Abmarsch vom Niederrhein

Ende Oktober war auch das Ende der Feldzugssaison nahe. Die Kampfhandlungen wurden weniger, die Truppen machten sich so langsam auf den Weg in die Winterquartiere. So war es das übliche Verfahren, und so ähnlich war es auch im Herbst 1642 am Niederrhein. In den vergangenen Monaten hatten sich französisch-hessische Truppen mit den kaiserlichen und bayerischen Einheiten immer wieder heftige Kämpfe geliefert, auch wenn es zu keiner großen Schlacht gekommen war. Bereits im Oktober 1642 begannen jedoch die bayerischen Kontingente in Richtung Franken abzurücken – zum großen Verdruß Kurfürst Ferdinands von Köln, der sich von seinem eigenen Bruder im Stich gelassen fühlte: Aber der schwedische Vormarsch ließ Kurfürst Maximilian Schlimmes für die eigenen Territorien befürchten; Bayern benötigte die Truppen selbst.

In dieser Situation ist ein Schreiben einzuordnen, daß auf den 30. Oktober datiert ist, allerdings nach altem Kalender (Hessisches Staatsarchiv Darmstadt E8 A Nr. 182/1). Es ist anonym gehalten, gibt aber Köln als Ausstellungsort an: Was sehr plausibel ist, denn die Metropole am Rhein war schon damals eine Medienzentrale.

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Quelle: https://dkblog.hypotheses.org/1292

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Reichssteuern im Krieg

Für die Finanzierung des Kriegs benötigte man riesige Geldsummen. Um diese Gelder aufzubringen, wurden allenthalben Kontributionen erhoben, Abgaben also, die als Kriegssteuern ausgewiesen waren. Zwar gab es auch Möglichkeiten, ganz regulär Reichssteuern zu erheben, aber wie sollte dies in einer Phase geschehen, in der das Reich samt seinen Institutionen gelähmt schien? Tatsächlich läßt sich nachweisen, daß in den Jahren des Dreißigjährigen Kriegs das Reich nicht völlig dysfunktional war, sondern daß es auch hier möglich war, regulär Reichssteuern zu erheben. Dies führt ein Beitrag vor, der kürzlich erschienen ist:
Fabian Schulze, Silent leges inter arma? Zur Rolle reichsrechtlicher Normen und Verfahrensweisen bei Türkensteuerforderungen im Dreißigjährigen Krieg, in: Was das Reich zusammenhielt. Deutungsansätze und integrative Elemente, hrsg. von Josef Bongartz, Alexander Denzler, Ellen Franke, Britta Schneider und Stefan Andreas Stodolkowitz, Köln/Weimar/Wien 2017, S. 125-147.



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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/1268

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Juli 1620: Kriegssteuern gegen die Exstirpation der Religion

Im Juli 1620 hatte der Feldzug gegen die aufständischen Böhmen noch gar nicht begonnen, als schon Probleme mit der Kriegsfinanzierung aufkamen. Maximilian von Bayern wünschte, daß die rheinischen Ligastände (also vor allem die drei geistlichen Kurfürsten) ihre Beiträge zur Kriegskasse erhöhten. Prompt organisierte Kurmainz ein Treffen, um über dieses Ansinnen beraten zu lassen. Maximilian ahnte, was kommen würde, und legte daraufhin Ferdinand von Köln seine Sicht der Dinge nahe (Herzog Maximilian von Bayern an Kurfürst Ferdinand von Köln, München 16.6.1620, Bay HStA Kasten schwarz 934 fol. 229-231 Konzept).

Dieser hatte kurz zuvor über die Schwierigkeiten berichtet, die erforderlichen Gelder aufzubringen. Maximilian muß über die Klagen seines Bruders Ferdinand enttäuscht, wenn nicht verärgert gewesen sein. Doch er ließ sich nichts anmerken, äußerte zunächst vielmehr Bedauern und versicherte, daß ihm die „difficulteten, beschwerden vnd verhinderungen“, von denen Ferdinand berichtet hatte, „ganz vnlieb“ seien. Daran knüpfte der bayerische Herzog aber die Hoffnung, daß sein Bruder doch noch „vff eisseriste mitl vnd weeg“ gedenken werde, um die erforderlichen Kriegssteuern für die Ligaarmee leisten zu können. Im Weiteren konnte er sich dann nicht die Bemerkung verkneifen, daß gerade er, Maximilian, als Bundesoberst der Liga die meisten Mühen zu ertragen und die größten finanziellen Lasten zu schultern habe. Entsprechend brach sich dann am Ende auch die Erwartung Bahn, daß sein Bruder Ferdinand als Kurfürst von Köln bei den anstehenden Beratungen ganz im Sinne Maximilians agieren und für die zügige Aufbringung der nötigen Gelder votieren werde.

Auffällig ist in diesem Schreiben Maximilians die überdeutlich konfessionell geprägte Argumentation. So fehlte nicht der Hinweis auf die höchste Not „des gemainen Cathollischen weßens […], darauff ainmal salus vel interitus religionis stehet“. Im Falle einer unzureichenden Finanzierung der Ligaarmee drohten nicht nur Spott, Schimpf und Nachteile, sondern vor allem ein „vnwiderbringlicher schaden der Cathollischen Religion vnd allen dessen zugewandten Stenden“. Gleichzeitig bekomme der Gegner die „erwinschte gelegenheit zu seinem schedlichen intent vnd extirpation der Religion“.

Das wirkt auf den ersten Blick deutlich alarmistisch und wohl auch etwas übertrieben. Ging es wirklich um Sein oder Nichtsein im Konfessionenstreit? Und meinte Maximilian dies wirklich so, wie er schrieb, oder skizzierte er nur ein Szenario, von dem er wußte, daß es bei den geistlichen Kurfürsten den gewünschten Effekt erzielen würde? Der bayerische Herzog war sicher ein kühl kalkulierender Fürst, der seine Argumente wohl abwog, auch in internen ligistischen Debatten. Doch sollte man nicht ausblenden, daß sich im Reich eine hochnervöse Spannung aufgebaut hatte, in der religiöse Existenzängste bei allen Konfessionsparteien nicht unbekannt waren. Axel Gotthard hat einmal von einem „Bedrohungssyndrom“ gesprochen, das er vor allem den geistlichen Kurfürsten attestierte. Es spricht einiges dafür, daß auch Maximilian von Bayern nicht frei von solchen Ängsten war. Und sie haben ohne Zweifel zumindest in dieser Phase auch die Politik maßgeblich mitbestimmt.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/358

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Der König von Polen als Fürsprecher eines Klosters am Niederrhein

Im Herzogtum Kleve gelegen, konnte das Kloster Marienbaum kaum den üblichen Belastungen des Kriegs entkommen. Immer wieder sollte der Konvent Kontributionen zahlen. Dagegen setzte sich die Äbtissin schon in den 1620er Jahren durchaus erfolgreich zur Wehr, zumindest zeitweise konnte sie sogar eine völlige Befreiung von jeglichen Kriegssteuern erwirken.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/331

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Kriegserfahrungen am Rhein

Am 16. und 17. September fand an der Bonner Universität die Herbsttagung der Abteilung für Rheinische Landesgeschichte statt. Unter dem Thema „Krieg und Kriegserfahrung am Rhein. Der Westen des Reiches im langen 17. Jahrhundert, 1568-1714“ kamen ganz unterschiedliche Aspekte zur Sprache, die sich nicht nur auf der Zeitschiene vom Achtzigjährigen Krieg bis zum Spanischen Erbfolgekrieg bewegten, sondern auch regional fast den gesamten Verlauf des Rheins abdeckten. Selbstverständlich wurden immer wieder auch Beispiele aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs angesprochen; einige wenige Beobachtungen möchte ich hier vorstellen.

Ganz allgemein erwies sich der zeitliche Zuschnitt der Tagungskonzeption als sehr reizvoll, als sich bestimmte Phänomene im Kriegsalltag über die gesamte Epoche hinweg verfolgen ließen. Gerade was das Verhältnis zwischen den Soldaten und der Bevölkerung angeht, blieben die Erfahrungshorizonte über die Jahrzehnte hinweg sehr konstant – vielleicht keine große Überraschung, wenn man davon ausgeht, daß auch die militärischen Organisationsformen und besonders ihre Mängel (konkret das nie zu bewältigende Problem der Logistik) in dieser Zeitspanne weitgehend identisch blieben.

Auf das Fortwirken der Hochzeitsmetapher, die vor allem durch den Untergang Magdeburgs 1631 traurige Berühmtheit erlangt hatte, wies Astrid Ackermann hin. So sei in der Publizistik, die die Einnahme Breisachs durch Bernhard von Weimar im Jahr 1638 kommentierte, eine ähnliche Begrifflichkeit verwandt worden. Daß dieses Bild fortlebte, verwundert nicht; allerdings macht das Beispiel Breisach deutlich, daß der Hochzeitsbegriff keineswegs nur auf die Fälle angewandt wurde, in denen eine Stadt oder eine Festung im Sturm genommen wurde.

In der Wahrnehmung der Konflikte, die zwischen dem Militär und der Bevölkerung aufbrachen, erscheinen beide oftmals als festgefügte Gruppen. Wie wenig stimmig dieses Bild ist, zeigte René Hanke, als er einen Fall referierte, der einen heftigen Streit unter einer Dorfgemeinschaft offenbarte. Denn wie die vom Militär geforderten Kontributionen auf die einzelnen Höfe umzulegen waren, löste große Kontroversen aus. Die Bauern warfen einander eine ungleiche und vor allem ungerechte Lastenverteilung vor. Solidarität in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten, war offenbar schwierig.

Ein schönes Beispiel dafür, daß die territorialen Obrigkeiten ihre ganz eigenen Konsequenzen aus einer militärischen Okkupation zogen, zeigte Jutta Nowosadtko. Nachdem im Münsterland spanische, niederländische und auch schwedische Truppen sog. Lizenten eingeführt hatten, dachte der Kurfürst von Köln (der damals auch Bischof im Hochstift Münster war) gar nicht daran, diese Steuern nach Abzug der fremden Truppen abzuschaffen, und erhob sie nun selbst. Hier lernte also die Landesobrigkeit von einer fremden militärischen Obrigkeit, wie man im eigenen Territorium das Steueraufkommen optimieren konnte. Oder anders ausgedrückt: Was der Historiker zunächst als Kriegsbedrückung identifiziert, deklariert er im Weiteren als einen Schritt im Staatsbildungsprozeß.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/304

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Pommersche Gravamina, Teil V – Menschenfresserei

Nr. 52 der Pommerschen Gravamina: Aufgrund der rigorosen Eintreibung von Kriegssteuern durch die Besatzer verlieren die Menschen im Land ihre Lebensgrundlagen; allenthalben breitet sich Hunger aus. Man behilft sich damit, junge Triebe und Knospen von den Bäumen zu ernten, manche essen „wie das Viehe“ Gras, ja manche werden mit Gras im Mund verhungert aufgefunden. Die Not treibt die Menschen sogar dazu, sich vom Fleisch der Toten zu sättigen, und einige haben sogar „jhr eygenen Eltern Fleisch gefressen“. Vor zwei Monaten, so der Bericht in dieser Flugschrift, habe „ein Weib jr Kind schlachten / selbiges kochen / vnd sich also deß Hungers erwehren wollen“.

Mit diesem Passus ist in der Schilderung der Exzesse seitens der kaiserlichen Söldner und der Not, die die Bevölkerung erleiden mußte, ein Höhepunkt erreicht. Schon auf dem Titelblatt findet sich die Formulierung, „wie gantz Tyrannisch / Vnchristlich vnd Barbarisch“ das Militär sich verhalten habe, und am Ende der Gravamina wird das Verhalten der kaiserlichen Truppen derart bewertet, „daß es auch Tartarn vnnd Türcken nicht so gar arg gemacht haben würden“ (S. 15). Die Wortwahl macht bereits deutlich, daß in den Augen der pommerschen Gesandtschaft die Militärs nicht einfach nur über die Stränge geschlagen haben, sondern daß sie alle verbindlichen Normen verletzt und Greuel verübt haben, wie sie allenfalls in der Welt der Barbaren üblich sein konnten (siehe zu dieser Thematik auch meinen Aufsatz im Sammelband Kriegsgreuel). Die Folgen dieser Exzesse münden in einer Hungersnot, die die Menschen immer mehr verzweifeln läßt und zu immer radikaleren Mitteln der Sättigung antreibt, wobei die „vnnatürlichen Speisen“ von Knospen und Gräsern bis zum Fleisch der Toten und dann der getöteten eigenen Kinder reicht.

Deutlich sichtbar wird hier in der Darstellung die dramaturgisch aufgebaute Klimax. Vor einigen Jahren hat Daniel Fulda Anthropophagieberichte aus dem Dreißigjährigen Krieg dahingehend gedeutet, daß sie auch dazu dienten, das nicht für möglich gehaltene Ausmaß von Gewalt und Exzeß zu beschreiben, das eben auch jede göttliche Ordnung verletzt (im Sammelband Ein Schauplatz herber Angst, 1997). Dabei arbeitet er auch die „ästhetische Faszination“ dieses Tabus heraus und auch die rhetorische Technik in der Darstellung, deren Steigerungsprinzip sich genau in dieser Form auch in der pommerschen Schilderung wiederfinden läßt.

Mit diesem Ansatz wird natürlich in keiner Weise darüber entschieden, ob die Schilderung der pommerschen Verhältnisse übertrieben oder gar völlig fiktiv ist (was auch D. Fulda nicht behauptet). Letztlich läßt sich dies nicht beweisen – aber eben auch nicht abstreiten, und die Not der Menschen in diesen Zeiten mag tatsächlich auch Fälle von Kannibalismus befördert haben. Wichtig bleibt aber doch zu sehen, daß die Schilderungen in diesen Beschwerden nicht einfach nur berichteten, wie es war, sondern durchaus einer spezifischen Rhetorik folgten, einer Rhetorik zumal, die als solche auch identifiziert und verstanden werden wollte, eben um das schier unermeßliche Elend in Worte zu kleiden, das die Menschen damals in Pommern erlitten.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/157

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Pommersche Gravamina, Teil III – Profitmaximierung

In der Flugschrift der pommerschen Kriegs-Gravamina von 1630 wird das ganze Panoptikum der Schrecken ausgebreitet, die sich infolge der Einquartierung ergaben. Neben den Exzessen, die die Söldner verübten, werden aber auch Mechanismen deutlich, wie das Militär in diesem Krieg Gewinn machte. Daß Männer sich dafür entschieden, in den Krieg zu ziehen, hatte viel weniger etwas mit Patriotismus oder dem Kampf für die eigene Konfession zu tun; viel mehr spielte das Streben nach Gewinn eine Rolle. Das gilt für den einfachen Söldner genauso wie für den Adligen, der als Offizier diente. Wie ließen sich aber in einem Feldzug Profite erzielen, die den Weg in den Krieg attraktiv erscheinen ließen?

Mehr Geld konnten die Militärs bekommen, indem sie sich einfach über die Kontributionsordonanz hinwegsetzten. So war festgelegt, daß die Gage, die dem Oberst zustand, auch den Anteil enthält, der für die Hauptleute festgeschrieben war (S. 4, Nr. 5). Allerdings hat kein Oberst, Oberstleutnant oder Oberstwachtmeister jemals von seiner Gage einen Hauptmann bezahlt – für diesen mußten eigens Mittel aufgebracht werden, und der Oberst behielt den Hauptmannsanteil für sich. Ähnliches war bei der Bezahlung für den Stab vorgesehen, der aus dem Quantum für die Kompagnie genommen werden sollte. Doch auch dies funktionierte nicht, die Mittel für den Stab mußten extra bezahlt werden (ebd.). Und schließlich wurden die Kompagnien, „wann sie schon nit complet seyn / dannoch vor complet“ bezahlt. Auch wenn die Artillerie gar nicht vorhanden war, mußten für Artillerie Kriegssteuern aufgebracht werden (ebd.).

War dies noch eine plumpe Trickserei bei der Abrechnung der Kontributionen, eröffnete die Eintreibung dieser Kriegskontributionen weitere Möglichkeiten. Laut Gravamen Nr. 7 kam es vor, daß ganze Trupps von Soldaten, „ja wol gantze Compagnien“ ausgeschickt wurden, die „einen geringen Rest / von 1. 2. oder 3. Thalern“ an Kriegssteuern eintreiben sollten (S. 4). Man kann sich leicht vorstellen, daß bei solchen Aktionen die tatsächlichen Ausstände nur den Vorwand boten, um deutlich höhere Werte einzukassieren. Daß diese Verfahren auch nicht ohne Zwang und Gewalt abliefen, machen andere Gravamina deutlich: Dann konnte die Eintreibung der Kontributionen oftmals in reine Plünderungen ausarten, so daß die Salvaguardien, die womöglich von der eigenen Armee ausgestellt worden waren, erst recht nur noch ein Stück Papier waren.

Es ging also nicht immer nur um die großen Kriegsunternehmer, die ganze Regimenter und Armeen für einen Kriegsherrn vorfinanzierten und unterhielten. Auch schon für die unteren Offiziersränge bis hin zu den einfachen Söldnern boten sich hinreichend Gelegenheiten, Profite zu generieren und den Krieg zu einem guten Geschäft zu machen. Daß er vielfach zu derartigen Praktiken gezwungen wurde, weil die regulären Soldzahlungen oftmals monatelang nicht erfolgten, steht auf einem anderen Blatt.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/153

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Rheinische Klöster im Dreißigjährigen Krieg

Soeben ist der zweite Band des Nordrheinischen Klosterbuchs ist erschienen; vor einigen Wochen hatte ich bereits auf die Kapuziner in der Schenkenschanz hingewiesen. Das vorliegende Lexikon behandelt die kirchlichen Einrichtungen in der Vormoderne, alphabetisch organisiert von Düsseldorf bis Kleve, und bietet einen kursorischen Überblick über Schicksale dieser kirchlichen Institute. Dieses Werk stellt auch für alle, die sich mit dem Dreißigjährigen Krieg beschäftigen, höchst aufschlußreiche Befunde vor. Denn Kriegszeiten konnten immer auch einen bedeutenden Einschnitt in der Geschichte eines Klosters bedeuten, was nicht überrascht, da Konvente, Klöster und Stifte attraktiv waren für jede Truppe, die Unterkunft suchte und Versorgung benötigte; ein Beispiel bietet das 1640 von Truppen Hessen-Kassels besetzte Kalkar (S. 589, 2.1.4).

Erwartet habe ich die übliche Geschichte von harten Kriegskontributionen, von Plünderungen und Zerstörungen und ebenso von konfessionspolitischen Eingriffen. Tatsächlich gibt es auch eine Reihe von Einrichtungen, denen genau dieses Schicksal widerfahren ist. Das Chorherrenstift St. Maria in Goch erlebte immer wieder Verwüstungen, so daß auch die Chorherren zeitweise ausweichen mußten (S. 406), ähnlich schwierig waren die Geschicke der Kartäuser in Jülich (S. 549) und erst recht diejenige des Kanonissenstifts in Essen-Rellinghausen (S. 321 f.). Einigermaßen glimpflich verlief die Geschichte des Kollegiatstifts Kleve, doch auch hier waren Einbußen und Rückschläge nicht zu vermeiden (S. 694). Somit passen diese Befunde durchaus in das allgemeine Narrativ vom Niedergang einer einstmals prosperierenden rheinischen Landschaft, die durch jahrzehntelange kriegerische Auseinandersetzungen derartige Einbußen hatte hinnehmen müssen, daß die Konsolidierung erst wieder im 18. Jahrhundert gelang – wenn überhaupt, denn für viele Städte leitete das 17. Jahrhundert eine Phase des Niedergangs ein, die erst durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert überwunden werden konnte.

Auffällig ist jedoch, daß das Narrativ vom Niedergang einige Male durchbrochen wird. So gab es eine Reihe von Klöstern, die allem Anschein nach gut durch die Krisenjahrzehnte kamen und diese offenbar ohne große Verluste überstanden. Die Geschichte des Klosters in Hamminkeln verlief in „gewohnten beschaulichen Bahnen“ (S. 450), und ähnlich unbehelligt von Kriegsereignissen kamen die Kapuziner in Essen durch diese Jahrzehnte (S. 293). Andere Beispiele zeigen sogar, daß die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs eine Phase war, in der Neugründungen unternommen wurden, die sich durchaus behaupten konnten: Bot die Krisensituation dieser Zeit mitunter auch Chancen? Beispielsweise wurde 1625 in Emmerich eine Sodalität der Devotessen gegründet (S. 206 f.), was nicht nur aufgrund des Zeitpunkts inmitten des Kriegs auffällt, sondern auch eben durch den Standort: In Emmerich lag eine Garnison der Generalstaaten, die im Herzogtum Kleve ohnehin einige starke Stützpunkte unterhielten und diese Militärmacht auch konfessionspolitisch einzusetzen verstanden. Dies bekam der Konvent der Fraterherren in Emmerich zu spüren (S. 211) und ebenso die Jesuiten (S. 221 f.), aber eben nicht die Devotessen. Erfolgreich waren ebenfalls die Franziskaner im Jahr 1624 in Kempen (S. 636), und ebenso glückte ihnen die Gründung eines Konvents direkt nach Kriegsende in Erftstadt-Lechenich (S. 263).

Weitergehende Interpretationen will ich an dieser Stelle gar nicht verfolgen; doch aufschlußreich scheint mir schon zu sein, daß die Befunde wie so oft ein differenzierteres Bild ergeben als zunächst erwartet. Anregungen, sich weiter mit dieser Thematik (und natürlich anderen Aspekten) zu beschäftigen, bietet dieses Lexikon allemal.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/167

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Brandenburg und der Dreißigjährige Krieg: textbook-Splitter

Karin Friedrich, die in Aberdeen lehrende Spezialistin für preußische Geschichte, hat vor einigen Monaten ein textbook zu Brandenburg-Prussia, 1466-1806 vorgelegt. Der in der Reihe “Studies in European History” erschienene knappe und konzise Überblick wird in den kommenden Jahren für Studierende in der englischsprachigen Welt sicher sehr hilfreich sein. Der Erfolg ist dem Buch durchaus zu wünschen, denn eine solche gelungene komprimierte Darstellung des vormodernen Teils der brandenburg-preußischen Geschichte hat ihren Wert, zumal wenn sie ältere Darstellungen in englischer Sprache ablösen kann.

An der Stelle soll es aber gar nicht um das Buch als ganzes gehen, sondern lediglich um die Frage, in welcher Weise der Dreißigjährige Krieg dargestellt wird. Es ist klar, daß diese Phase für die brandenburgische Geschichte kein Ruhmesblatt war, im Gegenteil. Um so großartiger geriet in der borussischen Geschichtsschreibung der Aufstieg der Hohenzollerndynastie, die im Laufe weniger Generationen ihre Herrschaft in den Kreis der europäischen Großmächte einführen konnten. Wie geht die Autorin also mit diesen bekanntermaßen dunklen Jahren Brandenburgs um?

K. Friedrich behandelt den ereignisgeschichtlichen Kontext, wie es in einem solchen Lehrbuch üblich ist, ausgesprochen knapp (79 f.). Bei den dafür aufgewendeten zwei Seiten fällt auf, daß Schwarzenberg zwar als “controversial Catholic minister” erwähnt wird, aber keineswegs wie in der älteren Forschung als der Sündenbock für eine Politik stilisiert wird, die Brandenburg beinahe unter die machtpolitischen Räder andere Potentaten zu bringen drohte. Die präsentere Figur ist aber, wenig verwunderlich, Friedrich Wilhelm, der eine flexiblere politische Ausrichtung verfolgte.

Daß man gewillt war, aus den bitteren Lehren des Kriegs zu lernen, zeigte sich bei der Organisation der Steuererhebung. Hier verweist K. Friedrich auf das Beispiel der Schweden, die 1626 ins Herzogtum Preußen einfielen und dort Kriegskontributionen erhoben (27). Auch hier taucht noch einmal Schwarzenberg auf als derjenige, der als Erster eine am schwedischen Modell angelehnte Steuererhebung zu etablierten suchte und damit wie dann der nachmalige Große Kurfürst eine antiständische Politik verfolgte, um das Steueraufkommen zu erhöhen. Das schwedische Beispiel wird auch zu recht für das Militärwesen betont, besonders war die Aufbringung von Truppen angeht (86, dazu auch schon 31 f.); vielleicht aber ist der Sprung zum Kantonsystem – der Begriff fällt an der Stelle – hier etwas zu weitgehend.

Zum Thema des konfessionellen Dissenses zwischen dem calvinistischen Herrscherhaus und den weitestgehend lutherischen Untertanen verweist die Autorin auf die Ausgleichsbemühungen im Jahr 1631, die allerdings nur unter dem politischen Druck zustande kamen (“At the height of the Catholic threat”, 39) und nicht von Dauer waren. Schließlich wird noch die Entstehung des Pietismus als Reaktion auf die Folgen des Dreißigjährigen Kriegs gesehen (“as response to the traumas of the Thirty Years War”, 98), aber dies ist lediglich ein Stichwort.

So weit – und so wenig. Doch dies ist im Rahmen einer gut 100-seitigen Darstellung auch nicht zu kritisieren. Wichtig erscheint mir festzuhalten, daß der Tonfall nichts Apokalyptisches hat; die schwierigen und krisenhaften Umstände dieser Jahrzehnte werden angesprochen, doch finden sie sich durch die Einbettung auch in größere strukturelle Zusammenhänge gut kontextualisiert.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/117

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