Transforming Information: Record Keeping in the Early Modern World | #BARecords
In London fand am 9. und 10. April 2014 die Tagung “Transforming Information: Record Keeping in the Early Modern World” statt:
“Record-keeping was a deeply political act: decisions about what was kept and what was destroyed can tell us a great deal about changing notions of legitimacy and political participation.”
(Kate Peters)
Q&A: how archives make history, 7. 4. 2014,
http://www.cam.ac.uk/research/discussion/qa-how-archives-make-history.
Getwittert wurde unter #BARecords:
Update: Storify von Liesbeth Corens (@onslies) mit Abstracts: https://storify.com/onslies/tranforming-information-record-keeping-in-the-earl
11 Fragen & ein Best Blog Award – im Frühling fliegen die Blogstöckchen tief
Viele erste Male für meinen Blog. An einem schönen Frühlingswochenende in Münster habe ich bei meinen ersten Bloggertreffen und (nicht ersten) stARTcamp Sandra und Robert vom virtuellen Migrationsmuseum kennengelernt. Nach barcamp-typischem, supernettem Input freut es mich nun sehr, dass das erste Mal ein Blogstöckchen und gleich dazu ein „Best Blog Award“ von den beiden zu mir geflogen kamen. Leider hab ich die neuen Fragen zu spät gelesen und mir schon die Finger wund getippt, deswegen hier eine Mischung aus den Fragen an und denen von euch. Ich hoffe ich kann mit meinen elf Antworten trotzdem der großen Ehre gerecht werden
1. Worüber schreibst Du in Deinem Blog?
Das hängt immer ein bisschen von meiner Tagesform ab und von den Themen und Ideen, die ich mir bei der Recherche in Timelines, Blogfeeds und Gesprächen so kommen. Meistens schreibe ich über Social Media in Kultur und Geisteswissenschaften. Besonders die Kommunikation zwischen den „schönen Künsten“ und dem außeruniversitären Rest der Welt liegt mir dabei am Herzen, weil ich als Althistorikerin immer wieder die Relevanz meines Faches erklären muss und mich das schon traurig stimmen kann. Deswegen „klaue“ ich viele Ideen von den Kulturlern – mit denen ich meinen Arbeitsalltag teile und die sich in Sachen Netz immer wieder tolle neue Sachen einfallen lassen – und schaue, was sich davon auch für die Welt der Unis, Forschungsinstitute und des Fachjournalismus anwenden lässt. Und natürlich schreibe ich über Veranstaltungen wie die re:publica und stARTcamps, bei denen ich tolle Leute wie Robert und Sandra und viele andere kennengelernt habe.
2. Hast du einen Artikelfavoriten im Blog? Wenn ja, warum?
Der erste für den Blog geschriebene Beitrag war eine echte Herzenssache. Ich saß seit ein paar Wochen in Berlin im Social-Media-Kurs und entdeckte, dass die Möglichkeiten des World Wide Web auch für idealistische Geisteswissenschaftler und Kulturliebhaber wie mich unendlich sein können. Den Input, die vielen noch Neulings-Gedanken und die Begeisterung für dieses Betätigungsfeld hab ich mir dann vom Herzen geschrieben – und erst später bemerkt, wieviele Leute sich schon vor mir damit beschäftigt haben
Ich mag auch sehr den Beitrag zu den Kürzungen der Denkmalpflege in NRW. Der war auch eine Herzensangelegenheit, weil ich damals in der Archäologie gearbeitet und gesehen hab, wieviel Freude so eine Nachricht den Menschen nehmen kann, die sich mit Begeisterung für die Bedeutung der Vergangenheit einsetzen. Ich konnte den Beitrag mit meinem “Insiderwissen” und der Unterstützung meiner Kollegen schreiben und dann hat er soviel positives Feedback von vielen Seiten gebracht, dass wir im Büro sprachlos davor saßen und die Leserzahlen kaum fassen konnten. Das war unglaublich für mich und hat mich auch stolz gemacht.
4. Gab es einen besonderen guten – oder schlechten – Kommentar zu einem Deiner Artikel?
Einige schöne und unterstützende Kommentare habe ich zu dem Artikel über die Kürzungen in NRW bekommen, was sicher auch an der großen Verbreitung lag. Sonst sind Kommentare im Blog selbst leider eher selten. Von Zeit bekomme ich Tipps und Ergänzungen, vor allem bei Beiträgen über Tools und ihre Anwendbarkeit für Kultur und Geisteswissenschaften. Ich würde mir aber insgesamt mehr und auch mehr kritische Kommentare wünschen, sodass ein bisschen Diskussionen und Austausch zustande kommen, die ich dann wieder in Beiträgen aufgreifen kann. Umso mehr freue ich mich immer, wenn mich Menschen “analog” auf meinen Blog ansprechen und ich merke, dass ich nicht ins Blaue schreibe und dem ein oder anderen doch einen Mehrwert bescheren kann.
4. Was machst du in 20 Jahren?
In 20 Jahren haben hoffentlich jede historische und archäologische Forschungsinstitution und vielleicht jedes (noch übrig gebliebene) Uni-Institut eine eigene Stelle für Online-Kommunikation. Bei einer davon kann ich dann schöne, spannende, crossmediale Beiträge über die aktuellen Forschungen und Erkenntnisse für ein breites Publikum schreiben, drehen und vertonen, die Community pflegen (wer weiß, ob dann noch auf Facebook und Twitter..) und ganz viele Menschen an der Begeistertung für kleine Orchideenfächer teilhaben lassen.
5. Was sind Deine liebsten kulturellen Aktivitäten?
Als Historikerin bin ich natürlich ein Museumskind. Ein Urlaub oder Städtetrip, ohne Museen gesehen zu haben, ist für mich eigentlich unmöglich – manchmal zum Leidwesen meiner Begleiter Lange galt meine Vorliebe dabei vor allem archäologischen und historischen Museen – die zeitweise Schließung des Pergamnonmuseums macht mich immernoch traurig. In der Zwischenzeit schaue ich mir immer lieber aber auch andere Häuser an, am liebsten in netter fachlicher Begleitung. Sonst gehe ich gern, wenn auch zu selten, ins Theater, zu Konzerten und seit einiger Zeit zu Poetry Slams oder entdecke neue Städte, durch die ich stundenlang schlendern und Eindrücke sammeln kann.
6. Was findest Du an Ausstellungen/Museen gut?
Die Vielfalt der Möglichkeiten, Themen aufzubereiten, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Häusern in verschiedenen Städten und Ländern und auf jeden Fall die Nähe zur Vergangenheit und den tatsächlichen Menschen und deren Leben, die Ausstellungsstücke vermitteln können. Außerdem sind Museen natürlich immer eine Entdeckungsreise zu Themen und Dingen, die ich noch nicht wusste oder kannte und die mich neu begeistern können. Da bin ich – Historikerin hin oder her – ein ganz normaler Besucher und lasse mich gern von schönen Vermittlungsangeboten überraschen.
7. Was findest Du an Ausstellungen/Museen nicht so gut?
Manchmal sind sie mir ein bisschen zu fachlich, zu sehr aus der Sicht eines Kurators, Archäologen, Kunsthistorikers oder Ethnologen konzipiert. Ich habe dann das Gefühl, dass ich an das Thema nicht so richtig rankomme, weil ich nicht die notwendigen Vorkenntnisse habe. Zu lange Texte oder zu fachliche Beschriftungen, nur die Stücke im Mittelpunkt und das eigentlich menschliche oder epochentypische, der Hintergrund der Lebenswelt am Thema geht verloren – dann kann das Museumserlebnis enttäuschend sein und ich kann verstehen, warum viele Menschen Museen als langweilig oder schnöselig sehen und lieber Fußball schauen. Da ist einfach mehr Nähe da.
8. Was ist Dein liebstes analoges Werkzeug?
Bücher, Stifte und Notizbücher. Obwohl ich vor allem Online-Texte schreibe, lese ich immernoch am liebsten analog, auf der Couch oder am Schreibtisch, und schreibe mir Notizen immernoch gern auf Zettel oder in Notizbücher. Dort kann ich kritzeln, durchstreichen, unterstreichen, Pfeile, Herzchen, Kringel und Ausrufezeichen malen, Zettel und Visitenkarten dazulegen und alles ohne Laptop überall hin mitnehmen und immer wieder lesen. Außerdem mag ich Kulis. Kulis sind Erinnerungen und jedes Mal, wenn ich in mein Mäppchen greife, hole ich einen Kuli heraus und denke an den Tag, als ich ihn bekommen hab.
9. Ein Leben ohne Smartphone ist..
Möglich, aber sinnlos. Leider. Gott sei Dank. Ich hätte gern ein Smartphone mit einer hübschen kleinen T9-Tastatur, auf der ich so schnell schreiben kann wie früher. Und mit einem Akku, der länger als gefühlte 3 Stunden hält. Dann könnte ich den ganzen Tag twittern, facebooken, Fotos machen und bearbeiten, Blogs lesen, whatsappen, Podcasts hören, Quizduell spielen und telefonieren. Ein Leben ohne Smartphone ist.. keine Ahnung, wie das ohne war. Ich glaube ich musste sehr lange auf Briefe von meiner Brieffreundin warten und vor allem immer pünktlich bei Verabredungen sein. Und ich musste nur Vornamen wissen, anstatt die Nachnamen aller Menschen, um sie auf Facebook zu finden, und ihre Twitter-Nicknames noch dazu. Aber Dank Smartphone kann ich sie ja immer gleich vor Ort adden und die unnötigen Infos gleich wieder vergessen.
10. Möchtest Du uns sonst noch etwas sagen?
An dieser Stelle möchte ich mich gern bei meiner Mutti bedanken und nein, ich habe Game of Thrones immernoch nicht gesehen
Bleibt idealistisch! Ich glaube das ist wichtig für alle, die von Herzen in Kultur und Geisteswissenschaften arbeiten und in anbetracht von finanziellen Kürzungen, Relevanzdiskussionen oder internetfernen Chefetagen manchmal verzweifeln.
11. Du hast drei Wünsche frei, welche sind das?
Ich bin erst kürzlich auf etwas sehr schönes gestoßen: die „Grimm’s Terms and Conditions for Your Three Wishes“ (These terms and conditions contain legal obligations. Please read these terms and conditions carefully before using your three wishes). Da ich mir also nicht unendlich viele Wünsche wünschen kann, nehme ich
1) eine Zeitmaschine, mit der ich so oft in die Vergangenheit reisen und mit spannenden Leuten sprechen kann, wie ich will. Am Besten ohne Sprachbarrieren und ohne Zeitparadoxon.
2) eine Wünschelrute, die mich zu allen wichtigen, noch unentdeckten Fundorten und Schätzen der Antike führt.
3) genug Zeit und einen großzügigen Förderer, damit ich 1. und 2. in Ruhe wissenschaftlich bearbeiten, publizieren und natürlich kreativ und anschaulich der Öffentlichkeit präsentieren kann, damit sich jeder für das Thema begeistert und ich nie wieder erklären muss, warum ich brotlose Kunst studiert habe.
(4) und Weltfrieden).
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Damit reiche ich das Blogstöckchen und den best blog award weiter. Ich würde mich freuen, wenn Ihr das Stöckchen aufnehmt!
Blogstöckchen: Gebrauchsanweisung (so streng ist es nicht, Ihr könnt das gerne anpassen)
- Baut das Best Blog Award-Bildchen ein und verlinkt es mit unserem Artikel.
- Verfasst elf neue Fragen, spielt damit und reicht das Best Blog Blogstöckchen an zehn oder weniger Blogger eurer Wahl weiter.
- Gebt hier im Kommentar Bescheid, wenn der Beitrag fertig ist.
Meine Fragen an Euch:
1. Wieso hast du einen Blog und worüber schreibst Du?
2. Was war dein schönstes Blogger-Erlebnis?
3. Was machst Du in 20 Jahren?
4. Gab es für dich einen beruflichen Plan B?
5. Was sind Deine liebsten kulturellen Aktivitäten?
6. Dein schlimmstes Kulturerlebnis?
7. Gibt es etwas am Leben ohne Internet, das du vermisst?
8. Welche Kultur- oder Forschungseinrichtung möchtest du auf jeden Fall mal sehen?
9. An deiner Arbeit hasst du manchmal..
10. Möchtest Du sonst noch etwas sagen?
11. Du hast drei Wünsche frei, welche sind das?
Ich werfe das Blogstöckchen weiter zu
Museumsglück von Michelle van der Veen
Museums-Apps von Dorian Ines Gütt
den Kulturmanager Christian Henner Fehr
Die Mädels vom LWL-Museum für Kunst und Kultur
Kultur und Kunst von Wera Wecker
Minus Eins Ebene von Maxi Platz
Charlotte Jahnz
Linked2Communication von Matthias Fromm
Weitere E-Tutoren Kurse im Sommersemester 2014
Die Onlinelehre und der Einsatz von Tutorinnen und Tutoren ist im Hochschulalltag unverzichtbar. Das E-Learning-Labor der Hochschule Fulda bietet daher nicht nur Studierenden die Ausbildung zur E-Tutorin und zum E-Tutor an, sondern ermöglicht es auch regelmäßig den Lehrenden, sich intensiver mit dem Thema Tutorinnen und Tutoren in der Onlinelehre zu beschäftigen. Die angebotenen Kurse sind dann ganz konkret auf die Zielgruppe der Lehrenden (Professorinnen und Professoren, Lehrbeauftragte, in der Lehre beschäftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) bzw. der Studierenden ausgerichtet. Mehr lesen Termine im Sommersemester 2014 […]
Nachlese DHd 2014: Technische Infrastruktur
Im Fokus von Session 4: Technische Infrastruktur standen Themen wie Basisdienste, Hosting Services und operative IT-Dienste und damit Aspekte des technischen Fundaments von DARIAH-DE, die durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Geisteswissenschaften und Rechenzentren erarbeitet werden. Geleitet wurde die Session von Tibor Kálmán (GWDG) und Peter Gietz (DAASI), die auf der Basis praktischer Anwendungsfälle nicht nur einen Überblick über die Komponenten und Funktionsweise der Basisinfrastruktur boten, sondern insbesondere auch auf integrative Aspekte eingingen, um Fragestellungen der Einbindung weiterer Dienste sowie der Nutzbarkeit und Nachhaltigkeit angebotener Services zu beleuchten.
Unterstützt wurden sie dabei durch Thomas Kollatz und Harald Lordick (beide STI), welche anhand von praktischen Anwendungsfällen verdeutlichten, dass die in DARIAH-DE entwickelte, technische Infrastruktur bei der Bearbeitung von Forschungsprojekten einen Nutzen auf unterschiedlichen Ebenen bietet: So finden im Rahmen der von Thomas Kollatz vorgestellten Projekte epidat [1] und RiR [2] eine Vielzahl von Services der technischen Infrastruktur ihre Anwendung. Das Spektrum der unterstützen Aufgaben reicht dabei von den eher koordinativen und organisatorischen Aufgaben des Projektmanagements, die mit Hilfe von Basisdiensten wie Wiki, Jira und Etherpad erleichtert werden, hin zu dem Hosting virtueller Maschinen, der Anbindung der DARIAH-DE AAI sowie dem Einsatz des DARIAH-DE Geobrowsers [3] zur Analyse und Visualisierung z. B. epigraphischer Daten. Harald Lordick präsentierte mit seiner mobilen Web-App “Orte jüdischer Geschichte” [4] einen weiteren, aus geisteswissenschaftlichem Antrieb entstandenen Dienst, der auf Basis einer Positionserkennung Orte jüdischer Geschichte in der Umgebung des Benutzers findet und anzeigt. Ein erkennbares Ziel der App besteht dabei in der Generierung überraschender Ergebnisse durch die Bereitstellung einer neuartigen, auf der geographischen Position eines Benutzers basierenden Perspektive auf Dokumente. Auch bei der Umsetzung der App kann auf Dienste, wie Geoservice und Geobrowser, insbesondere aber auch auf Knowhow der technischen Umsetzung z. B. zu Lizenzen oder Aspekten der Datenaufberetung zurückgegriffen werden.
Wie es auch aus der DARIAH-DE Übersichtsgrafik [5] hervorgeht, bietet die technische Infrastruktur in ihrem Kern Software-, Platform- und Infrastruktur-Hosting sowie operative Dienste als technische Basis für darauf aufbauende Projekte. Darüber hinaus tritt die technische Infrastruktur insbesondere auch als Vermittler zwischen den Interessen der Fachwissenschaften und der Rechenzentren auf. Ein konkretes Beispiel für diese vermittelnde Rolle spiegelt sich bei der Einbindung neuer Dienste wider, wobei nicht nur das im Rahmen des DARIAH-DE Service Lifecycle [6] gebündelte und dokumentierte Knowhow zur Verfügung steht. Projekte werden in Zukunft zudem durch je einen technischen und einen fachwissenschaftlichen Mentor begleitet, um bei der Entwicklung und Einbindung von Diensten zu unterstützen und so z. B. auch Fragen der technischen Anbindung der REST-basierten DARIAH-DE Storage Schnittstelle [7] oder der DARIAH-DE AAI in direkter Kommunikation schnell zu lösen.
Besonders zu betonen ist auch, dass sich DARIAH-DE im Rahmen der technischen Infrastruktur nicht als Insel, sondern als Teil eines Netzes einer Vielzahl weiterer Infrastrukturen sieht und einen besonderen Fokus auf die Erkennung und Nutzung von Synergien legt. Eine besondere Rolle spielt dabei das Thema der Nachhaltigkeit, welches im Rahmen der im März gestarteten Folgephase von DARIAH-DE in Form eines dedizierten Clusters behandelt wird. Zentrale Aspekte dieses Clusters bestehen in der Erarbeitung von Konzepten und Strategien zur langfristigen Bereitstellung virtueller Maschinen und Dienste, aber auch der Beratung geisteswissenschaftlicher Forschungsprojekte. Mit der DARIAH eHumanities Infrastructure Service Unit (DeISU) soll hierzu bis 2016 eine zentrale Anlaufstelle für Geisteswissenschaftler geschaffen werden, die auch nach der Förderphase von DARIAH-DE zwischen fachwissenschaftlichen Anforderungen und technischen Diensten vermittelt.
Referenzen
[1] epidat – epigraphische Datenbank | digitales Textarchiv: http://www.steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/epidat
[2] Relationen im Raum. Visualisierung topographischer Kleins(st)rukturen: http://www.steinheim-institut.de/wiki/index.php/RiR
[3] DARIAH-DE Geo-Browser: http://geobrowser.de.dariah.eu/
[4] Orte jüdischer Geschichte: http://app-juedische-orte.de.dariah.eu/
[5] DARIAH-DE Übersichtsgrafik: http://de.dariah.eu/dariah-visualisiert
[6] DARIAH-DE Service Lifecycle: https://dev2.dariah.eu/wiki/display/DARIAHDE/DARIAH+Service+Life+Cycle
[7] DARIAH-DE Storage API: https://dev2.dariah.eu/wiki/download/attachments/10618851/DARIAH-Storage-API-v1.0_final.pdf
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3357
(CpF) EHRI Workshop: Heritage and Memory. Revising Scopes and Means of Physical and Digital Preservation of Holocaust Documentation
Internationaler Workshop zur Revision der Umfang und Bedeutung der physischen und digitalen Bewahrung der Holocaust Dokumentation.
- Wann: 08-10 September
- Wo: Yad Vashem, Jerusalem (Israel)
- Veranstalter: EHRI project
Interesthemen umfassen, sind aber nicht beschränkt auf:
- Physikalische Erhaltung der Holocaust Dokumentation: Herausforderungen und Entscheidungen
- Wert und die Bedeutung der originallen Dokumentation in Holocaust Forschung
- Ethik der Erhaltung der ursprünglichen Holocaust Materialien
- Dilemmas in der Erhaltung der ursprünglichen Holocaust Materialien
- Rolle der Informationstechnologien auf die Erhaltung der Holocaust Dokumentation
- Auswirkungen der Informationstechnologien auf den Entscheidungsprozess der Erhaltung
- Standards der Digitalisierung der ursprünglichen Items
- Dateimanagement-und Informationssicherung
- Digitale Fotografie und Bildbearbeitung als Dokumentations- und Forschungswerkzeug
- Erweiterte Imaging-Technologien und ihre Potenzial für die Erhaltung , Darstellung und Verbreitung der Holocaust Dokumentation
- Physikalische Erhaltung und digitalen Media, parallel oder komplementär?
- Case studies: Beispiele von Projekten , die materiell und digitale Erhaltung der Holocaust Documentation einbeziehen.
Mehr Information über die Workshop und Call for Papers (auf Englisch) auf der EHRI Website
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3341
Lehrplanentwicklung: Kill your darlings?
Die Frage, was Kompetenzen für das historische Lernen sind, ist heute auch im deutschsprachigen Raum nicht nur theoretisch, sondern auch mit praktischen Beispielen zu beantworten. Eine Kompetenz in der Schweiz lautet: Die SchülerInnen können Entstehung und Entwicklung der Schweiz erklären.1 Eine Kompetenz in Hessen heisst: Die SchülerInnen können historische Zeugnisse identifizieren, charakterisieren und die Absichten ihrer AutorInnen ermitteln (Zeitzeuge/HistorikerIn/JournalistIn etc.).2 Eine Kompetenz im Südtirol ist: Die SchülerInnen können die Bedeutung der Demokratie für die Gesellschaft sowie den Wert der Autonomie für das Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol erkennen.3
Historische Kompetenzen: Fragen über Fragen
Schon ein erster schneller Vergleich dieser drei Kompetenzformulierungen für den Umgang mit Geschichte macht große Unterschiede deutlich: Da werden Grundkenntnisse angesprochen, Grundfertigkeiten postuliert, Grundhaltungen angemahnt. Das kann einen ins Grübeln bringen: Stimmen diese konkreten Formulierungen mit dem überein, was wir in der Theorie unter Kompetenzen verstehen? Wie kann es sein, dass sich Kompetenzformulierungen dermaßen unterscheiden? Wo genau liegt der Zugewinn im Vergleich zu den bisherigen Lehrplänen? – Nachdem die Versprechungen so groß waren, welche schulischen Probleme mit der Kompetenzorientierung alle gelöst würden, hält Ernüchterung Einzug. War das Ganze nur eine “Kompetenz-Blase”4? Müssen wir das tun, was in der Literatur, in der Werbung oder beim Film empfohlen wird, wenn plötzlich viele Fragen und Unsicherheiten einen angestrebten Erfolg gefährden: Kill your darlings? Kippen wir die Kompetenzen aus den Geschichtslehrplänen?
Geschichtslehrpläne ohne Kompetenzen?
Gibt es Geschichtslehrpläne ohne Formulierungen von Kompetenzen? Waren die jetzigen Lehrpläne, die Ziele und Inhalte vorgaben, doch nicht schlecht? Oder brauchen wir einen neuen Wissenskanon? Es gibt bekanntlich auch dazu mehrere Alternativvorschläge.5 Besonders plausibel scheint mir derjenige von Arie Wilschut zu sein: Er schlägt vor, einen Referenzrahmen aufzuspannen. Dieser enthält das, was man wissen sollte, um zu historischem Denken fähig zu sein, und er ermöglicht den Aufbau eines orientierenden Wissens an historischen Daten und Fakten. Für ihn und in den Niederlanden ist der Referenzrahmen ein Zehn-Epochen-System, das in erster Linie einen Umriss schaffen soll, mit der Absicht, dass sich die Lernenden und Mitglieder einer Gesellschaft in der Zeit orientieren können.6 Dies erlaubt es den Wissenden, sich vom “Pflock des Augenblicks”7 zu lösen. Gegen solch einen emanzipatorischen Akt, gegen solch ein fachspezifisches deklaratives Wissen an historischen Daten und Fakten, wird wohl niemand etwas haben. Also doch: Kill your darlings! Kippen wir die Kompetenzen!
Notwendige “Grammatik” der Geschichte
Gemach! Wie für sinnvolles Schreiben die Kenntnis des Alphabets nicht reicht, so reicht auch für historisches Lernen das deklarative Wissen allein nicht. Es braucht eine Grammatik, also prozedurales Wissen zum Umgang mit Geschichte, ebenso metakognitives Wissen, welches erst zu einem vertieften Verständnis von Geschichte führt und das Handeln von Menschen in ihrer jeweiligen Gegenwart steuert. Unentbehrlich sind zudem sachbezogene Interessen und solche Einstellungen, die eine Beschäftigung mit Geschichte als lohnenswert erscheinen lassen. Erforderlich sind darüber hinaus kommunikative Fähigkeiten, um Geschichten verstehen und erzählen zu können – kurz: notwendig sind Kompetenzen. Damit ist all das oben Aufgezählte mitgemeint.
“Weisheit der Praxis”
Wer die neuen kompetenzorientierten Lehrpläne aufmerksam studiert und auch das Umfeld betrachtet, erkennt schnell: Die “Weisheit der Praxis”8 hat sich durchgesetzt. Es kommen all die erwähnten Kompetenzaspekte vor. Weil die Strukturen der Lehrpläne und die Traditionen der Unterrichtssteuerung in den verschiedenen Ländern unterschiedlich sind, ist zum Beispiel das deklarative Wissen, sind Inhalte und Themen, Begriffe und Konzepte, auf je spezifische Art erwähnt. In der Schweiz ist das deklarative Wissen in die Kompetenzformulierungen hinein verwoben. Das entspricht am saubersten der umfassenden Weinert’schen Kompetenzdefinition9, scheint aber schwer verständlich und kompliziert. Im Südtirol wurde eine Mischform gewählt: In einzelnen Kompetenzformulierungen findet sich deklaratives Wissen, in erster Linie aber müssen die einzelnen Schulen ihr Curriculum vor Ort selber entwickeln und die Begriffe und Konzepte festlegen, die vermittelt werden sollen. Das scheint für die zentralen Steuerungsverantwortlichen eine bequeme Lösung zu sein, weil die schwierige Arbeit der Inhaltsauswahl und der immer damit verbundene “Schwarze Peter” zu den Lehrpersonen vor Ort wandern. Überzeugender scheinen Modelle, die das deklarative Wissen in einer separaten Spalte aufführen. In Hessen etwa geschieht dies mit den aufgezählten Basisnarrativen.
Uns liegen jetzt also verschiedene Vorschläge für kompetenzorientierte Geschichtslehrpläne vor, und so gilt denn auch hier wie so oft in der Didaktik: Gut ist, was funktioniert. Gut ist, wenn sich SchülerInnen gerne mit bedeutsamen geschichtlichen Themen auseinandersetzen und dabei viel lernen. Ob das klappt, sehen wir im konkreten, alltäglichen Geschichtsunterricht. Schauen wir also genau hin!
Literatur
- Barricelli, Michele u.a.: Historische Kompetenzen und Kompetenzmodelle. In: Barricelli, Michele / Lücke, Martin (Hrsg.): Handbuch Praxis des Geschichtsunterrichts. Band 1. Schwalbach/Ts 2012, S. 207-235.
- Bernhardt, Markus u.a.: Historisches Wissen – was ist das eigentlich? In: Kühberger, Christoph (Hrsg.): Historisches Wissen. Geschichtsdidaktische Erkundung zu Art, Tiefe und Umfang für das historische Lernen. Schwalbach/Ts 2012, S. 103-117.
- Künzli, Rudolf u.a.: Der Lehrplan – Programm der Schule, Weinheim und Basel 2013.
Externe Links
- Plattform für den Austausch, die Präsentation und Diskussion von Ergebnissen und Berichten aus Forschungen und Studien zur Lehrplanarbeit und Lehrplanforschung: http://www.lehrplanforschung.ch
- Übersicht über die Lehrpläne in deutschen Bundesländern bei der Kultusministerkonferenz: http://www.kmk.org/dokumentation/lehrplaene/uebersicht-lehrplaene.html
- Lehrpläne der allgemeinbildenden Schulen in Österreich: http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/lp/lp_abs.xml
Abbildungsnachweis
Kompetenzen für historisches Lernen – ein kulturübergreifendes Konzept. Kompetenzorientierter Geschichtsunterricht in Seoul, Südkorea (Dezember 2013). © Peter Gautschi.
Empfohlene Zitierweise
Gautschi, Peter: Lehrplanentwicklung: Kill your darlings? In: Public History Weekly 2 (2014) 12, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-1694.
Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.
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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/2-2014-13/lehrplanentwicklung_kill-your-darlings/
Erschließung auf Facebook
Eine zunehmende Zahl von Archiven nutzt das Social-Media-Potential von Facebook. Die Möglichkeiten zur Erschließung der dort veröffentlichten Statusmeldungen sind äußerst rudimentär, aber durchaus spannend. Sie und Ihre Fans können Datum, Ort und Schlagwort als Sortier- und Suchkriterien nutzen und so eine größere Sichtbarkeit und Benutzerfreundlichkeit Ihres Facebook-Auftritts erreichen.
Die nachfolgenden Tipps beziehen sich auf die Administration Ihrer Facebook-Fanseite per Browser.
Die Datierung
Abweichend vom automatisch generierten Veröffentlichungsdatum bietet Facebook Ihnen die Möglichkeit, Ihre Statusmeldungen zurück zu datieren und Ihren Besuchern so über die Zeitleiste in der rechten Spalte in der chronologischen Reihenfolge der historisch-zeitlichen Bezugspunkte zugänglich zu machen.
Hierzu wählen Sie bei der Erstellung einer Statusmeldung das Uhrensymbol unten links und in der sich öffnenden Fußzeile die Option “Beitrag zurückdatieren”. Sie haben nun die Möglichkeit, Ihre historische Datierung nach Jahr, Monat und Tag einzugeben.
Wichtig ist hierbei, dass Sie das Startdatum Ihrer eigenen Facebook-Chronik vorab so weit zurückgesetzt haben, dass die von Ihnen beabsichtigten Rückdatierungen umfasst werden. Auf Grund der Facebook-Vorgaben erstreckt sich die Möglichkeit zur Rückdatierung allerdings aktuell nur bis zum 01. Januar 1905.
Unabhängig von dieser vorgenommenen Manipulation wird Ihre Statusmeldung auf der Startseite anderer Facebook-Nutzer unter dem automatisch generierten Veröffentlichungsdatum angezeigt.
N.B.: Diese Möglichkeit zur Rückdatierung bezieht sich auf Ihre Statusmeldungen, also die chronologische Erschließung Ihrer “Bestände” auf Facebook. Ergänzend sollten Sie Meilensteine nutzen, um die Geschichte Ihrer Institution zu erzählen.
Die Verortung
Um Ihren Besuchern die Orientierung auf einer Landkarte zu bieten, fügen Sie einfach einen Ort zu Ihrer Statusmeldung hinzu.
Hierzu wählen Sie bei der Erstellung einer Statusmeldung das Pinsymbol unten links und beginnen mit der Eingabe eines Ortsnamens. Während der Eingabe bietet Ihnen Facebook bereits bekannte Orte zur Übernahme an.
Sollte der von Ihnen gewünschte Ort noch nicht als Seite in Facebook vorhanden sein, so haben Sie zwei Möglichkeiten, einen eigenen Ort zu erstellen.
Zum einen über die Facebook-App auf einem GPS-fähigen Smartphone.
Zum anderen finden Sie in der Fußzeile Ihrer Facebook-Fanseite einen Link “Seite erstellen”. Die nachfolgende Auswahl kennen Sie von Ihren allerersten Schritten zur Erstellung Ihrer eigenen Facebook-Fanseite. Wählen Sie hier nun den Kasten “Lokales Unternehmen oder Ort” und geben Sie die Informationen zu Ortsname, Straße, Stadt und (aktuelle) Postleitzahl ein.
N.B.: Der Aufwand zur Erstellung einer neuen Ortsseite lohnt sich vermutlich nur, wenn Sie einen Ort mehrfach in der Erschließung Ihrer Statusmeldungen verwenden möchten.
Die Verschlagwortung
Seit 2013 bietet Facebook die Möglichkeit, Beiträge mit Hilfe sog. #Hashtags zu verschlagworten. Facebook-Nutzer können so mit einem Link aus Ihrer Statusmeldung heraus facebookweit Statusmeldungen zu demselben Thema finden.
Umgekehrt werden aber auch Ihre Statusmeldungen von Besuchern gefunden, die (noch) nicht zu ihren Fans zählen.
Beginnen Sie nach dem führenden Doppelkreuz mit der Eingabe eines freien Schlagwortes, so zeigt Ihnen Facebook durch eine blaue Hintergrundfärbung den Umfang des Schlagwortes an. Um das Schlagwort zu beenden, drücken Sie einfach die Leertaste. Phrasen-Schlagwörter schreiben Sie als ein zusammenhängendes Wort, ggf. der besseren Lesbarkeit halber mit Binnenmajuskel (#UserGeneratedContent). Verwenden Sie nicht mehr als 2 bis 4 Hashtags in einer Statusmeldung.
Die Umsetzung dieser Tipps finden Sie auf der Facebook-Seite von stadtteilgeschichten.net
Mit Dank an die Facebook-Seiten Historisches Freiburg und Hamburg vor 2000.
Otto Dix – Bilder der Urkatastrophe
Das Gedenkjahr 2014 ist nicht nur in den Medien sondern auch in zahlreichen Museen allgegenwärtig. Vor 75 Jahren begann der Zweite Weltkrieg im Jahr 1939, auch der 25. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 1989 wird in diesem Jahr begangen. Im Zentrum des Interesses steht für viele Museen jedoch der Erste Weltkrieg, dessen Ausbruch sich 2014 zum 100. Mal jährt. Ein Beispiel hierfür ist das Imperial War Museum London, das noch bis zum 19. Juli 2014 umfangreichen Umbau- und Renovierungsarbeiten unterzogen wird und das anlässlich […]
Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV.
1000 Worte Forschung: Abgeschlossene Dissertation (Mittelalterliche Geschichte) an der TU Darmstadt (2012)

Miniatur aus dem Liber pontificalis des Albrecht von Sternberg: Kaiser Karl IV. (links) und Albrecht von Sternberg (rechts) verehren Christus. © Královská kanonie premonstrátů na Strahově, Praha, DG I 19, fol. 34v.
Noch immer wird bezüglich der Frage nach der religiösen Legitimierung von Herrschaft im römisch-deutschen Reich des Mittelalters „Canossa als Wende“ (F.-R. Erkens) verstanden. Im Zuge des sog. Investiturstreits und spätestens mit dem Wormser Konkordat hätten die mittelalterlichen Kaiser die sakralen Grundlagen ihres Handelns verloren, allenfalls Schrumpfformen der „politischen Heiligenverehrung“ (J. Petersohn) seien bis in die Stauferzeit tradiert worden, während für das eigentliche Spätmittelalter immer wieder auf den von Hermann Heimpel ausgiebig erforschten Weihnachtsdienst rekurriert wird.
Zu Recht rückt damit die Figur Kaiser Karls IV. (1346-1378) in den Fokus, der berühmt-berüchtigte ‚Reliquiensammler‘, dessen „Staats- und Privatfrömmigkeit“ vor über 30 Jahren Franz Machilek herausgestrichen hat. Seit ca. 15 Jahren findet die Frömmigkeit des Luxemburgers neue Aufmerksamkeit in Einzelstudien unterschiedlichen Umfangs. An diese Arbeiten schließt die vorgelegte Dissertation mit dem Anspruch an, das fromme Herrscherhandeln Karls erstmals in seiner Prozesshaftigkeit zu betrachten und die Frage nach der legitimierenden Wirkung religiös fundierter Herrschaftspraxis im Reich des späten Mittelalters im Detail zu stellen. Zur Schärfung der Handlungszentrierung der Untersuchung und zum besseren Verständnis, wie eine legitimierende Wirkung durch Frömmigkeit erreicht werden konnte, wurden (religions-)soziologische Ansätze von Max Weber und Pierre Bourdieu herangezogen. Archivalische Recherchen erfolgten vor allem an ausgewählten Überlieferungsorten in Nord- und Mittelitalien sowie natürlich in Prag.
Die Ergebnisse der Studie sind in drei Großkapiteln zusammengefasst, die sich Karl IV. als sakralem Akteur sowie spezifischer seinem Erwerb von Reliquien und deren weiteren Nutzung widmen. Gerade die Auserwählung – in den Augen anderer wie im mutmaßlichen Selbstbild Karls – ist ein Strukturmerkmal der karolinischen Herrschaftslegitimierung. Die bekannten Passagen der Vita Caroli Quarti sind dabei keineswegs deren erster Beleg, sondern eher eine Rückprojektion auf Basis einer Entwicklung bis zum Anfang der 1350er Jahre. Der Rückgriff auf die ältere Devotionsformel divina favente clemencia ist keineswegs auf den Kanzleigebrauch nach der Kaiserkrönung beschränkt, vielmehr wird so schon nach 1346 die besondere Rolle Gottes bei den Erfolgen des Königs hervorgehoben. Doch erst der Tod Ludwigs des Bayern im Oktober 1347, in der Perspektive des Luxemburgers ein göttliches Zeichen, ist gleichsam ein Startschuss, der Karls Prägung durch das Vorbild der französischen Könige rasch verblassen lässt. Unmittelbar darauf erfolgt eine Veränderung des Siegelbildes, in dem Karl IV. als erster Herrscher bereits vor der Kaiserkrönung sazerdotale Attribute wie Mitra und Stola führt. Auch die erste Lesung des Evangeliums durch den Herrscher in der Weihnachtsmesse im selben Jahr kann in diesem Zusammenhang besser verstanden werden. Einen weiteren ‚Bewusstseinsschub der Auserwählung‘ bewirkte neben dem Erhalt der Reichsinsignien von den Wittelsbachern das Zusammentreffen Karls mit der Mystikerin Christina Ebener 1350, die ganz konkrete Visionen bezüglich der ihm von Gott zugedachten Rolle mitteilen konnte. Vor diesem Hintergrund kam es ca. 1351/52 (E. Hillenbrandt) zur Abfassung der sog. Autobiographie; nach der Rekonvaleszenz von seiner mysteriösen Lähmung begann Karl ab 1353 zielgerichtet mit der Vorbereitung der Kaiserkrönung, aber auch der eigenständigen Erhebung von Reliquien, die zuvor fehlen.

Detail des Freskos ‚Ecclesia militans‘ von Andrea di Bonaiuto (Andrea da Firenze) aus der Capella Spagnola der Dominikanerkirche S. Maria Novella in Florenz, entstanden 1366/67. In der linken Hand des Kaisers, der als Karl IV. zu identifizieren ist, findet sich statt des Reichsapfels ein menschlicher Schädel. Bemerkenswert auch die Aureole um den Kopf des Kaisers. Foto: Martin Bauch
Dieser Reliquienerwerb wird im zweiten Großkapitel genauer ins Auge gefasst. Dabei stellt sich rasch heraus, dass neben dem Vorbild Ludwigs des Heiligen auch die přemyslidischen Vorfahren Karls beispielgebend waren. Die Reliquienakquise hatte, wie auf Basis einer fast 600 in Prag nachweisbarer Einzelheiltümer umfassenden Liste demonstriert wird, ihre zeitlichen Schwerpunkte im Vorfeld der Kaiserkrönung 1353-55 und des zweiten Italienzuges 1368/69; es kristallisiert sich auch der Südwesten des Reichs mit den Erzstiften und den reichsunmittelbaren Klöstern entlang des Rheins als neben Rom bevorzugten Herkunftsregionen der nach Böhmen verbrachten Reliquien heraus. Tatsächlich nutzte Karl die ökonomische Schwäche der von ihm besuchten Kommunitäten, aber auch gute Beziehungen zum Ortsbischof sowie bereits etablierte Kontakte von Klerikern seiner Kanzlei, um an die begehrten Heiltümer zu gelangen. Großer Wert wurde auf Anciennität und Authentizität der Überreste gelegt – die aus der Praxis rekonstruierten Echtheitskriterien orientierten sich kaum an den Argumenten Guiberts von Nogent. Für die Wahl der Reliquien war nicht in erster Linie die Prominenz des Heiligen wichtig, sondern die Möglichkeit, möglichst große Teile des Körpers zu erhalten. Bemerkenswert war auch die Rolle des erhebenden Herrschers: Nicht nur wurde peinlich genau darauf geachtet, die Fiktion der freiwilligen Herausgabe der Reliquien zu wahren. Auch wurden Gegenleistungen an die Reliquiengeber bestmöglich verschleiert; Geldzahlungen sind kaum je festzustellen, dreister Reliquienraub durch Karl ist ein Forschungsmythos. Auffällig ist auch das Bestreben des Luxemburgers, eigenhändig an der Umbettung der heiligen Gebeine teilzunehmen, obwohl solches Handeln ihm als Laien kanonisch untersagt war. Hier manifestiert sich wie schon beim Weihnachtsdienst oder einigen der untersuchten Herrschereinzüge eine Tendenz zur kontrollierten Grenzüberschreitung, die den römisch-deutschen König oder Kaiser einem Kleriker annäherte, obwohl er eindeutig Laie blieb. Ähnlich liegt der wenig bekannte Fall der an die Person des Herrschers gebundenen Ablässe für Teilnehmer von Messen in Gegenwart Karls.

Mittleres Feld des Apokalypse-Mosaiks über dem Südportal des Veitsdoms (ca. 1370/71). Unter Christus in der Mandorla finden sich die böhmischen Landespatrone Prokop, Sigismund, Veit, Wenzel, Ludmilla und Adalbert (v.l.n.r.). Darunter die Stifterfiguren Karls IV. (l.) und Elisabeths v. Pommern (r.). Foto: Sebastian Keller
Die sich an diesen Beispielen andeutende Erkenntnis, dass der römisch-deutsche Herrscher als semi-sazerdotaler Heilsvermittler für seine Untertanten tätig wurde, bestätigt sich bei der Untersuchung der weiteren Nutzung der Reliquien: Nicht nur wurden die Herrschaftszentren der luxemburgischen Lande und des Reichs durch Karl IV. gezielt sakralisiert, also durch Liturgie, Architektur und Heiligen- wie Reliquienkult mit einander verbunden; dies galt natürlich vor allem für Prag und den Veitsdom, wobei die Prager Neustadt in Absetzung von der älteren Forschung als Rekonstruktion des Reichs und nicht etwa Jerusalem interpretiert wird. Vielmehr kann auch das Verständnis der mysteriösen Burg Karlstein um neue Aspekte ergänzt werden: Die Heiligkreuzkapelle, ein Nachbau des Himmels selbst, diente dem Kaiser u.a. als Oratorium zur Konsultation mit den in ihren Reliquien präsenten Schutzheiligen des Reichs und seiner Städte. Die ausgeklügelte Praxis der Sakralisierung gerade auch durch Performanz – für die Heiltumsweisungen in der Prager Neustadt kann etwa eine eigenhändige Beteiligung Karls IV. plausibel gemacht werden – hat bald Nachahmer unter den Reichsfürsten gefunden. Und doch stieß sie wie auch der ausgeprägte Heiligenkult schon früh auf Kritik in Böhmen. Aus den Reihen des unter Karl sozialisierten Klerus selbst kamen die Kirchenreformer, auf denen Jan Hus aufbauen sollte. Die Frage nach dem Erfolg der karolinischen Sakralisierungsbemühungen mit mutmaßlich herrschaftslegitimierendem Effekt wird also am Ende des Forschungsvorhabens keineswegs eindeutig positiv beantwortet.
Trotz allem wird im Lauf der Untersuchung klar, dass das vermeintlich gesicherte Bild des staats- und privatfrommen Luxemburgers mit seiner berüchtigten Vorliebe für heilige Überreste deutlich vielschichtiger ist als bisher gedacht: Die spezifisch karolinische Praxis von Frömmigkeit und Heilsvermittlung vor dem Hintergrund vielfach betonter Auserwählung muss den Vergleich mit den Sakralmonarchien Westeuropas nicht scheuen. Dass sie aufgrund der Hussiten und dynastischer Wechsel keine Kontinuität begründen konnte, teilt sie mit vielen anderen Aspekten des Heiligen Römischen Reichs im späten Mittelalter.
Martin Bauch: Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV., Köln; Wien 2014 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittealters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, 35).