Erinnerungen eines Antirassisten
Genner, Michael: Verleitung zum Aufstand. Ein Versuch über Widerstand und Antirassismus. Wien: Mandelbaum, 2012. [Verlags-Info]
Geschichtswissenschaftliche Blogs auf einen Blick
Im Jahr 213 v. Chr. führten die Beamten auf Befehl des Ersten Kaisers (Qin Shihuangdi 秦始皇帝) – und vermutlich unter der Aufsicht von dessen Kanzler Li Si 李斯[1] eine Bücherverbrennung durch, deren Ausmaße in späterer Zeit “möglicherweise legendär übertrieben”[2] wurden.
Um der Opposition gegen die nach der Einigung des Reiches in den unterschiedlichen Regionen durchgeführten Vereinheitlichungen und Reformen nachhaltig zu begegnen, wurde – unter Androhung der Todesstrafe – ein Verbot des privaten Besitzes von Werken aus den Bereichen Geschichte, Philosophie und Literatur ausgesprochen. Bücher über Medizin und Landwirtschaft sowie Pharmakopöen und Orakelbücher waren von dem Verbot ausgenommen. Ein Exemplar der zu vernichtenden Bücher ging an den Kaiser, denn “niemand außer dem Herrscher verdient das Vertrauen, eine Bibliothek zu besitzen.”[3]
In engem Zusammenhang mit der Bücherverbrennung wird auch die Ermordung zahlreicher “Gelehrter” gesehen. Dieser Zusammenhang wird durch die Phrase fen shu keng ru 焚書坑儒 (“Bücher verbrennen und Gelehrte [lebendig] begraben”) verdeutlicht. Diese Ereignisse führten dazu, dass nach dem Ende der Qin-Dynastie (207 v. Chr.) das Bild des Ersten Kaisers von der im wesentlichen konfuzianisch geprägten Geschichtsschreibung überaus negativ gezeichnet wurde. Ein Wandel in der Beurteilung trat erst nach Gründung der Volksrepublik China ein. In einer Rede auf dem VIII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas meinte Mao Zedong 毛澤東:
“Was zählt der Erste Kaiser der Qin denn schon? Er hat lediglich 460 Konfuzianer lebendig begraben, während wir 46.000 Konfuzianer lebendig begraben haben. Haben wir denn nicht auch während der Unterdrückung der Konterrevolutionäre einige konterrevolutionäre Intellektuelle einen Kopf kürzer gemacht? Ich habe darüber einmal mit demokratischen Persönlichkeiten diskutiert: Ihr beschimpft uns, wir seien wie der Erste Kaiser der Qin – falsch, wir haben den Ersten Kaiser der Qin noch um ein Hundertfaches übertroffen.”[4]
Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/686
Das Eindringen des Westens stellte China ab der Mitte des 19. Jahrhunderts vor vielfältige Herausforderungen. Im Glossar zu seiner Studie Manufacturing Confucianism definierte Lionel Jensen ti 體 (Substanz, Essenz) und yong 用 (Anwendung) als “strategisches Gegensatzpaar” das alle Facetten der im späten 19. Jahrhundert ablaufenden politischen und ökonomischen Reformprozesse umfasste. Zur Bewahrung des chinesischen way of life (im obigen Sinne also ti 體) sollte “westliches” Wissen und vor allem “westliche” Technologie in sehr selektiver Art und Weise zur praktischen Anwendung (also yong 用) importiert und angenommen werden.[1]
Dieses Denken wurde in die plakative Formel Zhongxue wei ti, xixue wei yong 中學為體西學為用 (“Chinas Lehren als innere Substanz, die Lehren des Westens zur praktischen Anwendung”) gegossen. Als Erfinder dieser Formel wurde lange Zeit der reformfreundliche Generalgouverneur Zhang Zhidong 張之洞 (1837-1909) angesehen, später wurde ihr Ursprung jedoch auf die Schriften des Feng Guifen 馮桂芬 (1809-1874) zurückgeführt, in denen der Wert der selektiven Übernahme und Anwendung der technischen Errungenschaften des Westens betont wurde.[2]
Das Gegensatzpaar ti/yong stand ganz in der Tradition des Denkmodells ben-mo 本末, wobei ben 本 für den Ursprung und das Wichtige stand, während mo 末 das Ende und das Unwichtige repräsentierte. Vor diesem Hintergrund wurde ti 體 von einigen auch durch dao 道 (“Werte”) und yong 用 durch qi 器 (“Utensil”, “Gerät”) ersetzt.[3]
Wiederholt wird darauf verwiesen, dass dieses Gegensatzpaar im 20. Jahrhundert nicht mehr explizit betont wurde, sich in zahlreicen Debatten nach wie vor herauslesen läßt: “Nur stellen die ‘chinesischen Lehren’ inzwischen eine westliche Lehre – nämlich einen sinisierten Marxismus – dar, und die ‘westlichen Lehren’ beschränken sich rein auf wirtschaftliche und technologische Öffnung.”[4]
Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/673
Seit dem Beginn der historischen Zeit kam den Bergen in China wiederholt kultische Bedeutung zu.[1] Nach traditioneller Anschauung garantierten bestimmte Berge – in Analogie zu der vom Herrscher ausgeübten Mittlerfunktion zwischen Himmel und Erde “den festen Bestand des Kosmos”[2]. Diese fünf Berge (wuyue 五嶽) standen für die einzelnen Himmelsrichtungen – der Taishan 泰山 im Osten, der Hengshan 衡山 im Süden, der Huashan 華山 im Westen, der Hengshan 恆山 im Norden und der Songshan 嵩山 in der Mitte.[3] Im 1. Jh. v. Chr. wurde das Opfer an die Fünf Berge in die kultischen Handlungen der Herrscher (“Staatskult”) aufgenommen und auch nach dem Ende der Han-Dynastie (220 n. Chr.) beibehalten. Im 5. Jh. nach Chr. befolgten selbst die nomadischen Eroberer Nordchinas diesen Kult.[4]
Dass dem Taishan dabei besondere Bedeutung zukommt, zeigt nicht der Umstand, dass der französische Sinologe Edouard Chavannes (1865-1918) dem Berg bereits 1910 eine Monographie gewidmet hatte[5], sondern auch der Blick in die den Themen Mythologie und Symbolik gewidmeten Nachschlagewerke. Für die Daoisten ist der Taishan Sitz des Dongyue dadi 東嶽大帝, des Kaisers des östlichen Gipfels. Dieser “ist zugleich Lebensspender und Richter, der die Geburt und den Tod jedes Menschen bestimmt. Für die vergeltende Gerichtigkeit verantwortlich, reguliert er entsprechend dem moralischen Verhalten der Menschen deren Lebensspanne und Wiedergeburt”[6] Wie Eberhard schreibt, fand man früher vor Häusern Sandsteinblöcke mit der Inschrift “Der Taishan wagt zu widerstehen” (Taishan shi gan dang 泰山石敢當) – Ziel und Zweck dieser Inschrift war die Abwehr von Gespenstern und Dämonen.[7]
Die Besteigung des Berges galt seit alters her als probates Mittel, um das Schicksal günstig zu stimmen. Es war jedoch nicht allen beschieden, bis zum Gipfel zu gelangen:
“Aber der Berg rächt sich, wenn ein Unwürdiger es wagt, ihn zu besteigen. Qin Shi Huangdi, der unerbittliche Einiger im 2. Jahrhundert v. Chr., wollte den Berg besteigen, um die Anerkennung des Himmels für seine Herrschaft zu erlangen. Er wurde von einem wütenden Gewitter abgewiesen.”[8]
Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/654
Bildende Kunst aus Ost und West der Zeit 1945 bis 1968. Auf der einen Seite die offene Struktur des Abstrakten als Symbol der Freiheit – auf der anderen Seite der sozialistische Realismus mit seiner Individualität und Figuration? Inwiefern vermittelt sie – gegenübergestellt – die ideologischen Gräben zwischen den konkurrierenden deutschen Teilstaaten? Unter dem Titel “Der geteilte Himmel” stellt die Neue Nationalgalerie die Hauptpositionen von Ost und West der Epoche 1945 bis 1986 vor.
Die Unterscheidung der “abstrakten” Kunst des Westens auf der einen Seite und der “figurativen” oder der “Staatskunst” des Ostens auf der anderen Seite greift zu kurz. Welche Rolle spielte die Kunst jeweils in Ost und West während der politischen Ereignisse des Kalten Krieges konkret? Und welche Bedeutung kommt dem Staat bei der Ausübung der Kunst zu? Im MONTAGSRADIO “Vor Ort” in der Neuen Nationalgalerie sprechen Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit der Kunsthistorikerin Susanne von Falkenhausen, Professorin für Neuere Kunstgeschichte an der Humboldt Universität zu Berlin, und der Kunstkritikerin Ingeborg Ruthe über die Charakteristika der Kunst in Ost und West, über “Aushandlungsformen und -prozesse” in der Künstlerszene, über Leitbilder und Begegnungen. Sie sprechen auch über Kontinuitäten und Brüche vor und nach 1945, verursacht durch das NS-Regime und seine Protagonisten.
Und hier noch die Timeline zu dem Gespräch:
- 01:00 Erste Eindrücke: “Über die Gräben hinweg Dialoge anzetteln”
- 05:00 abstrakte Kunst des Westens vs. “Staatskunst” der DDR?
- 09:00 “im Rahmen der Nation gedacht”
- 11:00 Produktionswirklichkeiten von Künstlern in der DDR – “Bilder mit der Butterseite zur Wand”
- 15:50 die Restriktionen des Westens
- 20:00 Kontinuitäten und Brüche nach 1945
- 24:00 das Leitbild der Kunstproduktion in der DDR
- 27:30 Wann hatte der Staat Angst vor der Kunst?
- 32:00 die Individualität der DDR-Kunst in den 70er und 80er Jahren
- 37:00 gibt es eine “deutschere” Kunst?
- 40:00 Allegorien, Metaphern und Gleichnisse
- 43:30 Gab es Begnungen zwischen den Künstlern in Ost und West?
- 46:00 Überraschungen & Entdeckungen der Ausstallung
- 49:30 MONTAGSRADIO-Fragebogen
Die Ausstellung “Der geteilte Himmel. Die Sammlung. 1945 bis 1968″ ist noch bis September 2013 in der Neuen Nationalgalerie zu sehen.
Quelle: http://www.montagsradio.de/2013/06/10/kunst-war-uberschatzt/
Die Berichterstattung über die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung war eine der Hauptaufgaben des Ministeriums für Staatssicherheit. Seit dem Juni-Aufstand von 1953 bis zum Dezember 1989 wurden kontinuierlich Informationen an das Politbüro gesandt – darunter Berichte und Abhörprotokolle der Stasi-Zentrale, der Kreisstellen und der IM’s aber auch Zeitungsartikel der sogenannten “Westpresse”. Die Weitergabe der Berichte durch die Stasi-Mitarbeiter erfolgte kommentiert und zum Teil auch kritisch in Richtung Partei- und Staatsführung.
Im vierten Montagsradio “Vor Ort” auf der 6. Geschichtsmesse in Suhl sprechen Miriam Menzel und Kaja Wesner mit Projektleiterin Prof. Dr. Daniela Münkel über den Quellenbestand des Projekts “Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED-Führung”, nachweisbare Reaktionen seitens des Politbüros und die Bedeutung der Berichte für neue Erkenntnisse über das Selbstverständnis der Stasi und die Herrschafts- und Gesellschaftsgeschichte der DDR.
Der umfangreiche Quellenbestand wird derzeit im Auftrag des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Form einer Datenbank und Printpublikationen aufbereitet und öffentlich zugänglich gemacht.
Und hier noch die Timeline zu dem Gespräch:
00:30 Bedeutung des Quellenbestands für Herrschafts- und Gesellschaftsgeschichte der DDR
04:30 Einordnung der Quellen in zeithistorischen Kontext
06:30 Auslassungen und Anonymisierungen
08:30 1961: Details über Transportpolizei
09:30 Erforschung des Berichtswesens der Stasi
11:00 Quellenbestand
13:00 Professionalisierung des Berichtswesens ab Mitte der 60er Jahre
15:30 Umbruchjahre 1988/89
18:00 “Standardwerk zur DDR-Geschichte”
20:00 Jubiläumsjahre und Jahrestage
22:00 MONTAGSRADIO-Fragebogen
Quelle: http://www.montagsradio.de/2013/04/08/wir-haben-doch-alles-berichtet/