Was ists, das hinter diesem Schleier sich verbirgt? Zur Debatte um Mein Kampf und weshalb man Wirkungszuschreibungen vermeiden sollte.

Ende 2015, 70 Jahre nach Adolf Hitlers Tod, werden die Nutzungsrechte an Mein Kampf, die nach Kriegsende auf den Freistaat Bayern übergingen, auslaufen. Dann steht jedem eine Veröffentlichung von Hitlers Programmschrift, auch unkommentiert, frei. Deshalb hatte das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) 2009 in Eigeninitiative ein Editions-Projekt ins Leben gerufen, das durch eingehende Kommentierung „Hitlers Quellen Schritt für Schritt offenzulegen, den politik-, militär-, ideen-, kultur- und sozialgeschichtlichen Entstehungskontext seiner Weltanschauung nachzuzeichnen“ sucht, um „[...] jedem ideologisch-propagandistischen oder kommerziellen Missbrauch von Mein Kampf entgegenzuwirken.”1 Das Projekt wurde vom bayrischen Landtag gebilligt und schließlich mit einer halben Million Euro durch das bayrische Kultusministerium unterstützt, bis die Staatsregierung unter Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vergangenen Dienstag, den 10. Dezember 2013, überraschend beschloss, eine Veröffentlichung unter bayrischem Staatswappen nun doch zu verhindern. Das IfZ will jedoch weiterhin in Eigeninitiative an der wissenschaftlich kommentierten Ausgabe arbeiten.

Ein Gesetz: Kein Sterblicher rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.

Der Anstoß, den man an der Haltung der bayrischen Staatsregierung gegenüber einer wissenschaftlich qualifizierten Edition von Mein Kampf nehmen könnte, wirkt unter diesen Voraussetzungen freilich nicht so groß, denn es sieht so aus, als stände außer dem Rückzug der Förderung durch den Freistaat nichts einer Veröffentlichung 2015 entgegen. Die Staatskanzlei kündigte indes unlängst an, dass gegen Verlage, die Mein Kampf veröffentlichen wollen, zukünftig pauschal Strafanzeige wegen Volksverhetzung im Sinne von § 130 StGB erstattet werde2: Die Staatsregierung bezog in den vergangenen Jahren bereits so Position, eine Veröffentlichung der Hetzschrift sei „strafbar als Verbreitung von verfassungsfeindlicher Propaganda sowie als Volksverhetzung”3; selbst wenn sich diese Haltung 2012 besonders auch auf Initiative des bayrischen Landtages zu lockern schien, wurde sie nun noch einmal durch den Ministerrat deutlich zementiert.

Ich bin sicher nicht juristisch qualifiziert genug, um den Vorwurf der Verbreitung von verfassungsfeindlicher Propaganda und der Volksverhetzung zu widerlegen. Verweisen kann ich auf den Wortlaut von § 86 StGB, insb. Abs. 2 und 3, und auf ein darauf bezogenes Urteil des BGH vom 25. Juli 19794, in dem unter anderem begründet wird, dass Mein Kampf (genauer: jede vorkonstitutionelle Schrift im Allgemeinen) nicht dazu geeignet ist als Propagandamittel im Sinne von § 86 StGB zu gelten, wenn diese nicht durch zum Beispiel ein Vorwort oder Textzusätze/-ergänzungen „in der Weise aktualisiert wird, dass nunmehr aus ihrem Inhalt selbst die Zielrichtung gegen die Verfassung der Bundesrepublik hervorgeht.”5 In Bezug auf den Vorwurf der Volksverhetzung im Sinne von § 130 StGB, insb. Abs. 2, ist Abs. 6 desselben Paragraphen zu beachten, der Abs. 2 unter die Ausnahme von § 86 Abs. 3 stellt, also eine Ahndung ausschließt, wenn eine entsprechende Handlung „der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.”

Ich sehe deshalb, wie gesagt ohne ausreichend juristische Qualifikation zu genießen, um derlei Rechtsfragen stichhaltig bewerten zu können, keinen Anhalt für ein rechtliches Vorgehen gegen mindestens eine wissenschaftlich einwandfrei kommentierte Ausgabe von Mein Kampf. 2008 ließ das Communiqué des bayrischen Finanzministeriums zudem erkennen, dass es auch nicht direkt darum ginge, der Verfassung gerecht zu werden, sondern man sich „mit einer restriktiven Haltung sehr viel Anerkennung erworben” habe und da man das Werk deshalb nun für per se verfassungsfeindlich halte, sei auch „nicht zu erwarten, dass nach dem Erlöschen des Urheberrechts das Werk wild veröffentlicht werde.”6 Zumindest wenn man die zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten dazu nutzen kann, jeglichen Veröffentlichungsversuch zu unterbinden. An der Sinnhaftigkeit und Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens bleiben m.E. berechtigte Zweifel offen.

Und furchtbar wie ein gegenwärtger Gott.

Und dabei könnte nun gerade eine womöglich sogar mitbetreute wissenschaftlich kommentierte Ausgabe der bereits jetzt bestehenden „wilden” und unkontextualisierten Verbreitung besonders im Internet7 eine wertvolle, da entsprechend kontextualisierte Alternative entgegenstellen. Mein Kampf hat darüber hinaus in den letzten Jahrzehnten eine massive Verbreitung gerade (aber bei Weitem nicht ausschließlich) im arabischen Raum erfahren und dort sein Übriges getan antisemitistische Argumentationsweisen zu befeuern. Wer – zumal mit rechtsstaatlichen Mitteln – versucht, entsprechend kontextualisierende und aufklärerische Ausgaben im deutschsprachigen Raum zu verhindern, versagt unserer Gesellschaft die Möglichkeit, die Gefahrenpotentiale von Hitlers Hetzschrift zum Beispiel auch im interkulturellen Diskurs aktiv zu entschärfen.

Wer darüber hinaus unterstellt, eine solche Schrift gefährde per se noch heute den öffentlichen Frieden und gereiche per se zur Ächtung eines Teils der Bevölkerung, der gesteht ihr eine gewissermaßen recht privilegierte Macht zu. Das ist eine aktive Mystifizierung im ursprünglichen Wortsinn; hüllt man ein Werk, eine Person, ein Symbol in ein solches Mysterium ein, erhält das so geschaffene Mysterienkonstrukt eine transzendente Stellung gegenüber der eigentlich recht banalen materiellen Verfasstheit des so Verhüllten: Die Unterstellung, Mein Kampf wäre schon an sich in jedem beliebigen heutigen Kontext volksverhetzend, völlig unabhängig von Herausgabeintention und Umgang damit, gibt dem Konstrukt eine Überzeitlichkeit, die der Schrift beim besten Willen nicht zusteht.

Das wirkt vergleichbar mit der noch immer praktizierten Mystifizierung Hitlers als das ultimative Monstrum, das nicht etwa nur durch Zuschreibung, sondern durch bewusste Transzendentmachung in seiner Monströsität potenziert wird. Das Dokumentationsdrama Speer und Er (2005, Heinrich Breloer) beispielsweise trägt die Monströsität schon im Titel: Eigentlich geht es im Film gar nicht so sehr um Hitler, sondern – der Titel möchte es eigentlich verraten – um den Kriegsverbrecher Albert Speer. Brisanz wird aber, zumindest ad hoc im Titel, nicht mit dessen Verwicklungen in die Machenschaften der Nationalsozialisten und seiner zweifelhaften Selbstinszenierung erzeugt, sondern viel eher durch den phorischen Verweis auf Ihn, dessen Nicht-Nennung dem geneigten Publikum genug Raum lässt sich zu überlegen, dass Speer ohne Ihn als transzendentes Prinzip womöglich kein Kriegsverbrecher gewesen wäre.8 Es handelt sich dabei m.E. noch um eine vergleichsweise seichte und einigermaßen unaufdringliche Vorgehensweise; der plakativ das „Monstrum Hitler” herausstellenden Beispiele gibt es allerdings so viele, dass ich dem geneigten Leser sicher den Gefallen tun kann, es bei diesem einen zu belassen und schlicht darauf zu verweisen, dass gerade populärwissenschaftliche Dokumentationsreihen die Zentralsetzung Hitlers in Bezug auf das Dritte Reich als zweckmäßige Strategie erkannt haben; scheinbar ohne dass die Macher sich darüber im Klaren sind, dass sie damit ein essentielles Prinzip des Führerkults reproduzieren.

Aber auch auf mehr Sachlichkeit bedachte Darstellungsformen beackern oftmals ein Bildwissen, das die nationalsozialistische Propaganda selbst ausgefurcht hat. Es gibt eine handvoll Bilder Adolf Hitlers, die permanent immer und immer wieder auftauchen müssen, darunter die beiden Schulterstück-Aufnahmen, die die 1943er-Auflage von Mein Kampf auf der Vorderseite und in der Titelei zieren9; als die typischsten heutzutage gezeigten Filmaufnahmen würde ich die Abschlussrede Hitlers im Riefenstahl-Film Triumph des Willens von 1935 oder ähnliche Rede-Aufnahmen sowie Ausschnitte aus den Privataufnahmen mit Eva Braun am Obersalzberg ausweisen wollen. Bis auf letztere greift man dabei auf eindeutiges Propaganda-Material zurück. Durch die Rekontextualisierung werden sie zwar eindeutig von ihrer propagandistischen Einbettung enthoben, besonders der Riefenstahl-Ausschnitt wird nicht selten in den Dienst einer satirischen Doublage gestellt oder dient der bloßen stummgeschalteten Bebilderung von Ausführungen aus dem Off, für die sonst kein spezifisches Material zur Verfügung steht. Die Wirkweise der Bilder verliert sich allerdings nicht, sie wird verändernd weitergenutzt oder – was schlimmer wiegt – in ihrer Wirkungskraft im Sinne des Führerkults nicht ernstgenommen.

Wenn von der Wahrheit nur diese dünne Scheidewand mich trennte – und ein Gesetz

Unsere Gesellschaft ist es gewohnt, das „Monstrum Hitler” heraufzubeschwören und dabei immer weiter an diesem überweltlichen Konstrukt zu bauen, das mit einem unwirklichen Macht-Privileg ausgestattet wird und die Gesellschaft so wiederum in Ohnmacht davor versetzt. Das kann als Abwehrmechanismus durchaus seine Funktionalität besitzen und fügt sich recht passgenau in eine Darstellungstradition ein, die von ‘Machtergreifung’ und ‘Tag der Befreiung’ spricht, die den ‘Verführer der Massen’ kennt; es fügt sich passgenau in eine Sprach- und Identitätskrise nach dem Krieg, die sich ihrer eigenen Ausdrucksformen ob nationalsozialistischer Instrumentalisierung oder Ächtung nicht mehr sicher sein konnte und zwangsläufig dem ausgesprochen realen Grauen mit mehr oder minder adäquaten Konstrukten des Grauens begegnet. Es ist eine absolut logische Reaktion, dem nationalsozialistischen Führer-Konstrukt das entmenschte Konstrukt des Monster-Hitlers entgegenzustellen, um den ideologischen Ballast der faschistischen Propaganda abzufassen und möglichst auszuexorzieren.

Daher rührt m.E. auch die restriktive Haltung gegenüber Mein Kampf. Es ist nicht etwa der Inhalt der Schrift und ihr etwaiges hetzerisches Potential, das sich ja per se in der heutigen Gesellschaft überhaupt nicht mehr entfalten könnte10, sondern die Aufrechterhaltung der mindestens ursprünglich ausgesprochen gerechtfertigten Schutzhaltung. Indem man nun aber fortfährt, der Schrift ein hohes Hetzpotential zuzuschreiben, weil es ein essentieller Zuschreibungsbestandteil des Hitler-Konstrukts ist, erkennt man der nationalsozialistischen Ideologie unter der Macht eines hitlerschen Monstrums implizit eine überzeitliche Fähigkeit zur Einflussnahme an und macht Mein Kampf zu einem vermeintlich priviligierten Erkenntnismedium, vor dessen ‘Wahrheiten’ Sais-Schleier und Gesetz den Bürger schützen müssen, der seinerseits zum Zwecke seiner Meinungsbildung auf den Wahrheitsanspruch eines offiziellen Narrativs zu vertrauen habe, dem ja dann ein Wissen innewohnt, das ihm selbst verwehrt bleibt. In solche Unbestimmtheit gesetzt aktualisiert man stetig die Wirkmächtigkeit des Werkes, indem man ihm im Zirkelschluss stetig Wirkmächtigkeit zuspricht. Man darf es wohl als fatal bezeichnen, dass damit „die Faszination einer Macht, die ihren einzigen Grund in ihrer Ermächtigung hat und sich aus dem Nichts selbst erschafft”11, zwar stark umgewertet, aber eben dennoch aufrechterhalten wird.

Und wer mit ungeweihter schuldger Hand den heiligen, verbotnen früher hebt

Der so um Mein Kampf und Hitlers Gestalt gehüllte Schleier befeuert dann nicht nur den Führerkult, dem man eigentlich Herr werden möchte, teilweise sogar noch in Resten seiner demagogischen Einbettung, sondern sie verwehrt aktive Einflussmöglichkeiten auf das Geschichtsbild, das ja ohnehin ständig von revisionistischer Seite dem hanebüchenen Vorwurf der verzerrenden Wirklichkeitsselektion ausgesetzt ist. Eine wissenschaftlich fundierte Dekonstruktion und damit auch Entmystifizierung der Schrift und des Hitler-Konstrukts versetzte die Gesellschaft in die Lage, sich gegenüber faschistischen Argumentationsweisen und ihren Ablegern in Bezug zu setzen und der Breite der Öffentlichkeit aufklärerisch Zugang zu gewähren. Meiner sehr persönlichen Ansicht nach gesundet gerade die deutsche Kultur auch nur in der Aufgabe des Hitler-Konstrukts, dessen Alleinanspruch auf Abscheulichkeit und Demokratiefeindlichkeit den Führerkult – wie ausgeführt und absurderweise! – in seiner Wirksamkeit nachträglich befördert und dazu geeignet ist, zeitgenössische Tendenzen mit ähnlich verheerenden Konsequenzen weichzuzeichnen bzw. die Anfälligkeiten demokratischer Systeme auszublenden. Die Gesellschaft hingegen in ihrer Breite an die theoretischen Grundlagen der nationalsozialistischen Demagogie – und dazu ist Mein Kampf m.E. sehr gut geeignet – heranzuführen, den Schleier so zu lüften, erscheint mir als eine ehrlichere und weitaus wirksamere Position.

Das muss nicht unter dem bayrischen Staatswappen passieren; es müssen indes Möglichkeiten offen bleiben Mein Kampf und Adolf Hitler in ihrer Historizität wahrnehmbar zu machen. Das hilft auch bei der Entschärfung der propagandistischen Potentiale, die gedrungenermaßen weitertradiert und so teilweise reaktualisiert werden: Die Faszination am „Monstrum Hitler”, aus der sich beispielsweise eine große Menge populärwissenschaftlicher Formate brisanzsteigernd speißt, würde an Gefahrenpotentialen und nicht zuletzt vielleicht auch an ihrer fragwürdigen Wirksamkeit einbüßen, legte man ihren Kern offen und zeigte auf, mit welchen Mitteln sie überhaupt hervorgerufen wurde.

Allein schon die zugängliche Rekonstruktion von Hitlers Quellen und Gedankengebern gäbe womöglich weitreichende Aufschlüsse und entzauberte ein Stück weit den Führerkult. Eine solche Rekonstruktion darf jedoch nicht auch noch zukünftig in einen Elfenbeinturm voller Mysten gesperrt werden, schon gar nicht, weil zeitgenössische Führerkulte und Ideologisierungsstrategien dezidiert außerhalb von wissenschaftlich geschulten Kreisen ansetzen. Ich will keineswegs unterstellen, dass eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe von Mein Kampf dazu in der Lage wäre, vor jeglicher Hetze und demokratiefeindlich-ideologischer Einflussnahme zu schützen; das stellte die Schrift ebenfalls auf das Podest des privilegierten Erkenntnismediums, das sie nicht ist. Es wäre allerdings zu erwarten, dass das zielstrebige und in unseren Wertekanon eingebettete Offenlegen der Grundlagen von Hitlers Demagogie, deren verheerende Konsequenzen uns durch die in den letzten Jahrzehnten geschehene Aufarbeitung sehr bekannt sind, das Auge schult für ganz ähnliche oder mindestens entfernt vergleichbare Weisen. Luise Rinser, um nur ein Beispiel anzuführen, zeigt in ihrem Nordkoreanischen Reisetagebuch12 sehr eindrucksvoll, wie blauäugig man auch als eine der großen literarischen Stimmen nach dem Niedergang des Dritten Reiches, wenngleich noch in den 1980er-Jahren, dem nordkoreanischen Modell des Führerkultes und der propagandistisch überinszenierten Verheißungserfüllung13 hemmungslos auf den Leim gehen kann.

Vielfach geflügelt ist das Wort, das meint, man lerne aus Geschichte. Was sie für Geschichte hält, muss eine Gesellschaft, zumal eine, die das nationalsozialistische Regime zu beerben hatte, für sich selbst festmachen. Mein Kampf in seiner Historizität als vorkonstitionelles Machwerk Adolf Hitlers und nicht als eine hetzerische Geißel der Sozialdemokratie zu begreifen und so damit umzugehen, gewährte womöglich das Privileg es irgendwann Geschichte ohne aktuelle Gefahrenpotentiale werden zu lassen und jenen Stimmen, die unsere Gesellschaft tatsächlich in hohem Maße mit ganz ähnlichen Verfahren gefährden, die Resonanzkraft zu rauben.

  1. Zielvorstellungen des IfZ auf der dem Projekt gewidmeten Präsentationsseite (→Link, letzter Zugriff am 15. Dezember 2013), Titel kursiviert BD.
  2. vgl. Christine Haderthauer (CSU) in einem Nachrichten-Beitrag des Bayrischen Rundfunks. Online-Abruf via BR-Mediathek (Ministerrat: Mein Kampf bleibt weiter verboten, vom 10. Dezember 2013, →Link).
  3. So zum Beispiel zitierte Tim Farin 2008 für stern.de (Hitlers “Mein Kampf”. Zwischen Kritik und Propaganda, vom 25. April 2013, Ressort POLITIK > Geschichte, →Link) ein Communiqué des bayrischen Finanzministeriums.
  4. Az.: 3 StR 182/79, Strafbarkeit des öffentlichen Verkaufs von Adolf Hitlers Mein Kampf. Online-Abruf auf technolex.de (→Link, letzter Zugriff am 15. Dezember 2013).
  5. ebd., vgl. Urteil des BGH vom 24. August 1977, Az.: 3 StR 229/77.
  6. zitiert nach dem stern.de-Artikel von 2008; s. Anm. 3 d. vorl. Beitr.
  7. Eine Google-Suche führt schon unter den ersten Ergebnisnennungen zu kopier- und downloadfähigen Komplettdigitalisaten u.a. einer deutschen und einer englischen Fassung der Schrift. Amazon.com führt die deutschsprachige Fassung in mehreren verschiedenen Ausführungen, darunter auch als Kindle-Edition.
  8. Den sich doch aufdrängenden Verweis auf den locus classicus der transzendentmachenden Nicht-Nennung verhelfs ER wage ich an dieser Stelle nicht explizit zu machen.
  9. Ich habe bis heute keine stichhaltigen Informationen über die beiden Aufnahmen ausfindig machen können, außer dass freilich Heinrich Hoffmann sie gemacht hat.
  10. Ginge man von einem solchen per-se-Wirkpotential aus, müsste man von der Herausgabe von Goebbels Reden bis hin zum dokumentarisch aufbereitet Bildmaterial noch einiges in Frage stellen, das unlängst seinen Weg in die öffentliche Zugänglichkeit gefunden hat.
  11. So Albrecht Koschorke im SZ-Gastbeitrag zur Wirkung von Mein Kampf. Online-Abruf via Süddeutsche.de (Die Wirkung von Hitlers “Mein Kampf”, vom 13. Dezember 2013, Ressort KULTUR, →Link). Eine längere Version des gesamten Beitrags wird nach Angaben von Süddeutsche.de demnächst als E-Book bei Matthes & Seitz erscheinen.
  12. Rinser beschreibt darin die Eindrücke und Erfahrungen während ihrer Reisen nach Nordkorea 1980 und 1981/82, während derer sie auch auf Kim Il-sung traf. U.a. 1986 in einer aktualisierten Auflage bei Fischer erschienen.
  13. Und zum Beispiel Charles K. Armstrong stellt die nordkoreanische Ideologie mit ihrem charismatischen Führer und der Mobilisation der Massen in direkte Nähe des europäischen Faschismus’. Vgl. Armstrong, Charles K.: Trends in the Study of North Korea. In: The Journal of Asian Studies 70 (2/2011), S. 357–371.

Quelle: http://enkidu.hypotheses.org/293

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Vom Essen und vom Trinken in China (II): Essstäbchen

Bisweilen als das zweifellos typischste Zubehör der chinesischen Küche bezeichnet[1], reicht die Verwendung  von Stäbchen  bis in vorgeschichtliche Zeit zurück. Seit rund zweitausend Jahren werden sie auch beim Essen verwendet – chinesische Gerichte werden traditionell klein geschnitten aufgetragen. Für die Stäbchen gab es im Laufe der Zeit unterschiedliche Begriffe – darunter auch den Begriff kuaizi 快子.  Erst im 20. Jahrhundert wurde dabei dem Zeichen kuai 快 (“schnell”) auch der Bestandteil für “Bambus” (zhu 竹) hinzugefügt, sodass daraus kuaizi 筷子 wurde.[2].  Diese Essstäbchen sind

„ein vielseitiges, in ihren Konsequenzen als technische Weichenstellung für die materielle Kultur Chinas erst wenig erforschtes Instrument. Mit Stäbchen zelebrieren Menschen aus China bewußt oder unbewußt ihr Chinesisch-Sein.“[3]

A Pair of Chopsticks

Ein Paar Essstäbchen – Foto: Georg Lehner 

Heute meist aus Bambus, Holz und – in den letzten Jahrzehnten – zunehmend aus Kunststoff hergestellt, wurden im Laufe der Geschichte auch Luxusausführungen aus Jade, Elfenbein, Achat, Gold oder Silber gefertigt, wobei neben edlen Materialien auch auf die Verzierung großer Wert gelegt wurde. Vor allem Stäbchen aus Silber waren im kaiserlichen China bei Angehörigen der Oberschicht beliebt, ließen sich dadurch angeblich mit Arsen vergiftete Speisen erkennen. Heute weiß man jedoch, dass Silber auf Arsen und Zyanid nicht reagiert.[4] Eine der Theorien über die Erfindung der Stäbchen betont deren Gefahrlosigkeit, da sich ein Gast damit keinerlei Verletzungen zuziehen kann. Schon Konfuzius hatte sich gegen den Gebrauch von Messern während des Essens ausgesprochen.[5]

Die beim Essen verwendeten Stäbchen sind etwa 25 cm lang. Beim Kochen werden deutlich längere Stäbchen verwendet. Abgesehen von den Suppen, für die Löffel aus Porzellan verwendet werden, lassen sich damit alle Gerichte der chinesischen Küche problemlos essen. Während eines der Stäbchen in der Beuge zwischen Daumen und Zeigefinger liegt und am unteren Ende mit dem Ringfinger abgestützt wird ist das zweite – das zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger gehalten wird – frei beweglich.

Für die Handhabung der Essstäbchen gibt es auch zahlreiche kulturgeschichtlich interessante Anweisungen. Ganz wichtig ist es, die Stäbchen nach dem Essen “nie in die Eßschale [zu] legen, weil man das so beim Kult der Ahnen tut. Es würde Unglück bringen.”[6]

Die allgemeine Verbreitung der Essstäbchen führte dazu, dass 1986 und 2006 Abgaben auf Einwegstäbchen aus Holz eingeführt beziehungsweise erhöht wurden, um die Abholzung von Birken- und Pappelbeständen einzudämmen. Pro Jahr werden in China 45 Milliarden Paar Stäbchen verbraucht, wofür 25 Millionen Bäume benötigt werden. In jüngster Zeit wurde zwar damit begonnen, “umweltfreundliche” Stäbchen aus Maisstärke herzustellen, deren Herstellung ist jedoch nach wie vor wesentlich teurer als die der Holzstäbchen.[7]

  1. Vgl. etwa Ronald G. Knapp: Things Chinese. Antiques – Crafts – Collectibles (North Clarendon VT, 2011) 88.
  2. Vgl. den historischen Abriss bei Endymion Wilkinson: Chinese History. A Manual. Revised and Enlarged (Cambridge MA, 2000) 646 f.
  3. Mareile Flitsch: “Westküche mit Eßstäbchen”. Überlegungen zur sozial-technischen Wahrnehmung der Welt im modernen chinesischen Alltag. In: Raimund Th. Kolb, Martina Siebert (Hg.), Über Himmel und Erde. Festschrift für Erling von Mende (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes LVII,3, Wiesbaden: Harrassowitz, 2006) 127-151, hier 127 (mit weiteren Literaturhinweisen).
  4. Vgl. dazu u.a. den Menüpunkt “Chopsticks” unter: Califormia Academy of Sciences, Institute for Biodiversity Science and Sustainability, History of Eating Utensils sowie unter smithsonianmag.com im “Food and Think”-Blog den Beitrag The History of Chopsticks (5 August 2009).
  5. Vgl. Asian Art Mall: “Chopsticks. History and Legend”.
  6. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl. 1996), 78 (“Eßstäbchen”).
  7. Knapp: Things Chinese, 89.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/913

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Die Anfänge der Acht Banner

Im Zuge ihrer zunehmenden militärischen und politischen Bedeutung in den Gebieten nördlich der Großen Mauer führten die Mandschuren 1601 das System der “Banner” ein.

“Nach der mandschurischen Wehrverfassung waren die mandschurischen, mongolischen und chinesischen Bannerleute in acht durch Farben unterschiedene Banner eingeteilt.”[1]

Die erstmals 1601 aufgestellten vier Einheiten (damals zu je 300 Mann) erhielten Fahnen in vier verschiedenen Farben (gelb, weiß, blau, rot). 1615 gab es bereits 200 Einheiten, was zur Einrichtung von vier weiteren “Bannern” führte. Zur Unterscheidung wurden diese ebenfalls in den Farben gelb, weiß, blau und rot gehaltenen neuen Banner nun jeweils mit einer Einfassung versehen. Das gelbe, weiße und blaue Banner waren rot eingefasst, das rote Banner war weiß eingefasst.[2]

Ab 1626 folgte dann die Aufstellung mongolischer Verbände. 1635 konnten dann neben den acht mandschurischen Bannern auch acht mongolische Banner aufgestellt werden. Nur ein Jahr später, 1636, kam es zur Bildung der ersten beiden chinesischen Banner. Zu diesen kamen bis 1643 noch sechs weitere chinesische Banner hinzu.[3]

  1. Erich Hauer: Handwörterbuch der Mandschusprache. 2. durchges. u. erw. Aufl., hg. von Oliver Corff (Wiesbaden 2007) 209 (Art. “gûsa, Banner”).
  2. H.S. Brunnert/V. V. Hagelstrom: Present Day Political Organization of China (Shanghai 1911), 323-325 (Nr. 718), Immanuel C. Y. Hsü: The Rise of Modern China (New York, 5. Aufl. 1995), 22. Vgl. auch Wolfgang Franke (Hg.) China-Handbuch (Düsseldorf 1974) Sp. 810 (gelb, weiß, rot, blau; „Militäreinheiten mit spezifischem sozialem Rahmen und äußeren Merkmalen […] hierarchisch gegliederte Militärinstitution“) und 816 („Mandschurei“, P. W. Thiele). – Übersetzungen für nicht-eingefaßte/eingefaßte Banner: vgl. ebd., Sp. 548 („Innere Mongolei, R. Kaschewsky): „Reines und Gerändertes […] Banner“; sowie Hauer/Corff: Handwörterbuch, 209: “Umrändertes Gelbes, Ganz Gelbes, Ganz Weißes, Ganz Rotes, Umrändertes Weißes, Umrändertes Rotes, Ganz Blaues, Umrändertes Blaues.”
  3. Herbert Franke/Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich (Frankfurt a. M. 1968) 279 f., Charles O. Hucker: Dictionary of Official Titles in Imperial China (Stanford 1985) 91 (demnach die mongolischen und chinesischen Banner im J. 1635 eingerichtet). – Vgl. auch Jonathan D. Spence: The Search for Modern China (New York 1999) 30: chinesische Banner: zwei 1637, vier 1639, acht 1642; 1635 Aufstellung von acht mongolischen Bannern.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/845

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Die zehn moralischen Verpflichtungen

Im allgemeinen wird die Ausformulierung der im kaiserzeitlichen China geltenden grundlegenden Normen für zwischenmenschliche Beziehungen dem Konfuzius zugeschrieben. Die fünf gesellschaftlichen Beziehungen (wulun 五論) basieren auf strengen Hierarchien, beruhen aber auf Gegenseitigkeit, wodurch sich insgesamt “zehn moralische Verpflichtungen” (shiyi 十義) ergeben.

In seiner Übersetzung des Liji 禮記 (“Buch der Sitte”) formulierte es Richard Wilhelm:

“Fünf Wege gibt es auf Erden, die immer gangbar sind, und die darauf wandeln sind von dreierlei Art. Sie heißen Fürst und Diener, Vater und Sohn, Gatte und Gattin, älterer und jüngerer Bruder und der Verkehr der Freunde: diese fünf sind die immer gangbaren Wege auf Erden.”[1]

Zur Wechselseitigkeit dieser Beziehungen heißt es dort:

“Was verlangt das sittliche Verhalten des Menschen? Daß der Vater gütig sei und der Sohn ehrerbietig, der ältere Bruder nachsichtig und der jüngere sich unterordne, der Gatte treu sei und die Gattin gehorsam, das Alter freundlich und die Jugend fügsam, der Fürst milde und der Diener ergeben: diese zehn Verhaltensweisen sind die Menschenpflichten.”[2]

 Diese zehn moralischen Verpflichtungen in diesen fünf Beziehungen werden wie folgt zusammengefasst:

  • Wohlwollen des Herrschers und Loyalität des Staatsdieners zum Fürsten (junren chenzhong 君仁臣忠)
  • Väterliche Sanftmut und kindliche Pietät (fuci zixiao 父慈子孝)
  • Freundlichkeit und Respekt zwischen älterem und jüngerem Bruder (xiongyou digong 兄友弟恭)
  • Harmonische Beziehungen zwischen den Eheleuten (fuchang fusui 夫唱婦隨)
  • Großzügigkeit der Älteren und Unterordnung der Jüngeren (changhui youshun 長惠幼順)

Unter diesen “zehn moralischen Verpflichtungen” werden – abgesehen vom Verhältnis zwischen Fürst und Staatsdiener – in Darstellungen zur Kulturgeschichte Chinas wohl vor allem zwei Aspekte betont: Neben der kindlichen Pietät – die schließlich in den von Guo Jujing 郭居敬 zur Zeit der Yuan-Dynastie (1260-1368) verfassten “24 Beispielen der Kindespietät” (ershisi xiao 二十四孝) ihren literarischen Ausdruck fand [3] – ist es vor allem die untergeordnete Stellung der Frau im kaiserzeitlichen China, durch die die oben erwähnte “Harmonie” zwischen den Eheleuten “sichergestellt” werden sollte.

 

  1. Li Gi. Das Buch der Sitte des älteren und jüngeren Dai. Aufzeichnungen über Kultur und Religion des Alten China. Aus dem Chinesischen verdeutscht und erläutert von Richard Wilhelm (Jena 1930) 11.
  2. Zitiert nach Walter Böttger: Kultur im Alten China (Leipzig: Urania, 1977) 160.
  3. Vgl. Weimin Mo, Wenju Shen: “The Twenty-Four Paragons of Filial Piety: Their Didactic Role and Impact on Children’s Lives” Children’s Literature Association Quarterly 24,1 (1999) 15-23 und auch http://www.ruf.rice.edu/~asia/24ParagonsFilialPiety.html

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/439

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Soziale Netzwerke als politische Partizipationschance?

Wird Facebook, im Zeitalter des Web 2.0, dem Begriff der Produtzung gerecht und kann es auch als politische Partizipationschance verstanden werden? Politische Partizipation, die Teilnahme am politischen Leben ist ein Kernthema, wenn es darum geht, als Bürger/in eines Staates an der Gesellschaft durch die Gestaltung seiner/ihrer, sowie der gemeinschaftlichen Lebenswelt teil zu haben bzw. mitzuwirken. Die Möglichkeit der Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen oder der Ausschluss davon, also die Inklusion oder Exklusion von Individuen, stellt stets ein zentrales Thema dar. Die Begrifflichkeiten Inklusion und Exklusion [...]

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/612

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GcjZ: 60 Jahre in Hamburg

von Carina Seebur - 

Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) in Hamburg feiert in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass findet vom 13. bis 24. November eine kostenlose Ausstellung in der Rathausdiele des Hamburger Rathauses statt. Die Ausstellung „60 Jahre in Hamburg – Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ wurde von Studierenden der Universität Hamburg entwickelt und realisiert. Im Zuge dieses Ausstellungsprojekts entstand eine enge Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung und der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Weitere Unterstützer der Ausstellung sind das Erzbistum Hamburg, die jüdische Gemeinde Hamburg, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland, die Evangelisch-Reformierte Kirche in Hamburg, die Liberale Jüdische Gemeinde sowie der Lions-Club Hamburg-Walddörfer.

Ein Blick in die Ausstellung „60 Jahre in Hamburg – Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ in der Rathausdiele
des Hamburger Rathauses / Foto: Carina Seeburg
 
 

In mehreren Monaten der Vorbereitung erarbeiteten die Studierenden alle Bereiche der Ausstellung – von der Recherche über die Konzeption bis hin zur Gestaltung. Alle Texte wurden zudem auch  ins Englische und ins Russische übertragen. Die Ausstellung begleitende Audioguides wurden ebenfalls in drei Sprachen eingesprochen.

Das Arbeitsergebnis ist eine 42 Tafeln umfassende Ausstellung, die seit Dienstag zu besichtigen ist. Der Senat der Stadt Hamburg würdigte die Eröffnung der Ausstellung mit einem Empfang im Bürgermeistersaal des Rathauses. Dabei wurden mehrere Reden und Ansprachen gehalten.

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Der Erste Bürgermeister Olaf Scholz hielt anlässlich der Ausstellungseröffnung eine Rede vor den rund 150 geladenen
Gästen / Foto: Carina Seeburg
 
 

Bürgermeister Olaf Scholz betonte: „Was sich so schnörkellos christlich-jüdische Zusammenarbeit nennt, bezeichnet einen Grundgedanken, dessen gesellschaftlicher Wert nicht hoch genug einzuschätzen ist: das Zusammenwirken von Angehörigen beider Religionen im Geist des Respekts und der Toleranz. […] Trotzdem ist der Alltag der jüdischen Gemeinden in Deutschland noch längst kein ganz normaler – solange unsere Synagogen Polizeischutz und Videokameras brauchen. Dessen sollten sich alle hier Lebenden stets bewusst sein und, wo immer es angebracht ist, aufstehen gegen den rechten Ungeist.“ Weiter erinnerte Olaf Scholz daran, die gegenseitige Toleranz nicht nur auf die christliche und die jüdische Religion zu beziehen: „Mehr als hundert Religionsgemeinschaften gibt es in Hamburg. Wir tolerieren es nicht, wenn unter dem Deckmantel politischer oder religiöser Bekenntnisse Hass geschürt wird – weder gegen Juden noch gegen Christen oder Andersgläubige.“ Die Ausstellung – 60 Jahre in Hamburg – zeige, dass eine tolerante Gesellschaft nicht von alleine entstehe, sondern erarbeitet werden wolle: „durch Dialog und Aufklärung, den unverstellten Blick auf die gemeinsame Geschichte, durch die Bereitschaft zum offenen aufeinander Zugehen.“

Grußworte des Projektteams an die Gäste

Neben Olaf Scholz richteten auch zwei Studenten des Projektteams, Daniela Göbel und Jonas Stier, im Namen der Studierenden ein Grußwort an die geladenen Gäste und gaben den Anwesenden einen Einblick in den Arbeitsprozess der vergangenen Monate: „Zu Beginn des Projekts herrschte bei uns große Unklarheit darüber, was von uns verlangt werden würde. Was sollte gezeigt werden? Welchen Umfang würden wir liefern? Wie würde das Projekt finanziert? Welches sind unsere eigenen Erwartungen und welche Erwartungen würden an uns gestellt werden? […] Nach einem ersten Treffen mit dem Projektausschuss der GCJZ wurden unsere Fragen in soweit geklärt, als dass wir keine Einschränkungen zu erwarten hatten. […] Der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit möchten wir daher dafür danken, dass sie uns in unserer wissenschaftlichen Arbeit nicht nur freie Hand gelassen, sondern vielmehr dazu ermutigt hat, sowohl eigene inhaltliche als auch gestalterische Schwerpunkte zu setzen.“

„Dieses Projekt sprengte den durchstrukturierten Stundenplan von uns Bachelorstudierenden […] nun sind wir sehr stolz, dass wir Ihnen ein so umfangreiches Projekt präsentieren können“, so Daniela Göbel in ihrer Ansprache.

Rien van der Vegt, geschäftsführender Vorsitzender der GCJZ, beschrieb das Arbeitsergebnis des studentischen Projektteams mit den Worten: „Das ist eine sehr schöne Ausstellung geworden, zu einem wichtigen Thema Hamburger Zeitgeschichte. Alle, denen das Zusammenleben verschiedener Menschen in Hamburg wichtig ist, lade ich herzlich ein, sich diese Ausstellung anzuschauen.“

GCJZ – 60 Jahre in Hamburg aktiv für gegenseitigen Respekt und Toleranz

Ausstellungslogo

Am 12. Mai 1952 wurde die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) in Hamburg gegründet. Von Beginn an machte es sich die Hamburger GCJZ zur Aufgabe, „Christen und Juden im Dialog zusammenzuführen und sich aktiv und entschieden gegen Antisemitismus, Rassismus und jegliche Art der Diskriminierung zu positionieren.“

Seither kommen in der GCJZ und in von ihr initiierten Veranstaltungen regelmäßig Menschen jüdischen und christlichen Glaubens zusammen. Die Arbeit der GCJZ reicht von zahlreichen Veranstaltungen wie Tagungen, Reisen, Gesprächsrunden und Debatten bis hin zur aktiven Integrationsarbeit jüdischer Zuwanderer.

Die Ausstellung „60 Jahre in Hamburg – Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ blickt auf sechs Jahrzehnte GCJZ in Hamburg zurück. Die Geschichte der Hamburger GCJZ wurde in der Arbeit des Projektteams aufmerksam und kritisch betrachtet.

Begleitet wird die Ausstellung von einem Rahmenprogramm, das eine Synagogenbesichtigung sowie den Vortrag „Der bedrohte Friede – Nach 60 Jahren der Annäherung von Christen und Juden“ von Dr. Siegfried von Kortzfleisch, mit einschließt.

Projektteam: v.l. oben: Patrick Grabowski, Marcel Anders, Matis Schick, Josephine Lesniak, Amelie Berking, Annika Linsner,
Maximilian Thinnes, Lisbeth Dorothee Cordes, Miriam Braun, Jonas Stier. V.l. unten: Anna Krystyna Kienitz, Carina Seeburg,
Anna Baade, Daniela Göbel, Filiz Kaba, Kathrin Klein
 

AUSSTELLUNG

60 Jahre in Hamburg – Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit

13. bis 24. November 2012

Rathausdiele, Rathausmarkt 1, 20095 Hamburg

Mo.-Fr. 7 – 19 Uhr, Sa. 10-17 Uhr

Nähere Informationen sowie mp3-Dateien der Audioguides zur Ausstellung finden Sie unter:

www.zusammen-in-hamburg.de

Ausstellungsplakat

 

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=533

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Universitätskurs ‘Technologie und Gesellschaft’

In diesem Wintersemester 2012/2013 werde ich am Institut für Wissenschaftsforschung der Universität Wien im Rahmen eines Erweiterungscurriculums den Universitätskurs (UK) Technologie und Gesellschaft lehren. Das Erweiterungscurriculum kann voraussetzungsfrei besucht werden.

Termin: montags 09.30-11.30 Uhr, ab 08.10.2012

Ort: Seminarraum STS, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/6. Stock, 1010 Wien

Anmeldung zur LV über UNIVIS von 10. September 2012, 08:00 Uhr bis 25. September 2012, 23:59 Uhr

Inhalte: Technologische Entwicklungen und Innovationen prägen Gesellschaften und gesellschaftliche Ordnungen. Technologien wie das Internet, Smartphones oder Tablet-PCs werden zu einem integralen Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Sie gestalten und leiten gesellschaftliches Handeln und sind aus vielen Arbeitsbereichen nicht mehr wegzudenken.
Aber wie und warum entstehen neue Technologien eigentlich? Die Wissenschafts- und Technikforschung hat gezeigt, dass Technologien nicht von außen deterministisch auf unsere Gesellschaft einwirken, sondern vielmehr innerhalb von gesellschaftlichen Prozessen entstehen. Damit sind Technologien bzw. Artefakte wie Brücken, Sicherheitsgurte, Software, automatische Gesichtserkennung oder Google untrennbar verbunden mit sozialen und politischen Werten, Normen und Moralvorstellungen, die in sie ‘eingeschrieben’ und damit (auf Dauer) stabilisiert werden.
Der Universitätskurs setzt sich grundlegend mit dem Verhältnis und den Schnittstellen von Technologie und Gesellschaft auseinander. Die Studierenden lernen auf Basis gemeinsamer Lektüre die Perspektiven zentraler AutorInnen (Bijker, Winner, Latour etc.) aus dem Feld der Wissenschafts- und Technikforschung kennen und wenden die erworbenen Erkenntnisse auf konkrete Beispiele, insbesondere aus den Informations- und Kommunikationstechnologien (z.B. Suchmaschinen, Gesichtserkennung) an.

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=3980

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Psychoanalyse einer Gesellschaft

Schon 1990 diagnostizierte Hans-Joachim Maaz den “Gefühlsstau”. Das gleichnamige Buch beschäftigte sich früh mit den psychischen Folgen sowohl der DDR als auch mit denen des Umbruchs von 1989/90 – und das auf einem Fundament von vielen Jahren psychotherapeutischer Berufserfahrung. Im MONTAGSRADIO 01/2012 sprechen Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit dem Autor und Psychotherapeuten über die Geschichte seines Buchs, über die Gültigkeit der Befunde und die Möglichkeiten und Grenzen, eine ganze Gesellschaft zu psychoanalysieren.

Mit  ”Gefühlsstau” bezeichnete Hans-Joachim Maaz die Repression von Gefühlen in einem auf Kontrolle ausgerichteten System, das jede intellektuelle, aber auch emotionale Abweichung registrierte. Dem kurzen Aufbrechen aus systemischen Zwängen mit Flucht, Demonstrationen und Mauerfall im Jahre 1989 folgte bald für viele Ostdeutsche Ernüchterung in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, die verschärft wurde durch Gefühle der Unterlegenheit gegenüber einem ökonomisch und kulturell dominantem Westen.

Und hier gehts direkt zum MP3.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/01/23/psychoanalyse-einer-gesellschaft/

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Die Rubrik »Gesellschaftskritik« heißt jetzt »Politik, Gesellschaft, Recht«

Die Rubrik “Gesellschaftskritik” trägt ihren bisherigen Inhalten Rechung und wird in “Politik, Gesellschaft, Recht” umbenannt. Bereits bisher veröffentlichte die Rubrik Beiträge zur Tages- und Hochschulpolitik, gesellschaftskritischen Themen und juristischen Sachverhalten. Der neue Name spiegelt diese Inhalte wieder und berücksichtigt ferner die Intensivierung dieser Themen wie beispielsweise durch die Veröffentlichung juristischer Video-Podcasts.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2011/10/2001/

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Protest gegen Elbtunnel 1974

von Brigitte Abramowski -

„Straßenkampf auf dem Weg zwischen City und Autobahn“, titelte das Hamburger Abendblatt am 21. Juli 1973. Die Geschichte der Bürgerproteste gegen die Verkehrsplanung in Ottensen geht bis in die frühen 1970er Jahre zurück. Der neue Elbtunnel sollte 1974 fertiggestellt werden. Auch wenn die bis dahin bekannten „City-West“-Pläne, die den Abriss des Kerngebietes von Ottensen, die Errichtung des Bürohochhausviertels „City-West“ und den Bau von Hochstraßen für eine Autobahnanbindung vorsahen, nach und nach zurückgenommen wurden, war eine erhebliche Verkehrsbelastung auf den bestehenden Straßen zu erwarten.

 

Aus der Eulenstraße ab Mottenburgerstraße wurde die Mottenburger Twiete, für den
Durchbruch der Eulenstraße zur Bahrenfelder Straße als Autobahnzubringer wurden
Häuser abgerissen, um 1975 / Foto: Sammlung Stadtteilarchiv Ottensen
 
 

Zwischen Lobuschstraße und Bleickenallee wurden die Straßenzüge Keplerstraße, Arnoldstraße und Klausstraße-Eulenstraße jeweils im Einrichtungsverkehr zweispurig als Autobahnzubringer ausgebaut.

„Ottensen kämpft gegen Autobahnzubringer“

Mit der Eröffnung der Autobahn „Westliche Umgehung“ und der Öffnung der Zu- und Ausfahrt Othmarschen war ein täglicher Kampf zwischen Autofahrern und Bewohnern in Ottensen vorherzusehen. Dort hatte sich schon 1973 eine Aktionsgemeinschaft Ottensen (AO) formiert, die gegen die City-West-Pläne agierte und forderte, die Autobahnausfahrt nicht zu genehmigen. „Ottensen kämpft gegen Autobahnzubringer“ war der Slogan der Aktionsgemeinschaft, die als ihr Sprachrohr die „Ottenser Zeitung“ (OZ) herausgab. Bis 1982 bildeten sich weitere Verkehrsberuhigungsinitiativen in Ottensen.

 

Demonstrationszug gegen die Planung der City West an der Straßenkreuzung Bahrenfelder
Straße und Arnoldstraße 1973 / Foto: Stadtteilarchiv Ottensen/Schaffrath
 

1975 hatte sich die „Bürgerinitiative Verkehr in Ottensen“ (BIVO) gegründet, um eine „Bus-Trasse“ vom neuen Busbahnhof am Altonaer Bahnhof zum Spritzenplatz und weiter zur Bleickenallee zu verhindern. Seit 1980 kämpfte die „Bürgerinitiative Verkehrsberuhigung Ottenser Marktplatz/Holländische Reihe/Bernadottestraße“ für „Tempo 30“, Überholverbot und gegen Schwerlastverkehr auf ihren Straßenzügen. Das Sprachrohr dieser Verkehrsinitiativen wurde die neue Stadtteilzeitung „ZO“ – Zeitung für Ottensen. Die neue Partei „Grün-Alternative Liste“ (GAL) hatte in Altona „Verkehr“ zu einem ihrer zentralen Themen gemacht.

„Ottenser 6-Tage-Schleichen“

Auftaktveranstaltung für das erste „Ottenser 6-Tage-Schleichen“ war eine Fahrrad-Demonstration der „Grünen Radler“ am Sonnabend, den 16. Mai 1981, vom Gerhart-Hauptmann-Platz durch mehrere Hamburger Stadtteile zum „Fischerfest“ in Teufelsbrück. Nach einer Kundgebung in der Ottenser Hauptstraße schlossen sich die Ottenser Radler dem Konvoi an und radelten im großen Verband durch das enge Ottensen hinunter nach Teufelsbrück. In der Zeit vom 18. bis 23. Mai fand dann die erste „Verkehrsberuhigungswoche“ statt.

Täglich ab 16.30 Uhr zur Hauptverkehrszeit waren Fahrradkonvois unterwegs. Dabei wurden bekannte Unfallorte markiert, selbst hergestellte „Tempo-30“-Schilder installiert, Zebrastreifen ausgerollt und fußgängerfreundliche Ampeln aufgestellt. An einem Informationstisch an der Ecke Ottenser Hauptstraße Am Felde wurde von 16-18 Uhr täglich informiert und zu Gesprächen eingeladen. Abends fanden im Stadtteilkulturzentrum „Motte“ oder im „Stadtteilarchiv Ottensen“ (damals noch in den Räumen Am Born 6) Filmvorführungen oder Podiumsdiskussionen mit Polizei, „Grünen Radlern“, Verwaltung, Stadtplanern, Politikern sowie Ottenser Bürgern und Bürgerinnen statt.

„Radeln in Rudeln“

Während die Informationstische ordnungsgemäß angemeldet waren, war das Radeln eher informell und spontan. So rief die „ZO“ zum „Radeln in Rudeln“ auf, so dass die Pkws nur im Schritt-Tempo und mit zeitweiligem Stillstand bei besonderen Aktionen im Straßenraum hinter den „Rudeln“ herfahren konnten. Da einige Autofahrer aber sehr aggressiv reagierten, entschlossen sich die Organisatoren schnell dazu, einen eigenen PKW voran und einen am Schluss mitfahren zu lassen, um besonders auch mitradelnde Kinder zu schützen.

 

Eine Fahrraddemonstration formiert sich auf dem Parkplatz an der Nöltingstraße, einer
Freifläche der ehemaligen Maschinenfabrik Menck & Hambrock, am heutigen
Kemal-Altun-Platz, 1980 / Foto: Stadtteilarchiv Ottensen
 
 
„Schleichen statt Leichen“

So hieß die Parole der Verkehrsberuhigungsaktivitäten. Leider bekam dieser Slogan eine traurige Aktualität, als im Juni 1982 zwei Kinder in der Holländischen Reihe verunglückten und ein Kind an den Unfallfolgen starb. Zwei Tage lang gab es täglich Demonstrationen und Straßensperrungen am Unfallort und auf anderen Ottenser Straßen. Plötzlich ging alles sehr schnell und unkompliziert. Hamburgs Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD) ordnete drei Tage nach dem Unfall „Tempo 30“, Überholverbot sowie ein Verbot für Schwerlastverkehr auf der Holländischen Reihe an.

Und das war nur der Anfang. Nach und nach wurden auch die anderen Autobahnzubringer zu Tempo-30-Zonen, bis für ganz Ottensen „Tempo 30“ Vorschrift wurde. Leider waren immer nur schwere Unfälle mit Kindern die Anlässe für weitere Maßnahmen: Die zweispurigen Autobahnzubringer wurden auf eine Spur reduziert und teilweise wurden Fahrradspuren ausgewiesen. Die Eulenstraße wurde in der Höhe Mottenburger Twiete verschwenkt, so dass Raum für den Bau einer Kindertagesstätte entstand. Die Bus-Trasse vom Altonaer Busbahnhof konnte verhindert werden und aus den Dreiecksplätzen entlang der Bahrenfelder Straße wurden statt Verkehrsinseln mit Parkplätzen wieder Plätze für Menschen. Das Engagement der Ottenser und Ottenserinnen für Verkehrsberuhigung war vorbildlich und erfolgreich, wovon der Stadtteil bis heute profitiert.

 

Aufkleber der Bürgerinitiative Verkehr in Ottensen (BIVO) / Grafik: Stadtteilarchiv Ottensen
 
 

Quellen und Literatur:

  • Wenn die Westliche Umgehung fertig ist: „Straßenkampf“ auf dem Weg zwischen City und Autobahn, in: Hamburger Abendblatt 21.7.1973
  • Ottenser 6-Tage-Schleichen – Radeln in Rudeln, in: Zeitung für Ottensen Nr. 33, Mai 1981
  • Förderkreis Ottensen-Chronik (Hrsg.), Ottensen Chronik, Dokumentation eines Hamburger Stadtteils, Hamburg 1993
  • Stadtteilarchiv Ottensen e.V. (Hg.), Schauplatz Ottensen, Geschichte und Geschichten der Ottenser Plätze, Hamburg-Altona 2003, S.27f

Zur Autorin:

Brigitte Abramowski ist Geschäftsführerin und pädagogische Mitarbeiterin im Stadtteilarchiv Ottensen sowie langjährige Akteurin in Bürger- und Stadtteilinitiativen Ottensens seit 1976. Auf den Hamburgischen Geschichten veröffentlichte sie zuletzt den Artikel “Ottensen – Von der Gegenkultur zum Motor der Gentrifizierung? (1980 bis 2010)

 

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=421

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