Gerhard Richters Tafelwerk – Der Atlas im Lenbachhaus

Richter_Micromega_Presse24_220_02Vollendet! Nein! Gerhard Richters Schubladen sind noch voller Ideen und Projekte.  Und so wird in München “nur” der vorläufig endgültige ATLAS von Richter ausgestellt.

Für Helmut Friedel ist es die letzte Ausstellung als Leiter des Münchner Lenbachhauses. Dabei ist ihm noch einmal Großes gelungen. Es ist die 100. Richter-Ausstellung im Lenbachhaus und damit auch ein persönlicher Dank des Kurators und zugleich eine Hommage an Gerhard Richter und seinen Bilderkosmos, der in seiner Einzigartigkeit und Vielfalt seines Gleichen sucht.

Der ATLAS besteht aus tausenden von Fotos, Skizzen und Zeitungsausschnitten die Richter seit 1962 sammelt und seit 1965 auf Kartons aufklebt. Während die ersten Tafeln ein Sammelsorium verschiedener Zeitungsbilder sind, die von einander unabhängig nebeneinander zum Stehen kommen, beginnt Richter später seine Tafeln nach Motiven und Projektskizzen zu sortieren.

Manche dieser Motive arbeitet Richter zeitnah und manche später zu Gemälden aus. Andere Motive nimmt der Künstler immer wieder auf, experimentiert mit ihnen und verwirft sie am Ende doch. Dazu gehören zum Beispiel die Holocaust-Bilder. Bilder von Konzentrationslagern, die die Opfer des Nationalsozialismus zeigen. Ihr Überleben bei vollkommenen Verlust ihrer menschlichen Würde, hat den Künstler zusehends bewegt. Erste Überlegungen, den Bilder habhaft zu werden und in Kunstwerke zu überführen, gehen auf die 60er Jahre zurück. Damals verwirft der Künstler die Bilder und die daran gebundene Ausstellungsidee. Als Richter ein Kunstwerk für den Deutschen Reichstag in Berlin entwerfen soll, denkt er zuerst die Installation jener Bilder des Holocaust. Er projiziert sie auf die Fläche, tausende Bilder von unbeschreibaren Schicksalen, die die Geschichte Deutschlands und damit verbundene Verantwortung für die Zukunft anzeigen. Erst nach langem Hin- und Her entscheidet sich Richter gegen die Fotoinstallation, zu kleinteilig und unübersichtlich wirkt das Werk. Die Fotos machen der Farbfeldmalerei Platz, die wenig später dem endgültigen Entwurf der deutschen Flagge weicht.

Anhand dieser Werkgruppe wird die Bedeutung des “Atlas” deutlich. Er ist das Bildgedächtnis des Künstlers. Dabei handelt es sich um Motive und Ideen, die den Künstler oft aus einem unbenennbaren Grund faszinieren. Darunter befinden sich Motive und Ereignisse, die nicht in Worte gefasst werden können und denen Richter versucht mit dem Pinsel gerecht zu werden: formal, inhaltlich, moralisch sowie ästhetisch.

Bis zum 9. Februar ist der Bilderkosmos Richters in München zu sehen. Einen Einblick in die Ausstellung geben diverse TV-Beiträge:

 

Gerhard Richter. Atlas – Mikromega
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau
23. Oktober 2013 bis 9. Februar 2014

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/1091

Weiterlesen

Der Maler und das Model(l)

Heidi malt - und es verwundert kaum. In Köln wird im August ein Bild der modelnden Moderatorin zu sehen sein. Für dieses stand sie jedoch nicht vor der Staffelei, sondern als Künstlerin dahinter. Zugegeben das Œuvre der aus Bergisch Gladbach stammenden Klum ist an einer Hand abzuzählen. Vier Bilder hängen bei den Eltern. Das in Köln ausgestellte fünfte Werk schenkte die damals 19-Jährige ihrem Freund zu Weihnachten. Unkonkret, mutig in Farbwahl und Auftrag zeigt es einen Frauenakt vor blauen Grund, dessen opulente Figur an den Körperidealen des Top-Models zweifeln lässt.

Vom 1. bis 4. August ist dieses Bild neben Werken von weiteren 14 Künstlern, darunter Carsten Mora-Haffke, Ilsabé von Dallwitz und Klaus Tenner zu sehen. Die Ausstellung wird ergänzt durch Arbeiten von Norbert Bisky und Gerhard Richter. Wie es zu dieser bunten Mischung gekommen ist, verrät Ralf Reichartzs, Veranstalter und ausstellender Künstler zugleich, in einem Gespräch mit der Kölnischen Rundschau.

Durch diese Ausstellung wird nun auch Heidi Klum im Gerhard Richter Archiv abgelegt. Damit reiht sie sich in eine Rige von internationalen Prominenten ein zu der auch die Schauspielerin Heike Makatsch, die Pet Shop Boys und Eric Clapton sowie der Innendesigner Rick Mulligan gehören. Während Makatsch gegenüber dem Magazin Schöner Wohnen ihre Vorliebe für die Kunst Richters eingesteht (Nr. 5/2013, S. 194), sind die Pet Shop Boy’s der Überzeugung, auch ohne ein Werk von Gerhard Richters an der Wand glücklich zu sein (Love etc., Album: Yes, 2007). Diesem Motto von 2007 folgte Eric Clapton fünf Jahre später und veräußerte das Abstrakte Bild (809-4) von Gerhard Richter. Im Gegensatz dazu würde Mulligan, den Kölner Künstler mit auf einsame Insel nehmen (Express Köln, 20. April 2013, S. 30).

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den “kuriosen” Episoden des Archivs. Ich bin mir sicher, es werden Weitere folgen!

Ausstellungsinformationen

Zu Besuch 7
Gemeinschaftsausstellung 1.-4. August 2013
Flughafen Butzweilerhof
Butzweilerstr. 35-39
50829 Köln (Ossendorf)

 

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/1013

Weiterlesen

Gerhard Richter. Streifen + Glas

Painting / MalereiDie Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zeigen ab dem 13. September 2013 in drei Räumen des Albertinums neue, überwiegend für diese Ausstellung entstandene Werke von Gerhard Richter aus den aktuellen Produktionen der Streifenbilder und Glasobjekte.

Die Serie der Streifen entsteht seit 2011. Gerhard Richters Malerei ist dabei das Ausgangsmaterial für die neuen computergenerierten Werke. Dafür hat er das Gemälde „Abstraktes Bild“ (724-4) von 1990 digital in 4096 Ausschnitte zerlegt, die Details gespiegelt, multipliziert, neu kombiniert und als bis zu zehn Meter lange horizontale Streifenbilder gedruckt. Zwei Arbeiten in diesem Format hat Gerhard Richter für eine permanente architektonische Situation in Japan entworfen. Die Ausstellung bietet die Gelegenheit diese spektakulären Streifen zuvor in Dresden zu sehen.

Die Streifen zeigen vor allem auch die ungebrochene Kreativität des 1932 in Dresden geborenen Künstlers. Mit Hilfe eines computergesteuerten Bildverfahrens interpretiert Gerhard Richter seine abstrakte Malerei neu und gelangt dabei zu überraschenden Bilderfindungen. Richter selbst hat ihren Entstehungsprozess als eine Kombination aus Zufall und kontrolliertem Eingriff beschrieben: „Es läuft auf ein sowohl-als auch hinaus: mit dem Zufall was entstehen lassen und dann das Passende zuwählen und neu zusammenstellen.“

Glas spielt in dem Werk von Gerhard Richter bereits seit den 1960er Jahre eine wichtige Rolle. Richters neueste Glasarbeit wird ebenfalls in Dresden ihre Premiere haben und ist eine Weiterentwicklung der Skulptur „9 Stehende Scheiben“ (879-3) von 2002/2010, die gleichzeitig in der ständigen Sammlung im Albertium zu sehen ist. In dem neuen, noch unbetitelten Objekt lehnen die Gläser wie die Flächen eines Kartenhauses aneinander und bieten dem Betrachter eine komplexe Wahrnehmungssituation von Durchblicken und Spiegelungen.

Die Ausstellung Gerhard Richter. Streifen + Glas entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Winterthur, wo sie vom 18. Januar 2014 an zu sehen sein wird.

Der Katalog zur Ausstellung wird im Verlag der Buchhandlung Walther König erscheinen.

Quelle: http://gra.hypotheses.org/994

Weiterlesen

FES: Jahresberichte der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte 2008 ff.

http://www.ebert-gedenkstaette.de/pb/,Lde/Startseite/Service/Rueckschau.html Die Jahresberichte der Stiftung geben Einblicke in die vielfältige Stiftungsarbeit, welche über Ausstellungen und Vorträge bis hin zu Publikationen und Forschungsarbeit reicht. Die Berichte dokumentieren detailliert sämtliche Aktivitäten der Stiftung, welche die facettenreiche Persönlichkeit und das damit verbundene Wirken Friedrich Eberts aufzeigen.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/07/4571/

Weiterlesen

“Emma, die Nackte” oder vom Akt im öffentlichen Raum

 

L'art Vivant_Novembre 1970
Einst wurde Édouard Manét mit seinem Gemälde “Le Déjeuner sur l’herbe” aus dem Salon verjagt. Das Paris der Jahrhunderwende war der Nacktheit der bekannten Prostituierten moralisch nicht gewachsen. Nach hundert Jahren – so könnte man denken - ist der nackte Körper in der modernen Kunst etwas Normales geworden. Auf den ersten Blick ist dem so. In der Kunstwelt der Theater, Museen, Galerien und Kunstmagazine ist der Akt und das Nacktsein als Motiv und Ausdrucksform etabliert. Doch in der Welt des Internets bekommen genau diese Werke immer wieder Probleme. Zum Schutz der Minderjährigen wird auf die Abbildung des Nackten verzichtet. Dies ist zu begrüßen, würde damit nicht auch die Kunstwelt zensiert.

In den letzten drei Jahren hat Facebook mehrmals Museumsseiten gesperrt, weil scheinbar pornographisches Bildmaterial präsentiert wurde. Dass es sich hierbei aber um Kunstwerke gehandelt hat, war der Social-Media-Plattform leider nicht bekannt. Jüngstes Opfer ist das Museum Jeu de pomme, dass auf der Facebook-Seite für eine Ausstellung von Laure Albin Guillot werben wollte und dazu ein Foto mit einer blonden nackten “Venus” präsentiert, gepostet hat. Doch deren entblöste Brust war Grund genug, die gesamte Seite für einen Tag zu sperren. Mittlerweile prangert ein schwarzer Balken darüber. Ähnlich erging es der Londoner Saatchi-Galerie mit einem Werk des Fotografen Philippe Halsmann. (1)

2012 wurde auch die Facebook-Seite des Centre Pompidou gesperrt. Das Pariser Museum für die Kunst der Moderne und Gegenwart warb mit einem der wohl bekanntesten Werke Gerhard Richters für die Panorama Ausstellung. Dabei handelte es sich um das Gemälde “Ema (Akt auf einer Treppe)” aus dem Jahr 1966. Das fotorealistische Werk zeigt die erste Frau des Künstlers. Behutsam fast schwebend kommt sie die Treppe herunter. Die Architektur hinterlegt den weiß-golden schimmernden Akt mit einem unwirklichen Grün. Die Portraitierte blickt konzentriert nach unten, als ob sie den Maler oder Betrachter nicht zur Kenntnis nehmen will. Darüber hinaus ist die Darstellung aufgrund der Unschärfe, die der Künstler dem fotorealistischen Bild am Ende durch das gleichmäßige Verwischen der noch feuchten Farbe verlieh, unnahbar fern. Der gemalte Akt rekurriert auf Marcel Duchamps “Akt eine Treppe herabsteigend” von 1912, der sich im Philadelphia Museum of Art befindet. Richter hatte das Bild in einer Krefelder Ausstellung als Fotografie gesehen und nahm es zum Anlass, sich der klassischen Aufgabe der Aktes zu widmen und sich zugleich demonstrativ gegen Duchamps Postulat vom Ende der figurativen Malerei zu wenden.

Die Nähe von Fotografie und Malerie wurde dem Bild jedoch immer wieder zum Verhängnis. Denn Facebook ist nicht die einzige öffentliche Plattform, die versucht hat, das Richter-Werk zu verbannen. Schon kurz nach der Entstehung des Bildes war sich die Kunstwelt uneinig. So hatte der damalige Direktor der Berliner Nationalgalerie aufgrund der fotografischen Realität, den Ankauf des Bildes vehement abgelehnt: “Ich sammle keine Photos, sondern Malerei”. (2) Und als das Werk 1970 auf dem Cover des französischen Kunstmagazins “L’art vivant” erschien, wurde dem Herausgeber Aimé Maeght  mit einer Anzeige “wegen Verletzung der öffentlichen Moral und des Pornografiegesetzes” gedroht. Erst nachdem er belegt hatte, dass es sich um keine Fotografie, sondern um ein Ölgemälde handle und er sich auf die Tradition der Aktmalerei in der Kunstgeschichte berief, wurde von einer Anklage abgesehen. (3)

Doch am Ende dieser Debatte sollte nicht nur die Kritik am Unwissen der zensierenden Fachggruppen stehen, sondern auch die positive Erkenntnis, dass ein Kunstwerk die Welt immer wieder in Frage stellen kann. Zudem ist es beruhigend zu wissen, dass es Menschen gibt, die die Kunst verstehen und verteidigen, seien es Autoren oder aufgeschlossene Sammler wie Peter und Irene Ludwig, die Richters Akt bereits 1967 erwarben.

 

Anmerkungen

(1) Eva Hess, Prüder als der Vatikan, in: Sonntagszeitung, 21.04.2013.

(2) Dietmar Elger, Gerhard Richter, Maler, Köln 2008, S. 130-134.

(3) EB, Emma, die Nackte, in: Kölner Stadtanzeiger, 29.12.1970.

 

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/722

Weiterlesen

Ausstellung: Gelehrte Objekte? – Wege zum Wissen im Wiener Volkskundemuseum

Am 10. April 2013 eröffnet im Wiener Volkskundemuseum eine Ausstellung mit Objekten aus den Sammlungen der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, sie ist bis 27. Oktober 2013 zu sehen. Vertreten ist auch die Sammlung Frauennachlässe des Instituts für Geschichte, und es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm.

Universitäre Sammlungen geraten zunehmend in den Blick der Öffentlichkeit. Im Unterschied zu den in Museen eingelagerten Objekten handelt es sich dabei zumeist um Resultate aus Forschungsprozessen und Vermittlungsarbeit.
Diese Ausstellung versammelt erstmals eine Auswahl der Bestände der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. „Popstars" der lebensgeschichtlichen Aufzeichnungen, 5000 Jahre alte Äxte, epische Haushaltsbücher, ägyptische Scheingefäße, griechische Spielfilme, papierene Abklatsche, Apollonköpfe, persönliche Nachlässe, sexistisches Stroh, professorale Klocks, kybernetische Dias, die „Welt Allg." und vieles mehr - sie alle bilden den Kosmos wissenschaftlichen Arbeitens.
Unterschiedlichste Beiträge aus den Fächern Ägyptologie, Alte Geschichte, Byzantinistik und Neogräzistik, Europäische Eth-nologie, Geschichte, Klassische Archäologie, Kunstgeschichte, Numismatik und Geldgeschichte, Ur- und Frühgeschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie Zeitgeschichte bieten faszinierende Einblicke.
Ein Projekt des Volkskundemuseums und der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und drei Gesprächsstationen („Kabinett für Imaginationen") von Science Communications Research.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/326526852/

Weiterlesen

“Every Other Picture” – Louise Lawler in Dresden

Ende 1994 initiierte Ulrich Bischoff das Ausstellungsprojekt »4 x 1 im Albertinum«, das richtungsweisend für seine weitere Arbeit am Museum werden sollte und das von ihm auch ein wenig subversiv angelegt war. Bischoff war erst Anfang des Jahres von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen als Direktor an die Gemäldegalerie Neue Meister nach Dresden gewechselt. Insgesamt vier Mal hat die Ausstellung stattgefunden. Bis 1997 zeigten 16 Künstler unter diesem Motto ihre Werke, die jeweils im Dialog mit der Sammlung inszeniert wurden. Die Reihe stellte ein internationales Programm in Dresden vor und ergänzte den vorhandenen Bestand um wichtige Positionen. Für Bischoff war sie damals mehr als ein temporäres Ereignis. Sie war wegweisend für das Sammlungskonzept der folgenden Jahre, das er mit der Ausstellungsreihe erproben konnte.

Heute befinden sich von zehn der damals ausgestellten Künstler Werke in der ständigen Sammlung der Galerie, darunter auch einige der damals gezeigten Arbeiten von Günter Fruhtrunk, Leon Golub, Dan Graham und Maria Lassnig. Dabei hat Ulrich Bischoff eine ungewöhnliche Ausdauer und Treue gegenüber den Künstlern bewiesen. Immerhin 15 Jahre hat es gedauert, bis sich 2010 anlässlich der Wiedereröffnung des renovierten Albertinums der Wunsch nach einer retrospektiven Ausstellung von Jeff Wall realisieren ließ. Von Luc Tuymans, der 1996 an der dritten Präsentation von »4 x 1 im Albertinum« beteiligt war, konnte Bischoff 1999 mitdem Gemälde »Der Architekt« ein Hauptwerk des Künstlers erwerben. Nun, zum Abschluss seiner Tätigkeit an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (im Folgendem SKD) kuratieren beide gemeinsam die Ausstellung »Die Erschütterung des Sinne«, die mit der Gruppierung von »4 x 4« Künstlern nicht nur die formale Struktur von »4 x 1 im Albertinum« noch einmal aufgreif, sondern mit Tuymans und Jeff Wall auch zwei der damaligen Künstler erneut einlädt. Auch darin ist sich Bischoff treu geblieben. Hier schließt sich nach zwei Jahrzehnten der Kreis einer konsequenten und vorbildhaften Museumsarbeit.

Ein zweiter Blick auf die Namensliste der an »4 x 1 im Albertinum« beteiligten Künstler offenbart noch eine andere Programmatik. Mit Louise Lawler, Marcel Odenbach, Rolf Julius, Raffael Rheinsberg oder Alf Schuler zeigte Bischoff in der Gemäldegalerie Neue Meister unter anderem auch Nicht-Maler. Die Ausstellungsreihe unterwanderte hier ganz bewusst die traditionellen Gattungsgrenzen der einzelnen Institute an den SKD. Nicht nur lassen sich Maler, Bildhauer, Fotografen, Objekt-, Installations- oder Konzeptkünstler nicht mehr kategorisch voneinander trennen, viele Künstler überschreiten in ihrem Werk gerne alle Gattungsgrenzen und setzen die unterschiedlichsten Medien je nach Bedarf und Notwendigkeit für ihre künstlerischen Aussagen ein. Die Ausstellungsreihe »4×1 im Albertinum« hat dies vorgeführt, zahlreiche Erwerbungen während der vergangenen 20 Jahre haben diese mediale Öffnung nachvollzogen. Schließlich haben auch die SKD selbst eine entscheidende Konsequenz gezogen: Seit 2001 lautet der Titel des Museums »Galerie Neue Meister«, die Malerei hat ihren Ausschließlichkeitsanspruch aufgegeben und die Sammlung ist pluralistischer, dialogfähiger, zeitgenössischer und auch internationaler geworden.

Lawler_Streichholzschachtel
Die New Yorker Künstlerin Louise Lawler war 1994 gemeinsam mit Marlene Dumas, Günter Fruhtrunk und Marcel Odenbach an der ersten Ausgabe von »4 x 1 im Albertinum« beteiligt. Auch diese Wahl ist programmatisch gewesen. Lawler arbeitet mit Fotografie, ohne sich als Fotografin zu verstehen, und sie überschreitet dabei die traditionellen Gattungsgrenzen. Häufig stellt sie ihre fotografischen Arbeiten in einen informativen oder installativen Kontext. Sie kombiniert die fotografischen Motive mit Textergänzungen, die sie auf das Passepartout druckt oder den Fotos als Wandtext beistellt. Solche Texte kontextualisieren die Werke oder kommentieren das Dargestellte, können aber auch vom Bild unabhängige Botschaften transportieren. In anderen Beispielen inszeniert sie ihre Werke, indem sie mehrere Fotografien zusammenstellt, sie auf einer farbigen Wandmalerei präsentiert oder mit den Werken anderer Künstler kombiniert. Ein weiterer wichtiger Aspekt ihres Schaffens ist der Einsatz ephemerer Materialien, mit denen sie ihre künstlerischen Botschaften auf Postkarten, Einladungen, Plakaten, Streichholzbriefchen, Servietten oder Kalender vertreibt.

Louise Lawler wurde 1947 in Bronxville geboren und gehört zusammen mit Richard Prince, Cindy Sherman und Barbara Kruger zur sogenannten picture generation, die Ende der 1970er Jahren an die Öffentlichkeit trat. Sie vertreten eine zweite Generation konzeptueller Künstler, die sich von ihren Vorgängern (Lawrence Weiner, Robert Barry oder Joseph Kosuth) vor allem durch ihre Aneignung von und ihre künstlerische Argumentation mit fotografischen Bildern unterscheiden. Louise Lawler fotografiert ihre Bilder an den »Orten der Kunst«, nachdem die Werke ihren Produktionsort, das Atelier, verlassen haben, um sich in einem anderen institutionellen Kontext zu bewähren. Ihre Aufnahmen entstehen in Galerien und Auktionshäusern, in den Wohnungen privater Sammler, in musealen Ausstellungssälen und Depots. Lawlers Blick richtet sich dabei immer auch auf den Umgang mit der Kunst, die Wahl ihrer Präsentation und die Formen ihrer Archivierung, die Wertschätzung der Kunst und ihre Positionierung in architektonischen und sozialen Kontexten. An jedem dieser Orte geraten andere Details in den Fokus des Interesses von Louise Lawler.

Dabei weisen ihre Aufnahmen über sich selbst hinaus auf ihre Umgebung, den Raum und die Institution ihrer Präsentation, in diesem Fall auf die Gemäldegalerie Neue Meister im Albertinum. Auch deshalb war die Entscheidung für Louise Lawler eine wichtige. Ihr Beitrag zur Ausstellung hat den Blick auch auf die Chancen und Defizite gelenkt, mit denen sich das Dresdener Museum damals konfrontiert sah.

Es war deshalb auch nur konsequent, dass Louise Lawler im Mai 2010 erneut nach Dresden gekommen ist, um hier im noch nicht wiedereröffneten Albertinum zu arbeiten. Für eine Gruppe neuer Werke fotografierte sie während der Einrichtung der Ausstellungsräume von Gerhard Richter, aber auch in der Skulpturensammlung und im Grünen Gewölbe. Aus diesem Aufenthalt sind eine Reihe neuer Werke entstanden, die sie seitdem in verschiedenen Variationen realisiert und in Ausstellungen gezeigt hat, 2012 auch in einer kleinen Präsentation im Schaukabinett im Albertinum. Gerhard Richters Malerei war bereits 1994 Thema eines der ausgestellten Werke. Die Fotografie mit Wandtext »Every Other Picture« entstand 1990 und verweist auf die Verfügbarkeit und Auswechselbarkeit von Kunstwerken. Diese Recherche zum Werk von Gerhard Richter hat Louise Lawler nach zwei Jahrzehnten in Dresden erneut aufgenommen.

Dieser Artikel ist anlässlich der Verabschiedung von Professor Ulrich Bischoff, von 1994 bis März 2013 Direktor der Galerie Neue Meister, erschienen in: Dresdener Kunstblätter 2/2013. Neue Meister für Ulrich Bischoff, hg. von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Dresden 2013, S. 56-60.

Quelle: http://gra.hypotheses.org/539

Weiterlesen

FES: Darüber lacht die Republik – Friedrich Ebert und „seine“ Reichskanzler in der Karikatur

http://www.ebert-gedenkstaette.de/Ausstellung_wa_kar.html Die Ausstellung der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte „Darüber lacht die Republik – Friedrich Ebert und ‚seine‘ Reichskanzler in der Karikatur“ präsentiert eine Auswahl von rund 70 Zeichnungen, die Ebert und jene Kanzler ins Visier nehmen, die er zu seinen Lebzeiten ernannt hat. Dies waren die SPD-Politiker Philipp Scheidemann, Gustav Bauer und Hermann Müller, von der Zentrumspartei Constantin […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/02/3865/

Weiterlesen

Ausstellung zu 20 Jahre Monochrom im MUSA, Wien 29.1.-27.4.2013

Das geschätzte Kunst-, Theorie- und Bastelkollektiv monochrom wird 20 und schenkt sich sowie uns allen die Ausstellung Die waren früher auch mal besser. monochrom (1993-2013). Gezeigt wird diese bis zum 27.4.2013 im MUSA, dem Museum auf Abruf, Felderstraße 6-8, 1010 Wien und nur gut, dass die mediale Resonanz (ORF ON, FM4, Standard, ...) so erfreulich ist.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/235546735/

Weiterlesen