„Das Narrativ der universalen Menschenrechte ist nach wie vor wirkungsvoll“ – ein Interview mit Annette Weinke

Gesche Schifferdecker (links) und Anette Weinke (rechts)

Gesche Schifferdecker (links) und Anette Weinke (rechts)

Annette Weinke ist Lehrbeauftragte am  Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Nach ihrer Habilitation an der Philosophischen Fakultät Universität Jena war sie 2015/16 Visiting Fellow am History Department der Princeton University, New Jersey. Ihr aktuelles Forschungsprojekt beschäftigt sich mit dem Thema „Lobbyisten des Rechts: Transatlantische Völkerrechtler und Menschenrechtsaktivisten im 20. Jahrhundert“ und wird von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert. Neben Fellowhips u. a. des DAAD war Annette Weinke 2010-2012 eine der ersten Stipendiatinnen der Gerald D.-Reisebeihilfen der Max Weber Stiftung.

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Quelle: http://trafo.hypotheses.org/5325

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„Wir haben schon mal angefangen ..“ – Als Freies Radio noch illegal war

aufkleberEin Beitrag von Jan Bönkost (Bremen)

Im Juni 1980 wird die “Republik Freies Wendland” auf dem Bohrplatz 1004 mit einem der bisher größten Polizeieinsätze der BRD geräumt. Die aus dem gesamten Bundesgebiet angereiste Presse muß dafür das Gelände verlassen. Als erster wird ein NDR-Reporter unter Gewaltandrohung vom Platz entfernt, weil er live im Radio von der Räumung berichten wollte. „Anweisung von oben“ heißt es von der Polizei: „Wenn der Bademeister das Bad schließt, dann kommt auch kein anderer mehr rein“.

Doch der Ausschluß der Öffentlichkeit wird von Radio Freies Wendland durchbrochen. Den ganzen Tag über berichtet der illegale Sender live vom Dorfplatz der Atomkraftgegner*innen: „Das wichtigste ist ja, daß das ganz, ganz viel Leute mitkriegen, direkt, wie das hier abläuft, was für eine Stimmung unter uns ist und daß von uns keinerlei Gewalt ausgeht.“ Der gesamte Landkreis hängt am Radio. Erst kurz bevor die Räumung abgeschlossen ist, vergraben die Radiomacher*innen ihr Mikrofon, um nicht entdeckt zu werden.

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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2016/03/03/wir-haben-schon-mal-angefangen-als-freies-radio-noch-illegal-war/

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Tresantis (Hg.): Die Anti-Atom-Bewegung. Geschichte und Perspektiven; 2015

Anti_Atom_Cover__Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten in NRW ist es eine Meldung wert: Im Dreiländereck, kurz hinter Aachen, knapp 100 Kilometer süd-westlich von Düsseldorf, steht auf belgischer Seite in Tihange ein vor sich hin rottendes Atomkraftwerk – in trotz Sicherheitsbedenken bald wieder voller Nutzung. Die Büchse der Pandora direkt vor der Haustür. Die Städteregion Aachen hat jüngst beschlossen, gegen jeden weiteren Betrieb des AKW zu klagen. Zeit, sich über Geschichte und Perspektiven einer autonomen Anti-AKW-Bewegung Gedanken zu machen. Das Herausgeber*innen-Kollektiv Tresantis bringt hierzu Anregendes zusammen.

Der Weg der Klage war es nie. Ein großer Teil der Anti-AKW-Bewegung beruhte vielmehr auf Selbstorganisation und auf direkter Aktion an den Zufahrtswegen bis hin zu gelegentlicher Militanz an den Bauzäunen. Mit dem Ende 2015 erschienenen Buch „Die Anti-AKW-Bewegung“ hat das Schreib- und Herausgeber*innen-Kollektiv Tresantis jetzt einen druckfrischen, wichtigen Beitrag zur Geschichte und Praxis jenes Teils des anti-atomaren Protestes vorgelegt, der nicht Bestandteil der Eventindustrie der großen Campaigning-Strukturen aus Umwelt- und Naturschutzorganisationen oder Kapitalismus- und Lobby-kritischen Organisationen wie BUND, campact oder attac ist(1). Damit ist eine empfindliche Lücke zur Bewegungsgeschichte gefüllt, die hilft zu begreifen, was es heißt, gegen Atomkraft und gegen eine auf Nukleartechnik fußende Energiepolitik eingetreten und standhaft geblieben zu sein.

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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2016/02/28/tresantis-hg-die-anti-atom-bewegung-geschichte-und-perspektiven-2015/

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Buchtipp: Linke amerikanischer Generationenroman

9783608501162“Das zentrale Motiv von Jonathan Lethems linksradikaler Familiensaga ist die ständige Trennung der einzelnen Familienmitglieder, ganz so wie sich die Linken in ihren Gruppierungen und Parteien weltweit ständig streiten und spalten. Aber ebenso gibt es eine nicht aufkündbare Verbindlichkeit und Kontinuität – in der Linken ebenso wie in der Familie Zimmer.” Jonathan Lethem führt die Leser_in in seinem Roman »Der Garten der Dissidenten« von den Kommunisten der 30er Jahre bis hin zu Occupy. Florian Schmid hat das Buch (Verlagswebsite) im ND rezensiert. Zur Buchbesprechung der “komplexe(n) historische(n) Aufarbeitung linker Geschichte” (Schmid) bitte hier entlang.


Einsortiert unter:Biographie, Erfahrungen, Erinnerung, Geschichte

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/03/18/buchtipp-linke-amerikanischer-generationenroman/

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Buchtipp: Linke amerikanischer Generationenroman

9783608501162“Das zentrale Motiv von Jonathan Lethems linksradikaler Familiensaga ist die ständige Trennung der einzelnen Familienmitglieder, ganz so wie sich die Linken in ihren Gruppierungen und Parteien weltweit ständig streiten und spalten. Aber ebenso gibt es eine nicht aufkündbare Verbindlichkeit und Kontinuität – in der Linken ebenso wie in der Familie Zimmer.” Jonathan Lethem führt die Leser_in in seinem Roman »Der Garten der Dissidenten« von den Kommunisten der 30er Jahre bis hin zu Occupy. Florian Schmid hat das Buch (Verlagswebsite) im ND rezensiert. Zur Buchbesprechung der “komplexe(n) historische(n) Aufarbeitung linker Geschichte” (Schmid) bitte hier entlang.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/03/18/buchtipp-linke-amerikanischer-generationenroman/

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Reflections on Jacoby and All That: Ein nicht publizierter Essay von E. P. Thompson

In Erinnerung an den britschen Historiker Edward Palmer Thompson, der vor 20 Jahren starb, veröffentlichte vor wenigen Tagen History Workshop Online einen sehr lesenwerten und bislang nicht verfügbaren Essay aus dem Jahr 1987.

Thompson fragt darin nach der richtigen Politik als (akademischer) Lehrer und intellektueller Arbeit, nach der gesellschaftlichen Rolle von Universitäten, der Verbindung von linken Intellekuellen und politischen Bewegungen, nach der Bedeutung an der Teilnahme im “Kampf der Ideen”. Und er schreibt über die Notwendigkeit, die Teilnahmslosigkeit zu überwinden, indem man über alle verfügbaren Medien in die öffentlichen Debatten eingreift.

Zum Essay und einer kurzen Einleitung von Carlos Aguirre (University of Oregon)


Einsortiert unter:Vermittlung

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/11/29/reflections-on-jacoby-and-all-that-ein-nicht-publizierter-essay-von-e-p-thompson/

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Reflections on Jacoby and All That: Ein nicht publizierter Essay von E. P. Thompson

In Erinnerung an den britschen Historiker Edward Palmer Thompson, der vor 20 Jahren starb, veröffentlichte vor wenigen Tagen History Workshop Online einen sehr lesenwerten und bislang nicht verfügbaren Essay aus dem Jahr 1987.

Thompson fragt darin nach der richtigen Politik als (akademischer) Lehrer und intellektueller Arbeit, nach der gesellschaftlichen Rolle von Universitäten, der Verbindung von linken Intellekuellen und politischen Bewegungen, nach der Bedeutung an der Teilnahme im “Kampf der Ideen”. Und er schreibt über die Notwendigkeit, die Teilnahmslosigkeit zu überwinden, indem man über alle verfügbaren Medien in die öffentlichen Debatten eingreift.

Zum Essay und einer kurzen Einleitung von Carlos Aguirre (University of Oregon)


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/11/29/reflections-on-jacoby-and-all-that-ein-nicht-publizierter-essay-von-e-p-thompson/

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Public Historians: Dahin gehen, wo es brennt…

Day 9 Occupy Wall Street September 25 2011 Shankbone 27

Source: David Shankbone, Creative Commons Attribution 3.0 Unported, Wikimedia Commons

Dominik Rigoll hat hier vor einem Jahr geschrieben, eine kritische Geschichte müsse sich an die Tabus heranwagen. An die allgemeinen und an die „eigenen“. Sie müsse dahin gehen, wo es wehtut. Ich will diese These aufgreifen und verstärken: Engagierte Historikerinnen und Historiker müssen in Zukunft vor allem wieder dahin gehen, wo es brennt. Sie müssen effektiver in die öffentlichen Debatten eingreifen.

Occupy History: Die praktische Unterstützung einer Bewegung

Wagen wir einmal einen Blick über den großen Teich. Da ist seit zwei Monaten das Weblog Occupy History online (nicht verwechseln mit dieser gleichnamigen Seite). Betrieben wird die Seite zur Unterstützung von Occupy Wall Street und der Occupy Bewegungen in den USA. Auf dieser Webseite findet man entsprechend Beiträge zur Finanzwelt, zur Geschichte des zivilen Ungehorsams, Erinnerungen an historische Konflikte, Besetzungen und Polizeigewalt – und natürlich eine Geschichte des Pfeffersprays. Das selbsterklärte Ziel ist “revive a sense of national memory, to restore context and continuity to the conversation”.

Nun kann man diese nationale Fokussierung von Occupy History angesichts des globalen Charakters des Kapitalismus in Frage stellen. Und es werden viele zustimmen, wenn ich sage, dass diese Form der Erinnerungspolitik nicht reichen wird. Das Ziel wäre doch etwas weiter zu stecken: die Entwicklungen der heutigen Verhältnisse analysieren, sie in den historischen und sozialen Kontext stellen, um daraus differenziert Handlungsmöglichkeiten in den politischen Kämpfen aufzuzeigen. Das ist sicher alles wünschenswert. Aber wer kann das? Und ist das nicht eine sehr “deutsche” Herangehensweise? Erst einmal über Jahre das Konzept debattieren?

Ich finde es viel wichtiger, dass Leute anfangen, als Historikerinnen und Historiker Themen von Bewegungen aufzugreifen, um ihren spezifischen Beitrag für die tagesaktuellen Diskussionsprozesse zu leisten. Und das ohne sich gleich aufzuspielen und zu behaupten, bereits auf alles eine fertige Antwort zu haben. Mir gefällt erst einmal diese Haltung. Und mir gefällt dieser sehr praxisnahe Ansatz.

Campaigning von Historikerinnen und Historikern

Und sucht man weiter in den USA, stellt man fest, dass Occupy History absolut kein Einzelfall ist. Schon nach kurzer Recherche findet man ähnlich gelagerte Projekte, die sogar noch wesentlich aktiver Themen in die Gesellschaft tragen. Hier nur wenige Beispiele von History News Network (HNN):

  • Die Historians against War sind wahrscheinlich dem einen oder der anderen bekannt als Aktionskreis gegen den Irak-Krieg.
  • Beim Network of Concerned Historians war unleugbar Amnesty International Vorbild. Es werden jährliche Länder-Berichte publiziert. Vor allem setzt man sich aber international für verfolgte Historikerinnen und Historiker ein. Ob in der Türkei, in Aserbaidschan, Russland, Peru, Ruanda oder sonst wo.
  • The Feminist Historians for a new New Deal, eine Kampagne im Rahmen der Präsidentschaftswahl.

Die kanadische Active History oder History is a Weapon wären weitere Beispiele aus dem ganzen “demokratischen” bis “radikalen” Spektrum (im us-amerikanischen Wortsinn), die jeweils auf ihre Weise versuchen, eine tagesaktuell eingreifende Wissenschaft zu organisieren. Und das ist die Gemeinsamkeit der hier genannten Projekte. Ganz selbstverständlich wird etwa eine anstehende Präsidentschaftswahl genutzt, um Themen in der demokratischen Öffentlichkeit zu platzieren, um  Lern- und Diskussionsprozesse anzustoßen. Und selbst eine Fachzeitschrift wie die Radical History Review ist mit ihren Heftthemen verhältnismäßig nah am tagesaktuellen Geschehen. Die letzten Ausgaben beschäftigten sich mit dem 11. September, “Radical Foodways”, “Enclosures”, “Rethinking the Political Economy of Nature in a Global Age”.

Digital Public Historians

Mir scheint, sowas fehlt bei uns. Natürlich gibt es viele geschichtspolitische Akteure, die qualitativ ausgezeichnete Arbeit leisten, unterstützenswert und sympathisch, die sich auch als bewegungsnah verstehen und langfristige Ziele verfolgen. Das ist nicht mein Thema. Aber die unmittelbare Bereitstellung historischer Analysen und geschichtswissenschaftlich fundierter Argumente für tagesaktuelle Konflikte (Europa, Finanzkrise …) ist nur selten zu finden. Ist es nicht so? Und wenn ich recht habe, warum ist es so? Und was kann man daran ändern?

Und ist es dann nicht so, dass wir im deutschsprachigen Raum mehr über den Tellerrand schauen müssten? Über die eigene fachliche Nische hinaus? Sollten wir nicht stärker davon ausgehen, welche Fragen aktuell gestellt werden? Die bestehenden Netzwerke und das Internet ermöglichen es doch, viel schneller auf diese Anforderungen zu reagieren. Gefragt sind dabei im besten Sinne Intellektuelle, die diese Informationen zusammenstellen, aufbereiten, weitergeben, andiskutieren.

Viele nordamerikanischen Webprojekte sind hier beispielgebende Orientierungspunkte, aber man muss diese Projekte nicht einfach kopieren. Es gibt verschiedene politische Felder und Formen. Man kann Quellen und Paper publizieren, Awards ausschreiben, Resolutionen verabschieden, Videoblogs starten. Was immer geeignet erscheint und wofür ausreichend Leute da sind. Wesentlich scheint mir, die Balance zwischen langfristigen Forschungsprojekten und tagesaktuellen Kampagnen zu finden. Aber das wäre doch ein schönes Ziel für 2012: Raus aus den Nischen, und dahin gehen, wo es brennt.

Wer weitere (Gegen-)Beispiele hat, einfach hier als Kommentar posten :-)


Einsortiert unter:Aktion, Geschichtspolitik

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2011/12/28/public-historians-dahin-gehen-wo-es-brennt/

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