Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022445415/
Tagungsbericht und Ausstellungsbesprechung: „Napoleon und Bayern“ – die Bayerische Landesausstellung in Ingolstadt und der Tag der bayerischen Landesgeschichte am 12.5.2015
„Bayern und Napoleon“ lautete das Thema des 9. Tages der bayerischen Landesgeschichte, den der Verband der bayerischen Geschichtsvereine in Zusammenarbeit mit dem Museumspädagogischen Zentrum, der Bayerischen Museumsakademie und dem Haus der Bayerischen Geschichte am 12. Mai 2015 in Ingolstadt veranstaltete. Wie in den Jahren zuvor gab auch diesmal die Landesausstellung das Thema des Tages vor – heuer ist eine Schau über „Napoleon und Bayern“ in den Räumen des Bayerischen Armeemuseum im Ingolstädter Neuen Schloss zu sehen. Bei der Eröffnung des Landesgeschichtstags, der sich nicht nur an Mitglieder der Geschichtsvereine richtet, sondern ebenso an interessierte Studierende, Lehrkräfte, Museumsmitarbeiter, Archivare und Wissenschaftler, begrüßte der Vorsitzende des Geschichtsvereinsverbandes, Manfred Treml, die rund 200 Besuchern und wies darauf hin, dass die Veranstaltung insbesondere als Lehrerfortbildung mittlerweile viel Zuspruch erfahre.
Einen Überblick über die Konzeption von „Napoleon und Bayern“ gab Projektleiterin MARGOT HAMM vom Haus der Bayerischen Geschichte. Ihr zufolge ist es ein Kernanliegen der Landesausstellung, dass der Betrachter „sich in die Geschichte hineinversetzen, selbst noch einmal teilnehmen“ könne. Am deutlichsten spürbar wird diese Intention sicherlich bei der multimedialen Rauminszenierung zur Schlacht von Eggmühl 1809: Beamer projizieren auf zwei im rechten Winkel stehende Wandflächen wechselnde Gemäldeszenen zu der Schlacht, akustisch untermalt von reinszeniertem Kriegslärm; dazu ist der Betrachter im Halbdunkel von einer großen Kanone und anderen militärhistorischen Ausstellungsstücken umgeben.
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Archiv-August #1: Archiv-Fieber – „Kunst, Freiheit und Lebensfreude“ von Emanuel Mathias
Archiv-August #1: Der erste Beitrag unserer Reihe erschien erstmals am 1. Juni 2015. Viel Spaß beim Lesen!
Das Ausstellungskonzept „Talents“ ist ein Förderprogramm für junge Fotografen und Kunstkritiker. Es wird seit 2006 jährlich von c|o Berlin ausgeschrieben und vom Gründungspartner Deutsche Börse AG finanziell unterstützt.
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Ausstellung zum Völkermord an den Armeniern an der JGU Mainz
Eine Projektgruppe von 11 Studierenden unter der Leitung von Dr. Andreas Frings hat für das Historische Seminar der JGU Mainz eine Ausstellung zum Thema “Eine ‘innertürkische Verwaltungsangelegenheit’? Osmanisch-deutsche Verflechtungen und die Armeniergräuel im Ersten Weltkrieg” erarbeitet, die am Mittwoch feierlich eröffnet wurde und seit gestern (bis Pfingsten) im Philosophicum der JGU Mainz zu sehen ist. Projektbegleitend wurde unter der URL https://www.blogs.uni-mainz.de/fb07-armeniergreuel/ eine Ausstellungshomepage erarbeitet, die die Texte der Poster spiegelt und zusätzlich weitere Materialien und didaktische Überlegungen anbietet. Ausstellung und Homepage wurden bewusst so aufgebaut, dass sie auch im Unterricht eingesetzt werden können – angesichts der aktuellen medialen Aufmerksamkeit für das Thema also eine wichtige Unterstützung für all jene, die sich vorstellen können, das Thema des Völkermordes aus der Perspektive der deutsch-osmanischen Beziehungsgeschichte heraus in den Unterricht zu bringen. Rückmeldungen zu den Texten oder den Materialien (die sukzessive aufgebaut und erweitert werden) sind ausdrücklich erwünscht und über ein Online-Gästebuch auf der Homepage möglich.
Quelle: http://vgdrp.hypotheses.org/351
Schmalenstroers wirklich wichtige Museen
Die Karte wartet nun nur noch darauf, um Einrichtungen dieser Art, die sich außerhalb Deutschlands befinden, ergänzt zu werden, ich steuere schon mal das Lebensspurenmuseum in Wels (Thema: Stempel!), das Konservenmuseum in Stavanger und das Rummuseum in Havanna bei!
[via Archivalia]
Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022418081/
Ostern im “September”
Eier der ganz besonderen Art präsentiert die Pasticceria Bombiani in Rom. Unter dem Titel “Le Consistenze del Colore” zeigt sie 22 ovale Kunstwerke. Für jedes einzelne von Ihnen stand ein repräsentatives Werk eines international anerkannten Künstlers Pate. Die Konditorei griff für die Eier auf vorwiegend abstrakte Werke der Künstler zurück. Nur bei Gerhard Richter wählte sie nicht die dafür prädestinierten Streifenarbeiten oder die Farbtafeln aus. Sie entschied sich für das Bild “September (891-5)” von 2005.
Aus dem Faltblatt zur Ausstellung geht die Motivwahl nicht eindeutig hervor. Hier wird auf die Kunst Gerhard Richters im Allgemeinen abgehoben und sein permanenter Medienwechsel, vom Foto zum Gemälde zum Foto zurück, erläutert. Doch bei näherer Betrachtung ist das Motiv mehr als nur ein Stellvertreter der jüngsten Werke Gerhard Richters. Es ist ein Bild unserer Zeit und unserer Gesellschaft.
Richter malte das Bild nach einer Pressefotografie, die das New Yorker Word Trade Center am 11. September 2001 zeigt. In diesem Bild kommt die Tragik des Geschehens in all seinen Nuancen zum stehen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kulminieren in einem Standbild, dass die brennenden kurz vor dem Einsturz stehenden Hochhäuser zeigt. Das World Trade Center war nicht nur der höchste Gebäudekomplex New Yorks, sondern als Welthandelszentrum ein Symbol der amerikanischen Macht sowie der westeuropäischen Zivilisation schlechthin. Mit seiner Zerstörung wurde einmal mehr klar, wie zerbrechlich die Gesellschaft im Grunde ist. Damit wählte die Pasticceria – zufällig oder auch absichtlich – ein politisches Motiv, dass die krisenhafte Gegenwart in Frage stellt.
Während Richters Werk in seinem Kabinettformat, das Ereignis dokumentiert, scheint das auf das noch kleinere Osterei übertragene Motiv wie eine Ermahnung: Unsere Zeit ist fragiler als eine Eierschale. Und mit den Blick auf die christliche Ostergeschichte, fragt sich, ob die Motivübernahme eine Warnung an uns ist. Mit dem Tode und der Auferstehung Christi hat Gott, so die Bibel, Erbarmen mit dem Menschen gehabt und ihm die Möglichkeit gegeben, aus der Hölle zu entfliehen. Im Johannesevangelium geht mit der Auferstehung auch der Friede einher: “Friede sei mit euch!” verkündet Christus seinen Jüngern.
Doch der Mensch, wie es sich in der Geschichte abermals zeigt, schafft sich die Hölle auf Erden immer wieder selbst. Und so sollten wir der Frage, “Was war zuerst das Huhn oder das Ei”, an dieser Stelle nachgehen? Diese der Vernunft des Menschen entspringende Frage führt in ihrer paradoxen Struktur per se das Dilemma der Menschheit vor Augen. Denn unsere Gesellschaft erscheint wie ein perpetuum mobile zwischen friedlichen Miteinander und menschenunwürdiger Gewalt.
Die ovalen Meisterwerke mit Motiven der folgenden Künstler können noch bis zum 6. April bewundert werden:
- Afro Basaldella
- Federico Cari
- Piero Dorazio
- Gilbert & Georges
- Keith Haring
- Hans Hartung
- Collettivo Illimine
- Anselm Kiefer
- Franz Kline
- Emily Kame Kngwarreye
- Robert Mapplethorpe
- Georges Mathieu
- Joanna Irena Milewska
- Walter Musco
- Achille Perilli
- Robert Rauschemberg
- Mark Rothko
- Antoni Tapies
- Turkey Tolson Tjupurrula
- Cy Twombly
- Emilio Vedova
Mein Ausstellungstipp: Gerhard Richter legte 2009 der Edition (139) sein Bild “September (891-5)” zu Grunde. Der 66 auf 90 cm große Digitaldruck zwischen zwei Glasplatten ist noch bis zum 27. September im Dresdner Albertinum ausgestellt.
Mein Literaturtipp: Robert Storr: September. Ein Historienbild von Gerhard Richter, Köln 2010 [ISBN978-3-86560-792-8]
Quelle: http://gra.hypotheses.org/1623
Arbeiter | Kultur | Geschichte. Arbeiterfotografie der Weimarer Republik im Museum
In welchem Sinn sind die proletarischen Amateurfotografien der 1920er Jahre geschichtsträchtig? Sind sie „objektive Dokumente“ von Alltag, Armut, Arbeitslosigkeit? Relikte autobiografischer Erzählungen oder des Klassenkampfs? Als Zeugnisse einer Geschichte des Sehens und Zeigens „von unten“ stehen sie zwischen privater Erinnerung und öffentlichem Gebrauch, zwischen „Dokument“ und „Erfindung“.
Zum Abschluss des DFG-Forschungsprojekts zur Geschichte der Arbeiterfotografie der Weimarer Republik am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) findet im Stadtmuseum Dresden am 27. und 28. März 2015 die Tagung “Arbeiter | Kultur | Geschichte. Arbeiterfotografie der Weimarer Republik im Museum” statt. Sie ist verbunden mit der dritten Station der Ausstellung “Das Auge des Arbeiters”, die 2014 in den Kunstsammlungen Zwickau und dem Käthe Kollwitz Museum Köln zu sehen gewesen war und die in Dresden mit einer wiederum veränderten Konzeption am 20. März eröffnet werden wird.
Die Vorträge stellen Arbeiterfotografien in den Kontext von Alltagskultur und politischer Propaganda und diskutieren ihre Beziehungen zur illustrierten Presse, zu Film und Kunst. Dabei werden auch Methoden anschaulich, Bilder als in einem umfassenden Sinn sozialgeschichtliche Quellen zu verstehen.
Hierzu gehört nicht zuletzt die Frage nach der Wirkung der politischen Verhältnisse in Ost und West zwischen 1945 und 1990 auf die Bestandsbildung in den Museen und damit auch auf das Geschichtsbild über die Weimarer Zeit. Die Tagung richtet sich an Interessierte aus den Bereichen Fotografie- und Mediengeschichte, Industrie- und Alltagskultur, Kunst- und Pressegeschichte sowie an mit der Bewahrung, Erschließung und Ausstellung von Fotografien Beschäftigte in Archiven und Museen.
Veranstalter sind das Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. und das Stadtmuseum Dresden in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, dem Käthe Kollwitz Museum Köln und den Kunstsammlungen Zwickau.
Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen.
Freitag, 27.3.2015, 12:00 – 20:00
12:00 BEGRÜSSUNG – Ralf Lunau (Beigeordneter für Kultur, Landeshauptstadt Dresden), Erika Eschebach (Stadtmuseum Dresden), Winfried Müller (Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde) und Korinna Lorz (Sächsische Landesstelle für Museumswesen)
12:15 EINFÜHRUNG- Holger Starke (Stadtmuseum Dresden): “Dokumente der Zeit”? Arbeiterfotografien im Geschichtsmuseum
12:30 GESCHICHTE- Mike Schmeitzner (Hannah-Arendt-Institut Dresden): Arbeiterkultur in Sachsen. Milieu und Medien
Andreas Ludwig (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam): Gegenwart als Geschichte. Museales Sammeln und Ausstellen in der DDR
14:00 Kaffeepause
14:30 IKONOGRAFIEN- Günter Agde (Berlin): Ein Muskelmann, ein Symbol und die werktätigen Massen. Metamorphosen eines Logos und seiner Bedeutung
Wolfgang Hesse (ISGV Dresden): Öffentlich privat. Arbeiterfotografien im Familienalbum
16:00 Kaffeepause
16:30 MEDIEN – Andreas Krase (Technische Sammlungen Dresden): Professionelle Amateurfotografie. Das Bildertagebuch Hugo Erfurths
Sabine Kriebel ( University College Cork): Bild und Schrift. Fotomontagen
18:00 AUSSTELLUNGSBESUCH
20:00 Abendessen
Samstag, 28.3.2015, 9:00 – 16:00
9:00 MEDIEN – Anton Holzer (Zeitschrift Fotogeschichte, Wien): Erzählende Bilder. Fotoreportagen in der bürgerlichen und proletarischen Presse um 1930
Klaus Kreimeier (Berlin): “Erobert den Film!” Dokumentarisches Kino und Arbeiterbewegung vor 1933
10:30 Kaffeepause
11:00 KUNST – Johannes Schmidt (Städtische Galerie Dresden): “Den Kampfwillen versinnbildlichen”. Otto Griebel und die Kunst der Agitation
Mathias Wagner (Galerie Neue Meister, SKD Dresden): Die Internationale. Über Massendarstellungen in Fotografie und Kunst
12:30 Mittagspause
13:30 PRAXIS – Jens Bove (Deutsche Fotothek Dresden): Erschließungsfragen. Bilder und Texte
Karl Klemm (TU Bergakademie Freiberg)/ Markus Walz (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig): Ein Forschungsprojekt, drei Ausstellungsplanungs-Prozesse. Erkenntnistransfer im museologischen Rückblick
15:00 PERSPEKTIVEN – Manfred Seifert (Philipps-Universität Marburg): Arbeitskulturen, Mentalitäten, Industriekultur
15:30 SCHLUSSDISKUSSION
16:00 Ende der Tagung
Die Tagung findet statt im Festsaal des Stadtmuseums Dresden, Wilsdruffer Straße 2, 01067 Dresden, Eingang: Landhausstraße.
Ausstellung zu den Wienerberger Ziegelböhm
Ort: GBStern, Quellenstraße 149, 1100 Wien
Zeit: Mo, Di 9-17h, Do 13-19h, Fr 9-12h
Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022399758/
Das regionale Bild-Gedächtnis
Zwei Tendenzen haben innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte in der Geschichtswissenschaftan Gewicht gewonnen die „Wiederkehr des Raums“[1] – der so genannte spatial turn – und die „Wiederkehr der Bilder“ [2], auch als Iconic oder Visual Turn bezeichnet. Ein Ausstellungsprojekt im Braunschweiger Museum für Photographie führt diese beiden Strömungen nun in einer Ausstellung zusammen und fragt nach der Bedeutung des Mediums Fotografie als Mnemotechnik einer Gesellschaft. Im Vordergrund steht dabei die Region als Leitkategorie für Identitäten und Gedächtnisse. 17 Fotografinnen und Fotografen haben ihren persönlichen Zugang zur Geschichte und Gegenwart der Region Niedersachsen fotografisch festgehalten. Die Resultate werden derzeit im Museum für Photographie Braunschweig ausgestellt und parallel dazu online archiviert – als digitaler Grundstock für ein regionales Bild-Gedächtnis, das in den nächsten Jahren sukzessive wachsen soll.
Lucia Halder sprach mit der Museumsleiterin und Kuratorin der Ausstellung Dr. Gisela Parak über das Projekt.
Lucia Halder: Der vollständige Titel der Ausstellung lautet „Das regionale Gedächtnis Teil 1 – Ausstellung und Webarchiv. Ein zweiteiliges Ausstellungsprojekt mit den Mitgliedern, Freunden und Gästen des Museums für Photographie Braunschweig e. V. – was war die Ausgangsidee für das Projekt?
Gisela Parak: Wir wollten damit das Wissen unserer Mitglieder für diese Region – Braunschweig, Wolfsburg, Hannover – abrufen, um ein fotografisches Gedächtnis der Region aufzubauen. Niedersachsen ist auf der Fotolandkarte nicht so präsent. Wir schauen in diesem Zusammenhang oft etwas neidisch auf das Ruhrgebiet. Im Laufe des Projektes haben wir aber festgestellt, dass es hier zahlreiche Fotografinnen und Fotografen und auch eine beeindruckende fotografische Tradition gibt. Zum Beispiel Heinrich Heidersberger aus Wolfsburg, oder Peter Keetmann, der im Jahr 1953 inzwischen ikonisch gewordene Bilder des VW-Werks aufgenommen hat. Oder schauen Sie sich die bedeutenden Fotografien des Fagus-Werks in Alfeld an der Leine von Albert Renger-Patzsch an. Das sind Bilder, die aus dem visuellen Gedächtnis nicht mehr wegzudenken sind. Und zwischen diesen historischen Positionen und der Region, so wie sie sich heute darstellt, wollten wir mit der Fragestellung der Ausstellung eine Brücke schlagen.
Lucia Halder: Und wie generiert man ein visuelles Gedächtnis in der Praxis?
Gisela Parak: Das Projekt ist partizipativ aufgebaut. Wir haben aus dem Kreis unserer Mitglieder 17 ganz unterschiedliche Persönlichkeiten ausgewählt, die dann in drei Workshops ihr jeweiliges Konzept erarbeitet haben. Manche hatten schon genau im Kopf, was sie abbilden wollen, andere haben sich – wie im Ausstellungstitel angedeutet – auf Spurensuche begeben. Herausgekommen sind beeindruckende Auseinandersetzungen mit der Region und Ihrer Geschichte. Es gibt in der Ausstellung künstlerische Positionen, die zum um die Ecke denken einladen. Aber auch dokumentarische Fotografien. Timo Hoheisel zum Beispiel hat das Atommüll-Endlager Asse fotografiert und sich dabei von außen nach innen vorgearbeitet. Fotos erleichtern die Auseinandersetzung mit einem Ort, mit seiner Geschichte. Die Frage, was ein Ort für ein Individuum bedeutet und wo sich diese Bedeutung zeigt nutzt sich nicht ab und kann zu jeder Zeit immer wieder neu gestellt werden.
Lucia Halder: Die Bilder werden archiviert und online zugänglich gemacht, es soll ein „dauerhaftes fotografisches Gedächtnis“ sein. Gedächtnis und Geschichte sind untrennbar miteinander verbunden. Welche Rolle spielt Geschichte in Ihrem Projekt?
Gisela Parak: Auf der Seite http://dasregionalegedaechtnis.de werden die Bilder eingespeist, ausführlich kommentiert und sind jederzeit abrufbar. Wir haben dort aber auch historische Bestände aus unserer Sammlung eingearbeitet. Mit den Fotografien aus der Ausstellung wollen wir nicht einfach Geschichte illustrieren, sondern einen persönlichen Zugang schaffen. Es geht nicht darum, die Region möglichst flächendeckend zu kartieren, sondern sie individuell und selektiv zu entdecken. Aber die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Region ist natürlich zentral. Braunschweig liegt im einstigen so genannten Zonenrandgebiet. Mit der ersten Ausstellung haben wir einen spannungsreichen Grundstock vorgelegt. Aber ich sehe auch Entwicklungspotential für eine weitere Ausstellung. Eine Fotografinhat eine Wagenkolonie aufgespürt, die sich exakt auf dem ehemaligen Grenzstreifen niedergelassen hat. Ein Weiterer zeichnete Spuren der Protestkultur im Wendland auf. Ein anderer Fotograf setzt sich seit Jahren mit historisch belasteten Orten aus der Zeit des Nationalsozialismus auseinander. So funktioniert das Gedächtnis, man erinnert sich an etwas und findet einen eigenen Zugang, das kann ein spielerischer Zugang sein, das Resultat kann aber auch ein subjektiv-alternatives Geschichtsbild ergeben, das durchaus subversiv sein kann.
Lucia Halder: Sie sprechen also von Fotografie als sozialer Praxis…
Gisela Parak: Genau. Es geht darum, dass die Fotografinnen und Fotografen bildlich ihre Sichtweisen vorstellen. Eine der Rubriken in unserer Ausstellung ist „Architektur“. Das wiederaufgebaute Schloss in Braunschweig ist da ein prominentes Beispiel. Das Gebäude wurde rekonstruiert, im Innern befindet sich jedoch eine Shopping-Mall. Daran spalten sich natürlich die Meinungen. Durch die fotografische Dokumentation dieses Prozesses entstehen Statements. Die Fotografierenden erörtern in ihren künstlerischen Kommentaren wichtige Ereignisse, Momente und Orte der kulturellen Identität der Region.
Lucia Halder: Produktions- und Firmengeschichten stehen oft in enger Beziehung zur regionalen Erforschung von Geschichte. In Braunschweig waren einst so prägende Firmen wie Voigtländer und Rollei ansässig. Werden sie als Teil des regionalen Gedächtnisses wahrgenommen?
Gisela Parak: Die Firmengeschichten sind noch unheimlich präsent. Braunschweig bezeichnet sich gerne selbst als Fotostadt. Wichtige Firmen – Sie haben sie bereits genannt – haben hier Fotoapparate hergestellt und in alle Welt verkauft.Technikgeschichte ist jedoch aus Fotomuseen zugunsten künstlerischer Annäherungen an das Medium weitest gehend ausgegliedert. Was nicht heißen muss, dass der Aspekt komplett ausgeblendet wird. Die Deichtorhallen Hamburg widmen ihre aktuelle Ausstellung beispielsweise dem 100. Geburtstag der Leica-Kamera. Aber uns in Braunschweig geht es bei dem Projekt eher darum, zu hinterfragen, was eigentlich dran ist, an diesem Selbstbild der Fotostadt.
Lucia Halder: Der Medienwissenschaftler Knut Hickethier stellte fest, regionale Forschung gehe davon aus, „daß sich Geschichte in den lokalen und regionalen Besonderheiten manifestiert. Gegenüber dem überregionalen Allgemeinen behauptet die Region ihren Eigensinn.“[3] Was ist das besondere an der Kategorie Region?
Gisela Parak: Ich glaube, dass Ereignisse der Regionalgeschichte oftmals stellvertretend für übergeordnete Prozesse stehen können, sie tun dies aber viel persönlicher und zu Herzen gehend. Das haben wir auch schon vor zwei Jahren in der Ausstellung „Gift-Gegengift“ von Franz Wanner zeigen können. Die Fragestellung war ähnlich. Franz Wanner hat sich auf Spurensuche in dem bayerischen Kurort Bad Tölz gemacht und hat erstaunliches gefunden: Spuren der NS-Geschichte und Hinweise auf Spionageaktivitäten aus der Zeit des Kalten Krieges – Bad Tölz wurde plötzlich zum Prototyp bundesdeutscher Nachkriegsgeschichte. Und zwar nur, weil sich der Fotograf voll und ganz auf das Regionale eingelassen hatte. In jeder Region gibt es solche Beispiele, in denen sich das große Ganze wiederspiegelt, die aber auch eine gewisse Einzigartigkeit bewahrt. Regionaler Eigensinn ist etwas ganz wunderbares.
Lucia Halder: Sind historische Fotoprojekte wie beispielsweise die französischen „Mission héliographique“ von 1851, oder das Fotoprogramm der „Farm Security Administration“ in den USA der 1930 und 40-er Jahre Ideengeber für eine solche „Vermessung der Region“?
Gisela Parak: Als Historikerin habe ich natürlich ein ausgeprägtes Interesse daran, wie eine Stadt oder eine Region in der Vergangenheit funktioniert hat und wie sie heute funktioniert. Da drängen sich mir viele Fragen auf: Was ist Strukturwandel? Welche Teile der Geschichte sind noch lebendig? Was für spezifische Erinnerungsorte gibt es hier? Fotografie ist ein Medium, dass soziale Themen begleitet und reflektiert. Wir wollen unsere Mitglieder als fotografische Feldforscher in Land schicken. In der Art der Ausführung gibt es somiteine gewisse Nähe zu den von Ihnen erwähnten historischen Programmen, wenngleich die Intentionen jeweils völlig andere waren.
Lucia Halder: Ende 2015 wird das Projekt fortgesetzt. Wie geht es weiter?
Gisela Parak: Wir werden eine weitere Gruppe von Fotografinnen und Fotografen einladen, ihre Erinnerung aufzuzeichnen und auszustellen. Der Bestand soll sukzessive wachsen. Im Jahr 2016 soll das Projekt dann in eine offene Ausschreibung überführt und das Archiv geöffnet werden. Jeder ist herzlich eingeladen am Gedächtnis der Region mitzuarbeiten.
Lucia Halder: Vielen Dank für das Gespräch!
Der Fotograf Timo Hoheisel fotografierte das Endlager Asse (links). Andreas Gießelmann machte sich auf Spurensuche im ehemaligen OP-Bunker in der Celler Straße in Braunschweig (rechts). Mit freundlicher Genehmigung des Photomuseum Braunschweig.
[1] Osterhammel, Jürgen: Die Wiederkehr des Raumes: Geopolitik, Geohistoire und historische Geographie, in: Neue Politische Literatur, Jg. 43, 1998, Heft 3, S. 374–397.
[2] Boehm, Gottfried: Die Wiederkehr der Bilder. In: Gottfried Boehm (Hrsg.): Was ist ein Bild? München 1994, S. 11–38.
[3] http://www.massenmedien.de/allg/spur/hicke.htm
Quelle: http://www.visual-history.de/2015/02/16/das-regionale-bild-gedaechtnis/
Besprechung der Wiener Velázquez-Ausstellung im Frühneuzeit-Info-Blog
Sein Fazit:
Derartige Unterlassungen und die nicht immer glückliche Hängung lassen zuweilen den Verdacht aufkommen, die Kuratorin habe sich mit Velázquez schwer getan, ganz so, als hätte es an der rechten Begeisterung für diesen Künstler gefehlt. Nichtsdestoweniger bleibt es eine verdienstvolle Leistung der OrganisatorInnen, Velázquez mit einer umfangreichen monographischen Ausstellung erstmals im deutschsprachigen Raum gewürdigt zu haben.
Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022386280/