10. Philipp II. und die Welt als Tisch

Tisch

Im Windschatten allgemeiner Aufmerksamkeit

Jeden Tag benutzen wir sie: Tische in unterschiedlichsten Formen, als Esstisch, als Schreibtisch, als Konferenztisch, als Kaffeetisch, als Nachttisch, als Wickeltisch, als Stammtisch und manchmal sogar als Katzentisch. Und das ist eine recht unvollständige Auflistung. Es bedarf nicht vieler Argumente, um die menschliche Abhängigkeit vom Tisch sowohl im Allgemeinen wie im Besonderen zu belegen. Wir verbringen jeden Tag so viele Stunden an diesem unscheinbaren Möbel, dass es zu Lasten unserer Gesundheit geht und sich ganze Dienstleistungszweige ausgebildet haben, die sich den Auswirkungen einer „vertischten“ Gesellschaft widmen.

Bei allen gesundheitlichen Spätfolgen, die das Leben am Tisch mit sich bringt, gilt es hinreichend zu würdigen, dass der Tisch für die Gattung Mensch eine ungemein nützliche Erfindung ist. Sein spezifischer Knochenbau mit diversen Scharniergelenken (Knie, Hüfte, Ellenbogen) prädestiniert den Menschen zu einer sitzenden Haltung. Und da der Mensch nun einmal dazu tendiert, die Welt so einzurichten, wie es seinen physischen Voraussetzungen entspricht, zieht er in dieser sitzenden Position gleich noch einen Tisch heran, um dort sein Essen abzustellen, Papier zu stapeln oder die Ellenbogen aufzustützen. Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass die Erfindung des Tisches kaum weniger bedeutsam ist als die Erfindung des Feuers oder des Rades.

Dass der Tisch aber üblicherweise nicht in eine Reihe mit diesen grundlegenden Erfindungen der Kulturgeschichte gestellt wird, könnte ein Beleg für die klugen Schachzüge (Schach – ein Tischspiel!) dieses Möbels sein, seine weltfundierenden Funktionen geschickt zu verbergen, um im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit umso effektiver zu agieren. Denn in seiner vermeintlichen Schlichtheit und stillen Zurückhaltung versteht es der Tisch, den Umstand zu verdecken, dass er weit mehr ist als ein Gebrauchsgegenstand. Im Tisch steckt nichts weniger als ein umfassendes Ordnungsmodell, ein Entwurf unserer Welt. Der Tisch repräsentiert nicht einfach nur eine bestimmte Sicht auf unsere Welt, sondern er macht uns diese Welt überhaupt erst verfügbar. Und man könnte sogar die etwas irritierende Frage stellen, ob wir uns wirklich des Tisches bedienen, um die Welt zu bewältigen, oder ob es nicht vielmehr der Tisch ist, der uns seine Version der Welt vorführt, sie uns geradezu „auftischt“.

Ein entmythisierter Atlas

Unter unseren Händen, Tellern, Papierstapeln und Computerbildschirmen ächzt also nicht einfach nur ein bewährtes Stück Materialität, das unserer Zivilisation schon viele Dienste erwiesen hat. Vielmehr stützen wir uns auf eine der zentralen Möglichkeiten, wie wir uns der Welt überhaupt noch versichern können. Der Tisch ist unser entmythisierter Atlas, der für zwar nicht mehr das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern, aber all unsere Weltentwürfe auf seiner Platte trägt.

Wie aber konnte das geschehen? Wie kam die Welt auf den Tisch und wie wurde der Tisch zur Welt? Es hängt wohl nicht zuletzt mit dem wachsenden Radius menschlicher Aktivität zusammen. Der Expansionsdrang des Menschen, der auf mehr Macht, mehr Geld, mehr Wissen und überhaupt mehr von allem abzielt, neigt dazu, den unmittelbar zugänglichen Ausschnitt der Welt als nicht mehr ausreichend anzusehen. Dem Willen nach Mehr wird der eigene Vorgarten irgendwann zu eng. Dieses Mehr an Welt wird jedoch mit einem paradoxen Effekt erkauft – nämlich einem gleichzeitigen Weniger an Welt. Je weiter wir ausgreifen, um mehr von dieser Welt zu wissen, mehr von ihr zu besitzen und mehr von ihr zu beherrschen, desto weniger können wir diese Welt in unmittelbarer Weise erfahren. Wir müssen uns technischer Hilfsmittel bedienen, um mit ihr überhaupt noch umgehen zu können – und an genau dieser Stelle kommt der Tisch ins Spiel.

Man sollte sich davor hüten, hier eine historisch konsequente und von Anfang an zielgerichtete Geschichte zu erzählen, die unweigerlich auf mehr Tisch und weniger Welt hinausläuft. Aber man kann einige Stationen in der globalen Tischgeschichte herauspicken, anhand derer sich der Erfolg dieses Möbels nachvollziehen lässt. Auffallender Weise wurde der Tisch immer dann zum Inbegriff von Welt, wenn der Mensch sich von eben dieser Welt abwandte. In der Politik übernahm er seine tragende Rolle beispielsweise in dem Moment, als Herrscher keine Schlachten mehr schlugen, sondern nur noch von anderen schlagen ließen, um stattdessen Figürchen oder Fähnchen auf einem mit einer Karte bedeckten Tisch hin- und herzuschieben; oder als diese Herrschenden sich nicht mehr in die Welt hinein bewegen wollten, ihren Herrschaftsbereich nicht mehr selbst bereisten, wie es die mittelalterlichen Fürsten und Könige noch getan hatten, sondern sich in ihre allmählich gemütlicher werdenden Schlösser zurückzogen, um anschließend nur noch mittels Akten zu regieren, die man – ja, genau – auf den Tisch legen konnte: „My desk is my castle“.[1]

Schreibtischtäter

Unabhängig davon, ob es sich um die Welt der Politik oder der Wirtschaft oder eines anderen Lebensbereichs handelt, es sind immer Tische, auf denen sämtliche Informationen zusammenlaufen. Hier befindet sich der Nabel der (jeweils eigenen) Welt, hier kommt alles an und von hier geht alles weg. Auch unsere Bilderwelt ist angefüllt von Tischen als Inbegriffen der Macht. Es sind Konferenzräume oder Büros, in deren Mitte ganz selbstverständlich immer ein Tisch steht. Und will man Regierende bei der Tätigkeit des Regierens zeigen, dann lässt man sie an diesen Tischen sitzen. Die Fernsehnachrichtenbilder der Zusammenkünfte von Regierungsmannschaften sprechen eine deutliche Sprache, denn es ist der Kabinettstisch, von dem aus die Geschicke des Landes, wenn nicht der ganzen Welt entschieden werden. Je bedeutsamer der Tisch (und die Tischbenutzer), desto weitreichender die Auswirkungen, die von ihm ausgehen.[2]

Vor diesem Hintergrund macht der Ausdruck des „Schreibtischtäters“ auch überhaupt erst Sinn. Denn als Figur wie als Begriff bringt er genau dieses Tisch-Paradox zum Ausdruck, wonach der Tisch ein Mehr an Welt gewährleistet, indem er immer weniger Welt unmittelbar an den Tischbenutzer heranlässt. Man kann am Tisch Entscheidungen und Handlungen von ungeheurer Tragweite treffen, riesige Mengen Geldes bewegen, über das Leben von Millionen entscheiden, Länder zu ungeheurer Macht oder zum vernichtenden Untergang führen – ohne sich auch nur einmal von diesem Möbel entfernt zu haben. Aber man sollte nicht vorschnell davon ausgehen, dass der Schreibtisch diese Funktion erst im Zeitalter moderner Bürokratie und Telekommunikation erlangt hat.

Es gibt berühmte Beispiele von Herrschern, die ihren Tisch zum Zentrum der Welt machten und die Welt auf ihren Tisch konzentrierten. Einer der bekanntesten ist Philipp II. von Spanien (1527-1598), der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts tatsächlich über ein Imperium herrschte, das sich auch für den reiselustigsten Regierenden in dieser Zeit nicht mehr unmittelbar erfahren ließ; und was den direkten Kontakt mit der Welt anging, war Philipp II. ohnehin nicht der Engagierteste. Lieber schloss er sich in seinem als Kloster angelegten Herrschaftssitz Escorial ein und erwartete, dass die Welt zu ihm kam, auf seinen Schreibtisch. Das gesamte koloniale Riesenreich Spaniens, von Amerika über die Besitzungen in Italien bis nach Asien, wurde vor allem über das Studium von Akten kontrolliert. Nicht nur das, auch in seinem unmittelbaren Lebensbereich am Hof korrespondierte Philipp am liebsten über Notizen und Zettel, die er an seinem Schreibtisch verfasste. Das Leben als Schreibtischmonarch kam seinem Charakter entgegen, denn er galt als verschlossen und kontaktscheu, eigentlich unnahbar. Die Existenz am Schreibtisch erlaubte ihm, immer mehr von der Welt auszuschließen, um gleichzeitig immer mehr mit diesem Möbel zu verschmelzen. Er verzichtete ab 1559 nicht nur auf Reisen außerhalb Spaniens, sondern verließ auch sein Zimmer im Escorial in späteren Jahren nur noch für den Gottesdienst. Man mag es daher kaum als Zufall ansehen, dass ihn auch die typischen Gebrechen eines Schreibtischmenschen ereilten: Er soll der erste Monarch gewesen sein, der eine Brille benutzte, und gegen Ende seines Lebens war er an den Rollstuhl gefesselt, verbrachte seine Zeit also in einer Körperhaltung, die – so zynisch das auch klingen mag – wie angegossen zum Schreibtisch passt.[3]

Der Tisch ist eine Scheibe

Seit Philipp II. ist die neuzeitliche Geschichte gepflastert mit Menschen (nicht selten männlichen Geschlechts), die die Macht des Schreibtischs zu nutzen wussten. In der allgemeinen Diskussion hat sich dabei die Auffassung etabliert, es gäbe eine fundamentale Trennung zwischen dem Schreibtischleben und dem wahren Leben „dort draußen“, in der harten, kalten Realität. Aber diese Vorstellung ist mit einem Fragezeichen zu versehen. Denn Welt und Tisch auf diese Weise in Opposition zueinander zu setzen, führt in die falsche Richtung. Vielmehr muss man festhalten, dass der Tisch eine Fortsetzung der Welt mit anderen Mitteln ist: Die Welt wird „tischbar“.

Und dass sich die Gegenwart des frühen 21. Jahrhunderts die Welt immer noch auftischt, muss nicht großartig bewiesen werden. Die jüngsten medialen und technischen Entwicklungen können und wollen sich nicht von der Tischförmigkeit des Weltzugriffs lösen. Die Benutzeroberfläche des Computers nennt sich „Desktop“, und der Tablet-Computer kommt als „Tischchen“ mit dem Versprechen daher, uns die Welt umfassend zur Verfügung zu stellen. Erheben wir uns also nicht arrogant über frühere Zeiten und andere Kulturen. Die Erde war noch nie eine Scheibe, aber die Welt ist immer noch ein Tisch. Wir sind da kaum weiter gekommen. Oder haben Sie schon einmal einen Tisch in Kugelform gesehen?

[1] Uta Brandes/Michael Erlhoff (Hg.): My Desk is my Castle. Exploring Personalization Cultures, Basel 2011.

[2] Jacqueline Hassink: The Table of Power. Amsterdam 2000; Jacqueline Hassink: The Table of Power 2. Ostfildern 2011.

[3] Arndt Brendecke: Imperium und Empirie. Funktionen des Wissens in der spanischen Kolonialherrschaft, Köln/Weimar/Wien 2009.


Einsortiert unter:Geschichte und Materialität, Geschichtskultur Tagged: Materialität, Möbel, Philipp II. von Spanien, Schreibtisch, Tisch, Welt, Wirklichkeit

Quelle: https://achimlandwehr.wordpress.com/2013/07/12/10-philipp-ii-und-die-welt-als-tisch/

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CfP “Weltkrieg und Widerstand – Arbeit und Soziale Bewegungen im “Großen Krieg” 1914-1918″

Schwerpunktheft des “JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung” 2014

Der Erste Weltkrieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ hat in der Geschichtswissenschaft zu Recht viel Aufmerksamkeit erfahren. Denn seine Auswirkungen in Politik, Kultur und Gesellschaft bis in unsere heutige Zeit sind unbestritten und überaus vielschichtig. Trotz der intensiven Forschungen zu diesem Konflikt sind wichtige Aspekte in der neueren Forschung in den Hintergrund geraten. Dazu zählt insbesondere die Rolle der sozialen Bewegungen vor, während und nach den bewaffneten Auseinandersetzungen – also das Engagement der Arbeiterbewegung, der Frauenbewegung und anderer emanzipatorischer Kräfte gegen den Krieg und seine verheerenden Auswirkungen in allen beteiligten Ländern und Weltregionen. (…)

Der komplette Call for papers findet sich hier (und hier als PDF).

Das JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung (mehr) ist eine deutschsprachige historische Fachzeitschrift mit Sitz in Berlin und erscheint seit 2002 dreimal jährlich.

Kontakt über Axel Weipert, Redakteur: axelweipert(at)hotmail.com


Einsortiert unter:Arbeiterbewegung, Geschichte, Geschichtspolitik, Meinung, Methodik, Sozialgeschichte, Zeitschrift

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/07/12/cfp-weltkrieg-und-widerstand-arbeit-und-soziale-bewegungen-im-grosen-krieg-1914-1918/

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Soziale Medien und die Professionalisierung der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert

revue_histo1Für einen Vortrag im Rahmen der leider im Internet fast unsichtbaren Tagung „Den Krieg erzählen / Raconter la guerre” über Darstellungsverfahren in Historiographie und Literatur nach den Kriegen von 1870/71 und 1914/18 am 7./8. Juni 2013 an der Universität Stuttgart beschäftigte ich mich mit der Professionalisierung der Geschichtswissenschaft vor allem in Frankreich am Ende des 19. Jahrhunderts. Das Thema wird im Handbuch „Verfeindung und Verflechtung: Deutschland und Frankreich 1870-1918“, an dem ich aktuell gemeinsam mit Elise Julien arbeite, ebenso eine (kleine) Rolle spielen.

Wie bekannt und gut erforscht ist, führte Frankreich bereits in den 1860er Jahren, vor allem aber nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eine Standardisierung, Professionalisierung und Neustrukturierung der Geschichtswissenschaft an Universität und Schule durch1 . Dabei orientierte man sich zumindest teilweise am „deutschen Modell“, das im internationalen Kontext damals als vorbildlich galt. Gemeint war damit nicht nur die universitäre Lehre, die in Deutschland in Seminaren durchgeführt wurde, die nur für Studierende zugänglich waren und in denen eine entsprechende Arbeitsatmosphäre herrschte. Gemeint war auch die Art und Weise der Geschichtsschreibung, die sich vom bis dahin dominierenden romantisierenden und literarischen Stil lossagte und nach dem Vorbild Rankes streng methodisch in Anlehnung an die Regeln der empirischen Forschung archivgestützte Arbeiten schrieb. In der Folge änderte sich das Verhältnis zur Öffentlichkeit und zum Publikum: Zum einen waren die interessierten Bürger nun von den bis dahin öffentlichen Vorlesungen ausgeschlossen. Zum anderen schrieb man explizit als Experte für andere Experten und grenzte sich damit entschieden von den „Amateuren“ ab.

Eine wichtige Rolle für die Festlegung von Standards spielten ebenso die Fachzeitschriften, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gegründet wurden. Im Rezensionsteil wurde von ihnen die Qualitätssicherung übernommen, indem Standards der veröffentlichten Bücher überprüft und kritisiert wurden. Die Abfassung der Beiträge im Artikelteil erfolgte „im Rahmen vereinbarter sprachlicher Normen und fachspezifischer Rituale (Zitate, Kommentare etc.)“2. Und weiter liest man bei Lutz Raphael:

Dabei haben Redaktionen faktisch die Definitionsmacht darüber, wie ein Fachaufsatz im jeweiligen nationalen bzw. nationalsprachlich geprägten Historikerfeld auszusehen hat, welche Dichte an archivalischen Belegen, welche Breite fachwissenschaftlichen Kontextwissens notwendig, welcher Sprachstil angemessen und welcher Fachjargon von Vorteil ist.

Ja, leider, mag man aus heutiger Sicht hinzufügen. Überhaupt dürfte jedem, der sich mit Blogs und Sozialen Medien in der Wissenschaft beschäftigt, zahlreiche Bezüge zur Gegenwart aufgefallen sein: Denn zum einen sind viele der damals eingeführten Standards samt ihrer Effekte noch heute gültig und spürbar (Sprachstil, Abgrenzung von der Öffentlichkeit und den Amateuren, Rolle der Zeitschriften). Zum anderen wird deutlich, wie sehr die Nutzung von Blogs und anderen sozialen Medien genau gegen diese damals als neuralgisch für eine Professionalisierung wahrgenommenen Punkte gehen, was nicht zuletzt den großen Widerstand erklären dürfte, den die sozialen Medien hervorrufen.

Sicherlich wäre es lohnenswert, dem Thema ausführlicher nachzugehen, könnte man so vielleicht mit einigen überkommenen Vorstellungen aufräumen. „Wissenschaft bleibt Wissenschaft“, lautete neulich eine der fünf Thesen von André Donk in einem Beitrag “Forschungskultur digital? Fünf Thesen zur Digitalisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften” bei L.I.S.A. Dagegen lässt sich argumentieren, dass Wissenschaft nicht immer die Wissenschaft von heute war, sondern vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu dem gemacht wurde, was sie heute ist. Daraus abgeleitet besteht die Hoffnung, dass sie sich weiter entwickelt, dann nämlich, wenn die Community das einfordert oder auch, indem sie Tatsachen schafft und andere Kommunikations- und Publikationswege nutzt, wie es ja in Teilen bereits geschieht. Und so erhält der folgende Absatz, publiziert 2003, heute aus meiner Sicht dann seine Gültigkeit, wenn man gedanklich die Wörter “Zeitschrift” und “Periodika” durch “Blog” ersetzt:

Zeitschriften waren und sind zum einen Trendsetter, verbreiten neue Konzepte und neue Forschungsergebnisse. Dank dieser Funktion sind sie sensible Beobachtungsposten für Veränderungen in der Berufspraxis der Historiker. Zum anderen lassen sich vor allem in den älteren und an ein breites Fachpublikum gerichteten Periodika im langfristigen Vergleich die Kontinuitäten und Beharrungskräfte in einem Historikerfeld untersuchen. Die Geschichte der modernen Geschichtswissenschaft ist insofern ohne eine gründliche Kenntnis der wichtigsten Fachzeitschriften  nicht mehr denkbar, dennoch ist der Forschungsstand auf diesem Gebiet leider höchst unbefriedigend3.

__________

Abbildung: Titelbild der ersten Ausgabe der Revue Historique, 1976, bei Gallica.

  1. Vgl. z.B. Gabriele Lingelbach, Klio macht Karriere: die Institutionalisierung der Geschichtswissenschaft in Frankreich und den USA in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Göttingen 2003.
  2. Lutz Raphael, Geschichtswissenschaft im Zeitalter der Extreme : Theorien, Methoden, Tendenzen von 1900 bis zur Gegenwart, München 2003, S. 37
  3. Ebenda, S. 37-38

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1227

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Sommerschule: Die historischen Grundwissenschaften in der mediävistischen Praxis. BBAW, Berlin 09/13

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Quelle: BBAW/ Wikimedia Commons; gemeinfrei i.S.v. § 5 Abs. 2 UrhG

Mittelalterzentrum der Berlin-Brandenburgischen Akadmie der Wissenschaften 09.09.2013-12.09.2013, Berlin, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Einstein-Saal, Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin

Deadline für Bewerbungen: 30.07.2013     Hier als PDF zum Download: Sommerschule BBAW

Die Grundwissenschaften sind heute im historischen Lehrangebot der Universitäten an den Rand geraten. Um den Kompetenzerwerb in diesen Disziplinen für Studierende zu ermöglichen, veranstaltet das Mittelalterzentrum der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eine viertägige Sommerschule, in der mit einem breiten Spektrum von Lehreinheiten mit Übungscharakter in die wichtigsten Bereiche (Archivwissenschaft, Chronologie, Diplomatik, Numismatik, Paläographie, Sphragistik) eingeführt wird.

Bewerben können sich Studierende der Geschichtswissenschaften. Die Teilnehmerzahl ist auf 30 beschränkt, die Hälfte der Plätze ist Interessenten von Berlin-Brandenburgischen Hochschulen vorbehalten. Im Lehrplan der Humboldt-Universität wird die Sommerschule als Praxiskolloquium gewertet, für andere Universitäten kann die erfolgreiche Teilnahme je nach Studienordnung bescheinigt werden.

Auswärtige Studenten erhalten kostenlose Unterkunft; Reisekosten und Verpflegung werden nicht übernommen.

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Montag, 9. September 2013

10.00 Uhr Einführung

Michael Menzel, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

10.30 Uhr Einführung in die archivische Ordnung – Erschließung und Edition von Urkundenbeständen
Klaus Neitmann, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Diplomatik der spätmittelalterlichen Königsurkunde I
Ulrike Hohensee, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

15.30 Uhr Diplomatik der spätmittelalterlichen Königsurkunde II
Elfie-Marita Eibl, Regesta Imperii – Regesten Kaiser Friedrichs III., Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

 

Öffentlicher Abendvortrag

18.00 Uhr Monumenta Germaniae Historica – eine unendliche Geschichte?
Martina Hartmann, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München und stellvertretende Präsidentin der Monumenta Germaniae Historica

 

Dienstag, 10. September 2013

09.00 Uhr Einführung in die lateinische Paläographie: Karolingische Minuskel
Mathias Lawo, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

10.30 Uhr Einführung in die deutsche Paläographie
Martin Schubert, Parzival-Projekt, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Einführung in die Numismatik
Michael Lindner/Olaf B. Rader, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

15.30 Uhr Exkursion ins Berliner Münzkabinett
Michael Lindner/Olaf B. Rader, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

18.00 Uhr Gemeinsames Abendessen

 

Mittwoch, 11. September 2013

09.00 Uhr Edition und Interpunktion
Michael Menzel, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

10.30 Uhr Von der Urkunde zum Regest – zur Geschichte und Arbeitsweise der Regesta Imperii
Eberhard Holtz, Regesta Imperii – Regesten Kaiser Friedrichs III., Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Exkursion: Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Mathias Lawo, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

 

Donnerstag 12. September 2013

09.00 Uhr Einführung in die Sphragistik
Marie-Luise Heckmann, Historisches Institut, Universität Potsdam

10.30 Uhr Einführung in die Chronologie
Marianna Spano, Institut für Griechische und Lateinische Philologie, Freie Universität Berlin

12.00 Uhr Abschlussdiskussion

14.00 Uhr Pause

15.30 Uhr Historischer Rundgang durch Berlin
Michael Lindner, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften / Ines Garlisch, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/1694

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Bibliographie zur Stadtgeschichte Wiens online

Ein sehr nützliches bibliographisches Nachschlagewerk zur Geschichte Wiens ist auf der Homepage des Vereins der Geschichte der Stadt Wien als PDF zugänglich:

Generalindices zu den Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 1856‐2002.
http://www.geschichte-wien.at/wp-content/uploads/2012/12/Generalindices-1856-2002.pdf

Dies umfasst:

Wohlrab, Hertha: Generalindex zu den Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien (früher Alterthums-Verein zu Wien). 1856-1976. Wien 1978.

Ganster, Ingrid: Generalindex zu den Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. 1977–2002. Hrsg. von Karl Fischer. Wien 2003.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/444867274/

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China-News: Eine Zeitungsmeldung vom 28. April 1734

Welche Meldungen aus/über China finden sich in den Zeitungen Europas? ‘Sensationen’ oder ‘Merkwürdigkeiten’? Nachrichten über Naturkatastrophen? Über Erfahrungen von Europäern in China? Die Suche nach diesen Nachrichten, die häufig eher Kürzestmeldungen sind, gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen. Aber … seit einigen Wochen bietet ANNO (Austrian Newspapers Online) die Möglichkeit der Volltextsuche in ausgewählten Titeln. Die Volltextsuche ist im Beta-Stadium, derzeit sind “knapp 200.000 Zeitungsausgaben mit knapp 2 Millionen Seiten von 1704-1872″ [1] durchsuchbar.  Zur Qualität heißt es:

Der Volltext basiert auf OCR-gelesenen Daten. Bei OCR (Optical Character Recognition) handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb es in manchen Texten zu einer sehr hohen Fehlerdichte kommen kann. Die Suche gestaltet sich oft etwas anders als etwa bei manuell abgetippten Texten. [...].[2]

Wienerisches Diarium 28.4.1734

Wienerisches Diarium 28.4.1734 | ANNO

Das lädt zum Experimentieren ein – denn unterschiedlichen Transkriptionen (wie etwa ‘Pecking’ oder ‘Pekin’ neben ‘Peking’ für Beijing 北京), sind bei der Arbeit mit Texten, die vor dem Zweiten Weltkrieg publiziert wurden, selbstverständlich. Aber Versuche (oder eher Spielereien – denn mehr ist es noch nicht – mit “ſ” (langem ‘s’)/”f” oder “ß”/”B” oder “C”/”S” etc. sind viel spannender, denn: Afien ift fuper.[3] ”

Sucht man “Chinese”, so ist der erste Treffer 1734 – April – 28: Wienerisches Diarium[4] – Seite 4.

Werfen wir einen Blick auf den Text – ein Klick auf das entsprechende Icon rechts oben zeigt den OCR-Text((Wienerisches Diarium Num. 34 (28.4.1734), 3f. Online: ANNO)).

Die kurze Meldung ist nicht besonders spannend – sie bringt zwei unterschiedliche Themen: Erdbeben in Beijing 1733 (und in den 3 Jahren davor) und den Krieg gegen die ‘Tartar(e)n’.

Zu den Erdbeben: Der Catalog of Damaging Earthquakes in the World (Through 2010) des International Institute of Seismology and Earthquake Engineering, Building Research Institute listet für die Zeit zwischen 1730 und 1733 eine Reihe von Erdbeben in China, darunter auch das Dongchuan 東川-Beben (Prov. Yunnan) vom 2.8.1733 (Stärke 7.8), aber nur wenige für den Raum Beijing.

  • 1730 Winter: China: Shandong – Stärke 5
  • 1730.09.30: China: Beijing – Stärke 6.5
  • 1731.11.30: China: Beijing – Stärke ? – 100000 Tote

Das Beben von 1730 hatte  schwere Schäden verursacht, das vom 30.11.1731 wohl 100000 Todesopfer gefordert.

Mit dem ‘Krieg gegen die Tartar(e)n’ ist wohl der Feldzug gegen die Dzungaren in der Yongzheng 雍正-Ära (1722-1735 ((Der Yongzheng 雍正-Kaiser Yinzhen  (1678-1735, regierte 1722-1735) hatte – wie schon sein Vater, der Kangxi-康熙-Kaiser Xuanye 玄燁 (1654-1722, regierte 1661-1722) vor ihm – versucht, die Position Chinas in der Äußeren Mongolei mit militärischen Mitteln zu sichern. Trotz der drückenden Übermacht der Qing-Streitkräfte konnten sich die zwar kleinen, aber sehr mobilen Verbände der Dzungaren zunächst behaupten, es gelang ihnen sogar, die Qing an den Rand der Niederlage zu bringen. Erst ein ‘Überläufer’, der sich auf die Seite der Qing-Dynastie geschlagen hatte, besiegte die Dszungaren.

Aber das ist hier eigentlich nebensächlich – es geht um Digitalisate und Volltext(e).

 OCR-Text Transkription
[S.3] Mm »st hier bmft «tK Ptckng / des )( » haupv 
[S. 4] Haupt, stadt in China / unter dem -offen
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 haltS / wie man 4. jähre nach einander heft
 tige erdbeben daselbst verfpühret hätte / da
 dann die anzahl deren dabey auf manchen
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 2. Millionen beliefe. Der krieg gegen die
 Tartarn würde in dortigen gegenden auch
 «och immer fortgesetzet / doch es hatten
 sich zoo. Tartarn / unter allerhand vor,
 wände / mit ihren gmchen Familien auf die
 feite deren Chineftw gezogen / und dies
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 dadurch die gantze Chinesische Armee et-
 «er untemchmung deren Tartaren ausge ­
 setzet. Das daeauf vorgefallene Treffen,
 war so hitzig/ unvsö blutig gewesen/ den
 Weichen niemals w dortigen Landes ges«
 Den worden, 50000. Chinese» waren da,
 bey umgekommen, und ein General/
 welcher denen Tartarn in die Hände qe.
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[S. 3] Man hat hier briefe aus Pecking / der 
[S.4] Haupt=stadt in China / unter dem 20sten 
Martii des vorigen 1733. jahres des in-
halts / wie man 4. jahre nach einander heft
ige erdbeben daselbst verspühret hätte / da 
dann die anzahl deren dabey auf mancher
ley art umgekommenen personen sich gegen 
2. millionen beliefe. Der krieg gegen die 
Tartarn w[ue]rde in dortigen gegenden auch 
noch immer fortgesetzet / doch es hatten 
sich 300. Tartarn / unter allerhand vor
wande / mit ihren gantzen Familien an die 
seite deren Chinesern gezogen / und diese 
hatten in einer nacht / alle Chinesische 
schild=wachten listiger weise ermordet / und 
dadurch die gantze Chinesische Armee ei
ner unternehmung deren Tartaren ausge
setzet. Das darauf vorgefallene Treffen 
war so hitzig / und so blutig gewesen / der
gleichen niemals in dortigen Landen gese
hen worden / 50000. Chineser waren da
bey umgekommen / und ein General / 
welcher denen Tartarn in die H[ae]nde ge
fallen / war sogelich j[ae]mmerlich in Stücken 
zerhauen worden.

Das blaßorange markierte Wort ‘Chinese’ liefert den Treffer in der Volltextsuche, das blaßblau markierte ‘Chinesern’ wird nicht erkannt, denn da steht im OCR-Text ‘Chineftw’. Gleiche Typen auf einer Seite (also demselben Papier) knapp untereinander, kein Schatten (wie das in der jeweils inneren Spalte im Bereich des Möglichen wäre). Der Befund überrascht wenig – und es ließen sich vermutlich zahllose ähnliche Beispiele finden BTW: Das blassgrün markierte ‘Pecking’ wird bei einer Suche nach ‘Peking’ ebenfalls nicht gefunden, ein Blick in den OCR-Text zeigt warum: Dort steht ‘Ptckng’.

Big Data zum Greifen nahe?
Oder doch nicht?

  1. S. ANNO Suchhilfe
  2. S. ANNO Suchhilfe <abgerufen am 8.7.2013.>
  3. S. auch: Im Netz der (un)begrenzten Möglichkeiten.
  4. Das Wienerische Diarium war quasi der Vorgänger der Wiener Zeitung, es erschien 1703 bis 1779, ab 1780 erscheint das Blatt als Wiener Zeitung.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/796

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China-News: Eine Zeitungsmeldung vom 28. April 1734

Welche Meldungen aus/über China finden sich in den Zeitungen Europas? ‘Sensationen’ oder ‘Merkwürdigkeiten’? Nachrichten über Naturkatastrophen? Über Erfahrungen von Europäern in China? Die Suche nach diesen Nachrichten, die häufig eher Kürzestmeldungen sind, gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen. Aber … seit einigen Wochen bietet ANNO (Austrian Newspapers Online) die Möglichkeit der Volltextsuche in ausgewählten Titeln. Die Volltextsuche ist im Beta-Stadium, derzeit sind “knapp 200.000 Zeitungsausgaben mit knapp 2 Millionen Seiten von 1704-1872″ [1] durchsuchbar.  Zur Qualität heißt es:

Der Volltext basiert auf OCR-gelesenen Daten. Bei OCR (Optical Character Recognition) handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb es in manchen Texten zu einer sehr hohen Fehlerdichte kommen kann. Die Suche gestaltet sich oft etwas anders als etwa bei manuell abgetippten Texten. [...].[2]

Wienerisches Diarium 28.4.1734

Wienerisches Diarium 28.4.1734 | ANNO

Das lädt zum Experimentieren ein – denn unterschiedlichen Transkriptionen (wie etwa ‘Pecking’ oder ‘Pekin’ neben ‘Peking’ für Beijing 北京), sind bei der Arbeit mit Texten, die vor dem Zweiten Weltkrieg publiziert wurden, selbstverständlich. Aber Versuche (oder eher Spielereien – denn mehr ist es noch nicht – mit “ſ” (langem ‘s’)/”f” oder “ß”/”B” oder “C”/”S” etc. sind viel spannender, denn: Afien ift fuper.[3] ”

Sucht man “Chinese”, so ist der erste Treffer 1734 – April – 28: Wienerisches Diarium[4] – Seite 4.

Werfen wir einen Blick auf den Text – ein Klick auf das entsprechende Icon rechts oben zeigt den OCR-Text((Wienerisches Diarium Num. 34 (28.4.1734), 3f. Online: ANNO)).

Die kurze Meldung ist nicht besonders spannend – sie bringt zwei unterschiedliche Themen: Erdbeben in Beijing 1733 (und in den 3 Jahren davor) und den Krieg gegen die ‘Tartar(e)n’.

Zu den Erdbeben: Der Catalog of Damaging Earthquakes in the World (Through 2010) des International Institute of Seismology and Earthquake Engineering, Building Research Institute listet für die Zeit zwischen 1730 und 1733 eine Reihe von Erdbeben in China, darunter auch das Dongchuan 東川-Beben (Prov. Yunnan) vom 2.8.1733 (Stärke 7.8), aber nur wenige für den Raum Beijing.

  • 1730 Winter: China: Shandong – Stärke 5
  • 1730.09.30: China: Beijing – Stärke 6.5
  • 1731.11.30: China: Beijing – Stärke ? – 100000 Tote

Das Beben von 1730 hatte  schwere Schäden verursacht, das vom 30.11.1731 wohl 100000 Todesopfer gefordert.

Mit dem ‘Krieg gegen die Tartar(e)n’ ist wohl der Feldzug gegen die Dzungaren in der Yongzheng 雍正-Ära (1722-1735 ((Der Yongzheng 雍正-Kaiser Yinzhen  (1678-1735, regierte 1722-1735) hatte – wie schon sein Vater, der Kangxi-康熙-Kaiser Xuanye 玄燁 (1654-1722, regierte 1661-1722) vor ihm – versucht, die Position Chinas in der Äußeren Mongolei mit militärischen Mitteln zu sichern. Trotz der drückenden Übermacht der Qing-Streitkräfte konnten sich die zwar kleinen, aber sehr mobilen Verbände der Dzungaren zunächst behaupten, es gelang ihnen sogar, die Qing an den Rand der Niederlage zu bringen. Erst ein ‘Überläufer’, der sich auf die Seite der Qing-Dynastie geschlagen hatte, besiegte die Dszungaren.

Aber das ist hier eigentlich nebensächlich – es geht um Digitalisate und Volltext(e).

 OCR-Text Transkription
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[S. 3] Man hat hier briefe aus Pecking / der 
[S.4] Haupt=stadt in China / unter dem 20sten 
Martii des vorigen 1733. jahres des in-
halts / wie man 4. jahre nach einander heft
ige erdbeben daselbst verspühret hätte / da 
dann die anzahl deren dabey auf mancher
ley art umgekommenen personen sich gegen 
2. millionen beliefe. Der krieg gegen die 
Tartarn w[ue]rde in dortigen gegenden auch 
noch immer fortgesetzet / doch es hatten 
sich 300. Tartarn / unter allerhand vor
wande / mit ihren gantzen Familien an die 
seite deren Chinesern gezogen / und diese 
hatten in einer nacht / alle Chinesische 
schild=wachten listiger weise ermordet / und 
dadurch die gantze Chinesische Armee ei
ner unternehmung deren Tartaren ausge
setzet. Das darauf vorgefallene Treffen 
war so hitzig / und so blutig gewesen / der
gleichen niemals in dortigen Landen gese
hen worden / 50000. Chineser waren da
bey umgekommen / und ein General / 
welcher denen Tartarn in die H[ae]nde ge
fallen / war sogelich j[ae]mmerlich in Stücken 
zerhauen worden.

Das blaßorange markierte Wort ‘Chinese’ liefert den Treffer in der Volltextsuche, das blaßblau markierte ‘Chinesern’ wird nicht erkannt, denn da steht im OCR-Text ‘Chineftw’. Gleiche Typen auf einer Seite (also demselben Papier) knapp untereinander, kein Schatten (wie das in der jeweils inneren Spalte im Bereich des Möglichen wäre). Der Befund überrascht wenig – und es ließen sich vermutlich zahllose ähnliche Beispiele finden BTW: Das blassgrün markierte ‘Pecking’ wird bei einer Suche nach ‘Peking’ ebenfalls nicht gefunden, ein Blick in den OCR-Text zeigt warum: Dort steht ‘Ptckng’.

Big Data zum Greifen nahe?
Oder doch nicht?

  1. S. ANNO Suchhilfe
  2. S. ANNO Suchhilfe <abgerufen am 8.7.2013.>
  3. S. auch: Im Netz der (un)begrenzten Möglichkeiten.
  4. Das Wienerische Diarium war quasi der Vorgänger der Wiener Zeitung, es erschien 1703 bis 1779, ab 1780 erscheint das Blatt als Wiener Zeitung.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/796

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Lexikon zur Computergeschichte: Centronics

Benannt nach dem gleichnamigen Druckerhersteller aus den 1970er Jahren bezeichnet Centronics den Parallel-Standard zum Anschluss von Druckern. Obwohl ursprünglich proprietär entwickelte sich Centronics zu einem Industriestandard, der erst 1994 durch IEE 1284 eine Normierung erfuhr. Heute bezeichnet man mit Centronics umgangssprachlich Kabel zum Anschluss von Druckern sowie die  Schnittstelle zum Drucker, während die zum Rechner […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/07/4581/

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Gerhard Richter. Streifen + Glas

Painting / MalereiDie Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zeigen ab dem 13. September 2013 in drei Räumen des Albertinums neue, überwiegend für diese Ausstellung entstandene Werke von Gerhard Richter aus den aktuellen Produktionen der Streifenbilder und Glasobjekte.

Die Serie der Streifen entsteht seit 2011. Gerhard Richters Malerei ist dabei das Ausgangsmaterial für die neuen computergenerierten Werke. Dafür hat er das Gemälde „Abstraktes Bild“ (724-4) von 1990 digital in 4096 Ausschnitte zerlegt, die Details gespiegelt, multipliziert, neu kombiniert und als bis zu zehn Meter lange horizontale Streifenbilder gedruckt. Zwei Arbeiten in diesem Format hat Gerhard Richter für eine permanente architektonische Situation in Japan entworfen. Die Ausstellung bietet die Gelegenheit diese spektakulären Streifen zuvor in Dresden zu sehen.

Die Streifen zeigen vor allem auch die ungebrochene Kreativität des 1932 in Dresden geborenen Künstlers. Mit Hilfe eines computergesteuerten Bildverfahrens interpretiert Gerhard Richter seine abstrakte Malerei neu und gelangt dabei zu überraschenden Bilderfindungen. Richter selbst hat ihren Entstehungsprozess als eine Kombination aus Zufall und kontrolliertem Eingriff beschrieben: „Es läuft auf ein sowohl-als auch hinaus: mit dem Zufall was entstehen lassen und dann das Passende zuwählen und neu zusammenstellen.“

Glas spielt in dem Werk von Gerhard Richter bereits seit den 1960er Jahre eine wichtige Rolle. Richters neueste Glasarbeit wird ebenfalls in Dresden ihre Premiere haben und ist eine Weiterentwicklung der Skulptur „9 Stehende Scheiben“ (879-3) von 2002/2010, die gleichzeitig in der ständigen Sammlung im Albertium zu sehen ist. In dem neuen, noch unbetitelten Objekt lehnen die Gläser wie die Flächen eines Kartenhauses aneinander und bieten dem Betrachter eine komplexe Wahrnehmungssituation von Durchblicken und Spiegelungen.

Die Ausstellung Gerhard Richter. Streifen + Glas entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Winterthur, wo sie vom 18. Januar 2014 an zu sehen sein wird.

Der Katalog zur Ausstellung wird im Verlag der Buchhandlung Walther König erscheinen.

Quelle: http://gra.hypotheses.org/994

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Eigenmächtige Änderungen an Gesetzeswortlauten durch das Bundeswirtschaftsministerium

http://blog.delegibus.com/2013/07/05/unverbesserlich-philipp-rosler-macht-mit-dem-gwb-was-er-will In seinem Blog “de legibus” zeigt der Mannheimer Rechtsanwalt Thomas Fuchs auf, dass Bundeswirtschaftsminister Rösler im Rahmen der eigentlichen Neubekanntmachung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Änderungen einfließen ließ. Auch wenn diese teilweise als Flüchtigkeitsfehler verbucht werden könnten, ist es doch für einen Rechtsstaat im 21. Jahrhundert ein Armutszeugnis, wenn die fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden nicht […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/07/4578/

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