Emotionen und Gewaltgemeinschaften – Ein Tagungsbericht von Claudia Ansorge

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Forschergruppe „Gewaltgemeinschaften“ ist seit 2009 tätig. Dabei handelt es sich um eine Kooperation der Universitäten Gießen, Bochum, Erlangen-Nürnberg und Kassel sowie des Herder-Instituts Marburg. Die Forschergruppe betrachtet Gewalt als menschliche Grunderfahrung und untersucht Gruppen, … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5964

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Zum Blog Mittelalter am Oberrhein

Nach einem  viel zitierten Diktum des Geschichtsschreibers Otto von Freising habe in der provincia zwischen Basel und Mainz die maxima vis regni, die größte Kraft des Reiches, gelegen. Mit dem mittelalterlichen Oberrheingebiet ist jenes Gebiet angesprochen, dem sich die Abteilung Landesgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg in besonderer Weise verbunden fühlt. Mit diesem Blog wollen wir ein Portal für die Geschichte des Oberrheingebiets im Mittelalter schaffen. Der Raum umfasst sowohl die in Deutschland liegenden rechtsrheinischen Landschaften und den angrenzenden Schwarzwald als auch die Nordwestschweiz und das Elsass. Dabei wollen wir keinesfalls das Oberrheingebiet für das Mittelalter als einen einheitlichen Raum oder sogar als ‚historische Landschaft‘ postulieren, sondern lediglich ein Portal für an der Geschichte der Oberrheinregion interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die interessierte Öffentlichkeit schaffen.

Neben der Information über an der Abteilung Landesgeschichte angesiedelte Projekte soll das Blog deshalb in erster Linie Diskussionen ermöglichen und Ressourcen zur Verfügung stellen. In diesem Sinne sammelt und pflegt das Redaktionsteam in vier Kategorien Informationen zur oberrheinischen Landesgeschichte. Unter dem Reiter „Veranstaltungen“ werden künftig alle der Redaktion bekannten Veranstaltungen, Vorträge und Tagungen zur oberrheinischen Landesgeschichte gesammelt und archiviert. Unter Zeitschriften finden sich Listen landes- und regionalgeschichtlicher Zeitschriften des Oberrheingebiets unter Verweis auf Digitalisate und Online verfügbare Inhaltsverzeichnisse und Register. Zuletzt sollen Neuerscheinungen zur mittelalterlichen Geschichte des Oberrheingebiets und Rezensionen solcher Publikationen – soweit online verfügbar – gesammelt und zur Verfügung gestellt werden. All diese Kategorien verstehen sich als „work in progress“ und werden vom Redaktionsteam regelmäßig ergänzt und gepflegt. Dabei sind wir auch auf Ihre Mithilfe angewiesen. Gerne können Sie uns Hinweise auf Veranstaltungen, aber auch zu allen weiteren Kategorien geben, die wir dann in den Blog einpflegen werden.

Natürlich sollen auch inhaltliche Beiträge zur oberrheinischen Geschichte Teil des Blogs werden. Einerseits werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Landesgeschichte über ihre laufenden Forschungen berichten, beziehungsweise Miszellen zu oberrheinischen Themen veröffentlichen, andererseits sind auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zur mittelalterlichen Geschichte der Region arbeiten, eingeladen, mit Gastbeiträgen, gerne auch in französischer Sprache, den Blog zu bereichern. Sollten Sie Interesse an der Mitarbeit haben, wenden Sie sich bitte an die Redaktion. In der Tradition landeshistorischer Forschungen werden historische Themen im Vordergrund stehen, aber auch interdisziplinäre Themen, bsw. aus Archäologie, Kunstgeschichte, Theologie und Literaturwissenschaft Berücksichtigung finden und nicht zuletzt können auch in anderen Regionen erprobte Forschungsansätze vorgestellt und deren Praktikabilität für die links und rechts des Oberrheins liegenden Regionen diskutiert werden.

Wir hoffen, dass sich das Blog in den kommenden Monaten und Jahren zu einem zentralen Diskussionsportal für alle an der mittelalterlichen Geschichte des Oberrheingebiets Interessierten wird und damit das Projekt „Archivum Rhenanum“, das sich in erster Linie auf Archivbestände und deren Digitalisierung und Erschließung konzentriert, auf förderliche Weise und in enger Zusammenarbeit ergänzt.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/166

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89 Tage Professor

Im kommenden Sommersemester werde ich für 89 Tage Gastprofessor an der Uni Wien sein und biete folgende Lehrveranstaltungen an (Anmeldungen ab 1.2.2014):

070301 Bachelorseminar (BA Modul 2):
Die "Erste Wiener Moderne": Wien im 18. Jahrhundert
http://online.univie.ac.at/vlvz?lvnr=070301&semester=S2014&extended=Y

070304 MA Vorlesung Vertiefung Frühe Neuzeit:
Die Anfänge der Kontrollgesellschaft: Aufschreibesysteme und Orte der Macht in der Frühen Neuzeit
http://online.univie.ac.at/vlvz?lvnr=070304&semester=S2014&extended=Y

070303 MA Seminar:
Von Nummern, Schränken und Tabellen: Ordnungstechniken in der Neuzeit
(je nach gewähltem Thema für verschiedene Master anrechenbar)
http://online.univie.ac.at/vlvz?lvnr=070303&semester=S2014&extended=Y

070300 KU Praxis der wissenschaftlichen Kommunikation:
Geschichtswissenschaften in der digitalen Revolution
http://online.univie.ac.at/vlvz?lvnr=070300&semester=S2014&extended=Y

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/640154681/

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Europeana: Digitalisierte Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg

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Das Projekt “Europeana 1914-1918″, welches sich zur Aufgabe macht, Materialien rund um den Ersten Weltkrieg zu sammeln und sie in einem digitalen Archiv öffentlich zugänglich zu machen, hat sein Angebot erweitert. Ab sofort kann man auf der Website des Projektes Materialien aus Bibliotheken, privaten Sammlungen und Filmarchiven erkunden.

Das Projekt geht auf eine Initiative der Universität Oxford von 2008 zurück, die darum bat, Erinnerungsstücke von Privatpersonen vom Ersten Weltkrieg wie Briefe, Postkarten oder Fotos digitalisieren zu dürfen. Mittlerweile enthält das Archiv ca. 26 Millionen Dokumente.

Wer etwas zu dem Archiv beitragen möchte, der kann seine Erinnerungsstücke auf der Website hochladen oder an den regelmäßig stattfindenden Aktionstagen mitbringen und digitalisieren lassen. Einer dieser Aktionstage findet heute in der Staatsbibliothek zu Berlin im Rahmen der Konferenz “Unlocking Sources” statt.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2967

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“Sinnbildung über Zeiterfahrung” – eine Leerformel?

 

“Auch in der Geschichtsdidaktik gibt es Formeln, die immer wiederholt werden – Topoi des didaktischen Denkens. Sie finden sich in Aufsätzen akademischer Didaktiker und in Lehrplänen der Bildungsverwaltungen ebenso wie in Arbeiten von Studierenden und in Unterrichtsentwürfen.” So beginnt ein Eintrag vom Oktober 2009 auf der Website von Andreas Körber.1 Zu den angesprochenen Formeln oder Topoi zählt gewiss Jörn Rüsens Wendung von der “Sinnbildung über Zeiterfahrung”. Sie wird – über die eigene Lektüre hinaus vermittelt Google davon einen schnellen Eindruck – an allen möglichen Orten und in allen möglichen Kontexten aufgegriffen, zumeist ohne Nachweis und ohne genauere argumentative Einbettung.

 

Was heißt “Sinnbildung über Zeiterfahrung”?

Wie wird eine Leserin (oder Leser) diese Formel wahrnehmen, die ihr zuvor noch nicht begegnet ist? Sie wird vielleicht darüber nachdenken, dass die deutsche Sprache die schöne, aber auch gefährliche Eigenart besitzt, vielfältige Zusammensetzungen von Substantiven zu erlauben. Üblicherweise bestehen diese Substantivkomposita aus einem Grund- und einem Bestimmungswort. Das Grundwort steht hinten, es legt in der Regel den Sinn des Kompositums fest und steuert den grammatischen Kontext. Grundwort von “Sinnbildung” ist “Bildung”. Es bestimmt den Bezug zum nachfolgenden “über Zeiterfahrung”: also “Bildung über Zeiterfahrung”. Nein, das kann nicht gemeint sein, so lässt sich das Kompositum nicht auflösen. Gemeint ist vielmehr “Bildung von Sinn über Zeiterfahrung”. Allerdings kann man das eigentlich nicht in der Kurzform des Kompositums ausdrücken, weil es nicht den genannten Regeln entspricht. Das irritiert unseren vorgestellten Leser (oder Leserin).

Sinn, Erfahrung, Zeit

Was wird er weiter denken? Was heißt eigentlich “über Zeiterfahrung”? Es gibt den “Sinn von”, aber gibt es “Sinn über”?2 Was soll die Präposition bedeuten? Ist vielleicht gemeint “Sinn in Bezug auf” oder “Sinn mithilfe von”? Das wäre nicht unbedingt dasselbe. “Sinn mithilfe von Zeiterfahrung” würde wohl heißen, dass es sich um die persönliche Zeiterfahrung desjenigen handeln muss, der sich dann “darüber” seinen Sinn bildet. Bei der Variante “Sinn in Bezug auf Zeiterfahrung” könnte vielleicht auch “Zeiterfahrung” anderer Menschen gemeint sein. Aber was heißt denn überhaupt “Zeiterfahrung”? Ist es ganz allgemein die Wahrnehmung von Zeitabläufen? Die Unterscheidung verschiedener Zeitebenen? Oder geht es um Erfahrungen, die irgendjemand in der Zeit, also in zeitlichen Abläufen, die in der Vergangenheit liegen, gemacht hat? Erfahrungen brauchen allerdings immer ein Subjekt, das sie macht. Also noch einmal die Frage: Wessen Erfahrung ist gemeint – die eigene oder (auch) die anderer Menschen? Und wer sind gegebenenfalls diese anderen: Zeitgenossen oder auch Menschen aus früheren Zeiten? Wie können wir überhaupt etwas über die Erfahrung anderer wissen? Sie müsste ja in irgendeiner Form überliefert sein, und mit dieser Überlieferung müsste man sich in spezifischer Weise beschäftigen.

Was es heißt, bleibt unklar

Hier hilft unserer vorgestellten Leserin (oder Leser) die Formel nicht weiter, sie muss einen Blick auf den Kontext werfen. Sie liest also beispielsweise: “Was heißt Erzählen als Fundamentaloperation des Geschichtsbewusstseins? Gemeint ist etwas sehr Elementares und Grundsätzliches: ein sinnbildender Umgang mit der Erfahrung von Zeit, der notwendig ist, um die Zeitlichkeit des eigenen Lebens deutend verarbeiten und handelnd bewältigen zu können. Erzählen ist Sinnbildung über Zeiterfahrung, es macht aus Zeit Sinn.”3 Aha, es geht also um die “Zeitlichkeit des eigenen Lebens”. Doch nein, das ist gewissermaßen nur die Anwendungsebene. Zuvor ist ganz allgemein die Rede von “der Erfahrung von Zeit”. Das hilft nicht weiter, denn es stellen sich erneut die eben schon aufgeworfenen Fragen nach der Art dieser Erfahrung, nach ihrem Subjekt und den Quellen unserer Kenntnis über sie. Welche Tätigkeit nun eigentlich hinter der Formulierung “sinnbildender Umgang mit der Erfahrung von Zeit” steckt, bleibt unklar.

Nur eine formelhafte Chiffre?

Es gibt also eine ganze Menge Fragen, die sich aus der Formel von der Sinnbildung ergeben können. Ob alle, die sie verwenden, diese für sich bedacht und beantwortet haben? Wohl eher nicht. Die Formel fungiert gewissermaßen als Chiffre dafür, dass man im didaktischen Diskurs steht und eine irgendwie moderne, kulturwissenschaftlich und erzähltheoretisch fundierte Auffassung von Geschichtsbewusstsein hat. Eigentlich weiß doch ohnehin jeder, was gemeint ist – Nachfragen und Erläuterungen erübrigen sich. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es steht außer Zweifel, dass Rüsen unser geschichtsdidaktisches Denken auf vielfältige Weise befruchtet hat. Aber muss es immerzu diese Formel sein? Ist sie nicht, isoliert verwendet, wahlweise banal oder unverständlich, eigentlich eine Leerformel? Freilich: Vielleicht macht gerade diese gewisse Unbestimmtheit und Dunkelheit den Charme und die Beliebtheit – sozusagen die “Formelfähigkeit” – einer solchen “narrativen Abbreviatur” (Rüsen)4 aus.

 

 

Literatur

  • Rüsen, Jörn: Historische Orientierung. Über die Art des Geschichtsbewusstseins, sich in der Zeit zurechtzufinden, Köln 1994.
  • ders.: Historische Vernunft. Grundzüge einer Historik I: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft, Göttingen 1983.
  • Pandel, Hans-Jürgen: Geschichtsbewusstsein. In: Ulrich Mayer u.a. (Hrsg.): Wörterbuch Geschichtsdidaktik, Schwalbach/Ts., 1. Aufl. 2006, 2. Aufl. 2009, S. 69f.

Externe Links


Abbildungsnachweis
© Karin Jung: Wie schnell doch die Zeit vergeht / Pixelio.de

Empfohlene Zitierweise
Sauer, Michael: “Sinnbildung über Zeiterfahrung”. In: Public History Weekly 2 (2014) 4, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-1203.

Copyright (c) 2014 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

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aventinus generalia Nr. 22 [30.01.2014]: Dichtung und „Wahrheit“. Die Entwicklung einer kritischen Geschichts­wissenschaft [=historia.scribere 1 (2009), S. 181-195]

The following seminar paper deals with the formation of legends in the Middle Ages and the development of a critical historical science. Is it possible to compare the medieval writing of history to modern historiography? http://bit.ly/1ebHL42

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/01/4929/

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19. Platon über das Internet

Wenn Philosophen meinen, etwas Aktuelles zu einer gesellschaftlichen Diskussion beigetragen zu haben, bestätigt sich jedes Mal Einsteins Relativitätstheorie aufs Neue. Denn scheinbar vergeht philosophische Zeit anders als die common sense Weltzeit – was sicherlich etwas mit Masse oder Trägheit zu tun hat (deshalb haben Philosophen übrigens häufig Bärte, weil sie meinen, sich “einmal am Tag” rasiert zu haben). Tatsächlich sind machmal auch Zeitsprünge möglich, wissen Sie? So habe ich zu meinem Erstaunen einen Abschnitt in Platons Dialog Phaidros gefunden (- der auch etwas über die Liebe sagt, falls Sie gerade Liebeskummer haben sollten -), das mich zum Nachdenken gebracht hat. Platon lässt dort nämlich Sokrates etwas über das Internet sagen. Da die alten Griechen noch kein flächendeckendes Internet hatten, nutzten sie den Hilfsbegriff “gramma” (γράμμα) dafür und nicht das lateinisch-englische “Internet”. Wirklich. Und bevor Sie denken, ich würde Sie aufs Korn nehmen wollen, schauen Sie in den Text. Ich zitiere Phaidros ~ 274c-275c:

Sokrates [sagt zu Phaidros]: Ich habe also vernommen, zu Naukratis in Ägypten sei einer der dortigen alten Götter gewesen, dem auch der heilige Vogel, den sie ja Ibis nennen, eignete; der Dämon selbst aber habe den Namen Theuth. Dieser habe zuerst Zahl und Rechnung erfunden, und Mathematik und Sternkunde, ferner Brettspiel und Würfelspiel, ja sogar auch das Internet. Weiter aber, da damals über ganz Ägypten Thamus König war in der großen Stadt des oberen Bezirks, welche die Hellenen das ägyptische Theben nennen, wie sie den dortigen Gott Ammon nennen, – so kam der Theuth zu diesem und zeigte ihm seine Künste und sagte, man müsse sie nun den anderen Ägyptern mitteilen. Der aber fragte, was für einen Nutzen eine jede habe? Indem er’s nun auseinandersetzte, so wußte er, wie ihm jener etwas gut oder nicht gut zu sagen dünkte, es bald zu tadeln, bald zu loben. Vieles nun soll da Thamus dem Theuth über jede Kunst in beiderlei Richtung frei heraus gesagt haben, was durchzugehen viele Worte fordern würde.

Als er aber beim Internet war, sagte der Theuth: »Diese Kenntnis, o König, wird die Ägypter weiser und erinnerungsfähiger machen; denn als ein Hilfsmittel für das Erinnern sowohl als für die Weisheit ist es erfunden.« Er aber erwiderte: »O du sehr kunstreicher Theuth! Ein anderer ist der, der das, was zur Kunst gehört, hervorzubringen, ein anderer aber der, der zu beurteilen vermag, welchen Teil Schaden sowohl als Nutzen es denen bringe, die es gebrauchen werden. So hast auch du jetzt, als Vater des Internets, aus Vaterliebe das Gegenteil von dem gesagt, was seine Wirkung ist. Denn Vergessenheit wird dieses in den Seelen derer, die es kennenlernen, herbeiführen durch Vernachlässigung des Erinnerns, sofern sie nun im Vertrauen auf das Internet von außen her mittelst fremder Zeichen, nicht von innen her aus sich selbst, das Erinnern schöpfen.

Nicht also für das Erinnern, sondern für das Gedächtnis hast du ein Hilfsmittel erfunden. Von der Weisheit aber bietest du den Schülern nur Schein, nicht Wahrheit dar. Denn Vielhörer sind sie dir nun ohne Belehrung, und so werden sie Vielwisser zu sein meinen, da sie doch insgemein Nichtswisser sind und Leute, mit denen schwer umzugehen ist, indem sie Scheinweise geworden sind, nicht Weise.«

Phaidros 274c-275c [übersetzt von Georgii, aufrufbar unter: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Phaidros. Georgii übersetzt gramma leider fälschlicherweise mit "Buchstabe"].

Verlieren wir etwa tatsächlich mehr, als wir gewinnen?

- Lassen Sie mich kurz nachdenken -

Quelle: http://philophiso.hypotheses.org/236

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Historische Pflichterfüllung – Ein Interview mit Gerd Krumeich

Gerd Krumeich war bis zu seiner Emeritierung 2010 Lehrstuhlinhaber für Neuere Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs, die Geschichte Frankreichs sowie die Militärgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Im November 2013 wird er die Reihe der Thyssen-Vorlesungen des Orient-Instituts Istanbul und der Sabanci Universität in Istanbul mit einem Vortrag zum Ersten Weltkrieg eröffnen.

Gerd Krumeich

Gerd Krumeich

Zurzeit werden zahllose Ausstellungen, Konferenzen, Vorträge zum 100-jährigen Jubiläum des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs geplant. Stehen Sie vor einem Marathon an Auftritten, Vorträgen, Interviews?
Ja, ich stehe absolut im Jubiläums-Stress für das Jahr 2014. Aber, so befremdlich es klingt, diese Vorbereitungen spielen sich weniger in Deutschland ab als im Ausland. Ich bin sehr stark in Frankreich tätig und arbeite dort in verschiedenen Verbünden mit anderen Forschern zusammen, vor allem mit dem Centre Komde recherche de l‘Historial de la Grande Guerre in Péronne (Somme). Und mir fällt auf, dass der Erste Weltkrieg für die Deutschen zwar ein großes Kulturereignis ist, aber eigentlich nirgends und von niemandem als ein wichtiger Bestandteil der eigenen Nationalgeschichte oder gar der eigenen Identität empfunden wird. Das macht den ganz riesigen Unterschied aus zu Frankreich, zu Belgien, zu England, zu den USA, zu Australien, zu Kanada. Wir sind zwar durchaus sehr bemüht, auch in Deutschland etwas zu veranstalten, aber das Herz ist nicht dabei – dieser Krieg ist fast so weit weg wie die napoleonische Zeit.

Wird das Jubiläum in Deutschland eher als eine Art Pflichterfüllung betrieben?
„Historische Pflichterfüllung“ ist sehr treffend gesagt – ein Ereignis, das aber nicht unseres ist. Wir beschäftigen uns nicht mit diesem Ereignis, um über die eigene Vergangenheit und heutige Verfasstheit nachzudenken. Der Erste Weltkrieg soll bei uns möglichst als ein universelles, transnationales Ereignis erscheinen, möglichst weit entfernt, an der Ostfront und in Australien. Keine Spur mehr von der Aufregung, die beispielsweise in den siebziger Jahren die „Fischer-Kontroverse“ über die deutsche Verantwortung für den Kriegsausbruch 1914 verursachte. Es ist ja auch ein Forschungsfortschritt, dass wir uns heute um die Ostfront und um Asien kümmern. Aber wegen der Entwicklung bin ich etwas perplex, zumal ich bei Franzosen, Engländern, Belgiern und anderen fast täglich mitbekomme, wie sehr die Wahrnehmung dort differiert, der Krieg nämlich wirklich als Teil der Nationalgeschichte, als Teil der eigenen Identität verstanden wird.

Wie hat Ihre Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg begonnen?
Meine Doktorarbeit befasste sich mit der Rüstungspolitik vor dem Ersten Weltkrieg. Damit habe ich von vornherein schärfer als andere Weltkriegshistoriker die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs im Blick gehabt. Die überwiegende Geschichtsschreibung des Krieges beginnt irgendwo im Juli 1914 – so absurd das klingt. Als Historiker komme ich eher aus der Vorkriegszeit und interessiere mich stärker als andere für den Verlauf wie dem Weg von der Agadir-Krise 1911 bis zur Rüstungspsychose von 1913/14.

Seit kurzem sind Sie Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für die Konferenz „Not All Quiet on the Ottoman Fronts“, die das Orient- Institut (OI) Istanbul im April 2014 ausrichtet. Was ist Ihre Erwartung an die Tagung?
Als eine der wichtigsten Parteien im Ersten Weltkrieg ist die Türkei für mich ein sehr willkommenes Neuland. Ich bin nicht nur von meiner ganzen Ausbildung sondern auch von meiner Arbeit in den letzten Jahrzehnten her sehr stark in der Geschichte der Westfront verankert. Natürlich habe ich immer auch die Ostfront und die Dritte Welt mit im Blick gehabt, aber nicht in der Forschung und nicht vom Hauptinteresse her. Von daher eröffnen sich hier für mich neue Perspektiven. Ich sehe mich nicht als jemanden, der profunde etwas über die Türkei im Ersten Weltkrieg beitragen kann, aber doch als jemanden, der neugierig auf die Erkenntnisse der türkischen Kollegen ist. Mir ist besonders wichtig, wie und auf welche Weise überhaupt im Laufe der Zeit aus sehr verschiedenartigen militärischen Konflikten ein Weltkrieg geworden ist. Das waren ja zum Teil vollständig verschiedene Kriege, die zur großen Katastrophe ineinander geführt wurden. Die Osmanen kämpften auf der einen Seite mit den Deutschen zusammen und hatten auf der anderen Seite eine ganz eigene Front gegen die Araber, die wiederum von den Engländern unterstützt wurden. Sich mit dieser Genese auseinanderzusetzen, die verschiedenen Prozesse auseinanderzudividieren, darum geht es mir.

Sehen Sie Auswirkungen der deutsch-osmanischen Allianz im Ersten Weltkrieg auf die heutige Beziehung zwischen beiden Ländern?
Für mich als Historiker steht die Armenier-Frage im Vordergrund. Da dürfte es immer wieder neue Probleme geben. Die offizielle Position Deutschlands zu den Gräueltaten an den Armeniern ist klar. Ebenso wie die Frankreichs, wo ihre Leugnung zu Strafandrohungen führt, und die anderer westeuropäischer Länder auch. Wenn ich es recht sehe, bewegt sich in der Türkei noch relativ wenig in Richtung einer unvoreingenommen Erforschung dieser Geschehen. Das dürfte das größte Sachproblem sein, eine vernünftige Diskussion zwischen Historikern und Mandatsträgern herzustellen bezüglich des türkischen – und des deutschen – Anteils an den Verbrechen gegen die Armenier.

Unmittelbare Auswirkung des Ersten Weltkriegs war der Zusammenbruch von vier Kaiserreichen, die in der Folgezeit sehr unterschiedliche Entwicklungen erlebten.
Auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Entwicklungen, ja! Aber dann hat sich durch den Totalitarismus eine ganz ähnliche Entwicklung in weiten Teilen dieser zerstörten Welt vollzogen – trotz aller Unterschiede zwischen dem Nationalsozialismus in Deutschland und dem Kommunismus in Sowjetrussland. Nur in der Türkei läuft das insgesamt anders, soweit ich das beurteilen kann. Aber in den beiden großen Empire aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, die den Krieg verloren haben und zerrissen worden sind, tobten auf der einen Seite diese irrsinnigen, blutigen nationalen und ethnischen Kämpfe und herrschten auf der anderen Seite die orgiastischen Vernichtungsphantasien und Vernichtungsrealitäten. Man muss selbstverständlich unterscheiden zwischen den Hungerkatastrophen in Sowjetrussland und der Judenverfolgung in Deutschland. Aber was identisch bleibt für die beiden großen Nationen, ist die Gleichgültigkeit gegenüber dem massenhaften Leid und die Planbarkeit von millionenfachem Tod. Und das ist für mich das zentrale Vermächtnis des Ersten Weltkriegs.

Kein Krieg, weder im letzten Jahrhundert noch vorher, wurde – zu Beginn jedenfalls – von einer solchen Begeisterung getragen.
Das ist nicht wahr! Im 1870er Krieg zwischen Deutschland und Frankreich bestand am Anfang eine mindestens ebenso große Begeisterung. Wir sind den Dimensionen der Kriegsbegeisterung von 1914 inzwischen auf die Spur gekommen. Die Forschung hat aufgedeckt, dass von den alten Erzählungen, von dem „Hurra, Hurra, Hurra!“ und „Alles freut sich auf den Krieg!“ nicht viel übrig geblieben ist. Aufs Ganze gesehen, wenn man das Deutsche Reich, Frankreich und andere Länder wie Österreich-Ungarn betrachtet, ist dieser von Propagandafotos verbreitete Kriegsenthusiasmus ein sehr kurzes Aufflammen vor allem unter den großstädtischen Massen. Das hat wenig mit dem zu tun, wie der Kriegsbeginn auf dem platten Land erlebt wurde, in den kleinen Städten und Dörfern, die immerhin neunzig Prozent der Bevölkerung ausmachten.

Es fällt ja heutzutage, gerade in Europa, schwer, sich einen Begriff von „Kriegsbegeisterung“ zu machen. Wie kann man sich die Begeisterung damals vorstellen?
In den 1980er Jahren ist Wolf-Rüdiger Osburg in Altersheime gegangen und hat Kriegsteilnehmer gefragt: „Wart Ihr begeistert?“ „Ja, natürlich waren wir begeistert. Das war eine Stimmung! Das war eine Stimmung wie in der Kirche.“ Und da bin ich hellhörig geworden: Eine Stimmung wie in der Kirche! „Sursum corda. – Erhebet die Herzen.“ Begeisterung hatte damals diesen Sinn: Geistigkeit. Damit kommen wir der allgemeinen Stimmung im August 1914 sehr viel näher, als wenn wir das einfach als oberflächliches Hurra-Geschrei ansehen.

War der Absturz von der Begeisterung in die Depression oder Desorientierung infolge der Grabenkriege bei Verdun und anderen Orten an der deutsch-französischen Front dann umso tiefer?
Die Kriegserfahrungen haben die Begeisterung zerstört. Übrig geblieben ist ein Bewusstsein, das Vaterland zu verteidigen, den „Wall aus Eisen und Feuer“ an der Somme zu legen. Heute ist klar nachweisbar, wie sich der Kriegsenthusiasmus im Lauf der Zeit abnutzte, in dem Maße, wie der Krieg zum Material- und Vernichtungskrieg würde. Die Leute haben nicht gewusst, wie viele Millionen Tote die großen Schlachten wirklich gekostet haben. Ich glaube nicht, dass sie dann im Krieg geblieben wären. Als Soldat oder auch als General sieht man immer nur den engeren Frontabschnitt. Es ist völlig ungeklärt, inwieweit auch den führenden Generälen während und nach den Schlachten überhaupt bewusst war, wie viel Tote diese gekostet haben. Ganz Europa war entsetzt, als 1919 vom Reichsarchiv und den französischen Militärarchiven die ersten offiziellen Berichte über die tatsächlichen Toten- und Verletztenzahlen kamen. 11 Millionen Gefallene? Das hatte man vorher nirgendwo auch nur geahnt, kein Mensch hatte während des Weltkrieges die Zahlen addiert.

Sie betreuen in Düsseldorf die Arbeitsstelle für die Herausgabe der Max-Weber-Gesamtausgabe. Gibt es eine Beziehung zu Ihren Forschungen über den Ersten Weltkrieg?
Ich habe ja jetzt die gesamten Kriegsbriefe Webers herausgegeben, zusammen mit M. Rainer Lepsius. Das sind mehr als 2.000 Seiten auf denen man erkennt, wie stark Weber im Krieg politisch engagiert war. Einerseits war er ziemlich nationalistisch eingestellt, jubelte über jede gewonnene Schlacht, glaubte viel zu viel von der Propaganda. Auf der anderen Seite war und blieb er der unbestechliche Intellektuelle und Kritiker, der sich auflehnte gegen die exorbitanten Annexionspläne und der auch stark kritisierte, wie sehr die Militärs in Deutschland während des Krieges die Macht übernommen hatten. Besonders spannend sind Webers Briefe in der Zeit der Beratungen des Versailler Vertrages. Schließlich war er ja als Sachverständiger für die deutsche Delegation in Versailles tätig.

Das Interview führte Thomas Schmitt (freier Journalist, Berlin).

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1433

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Objekt des Monats / object of the month: January 2014

Manganfarbene Flasche mit gekämmtem Dekor und Goldbemalung Syrien, um 1200 Höhe: 13,4 cm / Durchmesser: 8 cm Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. I. 5625 Über einem Fußring erhebt sich der flach ansteigende Körper der bauchigen Flasche, der sich zum … Continue reading

Quelle: http://jameel.hypotheses.org/432

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Lesetipp: “Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv?”

Drüben bei Archivalia hat unser Redaktionsmitglied Klaus Graf gerade einen äußerst lesenswerten Beitrag publiziert zum Thema Archive und Bloggen, auf den hier als Lesetipp hingewiesen werden soll. Der Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade des Siwiarchivs, “Warum sollten Archive worüber wie bloggen?“. Die Blogparade, zu deren Teilnahme wir aufrufen, läuft noch bis Ende Februar.

Die Überschrift “Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv?” mag zwar zunächst provozieren, sie ist jedoch zum einen als clin d’œil zu verstehen, und zum anderen als Aufhänger für die dann folgenden, sehr ausgewogenen Überlegungen, die in erster Linie zum Bloggen motivieren und dabei mit konkreten Hinweisen nicht sparen.

So lautet die implizite Antwort auf die selbstgestellte Frage, dass ein nicht-bloggendes Archiv zwar nicht per se schlecht ist, es könnte aber eines besser machen: Es könnte bloggen! Ein Engagement in den sozialen Netzen wie Facebook oder Twitter zählt dabei bereits.

Unterstrichen und anhand von Beispielen belegt wird im Beitrag von Klaus Graf die große Bedeutung von frei zugänglichen Publikationen (Open Access), wie sie Blogs darstellen. Blogs sollten daher von Archiven – und das gilt auch für Forschungsinstitutionen und Bibliotheken – als Chance verstanden werden, sich, ihre Arbeit und ihre Bestände einem breiten Publikum zu präsentieren. Wichtig ist ihm dabei vor allem der Vernetzungsgedanke:

Archive sollten sich, wenn sie bloggen, auch als Teil der Wissenschaftsblogosphäre verstehen. Dies bedeutet: Sie informieren über eigene und externe Forschung in ihren Beständen, sie publizieren (kleinere) Beiträge mit neuen Erkenntnissen und eröffnen diese Möglichkeit auch Forschern außerhalb der eigenen Institution.”

Klaus Graf rät den Archiven, das Angebot von de.hypotheses.org zu nutzen und sich über die Plattform zu vernetzen, denn das tun bereits einige Archivblogs und Blogs zu Archiven wie:

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Zum Beitrag: Klaus Graf: Ist ein Archiv, das nicht bloggt, ein schlechtes Archiv? In: Archivalia, 29.1.2014, http://archiv.twoday.net/stories/640154245/.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1955

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