Ein bisschen Kultur..? Ausstellungsguide 1/2015

Wer sich im letzten Jahr keine Ausstellung aus dem Bereich der Frühen Neuzeit gönnen konnte, muss nicht verzweifeln, denn auch in diesem Jahr gibt es einiges zu unserer Epoche zu sehen.

???????????????????????????????????????????????????Die große badische Landesausstellung bietet den historischen Hintergrund zu den Feierlichkeiten rund um das 300-jährige Jubiläum der Stadt Karlsruhe. Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679 – 1738) steht als Stadtgründer im Mittelpunkt dieser Ausstellung, die ein faszinierendes Bild seiner schillernden Person entwirft. Der im Zeichen des Absolutismus herrschende und mit extravaganten Leidenschaften ausgestattete Herrscher gründete die Stadt, die bis heute seinen Namen trägt, im Jahre 1715, nachdem er sein neues Schloss dort errichten ließ. Die Karlsruher Schlossanlage ist einzigartig und zeugt noch heute von der Pracht der vergangenen Epoche. Erstmals wird die historische Person des Markgrafen in einer Ausstellung beleuchtet und zwar in dem Schloss, das den Anstoß für seine Stadtgründung gab.

„Karl Wilhelm 1679-1738“ vom 9. Mai bis zum 18. Oktober 2015 im Badischen Landesmuseum Karlsruhe

Was wäre die Frühe Neuzeit ohne die Reformation? Einiges, aber sie darf natürlich trotzdem nicht fehlen. Insbesondere, weil das große Lutherjubiläum 2017 immer näher rückt.

In Torgau feiert man aber bereits 500 Jahre Reformation mit einer nationalen Sonderausstellung. Das Renaissancestädtchen zwischen Dresden, Leipzig und Wittenberg war als kursächsische Residenz das politische Zentrum der Reformation. Hier weihte Martin Luther den ersten nach seinen Vorstellungen erbauten protestantischen Kirchenneubau ein. Eine Ausstellung im Schloss Hartenfels, in der Kurfürstlichen Kanzlei und der Superintendentur lässt am historischen Ort mit einzigartigen Kunstwerken, Dokumenten und Kostbarkeiten die Zeit der Reformation wiedererstehen. Einen Sommer lang können die fürstliche Pracht und das Selbstverständnis der Herrscher zur Zeit Martin Luthers erlebt werden.

„Luther und die Fürsten“ vom 15. Mai bis zum 31. Oktober auf Schloss Hartenfels in Torgau

In Mainz liegt das Augenmerk auf dem Einfluss der Ritterschaft auf die Reformation. Die große Sonderausstellung des Landesmuseums Mainz thematisiert den Aufstieg des Franz von Sickingen zum Anführer der Ritterschaft und deren Lebenswelt, Luthers Auftritt vor Kaiser und Reich in Worms, die Vielfalt der adligen Reformation im Reich und in Europa sowie die Stilisierung des von Sickingen zum Helden bis in die Gegenwart hinein.

„Franz von Sickingen und die Reformation“ vom 21. Mai bis zum 25. Oktober 2015 im Landesmuseum Mainz

Die Ausstellung im Trierer Landesmuseum wurde rund um einen archäologischen Fund eines Massengrabes im brandenburgischen Wittstock ersteldetlef-sommer-bldam_3_homepagelt. 125 Soldaten fanden dort nach der Schlacht bei Wittstock mitten im 30-jährigen Krieg ihre letzte Ruhestätte, wodurch ein einzigartiger Fund ermöglicht wurde. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen haben die Geschichte rund um das Grab aufgearbeitet und so das Leben der Soldaten greifbar gemacht. In der Ausstellung, die neben historischen Dokumenten, Waffen und Schätzen auch die Schauplätze der Zeit szenisch wiedergibt, sind neben archäologischen Funden auch “Objekte zum Anfassen, Medienstationen, Filme sowie ein zusätzlicher, auf Kinder zugeschnittener Erzählstrang”. Ich freu mich drauf!

„1636 – Ihre letzte Schlacht“ vom 17. April bis 18. Oktober 2015 im Landesmuseum Trier

Zum Schluss noch eine Ausstellung in Dresden aus dem Bereich der Technikgeschichte. Die Präzisionsuhrmacherei in Sachsen wird dem Besucher der Ausstellung anhand von rund 80 Exponaten und drei Biografien näher gebracht. Vorgestellt werden die Werdegänge des Amateurs Johann Heinrich Seyffert (1751–1817) und des Uhrmachermeisters Johann Christian Friedrich Gutkaes (1785–1845). Sie schufen als Pioniere die Voraussetzungen für Ferdinand Adolph Langes (1815–1875), der fernab der großen Uhrenzentren eine Taschenuhrenfabrik in Glashütte gründete. Ein weiteres wichtiges Element für dies Entwicklung wird ebenfalls in der Ausstellung thematisiert: Der Mathematisch-Physikalische Salon als Ort der beobachtenden Astronomie, die auf die Präzisionszeitmessung angewiesen ist.

Neben den eigenen Beständen aus dem Salon des Zwingers werden auch berühmte Chronometer der Geschichte ausgestellt. Computertomografien ermöglichen Einblicke in das faszinierenden Innenleben einiger dieser mechanischen Uhren.

„EINFACH – VOLLKOMMEN. Sachsens Weg in die internationale Uhrenwelt“ vom 18. Februar bis zum 14. Juni 2015 im Mathematisch-Physikalischen Salon im Dresdner Zwinger

 

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1982

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CODE 5: Ian Milligan about GeoCities, Web Archives and Digital History

GeoCities was one of the largest sites in the early days of the World Wide Web. In 2009 Yahoo! decided to shut down the community-based platform. Thirty-eight million pages and millions of images were about to get lost forever as Yahoo! did not facilitate user export. Ian Milligan is working with web archives and he examines the digital ruins of GeoCities. In this interview we talk about the challenges to work with this big amount of source material: What skills, methods and techniques do we need to work with born-digital collections?

Quelle: http://codinghistory.com/podcast/code5/

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Besprechungen der „Ersten Suchmaschinen“

In den letzten Wochen wurden wieder einige Besprechungen der "Ersten Suchmaschinen" veröffentlicht:

*) Seit gestern online ist Marliese Mendels Rezension für DieZeitschrift.at, ihr Resümee: ein spannendes Buch, das nicht nur Einblick in das Suchverhalten der neuzeitlichen Stadtbewohner gibt, sondern auch nachweist, dass die Adressbüros für die Bürger wichtige analoge Suchmaschinen waren.

*) Etwas skeptischer ist Alexander Pschera im Deutschlandradio Kultur, der vermeint, an einem faszinierenden Thema, der Vorgeschichte der Informationsgesellschaft im ancien régime, nur geschnuppert zu haben und dass es [i]mmer dann, wenn Anton Tantner (...) um die Ecke denkt, es spannend wird, der aber sonst eine minutiöse, mitunter ermüdend detaillierte Beschreibung ausmacht.

*) In der Bücherbeilage zum Falter wiederum liegt für Oliver Hochadel die Stärke von Tantners Buch (...) in der chronologischen und geografischen Breite, er attestiert: Tantner schreibt flüssig und jargonfrei, trotzdem ist die Lektüre des an sich dünnen Büchleins etwas ermüdend. Sein Fazit lautet trotzdem: Die Pionierarbeit ist verdienstvoll.

-Nun, was diese Einschätzung als "ermüdend" betrifft, so bitte ich die beiden Rezensenten, dies mit FAZ-Rezensenten Helmut Mayer auszudiskutieren, der ja von einer kurzweilig zu lesende[n] Darstellung sprach.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022411366/

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Antike „Aussteiger“: Askese an heiligen Orten im Heiligen Land

Sie haben das gutsituierte, aber auch klar vorgezeichnete Leben der römischen Oberschicht hinter sich gelassen und neue Herausforderungen gesucht: Melania die Ältere und Paula von Rom gehören im letzten Viertel des vierten Jahrhunderts zu jenen vornehmen christlichen Witwen, die sich durchaus aufsehenerregend für eine asketische Lebensführung entschlossen, ihre Familien verließen und zu einer Bildungsreise bzw. Wallfahrt zu den Mönchen Ägyptens und ins Heilige Land aufbrachen. An exponierten Stellen errichteten sie dort mit ihrem reichlich vorhandenen Vermögen großzügige Klosteranlagen für Frauen und Männer, in denen sie auch selbst lebten: Melania die Ältere zusammen mit Rufinus von Aquileia ab 378 am Ölberg in Jerusalem, Paula gemeinsam mit ihrer Tochter Eustochium und Hieronymus, den sie schon in Rom kennengelernt hatte, ab 386 in Bethlehem. Die Gebäudekomplexe dienten dabei nicht nur als Orte des Rückzugs und des wissenschaftlichen Arbeitens vor allem für ihre gelehrten Begleiter, sondern wurden auch zu wichtigen Anlaufstätten vieler reisender Christen und sind daher heute am ehesten mit privat geführten Bildungs- bzw. Gästehäusern vergleichbar.

Blick vom Ölberg, Jerusalem (Foto: Michael Hölscher)
Blick vom Ölberg Richtung Altstadt, Jerusalem (Foto: Michael Hölscher)
Statue des Heiligen Hieronymus vor dem Eingang der Katharinenkirche, Bethlehem; Foto: Thomas Hieke
Statue des Hieronymus vor dem Eingang der Katharinenkirche, Bethlehem (Foto: Thomas Hieke)

Konkurrenz zwischen Klöstern

Dass sich Melania und Paula persönlich kannten, lässt sich nur vermuten. Sicher bezeugt sind dagegen die zunächst freundschaftlichen Beziehungen der beiden Studienfreunde Rufinus und Hieronymus. Doch entzündete sich ein heftiger Streit nicht nur um die Rechtgläubigkeit des Origenes und die Frage nach der angemessenen Übersetzung seiner Texte ins Lateinische, sondern auch um richtige asketische Lebensführung. Die benachbarten Klöster konkurrierten zudem um Förderer und Gönner. Während sich Hieronymus der Sympathie zahlreicher Römer versicherte, wurde Rufinus u.a. durch den Bischof von Jerusalem unterstützt, dazu durch einflussreiche Mitglieder der kaiserlichen Familie. Ob die vornehmen Gäste in Jerusalem nicht ganz auf ihren gewohnten Lebensstil verzichteten, was immerhin mehrfach Hieronymus‘ scharfe Kritik hervorrief?

Krise der Klöster

Am Ende des vierten Jahrhunderts gerieten beide Institutionen in Schwierigkeiten. Rufinus reiste 397 nach Italien zurück. Auch Melania trat 400 einen mehrjährigen Heimataufenthalt an und kehrte erst kurz vor ihrem Tod (um 410) nach Jerusalem zurück. Tatsächlich war es ihr gelungen, die Enkelin Melania die Jüngere für eine Nachfolge zu begeistern.

In Bethlehem erkrankte schließlich Paula schwer und starb nach zweijähriger Krankheit 404, was vermutlich die finanziellen Schwierigkeiten von Eustochium und Hieronymus noch steigerte.

Relief über dem Hieronymusgrab, das sich ebenso wie die Gräber der Paula und der Eustochium im nördlichen Teil des Grottensystems unter der Geburtskirche in Bethlehem befindet (Foto: Patrick Strosche)
Relief über dem Hieronymusgrab, das sich ebenso wie die Gräber der Paula und Eustochium im nördlichen Teil des Grottensystems unter der Geburtskirche in Bethlehem befindet (Foto: Patrick Strosche)

Fehden mit der Feder

Als Hieronymus bald darauf seinen Nachruf auf Paula (Ep. 108) verfasste, beabsichtigte er daher keineswegs nur, die trauernde Eustochium zu trösten. Sein Text ist auch als überbietender Gegenentwurf zur hagiographischen Stilisierung der Melania der Älteren zu verstehen, die u.a. Paulinus von Nola (insbesondere Ep. 29) betrieb. Aus Rufins Umfeld stammte dagegen Palladius von Helenopolis, der in seiner 419/20 verfassten Historia Lausiaca an mehreren Stellen (vgl. HL 36; 41) vor allem mit Hieronymus scharf abrechnete.

Und heute?

An den selben Orten in Jerusalem und Bethlehem stehend, bemerken wir, vielleicht mehr, vielleicht weniger erstaunt: So fremd sind uns die Menschen der Antike nun auch wieder nicht …

Literatur in Auswahl:

Alciati, Roberto/ Giorda, Mariachiara, Possessions and Asceticism: Melania the Younger and her slow way to Jerusalem, in: Zeitschrift für Antikes Christentum 14 (2010) 425/44.

Cain, Andrew, Jerome’s Epitaphium Paulae. Hagiography, Pilgrimage, and the Cult of Saint Paula, in: Journal of Early Christian Studies 18 (2010) 105/39.

Heyden, Katharina, Orientierung. Die westliche Christenheit und das Heilige Land in der Antike (= Jerusalemer Theologisches Forum 28). Münster 2014.

Moine, Nicole, Melaniana, in: Recherches Augustiniennes 15 (1980) 3/79.

Mratschek, Sigrid, Der Briefwechsel des Paulinus von Nola. Kommunikation und soziale Kontakte zwischen christlichen Intellektuellen (= Hypomnemata 134). Göttingen 2002.

Ein Beitrag von Heike Grieser

Quelle: http://spuren.hypotheses.org/574

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CODE 4: Fiona Krakenbürger über den Einstieg ins Programmieren

An Initiativen zum Programmieren lernen herrscht derzeit kein Mangel. Aber warum ist es überhaupt sinnvoll, wenn sich so viele Menschen wie möglich mit dem Programmieren auseinandersetzen? Fiona Krakenbürger hat ihre ersten Coding-Erfahrungen durch ein Blog begleitet. Sie lernt immer noch Programmieren, aber engagiert sich inzwischen in zahlreichen Projekten, die Leuten den Einstieg in die Welt der Computer erleichtern. Außerdem schreibt sie an einer Bachelorarbeit, in der sie Strategien untersucht, mit deren Hilfe in technischen Communities versucht wird, den Anteil an Frauen zu erhöhen.

Quelle: http://codinghistory.com/podcast/code4/

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Scientific Computing and Cultural Heritage 2015

SCCH 2015 is the fifth conference on scientific computing and cultural heritage to be held at Heidelberg. The conference brings together scientists from applied mathematics and computer science on the one hand and researchers in cultural heritage projects on the other hand. The main topic is the application of scientific computing techniques to improve research work in areas such as art history, archaeology, transcultural studies and similar topics.

SCCH 2015, November 23th – 25th 2015
Internationales Wissenschaftsforum Heidelberg (IWH)

Abstract submission deadline: May 15th 2015

SCCH 2015 will feature mini sessions on predefined topics as well as general session for the presentation of new methodology and/or ongoing project work. Invited key lectures complement the conference program and introduce participants into details of this vibrant new interdisciplinary field.

The organizing committee especially encourages students to present their research work in the student poster session. Four student contributions will be invited to give an oral presentation in special student section of the conference. The best student presentation will be honoured with the SCCH student presentation award.

Further details can be found at the SCCH15 Website.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4898

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Stellenausschreibungen des Deutschen Archäologischen Institutes (DAI) in Berlin im IANUS-Projekt – drei SoftwareentwicklerInnen gesucht

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Deutsche Archäologische Institut (DAI) in Berlin sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt für die Dauer von vorerst zwei Jahren zwei wissenschaftliche MitarbeiterInnen als ProgrammiererInnen/SoftwareentwicklerInnen (TVöD E13 Bund) in Vollzeit (die Stellen sind jeweils auch teilzeitgeeignet) sowie eine wissenschaftliche Hilfskraft als ProgrammiererIn/SoftwareentwicklerIn für die Mitarbeit am Projekt “IANUS – Forschungsdatenzentrum für Archäologie und Altertumswissenschaften” (www.ianus-fdz.de).

Den vollständigen Ausschreibungstext sowie Kontaktinformationen erhalten Sie unter

Wiss. MA – Softwareentwicklung Backend – http://www.ianus-fdz.de/attachments/download/784/16_2015%20Stellenausschreibung.pdf
Wiss. MA. – Softwareentwicklung Frontend – http://www.ianus-fdz.de/attachments/download/785/17_2015%20Stellenausschreibung.pdf
Wiss. Hk. – – Softwareentwicklung – http://www.ianus-fdz.de/attachments/download/786/18_2015%20Stellenausschreibung.pdf

Beste Grüße
Wibke Kolbmann

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4894

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Buch zur Wirtschaftspolitik des Austrofaschismus online

Gerhard Senft, Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Wirtschaftsuniversität Wien hat sein 2002 erschienenes Buch als PDF online zur Verfügung gestellt:

Senft, Gerhard: Im Vorfeld der Katastrophe. Die Wirtschaftspolitik des Ständestaates. Österreich 1934-1938. Wien: Braumüller, 2002. 771 S.
http://austrofaschismus-wirtschaftspolitik.at/

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022411011/

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Zur Auseinandersetzung mit Täterschaft in der eigenen Familie

Von Dr. Oliver von Wrochem Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und die Erinnerung an seine Verbrechen sind 70 Jahre nach Kriegsende als gesellschaftliche Verpflichtung anerkannt. Erster und Zweiter Weltkrieg werden in den Medien stark thematisiert, „Erinnerungskultur“ ist Teil der schulischen Lehrpläne, Holocaust-Überlebende erhalten eine hohe Aufmerksamkeit, die deutsche Justiz ermittelt gegen noch lebende Nazitäter: soviel öffentliche Aufarbeitung war nie. Zugleich werden Stimmen laut, die diese Aufarbeitung als ritualisiert beschreiben und ein Unbehagen an den Formen der Erinnerungskultur artikulieren. In diesem Zusammenhang wird auf die … Zur Auseinandersetzung mit Täterschaft in der eigenen Familie weiterlesen

Quelle: http://erinnern.hypotheses.org/173

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Hitler: Personalisation in historical representation and no end

Who exactly acts in the past and in history? Is it solely the rulers or is Bert Brecht’s literary critique in his poem “Questions from a worker who reads” as necessary today as it was in 1935? It seems that in the classroom a reductive and a balanced  …

English

Who exactly acts in the past and in history? Is it solely the rulers or is Bert Brecht’s literary critique in his poem “Questions from a worker who reads” as necessary today as it was in 1935? It seems that in the classroom a reductive and a balanced approach stand clearly opposed.

 

 

Hitler as a pars pro toto

In an Austrian highschool textbook, we can read:

“Adolf Hitler became Chancellor and President of the Reich shortly thereafter. Immediately after seizing power, Hitler began eliminating all democratic institutions. […] Hitler gradually rescinded the provisions of the Treaty of Versailles. The major powers let him do as he pleased; it was the invasion of Poland in September 1939 that led to the outbreak of the Second World War. After several successful ‘blitzkriegs’, in 1942, Hitler was at the height of his power.”[1]

This textbook presents Adolf Hitler as a figure whose actions were all-encompassing. Because not only was he solely responsible for the planning and implementation of the rise of a specific politics but he is also equated with very many actions performed in Nazi Germany (e.g. “Hitler seized the neutral states […]”. [2] However, one may not agree with the observation that complexities must always be reduced in order to facilitate historical learning. Learning about history does, in fact, require reduction. But how should one deal with this in a tragic chapter of Austrian history? In a 1970 study, Ludwig von Friedeburg and Peter Hübner revealed that a reductive approach contributes to fostering a personalised concept of history, which in turn leads to unacceptable distortions about responsibilities within societies [3]. In this way, a single person is demonised, while many other perpetrators and followers are indirectly decontextualised from history. Such a narrative also contradicts modern research. In recent decades, the field of historical science has been concerned with a differentiated perception of the complex social structure of the Nazi regime.

Historical–didactical insights

If in the Second Republic (almost up until the end of the 20th century) it was common to stylise oneself as the “first victim” [4] in the Austrian master narrative in order to evade shared historical and political responsibility because of the “Moscow Declaration”, access to National Socialism heavily focussed on Hitler concealed the deep structures of a totalitarian society in an entirely different way. [5] Our society (and therefore also the academic discipline dealing with “turbulent history”) may watch over historical representations far more sensitively than the designing of narratives about rulers in other historical periods (e.g. Alexander III of Macedonia or Maria Theresa of Austria). Nevertheless, in other periods of human history, personalised approaches should also be classified as unbalanced and as factually inaccurate. Klaus Bergmann has introduced a central historical–didactical position by criticising such unilateral personalisation in historical accounts from a democratic–emancipatory perspective. Such accounts, he argues, provide children and adolescents with insights neither into the possibilities of individual political action nor into economic, political, and cultural structures; these, he observes, are concealed by “great men”. In addition, personalisation could lead to the relativisation (or even negation) of opportunities for the political participation or involvement of all members of a society. This would also give rise to a potential denial of co-responsibility for political developments within society.[6] In extreme cases, this would also support the idea that there are only active politicians and passive citizens.[7]

Reflection as a necessary attitude

It is therefore necessary to periodically examine the representations of the past appearing in both textbooks and society in terms of the models used to explain the personalisation and personification of historicala actors so as not to lose sight of those moments that have been dealt with in a historical–didactical manner. Indeed, it is often the historical and cultural background noises (e.g. television documentaries with euphonious names such as  “Hitler’s Children”, “Hitler’s helpers”) that evoke a didactic discourse in order to raise awareness among a new generation of history teachers and textbook authors of the problem of personalised history didactics.

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Literature

  • Klaus Bergmann, ‘Personalisierung, Personifizierung’, in: ‘Handbuch der Geschichtsdidaktik’. Edited by K. Bergmann et al. Seelze-Velber: Kallmeyer 1997, p. 298-300.

External links

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[1] Robert Beier, Ute Leonhardt, ‚Zeitfenster 4. Geschichte und Sozialkunde‘, Vienna: Hölzel 2011, p. 49.
[2] Beier/Leonhardt 2011, p. 56.
[3] Ludwig von Friedeburg, Peter Hübner, ‚Das Geschichtsbild der Jugend‘, Munich: Juventa 1970. – From the perspective of history didactics, the following study is still influential to some extent: Heinrich Roth, ‚Kind und Geschichte. Psychologische Voraussetzungen des Geschichtsunterrichts in der Volksschule‘, 2nd ed. Munich: Kösel 1958.
[4] Cf. Heidemarie Uhl, ‚Vom Opfermythos zur Mitverantwortungsthese. Die Transformation des österreichischen Gedächtnisses‘, in: Monika Flake (ed.), ‚Mythen der Nationen. 1945 – Arenen der Erinnerung‘, vol. 2. Berlin: DHM 2004, pp. 481–508.
[5] In his introduction to ‘Hitler. 1889–1936’, Ian Kershaw attempts to reconcile the contradiction between a structural analysis of society and biographical approaches without overvaluing or devaluing the individual. – Ian Kershaw, ‘Hitler. 1889–1836’, 2nd ed. Stuttgart: dtv 1998, p. 8 – This debate is not foreign to the historical sciences. The currents of “Hitlerism” (I. Kershaw) should also be referred to here. – Ian Kershaw, ‘Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick‘, 13th ed. Hamburg: Nikol 1995, p. 116.
[6] Klaus Bergmann‚ ‚Personalisierung im Geschichtsunterricht – Erziehung zu Demokratie?‘, Stuttgart: Klett 1977, p. 41.
[7] Bergmann 1977, p. 55f.

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Image Credits
© The Federal Archives of Germany, Bild 183-B24543, “Headquarters Army Group South, briefing”. Licensed under CC BY-SA 3.0 de on Wikimedia Commons.“. 

Recommended Citation
Kühberger, Christoph: Hitler: Personalisation in historical representation and no end. In: Public History Weekly 3 (2015) 10, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3764.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

Deutsch

Wer handelt eigentlich in der Vergangenheit und in der Geschichte? Sind es die HerrscherInnen alleine oder ist Bert Brechts literarisch vorgebrachte Kritik im Gedicht “Frage eines lesenden Arbeiters” heute genauso notwendig wie im Jahr 1935? Reduktion und Ausgewogenheit stehen sich in der Vermittlung offenbar gegenüber.

 

 

Hitler als pars-pro-toto

In einem österreichischen Schulbuch für die Sekundarstufe I steht zu lesen:

“Adolf Hitler wurde Reichskanzler und wenig später Reichspräsident. Unmittelbar nach der Machtübernahme ging Hitler daran, alle demokratischen Einrichtungen auszuschalten. […] Schritt für Schritt hob Hitler eigenmächtig die Bestimmungen des Vertrages von Versailles auf. Die Großmächte ließen ihn gewähren, erst der Angriff auf Polen im September 1939 führte zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Nach mehreren erfolgreichen ‘Blitzkriegen’ war Hitler 1942 auf dem Höhepunkt seiner Macht.”[1]

In der Darstellung dieses Schulbuches erscheint der Politiker Adolf Hitler als allumfassend handelnde Persönlichkeit, die nicht nur alle Geschicke des Aufstiegs alleine leitet und vollbringt, sondern darüber hinaus auch pars pro toto für ganz viele Handlungen gesetzt wird, die im nationalsozialistischen Deutschland vorgenommen wurden (z.B. “Hitler griff die neutralen Staaten […] an.”).[2] Man mag einer solchen Beobachtung entgegenhalten, dass im Rahmen des historischen Lernens immer Komplexitäten reduziert werden müssten und dass durch derartige Akte historisches Lernen erst ermöglicht werden würde. In der Tat benötigt historisches Lernen Reduktion, doch wie sollte man damit in einem tragischen Kapitel der österreichischen Geschichte umgehen, wenn bereits in einer Untersuchung von Ludwig von Friedeburg und Peter Hübner aus dem Jahr 1970 festgehalten wurde, dass damit der Aufbau eines personalisierten Geschichtsbildes Vorschub geleistet wird und es damit zu unzulässigen Verzerrungen hinsichtlich der Verantwortungen innerhalb von Gesellschaften kommt.[3] Auf diese Weise wird eine einzelne Person dämonisiert und gleichzeitig viele andere TäterInnen und MitläuferInnen indirekt aus der Geschichte dekontextualisiert. Eine solche Erzählung steht zudem im Gegensatz zur modernen Forschung. Gerade die Geschichtswissenschaften bemühten sich in den letzten Jahrzehnten um  eine differenzierte Wahrnehmung einer vielschichtigen gesellschaftlichen Struktur des NS-Regimes.

Geschichtsdidaktische Einsichten

War es im österreichischen Masternarrativ in der Zweiten Republik aufgrund der “Moskauer Deklaration” bis nahezu ans Ende des 20. Jahrhunderts üblich, sich als “erstes Opfer” zu stilisieren,[4] um sich damit der historischen und politischen Mitverantwortung zu entziehen, verschleiert ein stark auf Hitler fokussierter Zugang zum Nationalsozialismus die Tiefenstrukturen einer totalitären Gesellschaft auf eine ganz andere Weise.[5] Es mag sein, dass unsere Gesellschaft und damit auch die Wissenschaft im Umgang mit “heißer Geschichte” viel sensibler über historische Darstellungen wacht, als etwa über die Ausgestaltung von Narrationen zu HerrscherInnen in anderen historischen Epochen (z.B. zu Alexander III. von Makedonien oder Maria Theresia von Österreich). Gleichwohl sind personalisierte Zugänge auch in anderen Zeitabschnitten der Menschheitsgeschichte als unausgewogen und durchaus als sachlich falsch zu klassifizieren. Eine zentrale geschichtsdidaktische Position hat dazu Klaus Bergmann eingebracht, indem er aus einer demokratisch-emanzipatorischen Grundhaltung heraus derartige einseitige Personalisierungen in historischen Darstellungen kritisiert. Sie würden Kindern und Jugendlichen keine Einsicht in die politischen Handlungsmöglichkeiten von einzelnen Menschen sowie in wirtschaftliche, politische und kulturelle Strukturen bieten, da sie durch “große Männer” verdeckt werden würden. Zudem könnte die Personalisierung dazu führen, Möglichkeiten der politischen Mitbestimmung und Mitgestaltung von allen Mitgliedern einer Gesellschaft zu relativieren oder gar zu negieren. Daraus würde auch ein potentielles Leugnen von Mit-Verantwortung für politische Entwicklungen innerhalb einer Gesellschaft erwachsen.[6] Im Extremfall würde sogar eine Vorstellung unterstützt, nach der es nur handelnde PolitikerInnen und passive BürgerInnen gäbe.[7]

Reflexion als notwendige Haltung

Es gilt daher, in regelmäßigen Abständen die in Schulbüchern und in der Gesellschaft auftretenden Darstellungen der Vergangenheit hinsichtlich ihrer Erklärungsmodelle zu den Handelnden auf Personalisierung und Personifizierung hin zu untersuchen, um nicht jene Momente aus den Augen zu verlieren, die geschichtsdidaktisch als bewältigt gelten. Es sind nämlich oftmals die geschichtskulturellen Nebengeräusche (z.B. TV-Dokumentationen mit den wohlklingenden Bezeichnungen “Hitlers Kinder”, “Hitlers Helfer” o.ä.), die einen an sich bereits geführten fachdidaktischen Diskurs wieder notwendigerweise an die Oberfläche spülen, um den Problemgehalt einer neuen Generation von GeschichtslehrerInnen und SchulbuchautorInnen zukommen zu lassen.

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Literatur

  • Bergmann, Klaus: Personalisierung, Personifizierung. In: K. Bergmann u.a. (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Velber 1997, S. 298-300.

Externe Links

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[1] Beier, Robert / Leonhardt, Ute: Zeitfenster 4. Geschichte und Sozialkunde. Wien 2011, S. 49.
[2] Beier / Leonhardt 2011, S. 56.
[3] Friedeburg, Ludwig von / Hübner, Peter: Das Geschichtsbild der Jugend. München 1970. – Geschichtsdidaktisch teilweise bis heute prägend gilt dabei: Roth, Heinrich: Kind und Geschichte. Psychologische Voraussetzungen des Geschichtsunterrichts in der Volksschule. 2. Aufl. München 1958.
[4] Vgl. Uhl, Heidemarie: Vom Opfermythos zur Mitverantwortungsthese. Die Transformation des österreichischen Gedächtnisses. In: M. Flake (Hrsg.): Mythen der Nationen. 1945 – Arenen der Erinnerung. Bd. 2. Mainz 2004, S. 481-508.
[5] Ian Kershaw versucht in seiner Einleitung zu „Hitler. 1889-1936“ den Gegensatz einer strukturalistischen Gesellschaftsanalyse und biografische Annäherungen zu versöhnen, ohne das Individuum zu erhöhen oder abzuwerten. – Kershaw, Ian: Hitler. 1889-1836. 2. Aufl. Stuttgart 1998, S. 8. – Diese Debatte ist den Geschichtswissenschaften nicht fremd. Auch hier soll auf die Strömungen des „Hitlerismus“ (I. Kershaw) verweisen werden. – Kershaw, Ian: Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick. 13. Aufl. Hamburg 1995, S. 116.
[6] Bergmann, Klaus: Personalisierung im Geschichtsunterricht – Erziehung zu Demokratie? Stuttgart 1977, S. 41.
[7] Bergmann 1977, S. 55f.

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Abbildungsnachweis
© Bundesarchiv Bild 183-B24543, Hauptquartier Heeresgruppe Süd, Lagebesprechung. Lizensiert unter CC BY-SA 3.0 de auf Wikimedia Commons.“.

Empfohlene Zitierweise
Kühberger, Christoph: Hitler: Personalisierung in der historischen Darstellung und kein Ende. In: Public History Weekly 3 (2015) 10, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3764.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.


 

 

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