Spionageheld mit Dienstwaffe und Codenummer. In Frankreich etwa veröffentlichte seit 1949 der Autor Jean Bruce die Abenteuer des Geheimagenten OSS 117,  erst kürzlich parodistisch neuverfilmt mit Jean Dujardin. Sammler zählen mehr als 200 Agentenfilme allein im Verlaufe der Sechzigerjahre. Die meisten von ihnen zeigten starke Ähnlichkeit mit der Fleming’schen Welt. So entkam 1965 Geheimagent 505 der „Todesfalle Beirut“ und auch die Amerikaner zog es in „Geheimauftrag CIA – Istanbul 777“ in die Türkei. Dazu kamen Fernsehserien wie „Get Smart“, „I Spy“, „The Saint“ oder „Amos Burke – Secret Agent“. Refugium des Herrenwitzes: Humor aus der prä-feministischen Ära In den USA spielt Dean Martin die Rolle des Geheimagenten Matt Helm und James Coburn den Agenten Derek Flint, der sich während seiner Anstrengungen zur Rettung der Welt stets mit leicht bekleideten jungen Frauen umgibt. Die meisten westlichen Spionagehelden tragen weniger zur Interpretation des Kalten Krieges als vielmehr zur populären Ausgestaltung des Playboys bei und tragen einen altbackenen Herrenwitz und ausgewachsene Macho-Allüren zur Schau. Die Deutschen tun zunächst schwer mit dem Anschluss an die angloamerikanisch geprägte „Spy Fiction“. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich das Konzept des deutschen Nationalhelden ohnehin in der Krise. Die militaristischen Flieger-Asse, Frontkämpfer und Kolonialoffiziere hatten als Helden ausgedient. Ein erfolgreicher Versuch das neue Genre zu beerben war neben „Mister Dynamit“ die Verfilmung der „Kommissar X“-Groschenromane, deren rund 500 Titel im Rastatter Pabel-Verlag erschienen waren und es in den Sechzigern auf eine Gesamtauflage von 60 Millionen gebracht hatten. Allein im Jahr 1966 werden drei davon für die Leinwand verfilmt. Kommisar X – der bundesdeutsche James Bond ist ein Versicherungsagent. Tom Walker alias Kommissar X kämpft darin gegen geheime Killerorganisationen wie die „Gelben Katzen“, die ihre Opfer mit Karateschlägen töten, doch ist der Titelheld kein Geheimagent, sondern als Versicherungsdetektiv tätig: eine sehr deutsche Variante.  Produzent T.M. Werner zufolge unterschieden sich Bond und Walker „beruflich wie ein Sprengmeister von einem Jagdflieger.“ Zuerst noch im Einsatz gegen die weltbedrohende Laserwaffe eines Atomphysikers, zeigt sich Kommissar X auf seinen weiteren Missionen dem Zeitgeist gegenüber äußerst anpassungsfähig und kämpft in den psychedelischen Sixties gegen die Modedroge LSD. Mit der experimentierten nach eigenen Angaben auch seine Schöpfer – was man den Filmen gelegentlich anmerkt. Einen der aussichtsreichsten Versuche zum internationalisierten Genre aufzuschließen unternimmt eine europäische Co-Produktion, die den Deutschen Horst Buchholz in geheimer Mission nach Istanbul entsendet um dort einen Atom-Physiker aus den Händen einer verbrecherischen Organisation zu befreien. Der ehemalige Halbstarke bewegt sich stilsicher zwischen Spielcasinos, türkischen Bädern und Hafenschlägereien, doch trotz Star-Besetzung mit etablierten deutschen Bösewichten wie Klaus Kinski und Mario Adorf und malerischen Drehorten ist „Estambul 65“ („Unser Mann aus Istanbul“) keine Fortsetzung vergönnt. “Tpoas” (1969) Den westdeutschen Beiträgen zum „Spy Craze“ ist mit ihrem Vorbild gemeinsam, dass der Kalte Krieg in der Handlung nur mittelbar eine Rolle spielt. Während Filme von Alfred Hitchcock („The Torn Curtain“, “Topas”) oder John Frankenheimer (“Seven Days in May”) auf den Realismus setzten, der später zum Markenzeichen der spy novels eines John Le Carré werden wird, setzt die popkulturelle Ausgestaltung der „Bonditis“ auf grellbunten Konsum. Mehr noch als Kalte Krieger sind die Geheimagenten, die aus der Popkultur kamen, Snobs und Playboys, die dem Hedonismus weit stärker anhängen als einem platten Antikommunismus. Für den Ostblock macht sie das umso gefährlicher. Die Angriffe der westlichen Popkultur spürt niemand so deutlich wie die Kulturbehörden der DDR. Die Freie Deutschen Jugend leitet immer wieder Dokumente an die Staatssicherheit weiter, in denen Jugendliche anonym die Vorführung westlicher Agentenfilme fordern. Schließlich entschließt man sich zum cineastischen Gegenschlag. Im Jahr 1963, zwei Jahre nach Bau der Berliner Mauer, kreiert die ostdeutsche Filmproduktion DEFA ein neues Genre: den so genannten Kundschafter-Film. In dem sozialistischen Beitrag zum Spionagegenre tritt der Kundschafter als ideologisch gefestigter Agent des Sozialismus auf. Seine Mission: die  Demontage des dekadenten Westens. “Der Kundschafterfilm: eine Waffe gegen den Imperialismus” Als Mutter des Genres gilt der Film “For Eyes Only”, den der Regisseur János Veiczi 1963 für die DEFA dreht. Der Schauspieler Alfred Müller spielt darin den DDR-Spion Hansen, der als vermeintlicher Republikflüchtling den Bundesnachrichtendienst unterwandert und einen Plan zur Invasion der DDR verhindert. Wichtiger noch als diese grob gestrickte Rahmenhandlung ist die Darstellung der westlichen Popkultur. Musteragent Hansen ist der westliche Lebensstil zuwider: Er trinkt lieber Milch statt Alkohol, verabscheut obszöne Modetänze wie den Twist und ist ein treu sorgender Familienvater. Nebenbei bietet der Film eine für DDR-Produktionen ungewöhnliche Portion Action. Am Ende kommt es zu einer spektakulären Flucht über die deutsch-deutsche Grenze: von West nach Ost. DEFA-Presseinformation zu “Eyes Only” (1963) „For Eyes Only“ wird zum Erfolg. Das Programmheft führte das „außerordentliche Interesse“ bei den Zuschauern auch auf das gewählte Genre zurück: „Der Kundschafterfilm erfreut sich seit jeher besonderer Aufmerksamkeit, vor allem bei einem jugendlichen Publikum.“ Vom westlichen Vorbild man grenzt sich bewusst ab: der Film führe „seinen Helden nicht als einen Supermann vor, wie er bei ähnlichen Filmen aus der bürgerlichen Produktion hinreichend bekannt ist. Die Schwere der Kundschaftertätigkeit wird deutlich, weil er es mit hochqualifizierten Gegnern zu tun hat, die auch über entsprechende technische Möglichkeiten verfügen. So lösen sich die für ihn auftauchenden Probleme nicht mit einer charmanten Handbewegung, sondern nur durch hohen persönlichen Einsatz, durch entsprechend kluge Reaktionen.“ Dieser Realismus mache ihn zu einem Instrument sozialistischer Erziehung, der „auf hervorragende Weise geeignet ist, an seinem Beispiel über Fragen der patriotischen Erziehung zu sprechen, über die Abwehr imperialistischer Machenschaften gegen die DDR und die sozialistische Staatengemeinschaft“. Die Serie „Das unsichtbare Visier“ beerbt das Genre erfolgreich im DDR-Fernsehen. Die popkulturellen Waffen des Ostens werden auch im Westen gefürchtet. Eines der dunkelsten Kapitel der Kulturgeschichte des Kalten Krieges ist die Zensur. Nicht nur im Osten, auch im vermeintlich freien Westen werden die fiktionalen Unterhaltungswerke des politischen Gegners unterdrückt. Dafür ist der „Interministeriellen Ausschusses für Ost/West Filmfragen“ zuständig. Die Aufgabe dieser ominösen, im Verborgenen agierenden Kommission war nichts anderes als die Zensur kommunistischer Filme. In dem 1953 auf Initiative des Innenministeriums der Bundesrepublik gegründeten Gremium, das bis 1966 in Kraft war, saßen neben Vertretern der Ministerien auch Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz: Reale Geheimdienstler verhandelten hier die fiktionalen Agenten. Es ist schwer vorstellbar, dass man die Leinwandabenteuer eines Mister Dynamit, eines Kommissar X oder eines sozialistischen Saubermannes einst so ernst nehmen konnte, dass sich Behörden mit ihrem Verbot befassten. Diese kulturellen Kämpfe aber nur als Nebenschauplätze der politischen Auseinandersetzung zu begreifen, hieße den Kalten Krieg zu verkennen. Ein Konflikt, der auf der Ebene von Symbolen geführt wurde und im Kern ideologisch war, musste Ideen und Kulturprodukte als reale Waffen betrachten. So antiquiert uns heute die Helden aus jenen Jahren vorkommen mögen: Sie haben zeithistorische Bedeutung. Schließlich waren es keine Minikameras, Abhörprotokolle, Überläufer oder Strategieinformationen aus dem Arsenal der geheimen Dienste, die den Kalten Krieg am Ende entschieden. Den realen Sozialismus besiegten vielmehr die hedonistischen Verheißungen des Kapitalismus: Wohlstand, Konsum und grenzenlose Freizügigkeit. Selten dürften diese Verlockungen besser geschüttelt und schöner gerührt worden sein, als in der Popkultur des 20. Jahrhunderts und die hatte mehr Agenten als nur einen James Bond. Dieser Essay ist eine gekürzte und überarbeitete Version eines Vortrages, den Bodo Mrozek auf der Konferenz „Cold War Culture. The Global Conflict and its Legacies in Germany since 1945“ der School of History des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) und der University of Cambridge am 20. September 2012 hielt. Er wurde gedruckt in der Literaturbeilage der Wochenzeitung Die Zeit (Nr. 45, November 2012, S. 16-17) und erscheint hier erstmals online.

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/449

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“Für die Kisten produziert” – künstlerische Fotografie in der DDR

Mit der Ausstellung “Geschlossene Gesellschaft. Künstlerische Fotografie in der DDR 1949 – 1989″ zeigt die Berlinische Galerie erstmals eine umfangreiche Sammlung von DDR-Künstlern, die – ausgehend von Werken über die Nachkriegszeit – vielfältige Spuren des ehemaligen Staates sichtbar machen. Ohne die Geschichte der DDR in den Mittelpunkt zu stellen, widmet sich die Ausstellung ganz den Künstlern – Arno Fischer, Sibylle Bergemann und Christian Borchert u.a. – und ihren Werken.

Wie gelang es den Künstlern, unabhängig von staatlicher Repression zu arbeiten? Zeichnen sich künstlerische Linien ab, die parallel zu westlichen Entwicklungen verlaufen? Und können künstlerische Fotografien aus der DDR gezeigt werden, ohne sich gleichzeitig mit der DDR als historischem Gegenstand zu beschäftigen?

Im MONTAGSRADIO “Vor Ort” in der Berlinischen Galerie sprechen wir mit Direktor Thomas Köhler über die Fotografie als künstlerisches Medium, die Bedeutung der Fotografie in der DDR und den Vermittlungsauftrag von Museen und Galerien.

Und hier noch die Timeline zum Gespräch

0:41 Berlinische Galerie als gesamt-Berliner Galerie

2:08 DDR-Geschichte steht nicht im Vordergrund, das Werk soll an sich wirken

6:03 die Rolle der Fotografie in der DDR

9:05 eine Liberalisierung über die Jahre ist erkennbar

11:58 es fand ein kreativer Austausch der Fotografen von Ost und West statt

15:08 die Aufarbeitung von Kunst in der DDR ist noch nicht abgeschlossen

18:05 kann es künstlerische Fotografie in der Diktatur geben?

21:00 auch Schulklassen kommen in die Ausstellung

23:00 Montagsradio Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/11/29/fur-die-kisten-produziert-%E2%80%93-fotografie-in-der-ddr/

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