Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV.

1000 Worte Forschung: Abgeschlossene Dissertation (Mittelalterliche Geschichte) an der TU Darmstadt (2012)

© Royal Canonry of Premonstratensians at Strahov, Prague, CZ

Miniatur aus dem Liber pontificalis des Albrecht von Sternberg: Kaiser Karl IV. (links) und Albrecht von Sternberg (rechts) verehren Christus. © Královská kanonie premonstrátů na Strahově, Praha, DG I 19, fol. 34v.

Noch immer wird bezüglich der Frage nach der religiösen Legitimierung von Herrschaft im römisch-deutschen Reich des Mittelalters „Canossa als Wende“ (F.-R. Erkens) verstanden. Im Zuge des sog. Investiturstreits und spätestens mit dem Wormser Konkordat hätten die mittelalterlichen Kaiser die sakralen Grundlagen ihres Handelns verloren, allenfalls Schrumpfformen der „politischen Heiligenverehrung“ (J. Petersohn) seien bis in die Stauferzeit tradiert worden, während für das eigentliche Spätmittelalter immer wieder auf den von Hermann Heimpel ausgiebig erforschten Weihnachtsdienst rekurriert wird.

Zu Recht rückt damit die Figur Kaiser Karls IV. (1346-1378) in den Fokus, der berühmt-berüchtigte ‚Reliquiensammler‘, dessen „Staats- und Privatfrömmigkeit“ vor über 30 Jahren Franz Machilek herausgestrichen hat. Seit ca. 15 Jahren findet die Frömmigkeit des Luxemburgers neue Aufmerksamkeit in Einzelstudien unterschiedlichen Umfangs. An diese Arbeiten schließt die vorgelegte Dissertation mit dem Anspruch an, das fromme Herrscherhandeln Karls erstmals in seiner Prozesshaftigkeit zu betrachten und die Frage nach der legitimierenden Wirkung religiös fundierter Herrschaftspraxis im Reich des späten Mittelalters im Detail zu stellen. Zur Schärfung der Handlungszentrierung der Untersuchung und zum besseren Verständnis, wie eine legitimierende Wirkung durch Frömmigkeit erreicht werden konnte, wurden (religions-)soziologische Ansätze von Max Weber und Pierre Bourdieu herangezogen. Archivalische Recherchen erfolgten vor allem an ausgewählten Überlieferungsorten in Nord- und Mittelitalien sowie natürlich in Prag.

Die Ergebnisse der Studie sind in drei Großkapiteln zusammengefasst, die sich Karl IV. als sakralem Akteur sowie spezifischer seinem Erwerb von Reliquien und deren weiteren Nutzung widmen. Gerade die Auserwählung – in den Augen anderer wie im mutmaßlichen Selbstbild Karls – ist ein Strukturmerkmal der karolinischen Herrschaftslegitimierung. Die bekannten Passagen der Vita Caroli Quarti sind dabei keineswegs deren erster Beleg, sondern eher eine Rückprojektion auf Basis einer Entwicklung bis zum Anfang der 1350er Jahre. Der Rückgriff auf die ältere Devotionsformel divina favente clemencia ist keineswegs auf den Kanzleigebrauch nach der Kaiserkrönung beschränkt, vielmehr wird so schon nach 1346 die besondere Rolle Gottes bei den Erfolgen des Königs hervorgehoben. Doch erst der Tod Ludwigs des Bayern im Oktober 1347, in der Perspektive des Luxemburgers ein göttliches Zeichen, ist gleichsam ein Startschuss, der Karls Prägung durch das Vorbild der französischen Könige rasch verblassen lässt. Unmittelbar darauf erfolgt eine Veränderung des Siegelbildes, in dem Karl IV. als erster Herrscher bereits vor der Kaiserkrönung sazerdotale Attribute wie Mitra und Stola führt. Auch die erste Lesung des Evangeliums durch den Herrscher in der Weihnachtsmesse im selben Jahr kann in diesem Zusammenhang besser verstanden werden. Einen weiteren ‚Bewusstseinsschub der Auserwählung‘ bewirkte neben dem Erhalt der Reichsinsignien von den Wittelsbachern das Zusammentreffen Karls mit der Mystikerin Christina Ebener 1350, die ganz konkrete Visionen bezüglich der ihm von Gott zugedachten Rolle mitteilen konnte. Vor diesem Hintergrund kam es ca. 1351/52 (E. Hillenbrandt) zur Abfassung der sog. Autobiographie; nach der Rekonvaleszenz von seiner mysteriösen Lähmung begann Karl ab 1353 zielgerichtet mit der Vorbereitung der Kaiserkrönung, aber auch der eigenständigen Erhebung von Reliquien, die zuvor fehlen.

Detail des Freskos ‚Ecclesia militans‘ von Andrea di Bonaiuto (Andrea da Firenze) aus der Capella Spagnola der Dominikanerkirche S. Maria Novella in Florenz, entstanden 1366/67. In der linken Hand des Kaisers, der als Karl IV. zu identifizieren ist, findet sich statt des Reichsapfels ein menschlicher Schädel. Bemerkenswert auch die Aureole um den Kopf des Kaisers. Foto: Martin Bauch

Dieser Reliquienerwerb wird im zweiten Großkapitel genauer ins Auge gefasst. Dabei stellt sich rasch heraus, dass neben dem Vorbild Ludwigs des Heiligen auch die přemyslidischen Vorfahren Karls beispielgebend waren. Die Reliquienakquise hatte, wie auf Basis einer fast 600 in Prag nachweisbarer Einzelheiltümer umfassenden Liste demonstriert wird, ihre zeitlichen Schwerpunkte im Vorfeld der Kaiserkrönung 1353-55 und des zweiten Italienzuges 1368/69; es kristallisiert sich auch der Südwesten des Reichs mit den Erzstiften und den reichsunmittelbaren Klöstern entlang des Rheins als neben Rom bevorzugten Herkunftsregionen der nach Böhmen verbrachten Reliquien heraus. Tatsächlich nutzte Karl die ökonomische Schwäche der von ihm besuchten Kommunitäten, aber auch gute Beziehungen zum Ortsbischof sowie bereits etablierte Kontakte von Klerikern seiner Kanzlei, um an die begehrten Heiltümer zu gelangen. Großer Wert wurde auf Anciennität und Authentizität der Überreste gelegt – die aus der Praxis rekonstruierten Echtheitskriterien orientierten sich kaum an den Argumenten Guiberts von Nogent. Für die Wahl der Reliquien war nicht in erster Linie die Prominenz des Heiligen wichtig, sondern die Möglichkeit, möglichst große Teile des Körpers zu erhalten. Bemerkenswert war auch die Rolle des erhebenden Herrschers: Nicht nur wurde peinlich genau darauf geachtet, die Fiktion der freiwilligen Herausgabe der Reliquien zu wahren. Auch wurden Gegenleistungen an die Reliquiengeber bestmöglich verschleiert; Geldzahlungen sind kaum je festzustellen, dreister Reliquienraub durch Karl ist ein Forschungsmythos. Auffällig ist auch das Bestreben des Luxemburgers, eigenhändig an der Umbettung der heiligen Gebeine teilzunehmen, obwohl solches Handeln ihm als Laien kanonisch untersagt war. Hier manifestiert sich wie schon beim Weihnachtsdienst oder einigen der untersuchten Herrschereinzüge eine Tendenz zur kontrollierten Grenzüberschreitung, die den römisch-deutschen König oder Kaiser einem Kleriker annäherte, obwohl er eindeutig Laie blieb. Ähnlich liegt der wenig bekannte Fall der an die Person des Herrschers gebundenen Ablässe für Teilnehmer von Messen in Gegenwart Karls.

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Mittleres Feld des Apokalypse-Mosaiks über dem Südportal des Veitsdoms (ca. 1370/71). Unter Christus in der Mandorla finden sich die böhmischen Landespatrone Prokop, Sigismund, Veit, Wenzel, Ludmilla und Adalbert (v.l.n.r.). Darunter die Stifterfiguren Karls IV. (l.) und Elisabeths v. Pommern (r.). Foto: Sebastian Keller

Die sich an diesen Beispielen andeutende Erkenntnis, dass der römisch-deutsche Herrscher als semi-sazerdotaler Heilsvermittler für seine Untertanten tätig wurde, bestätigt sich bei der Untersuchung der weiteren Nutzung der Reliquien: Nicht nur wurden die Herrschaftszentren der luxemburgischen Lande und des Reichs durch Karl IV. gezielt sakralisiert, also durch Liturgie, Architektur und Heiligen- wie Reliquienkult mit einander verbunden; dies galt natürlich vor allem für Prag und den Veitsdom, wobei die Prager Neustadt in Absetzung von der älteren Forschung als Rekonstruktion des Reichs und nicht etwa Jerusalem interpretiert wird. Vielmehr kann auch das Verständnis der mysteriösen Burg Karlstein um neue Aspekte ergänzt werden: Die Heiligkreuzkapelle, ein Nachbau des Himmels selbst, diente dem Kaiser u.a. als Oratorium zur Konsultation mit den in ihren Reliquien präsenten Schutzheiligen des Reichs und seiner Städte. Die ausgeklügelte Praxis der Sakralisierung gerade auch durch Performanz – für die Heiltumsweisungen in der Prager Neustadt kann etwa eine eigenhändige Beteiligung Karls IV. plausibel gemacht werden – hat bald Nachahmer unter den Reichsfürsten gefunden. Und doch stieß sie wie auch der ausgeprägte Heiligenkult schon früh auf Kritik in Böhmen. Aus den Reihen des unter Karl sozialisierten Klerus selbst kamen die Kirchenreformer, auf  denen Jan Hus aufbauen sollte. Die Frage nach dem Erfolg der karolinischen Sakralisierungsbemühungen mit mutmaßlich herrschaftslegitimierendem Effekt wird also am Ende des Forschungsvorhabens keineswegs eindeutig positiv beantwortet.

Trotz allem wird im Lauf der Untersuchung klar, dass das vermeintlich gesicherte Bild des staats- und privatfrommen Luxemburgers mit seiner berüchtigten Vorliebe für heilige Überreste deutlich vielschichtiger ist als bisher gedacht: Die spezifisch karolinische Praxis von Frömmigkeit und Heilsvermittlung vor dem Hintergrund vielfach betonter Auserwählung muss den Vergleich mit den Sakralmonarchien Westeuropas nicht scheuen. Dass sie aufgrund der Hussiten und dynastischer Wechsel keine Kontinuität begründen konnte, teilt sie mit vielen anderen Aspekten des Heiligen Römischen Reichs im späten Mittelalter.

Martin Bauch: Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV., Köln; Wien 2014 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittealters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, 35).

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3473

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Kommunikation und Konfrontation – Diplomatie und Gesandtschaftswesen Kaiser Maximilians I. (1486-1519)

1000 Worte Forschung: Abgeschlossenes Dissertationsprojekt an der FU Berlin

Johannes Cuspinian, Öl auf Holz, Lucas Cranach d. Ä., um 1502 (Quelle: Wikimedia Commons)

Johannes Cuspinian, Öl auf Holz, Lucas Cranach d. Ä., um 1502 (Quelle: Wikimedia Commons)

Ob es sich bei dem Tagebuch des diplomatischen Routiniers Johannes Cuspinian wirklich um das „Memoirenwerk eines Staatsmannes“ (H. Ankwicz-Kleehoven) im Sinne eines Kissinger oder Gorbatschow handelt, sei dahingestellt. Ein kritischer Blick in diese Aufzeichnungen zu den sich im Frühjahr des Jahres 1515 konkretisierenden Verhandlungen Kaiser Maximilians I. mit dem ungarisch-böhmischen König Wladislaw II. und Sigismund von Polen lohnt sich jedoch allemal: Schließlich wurde bei diesem, von Cuspinian maßgeblich arrangierten Herrschertreffen der Grundstein gelegt für die habsburgische Nachfolge in Böhmen und Ungarn, dito also für jenes komplexe Gebilde der österreichischen Donaumonarchie, das nach rund fünfhundertjährigen Bestehen erst durch die umwälzenden Erschütterungen des 1. Weltkriegs auseinanderbrechen sollte. Der Mythos des Jahres 1515 wirkt bis heute nach: In zahlreichen Historiengemälden wurde die Wiener Doppelhochzeit der Enkel Maximilians I. mit den jagiellonischen Thronfolgern gefeiert, zusammen mit dem berühmten Distichon „Tu, felix Austria, nube“ fand er sogar Eingang in die verschiedenen Erinnerungskulturen Ostmitteleuropas.

Eine akteurszentrierte Analyse der Wiener Zusammenkunft im Sinne einer „Geschichte der Diplomatie hinter verschlossenen Türen“ lenkt jedoch den Blick verstärkt auf dessen eigentliche Verhandlungsführer. Das waren weniger die repräsentativ auftretenden Monarchen, als vielmehr deren rhetorisch und juristisch versierte Bevollmächtigte. Sie trafen schon im April 1515 im ungarischen Pressburg zusammen und bedienten sich bereits damals meisterlich all jener Instrumentarien, die wohl auch heute noch einen nicht unwesentlichen Bestandteil langwieriger diplomatischer Geheimverhandlungen ausmachen: umfangreiche Schmiergeldzahlungen, Beleidigungen und emotionale Entgleisungen zwischen den Beteiligten. Diese lassen sich jedoch weniger mithilfe des eingangs erwähnten, vom Kaiser offiziell bestellten Auftragswerk Johannes Cuspinians nachweisen, sondern vielmehr in den bislang für diesen Kontext noch kaum ausgewerteten Berichten der venezianischen und polnischen Gesandten.

Die Wiener Doppelhochzeit, Ausschnitt aus dem Druckwerk „Ehrenpforte“, Albrecht Dürer, 1515 (Quelle: Wikimedia Commons)

Die Wiener Doppelhochzeit, Ausschnitt aus dem Druckwerk „Ehrenpforte“, Albrecht Dürer, 1515 (Quelle: Wikimedia Commons)

Dabei wird deutlich, dass sich makrogeschichtliche Faktoren in den spätmittelalterlichen Aussenbeziehungen wohl am anschaulichsten mithilfe eines mikrohistorischen Querschnitts durch die europäische Politik darstellen lassen. Während die konventionelle, einseitig ereignis- oder herrscherzentrierte Diplomatiegeschichtsschreibung dazu tendierte, die maximilianische Politik als eine wechselnde Abfolge von Kriegen und Friedenschlüssen nachzuzeichnen, begibt sich diese Studie bewusst auf die Ebene der eigentlichen Handlungsträger. Der komplexe Aufstieg des Hauses Österreich um 1500 hin zur global operierenden Casa de Austria Karls V. wird hier aus der mikrohistorischen Perspektive der habsburgischen Gesandten nachvollzogen. Sie werden als Schlüsselfiguren der vormodernen Politik, speziell der Politik Maximilians I. verstanden, da gerade er seine größten Erfolge, die Begründung der habsburgischen Herrschaft in den spanischen Königreichen sowie in Böhmen und Ungarn, eben nicht auf dem Schlachtfeld, sondern auf diplomatischem Wege verwirklichte.

Ausgehend von der Frage nach den elementaren Rahmenbedingungen der zwischenhöfischen Kommunikation bietet die Arbeit einen Einblick in die politischen Austauschprozesse jener Zeit. Insgesamt lässt sich unter Maximilian I. eine erhebliche Intensivierung des Gesandtschaftsverkehrs im Vergleich zu seinen unmittelbaren Vorgängern auf dem römisch-deutschen Königsthron konstatieren. Trotz seines nach wie vor ausgeprägten kaiserlichen Selbstverständnisses, wonach es angemessener sei, eine Vielzahl von Herrschaftsvertretern an seinem Hof zu empfangen, statt selbst solche zu entsenden, erweiterte er kontinuierlich seinen diplomatischen Aktionsradius. Erstmals wurden auch der Moskauer Großfürst und der osmanische Sultan in die Bündnis- und Friedensverhandlungen einbezogen. Der Ausbau der politischen Beziehungen zog naturgemäß eine beträchtliche personale Aufstockung des kaiserlichen Gesandtschaftswesens nach sich. Die stets mehrköpfigen Delegationen waren nach unterschiedlichen Rang- und Kompetenzkriterien zusammengestellt, so dass ihre Mitglieder entscheidende Eigenschaften wie Status, juristischer Sachverstand, sprach- und landeskundliche Kenntnisse sowie nicht zuletzt auch persönliche Kontakte im Kollektiv abdecken konnten. Bemerkenswert ist dabei der unter ihnen hohe Anteil des Niederadels und der bürgerlichen Räte, vor allem aus den österreichischen Erbländern beziehungsweise aus den königsnahen Landschaften im Elsass, Bayern und Schwaben. Eine ganze Reihe fähiger Gesandter übernahm der Kaiser zusätzlich aus den habsburgischen Niederlanden und Italien. Die Zahl der „Berufsdiplomaten“, zu denen man im engeren Sinne einzig die ständigen Vertreter Maximilians I. an der Kurie und allenfalls noch einige ausgewählte Spezialisten rechnen kann, blieb allerdings bis zuletzt gering. Statt der von der Forschung wiederholt postulierten Professionalisierung lässt sich für das kaiserliche Gesandtschaftswesen um 1500 eher eine Tendenz zur Spezialisierung auf bestimmte geopolitische Räume und Aufgabenfelder konstatieren. Neben den zeitbedingten Schwierigkeiten in der Verwaltung und bei der Nachrichtenübermittlung bildeten vor allem die kontinuierlich steigenden Kosten der imperialen Politik Maximilians I. ein bis zuletzt ungelöstes Problem. Eine Folge davon war die in der diplomatischen Praxis zunehmende Zahlung von Sporteln und Handsalben, aber auch die Ausbildung von Doppel- oder Mehrfachloyalitäten seiner Gesandten gegenüber anderen Herrschaften.

Die Rolle der Diplomaten als einflussreiche Akteure der europäischen Mächtepolitik wird exemplarisch anhand der Beziehungen des Kaisers zum König von Frankreich, zum Papst, zu Venedig sowie zu den Königen von Ungarn und Polen analysiert. Im Unterschied zu älteren Untersuchungen werden dabei die Argumentationsstrategien und Ziele der jeweiligen Verhandlungspartner nahezu gleichberechtigt miteinbezogen, so dass man den gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozesses stets aus unterschiedlichen Perspektiven nachvollziehen kann. Zudem ermöglicht erst der Vergleich mit Diplomaten anderer Machthaber jener Zeit sinnvolle Aussagen über den Handlungsspielraum der habsburgischen Bevollmächtigten. Ein weiterer Analyseschwerpunkt liegt auf der großen Vielfalt verbaler und nonverbaler Austauschprozesse in der vormodernen Diplomatie: So wurden der jeweils anderen Seite bereits über die Wahl des Ortes, der Kleidung und des Gefolges erste Botschaften subtil übermittelt, die von den Zeitgenossen gleichsam als Spiegelbild der realen Mächtebeziehungen interpretiert wurden. Die kulturwissenschaftlich sensibilisierte Einbeziehung performativer Elemente wie Musik oder Geschenkübergaben als kommunikative Praktiken unterstreicht deren essentielle Bedeutung für das diplomatische Zeremoniell. Dabei fällt auf, dass die beteiligten Herrscher die häufig diffizile Verhandlungsführung und die Klärung der juristischen Vertragsinhalte nicht zuletzt auch aus Angst vor einer direkten Konfrontation mit der Gegenseite lieber ihren jeweiligen Bevollmächtigten überließen. Die oft langwierigen Disputationen sowie die in speziellen Ausschüssen von den Gesandten erarbeiten

Kardinal Matthäus Lang (1468-1540), Federzeichnung, Albrecht Dürer, um 1518 (Wikimedia Commons)

Kardinal Matthäus Lang (1468-1540), Federzeichnung, Albrecht Dürer, um 1518 (Quelle: Wikimedia Commons)

Lösungsansätze waren für die politische Entscheidungsfindung jedoch letztlich wichtiger als die sorgfältig arrangierten Empfänge und Antrittsaudienzen. Immer wieder lassen sich dabei auch spontane Reaktionen jenseits von Demonstration und gezielter Inszenierung nachweisen: Das breite Spektrum diplomatischer Praktiken umfasste die sachlich-persuasive Argumentation ebenso wie verdeckte Finten und offene Provokationen.

Jenseits von ihrem diplomatischen Aufgabenprofil bezieht diese Arbeit erstmals auch die vermeintlich unpolitischen Aktivitäten und Lebensumstände der Gesandten abseits der Verhandlungsräume mit ein. So nutzten beispielsweise die in Rom akkreditierten Vertreter des Kaisers ihre Kontakte an der Kurie tatkräftig zur Beförderung ihrer eigenen Kirchenkarriere, während sich etwa bei den nach Frankreich oder nach Venedig entsandten Bevollmächtigten der Einfluss klientelarer oder familiärer Interessen verstärkt nachweisen lässt. Solange dieses Engagement nicht das Loyalitätsverhältnis gegenüber Maximilian I. in Frage stellte, ließ dieser seinen Untergebenen diesbezüglich einen gewissen Handlungsspielraum. Im Einzelfall unterstützte er sogar die intellektuellen Neigungen seiner Gesandten, so dass Männer wie Johannes Cuspinian oder Matthäus Lang auf ihren zahlreichen Reisen in seinem Auftrag auch als europaweit agierende Gelehrte und Kunstmäzene in Erscheinung treten konnten.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/2897

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Tagungsbericht ‘Heilige, Helden, Wüteriche. Verflochtene Herrschaftsstile im langen Jahrhundert der Luxemburger’

 

Johann von Luxemburg, Darstellung im Gelnhauser Codex; Quelle: Wikimedia Commons

Johann von Luxemburg, Darstellung im Gelnhauser Codex; Quelle: Wikimedia Commons 

Deutsch-Tschechische Akademiekonferenz vom 30. September bis 2. Oktober 2013 an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Vom 30. September bis zum 2. Oktober 2013 tagten deutsche und tschechische Nachwuchswissenschaftler aus den Bereichen Geschichte und Kunstgeschichte an der Akademie der Wissenschaften in Heidelberg, um gemeinsam das von den Veranstaltern vorgeschlagene Forschungskonzept des Herrschaftstils am Beispiel der Luxemburger zu diskutieren. Die Initiatoren der Tagung waren Martin Bauch (Darmstadt), Julia Burkardt (Heidelberg), Tomáš Gaudek  (Prag), Paul Töbelmann (Heidelberg) und Václav Žůrek  (Prag). Den Kern des Konzepts bildet die Auffassung, dass sich spätmittelalterliches Herrscherhandeln nicht wie bislang vielfach angenommen, in erster Linie durch transpersonale Elemente erklären lässt, sondern noch immer stark von personal gebundenen Legitimationsstrategien geprägt wurde. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Untersuchung individueller Herrschaftsstile, die anhand fünf verschiedener Ebenen hinterfragt werden sollen:

  1. Intentionale Performanz im großen Rahmen von Ritual und Zeremonie
  2. Reflektierte Politikgestaltung durch die Betonung etwa religiöser oder militärischer Praktiken
  3. Mutmaßlich unreflektiert-situatives Handeln im Alltag und daraus resultierendes ‘Image’ des Herrschers
  4. Nutzung von Kunst und Architektur als Medien und Bühne für die verschiedenen Formen des Herrscherhandelns
  5. Charakterliche Disposition des Herrschers

Aufgrund der östlich-westlichen Brückenfunktion der Luxemburger und der damit verbundenen Varianz kultureller und politischer Herrschaftsbedingungen erscheint eine Ausprägung individueller Herrschaftsstile im langen Jahrhundert der Dynastie besonders wahrscheinlich. Den verschiedenen Varianten von Herrschaftsstilen, ihren Entwicklungsbedingungen und dem Ausmaß der personalen Bedingtheit wollten die Organisatoren im Rahmen der Tagung und darüber hinaus auf den Grund gehen.

Kompaktseminar

Um auch dem jüngeren Wissenschaftsnachwuchs eine aktive Teilhabe zu ermöglichen, erhielt am 27. und 28. September eine kleine Gruppe von Studenten und Doktoranden aus Tschechien und Deutschland die Möglichkeit, gemeinsam mit den Organisatoren bereits im Vorfeld der Konferenz in das Thema einzusteigen und Erkenntnisse aus ihren eigenen Forschungen einzubringen. Die einführende Keynote übernahm Gerald Schwedler (Zürich). Er beleuchtete die verschiedenen Herrschaftsstile der Luxemburger schlaglichtartig anhand ihres Kanzleistils wie der Bewegung auf internationalem Parkett und erläuterte sein Verständnis von der Konstituierung eben dieses Stils: So wie der Stil in der Kunstgeschichte durch das Zusammenspiel verschiedener Elemente wie Pinselstrich, Faltenwurf etc. konstituiert wird, könne man, so Schwedler, auch den Herrschaftsstil als Ensemble aus den fünf eingangs erwähnten Aspekten begreifen. Diese ließen sich wiederum auf der Makro-, Mikro- und Mesoebene untersuchen. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmer in Kleingruppen die von den Organisatoren vorgeschlagenen Aspekte von Herrschaft (s.o.) und stellten im Plenum ihre eigenen Ergebnisse auf dem Gebiet der Luxemburgerforschung vor. Dabei kristallisierte sich die eng mit der Ebene des unreflektiert-situativen Handelns verbundene charakterliche Disposition des Herrschers als umstrittenstes und methodisch schwierigstes Untersuchungsfeld heraus. Anhand verschiedener Beispiele wurde jedoch auch deutlich, dass sich der Schleier vor dem Gesicht des Herrschers zuweilen lichtet und sich so für den Historiker die Chance eröffnet, auch abseits  geschichtswissenschaftlicher Psychologisierung eine Annäherung an die Person und den Charakter des Herrschers zu wagen. Der über alle Aspekte hinweg vorhandenen Problematik, die Person und die Entscheidungen des Regenten hinter einem Beraterstab unbekannten Ausmaßes und Einflusses zu fassen, begegnete Paul Töbelmann mit dem Vorschlag, den Herrscher grundsätzlich „in Anführungszeichen“ zu sehen und folglich als Personenkomplex zu fassen. Bereichert wurde das Seminar zudem durch eine Einführung in das architektonische Programm der Heiliggeistkirche durch Maxililian Wemhöher von der Heidelberger Forschungsgruppe RANK.

Konferenz

Nachdem Bernd Schneidmüller die Konferenz durch ein einleitendes Grußwort eröffnet hatte, führten Paul Töbelmann und Martin Bauch mit einer Vorstellung des Forschungskonzeptes in die Veranstaltung ein. Als deren Anliegen sahen die Organisatoren neben einer fruchtbaren Neubelebung der Luxemburgerforschung insbesondere auch die Zusammenführung verschiedener Disziplinen und Generationen über nationale Forschungskulturen hinweg. Innerhalb von fünf Sektionen wurden im Verlauf der Tagung unterschiedlichste Aspekte luxemburgischer Herrschaft beleuchtet.

Mit dem Einsatz von Kunst und Architektur als Mittel zur Herrschaftsrepräsentation befassten sich die Referenten der ersten, vornehmlich kunstgeschichtlich geprägten Sektion. Die Moderation übernahm Paul Crossley (London).
Tomáš  Gaudek (Prag) lieferte mit dem ersten Vortrag des Tages ein forschungsgeschichtliches Résumé zur Beschäftigung der tschechischen Kunstgeschichte mit der Zeit der Luxemburger: Den Ausgangspunkt seiner Überlegungen nahm Gaudek bei der älteren, stark auf die Zeit Karls IV. fokussierten Forschung, die sich für das Schaffen unter Johann und Wenzel nur wenig interessierte und die Regentschaft Sigismunds vereinfacht als Phase von Dekonstruktion und Ikonoklasmus abtat. Davon ausgehend wurde die in den letzten 20 Jahren entwickelte, veränderte Sichtweise auf den Schönen Stil skizziert, um die Basis für die aktuelle Beschäftigung mit der Kunst der Luxemburgerzeit zu verdeutlichen. Wichtig für die theoretische Fundierung waren dabei insbesondere Alois Riegl und Max Dvořák, zwei Hauptvertreter der Wiener Schule. Als grundlegend für den Wiener Ansatz gelten die Annahme einer Interdependenz von Kunst und historisch-gesellschaftlichem Klima, die Herausarbeitung von Stilikonen sowie die Anerkennung einer inneren Werklogik.
Romana Petráková (Prag) stellte in ihrem Beitrag die Frage nach dem Niederschlag der luxemburgischen Herrschaft auf die Kunst- und Kulturlandschaft Breslaus. Im Fokus der Untersuchung standen die Sakralbauten der Stadt sowie insbesondere die dort präsentierten heraldischen Denkmäler. Ist der Einfluss des Herrschergeschlechts sowohl auf die Stiftskirche zum Heiligen Kreuz als auch auf die Elisabethkirche umstritten, so kann doch jedenfalls die Augustinerchorherrenkirche St. Dorothea durch ihren Gründer Karl IV. eindeutig mit den Luxemburgern in Verbindung gebracht werden. Dass sie jedoch, wie vielfach vermutet, als Memorialmonument für das Herrschertreffen zwischen Karl IV. und dem polnischen König Kasimir d. Großen im Jahre 1351 fungierte, wies Petráková ob des für den Luxemburger enttäuschenden Ausgangs  als unhaltbar zurück. Dagegen wertete die Vortragende das Wenzelspatrozinium (neben Dorothea und Stanislaus) als Symbol für den Expansionswillen Karls und sah folglich die oftmals durch ihr Wappenprogramm mit den Luxemburgern in Verbindung stehenden Bauten eher als Denkmäler einer neuen politischen Ordnung denn als Monumente herrscherlich inszenierter Repräsentation.
Mit dem Architekturprogramm Berns beschäftigte sich im Anschluss der dort tätige Richard Němec. Im Mittelpunkt seiner Untersuchung zu den spätmittelalterlichen Architekten- und Werkmeisterdynastien standen die in dieser Zeit entstandenen Berner Repräsentationsbauten –  insbesondere das neue Rathaus und das Münster. Wie eng die zunehmend professionalisierte Organisation des Baubetriebes mit dem Machtzuwachs der einflussreichen Berner Bürgerfamilien verbunden war, zeigte der Referent anhand des Sankt-Vincenzen-Schulbuches. Den Fund einer böhmischen Pietà nahm er zum Anlass, um die Verflechtung politischer und künstlerischer Kontakte zwischen Bern und Prag aufzuzeigen. In der Formensprache des Berner Münsters sind sowohl Prager als auch Straßburger Einflüsse erkennbar, die beide durch die Baumeisterfamilie Ensinger vermittelt wurden. Doch auch der Ausdruckswille der örtlichen Bürgerelite wird hier deutlich. Dies zeigte Němec anhand der auffälligen Innovationslosigkeit in der Architektur des Münsters, durch welche die Traditionsverbundenheit der Berner verdeutlicht werden sollte, wie an der davon abgesetzten Modernität des Maßwerks. In der Verbindung erkannten, so Němec, die Zeitgenossen die Repräsentation des zwischen Tradition und Moderne vermittelnden Patriziats.
Den Abschluss der ersten Sektion bildete der ebenfalls kunst- und architekturhistorisch angelegte Beitrag von Jana Gajdošová (London) auf den Spuren der Wenzelsverehrung unter Karl IV. in Prag. Im Mittelpunkt stand dabei das ikonographische Programm der Karlsbrücke, bei dessen Betrachtung die fehlende Repräsentation des Heiligen ins Auge fällt. Angesichts des hohen Stellenwertes, den Wenzelsschwert und -krone innerhalb der Krönungszeremonie einnahmen ist es umso verwunderlicher, dass der heilige Wenzel auf der Karlsbrücke, welche eine wichtige Station der Krönungsprozession darstellte, nicht durch eine Statue vertreten wird. Interessant ist zudem die Verbindung des Heiligen mit der im Frühmittelalter am Ort befindlichen Brücke durch seine Translationslegende. Ausgehend von Hinweisen, welche die Existenz einer spätmittelalterlichen Wenzelsstatue nahelegen, die auf einer alleinstehenden Säule am Zugang zur Brücke positioniert war, vermutete Gajdošová den Bau eines entsprechenden Ensembles unter Karl IV. So ließe sich das Fehlen Wenzels auf der Karlsbrücke mit einer Exponierung seiner Person durch die zugleich separierte und doch an das Skulpturenprogramm der Brücke anschließende Stellung der Staute am Brückenzugang erklären. Der steinerne Stellvertreter des Heiligen wurde auf diese Weise in einen eigenen Sakralraum gebettet, der seiner besonderen Wichtigkeit entsprach.

Repräsentation durch Inszenierung war das Thema der zweiten, von Eva Schlotheuber (Düsseldorf) moderierten Tagungssektion. Den ersten Beitrag lieferte Ewa Wólkiewicz (Warschau), die sich in ihrem Vortrag über den Herrschaftsantritt der Breslauer Bischöfe insbesondere dem Adventus der Elekten widmete und dessen symbolischen Gehalt untersuchte. Die aussagekräftigste Station war dabei der feierliche Gang über die Brücke zur Dominsel. Den dabei traditionell vollzogenen, öffentlichen Kleiderwechsel interpretierte die Referentin als rite de passage, durch welche der „Tod“ des alten, zugunsten der „Geburt“ eines neuen, sündenbefreiten Menschen zelebriert und dem Publikum sinnbildlich vermittelt wurde. Eine Parallele sah Wólkiewicz dabei zur traditionellen Beraubung der zum Papst gewählten Kardinäle.
Daran anschließend befasste sich Veronika Csikós (Budapest) mit den Bischöfen von Regensburg und hinterfragte deren Stellung zwischen Luxemburgern und Wittelsbachern im 14. Jahrhundert. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchung stand das Ausmaß politischer Interaktion zwischen Bischöfen und Herrschern in diachroner Perspektive, wobei sehr deutlich personell geprägte Unterschiede erkennbar waren. Während beispielsweise der erste Bischof des 14. Jahrhunderts, Konrad von Lupburg, noch weitgehend unabhängig vom Herrscher agieren konnte, stand bereits sein Nachfolger Nikolaus von Ybbs als Mitglied der königlichen Kanzlei in einem engen Verhältnis zum Regenten. Er kooperierte jedoch nicht nur mit Ludwig dem Bayern sondern erfuhr auch durch Johann von Böhmen Unterstützung. Nachdem mit Friedrich von Zollern noch einmal ein den Luxemburgern nahe stehender Kandidat ins Amt gelangte, folgte bis zum Ende des Jahrhunderts eine Phase politisch weitgehend desinteressierter Bischöfe, die sich in erster Linie geistlichen Aktivitäten widmeten und die praktische Verwaltung des Bistums dem Domkapitel überließen.
Wie schon Wólkiewicz beschäftigte sich auch Martin Bauch (Darmstadt) in seinem Beitrag mit einer rite de passage. Im Gegensatz zum Adventus der Breslauer Bischöfe stand nun jedoch nicht allein ein symbolischer Tod im Mittelpunkt des Zeremoniells: Mit besonderem Augenmerk auf der Figur des von ihm so benannten schwarzen Reiters widmete sich der Vortragende in europäisch-komparatistischer Perspektive der Begräbniszeremonie Karls IV. Bis zu seinem Begräbnis war der tote König weiterhin als Regent präsent und wurde als „lebender Toter“ durch einen schwarzen Reiter symbolisiert, den man mit den Insignien des Herrschers ausstattete. Bekannt ist dieser ursprünglich ritterliche Brauch, der im Reich ansonsten keine Tradition hatte, aus Savoyen und Polen, während in England und Frankreich zu diesem Zweck Effigies genutzt wurden. In beiden Traditionen zeigt sich jedoch eine stark personalisierte Wahrnehmung von Herrschaft. Folglich bildete die symbolische Opferung des Reiters das zentrale Ereignis innerhalb des Übergangsrituals. Hiermit erfolgte nicht nur die Rückgabe der irdischen Herrschaft sondern, laut einer These Frantisek Šmahels, auch der Eintritt in den Dienst Gottes. Erst nach dem Vollzug der Opferung konnte mit Wenzel der neue Herrscher die Bühne betreten.
Mit dem Beitrag Zoë Opačićs (London) über luxemburgische Stadtplanung in europäischer Perspektive fand der erste Konferenztag seinen Abschluss. Dabei betrachtete die Referentin in erster Linie die Entwicklungen in Prag, das zwar nie offiziell als Hauptstadt des Reiches propagiert worden war, dessen Prosperität jedoch mit der Stärke des luxemburgischen Königtums korrespondierte. Inspiration für die städtebaulichen Maßnahmen bezogen die Herrscher dabei insbesondere aus Italien und Paris, im Falle Sigismunds auch aus Buda. Den italienischen Einfluss sah die Referentin vor allem in der Anlage von Zeremonialrouten und dem großen Stellenwert von Plätzen als Zentren von Kult und Regierung. Weiterhin verwies Opačić auf das Prag durch den Vergleich mit Rom, Jerusalem und Konstantinopel zukommende Städtelob. Dies korrespondiert mit der Feststellung, dass viele architektonische Elemente in Prag über ihre pragmatische Funktion hinaus auch symbolisch-religiös gedeutet werden können.

Herrschaftsstilen im Kontext von Hofkulturen und Erziehung widmete sich die von Katalin Szende (Budapest) moderierte dritte Sektion. Den Auftakt machte Lenka Panušková (Prag) – Pavlína Cermanová (Prag) war leider verhindert – mit einem Beitrag zu den astrologischen Handschriften Wenzels IV. als Medium der Herrschaftslegitimation: Da die Bibliothek nach seinem Tod zerstört wurde, sind heute nur noch sieben Bücher aus Wenzels Besitz erhalten, drei davon mit Inhalten astrologischer Natur. Zwei dieser Codices nahm die Vortragende näher in den Blick: Anhand einer um 1392/93 entstandenen Handschrift mit dem Liber de signis des Michael Scottus und des Münchner Sammelbandes CLM 826 sowie insbesondere der dort enthaltenen Illustrationen ging sie dem repräsentativen Charakter der astrologischen Handschriften auf den Grund. Wurde Wenzel einerseits für seine Beschäftigung mit der Astrologie kritisiert und als consultum daemonum bezeichnet, so konnte er sich durch das Betreiben der „Königswissenschaft“, ähnlich wie bereits Friedrich II., doch auch als um die kosmologische Harmonie besorgter Friedens- und Gerechtigkeitswächter inszenieren. Seine umstrittene Würde als römischer König wurde, so das Fazit der Vortragenden, mithilfe der astrologischen Handschriften gegenüber den Besuchern der Bibliothek als in den Sternen ablesbar legitimiert.
„Wie man das Herrschen lernt“ erläuterte Paul Töbelmann (Heidelberg) in seinem Vortrag zur Bildung der Luxemburger, in dem er vor allem den damit verbundenen Repräsentationscharakter untersuchte. Ein Bildungsbestreben, wie es die Luxemburger an den Tag legten, war laut Töbelmann im 14. Jahrhundert noch eine Ausnahme und damit auch für die Zeitgenossen besonders bemerkenswert. Niederschlag fand diese insbesondere am französischen Hof erworbene Bildung der Herrscher unter anderem in der Gründung von Universitäten, der Einführung französischer Gewohnheiten sowie, unter Karl IV., einem auch für die Kurfürsten reklamierten Anspruch an Multilingualität. Dabei war letztlich weniger die tatsächliche Bildung des einzelnen Herrschers ausschlaggebend, sondern vielmehr der entsprechende Anspruch und die Außenwirkung, die auch durch Gelehrte im Umfeld des Herrschers konstituiert werden konnte. Hier verwies der Referent  auf den bereits im Vorfeld der Tagung diskutierten und eingangs erwähnten „Herrscher in Anführungszeichen“. So verstanden können die Luxemburger als Vorbilder des rex-literatus-Ideals gelten.
Mit eben diesem Ideal beschäftigte sich auch Václav Žůrek  (Prag) in seinem Beitrag, der die Stilisierung Karls IV. als weiser Herrscher zum Thema hatte. Die unterschiedliche Bewertung Johanns von Böhmen und seines Sohnes Karl IV. zeigte der Referent eindrücklich anhand ihrer literarischen Verarbeitung: Während der Vater bei Guillaume de Machaut im Jugement du Roy de Behaigne noch im typisch ritterlichen Bild des Richters im Minnestreitfall gesehen wurde, erschien der Sohn bei Heinrich von Mügeln in Der meide kranz als Richter beim Streit der personifizierten Künste und Wissenschaften und bestach ausdrücklich durch sein weises Urteil. Laut Žůrek manifestierte sich diese neben Karl IV. etwa auch Karl V. oder Karl von Anjou zugeschriebene Weisheit in vier Aspekten: Der Funktion des Königs als Gesetzgeber und Richter in der Tradition König Salomos, als Förderer von Kunst und Kultur, als Büchersammler und Leser sowie als Autor. Wie der Vortragende zeigen konnte, wurde Karl IV. allen vier Punkten gerecht – etwa durch den Erlass der Goldenen Bulle, die Prager Universitätsgründung, die Veranlassung volkssprachlicher Übersetzungen sowie die eigene schriftstellerische Tätigkeit. Letztlich bildete Karls vielfältig inszenierte Weisheit, so Žůrek, auch einen Gegenpol zur eher ritterlich geprägten Waffengewalt und korrespondierte auf diese Weise mit seinem Image als Friedenskaiser.

Im Anschluss befassten sich die Referenten der von Eduard Mühle (Warschau/Münster) moderierten vierten Sektion unter verschiedenen Gesichtspunkten mit der Regierungspraxis des Herrschers.
Den Anfang machte Johannes Abdullahi (München) mit einem Beitrag zum Finanz- und Politikstil Johanns des Blinden, den er anhand seiner Goldmünzen untersuchte. Dabei widmete er sich in erster Linie der Frage, mit welcher Motivation deren Prägung unter Johann zu erklären ist. Gegen ein dahinter stehendes Gewinnstreben schienen zunächst die hohen Kosten zur Beschaffung des Edelmetalls zu sprechen. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich jedoch, dass die Goldgewinnung entgegen der bisherigen Forschungsmeinung doch in Böhmen stattgefunden haben könnte, was einen Abwurf von monetären Gewinnen wahrscheinlicher macht. Dafür spricht auch eine mögliche Initiierung der Goldprägung durch Lombarden, die als Geldgeber fungierten. Bei Betrachtung des Münzbildes verwundert zunächst, dass auf den ersten Blick kein Bezug zum Herrscher erkennbar ist; es handelt sich um eine getreue, wenn auch durch die Umschrift als böhmisch gekennzeichnete Nachprägung des Floren. Obgleich dieser Umstand mit der schwierigen Durchsetzung der Goldwährung erklärt werden kann, überwiegen nach Einschätzung des Vortragenden letztlich die Hinweise für eine in erster Linie finanzielle Motivation der Goldprägung.
Mit dem niederen Adel um Wenzel IV. befasste sich der folgende Vortrag Robert Novotnýs (Prag). Den Anstoß zu seinen Ausführungen bildete die zeitgenössische wie moderne Kritik an den Ratgebern Wenzels. Dabei sind die so kritisierten Günstlinge laut Novotný mehr als Typen denn als Individuen zu verstehen. Dieser Typus formte sich aus einem wenige Personen umfassenden Kreis niederer Adliger und prägte die Vorstellung von einem hohen Anteil niederen Adels an  den Hofleuten Wenzels.  Hingegen konnte der Referent anhand seiner Untersuchungen aufzeigen, dass lediglich ein Fünftel des Hofes sicher dem Niederadel zuzurechnen ist – ein geringerer Anteil als an den Höfen von Zeitgenossen und Nachfolgern. Zudem betrachtete Novotný die bevorzugten Aufenthaltsorte Wenzels und stellte fest, dass diese eng mit den Zentren des Niederadels verbunden waren, wohingegen er die geringe Präsenz dieser Gruppe am Hof mit einer gescheiterten Integration der machtpolitischen Eliten von Seiten des Hofes erklärte.
Im nächsten Beitrag untersuchte Mark Whelan (London), ausgehend von verschiedenen Episoden, den Umgang Sigismunds von Luxemburg mit der Türkengefahr in seiner Funktion als römischer König. Mithilfe aller erdenklichen Mittel bemühte sich Sigismund um Aufklärung über die Türkengefahr; vehement versuchte er, die Reichsfürsten von der Notwendigkeit eines Krieges gegen die seit 1419 an der Donau stehenden und das ungarische Königreich bedrohenden Feinde zu überzeugen. Obgleich sich mit jeder neuen Krone für den Herrscher größere Handlungsmöglichkeiten eröffneten, musste der König sich, wie Whelan anhand Sigismunds Korrespondenz mit dem Deutschen Orden sehr anschaulich zeigte, doch überraschend hartnäckig selbst um Kleinigkeiten bemühen und scheiterte letztlich auch mit seinem wiederholten und nicht ohne Herzblut vorgetragenen Aufruf zur Türkenbekämpfung.
Die Politik Kaiser Sigismunds stand auch im Mittelpunkt des folgenden Vortrages. Alexandra Kaar (Wien) fragte in ihrem Beitrag nach der Verknüpfung von Wirtschaft und Krieg beim Hussitenfeldzug und untersuchte den darin ablesbaren, individuellen Herrschaftsstil. Dabei nahm sie vor allem die Urkundentätigkeit Sigismunds in den Blick und interpretierte diese als Akt symbolischer Kommunikation. Handelte es sich beim Handelsverbot gegen die Hussiten um eine im Kampf gegen Ketzer übliche Maßnahme, lässt sich an der Form seiner Kommunikation doch in gewissem Maße die Demonstration eines spezifischen Herrschaftsstiles erkennen. So stellte sich Sigismund in seinen Urkunden bewusst als Schützer der rechten, christlichen Ordnung dar, der mit harter Hand gegen die Hussiten vorging. Demnach sah die Referentin im hussitischen Handelsverbot ein Mittel zur Herrschaftsausübung wie zur wirksamen Kommunikation des Herrschaftsstiles.

Den Abend des zweiten Konferenztages bereicherte Eva Schlotheuber (Düsseldorf) – sie übernahm die Vertretung für den leider erkrankten Jiří Fajt (Berlin/Leipzig) – mit einem öffentlichen Vortrag zur Kaiserkrönung Karls IV. und dessen Verbindung zum päpstlichen Legaten Aegidius Albornoz: Die mit der Kaiserkrönung 1355 verbundenen Schwierigkeiten resultierten zu einem großen Teil aus den ungeklärten italienischen Machtverhältnissen während des avignonesischen Exils. So stand mit der Kaiserkrönung letztlich auch eine Klärung des päpstlich-kaiserlichen Verhältnisses im Kirchenstaat auf der Tagesordnung. Weiteres Konfliktpotenzial erwuchs aus den Bestimmungen der Goldenen Bulle, die sowohl das Reichsvikariat als auch das Approbationsrecht des Papstes bewusst unerwähnt ließen. .Interessanterweise akzeptierte Innozenz VI. diese Minderung seiner Rechte jedoch stillschweigend und beharrte lediglich auf einer Absicherung gegenüber Herrschaftsansprüchen des Kaisers in spe, betreffend Rom und den Kirchenstaat. Trotz der päpstlichen Einwilligung zur Kaiserkrönung sollte sich deren Ausführung noch weiter verzögern. Grund dafür war das Verhalten des mit der Krönung beauftragten Kardinalslegaten Aegidius Albornoz. Obgleich Karl IV. ihn auf Bitten des Papstes militärisch unterstütze, war Albornoz zunächst nicht bereit, sich zur Krönung einzufinden und der Herrscher musste einige Ehrminderungen über sich ergehen lassen. Seiner umsichtigen, auf Konfliktvermeidung  ausgerichteten Verhandlungspraxis, die sich schon mehrmals als typisch für seinen Herrschaftsstil erwiesen hatte, war es zu verdanken, dass es im April 1355 endlich doch noch zur Krönung kam. Die Einschätzung der damaligen Verhältnisse von Seiten der Kirche erläuterte Schlotheuber anhand des prächtig illustrierten Treueschwurregisters aus dem Besitz Albornoz‘ , das dieser für die Mark Ancona anfertigen ließ. Hier findet sich eine bisher von der Forschung unbeachtete Darstellung von Papst und Kaiser, die starke Parallelen zur Verbildlichung der Konstantinischen Schenkung in der Silvesterkapelle von Ss. Quattro Coronati in Rom aufweist. Abweichend davon sind in der Illumination des Treueschwurregisters die fünf wichtigsten Städte des restituierten Patrimonium Petri zu erkennen. Daran zeigte sich der Verzicht des Kaisers auf Machtentfaltung im Kirchenstaat; im Gegenzug erkaufte er sich – so eine zentrale Aussage des Vortrags – damit das stillschweigende Einverständnis des Papstes im Hinblick auf die Vereinbarungen der Goldenen Bulle. Mit der Beschränkung auf eine Zustimmung ex silentio hielt sich der Papst jedoch die Möglichkeit zu einem späteren Veto offen.

Mit den Verflechtungen der luxemburgischen Herrschaftsstile beschäftigte sich die vierte und letzte Tagungssektion, deren Moderation Pierre Monnet (Paris/Frankfurt a. M.) übernahm.
Den Auftakt machte Nils Bock (Münster) mit seinem Vortrag über die Heroldsämter der Luxemburger. Er erläuterte zunächst die Entwicklung des Heroldsamtes zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert und verwies auf die Schlüsselfunktion der luxemburgischen Zeit, während der sich das Amt, von England und Frankreich ausgehend, auch im Reich professionalisierte. Im Mittelpunkt seiner Untersuchung standen die Bestallungs- und Geleitbriefe der Herolde, da sich hier der Grad der Institutionalisierung besonders gut ablesen lässt. Bei einer diachronen Betrachtung der unter Karl, Wenzel und Sigismund ausgestellten Mandate zeigte sich eine Stärkung des herrscherlichen Einflusses zur Zeit Sigismunds. Im Vergleich zum französischen und englischen Heroldswesen erwies sich die moralische Belehrungsfunktion der Herolde im Reich als stärker ausgeprägt. Dies unterstreicht die Funktion des Königs als Richter über die Adeligen seines Reiches. In Form des Herolds wurde seine Person den Adeligen vergegenwärtigt; jener hatte folglich eine stark ausgeprägte symbolisch-repräsentative Funktion, wenn diese auch keine rechtliche Gültigkeit besaß. Letztlich lässt sich die alte These vom Kulturtransfer aus West nach Ost hinsichtlich des Heroldsamtes zwar grundsätzlich bestätigen, Bock betonte jedoch die typisch luxemburgischen Traditionen, die das Amt im Osten ergänzten und von der westlichen Ausprägung unterschieden.
Drei eng miteinander verbundenen Frömmigkeitspraktiken – Heiltumsweisungen, Pilgerzeichen und Wallfahrten – widmete sich Jan Hrdina (Prag) in seinem Vortrag, der die Bedeutung ostentativer wie privater Frömmigkeit für den Herrschaftsstil der Luxemburger anhand eines vorwiegend archivalischen Zugriffs beleuchtete. Zunächst richtete Hrdina seinen Blick auf die jährlichen Heiltumsweisungen in Prag, betonte die Öffentlichkeitswirkung der Veranstaltung und bewertete sie als Bestandteil eines bewusst auf die Betonung von Frömmigkeitspraktiken ausgerichteten Herrschaftsstiles. Hinsichtlich der überlieferten Prager Pilgerzeichen erläuterte der Referent anschaulich die an ihrer Verwendung ablesbaren internationalen Verflechtungen und bewertete sie ebenso wie die Heiltumsweisungen als Mittel zur Herrschaftsrepräsentation, die in diesem Fall jedoch mehr vom künstlerischen Aspekt denn von einer Betonung der Frömmigkeit getragen wurde. Im letzten Teil seines Vortrages betrachtete Hrdina die Verbindung der Luxemburger zum Wallfahrtsort Wilsnack. Obgleich die Wallfahrt seines Erachtens in erster Linie als Ausdruck privater Frömmigkeit gesehen werden muss, beförderte sie dennoch das frömmigkeitsbetonte Image der Herrscher und trug zur steigenden Popularität des örtlichen Kultes bei. Zugleich gelang es ihm auf der Basis von Pilgerzeichen-Abgüssen auf mitteldeutschen Glocken überzeugend zu zeigen, dass das einzige überlieferte Pilgerzeichen der Prager Heiltumsweisung in die 1390er Jahre datiert werden muss und nicht zu Lebzeiten Karls IV. entstanden ist, wie von der Forschung bisher angenommen.
Im Anschluss befasste sich Lukas Wolfinger (Göttingen) in seinem Vortrag zu Albrecht II. und Rudolf IV. von Österreich mit einer weiteren interessanten Verflechtung von Herrschaftsstilen. Dabei ging er der Frage nach, wie sich der Wandel in der habsburgischen Selbstdarstellung beim Übergang vom Vater zum Sohn abseits der von Zeitgenossen wie älterer Forschung vielfach unterstellten charakterlichen Motivation erklären lässt. So fällt bei genauerer Betrachtung auf, dass die von den Zeitgenossen häufig kritisierte, da überaus aufwendige Inszenierung Rudolfs nicht erst mit seinem Amtsantritt, sondern bereits im Kindesalter begann, was auf entsprechende Absichten des sich selbst eher bescheiden gebärdenden Vaters hindeutet. Das königsähnliche Auftreten Rudolfs lässt sich dabei mit seinen weitreichenden Machtbestrebungen, die sich zunächst auf Ziele im schwäbisch-elsässischen Raum, in letzter Konsequenz jedoch auf die römische Königskrone richteten, erklären. Während seine körperliche Versehrtheit eine Kandidatur Albrechts ausschloss, rechnete dieser sich für seinen Sohn einige Chancen aus und war von Anfang an bemüht, ihm mithilfe einer herrscherwürdigen Inszenierung zu einer möglichst guten Ausgangslage für die Königskandidatur zu verhelfen.
Zum Abschluss der Sektion rückten mit dem Beitrag Julia Burkhardts (Heidelberg) über die Herrschaftspraxis Elisabeths von Luxemburg und Elisabeths von Habsburg erstmals die weiblichen Luxemburger in den Mittelpunkt des Interesses. Die Referentin hinterfragte insbesondere die Tragfähigkeit einer personalen Herrschaftsinterpretation und verdeutlichte anhand der beiden Frauen, wie bereits Lukas Wolfinger am Beispiel Rudolfs und Albrechts, die Kontextbezogenheit jedweden Herrscherhandelns. Diese strukturellen Rahmenbedingungen wurden, so Burckhardt, ergänzt durch tendenziell unreflektierte, situative Handlungen des Individuums sowie durch eine wohlüberlegte Inszenierung der Herrschenden nach außen, die durch reflektiertes Handeln geprägt war. Sowohl bei Elisabeth von Luxemburg als auch bei ihrer Tochter Elisabeth von Habsburg ist eine stark familien- und dynastiepolitische Ausrichtung erkennbar, hinsichtlich der Gestaltung und Umsetzung finden sich jedoch einige Unterschiede. So fällt vor allem die bei ihrer Mutter in diesem Maße nicht vorhandene Betonung von Religiosität und Frömmigkeit unter Elisabeth von Habsburg ins Auge, während jene unter anderem durch ihre Multilingualität überzeugte. Letztlich erkannte die Referentin jedoch bei beiden Frauen einen pluralistischen Herrschaftsstil, der sich aus einem Ensemble verschiedener Handlungselemente zusammensetzt.

In Form einer Abschlussrunde erfolgte zuletzt eine resümierende Betrachtung der Tagung und des dort diskutierten Forschungskonzeptes. Daran  beteiligten sich Bernd Schneidmüller (Heidelberg), Milena Bartlová (Prag) und Gerrit Jasper Schenk (Darmstadt.)
Schneidmüller widmete sich dem Konzept aus lexikalischer Sicht und forderte ein erneutes Hinterfragen der verwendeten Begriffe. Zudem plädierte er für eine Abkehr vom Gedanken an die Einheitlichkeit des „langen Jahrhunderts“ sowie den endgültigen Abschied vom Bild des Kulturtransfers, wie es aufgrund der älteren Forschung noch immer in Überresten präsent ist, und ermunterte stattdessen zu einer verstärkten Beachtung der Alteritäten.
Einer kunsthistorischen Perspektive entsprang die kritische Einschätzung Bartlovás, in deren Zentrum eine begriffsgeschichtliche Betrachtung stand. Sie zeigte auf, dass mit ‘Stil’ ursprünglich die individuelle Handschrift eines Menschen bezeichnet wurde, während der Begriff in der Frühen Neuzeit eine rhetorische Komponente trug und die Art und Weise beschrieb, in der eine Rede aufgebaut wurde, um dem Zuhörer den größtmöglichen Nutzen zu bieten. Seit dem frühen 19. Jahrhundert hielt der Stilbegriff Einzug in die Kunstgeschichte und wird seitdem mit einem in der Kunst gespiegelten Zeitgeist in Verbindung gebracht. Darauf aufbauend plädierte Bartlová für eine Rückkehr zur intentionalen Konzeption des rhetorischen Stilbegriffes und betonte das kaum trennbare Zusammenspiel zwischen Künstlern, Auftraggebern und Rezipienten. Insgesamt zeigte sie sich jedoch skeptisch gegenüber einer produktiven Nutzung des Konzepts in der Geschichtswissenschaft.
Demgegenüber bewertete Schenk das Forschungskonzept als grundsätzlich fruchtbar. Er ordnete das Konzept der Herrschaftsstile forschungsgeschichtlich zwischen der älteren Politik- und Verfassungsgeschichte sowie neueren, struktur- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen ein und plädierte diesbezüglich für einen Ausbau des medien- und kommunikationsanalytischen Ansatzes. Mehr als der dahinter stehende Realitätsgehalt solle dabei die Kommunikation und Rezeption der Herrschaftsrepräsentation im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen. Den Stilbegriff schätzte er aufgrund seiner suggestiven Kraft und der transdisziplinären Brückenfunktion grundsätzlich vorteilhaft ein, bemerkte jedoch auch die aus dem divergierenden Verständnis von Historikern und Kunsthistorikern erwachsende Problematik. Weiterhin forderte Schenk neben einer diachronen Differenzierung des Konzepts eine Stärkung der komparatistische Perspektive, befürchtete allerdings, dass im Vergleich mit anderen Dynastien die vermeintlich spezifisch luxemburgische Komponente an Eindeutigkeit verlieren könnte. Bei der Zuschreibung einer individuellen Note müssten zudem jeweils der Zeitgeschmack sowie die Bandbreite des kontextuell bedingten Handlungsspielraums berücksichtigt werden.

Insgesamt eröffneten die Beiträge der Konferenz ein breites Panorama möglicher Zugriffe auf das Forschungskonzept, das lediglich durch eine Konzentration der Vorträge auf die zweite Hälfte des luxemburgischen Jahrhunderts etwas eingeschränkt wurde. Anhand verschiedenster Untersuchungsgegenstände näherten sich die Referenten dem Herrschaftsstil mit jeweils anderen Methoden sowie aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen und zeigten davon ausgehend diverse Manifestationen luxemburgischer Herrschaftsstile auf, wobei an vielen Stellen der personale Einfluss des Herrschers zu erkennen war. Deutlich wurde jedoch auch, dass die Person des Herrschers, seine charakterliche Disposition und sein individueller Stil kaum von den Beeinflussungen durch höfische Beraterkreise zu trennen sind, sodass ein Arbeiten mit dem bereits zitierten Herrscher „in Anführungszeichen“ durchaus geboten scheint. Dies bedeutet jedoch nicht, dass von einer Annäherung an das Individuum gänzlich Abstand genommen werden muss. Zwar wird man sich zwangsläufig auf eine Annäherung beschränken müssen, diese jedoch erscheint insbesondere anhand des (mutmaßlich) situativ-spontanen Alltagshandelns, wie es etwa Mark Whelan am Beispiel Sigismunds von Luxemburg illustrieren konnte, durchaus möglich und sinnvoll. Daneben zeigte sich, ganz besonders deutlich am Beitrag Lukas Wolfingers über Albrecht II. und seinen Sohn Rudolf IV., wie wichtig, aber auch wie schwierig es sein kann, die Bedingtheit der Herrscherrepräsentation durch die jeweiligen historisch-politischen Umstände auszuloten. Mitunter könnten die verschiedenen äußeren Einflüsse demnach so prägend gewesen sein, dass nur noch unter großen Schwierigkeiten von einer dezidiert personalen Prägung des Herrschaftsstiles gesprochen werden kann. Problematisch erscheint zudem die eindeutige Zuschreibung eines klar unterscheidbaren Herrschaftsstiles zu einer bestimmten Herrscherperson. So war Sigismund keinesfalls in allen Situationen ein „Wüterich“, ebenso wenig wie sich sein Vater Karl IV. immer und überall als „Heiliger“ gebärdete. Hier sollte mit der Vermischung unterschiedlicher Elemente auch innerhalb einer Herrschaft gerechnet werden. Bei allen Schwierigkeiten und Stolpersteinen zeigen die Ergebnisse der Tagung jedoch letztlich ganz deutlich, dass für alle behandelten Luxemburger personale Prägungen von Herrschaft erkennbar sind. Für deren Auswertung kann das Konzept des Herrschaftsstils meines Erachtens dann fruchtbar gemacht werden, wenn wir von einem offenen Stilbegriff ausgehen – wenn wir in Betracht ziehen, dass mehr als nur ein Einzelner den Pinsel geführt haben könnte, dass innerhalb eines Stiles mitunter verschiedene Register gezogen wurden. Die Sammlung wertvoller Mosaiksteinchen, welche die Konferenzbeiträge zu Tage gebracht haben, sinnvoll zueinander in Bezug zu setzen, Kontinuitäten, Verflechtungen und Brüche aufzuzeigen, bedarf es nun eines aktiven Dialogs. In dieser Hinsicht zeigte sich die Tagung sehr vielversprechend, war sie doch entscheidend vom offenen Austausch zwischen den Nationen, Disziplinen und Generationen geprägt. Dabei wurde deutlich, dass untereinander großer Gesprächs- und zuweilen auch Klärungsbedarf besteht, der dank der kollegialen Atmosphäre und der guten Organisation auch auf angenehme Weise gedeckt werden konnte.

Das Konferenzprogramm findet sich hier.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/2736

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Konferenz: Wassermühlen und Wassernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa (12.-13.4.13, Leipzig)

Die Nutzung des Wassers ist ein Forschungsbereich, der zwar häufig, aber oft in regional oder thematisch begrenzter Perspektive bearbeitet wurde. Mit dieser Tagung sollen diese Begrenzungen aufgebrochen werden. Hierbei steht ganz Ostmitteleuropa zur Diskussion. Eine Charakterisierung dieser Großregion wird durch einige das westliche Mitteleuropa betreffende Beiträge vertieft.

Im Rahmen dieser Tagung sollen Forschungsergebnisse des Projektes „Usus aquarum“ in einem Kreis ausgewiesener Fachwissenschaftler zur Diskussion gestellt werden.

Šerlink-Schiffsmühlen in der Prager Neustadt im Jahre 1610 (Detail), (Archiv der Hauptstadt Prag, Handschriftensammlung, Sign. 3469, Fol. 12r)

Šerlink-Schiffsmühlen in der Prager Neustadt im Jahre 1610 (Detail), (Archiv der Hauptstadt Prag, Handschriftensammlung, Sign. 3469, Fol. 12r)

Veranstaltungsort:
GWZO, Specks Hof (Eingang A), 4. Etage, Reichsstraße 4, 04109 Leipzig

Veranstalter/Organisation:
PhDr. Martina Maříková (GWZO – Projektgruppe Usus aquarum) E-Mail: martina.marikova@uni-leipzig.de
Dr. Christian Zschieschang (GWZO – Projektgruppe Usus aquarum) E-Mail: zschie@rz.uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/gwzo; In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Mühlen Sachsen-Anhalt e.V. (in der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V.)

Tagungsprogramm

FREITAG, 12. APRIL 2013

Wassernutzung im Mittelalter

9:00 – 9:30:

Begrüßung Christian Lübke (Direktor des GWZO, Leipzig); Einführung in das Tagungsprogramm Matthias Hardt (GWZO, Leipzig)

9:30 – 10:00

Perception of Rivers and Other Water Streams in the Czech Middle Ages
Tomáš Klimek (Nationalbibliothek, Prag)

10:00 – 10:30

Inland Navigation in Transylvania (based on medieval charters and late medieval official reports)
Oana Toda (Babeş-Bolyai University, Cluj-Napoca)

10:30 – 11:00

Die Elbe als Wirtschaftsfaktor im nordwestlichen Böhmen
Nadine Sohr (Leipzig)

11:00 – 11:30 Pause

11:30 – 12:00

Alles hängt vom Wetter ab. Voraussage der Witterung in lateinischen Quellen des Mittelalters
Barbora Kocánová (Tschechische Akademie der Wissenschaften, Prag)

12:00 – 12:30

Wasserwirtschaft des Klosters Broda
Matthias Hardt (GWZO, Leipzig)

12:30 – 13:00

An Attempt at an Outline of the Historical Development of Water Supply and Sewerage of Medieval Settlements in the

Czech Lands in the Middle Ages
Kryštof Drnek und Jaroslav Jásek (Karls-Universität, Prag / Museum der Wasserversorgung in Prag)

13:00 – 14:30 Pause

Mühlen in Landschaft, Wirtschaft und Wahrnehmung

14:30 – 15:00

Die Verbreitung der Wassermühle im frühmittelalterlichen Mitteleuropa
Thomas Kind (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

15:00 – 15:30

Die Bedeutung der Wassermühle für die zisterziensische Klostergemeinschaft
Winfried Schich (Humboldt-Universität, Berlin)

15:30 – 16:00

Mühlen, Dämme und Flutarchen – Die Nutzung von Wasserwegen im Spreewald im 15. und 16. Jahrhundert
Sascha Bütow (Universität Potsdam)

16:00 – 16:30 Pause

16:30 – 17:00

Namen der Wassermühlen in Schlesien
Stanisława Sochacka (Instytut Śląski, Opole)

17:00 – 17:30

Schlesische Orts- und Flurnamen mit dem Glied Mühle/mlyn
Monika Choroś und Łucja Jarczak (Instytut Śląski, Opole)

17:30 –18:00

Zur Benennung von Mühlen im Mittelalter
Christian Zschieschang (GWZO, Leipzig)

18:30 – 19:30

Führung durch die Wassermühle Dölitz

19:30

Gemeinsames Abendessen im Restaurant Spreewaldschänke (Im Dölitzer Holz 7)

GWZO-Mühlenkonferenz2

Der vom Lucní-Bach abzweigende Mühlgraben beim Dorf Zubrnice (Bez. Ústí nad Labem, Nordböhmen) [Foto: L. Galusová]

SAMSTAG, 13. APRIL 2013

Sachrelikte mittelalterlicher Mühlen

9:00 – 9:30

Verbreitung und Technik der hochmittelalterlichen Mühle aus archäologischer Sicht
Gerson H. Jeute (Universität Bremen)

9:30 – 10:00

Stoahackher im bayerischen Inntal. Eine Studie zu Mühlsteinbrüchen vom 8.–20. Jahrhundert
Wolfgang Czysz (Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Thierhaupten)

10:00 – 10:15 Pause

10:15 – 10:45

Mühlen im Befund – Archäologische Erscheinungsformen und Nachweismöglichkeiten von Wassermühlen
Jens Berthold (Kommunalarchäologie Schaumburger Landschaft, Bückeburg)

10:45 – 11:15

Die Baugestalt der mittelalterlichen Wassermühlen in Böhmen und Mähren
Lucie Galusová und Martina Maříková (GWZO, Leipzig)

11:15 – 11:45

Schlussdiskussion

11:45 – 12:15 Pause

12:30

Abfahrt zur Exkursion zu Mühlen in und um Freyburg (Unstrut) und Eckartsberga

18:00

Ankunft in Leipzig

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/767

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