Jakob von Vitry: Okzidentale Geschichte (Jacobus de Vitriaco: Historia Occidentalis, deutsch), 7

[Fortsetzung des Übersetzungsprojekts]

Siebtes Kapitel

Über den Zustand der Stadt Paris

In jenen üblen und dunklen Tagen und gefährlichen Zeiten wandelte die Stadt Paris in Dunkelheit, wie andere Städte auch eingehüllt in verschiedene Verbrechen und zahlreiche Gemeinheiten, die nun durch das rechte Eingreifen des Himmels, der das Verwüstete in Wonne und das Verödete in den Sitz des Herrn verwandelt, zu einer gläubigen und ruhmreichen Stadt geworden ist, der Stadt des großen Königs. Wie der Garten der Freude und Ursprung der Wonne ist sie angefüllt mit allen Arten von Obstbäumen, und in der gesamten Welt atmet man die Süße (ihres) Geruchs. Wie aus einer Schatztruhe holt der höchste Vater das Neue und das Alte aus ihr hervor.

Sie selbst, gleichsam wie eine Quelle des Aufgangs und ein Brunnen des lebendigen Wassers, bewässert die Oberfläche der gesamten Erde, wobei sie den Königen wohlschmeckendes Brot und andere Köstlichkeiten darreicht und der gesamten Kirche Gottes über Honig und Honigwaben hinaus die überaus süßen Brüste anbietet.

Damals jedoch war der Klerus in ihr verdorbener als das übrige Volk, gleichsam ein stinkender Bock und ein krankes Schaf. Durch verderbliches Beispiel korrumpierte sie viele ihrer Besucher, die von überall her zu ihr strömten, und sie verschlang ihre Bewohner und versenkte sie mit sich in die Tiefe. Einfache Unzucht hielten sie für keine Sünde. Huren zogen überall öffentlich auf den Plätzen und Straßen der Stadt vorbeigehende Kleriker gleichsam mit Gewalt in ihre Bordelle. Wenn sich aber welche beharrlich weigerten hineinzugehen, dann nannten sie diese Sodomiten und schrien hinter ihnen her. Dieses hässliche und abscheuliche Übel hatte die Stadt so sehr in Besatz genommen, gleichwie ein nicht behandelbarer Aussatz und ein unheilbares Gift, dass sie es für etwas Ehrbares hielten, wenn jemand sich öffentlich eine oder mehrere Konkubinen hielt. In ein und demselben Haus wurden oben Vorlesungen gehalten, während unten die Dirnen lebten. Im Obergeschoss lehrten die Magister, im Untergeschoss gingen die Huren ihren verwerflichen Geschäften nach. Aus dem einen Teil (des Hauses) heraus stritten die Huren untereinander und mit den Kupplern, aus dem anderen Teil heraus plärrten die Disputierenden und die sich streitsüchtig aufführenden Kleriker.

Je mehr jedoch die üppig Lebenden und in ihren Ausgaben Freizügigen ihren Besitz auf sehr schändliche Weise verschwendeten, desto mehr vertraute man ihnen, und sie wurden von fast allen rechtschaffen und edel genannt. Wenn aber welche gemäß der apostolischen Lehre nüchtern, gerecht und fromm unter ihnen leben wollten, dann wurden diese sofort von den Unkeuschen und Weichlichen als geizig, elend, heuchlerisch und abergläubisch verurteilt.

Fast alle Pariser Gelehrten, Fremde wie Einheimische, beschäftigten sich mit nichts anderem als dem, etwas Neues zu lernen oder zu hören. Die einen lernten, um viel zu wissen. Das ist Neugier. Die anderen (lernten), um bekannt zu werden. Das ist Eitelkeit. Wieder andere (lernten), um Geld zu verdienen. Das ist Gier und das Übel der Simonie. Wenige jedoch lernten, um erbaut zu werden und zu erbauen.

Aber nicht nur aus dem Grund verschiedener Sekten(zugehörigkeit) oder aus dem Anlass der Disputation heraus widersprachen sich die Gegner gegenseitig, sondern auch wegen der Verschiedenheit der Herkunftsregionen stritten sie sich, sahen sich scheel an und zogen sich gegenseitig in den Schmutz, und brachten dabei gegeneinander auf unverschämte Weise Beleidigungen und Beschimpfungen hervor. Die Engländer nannten sie Säufer und Schwanzträger, die Franzosen eitel, weichlich und auf weibische Weise aufgeputzt, die Deutschen rasend und unsittlich in ihren Gelagen, die Normannen leer und prahlerisch und die Poitevins Verräter und Freunde des Reichtums. Diejenigen, die aus Burgund stammten, hielten sie für plump und dumm. Die Bretonen beurteilten sie als leichtfertig und unstet, und warfen ihnen häufig den Tod des Artus vor. Die Lombarden bezeichneten sie als gierig, bösartig und feige, die Römer als aufrührerisch, gewalttätig und eidbrüchig, die Sizilier als tyrannisch und grausam, die Brabanter als Männer des Blutes, Brandstifter, Eroberer und Vergewaltiger, die Flamen schließlich als reich, verschwenderisch, Trinkgelagen ergeben und nach Art der Butter weich und schlaff. Und bei Zank dieser Art gingen sie häufig von Worten zu Schlägen über.

So wollen wir aber von den Logikern schweigen, um deren Augen die Schmeißfliegen Ägyptens flogen, womit die sophistischen Spitzfindigkeiten gemeint sind, „damit die Redegewandtheit ihrer Sprache nicht durchschaut werden kann, in der“, so sagt Jesaja, „keine Weisheit ist“.[1]

Die Doktoren der Theologie, die auf dem Stuhl des Moses saßen, und die die Liebe nicht erbaute, ließ dafür das Wissen anschwellen. Als Lehrende, aber nicht zugleich Handelnde wurden sie wie das tönende Erz und die klingende Schelle, und wie ein steinerner Kanal, der Wasser in Gewürzgärten führt, aber in sich trocken bleibt. Nicht nur waren sie aufeinander neidisch und zogen die Studenten der anderen mit Schmeicheleien an sich, wobei sie den eigenen Ruhm suchten, sich um die Frucht der Geister aber nicht kümmerten, sondern sie vermehrten auch ihr Gehalt und jagten nach Würden, wobei sie das apostolische Wort mit allzu offenen Ohren aufnahmen: „Wer das Bischofsamt begehrt, begehrt ein gutes Werk.“[2] Weil sie jedoch nicht so sehr das Werk, als vielmehr die Berühmtheit liebten, wollten sie auf der Straße als erste gegrüßt werden, begehrten die vordersten Plätze in der Versammlung und die besten Liegen beim Fest. Während aber der Apostel Jakobus sagt: „Strebt nicht so sehr danach, Magister zu werden“,[3] beeilten sich so viele, Magister zu werden, dass die meisten von ihnen nur durch Bitte und Bestechung Schüler zu halten vermochten. Sicherer ist es jedoch zu hören als zu lehren, und besser ist ein demütiger Hörer als ein ungenügender und voreiliger Doktor. Der Herr hatte sich jedoch nur wenige unter ihnen als ehrliche und gottesfürchtige Männer bewahrt, die nicht auf der Straße der Sünder standen und nicht mit den anderen auf dem Stuhl der Pestilenz saßen.

[1]    Jes 33,19

[2]    1 Tim 3,1

[3]    Jak 3,1

D O W N L O A D

(pdf-Version)

Empfohlene Zitierweise: Jakob von Vitry: Okzidentale Geschichte 7, übers. von Christina Franke, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 24. Juli 2014, http://mittelalter.hypotheses.org/4096 (ISSN 2197-6120).

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/4096

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Neuerscheinung: Facing the Future – European Research Infrastructure for the Humanities and Social Sciences

Die Konferenz “Facing the Future”, die im November 2013 gemeinsam vom European Strategy Forum on Research Infrastructures (ESFRI), dem Europäischen Akademienverband All European Academies (ALLEA), der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und dem Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (Rat SWD) im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts “Bestandsaufnahme und Analyse geistes- und sozialwissenschaftlicher Grundlagenforschung an den europäischen Wissenschaftsakademien” organisiert wurde, hat ihre Ergebnisse in einem Buch zusammengefasst: “Facing the Future – European Research Infrastructure for the Humanities and Social Sciences” von Adrian Dusa Dietrich Nelle, Günter Stock und Gert G. Wagner (Herausgeber).

Ein pdf des Buches befindet sich hier.

ISBN 978-3-944417-03-5

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3816

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Der Einbürgerungstest. Geschichte als Eintrittskarte?

 

Welche Erzählungen über die Vergangenheit eine Gesellschaft bewahren will, zeigt sich bei den Tests zur Erlangung von Staatsbürgerschaft. Menschen, die sich für eine neue Staatsbürgerschaft bewerben, müssen in verschiedenen Ländern beweisen, dass sie über ein Grundwissen zur Geschichte des entsprechenden Landes verfügen. Im Schweizer Kanton Aargau beispielsweise werden den BewerberInnen mittels Zufallsgenerator 45 Fragen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad gestellt, die sie in 40 Minuten beantworten müssen.1 In einem aufwändigen Verfahren, an dem Politik, Wissenschaft und Praxis beteiligt waren, wurde ein Katalog von insgesamt 244 Fragen entwickelt. 92 Multiple-Choice-Fragen befassen sich mit Geschichte. Dazu kommen weitere 108 Fragen zu “Demokratie, Rechtsstaat und Föderalismus“ sowie 44 Fragen zu “Sozialstaat und Zivilgesellschaft“.

 

 

Schlüsselereignisse und bedeutsame Menschen

Die Fragen zur Geschichte zielen in unterschiedliche Richtungen. Rund ein Drittel der Fragen thematisiert Schlüsselereignisse, und in den je 4 Antwortmöglichkeiten, von denen immer genau eine richtig ist, werden Ursachen oder Folgen davon zur Auswahl unterbreitet. Auf die Frage “Was löste 1918 einen landesweiten Generalstreik aus?“ lautet die richtige Antwort “die soziale Not der Arbeiterschaft“. Ebenfalls rund ein Drittel der Fragen zur Geschichte thematisiert bedeutsame Schweizer Menschen aus der Vergangenheit. Wenn in der Frage der Name genannt wird, dann müssen die BewerberInnen oft eine wichtige Leistung der Menschen ankreuzen. Auf die Frage “Welche Organisation gründete Henry Dunant (1828-1910) in Genf?“ lautet die richtige Antwort “das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)“. Gefragt wird auch nach Wilhelm Tell als geschichtliche Sagenfigur, die gegen fremde Herrscher kämpfte. Es tauchen im Test also nicht nur historisch verbürgte Menschen auf, sondern auch solche, die nie gelebt haben, aber für die Schweizer Erinnerungskulturen bedeutsam sind.

Auswendig lernen oder Kurs besuchen?

Da alle Fragen im Internet zugänglich sind, können BewerberInnen die Lösungen auswendig lernen, sofern sie dafür die notwendigen Fähigkeiten haben und die Sprache beherrschen. In diesem Fall haben sie wohl wenig von der Schweizer Geschichte verstanden – aber einen Tatbeweis erbracht, dass ihnen die Staatsbürgerschaft wichtig ist. Sinn für historisches Denken machen solche Multiple-Choice-Fragen zu Schlüsselereignissen und Menschen nur dann, wenn sie Anlass sind, sich vorher oder nachher mit dem geschichtlichen Kontext auseinanderzusetzen. BewerberInnen für die Staatsbürgerschaft können dies in speziell dafür angebotenen Kursen oder mit der Lektüre eines Geschichtsbuchs tun. Interessant ist, dass beispielsweise Geschichts-Studierende an der PH Freiburg i.Br. oder Geschichts-Lehrpersonen im Südtirol ohne jegliche Vorbereitung im Durchschnitt gute bis sehr gute Resultate beim Schweizer Einbürgerungstest erzielen. Das schaffen sie ohne detaillierte Kenntnisse der Schlüsselereignisse und Menschen wohl einfach deshalb, weil sie vor dem Hintergrund ihres geschichtlichen Wissens bei vielen Fragen die richtige Lösung erschließen können.

Staatsbürgerschaftstest als Spiegel für Public History

So lohnt es sich denn, die Staatsbürgertests daraufhin zu analysieren, wer oder was darin vorkommt und wer oder was nicht. Staatsbürgertests sind ein guter Indikator für die Themen und Inhalte der staatlich erwünschten Public History. Hier ist abzulesen, welche Narrative eine Gesellschaft für ihre Mitglieder als zentral erachtet und aus welcher Perspektive Geschichte erzählt wird. Nicht thematisiert ist im Aargauer Staatsbürgertest etwa die Völkerwanderungszeit, wo die Ursachen für die Viersprachigkeit der Schweiz zu finden sind. Und nach wie vor wird das späte Mittelalter auf dem Gebiet der heutigen Schweiz ganz aus Sicht der Eidgenossenschaft erzählt: Winkelried, den Helden aus der Schlacht bei Sempach 1386, müssen alle künftigen SchweizerInnen kennen. Offenbar ist wichtig zu wissen, dass Eidgenossen ihr Leben heldenmütig auf dem Schlachtfeld opferten – um die Habsburger zu besiegen, zu denen damals auch die Menschen im Gebiet des heutigen Aargaus gehörten: Welch schönes Beispiel, dass die Sieger die Geschichte schreiben! Die Habsburger werden auch im Staatsbürgertest in Österreich thematisiert.2 Dort lautet die Frage „Wie hieß die einzige Frau an der Spitze des Hauses Habsburg?“ Gesucht ist Maria Theresia.

Sinnlose Schikane oder sinnvolle Integrationshilfe?

In den USA wird weder nach Winkelried noch nach Maria Theresia gesucht, sondern nach Susan B. Anthony.3 Wo liegt der Vorzug, wenn ich als künftiger Amerikaner weiß, dass sich Susan B. Anthony für die Bürgerrechte und Frauenrechte einsetzte? – Im günstigen Fall realisiere ich als Bewerber bei der Begegnung mit der Frage zu Susan B. Anthony, dass für das heutige Amerika offenbar die Bürger- und Frauenrechte als bedeutsame Errungenschaft betrachtet werden. Das wäre ein erster wichtiger Schritt zum Aufbau oder zur Festigung von Einstellungen, die für die Gesellschaft von Bedeutung sind. Wir wissen, dass Menschen, die sich bewusst, kritisch und vergleichend mit Argumenten auseinandersetzen, stabilere Einstellungen haben und sich konsistenter dazu verhalten. Dass dies geschieht, dafür reicht ein Multiple-Choice-Test nicht. Aber er kann dafür ein erster Schritt sein. Was folgen müsste und was im Aargau auch folgt, ist ein Gespräch über den Multiple-Choice-Test und über die richtigen und falschen Antworten. Es scheint mir deshalb klüger, sich bei den Staatsbürgertests für gute geschichtliche Fragen und für ein zielführendes Setting einzusetzen als bequem auf die Kritik aufzuspringen und die Staatsbürgertests in Bausch und Bogen abzulehnen.

 

 

Literatur

  • Bernhardt, Markus / Mayer, Ulrich / Gautschi, Peter: Historisches Wissen – was ist das eigentlich? In: Kühberger, Christoph (Hrsg.): Historisches Wissen. Geschichtsdidaktische Erkundung zu Art, Tiefe und Umfang für das historische Lernen. Schwalbach/Ts. 2012, S. 103-117.
  • Conrad, Christoph / Kocka, Jürgen (Hrsg.): Staatsbürgerschaft in Europa. Historische Erfahrungen und aktuelle Debatten. Hamburg 2001.
  • Windischbauer, Elfriede: Historisches Wissen als Voraussetzung für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft. In: Kühberger, Christoph (Hrsg.): Historisches Wissen. Geschichtsdidaktische Erkundung zu Art, Tiefe und Umfang für das historische Lernen. Schwalbach/Ts. 2012, S. 249-265.

Externe Links

 



Abbildungsnachweis
© Wikimedia Commons. Der Schweizer Pass – Ausweis der Staatsbürgerschaft.

Empfohlene Zitierweise Gautschi, Peter: Der Einbürgerungstest. Geschichte als Eintrittskarte? In: Public History Weekly 2 (2014) 27, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2345.

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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/2-2014-27/der-einbuergerungstest-geschichte-als-eintrittskarte-die-gesellschaft/

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Ein Rückblick zur Neueröffnung des Imperial War Museum London

 

Nach monatelanger Umbauzeit wurde am 19. Juli 2014 das Imperial War Museum in London neu eröffnet. Das Gebäude wurde vor allem in seiner inneren Baustruktur stark verändert – ein guter Anlass, im Rückblick zu zeigen, wie das IWM vor dem Umbau aussah… Im Zentrum der Neueröffnung stehen inhaltlich die „First World War Galleries“ und die Kunstausstellung „Truth and Memory: British Art of the First World War“. Mit beiden Ausstellungen begeht das Imperial War Museum das 100. Jubiläum des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges, einem Thema […]

 

 

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/1645

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Spendenmöglichkeit für österreichisches Justizopfer

Die österreichische Justiz scheint im Gleichschritt mit der Wiener Polizei die Teilnahme an Demonstrationen als Verbrechen bewerten zu wollen, wie der Fall des gestern verurteilten Josef S. zeigt, der selbst in Medien wie dem Spiegel Unverständnis hervorruft.
Wer nicht will, dass dies so bleibt, hat die Möglichkeit - so wie ich - zu spenden, in der Hoffnung, dass die österreichische Justiz wenigstens in der nächsten Instanz zur Besinnung kommt; unter http://freiheit-fuer-josef.familientagebuch.de/unterstuetzen/ werden zwei Spendenkonten genannt:

Ein privates Konto für die Familie:
Kto-Nr: 263528200 IBAN: DE89 8204 0000 0263 5282 00
BLZ: 82040000 (Commerzbank) BIC: COBADEFFXXX
Verwendungszweck: Wien

Spendenkonto für Josef der Ortsgruppe der Roten Hilfe Jena:
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Kto-Nr.: 4007 2383 09 IBAN: DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Wien

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/948988677/

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Tipp: Versöhnung durch Kunst?


Eine Auseinandersetzung mit indigenen australischen Soldaten im Ersten Weltkrieg

“Wenn manche Leute sagen, das ist ein verborgener Teil unserer Geschichte, dann muss man fragen: Für wen waren diese Dinge verborgen?” Dass zahlreiche indigene Soldaten im Ersten Weltkrieg in der australischen Armee gekämpft haben, scheinen sowohl die Öffentlichkeit als auch die Politik des Landes lange Zeit vergessen zu haben.

Obwohl ihnen in der Armee Gleichstellung versprochen wurde, hat man ihre Leistungen nach Ende des Krieges nur wenig gewürdigt. Und erst seit etwa zwanzig Jahren gesteht die Regierung öffentlich das staatlich verschuldete Unrecht gegenüber der indigenden Bevölkerung an. Tom Wright, der Stellvertretende Direktor der Sydney Theatre Company, setzte sich direkt zu Beginn des Gedenkjahres 2014 in dem Theaterstück “Black Diggers” mit der Rolle der Aborigines in den australischen Truppen auseinander.

Dirk Fuhrig vom Deutschlandfunk hat einen spannenden Beitrag über das Theaterstück gemacht, das Sie hier hören können.

 

Quelle: http://wwc.hypotheses.org/340

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Memory Boxes

The project Memory Boxes. An Experimental Approach to Cultural Transfer in History, 1500-2000 has come to its happy end:

Memory Boxes

This project between the Cultural History Department at the University of Turku, Finland and the Research Unit Historical Cultural Sciences at the University of Mainz, Germany started in 2010, when a group from Mainz (myself included) visited Turku and got to talking about cultural transfer/cultural encounters. Until it all really came together – finding the participants, finding a concept which promised some new insights into our research topics, and applying for funding from the DAAD (Germany) and the Academy of Finland, it was already late 2011.

2012 and 2013 saw us visiting each other twice a year, and really struggling with applying theory to the actual research. After all, the theoretical concept was supposed to add something to our projects. However, at the end of 2013 our articles, introductions and conclusion was finally done, and we (myself together with two lovely colleagues from Turku, Heta and Anna-Leena)  brought our book the last steps to be published. And now, it’s finally here!

Now, what is it all about?
Basically, our project group of ten people used the concept of memory boxes to be able to take a closer look at cultural transfer through time and space. A memory box is identified as a material or immaterial object (we used the categories topoi, personalities, and artefacts) which is encountered in different cultural contexts. Different meanings are attached to such a memory box in every different cultural setting, while at the same time, the older meanings still influence their interpretation. Therefore, a memory box helps us to understand a cultural setting by taking into account older influences.

Alright, alright – this sounds very abstract. To make it a bit concreter:
my case study was the development of the topos providence in 16th- and 17th century England as well as 17th- to 20th century America. It could clearly be stated, how this topos changed from a religious to a more political concept. In England, ideas of Protestant heroism – a sense of England as the Protestant nation – were attached through claiming the defeat of the Spanish Armada, the discovery of the Gunpowder-Plot, or the Glorious Revolution as providential. In the American colonies, shared experiences of settling a new country made up the basis of the understanding of providence. This understanding added to an American sense of being the foremost Christian nation.
In both cases, providence was not only understood as a religious idea of God’s hand in the world, but much more a political idea linked to national identity.
The concept of memory boxes made it possible to concentrate on this topic in isolation, and really grasp the different influences which played a role.

I admit, this propably still sounds very abstract. However, our project also looked (among others) at the Kalevala (a Finnish epic poem), representations of the Merovingian Queen Clotilde, the topos of Golden Age, or the coronation stone of the Scots as memory boxes.

All in all, I think it was a worthwhile project – and, it definitely opened my eyes for all these different circumstances where cultural transfer plays a role, and how it influences everyday-life.

Quelle: http://csarti.net/2014/07/memory-boxes/

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Die älteste erhaltene ungarische Evangelienübersetzung von 1466 digital zugänglich – Hussitenbibel mit Kalender

 

Cod.hung.1.4Der „Münchener Kodex“ ist das Kernstück der ungarischen Handschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek (Cod.hung. 1) und zugleich das sprachhistorische Denkmal der Ungarn-Forschung. Ab sofort ist er nicht nur in der Ausgabe von Szabó T. Ádám (BSB-Bestand: Hbh/Dp 3501[2), sondern auch im digitalen Faksimile der akademischen Welt frei über das Internet zugänglich. Das älteste Evangeliar in ungarischer Sprache (1466) ist Teil der sogenannten „Hussitenbibel“. Es gibt lediglich zwei weitere ungarische Codices, die zur Hussitenbibel gezählt werden – den Apor-Kodex (Übersetzung von 150 Psalmen – im Besitz des Szekler Nationalmuseums in Sfântu Gheorghe) und den Wiener Kodex (Auszüge aus dem Alten Testament - mittlerweile im Besitz der Széchényi-Nationalbibliothek).Cod.hung.1.2Die Geschichte der ungarischen Bibelübersetzung sowie die verschlungenen Wege, auf denen das Evangeliar und der Kalender ihre Wege in die Bayerische Staatsbibliothek gefunden haben, sind bemerkenswert. Wer würde vermuten, dass die älteste erhaltene zusammenhängende Bibelübersetzung auf Ungarisch jenseits der Grenzen des historischen Ungarn angefertigt wurde - im liberalen Fürstentum Moldau in dem Städtchen Târgu Trotuș (ungar. Tatros), wo die geflohenen Hussiten Asyl gefunden hatten - und dass im Kolophon der Sohn Hensel Emres (Emerichs) Németi György (Georg möglicherweise aus einem Ort namens Németi, eine Ortschaft mit Bezug zu deutschen Siedlern) als Schreiber genannt ist? Als Übersetzer der ungarischen Hussitenbibel gelten unter den meisten Forschern Valentinus de Ilok (ungar. Újlaki Bálint) und Thomas de Quinque-Ecclesiis (ungar. Pécsi Tamás), die in den Jahren 1399 bzw. 1411 an der Prager Universität immatrikuliert waren. Sie sollen später als Priester in Kemenitz (ungar. Kamanc, serb. Sremska Kamenica) in Syrmien gewirkt haben, einem Gebiet zwischen dem heutigen Kroatien und Serbien, zwischen den Flüssen Donau, Save und Drau, und in den Jahren 1438-1439 infolge der Inquisition in das Fürstentum Moldau geflohen sein. Die kirchenpolitischen Reformen des Jan Hus waren also bis tief nach Südost- und Osteuropa spürbar.

Cod.hung.1.1Der Kalender für die Jahre 1416-1435 und das Evangeliar wurden erst im Besitz des berühmten Diplomaten, Orientalisten und Humanisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506-1557) zusammengebunden und kamen 1558, im Jahr der Gründung der Hofbibliothek nach München. Es gibt keine eindeutigen Nachweise wie der Kalender und das Evangeliar in den Bestand Widmanstetters gelangten. Eine Theorie besagt, dass Widmanstetter den Codex vom französischen Orientalisten Guillaume Postel erhalten hat. Dieser hielt sich in den Jahren 1553-1554  zur gleichen Zeit wie Widmanstetter in Wien auf und hatte zuvor ausgedehnte Forschungsreisen mit einem Halt in dem Städtchen Târgu Trotuș unternommen. Die andere Theorie stützt sich auf die Orthographie: Genau wie in der Bibelübersetzung tauchen die orthographischen Neuerungen auch in der Druckerei des späteren Palatins Tamás Nádasdy auf. Für diese könnte das Evangeliar die Vorlage gewesen sein. Auch in privaten Briefen wandte Nádasdy die neue Orthographie an. Am Wiener Hof, an dem Widmanstetter von 1552-1556 wirkte, könnte die Übergabe bzw. Schenkung stattgefunden haben.

Cod.hung.1.3Im letzten September hat eine ungarische Studiengruppe von der ELTE die Bayerische Staatsbibliothek besucht und den Münchener Kodex begutachtet sowie die Digitalisierung dieser Handschrift gewünscht. Nicht zuletzt diesem Wunsch ist die BSB nachgekommen und hat einen weiteren Schritt in der digitalen Aufbereitung ihrer wertvollen Handschriften getan.

 

 Weiterführende Literatur (Auswahl):

  • Szabó,T. Ádám: Der Münchener Kodex (1466) als ungarisches Sprachdenkmal. In: Annales Universitatis Scientiarum Budapestinensis de Rolando Eötvös nomi-natae. Sectio linguistica 17 (1986), S. 3-36 [BSB-Bestand: Z 70.1768-16/17]

Richard Holzberger

 

 

Quelle: http://ostbib.hypotheses.org/482

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