Schifffahrt und Handel auf dem Rhein vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Beiträge zur Verkehrsgeschichte

Der Rhein ist schon lange ein Thema in den Geschichtswissenschaften. Gleichwohl hat der Fluss in den letzten Jahren in besonderem Maße das Interesse der Forschung gefunden. Es erschienen zahlreiche Studien zur Rhein-Geschichte aus wirtschafts-, politik-  und kulturhistorischer Perspektive. Hierzu gehört auch der vorliegende Band, der verschiedene Aufsätze des ehemaligen Direktors des Düsseldorfer Stadtarchivs versammelt. Alle Beiträge sind bereits an anderen Orten publiziert worden, manche wurden für die Neuauflage geringfügig überarbeitet.

Auch wenn er gelegentlich bis in das späte Mittelalter zurückgreift, konzentriert sich von Looz-Corswarem in seinen Forschungen vor allem auf die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. In räumlicher Hinsicht stehen insbesondere die Städte Düsseldorf und Köln mit Mittelpunkt des Interesses.

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Quelle: http://histrhen.landesgeschichte.eu/2021/03/rezension-schifffahrt-und-handel-auf-dem-rhein-thiemeyer/

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Sklaven- und Dreieckshandel in skandinavischer Literatur, Kunst und Erinnerungskultur | Teil 3: Erinnerungsorte I


Erinnerungsorte I: Straßen in die Vergangenheit

Geschichte ist sichtbar. Im Stadtbild, in kulturellen Erzeugnissen und in Waren, die wie selbstverständlich zum Alltag gehören, deren Ursprung aber weit von Deutschland und Skandinavien entfernt liegt.

In den Städten mit langer Handelstradition wie Flensburg oder Kopenhagen ist die koloniale Vergangenheit allgegenwärtig. Auf unserer Exkursion haben wir uns nicht nur mit der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und ihrer unbestreitbar wichtigen Rolle für die kolonialen Bestrebungen Dänemarks auseinander gesetzt, sondern auch mit der damals ebenfalls zu Dänemark gehörenden Stadt Flensburg. Zwei dänische Städte, die am Dreieckshandel maßgeblich beteiligt waren. Der direkte Vergleich macht uns neugierig: Welche Besonderheiten prägen noch heute die Stadtbilder der beiden Städte?

Der Westindienspeicher in Flensburg. CC-BY Karina Henschel

Der Westindienspeicher in Flensburg.
CC-BY Lill-Ann Körber



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Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2938

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Die deutsche Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg (I)

So wie der Italienisch-Abessinische Krieg von Oktober 1935 bis Mai 1936, führte auch der Spanische Bürgerkrieg von Juli 1936 bis April 1939 zu erhöhtem Tonnagebedarf, den kleinere und mittlere deutsche Reedereien kompensierten.1

Die praktische Zusammenarbeit der deutschen Kriegsmarine mit der deutschen Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg kam nicht auf staatliche Anordnung zustande, sondern durch eine Anfrage der deutschen Kriegsmarine an deutsche Reedereien im Juli 1936. 2 Eine gemeinsame Interessenslage für die Zusammenarbeit war schnell gefunden: Die deutsche Kriegsmarine benötigte ab dem Juli 1936 für die Transporte nach Spanien und die Rückführungstransporte ins Deutsche Reich zusätzliche Tonnage, die die deutschen Reedereien bereitstellten.3

Am 26. Juli 1936 wurde im Reichsluftfahrtsministerium (RLM) in Berlin der Sonderstab W unter der Führung von Hermann Göring einberufen. Grund für die Einberufung des Sonderstabs war der am selben Tag erlassene Führerentscheid, nach dem General Franco auf dessen Bitte hin materielle und personelle Hilfe geleistet werden sollte.4 Im Sonderstab war die Kriegsmarine durch den Leiter der Schifffahrtsabteilung Karl Coupette (zugleich Verbindungsoffizier vom RVM) vertreten. Dieser sollte die Versorgung bzw. den Aufbau des Transportdienstes durch Sonderdampfer koordinieren.5

Transportrouten der deutschen Handelsschifffahrt

Bereits am 5. August 1936 wurde der erste Sonderdampfer der Afrika-Linien USARAMO nach Cádiz geschickt. Der zweite Sonderdampfer KAMERUN wurde jedoch vor Cádiz von republikanischen Seestreitkräften aufgehalten und musste nach Lissabon zurückkehren.6 Bis September 1936 mussten die Frachten der Sonderdampfer nach Lissabon verschifft und über Landweg nach Spanien gebracht werden. Nach September 1936 konnten Sevilla und El Ferrol direkt von den Sonderdampfern angesteuert werden, da diese nicht mehr von republikanischen Seestreitkräften bedroht waren. Die Heimreise nach deutschen Häfen erfolgte zur Übernahme der Erzladung über Huelva und Melilla. Auch von Stettin wurden am 25. September 1936 in zwei Großeinsätzen Nachschubtransporte an Flak, Wasserbomben, Munition, Nachrichtengeräte, Kampfwagen, Kraftfahrzeuge und Mannschaften verschifft. Diese Transporte wurden aus Geheimhaltungsgründen über Stettin geleitet, da vom Stettiner Hafen alljährlich umfangreiche Truppentransporte nach Königsberg in Ostpreußen gingen.

Deutsches Abkommen mit Franco

Bis März 1937 wurden weitere Sonderdampfer von Hamburg mit Lieferungen nach Spanien abgefertigt. Zwischen November 1936 und März 1938 wurden zudem vier kleinere deutsche Kriegsschiffe (Schnellboote) mittels größerer Sonderdampfer nach Spanien transportiert und in die franquistische Flotte eingereiht.7 Als Sonderdampfer wurden im Jahre 1936 auch spanische Beuteschiffe eingesetzt, die zur Hälfte mit deutscher Besatzung der Reederei Rob Sloman jr. und zur anderen Hälfte mit spanischer Besatzung unter Beaufsichtigung eines franquistischen Militärkommandos besetzt wurden. Diese Schiffe liefen auf ihrer Heimreise nach Hamburg bereits unter deutscher Flagge. Der für diese Angelegenheit im Dezember 1936 abgeschlossene Vertrag von Burgos zwischen der franquistischen Handelsmarine und der deutschen Regierung sah die Eigentumsübertragung von vier spanischen Beuteschiffen an die Reederei Rob Sloman jr. im Mai/Juni 1938 vor.8

Die aus Hamburg verschifften Freiwilligenkontingente, darunter Einheiten der Legion Condor, wurden ab Ende 1936 als „Reisegemeinschaft Union“ getarnt. Diese ähnelten den Kraft-durch-Freude-Fahrten (KdF-Fahrten).9 Für die Verschiffung der Legion Condor stellte die Hapag ab 1936 Schiffseinheiten „als Wohn- und Transportschiffe zur Verfügung.“10 Noch im Dezember 1936 wurden durch die deutsche Reederei Hansagesellschaft Aschpurwis & Veltjens 417 irische Freiwillige von Irland nach El Ferrol verschifft.11

Abwicklung der deutschen Schiffstransporte

Das Hamburger Speditionsunternehmen Mathias Rohde & Co Frachtkontor wickelte die geheim gehaltenen Transporte der Sonderdampfer, auf denen Wehrmachtsbestände und Zulieferungen von Privatfirmen verschifft wurden, kaufmännisch ab.12 Die Charterung der Sonderdampfer war wegen der guten Auslastung der deutschen Schiffe auf dem Weltfrachtmarkt und der besonderen Versicherungen für Schiff und Ladung bei Geheimhaltungspflicht ein äußerst schwieriges Unterfangen. Die Transportstücke wie Geschütze und Flugzeuglieferungen wurden in unscheinbar wirkenden Transportkisten verpackt und waren meist ohne Angaben von Absender und Empfänger markiert. Erst im späteren Verlauf wurden die Empfänger mit Farben und Zeichen markiert. Auch Sprengstoff und Munition wurde von Hamburger Hafenbehörden als normales Stückgut verpackt, während Dynamitlieferungen mit der frei erfundenen Bezeichnung „Astralit“ unerkennbar wurden. Ausgestattet mit einer zusätz-lichen Kurzwellenstation, besonderen Funkbeamten und einem Supercargo fuhren die deutschen Sonderdampfer auf der Hinreise unter Decknamen deutscher Schiffe, die sich sonst in Ostasien und Australien aufhielten. Auf der Heimreise entfiel der Deckname und die Schiffe galten dann als „Normaldampfer“.13

Der Eingang und Empfang der Lieferungen in Spanien wurde durch die im August 1936 neugegründete Compañía Hispano-Marroquí de Transportes Limitada (HISMA) kaufmän-nisch abgefertigt. Ihr Geschäftsführer wurde der deutsche Geschäftsmann Johannes Bernhardt. Die HISMA regelte als „Söldner-, Waffen- und Rohstofflieferant[…]“14 auch die Rückfracht, die fast ausschließlich aus Erztransporten bestand.15 Die im Oktober 1936 neugegründete ROWAK (Rohstoff- und Wareneinkauf Handelsgesellschaft m.b.H., Berlin) regelte den Eingang der spanischen Erzlieferungen in deutschen Häfen und vergab weitere Aufträge für Nachschubgüter, die aus Spanien angefordert wurden und die aus Wehrmachtsbeständen nicht geliefert werden konnten.16

weiter zu Teil II

 

  1. Vgl. Schmelzkopf, Reinhart: Die deutsche Handelsschifffahrt, 1919-1939. Oldenburg 1974/1975. S. 201.; Anm.: Neben den ersten Effekten von der Entflechtung der deutschen Großschifffahrt waren der kriegsbedingt erhöhte Tonnagebedarf mit entscheidend dafür, dass ausgegliederte deutsche Klein- und Mittelreedereien um 1935/1936 größtenteils in Gewinnzonen zurückkehrten konnten. (Vgl. Rübner, Hartmut: Konzentration und Krise der deutschen Schiffahrt: maritime Wirtschaft und Politik im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Bremen 2005. S. 329).
  2. Vgl. Jung, Dieter: Der Einsatz der deutschen Handelsschiffahrt während des Spanienkrieges 1936-1939, in: Marine-Rundschau 76 (1979), Nr. 5, S. 322-329. Hier S. 323.
  3. Vgl. Rübner 2005. S. 386.
  4. Anm.: Hintergrund der Unterstützung Francos seitens des Deutschen Reiches waren Zugriff auf rüstungswichtige Rohstoffen wie Eisenerz, Schwefelkies und Pyrites, die Erprobung neuer Waffensysteme, „strategische Bündnisüberlegungen (Einkreisung Frankreichs)“, „antikommunistische Grundeinstellung“. (Siehe Bernecker, Walther L./ Brinkmann, Sören: Kampf der Erinnerungen : der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft 1936 – 2006. Nettersheim 2006. S. 35).
  5. Vgl. Jung 1979. S. 322.; Seidel, Carlos Collado: Der Spanische Bürgerkrieg: Geschichte eines europäischen Konflikts. München 2010. S. 91.
  6. Vgl. Jung 1979. S. 323.; Schmelzkopf 1974/1975. S. 193.
  7. Vgl. Jung 1979. S. 324-328.
  8. Vgl. Jung 1979 S. 328.; Rübner 2005. S. 387.
  9. Vgl. Jung 1979 S. 323.
  10. Siehe Witthöft, Hans-Jürgen: HAPAG : Hamburg-Amerika-Linie. Herford 1973. S. 80.; Roth, Karl-Heinz: Ökonomie und politische Macht: Die „Firma Hamburg“ 1930-1945., in: Ebbinghaus, Angelika/Linne, Karsten: Kein abgeschlossenes Kapitel: Hamburg im „Dritten Reich“. Hamburg 1997. S. 15-177. Hier S. 48 u. 152.
  11. Vgl. Jung 1979. S. 328.
  12. Vgl. Jung 1979. S. 322.; Anm.: Die Spedition charterte Schiffe, schloss Verträge ab, erstellte Abrechnungen auch für Vorfrachten (Reichsbahn) und übernahm die Heranführung, Lagerung und Verteilung des Transportgutes.
  13. Vgl. Jung 1979. S. 323.
  14. Siehe Roth in: Ebbinghaus/Linne 1997. S. 48.
  15. Vgl. Jung 1979. S. 323.; Roth in: Ebbinghaus/Linne 1997. S. 48 u. 152.
  16. Vgl. Jung 1979. S. 323.

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Die deutsche Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg (II)

Deutsche Beteiligung an Geheimoperationen

Vom 6. November 1936 bis 18. November 1936 wurden im Unternehmen Rügenübung von Stettin und Swinemünde aus 3783 Offiziere und Mannschaften, 968 Kraftfahrzeuge und 1635 Tonnen Truppengut nach Spanien verschifft. Die Sonderdampfer wurden von deutschen Torpedobooten an der spanischen Küste geleitet.1 Die Geheimhaltung der Aktion blieb bestehen, bis das Statistische Reichsamt Berlin bemängelte, dass o. a. Ladungsmengen von Stettin aus nicht in Königsberg eingingen. Dieser Lapsus konnte durch den Sonderstab W wieder behoben werden. 2 Im Unternehmen Rügenübung wurde neben Schiffen von u.a. Rob M. Sloman, NDL, Hapag auch Schiffe von Knöhr & Burchard Nfl. als Sonderdampfer gechartert. 3

Bereits Ende 1936 zeichnete sich ab, dass die bisherige Geheimhaltung bezüglich der Sonderdampfer schwerlich aufrecht zu erhalten war und dass mittelfristig keine offiziellen Transporte unter deutscher Flagge mehr möglich waren. Trotz der deutschen Beteiligung am Waffenembargo gegen Spanien bis zum Juni 19374 und der Unterzeichnung der Nicht-Interventions-Vereinbarung im September 1936 beteiligte sich das Deutsche Reich wie Italien auf Seiten Francos in militärischen Geheimoperationen mit U-Booten, Kriegsmarine, aber vor allem mit ihrer Luftwaffe (Legion Condor) an allen wichtigen Schlachten im Spanischen Bürgerkrieg (z. B. Luftangriff auf Guernika im April 1937).5 Aus Gründen der Geheimhaltung der deutschen Transporte mit Kriegsgütern und Truppen durch die Sonderdampfer zu franquistischen Häfen wurden von April 1937 bis April 1939 die 100 Fahrten der Sonder-dampfer durch die neugegründete Reederei Aschpurwis & Veltjens unter Panamaflagge mit drei Sonderdampfern und zwei zusätzlichen Sloman-Dampfern durchgeführt. Für die Rückführung der Legion Condor nahm die Schifffahrtsabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKM) neben den fünf Sonderdampfern fünf weitere KdF-Schiffe in Zeitcharter. Ab Ende Mai 1939 fuhren diese alle unter deutscher Flagge von Vigo nach Hamburg.6

Evakuierungsfahrten und Rückführungen von Handelsgütern

Parallel zu den Fahrten der Sonderdampfer kam es im Zeitraum vom 18. Juli 1936 bis Mitte Oktober 1936 zu Evakuierungsfahrten von Ausländern und Deutschen sowie Rückführungen von deutschen Handelsgütern (z.B. Kraftfahrzeugen) durch deutsche Kriegs- und Handelsschiffe.7 Da die rotspanische Handelsflotte nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges auflag, übernahmen deutsche Reedereien wie Rob Sloman jr. und DG „Neptun“, meist unter Schutz der deutschen Kriegsmarine8, einen Großteil des seewärtigen Warenverkehrs nach republikanischen Häfen, die zunehmend zum Kriegsgebiet wurden.9 Obwohl die Reederei Rob Sloman jr. im Herbst 1936 ihre Fahrten zu republikanischen Häfen wie Malaga aufgrund von Luftbombardements einstellen musste, übernahm noch im September 1936 die DG „Neptun“ den Liniendienst zu republikanischen Häfen wie Barcelona, Tarragona, Valencia, Allicante und Cartagena.10

Nach Abbruch der Schifffahrtbeziehungen zur Spanischen Republik begannen deutsche Reedereien (u.a. Rob Sloman jr.) ab dem Frühjahr 1937 den Schifffahrtsverkehr zu franquistischen nordspanischen (u.a. Vigo, Bilbao) und südspanischen (u.a. Malaga, Huelva, Sevilla) Häfen zu intensivieren.11

Die Rolle der deutschen Handelsschiffe im Spanischen Bürgerkrieg

Bei der Zusammenarbeit der deutschen Kriegsmarine und militärischen Behörden im Spanischen Bürgerkrieg kamen den deutschen Handelsschiffen mit ihren Nachschubtransporten von kriegswichtigen Rohstoffen zu franquistischen Häfen eine wichtige Ergänzungsfunktion zu. Zahlreiche Reedereien der RVS verschifften im Spanischen Bürgerkrieg Erz, Pyrit, Schwefelkies und Kohle zwischen der deutschen Kriegsindustrie und den Industriestätten Francos und deckten damit, im Rahmen des kriegswirtschaftlich bedeutenden II. Vierjahresplans, den Mehrbedarf an Tonnage für kriegswichtige Rohstoffe ab. Zusätzlich kamen deutschen Handelsschiffen auch bei der Verschiffung von Militärgut im Unternehmen Rügenübung eine wichtige Rolle zu, bei dem die enge Zusammenarbeit von Handelsschifffahrt und Kriegsmarine erforderlich war.

Blümel, Jonathan (2015): Die deutsche Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg In: JBS History Blog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 

  1. Vgl. Jung 1979. S. 327.
  2. Vgl. Jung 1979. S. 324.
  3. Vgl. Jung 1979. S. 327.
  4. Anm.: Als Teil der internationalen Seeblockade aus England, Frankreich, Italien, Deutsches Reich zur Durchsetzung eines Waffenembargos gegen Spanien kontrollierten deutsche Kriegsschiffe einen Küstenbereich im Mittelmeer zwischen Almería und Valencia. Nach mehrfachen Bombardierungen deutscher Kriegsschiffe (u.a. LEIPZIG) und der Uneinigkeit mit Frankreich und Großbritannien über die Sanktionierung der Vorfälle, hob das Deutsche Reich 24. Juni 1937, wie Italien, seine weitere Teilnahme am Waffenembargo auf. (Vgl. Eberle, Henrik/ Uhl, Matthias: Das Buch Hitler. Köln 2007. S. 65.; Padelford, Norman J.: Foreign Shipping During the Spanish Civil War, in: The American Journal of The American Journal of International Law, Vol. 32, No. 2 (Apr., 1938). S. 264-279. Hier S. 268.
  5. Vgl. Seidel Collado 2010. S. 103.; Eberle/ Uhl 2007. S. 27.
  6. Vgl. Jung 1979. S. 322 u. 326-327.
  7. Anm.: Bis Mitte Oktober 1936 wurden insgesamt 15317 Personen rückbefördert, darunter 5539 Deutsche und 9778 Ausländer (Vgl. Kpt. Lt. Giese: Deutsche Schiffe im Ausland, in: „HANSA“, Deutsche Schiffahrtszeitschrift, Jg. 73, November 1936. S. 2248.; Schmelzkopf 1974/1975. S. 18).
  8. Anm.: Neutrale ausländische Handelsschiffe sahen sich durch die Kontrollen ihrer Schiffe durch rotspanische Kriegsschiffe, den Seeminen, unangekündigten Bombardements durch die rotspanische Luftwaffe und Torpedos durch rotspanische U-Boote bedroht und wurden daher weitestgehend durch Kriegsschiffe ihrer jeweiligen Länder eskortiert und im Zweifelsfall verteidigt. (Vgl. Padelford 1938. S. 264 u. 266).
  9. Anm.: Noch im Dezember 1936 und im Januar 1937 kam es zu kurzzeitigen Kaperungen von deutschen Dampfern durch rotspanische Kriegsschiffe in der Nähe von Bilbao. (Vgl. Schmelzkopf 1974/1975 S. 195).
  10. Vgl. Rübner 2005. S. 386-387.
  11. Vgl. Hieke, Ernst: Rob. M. Sloman jr.: errichtet 1793. Hamburg 1968. S. 279.; Rübner 2005. S. 386.

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13. Interdisziplinäre Sommerakademie des Zentrums für Mittelalter- und Renaissancestudien (ZMR) „Piraten“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München (02. bis 06. September 2013)

By Astrid Riedler-Pohlers, Claudia Hefter, Anil Paralkar
Veranstalter: Zentrum für Mittelalter- und Renaissancestudien an der Ludwig-Maximilians- Universität, München
Organisation: Prof. Dr. Eva Haverkamp, Dr. Karoline Döring
Datum, Ort: 02. bis 06. September 2013, München

Die Seeleute (K.Döring, 2013)

Die Seeleute
(K.Döring, 2013)

Das Zentrum für Mittelalter- und Renaissancestudien der Ludwig-Maximilians-Universität München, hervorgegangen aus dem Projektforum Mittelalter und frühe Neuzeit, widmet sich seit seiner Gründung im Jahre 2008 der Erforschung und Lehre im Bereich der mediävistischen Wissenschaften. Dabei stützt sich das Zentrum auf über 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus sechs unterschiedlichen Fakultäten. Auch in diesem Jahr konnten die Teilnehmenden der mittlerweile 13. Sommerakademie von dieser einmaligen Vielfalt interdisziplinärer Forschung profitieren. Vom 2. bis 6. September 2013 stand die Veranstaltung dieses Jahr unter der Flagge der „Piraten“.

So stach am Montag eine Crew aus 30 Studierende internationaler Universitäten in See, um gemeinsam mit Kapitän Eva Haverkamp (Mittelalterliche Jüdische Geschichte) und Steuerfrau Karoline Döring (Mittelalterliche Geschichte) die schwierigen Gewässer um den Begriff „Piraterie“ herum zu befahren. Als Grundlage diente eine Einführung in die teilweise unklare Terminologie, wie beispielsweise dem Unterschied zwischen Pirat und Kaperfahrer. Ein weitreichender Fragenkatalog sollte Denkanstöße für die Module der kommenden Tage geben. Ein Versuch das Phänomen zu lokalisieren führte dessen Internationalität vor Augen. Besondere Berücksichtigung fand dabei die Perspektive jüdischer Kaufleute als Opfer von Piraterie im Indischen Ozean.

Im Anschluss präsentierte Albrecht Berger (Byzantinistik) eine umfassende Darstellung der „Pirates of the Aegean – Piraten im griechisch-byzantinischen Raum von der Spätantike bis zum 15. Jahrhundert“. Hierbei zeigte, er dass Völkerwanderungen häufig mit Piraterie einher gingen. Eine besondere Rolle kam dabei Kreta zu, welches als Tor zur Ägäis häufig als Piratennest diente. Im Zuge seiner Ausführungen wies er auf Piraten als populäres literarisches Motiv seit der Spätantike hin. Die Breite des Themas regte dazu an, sich mit den einzelnen Zeitabschnitten noch einmal im weitergehenden Studium gezielt zu befassen.

Unter dem Motto „Piraterie und Kaperfahrt im spätmittelalterlichen Hanseraum“ gab Kilian Bauer (Mittelalterliche Geschichte) einen Einblick in Welt und Struktur der deutschen Hanse. Daraufhin stellte er die dortigen Ursachen für Seeraub und Kaperei in den Raum. Zu einer ausführlichen Diskussion führte die Frage nach dem Selbstverständnis, der Organisation und dem Alltagsleben der Vitalienbrüder. Auch die Interaktion lokaler Machthaber mit den Vitalienbrüdern spielte eine große Rolle.

Der Kapitän mit einem Teil der Mannschaft. Erste Beute (K. Döring, 2013)

Der Kapitän mit einem Teil der Mannschaft: I. Fees, A. Riedler-Pohlers, C. Hefter, J. P. Schirrmacher, A. Paralkar (von links nach rechts). Erste Beute
(K. Döring, 2013)

Inhaltlich schloss Romedio Schmitz-Esser (Mittelalterliche Geschichte) mit dem Thema „Der Leichnam der Piraten (Sterben auf See, Exekution von Piraten)“ unter besonderer Berücksichtigung des norddeutschen Raums an. Der Tod eines Christen auf See stellte ein spezielles Problem dar, weil nicht nur medizinische, sondern auch religiöse Vorstellungen beachtet werden mussten. Im zweiten Abschnitt seines Moduls ging der Dozent auf die öffentliche Hinrichtung von Piraten ein, welche eine abschreckende Wirkung für andere Piraten und ein Gefühl von Sicherheit für die Bevölkerung erzeugen sollte. Dazu diente auch die Wahl der Richtstätte, wie zum Beispiel des Grasbrooks in Hamburg, wo man zwei genagelte Schädel gefunden hat. Zuletzt wurde auf die heutige Medialisierung von Piraten am Beispiel der Gesichtsrekonstruktion des Seeräubers Klaus Störtebeker eingegangen.

Zu Beginn des zweiten Tages stellte Hans-Georg Hermann (Rechtsgeschichte) in seinem Modul „Keine Krankheit und doch von großem Übel: Grundruhr und Strandrecht“ die Definitionen dieser beiden Begriffe vor. Danach stand stets die Frage im Mittelpunkt, ob sich Aneigner fremder Sachen im legalen oder illegalen Bereich bewegten. Hierbei sprach der Dozent nicht nur Beispiele aus der Seefahrt an, sondern ging auch auf die Flussschiffahrt ein. Anhand des Sachsenspiegels und zahlreicher anderer Quellen wurde der signifikante Bedeutungswandel dieses „etablierten Rechtsinstituts“ veranschaulicht. Dieses wurde im Laufe der Geschichte je nach Deutungshoheit des Gesetzgebers kriminalisiert oder schließlich in Form von Bergelohn legalisiert.

Ihren Blick auf Italien und das Mittelmeer richtete Irmgard Fees (Historische Grundwissenschaften) mit der Betrachtung der „Gefahren des Meeres – aus der Sicht venezianischer Kaufleute des 12. Jahrhunderts“. An Hand einer Urkunde des Jahres 1112 führte sie in den Aufbau venezianischer Handelsgesellschaften ein. Unter Berücksichtigung der Handelsrouten wurden Abwehrmaßnahmen der Gesellschaften gegen Piraterie erläutert, wozu Schiffskonvois und Risikostreuung unter den Gesellschaftern dienten. Der stark diplomatische Zugang ermöglichte eine Erweiterung des Blickwinkels bei der Quellenexegese über die rein inhaltliche Betrachtung hinaus.

Arbeit an Deck (K. Döring, 2013)

Die Arbeit an Deck
(K. Döring, 2013)

Karl Borchardt (MGH) präsentierte im ersten Nachmittagsmodul „Piraterie im östlichen Mittel¬meer im Umfeld der Johanniter“. Nachdem sich die Johanniter auf Rhodos niedergelassen hatten, zählte besonders die Bekämpfung der muslimischen Seeräuberei zu ihren Hauptaufgaben. Unterstützung bei diesem Vorhaben fanden sie in Katalonien und in den italienischen Hafenstädten. In ihrem Vorgehen unterschieden sie sich häufig nicht von ihren Gegnern. Noch heute finden sich auf dieser damals strategisch so wichtigen Insel Überreste, die auf die einstige Existenz des Johanniterordens hinweisen. Neben den Ruinen von Zuckerrohrmühlen lebt ihr Andenken vor allem auch in den Straßennamen der Insel weiter, wie es zum Beispiel die Rittergasse heute erahnen lässt.

Erstmalig nahm dieses Jahr auch die Arabistik an der interdisziplinären Sommerakademie teil, vertreten durch Daniel Potthast (Arabistik) mit dem Thema „Die Sicherung der Seewege – Initiativen gegen Piraterie im Schriftverkehr zwischen Aragon und Granada“. Nach einer Einführung in die arabische Begrifflichkeit und die islamische Expansion, wurden völkerrechtliche Grundlagen auf der iberischen Halbinsel besprochen. Im Anschluss an einen Überblick zur Quellenlage folgte die Analyse des diplomatischen Austauschs zwischen Aragon und Granada in Bezug auf freibeuterische Aktivitäten. Besonders beeindruckte das weitreichende Informationsnetz Granadas, welches auch Schäden der einfachen Bevölkerung zur Kenntnis nahm. Zuletzt ging der Dozent auf die besonderen Charakteristika arabischer Briefe ein, was zu einer angeregten Diskussion führte.

Anthony Hu (Sinologie) leitete den dritten Tag der Sommerakademie mit dem Thema „Maritime Traders, Smugglers and Pirates: A Brief Introduction to Piracy in China during the period roughly between the 15th and 18th centuries“ ein. Von besonderem Interesse waren dabei die Gründe für chinesische Piraterie, welche vor allem in Armut und Rebellion gegen den Staat lagen, wobei staatlich auferlegte Handelssperren für den Seeverkehr ebenfalls dazu beitrugen. Folglich war der Übergang zwischen Seekaufleuten, Schmugglern und Piraten häufig fließend. Dies zeigte Anthony Hu an Hand der drei großen Phasen chinesischer Piraterie auf (bis Mitte 3. Jahrhundert, bis Anfang 10. Jahrhundert, 15.-18. Jahrhundert), wobei er besonders auf die späteste Phase einging. Gleichzeitig erläuterte er auch die Machtposition der Piraten, welche zeitweilig Züge eines eigenen Staatsbildungsprozesses annahm.

Roman Deutinger (Mittelalterliche Geschichte) präsentierte „Nordmänner, Dänen, Waräger“ und stellte die Frage „Wer waren die Wikinger?“. Ausgehend von ihrer etymologischen Abstammung erläuterte er die Unterschiede zwischen den nordischen Seevölkern und grenzte die Epoche ihrer Herrschaft zeitlich ab. Außer auf Schiffsbau und Kampftaktik ging der Dozent besonders auf die Motivation der Nordmänner auf víking-Fahrt zu gehen, ein. Das Modul endete mit einem Einblick in die spannende Harald-Hardrades-Saga.

Landgang (K. Döring, 2013)

Der Landgang
(K. Döring, 2013)

Den Nachmittag gestaltete Tanja Jorberg (Kunstgeschichte) im Rahmen einer Führung durch die Alte Pinakothek. Dabei stand „Das neue Raumbewusstsein der Renaissance im Spiegel der Kunst“ im Fokus der Aufmerksamkeit. Den Einstieg bildeten Seedarstellungen von Jan Brueghel d. Ä.. Später führte der Weg in der Pinakothek zu mittelalterlichen Goldgrundbildern und religiösen Darstellungen bei Rembrandt van Rijn, sowie zum Selbstbildnis von Albrecht Dürer. Leider fehlte bei den späteren Ausführungen der Zusammenhang zum Thema der Sommerakademie. Dennoch sollte der Besuch der Alten Pinakothek als Programmpunkt der Akademie beibehalten werden.

Der letzte Tag der Sommerakademie begann mit einem Vortrag von Ulrike Krischke (Anglistik) und Judith Huber (Anglistik), welche gemeinsam über „Pirates, Coursaires, and Skummers of the sea – Eine Begriffsgeschichte“ sprachen. Dies leiteten sie mit einem Überblick über die englische Sprachentwicklung und die englische Piraterie bis zur Frühen Neuzeit ein. Im zweiten Teil des Vortrags wurde vor allem die Entwicklung verschiedener nautischer Begriffe, wie auch der Bezeichnungen für Seeräuber in der englischen Sprache, erläutert. Insbesondere im Altenglischen wurden Freibeuter dabei gerne mit Wikingern assoziiert. Zusätzlich zeigte sich, dass die Begriffe für verbrecherische Piraten und staatlich legitimierte Kaperfahrer fließend waren und eine klare Trennung kaum möglich ist.

„Die zeitgenössische (und moderne) Wahrnehmung der Wikinger am Beispiel Irland“ war Gegenstand des Moduls von Sebastian Zanke (Mittelalterliche Geschichte). Er begann mit einer Einführung zur Geschichte des frühmittelalterlichen Irlands und ging auch auf die Quellenlage ein. Die Analyse der Annals of Ulster diente der genaueren Datierung der beiden großen Phasen von Wikingereinfällen sowie der Untersuchung, wie deren Wahrnehmung in den Quellen greifbar wird. Dabei entstand eine Diskussion über die Begriffsentwicklung, die die zunehmende Integration der neu angesiedelten Wikinger und deren Auswirkungen aufzeigte.

Anschließend setzte sich Anita Sauckel (Nordistik) mit „Óláfr Haraldsson“ auseinander, der als „Pirat und Nationalheiliger“ Gegenstand der Skaldendichtung war. Nach der Vorstellung der verfügbaren lateinischen und altisländischen Quellen zu Óláfr präsentierte die Dozentin seinen Lebenslauf, der geprägt war von Vikingfahrten und Konflikten um den Herrschaftsanspruch in Norwegen. Obwohl seine Taufe keine Erwähnung fand, wurde Óláfr bereits zwei Jahre nach seinem Tod heilig gesprochen. Dies führte zu einer interessanten Debatte darüber, ob man gleichzeitig Pirat und Nationalheiliger sein konnte.

Die Gastcrew aus Moskau beim zweiten Landgang zu den MGH (K. Döring, 2013)

Die Gastcrew aus Moskau beim 2. Landgang zu den MGH
(K. Döring, 2013)

Eine freie Abschlussdiskussion ermöglichte eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Sommerakademie. Hier ruderte man zur ersten Sitzung und der Problematik der Terminologie zurück. Ein Versuch eine eigene Definition von Pirat / Kaperfahrer etc. zu finden, zeigte deutlich, wie schwer es ist, eine klare Abtrennung zu treffen. Besondere Aufmerksamkeit fand dabei die Unterscheidung zwischen Selbstverständnis und Fremdzuschreibung der Seeräuber. Ein Diskussionspunkt war auch Piraterie als Werkzeug zur Kreation und Etablierung von Herrschaft. Daran schloss sich ein allgemeines Feedback an, welches über die Erwartungen der Teilnehmenden an die Sommerakademie resümierte.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Sommerakademie mit ihrer interdisziplinären Herangehensweise und ihrem weitem Blick über etablierte geographische und zeitliche Grenzen hinaus den Studierenden einen Zugang zur bisher wenig erforschten Geschichte der Piraterie von der Spätantike bis zur Frühen Neuzeit ermöglichte. Dadurch konnten bisherige Klischees über Seeräuber, die vor allem durch Romane und Filme über das goldene Zeitalter der Piraterie geprägt waren, gegen historisch fundierte Zugänge ersetzt werden. Leider konnten trotz des sehr breiten und abwechslungsreichen Programms Themen der Lebenswirklichkeit der Piraten (z. B. Schiffsbau, Erkennungszeichen und Selbstverständnis) nur wenig behandelt werden. Trotz starker Bemühung konnte eine chronologische und thematische Abfolge der Kurseinheiten nicht immer eingehalten werden. Die sehr quellennahe Arbeit schuf jedoch die Grundlage für eine stets sehr angeregte und angenehme Diskussionsatmosphäre. Diese wurde zudem durch die Teilnahme fünf russischer Studentinnen der HSE unter der Leitung von Michail A. Bojcov, welche eigens zur Sommerakademie aus Moskau angereist waren, stark gefördert. Durch die gute Zusammenarbeit sowohl der Teilnehmenden als auch des sehr engagierten Dozierendenteams kann die Sommerakademie als voller Erfolg verstanden werden. Wir würden uns freuen in den kommenden Jahren weiterhin in diesem Fahrwasser mitsegeln zu können und wollen mit einem lauten, bejahenden „ARRRR“ enden! Schiff ahoi!

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/2728

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Ein mobiles Medium? – Schiffszeitungen als Spiegel sozialer Konstruktionen auf interkontinentalen Schiffen im 19. Jahrhundert

 

Im Zentrum des Dissertationsprojektes stehen Schiffszeitungen, die von Passagieren während interkontinentaler Überfahrten im 19. Jahrhundert geschrieben und hera2usgegeben wurden. Da Schiffsreisen zu dieser Epoche noch mehrere Wochen bis Monate dauerten – abhängig von Ziel, Reiseroute und Schiffsgesellschaft – entwickelte sich der Alltag an Bord sehr schnell zu einer monotonen Routine, in die durch verschiedenen Unterhaltungsmaßnahmen wie Konzerte, Sportevents oder Schiffszeitungen Abwechslung gebracht werden sollte. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf Zeitungen, die vor der Erfindung des Funkverkehrs an Bord der Schiffe geschrieben wurden. Dieser Aspekt ist entscheidend, da die Passagiere bis dahin während der Reise von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt abgeschottet waren und dementsprechend fast ausschließlich über die Geschehnisse an Bord und somit über sich selbst reflektieren. Im Gegensatz zu anderen Quellen, die vor allem an Bord von Auswandererschiffen im 19. Jahrhundert entstanden (wie Tagebücher oder Briefe), hat die historische Forschung Schiffszeitungen bisher keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt, sodass das Projekt die erste Untersuchung dieses bisher komplett übersehenen Quellentypus darstellt.

Die Zeitungen erinnern in ihrer Erscheinung und Machart an Schüler- oder Studentenzeitungen. Sie wurden mit einfachsten Mitteln produziert, mit Hilfe kleiner Druckpressen oder mit der Hand geschrieben, in den meisten Fällen ohne die Beteiligung professioneller Journalisten oder Redakteuren und ausschließlich an die kleine Rezipientengruppe der Passagiere an Bord gerichtet. Sie erschienen  mehr oder weniger regelmäßig an Bord, teilweise wöchentlich, oftmals aber auch mehrmals in der Woche und imitieren sowohl in ihrem Aufbau als auch in ihrem Stil „gewöhnliche“ Zeitungen des 19. Jahrhunderts. Die Tatsache, dass sich bis heute ein so guter Quellenbestand erhalten hat, ist dabei ohne Zweifel dem „Souvenircharakter“ der Zeitungen geschuldet. In einem Großteil der Fälle konnten sich die Passagiere noch während der Überfahrt für einen professionellen Nachdruck der Zeitungen anmelden, der dann nach der Ankunft im Zielhafen in einer lokalen Druckerei in Auftrag gegeben wurde.

Interessanterweise werden fast alle Schiffszeitungen ausschließlich von und für die Passagiere der Ersten und Zweiten Klasse he rausgegeben, wobei teilweise sogar ein offizielles Verbot besteht, die Zeitungen auch unter den Passagieren der dritten Klasse zirkulieren zu lassen. Dies führte in einigen Fällen dazu, dass sich die Passagiere der dritten Klasse dermaßen aus der Passagiergemeinschaft ausgeschlossen fühlten, dass sie ihre eigene Schiffszeitung ins Leben riefen, wie beispielsweise im Fall der „Zeelandia Free Press“. Diese Zeitung wurde 1884 an Bord der „Zeelandia“ von den Passagieren der dritten Klasse gegründet. Diese hatten zuvor feststellen müssen, dass es ihnen nicht erlaubt war, die bereits bestehende Schiffszeitung der ersten und zweiten Klasse, die sogenannte „Look-Out“, zu lesen. Demensprechend titulierte sich die „Zeelandia Free Press“ selbst als „an opposition newspaper“ deren Veröffentlichung nach vier Ausgaben zur Einstellung des Konkurrenzblattes der ersten und zweiten Klasse führt. Das Projekt untersucht somit eine Reihe von sozialen Gruppen, deren einziger Berührungspunkt die Reise sowie der gemeinsame Raum des Schiffes ist und die so divers sind, dass sie sogar die Notwendigkeit sehen, sich eine eigene Präsenz in der Bordpresse zu sichern.

Schiffszeitungen spiegeln den sozialen Mikrokosmos, der sich in dem eng begrenzten Raum ausbildete, auf bemerkenswerte Weise wider und sind gleichzeitig ein Konstrukt der dortigen sozio-kulturellen Konfigurationen. Die Passagiere, die nicht nur verschiedenen Nationen, sondern auch den unterschiedlichsten sozialen Milieus entstammten, hatten an Bord kaum eine Möglichkeit sich zu ignorieren. Demensprechend lassen sich Phänomene wie Gruppenbildung und soziale Distinktionen, aber auch die Erwartungshaltung gegenüber den neuen Kontinenten inn1
erhalb der „Zufallsgemeinschaft“ der Reisenden in den Schiffszeitungen hervorragend ablesen.

Die bisherige historische Forschung, die sich mit der Globalisierung im 19. Jahrhundert beschäftigt, hat sich bisher vor allem auf die Anfangs- und Endpunkte globaler Verbindungen konzentriert. Im Gegensatz dazu steht in diesem Dissertationsprojekt der Zeitraum zwischen dem Moment, in dem die Passagiere an Bord gehen und dem Augenblick, in dem sie in der „neuen Welt“ ankommen, im Mittelpunkt. Es gilt dementsprechend, die Weltmeere nicht als „leeren“ historischen Raum zu verstehen, sondern im Gegenteil mithilfe der einzigartigen Quellen der Schiffszeitungen zu untersuchen, was diese Figur der zeitlichen und räumlichen Transition für die Akteure bedeutete.

Das Projekt ist nicht primär als eine medienhistorische Arbeit konzipiert, sondern möchte vor allem einen Beitrag zur Geschichte der Globalisierung im 19. Jahrhundert leisten. Die Akteure der Globalisierung, die hier untersucht werden, verbinden durch ihre Reise einerseits Kontinente miteinander, auf der anderen Seite sind sie während der Transition komplett von jeglichem Kontakt abgeschnitten. Diese außeralltägliche sozial-kulturelle Konfiguration findet ihre Repräsentation in den materialen schrifttragen Artefakten, den Schiffszeitungen, welche in meinem Dissertationsprojekt als ein „mobiles Medium“ verstanden werden.

Abbildungen:

Emperor of India off Bournemouth Pier

Steamer “Claudine” leaving Honululu

Alle Abbildungen: public domain.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1088

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