Sächsischer Druck auf das Domkapitel

Anfang 1628 sah sich Kursachsen am Ziel: Markgraf Christian Wilhelms hasadeurhafte Politik hatte ins Nichts geführt, und als Administrator des Erzstifts Magdeburg hatte er das Weite suchen müssen. Nun war die Gelegenheit, anstelle eines brandenburgischen Prinzen einen sächsischen als Landesherrn im prestigeträchtigen Erzstift zu installieren. Gute Kontakte ins Magdeburgische hatte Dresden immer schon gepflegt – dies sollte sich jetzt auszahlen. Im Januar 1628 setzte das Domkapitel tatsächlich Christian Wilhelm ab und wählte mit August von Sachsen einen Prinzen aus dem Haus Wettin.

Doch damit begannen erst die Probleme. Denn das Haus Habsburg wollte dank der militärischen Überlegenheit im Reich seinerseits einen eigenen Kandidaten präsentieren und drängte Kursachsen dazu, die eigenen Ansprüche zurückzustellen. Doch Dresden dachte gar nicht daran, hier zurückzustecken – ein bemerkenswerter Schritt, denn in all den Jahren zuvor hatte Kursachsen immer darauf geachtet, ein gutes Auskommen mit dem Kaiser zu pflegen. Im Fall der Besetzung des Erzstifts Magdeburg kam es nun zum offenen Konflikt. Am Ende setzte sich der Kaiser durch und ließ seinen Sohn Leopold Wilhelm als Administrator einsetzen (vgl.

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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/961

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Eine Geschichte des Erzstifts Magdeburg

Das Erzstift Magdeburg hat eine lange und ehrwürdige Tradition, die mit seiner Gründung durch Kaiser Otto I. im Jahr 968 beginnt. Hier soll es aber um die Geschicke des Erzstifts im frühen 17. Jahrhundert gehen, und zwar aufgezeichnet von einem Zeitgenossen, der dazu noch selbst als Handelnder in der Verantwortung stand: Georg Adam Brunner, der langjährige Syndikus des Erzstifts. Seit 1610 hatte der 1580 geborene Brunner dieses Amt inne, demzufolge er sich um die Rechtsgeschäfte Magdeburgs zu kümmern hatte; tatsächlich war er eine wichtige Persönlichkeit, die auch maßgeblich die politischen Geschicke des Domkapitels in dieser Zeit mitgeprägt hat. Syndikus blieb Brunner bis zu seinem Tod im Jahr 1652, und so gehörte er zu den Zeitgenossen, die den gesamten Dreißigjährigen Krieg samt Vorgeschichte miterlebt haben.

Anfang 1643 forderte das Domkapitel seinen Syndikus auf, einen Bericht über die Geschichte des Erzstifts der vergangenen Jahrzehnte abzufassen, und Brunner erledigte diese Aufgabe binnen drei Wochen, so daß er ungefähr Mitte Februar eine „Summarische Relation des Verlaufs in Staatssachen des Erzstifts Magdeburg und Domkapitels daselbst von ao. 1608 bis 1638“ vorlegen konnte. Unterteilt in 66 Paragraphen skizzierte er so die Vorkommnisse im Erzstift.

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Quelle: https://dkblog.hypotheses.org/946

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Kursachsen als kaiserlicher Trittbrettfahrer?

Im Spätsommer des Jahres 1625 standen die Zeichen im Reich wieder mal auf Sturm. Der Krieg griff nun in den Norden des Reiches aus, als die Kaiserlichen sich anschickten, gegen die Truppenmacht Christians IV. von Dänemark vorzurücken, der als Oberst des Niedersächsischen Reichskreises agierte. Nun waren auch Reichsstände von Kriegsauswirkungen betroffen, die bislang davon verschont geblieben waren. Unter ihnen war auch Markgraf Christian Wilhelm von Brandenburg, der als Administrator des Erzstifts Magdeburg und des Hochstifts Halberstadt fungierte. Er entschied sich dafür, nicht einfach abzuwarten, was sich tun würde; er wollte sich selbst wehrhaft machen und beschloß, Truppen anzuwerben. Zu diesem Zweck schickte er Wilhelm von Hatzfeldt zu Georg Wilhelm, seinen Neffen, der mittlerweile als Kurfürst von Brandenburg regierte.

Hatzfeldt wandte sich nun an den Kurfürsten mit der Bitte, daß er Christian Wilhelm bei der geplanten Anwerbung von Kriegsvolk unterstütze. Vom 2.

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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/922

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Eine Fürstenkonversion im Schwedischen Krieg

Speculum veritatis, ein Spiegel der Wahrheit versprach eine Publikation aus dem Jahr 1633 zu sein. Sie erzählte die Geschichte des Markgrafen Christian Wilhelm von Brandenburg, der wieder zum katholischen Glauben konvertiert war. Bekehrungen waren im 17. Jahrhundert nicht selten, doch der Fall dieses Reichsfürsten war bemerkenswert genug. Wie überhaupt dieser Brandenburger ein sehr bewegtes Leben geführt hat. Der 1587 geborene Christian Wilhelm war schon früh vorbestimmt gewesen, als Administrator des Erzstiftes Magdeburg zu fungieren, nachdem sein Vater Joachim Friedrich, der vormals dieses Amt innegehabt hatte, Kurfürst von Brandenburg geworden war.

Christian Wilhelm hatte es nicht leicht als Administrator, zumal sich das Domkapitel ziemlich widerspenstig gegen ihn verhielt. Als dann der Krieg ausbrach, wurde die Situation nicht einfacher. Der Brandenburger ergriff im Jahr 1625 Partei für Christian IV.

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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/918

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Stichtag 17. Mai

Im Mai 1631 schaute die Öffentlichkeit auf die Stadt Magdeburg, die nun schon seit Wochen von den Truppen des Kaisers und der Liga belagert wurde. Eine Entscheidung, wie diese Kämpfe ausgehen würden, war nun in Bälde zu erwarten – entweder würde die kaiserliche Seite die Metropole an der Elbe gewinnen oder Gustav Adolf würde, wie er es versprochen hatte, die Stadt entsetzen können. Ein Schreiben vom 17. Mai 1631, das Kurfürst Maximilian an seinen Feldherrn Tilly schickte, berührte das Thema Magdeburg nur am Rande. Andere Aspekte traten hier in den Vordergrund (Kurfürst Maximilian an den Generalleutnant Tilly am 17.5.1631, Bay HStA, Kurbayern Äußeres Archiv 2402 fol. 303‘-308 Kopie).

Der bayerische Kurfürst schaute gar nicht so sehr auf die Kämpfe an der Elbe, ihn bewegten vielmehr schon die nächsten anstehenden Aufgaben.

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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/913

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Zirkulation des Wissens über den Tabakanbau im Napoleonischen Imperium, 2


Archives départementales du Bas-Rhin, 11M196, Le comte de l’Empire, Conseiller d’État grand Officier de la légion d’honneur, Directeur général de l’administration des Droits Réunis, des Tabacs, et des Octrois de bienfaisance à Monsieur le Baron Lezay-Marnesia, Préfet du départment du Bas-Rhin à Strasbourg, Paris, 9 mars 1812

Napoleon an der Quandtschen Tabaksmühle in der Voelkerschlacht bei Leipzig am 18. October 1813, Federzeichnung von Ernst Wilhelm Straßberger, 1813, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inventarnummer: VS 1340, CC BY-NC-SA 3.0 DE.

Napoleon an der Quandtschen Tabaksmühle in der Voelkerschlacht bei Leipzig am 18. October 1813, Federzeichnung von Ernst Wilhelm Straßberger, 1813, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inventarnummer: VS 1340,
CC BY-NC-SA 3.0 DE.

„Dans ma lettre, Monsieur le Préfet, du 7 février qui vous annonçait un envoi de graines de tabac de Hollande et de Flandre je vous ai témoigné mon regret de ne pouvoir pas vous envoyer en même temps des graines du midi de la France. Je viens d’en recevoir tout à l’heure un sortiment du Lot et Garonne qui m’a été adressé par l’<administration> de ce Dept[artement] et je m’empresse de vous en envoyer une quantité proportionné à celle que j’ai reçue. Dans la caisse qui les contient et qui vous a été expédiée par la diligence, vous trouverez aussi quelques graines recueillie avec soin chez les principaux cultivateurs du département d’Ille et Vilaine.

Celles du Lot et Garonne sont les espèces suivantes, savoir: Grand Virginie ou Tabac Long, à large feuille, grande espèce: a une végétation prodigieuse, réussit très bien dans les terrains gras abrités des grands vents. Petit Virginie, ou Tabac de Virginie pointu dit Langue de Bœuf. Qu’on croit être du Warwick dégénéré.

De Magdebourg, nommé à Clairac Tabac commun à  larges feuilles; il est propre pour robes. Tabac efrisé[sic], ainsi nommé à cause des feuilles papillotées bouillonnées; Cette variété remarquée depuis peu réussit très bien dans les terres légères. Par son port elle se rapproche du tabac de Virginie, par sa précocité, du Tabac dit Cyprès. Tabac Cyprès pommé ou tabac précoce. Il est nommé Cyprès,  parce que des feuilles en fer de lance et très aiguet[sic] se tiennent droites le long de la tige, jusqu’à ce quelle soient un peu fortes; pomme, parce que son bouquet de fleur s’élève peu au dessus[sic] des feuilles: Cette variété réussit bien dans les terrains qui <courierement> au tabac, en général ses feuilles sont fortes, plus nombreuses que dans les autres espèces et [unleserlich] moins exposées d’être fracassés par les vents; elles sont belles, épaisses, gluantes et d’un bon rapport; ne perdent jamais leur gomme; une fois parvenues au point désirable de maturité, elles s’échauffent rarement et sont moins sujettes que les autres au blanc ou au moisi. Ce tabac a encore l’avantage précieux de murir douze ou quinze jours plutôt que les autres, ce qui permet, de préparer les terres pour les semailles du blé.

Tabac Péant ou de la Californie, peu connu. Son premier nom  lui vient de la hauteur de ses tiges. Ses feuilles sont presque rondes, très amples, minces et prennent une belle couleur. Cette variété qui ne réussit que dans les fonds de bonne qualité, serait propre des tabacs à fumer.

Tabac d’Espagne dit Tabac camus. Cette variété est peu cultivée et mérite cependant l’attention des agronomes. Sa graine réussit très facilement sur couche; le jeune plant vient assez vite, et muris de bonne heure. Ce tabac éxige[sic] des bonnes terres pour devenir beau: il se manipule aussitôt qu’il est sec, est d’une bonne qualité, augmente celle des tabacs avec lesquels on le mêle; il était très recherché des fabricants. C’est en partie à cette variété qu’était due la grande réputation dont jouissait avant la Révolution, le tabac dit le Clairac.

Il y a un sac de papier renfermant diverses variétés. Voilà, Monsieur le Préfet, tous les renseignements qui peuvent vous être donnés en ce moment sur les diverses espèces de tabac de Lot et Garonne dont vous allez recevoir les graines. Je pense qu’elles vous parviendront encore assez tôt pour être distribuées et semées à temps. Je vous serai très obligé de m’en accuser la réception, et j’apprendrai avec plaisir que vous avez été satisfait de cet envoi.

Agréez, Monsieur le baron, l’assurance de ma parfaite considération.

Le Comte de l’Empire

[Unterschrift unleserlich]“

 

Zur Quelle

Die obige Quelle steht im Zusammenhang mehrerer Dokumente, die ich schon bei einem vorangegangenen Post zur „Zirkulation des Wissens über den Tabakanbau im Napoleonischen Imperium“ näher erläutert und in den Kontext der Geschichte des staatlichen Tabakmonopols in Frankreich eingebettet habe.

Der Brief vom 22. März 1812 belegt folgende Begebenheit: Baron de Lezay-Marnesia, Präfekt im Département Bas-Rhin, erhielt im Zuge seiner um die Verbesserung des Tabakanbaus kreisenden Korrespondenz mit der Pariser Tabakverwaltung  ein Schreiben von den Beamten, mit dem ihm die Zentralverwaltung die gewünschten Tabaksorten, jedoch auch weiteres Saatgut anderer Spezies zusendete, die in unterschiedlichen Gebieten des Französischen Kaiserreichs gesammelt worden waren.

Es ist durchaus hervorhebenswert, dass der Verwaltungsbeamte aus Paris nicht etwa botanische Bezeichnungen von Sorten, wie das von Carl Linnaeus entworfene binominale System (etwa „Nicotiana Tabacum“), sondern vielmehr die aus der Welt des Tabakhandels gebräuchlichen Begriffe verwendete. Zu diesen Sorten zählten etwa Tabake wie der „Grand Virginie ou Tabac Long“ oder der „Petit Virginie, ou Tabac de Virginie“, die die Beamten aus dem innerfranzösischen Departement Lot et Garonne erhalten hatten. Auch aus dem 1806 von den Napoleonischen Truppen eroberten Magdeburg, das als Hauptstadt des Elbdepartement dem Königreich Westfalen zugeordnet worden war, hatte die Pariser Tabakverwaltung Sorten wie den „Clairac Tabac” sowie den „Tabac efrisé“ sammeln lassen und an die Departementsverwaltung in Straßburg weitergereicht. Über den zentralen Sammel- und Verteilerpunkt Paris konnten regionale Akteure wie Lezay-Marnesia demnach Tabaksorten ordern, die innerhalb des Napoleonischen Imperiums kultiviert wurden.

Jedoch waren der Sammeltätigkeit der Pariser Behörden immer auch Grenzen gesetzt: Die Tabakbehörde in Paris gab an, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, alle vom Präfekten gewünschten Tabaksorten nach Straßburg zu senden – Gründe dafür wurden jedoch nicht genannt. Wie Lezay-Marnesia auf diese auf diese Versorgungsprobleme reagierte und welche Praktiken damit einsetzten, soll am Beispiel einer weiteren und vorerst letzten Quelle gezeigt werden, die ich in den nächsten Tagen präsentieren möchte.

Quelle: http://naps.hypotheses.org/899

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Der Söldner Michael Burchardt

Der Werdegang von einfachen Söldnern hat von je her besondere Aufmerksamkeit erregt. Erhofft man sich hier doch konkreten Aufschluß darüber, wie die sog. kleinen Leute den Krieg erlebten. Der prominenteste einfache Söldner ist ohne Zweifel Peter Hagendorf, dessen Schicksal durch sein Tagebuch bekannt geworden ist. Von Michael Burchardt ist zwar kein Selbstzeugnis überliefert, doch aus Aufzeichnungen aus dem 18. Jahrhundert läßt sich sein Schicksal in Umrissen rekonstruieren.

Geboren im Jahr 1599 zog es ihn offenbar schon in den ersten Kriegsjahren zum Militär. Über seine Konfession erfahren wir explizit nichts, doch als Sohn des Stadtrichters von Jena hing er sicherlich der lutherischen Konfession an. Gleichwohl entschied er sich offenbar bewußt für den Kriegsdienst in der Armee der Katholischen Liga. Hier diente er im Leibregiment Tillys, wurde in einer der Kompagnien Quartiermeister. Er nahm an der Belagerung Magdeburgs teil, kurz darauf quittierte er den Dienst. Dies angeblich aus persönlichen Gründen, doch bald schon nahm er Kriegsdienste beim Herzog von Weimar für Gustav Adolf von Schweden an. Unter Banér kämpfte er dann bei Wittstock mit so großem Einsatz, daß man ihm anbot, Oberstleutnant zu werden. Aus nicht bekannten Gründen lehnte er ab, und im Jahr 1638 schied er endgültig aus dem Kriegsdienst aus.

Wir wissen zu wenig über ihn, um die Beweggründe für bestimmte Entscheidungen zu erkennen. Warum er überhaupt in den Krieg zog, ist nicht klar. Der Hinweis auf „in ihm steckendes Soldatenblut“ ist wohl eher dem Zeitgeist von 1939 geschuldet, als eine knappe biographische Skizze über Michael Burchardt erschien. Immerhin nahmen auch Michaels ältere Brüder Kriegsdienste an. Daß sein Bruder Samuel ihn zunächst in seiner Kompagnie unterbrachte, ist ein gutes Beispiel für die verwandtschaftlichen Verflechtungen im Militär – beileibe kein Einzelfall, wie es sich auch bei Jan von Werth nachvollziehen läßt, in dessen Windschatten und unter dessen Protektion einige seiner Brüder Kriegsdienste leisteten.

Ob Burchardt wirklich die Armee des Kaisers nur verließ, weil sein Vater auf den Tod erkrankt war, möchte ich mit einem Fragezeichen versehen. Denn er taucht doch sehr schnell wieder als Soldat auf, nur eben auf der Seite Gustav Adolfs: Ob er nicht doch der Faszination des „Löwen aus Mitternacht“ erlegen war und nun lieber für die protestantische Sache streiten wollte? Wenn ja, verflog diese Begeisterung in den Folgejahren. Denn einer militärischen Karriere verweigerte er sich, wurde eben nicht Oberstleutnant, sondern Bürger in Salzwedel, wo er eine Familie gründete und noch bis 1671 lebte. So besehen stellt Burchardt eine Instanz für die Söldner dar, die durch den Kriegsdienst keineswegs entwurzelt wurden; vielmehr stellten die Jahre im Militär nur eine Episode in seinem Leben dar und mündeten sehr bewußt in eine zivile Existenz.

Eine knappe Skizze zu Burchardt wurde von Ernst Otto Wentz in den Jahresberichten des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel, Bd. 53 (1939), S. 24-27, veröffentlicht. Die Jahresberichte übrigens hat der Verein dankenswerterweise komplett auf seiner Homepage als PDF frei zugänglich gemacht.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/430

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Methodenschule als Prozess

Neben der Lehre am Arbeitsbereich Medienpädagogik und der Arbeit an der Dissertation arbeite ich mich seit letzten Sommer vertiefend in qualitative Forschungsmethoden ein. Damit bin ich nicht allein. Es existierte eine Form des Methodentourismus, bei dem bundesweit Doktoranden* aus den Sozial- und Bildungswissenschaften auf Summer Schools und Methodenwerkstätten aufeinandertreffen. Es gibt größere und kleinere dieser Veranstaltungen, mal rein auf qualitative Forschung ausgerichtet, dann wieder mit einem Mixed Method Ansatz, da werden eher die Soziolgen* adressiert und dort stehen die Bildungswissenschaftler* stärker im Fokus. Meine erste Veranstaltung dieser Art war die Summer School 2013 “Qualitative Forschung”1 an der Universität Köln. Anfang Februar ging es dann für mich zum Methodenworkshop Magdeburg, letzte Woche war der Gießener Methoden-Werkstatt Bildungsforschung dran und zum Auftakt des DGfE-Kongresses am 9. März in Berlin erwartet mich schon der nächste Workshop zur Methodenschulung.

Universität Magdeburg, Foto: Tine Nowak

Methodenworkshop Magdeburg

Der Methodenworkshop Magdeburg, der vom Zentrum für Sozialweltforschung und Methodenentwicklung ausgerichtet wird ist einer der größten dieser Art. Über 400 Teilnehmer* waren hierzu am 7. und 8. Februar nach Magdeburg gekommen.

Noch bevor der Workshop richtig anfing gab es zum Einstieg drei Kurzvorträge. Ich entschied mich für die Einführung in die Software MAXQDA2 durch Thomas Dresing. In meinem Fall könnte eine solche Software bald hilfreich sein, wenn es darum geht das bevorstehende Interviewmaterial zu transkribieren, mit Memos zu versehen und zu interpretieren. Hierzu gibt es durchaus auch Alternativen, wie z.B. F4 Analyse, welches etwas schlanker daher kommen soll, allerdings nicht für richtig große Forschungsprojekte geeignet sei, bei 30-50 Interviews läge die Obergrenze, so Dresing. Ein Praxistest steht da wohl bald aus. Im Auge behalten will ich – egal für welches System ich mich entscheiden werde – das Transkriptionsprogramm F4/F5. Tanskription ist auf Dauer anstrengend und zeitaufwändig. Ich wäre dankbar für alles, was diesen Prozess erleichtert. Mit F4/F53 kann man mitunter das Abspieltempo der Interviews verlangsamen und sehr genau Zeitmarken mit Shortcuts in den Text setzen, auch hält es verschiedene Automatismen bereit, die Zeit sparen helfen.

Einführung in MAXQDA, Foto: Nowak

Exkurs

Über die Darstellung der Technik hinaus bin ich dem Vortrag um zwei Zitate dankbar. Thorsten Dresing sprach davon, dass die Programme mittlerweile auch problemlos das Schreiben und Verankern von Memos ermöglichen. Memos gehören essentiell zur Grounded Theory, mit der ich selbst arbeite. In Memos werden interessante Gedanken festgehalten, auch wenn sie so noch gar nicht im Forschungsmaterial enthalten sind. Alles was irgendwie bemerkenswert ist rund um das Forschungsprojekt wandert in die Memos. Dresing zitierte frei aus dem Gedächtnis: „Not writing memos is like having Alzheimer in Qualitative Research“. Ganz genau trifft es das Original nicht, aber als ich es nachschlug fand ich folgendes von Joseph A. Maxwell: “Not writing memos is the research equivalent of having Alzheimer’s disease; you may not remember your important insights when you need them”.4 Egal wie sich Memos manifestieren, es gehe, nach Maxwell, darum die eigenen Gedanken festzuhalten, um sie für eine Reflektion und für Erkenntnisse fruchtbar zu machen. Diese Erinnerungsfunktion illustriert er an einer Passage5 aus Lewis Carrols “Alice hinter den Spiegeln”. So komme ich zu dem zweiten Zitat, welches ich – auf Umwegen – Thorsten Dresing verdanke:

‘The horror of that moment,’ the King went on, ‘I shall never, NEVER forget!’ ‘You will, though,’ the Queen said, ‘if you don’t make a memorandum of it.’ 6

Man kann sich das gar nicht oft genug vor Augen halten: Immer schön alles Notieren, was nicht vergessen gehen soll und zwar am besten an Orten, die später durchsuchbar sind, wie hier im Blog oder einem sonstwie geeigneten Programm direkt auf dem Computer.

Begrüßung

Die Begrüßung der Teilnehmer* des Methodenworkshops übernahm dieses Jahr Fritz Schütze. Er machte darauf aufmerksam, dass der Methodenworkshop erstmalig am Gebäude 40, wo die Geisteswissenschaften beheimatet sind, stattfindet. Der Hörsaal in dem man sich gerade befände, sei noch ganz neu, erst vor sechs Woche eröffnet worden. Schütze betonte, dass die zwei gemeinsamen Tage insbesondere wichtig seien, um Netzwerke untereinander zu knüpfen. Dann verwies er noch kurz auf den NachwuchsforscherInnentag im Herbst und verabschiedete alle in die AGs mit den Worten: “Gute Erkenntnisse und fröhliches Netzwerken.”

Methodenworkshop Magdeburg Begrüssung, Foto: Tine Nowak

Die Arbeit in den AGs

Da ich selbst kurz vor der Feldphase stehe habe ich die Arbeitsgruppe zu “Forschungsdesigns in der Planungsphase” von Melanie Fabel-Lamla  und Sandra Tiefel gewählt. In der AGs selbst gab es von den vorgestellten Projekten dann gar keines, das dem Titel entsprach. Es waren durchweg fortgeschrittene Arbeiten, an denen grundlegende Fragen zur Gestaltung des Forschungsdesigns von uns passiven Teilnehmern* zusammen mit den aktiven Teilnehmern*7 diskutiert wurden.
Beide Dozentinnen machten von Anfang an sehr deutlich, dass der Forscher* mit dem Forschungsdesign bestimmt, was nachher als Ergebnis zu erwarten ist. Die Fragestellung muss dementsprechend zur Methode passen, z.B.:

  • Ethnografie: dichte Beschreibung eines neuen Phänomens (deskriptiv)
  • Typisierung: zB. Handlungstypen (Dimension hier und jetzt)
  • Muster: zB. Handlungsmuster (prozessorientiert), Handlungszusammenhänge und Umgangsweisen
  • Modelle/kleine Theorien (gegenstandsbezogene und formale Theorie)

Abgesehen von einer Stippvisite in die AG zur Medienforschung, geleitet von  Johannes Fromme und Stefan Iske (als Ersatz für den erkrankten Winfried Marotzki) bin ich der Forschungsdesign-AG treu geblieben. Durch den Wechsel in die andere Gruppe wurde mir sehr deutlich, dass mein Blick auf das Identifizieren von Haupt- und Nebenfragen geschärft worden war. Merke: Insbesondere bei einem Promotionsprojekt ist es wichtig, seine zentrale Fragestellung zu kennen und sich dieser bei der Interpretation des Material stets bewusst zu bleiben. Was bedeuten kann, dass man mitunter lernen muss, sich von – noch so interessanten – Nebenfragen zu verabschieden, die einen zu neuen Schauplätzen abseits des Dissertationsthemas führen.

Durch die AG von Tiefel und Fabel-Lamla bin ich in der Nachbereitung zudem auf folgende Literatur aufmerksam geworden:

Tiefel, Sandra (2005): Kodierung nach der Grounded Theory lern- und bildungstheoretisch modifiziert: Kodierleitlinien für die Analyse biographischen Lernens. In: Zeitschrift für qualitative Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung 6, 1, S. 65-84. URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-279183

Fazit

Der Methodenworkshop Magdeburg bringt Doktoranden* und Forscher* aus verschiedenen Disziplinen zusammen, so dass der Wunsch zum munteren Netzwerken, den Fritz Schütze bei der Eröffnung aufwarf, sich tatsächlich realisierte. Selten war ich auf einer Tagung, zu der ich alleine hingefahren bin, in so guter Begleitung gewesen mit Menschen, die ich hoffentlich auf einer der nächsten Werkstätten wieder treffen werde. Denn: Nach dem Workshop ist vor dem Workshop.

Campustower Magdeburg. Foto: Nowak
Ein kurzen Überblick zum Methodenworkshop Magdeburg und Gießener Bildungswerkstatt findet sich auch im Blog des AB Medienpädagogik @TU Darmstadt

 

  1. Summer School Programm im PDF
  2. MAXQDA hat auch einen Wikipedia-Artikel, hier erschliesst sich der Leistungsumfang recht schnell
  3. F4= Windows, F5= Mac
  4. Maxwell, Joseph A. (2005): Qualitative research design: An interactive approach, S. 12, London: Sage
  5. zitiert nach Peters 1992, S. 123
  6. Die weitere Verwendung des Passus “Memorandum” läßt sich online im Carrol-Text nachlesen: http://www.gutenberg.org/files/12/12-h/12-h.htm
  7. Aktive Teilnehmer* stellen Material aus Ihren Forschungsprojekten vor, die Dozenten* und die Gruppe der passiven Teilnehmer* interpretieren oder diskutierten das Material dann gemeinsam in der Arbeitsgruppe.

Quelle: http://mobilvideo.hypotheses.org/83

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Job: 1 Wiss. Mitarb. “Digitales Archiv der Reformation” (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Magdeburg)

Institution: Thür. Hauptstaatsarchiv Weimar, Magdeburg Datum: 01.03.2014-30.09.2015 Bewerbungsschluss: 30.01.2014 Beim Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar ist zum 1. März 2014 die Stelle einer/eines Wiss. Mitarbeiterin/Mitarbeiters (Stellenumfang: 100 %) "Digitales Archiv der Reformation (DigiRef) Schriftzeugnisse aus den Staatsarchiven Mitteldeutschlands im Internet" als einem Gemeinschaftsprojekt der Bundesländer Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu besetzen. Die Vergütung erfolgt nach E 13 […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/01/4877/

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Joseph Claude Anne Le Gras de Bercagny, 1


AN Paris, BB11 67, Autorisations à des Français d’entrer ou de rester au service des puissances étrangères: Demandes d’autorisations pour entrer ou rester au service des puissances étrangères (décret du 26.8.1811), Royaume de Westphalie, liasse Colinet-Acloque

„Joseph, Claude, Anne, Le Gras de Bercagny, né à Tours, département d’Indre et Loire, le 23 mai 1763.

Éléve de l’école Royale militaire, en 1770. officier au Régiment de Béarn, infanterie, depuis 1778, jusques en 1789.

Controleur général des services militaires, à l’armée d’Italie, en l’an 7.

Secrétaire général de la Préfecture de la Dyle, au mois de frimaire, an 8.

est entré au service de S.M. le Roi de Westphalie avec l’autorisation de S.E. le Ministre de la Police générale, le 20 juillet 1808, en qualité de secrétaire du Cabinet du Roi ; puis Directeur général de la haute Police du Royaume, Préfet de Police, actuellement Préfet du Palais de S.M. et surintendant de ses spectacles ; nommé le 11 de ce mois Préfet du département de l’Elbe ;

n’a de biens en France qu’à St. Domingue et à l’isle de la Réunion.

Certifié véritable.

Le Gras de Bercagny”.


Zur Quelle:

Ein französisch-kaiserliches Dekret vom 26. August 1811 machte es für die französischen Auswanderer, die im Ausland Anstellung gefunden hatten, notwendig, beim französischen Justizminister um die Erlaubnis zu bitten, weiterhin im Ausland dienen zu dürfen. Die westfälischen Staatsdiener französischer Herkunft wurden verpflichtet, einen kaiserlichen Patentbrief für die Anstellung im Königreich Westphalen unter Beibehaltung ihrer französischen Staatsbürgerschaft zu beantragen oder sich für die Naturalisation als westphälische Staatsbürger zu entscheiden. Patent- beziehungsweise Naturalisationsbriefe, die diese Erlaubnis gewährten, wurden ihnen daraufhin in den meisten Fällen erteilt. Die Mehrzahl beantragte Patentbriefe.

Die vorliegende biographische Notiz gehört zum Antrag auf einen Patentbrief von Joseph Claude Anne Le Gras de Bercagny, der als Generaldirektor der Hohen Polizei im Königreich Westfalen von September 1808 bis Oktober 1809 tätig war. Die politische Polizei im Königreich Westfalen zeichnete sich damit aus, dass die politische Überwachung vornehmlich nach innen gerichtet war, gegen die eigene Bevölkerung. „Diese gegen ‚Volksaufwiegler’ im Innern gerichteten Sicherheitsmaßnahmen zeigen den Wandel an von der traditionellen, gegen den äußeren, auszukundschaftenden Feind gerichteten ‚hohen geheimen Polizei’ hin zur ‚modernen’, im 19. Jahrhundert sich ausprägenden politischen Polizei” (Siemann, „Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung”, S. 49). Diese Ausrichtung nach innen, die andere Polizeien erst später erfuhren, war bereits 1808 bei der Errichtung einer spezifischen Generaldirektion der Hohen Polizei im Königreich Westfalen grundsätzlich. Wenn auch für die politische Polizei keine vergleichbaren Vorläufer in der deutschen Staatenwelt genannt werden können, so war nach 1813 Geheimpolizei zu einem geläufigen staatssichernden Instrument gegen staatsgefährdende Untertanen geworden. Diese stark kritisierte Übernahme des französischen Konzepts durch die Obrigkeiten deutscher Territorien nach 1813 geschah auf breiter Basis. Die westfälische Hohe Polizei nahm in mehrfacher Hinsicht Einfluß auf die Entwicklung in den deutschen Landen: Zum einen spielte sie bei den erwähnten Anfängen der politischen Polizei eine wichtige Rolle, zum anderen entwickelte sich infolge ihrer Erscheinung eine kritische Öffentlichkeit gegenüber der Institution Geheimpolizei. Durch die öffentliche Debatte um Polizei und politische Polizei, die sie auslöste und die lange nach 1813 fortgesetzt wurde, initiierte sie unbeabsichtigt eine Entlarvungs- und kritische Rezensionskultur gegenüber politischer Polizei.

Die polizeilichen Strukturen im Königreich Westfalen begannen sich erst im Herbst 1808 zu verändern, nachdem es am 4.–5.9.1808 in Braunschweig zu einem ernstzunehmenden Aufruhr nach einem Streit im Theater zwischen in Zivil gekleideten Gendarmen und Braunschweiger Bürgern. Durch ihn soll Napoleon dazu veranlaßt worden sein, am 14.9.1808 neben der Anordnung der strengen Bestrafung der „Anstifter dieser Emeute”, die französischen Gendarmen in Westfalen für „unnütz” zu erklären und nach Frankreich zurückzurufen, um sie durch ortsansässige bzw. deutschsprachige Gendarmen ersetzen zu lassen (Napoleon, zitiert nach, Goecke, Das Königreich Westphalen, S. 74).
Ein von der Polizei abgefangener Brief des Freiherrn Karl vom Stein an den Fürsten Wilhelm zu Sayn-Wittgenstein vom 15.8.1808, der auf eine antinapoleonische Stimmung in Westfalen schließen ließ,
hat außerdem nach Meinung einiger Historiker das königliche Dekret vom 18.9.1808 verursacht (Vgl. u.a. Thimme, Die inneren Zustände des Kurfürstentums Hannover, Bd. 2, S. 168, 170; vgl. Ders., Neue Mittheilungen zur Geschichte der hohen oder geheimen Polizei, S. 86). Nach diesem Dekret wurde eine Generaldirektion der Hohen Polizei unter der Zuständigkeit des Justiz- und Innenministeriums errichtet. Generaldirektor wurde Joseph Claude Anne Legras de Bercagny, der von Kassel aus die allgemeine Ruhe und Ordnung im Königreich Westfalen überwachen sollte. Mit dieser Maßnahme wurde der gesamte Polizeiapparat der bisherigen direkten Aufsicht des Justiz- und Innenministers Joseph Jérôme Siméon teilweise entzogen. Der Generaldirektor sollte künftig mit allen Ministern korrespondieren und obgleich er dem Justiz- und Innenminister unterstand, konnte er bald seine Eigenständigkeit behaupten. Wahrscheinlich um Bercagnys Geschäftsführung im Ressort der politischen Polizei sich ungehindert entfalten zu lassen, spaltete man am 1.1.1809 das Justizministerium vom Ressort des Innern und erreichte so, daß der als Justizminister weiterbeschäftigte Siméon bedeutende Teile seiner amtlichen Befugnisse hinsichtlich der Polizeigeschäfte einbüßte. Die Präfekten, die bis zum 18.9.1808 für die Hohe Polizei zuständig gewesen waren, wurden nicht mehr allein mit dieser Aufgabe betraut. Ihre direkte Verbindung mit dem Justizminister endete. Präfekten und Gendarmerie unterstanden nunmehr dem Generaldirektor. Am 6.12.1808 setzte man darüberhinaus besondere Polizeikommissare für die Gemeinden mit über 5000 Einwohnern ein. Hinzu kam die Bestellung von Generalkommissaren für die acht Departements im Dezember 1808 (Ernennung am 11.11.1808), die unter der Führung des Generaldirektors der Hohen Polizei standen. Schließlich wurden durch ein Dekret vom 5.1.1809 die Aufgaben der einstmaligen Polizeipräfektur mit denen der Generaldirektion der hohen Polizei vereinigt.
Tatsächlich soll erst mit dem Amtsantritt Bercagnys der Aufbau eines Stabs von Agenten und Spitzeln im Königreich angesetzt haben. Bercagnys Definition der Hohen Polizei lautete: Es sei „hauptsächlich diejenige Polizei zu verstehen, welche zum Zweck habe, den Verbrechen gegen den Staat oder die geheiligte Person des Königs vorzubeugen und den verräterischen Umtrieben solcher Personen nachzuspüren, welche die Leichtgläubigkeit des Volkes zur Erregung von Unruhen missbrauchten” (Bercagny, zitiert nach: Thimme, Die inneren Zustände des Kurfürstentums Hannover, Bd. 2, S. 170).
Mit den Aufständen des Jahres 1809 geriet die Generaldirektion unter Legitimationszwang, so dass die Überwachung verschärft wurde. Die Praktiken der Ära Bercagnys sollten schon bald zu einem für die Entwicklung der westfälischen Polizei folgenreichen Skandal führen. Der Generalsekretär der Hohen Polizei, Schalch, hatte sich Zugang zum Kabinett des Finanzministers verschafft und wurde vom Ministier selbst beim Durchstöbern seiner Papiere überführt. In der Folge forderte Bülow Genugtuung vom König. Sämtliche Minister, Siméon an ihrer Spitze, schlossen sich an. Bercagny mußte seinen kompromittierten
Generalsekretär fallenlassen, der nach kurzer Haftzeit im Kastell zu Kassel des Landes verwiesen wurde − später arbeitete er jedoch wieder für die westfälische Polizei. Die Affäre führte jedoch dazu, daß der König Bercagnys Machtmonopol einschränken musste. Er enthob ihn seines Amtes als Generaldirektor und betraute ihn mit der wiederaufgelebten Polizeipräfektur der Stadt Kassel. In allen Departements fiel am 14.10.1809 die Hohe Polizei wieder den Präfekten zu und somit erlangte Siméon wieder mehr Einfluß auf die Gestaltung der Hohen Polizei.

Nach einer angeblichen Verschwörung, die im Mai 1811 als erfunden aufgedeckt wurde, verloren einige Geheimagenten Bercagnys ihre Stellungen. Ihm wurde infolgedessen die Polizeipräfektur entzogen, deren Aufgaben der König dem neuen Chef der Hohen Polizei seit April 1811, Jean François Marie de Bongars, übertrug. Bercagny wurde zunächst Kammerherr und Intendant der Schauspiele, was am Hof als Zeichen der Ungnade Jérômes gewertet wurde. Im November 1811 ernannte ihn der König zum Palastpräfekten und Oberintendanten der Schauspiele. 1812 wurde Bercagny schließlich als Präfekt in Magdeburg eingesetzt.


Weiterführend:

Rudolf Goecke, Das Königreich Westphalen. Sieben Jahre französischer Fremdherrschaft
im Herzen Deutschlands 1807–1813. Nach den Quellen dargestellt von R. Goecke. Vollendet und hg. von Theodor Ilgen, Düsseldorf 1888.

Wolfram Siemann, „Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung”. Die Anfänge der politischen Polizei 1806–1866, Tübingen 1985 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, 14).

Friedrich Thimme, Die inneren Zustände des Kurfürstentums Hannover unter der französisch-westfälischen Herrschaft 1806–1813, von der philosophischen Fakultät der Georg-August-Universität zu Göttingen mit dem ersten Preise der Beneke-Stiftung gekrönte Schrift, 2 Bde., Hannover, Leipzig 1893–1895.

Friedrich Thimme, Neue Mittheilungen zur Geschichte der hohen oder geheimen Polizei des Königreichs
Westfalen, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen 3 (1898), S. 81–147.

Nicola Peter Todorov, L’administration du royaume de Westphalie de 1807 à 1813. Le département de l’Elbe, Saarbrücken 2011.

Abb. Schnupftabakdose, bezeichnet „In vino veritas”, Manufaktur Stobwasser, 1. Drittel des 19. Jh. Im Hintergrund an der Wand ein Gemälde mit einem Portät Napoleons.

 

Quelle: http://naps.hypotheses.org/293

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