Europe 14|14

Die Bundeszentrale für politische Bildung veranstaltet vom 7. bis zum 11. Mai 2014 den History Campus in Berlin. Ziel des Festivals ist es 500 junge Menschen aus ganz Europa zusammen zu bringen. Im Maxim Gorki Theater besteht dann die Gelegenheit sich in verschiedensten Workshops mit dem Ersten Weltkrieg und seinen Auswirkungen zu beschäftigen.

"Auf meinem Poster ist Pegasus als Vogel in einem Käfig dargestellt. […] Damit ist die Europäische Union gemeint, die sich sehnt wie Phoenix aus der Asche zu erstehen." (© Daniel Horowitz/bpb)

“Auf meinem Poster ist Pegasus als Vogel in einem Käfig dargestellt. […] Damit ist die Europäische Union gemeint, die sich sehnt wie Phoenix aus der Asche zu erstehen.” (© Daniel Horowitz/bpb)

DEin Blick in das Workshop-Programm des  Campus verspricht eine Mischung unterschiedlichster Blickwinkel auf den Ersten Weltkrieg. Die Workshops sind in vier Kategorien eingeteilt: Geschichte analysieren, Geschichte  - Erinnern und Gedenken, Geschichte digitalisieren, Geschichte inszenieren.

Dabei gibt es vom Workshop zu Mythen und Geschichtsbilder über den Ersten Weltkrieg über ein Planspiel, in dem die Friedensverträge neu verhandelt werden sollen, auch einen History Hackathon, ein kreatives Experimentierlabor “World War One meets Web 2.0″ und eine Schreibwerkstatt, die sich kreativ mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzt, um nur einige der Workshoptitel zu nennen, die alle hier zu finden sind.

Das Angebot richtet sich an junge Leute zwischen 18 und 25 Jahren, insgesamt werden 500 Teilnehmer eingeladen nach Berlin zu kommen. Die Reisekosten und die Unterkunft im Hostel werden von der bpb übernommen. Mehr zum History Campus auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1456

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Beatrix Dietel: Sachsens Landesuniversität zwischen Selbstverwaltung und Staat. Eine Untersuchung zur sächsischen Hochschulpolitik in der Weimarer Republik. Workshop Weimar / Institutionengeschichte

Abstract.

Die Erkenntnis, daß die deutschen Monarchien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts der Wissenschaftsförderung einen hohen Stellenwert beigemessen haben, zählt mittlerweile zum bildungsgeschichtlichen Allgemeingut. Die Frage, wie die Regierungen der Weimarer Republik unter den weitaus schwierigeren politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der 1920er und frühen 1930er Jahre mit diesem Erbe umgegangen sind, ist hingegen bisher nur unzureichend untersucht.
Die vorliegende Studie geht dieser Frage am Beispiel der sächsischen Landesuniversität nach. Hochschulpolitik, verstanden als Interaktion zwischen der staatlichen Hochschulverwaltung und der universitären Selbstverwaltung, wird dabei an ausgewählten Kernthemen exemplarisch untersucht und ihre Ergebnisse diskutiert. Neben der Entwicklung der universitären Selbstverwaltung, den beamtenpolitischen Weichenstellungen in Gestalt der Besoldungs- und Ruhestandsbedingungen der Professoren sowie den Professorenberufungen bildet die Hochschulfinanzierung den Untersuchungsgegenstand. Vorangestellt ist diesen inhaltlich akzentuierenden Überlegungen ein Aufriß der hochschulpolitischen Verwaltungsstrukturen.
Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Hochschulpolitik waren im Sachsen der 1920er und 1930er Jahre ähnlich ungünstig wie in anderen deutschen Staaten auch: Politische Instabilität und mangelnde Kontinuität in der Regierungsführung zählten auch im neugeschaffenen Freistaat zu den Strukturmerkmalen der jungen Republik. Von den wirtschaftlichen Krisen der Weimarer Jahre, insbesondere der Weltwirtschaftskrise, war der hochindustrialisierte Kleinstaat aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur sogar stärker als andere deutsche Staaten betroffen. Nicht nur gemessen an dieser ungünstigen Ausgangslage ist die Bilanz der sächsischen Hochschulpolitik in der Weimarer Republik eine positive: So blieb die (Teil-)Autonomie der akademischen Selbstverwaltungsorgane – entgegen aller Befürchungen – weitgehend unangetastet. Im Zuge der beamtenrechtlichen Reformen der Weimarer Jahre erreichten die sächsischen Professoren ausgesprochen günstige Besoldungs- und Ruhestandsbedingungen. Mit der Einführung der Emeritierung als Standard des akademischen Ruhestands hat sich die Rechtssituation im Vergleich zur Monarchie sogar verbessert.
Wie die Analyse der Berufungen zeigt, gelang es der sächsischen Hochschulverwaltung auch nach 1918, zugkräftige Professoren für die Ordinariate der sächsischen Landesuniversität zu gewinnen. In immerhin drei Vierteln der Fälle bildete Leipzig die Endstation der akademischen Karriere. Abwerbungen von Leipziger Ordinarien gelangen nur selten, wenn dann führte der Weg zumeist an die große Schwester Berlin, in einigen Fällen auch nach München.
Der Freistaat förderte den personellen und infrastrukturellen Ausbau der Landesuniversität – wie auch der übrigen sächsischen Hochschulen – durch großzügige Investitionen. Mit durchschnittlich fünf Prozent des Gesamthaushalts lag der Anteil der Hochschulausgaben auf dem für 1914 errechneten Vorkriegsniveau. In der Phase der wirtschaftlichen Konsolidierung Mitte der 1920er Jahre sind die Hochschulausgaben sogar stärker als der Staatshaushalt gewachsen. Zu einem Einbruch in der Wissenschaftsfinanzierung kam es erst infolge der Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre.
Daß trotz mangelnder politischer Kontinuität auf der Regierungsebene eine leidlich kontinuierliche Linie in der Hochschulpolitik gelang, verdankt sich in erster Linie dem Wirken der sächsischen Hochschulreferenten. Gegenüber wechselnden Regierungen und Kultusministern bildete das Hochschulreferat im sächsischen Kultusministerium nicht nur das Element leidlicher Kontinuität, es entwickelte sich vielmehr zur eigentlichen Schaltzentrale der Hochschulpolitik in den 1920er und frühen 1930er Jahren. Paradoxerweise war daher eine „einheitliche Linie“ in der Hochschulpolitik – jenseits parteipolitischer Programmatik – nicht trotz sondern wegen mangelnder politischer Kontinuität auf der Regierungsebene möglich.
Die im Rahmen der Studie gewonnenen Einblicke in die sächsische Hochschulpolitik der Weimarer Republik verdanken sich nicht zuletzt einer überaus günstigen Quellenlage: So hat etwa die Überlieferung des sächsischen Kultusministeriums nahezu ohne „Kriegsverluste“ überdauert. Schlüsselquelle zur Untersuchung der Hochschulfinanzierung sind die jährlich vorliegenden Rechenschaftsberichte zum sächsischen Staatshaushaltsplan. Sie ermöglichten nicht nur eine detaillierte Analyse der Hochschulausgaben des sächsischen Staates, sondern auch den Vergleich der Ausgaben für die einzelnen sächsischen Hochschuleinrichtungen. Jenseits der für die Universitätsgeschichte unlängst kritisierten „Finanzgeschichte ohne Zahlen“ kann somit eine fundierte statistische Analyse vorgelegt werden. Den methodischen Problemen, die sich aus dem zweimaligen Währungswechsel sowie den Verzerrungen durch die Inflation ergeben ist dabei durch Korrelation der aus den Rechenschaftsberichten gewonnenen Rohdaten mit dem Lebenshaltungsindex der jeweiligen Jahre begegnet worden.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1662

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Daniel Rittenauer: Verortung bayerischer Landessymbole in der Weimarer Republik. Workshop Weimar / Institutionengeschichte

Abstract.

Die Weimarer Republik war die längste Zeit ihres Bestehens geprägt von Auseinandersetzungen zwischen politischen Lagern und Ideologien. Auf symbolischer Ebene und in breiter Öffentlichkeit wurden diese im Reich besonders im so genannten Flaggenstreit ausgetragen, in dem die Farben der Republik schwarz-rot-gold denen des vergangenen Kaiserreichs schwarz-weiß-rot gegenübergestellt wurden.
Auf Landesebene fand der Flaggenstreit auch Ausdruck, indem es besonders Ende der 1920er Jahre zu Konflikten um den durch den bayerischen Staat abgelehnten Gebrauch von schwarz-rot-goldenen Flaggen auf öffentlichen Gebäuden kam. Bereits zuvor war es zwischen der bayerischen Regierung und dem Reich zu Reibungen bei gemeinsamen Symbolfragen gekommen, so bei den Hoheitszeichen an der bayerischen Reichsgrenze oder im militärischen Bereich. Rechtfertigte die Bayerische Staatsregierung ihre Verweigerungshaltung mit Verweis auf die Souveränität Bayerns gegenüber dem Reich, so verwendeten etwa Münchener Hotels bei Staatsbesuchen weiß-blaue Flaggen, um dem Gebrauch der ungeliebten schwarz-rot-goldenen Flagge zu umgehen, nicht zuletzt auch deswegen, um ihre deutschnationale Stammkundschaft nicht zu vergraulen; dass diese Verweigerungshaltung in Bayern gegen die republikanischen Farben nicht immer gegeben war, zeigen Plakate der Bayerischen Volkspartei zur Wahl der Nationalversammlung 1919, in denen weiß-blau und schwarz-rot-gold gemeinsam und in positiver Konnotation verwendet werden.

Bedingt durch die zahlreichen Veränderungen und Konflikte in dieser Zeit ist die Quellengrundlage reichhaltig. Quellen zu diesem Forschungsanliegen finden sich vor allem im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (Ministerium des Äußern, Ministerium für Unterricht und Kultus) sowie im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (Reichsinnenministerium, Reichskanzlei, Reichskunstwart, Vertreter der Reichsregierung in München), darüber hinaus als Klein- und Kleinstfunde verstreut an verschiedenen Stellen in Form von gedruckten und ungedruckten Quellen in Bibliotheken und Archiven.

In meinen Forschungen soll untersucht werden, mit welchen Aussagen und Inhalten bayerische Landessymbole 1918 – 1933 verbunden sind und welche Entwicklungen diese im Laufe der Zeit erfuhren. Welche Auswirkungen hatte die Zäsur der Revolution von 1918 auf die Semantik bayerischer Landessymbole wie dem bis 1923 von Otto Hupp gestalteten Bayerischen Staatswappen? Welche politischen Vorstellungen – die etwa besonders gut anhand von Konflikten ersichtlich werden, die sich am Gebrauch oben genannter Symbole entzündeten – sollten durch die Verwendung bayerischer Landessymbole transportiert werden? Welches Staatsverständnis kommt in den bayerischen Landessymbolen zu Zeiten der Weimarer Republik zum Ausdruck. Wie gestalteten und entwickelten sich die Beziehungen zwischen Reichsstellen und Bayerischer Regierung in dieser Frage?

Die Untersuchung der Bayerischen Landessymbole zu Zeiten der Weimarer Republik ist dabei ein kleiner, aber bedeutsamer Bestandteil eines groß angelegten Langzeitprojektes, das sich der Erforschung der bayerischen Landessymbole vom Frühmittelalter bis in die Gegenwart widmet.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1647

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Hans Hinterberger: Die bayerischen „Beamtenministerpräsidenten“ 1920-1924, Kahr – Lerchenfeld – Knilling. Workshop Weimar / Personengeschichte

Abstract.

„Beamtenministerpräsidenten“ – unter diesem Begriff werden die Ministerpräsidenten Gustav von Kahr, Hugo Graf Lerchenfeld und Eugen von Knilling zusammengefasst, die in den Jahren von 1920 bis 1924 in relativ zügigem Wechsel der bayerischen Regierung vorstanden. Der „Beamte“ wurde von den Zeitgenossen bewusst betont. Dies sollte in einer Zeit, in der weite Teile der Bevölkerung und der Eliten der jungen parlamentarischen Demokratie skeptisch gegenüberstanden, suggerieren, dass der Ministerpräsident über dem Streit der Parteien schwebe. Vor allem deshalb entschied sich die dominierende BVP nicht einen ihrer bekannten Parteigänger an die Spitze des Staates zu stellen, sondern „unpolitische“ Männer zu bevorzugen, deren Hintergrund eine hervorgehobene Beamtenkarriere im alten Königreich war. Doch kann ein Ministerpräsident in einem parlamentarischen System, in dem er sich auf eine Koalition von Parteien stützen muss, überhaupt „unpolitisch“ sein? Kann er ganz alleine für sich über den Dingen schweben und zum Wohle der Allgemeinheit handeln? Die Arbeit stellt sich daher die Frage, wie diese Ministerpräsidenten im politischen Spektrum Bayerns positioniert und geprägt waren und, darauf aufbauend, inwiefern ihnen durch diese Positionierung eine Mitverantwortung an der Radikalisierung Bayerns bis hin zum Hitlerputsch zuzuschreiben ist.

Die Gliederung erfolgt grob nach den Amtszeiten der Personen. Diese Amtszeiten, nicht komplette Lebensgeschichten, sind Betrachtungsgegenstand. Gustav von Kahr (1862-1934) übernahm im März 1920 das Amt des Ministerpräsidenten. In den Wirren um den Kapp-Putsch folgte der Regierungspräsident von Oberbayern er auf den Sozialdemokraten Johannes Hoffmann. Kahr hatte sich bereits vor Amtsantritt in ein enges Bündnis mit den bayerischen Einwohnerwehren begeben, in denen er einige Popularität genoss. Diese Popularität wollte sich die BVP zu Nutze machen. Doch schon bald verlor sie den Einfluss auf Kahr, der den vaterländischen Verbänden und Eliten deutlich näher stand, als der Fraktion im Landtag. Im September 1921 trennte sie sich daher vom ihn. Die Fraktion stand damals vor den Fragen, die sich noch heute stellen: Inwiefern war Kahrs Politik selbstbestimmt, inwiefern konnte die Koalition im Landtag noch Einfluss nehmen, inwiefern war er am Ende zum Spielball außerparlamentarischer, rechter Zirkel geworden?

Kahr hatte in den eineinhalb Jahren seiner Amtszeit durch anhaltendes Kompetenzgerangel mit der Reichsregierung für gehörige Verstimmung zwischen Berlin und München gesorgt. Auf der Suche nach einem diplomatisch gesonnenen Nachfolger stieß die BVP-Fraktion auf den Grafen Hugo von und zu Lerchenfeld (1871-1944). Im Gegensatz zu Kahr war Lerchenfeld Mitglied der Partei. Er hatte angesichts der Revolution in Bayern in den Dienst der Reichsregierung, zuletzt als Gesandter in Darmstadt, gewechselt. Somit schien er unbelastet von der bayerischen Tagespolitik. Lerchenfeld bemühte sich zunächst um Besonnenheit. Er strebte eine Verlagerung hin zu sachlicher Wirtschaftspolitik an. Doch schon bald isolierte er sich damit. Die Kräfte rechts der BVP liefen Sturm gegen ihn und auch in der eigenen Partei war der Wunsch nach Ausgleich rasch wieder vergessen. Lerchenfeld, mehr und mehr desillusioniert, folgte dieser Entwicklung in seiner Politik. Im Sommer 1922 beging er im Streit mit Berlin sogar einen klaren Bruch der Reichsverfassung. Trotzdem: Dauerhaften Rückhalt konnte der Graf in so gut wie keinem politischen Lager gewinnen. Mit dieser Einsicht gab er im November 1922 sein Amt auf.

Wieder befand sich die BVP auf der Suche nach einem „Beamtenministerpräsidenten“ – doch sie tat sich nun immer schwerer mit der Suche. Freilich hatte Eugen von Knilling (1865-1927) während der Monarchie eine glänzende Beamtenkarriere im Staat durchlaufen, brachte es sogar zum Kultusminister. Aber seit 1920 war er nicht mehr Beamter, sondern Parlamentarier für die BVP. Und als solcher wurde er zumindest innerhalb der BVP Landtagsfraktion auch empfunden. Angesichts der angespannten Lage im Land wollten die Mitglieder der BVP-Fraktion „ihren Kollegen“ eigentlich noch nicht vor solch große Herausforderungen stellen. Sie befürchteten, dass er dabei scheitern müsse – und sie sollten Recht behalten. Eugen von Knilling bemühte sich durch seine ganze Amtszeit um eine Annäherung an die rechten Kreise in Bayern. Er wollte eine ähnlich zentrale Stellung erreichen, wie Ministerpräsident Kahr sie einst hatte. Es blieb jedoch beim Wunschdenken. Dauerhafte Autorität konnte er nie gewinnen. Das zeigte sich spätestens, als er am Abend des Putsches im Bürgerbräu von den Nationalsozialisten ohne weiteres gefangen genommen wurde.

Knillings mangelnde Erfolge bewirkten auch die Rückkehr des ersten „Beamtenministerpräsidenten“, Kahr, auf die politische Bühne. Im September sah es die Regierung Knilling für notwendig an, ihn als „Generalstaatskommissar“ neben sich zu stellen. Sie verband dies mit der vergeblichen Hoffnung, dass die einstige Identifikationsfigur der politischen Rechten die Anhänger Hitlers beruhigen könnte. Doch die Regierung musste sehr bald feststellen, dass Kahr zum einen ebenfalls über keine Autorität gegenüber Hitlers Deutschem Kampfbund verfügte, zum anderen als Generalstaatskommissar von Anfang an seine eigene Politik betrieb, die alles andere als zur Beruhigung der politischen Lage beitrug. Vielmehr ist die Frage zu stellen, inwiefern Kahrs und sein enges Umfeld die Putschstimmung noch zusätzlich befeuerten. Das Generalstaatskommissariat wird daher in dieser Arbeit in einem eigenen großen Kapitel behandelt, das aus dem sonst angewandten Konzept ausbricht.

Die Kapitel zu den jeweiligen Ministerpräsidentschaften sind zunächst von dem Versuch geprägt, den jeweilige Amtsinhaber fundiert politisch einzuordnen. Nach einer kurzen Betrachtung der jeweiligen bisherigen Karriere, werden in diesem Sinne folgende Fragestellungen abgehandelt: Dank welcher Unterstützer kam der Ministerpräsident ins Amt? Wo lagen Charakteristiken, Schwerpunkte und Entwicklungen seiner Politik, vor allem im Hinblick auf seine Haltung zu den geltenden Verfassungen in Bayern und Reich? Und wie nahm er die zunehmende Radikalisierung Bayerns wahr? Lässt sich der Ministerpräsident in seiner Amtsführung durch Nähe oder Ferne zu den einzelnen Parteien einordnen? Und wie gestaltete sich das Verhältnis zu den rechten Kräften außerhalb des Parlaments? Einem Blick auf das Ende der Amtszeit folgt dann das jeweilige Zwischenfazit.

Eine Sonderrolle wird das Generalstaatskommissariat Kahrs spielen. Es kann in dieser Arbeit schon aufgrund des zentralen Ereignisses „Hitlerputsch“ nicht ignoriert werden. Hierbei wird der Blickwinkel Kahrs eingenommen. Im Focus stehen dabei seine Legitimation im Staat, seine innerbayerischen Ziele als Generalstaatskommissar, die Frage nach dem Grad seiner eigenen Planungen für einen Systemwechsel im Reich und seine Rolle im Hitlerputsch. Kurz gefasst gilt die Frage: Wollte Kahr Hitler in die Schranken weisen, oder wollte er ihn kopieren?

Die Arbeit basiert, was die Primärquellen angeht, auf den jeweiligen Nachlässen der jeweiligen Ministerpräsidenten (bei Kahr umfangreich, bei Lerchenfeld und Knilling sehr überschaubar) inklusive Kahrs ausführlichen Lebenserinnerungen sowie auf den Ministerratsprotokollen im Zeitraum. Hinzu kommen die Fraktionsprotokolle der BVP, diverse Personennachlässen (z.B. Heim, Held, Hamm, Escherich, Kanzler) und Erinnerungen (z.B. Schmelzle, Löwenfeld, Sommer), Protokolle des Landtags, des Hitlerprozesses und des Landtags-Untersuchungsausschusses zum Hitlerputsch von 1928. Ferner wurde ein umfangreicher Pressespiegel der Zeit herangezogen (z.B. Münchner Neueste Nachrichten, München Augsburger Abendzeitung, Miesbacher Anzeiger, BVP-Korrespondenz, Bayerischer Kurier, Münchner Post). Aufgrund der Nähe der damaligen Presse zu einer politischen Richtung erlaubt das jeweilige Presseorgan Rückschlüsse auf die jeweilige Popularität eines Ministerpräsidenten in der entsprechenden Richtung.

Hinsichtlich der immer wieder geführten Diskussionen über den Sinn und Zweck historischer Biographien möchte sich diese Arbeit bewusst in kein schwarz-weiß Denken begeben. Sie geht weder in einem altmodischen Sinn davon aus, dass diese Männer allein für den Verlauf der bayerischen Geschichte verantwortlich zu machen sind, sondern natürlich nur in einem Umfeld (bzw. Netzwerk) aus Staatsspitze, Parteien, Presse, Bevölkerung, radikalen Kräften und weiteren Faktoren wirken konnten. Andererseits kann das nicht bedeuten, dass diese drei Persönlichkeiten nicht durch ihr selbstbestimmtes Handeln sehr wohl Einfluss auf den Lauf der Dinge hatten. Wie wäre es sonst – überspitzt gesagt – zu erklären, dass sich für die drei Amtszeiten auch deutliche Unterschiede ausmachen lassen? Das Wirken jedes einzelnen der drei „Beamtenministerpräsidenten“ lässt sich nur aus einer Kombination von Persönlichkeit und politisch wirkendem Umfeld heraus verstehen. Kahr, das zeigt sich offenkundig, wurde wissend oder unwissend von Militärs, Paramilitärs und anderen Kräften beeinflusst. Sein Ideenreichtum ist weitaus geringer, als er in seinen Lebenserinnerungen zu vermitteln versucht. Doch hätten diese Kräfte in Bayern nie so erblühen können, wenn er sein Organisationstalent und sein Ansehen nicht in deren Dienst gestellt hätte. Umfeld und Person benötigten sich hier gegenseitig. Lerchenfeld wiederum wollte einen eigenen Weg der Vernunft gehen – gegen sein Umfeld. Das politische Umfeld blockierte hier den Willen der Person, um ihn erst zu verändern und am Ende zu brechen. Und Knilling stellt unter Beweis, dass auch die Schwäche einer Führungsperson ihre Wirkung auf das Umfeld zeigt. Nicht nur der Druck des Umfelds, sondern auch persönlich unterlassenes Handeln prägen das Fazit seiner Amtszeit. Dass das Verhältnis von Umfeld und historischer Person auch einem schnellen Wandel unterzogen sein kann, belegt Kahrs Generalstaatskommissariat. Einerseits bewirkt Kahrs Person ohne Zweifel eine zeitweilige Eindämmung Hitlers. Durch seine Autorität wurden nun auch Maßnahmen auf den Weg gebracht, die zuvor von anderen lange diskutiert, doch nie umgesetzt wurden. Andererseits konnte er sich die Stellung als gemeinsamer Nenner des vaterländischen Lagers, die er noch als Ministerpräsident inne hatte, nicht mehr zurückerobern. Vier Kapitel, die eines zeigen: Weder das Umfeld, noch die historische Person funktionieren alleine.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1597

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Matthias Bischel: Die Netzwerke des Gustav von Kahr. Workshop Weimar / Personengeschichte

Abstract zum Dissertationsvorhaben.

Der hohe Verwaltungsbeamte Gustav Ritter von Kahr (1862-1934), in erster Linie bekannt als kurzzeitiger Bayerischer Ministerpräsident (1920/21) sowie als Generalstaatskommissar (1923/24) mit ungeklärter Rolle beim Münchener Hitlerputsch, ist bis heute ein in Publizistik und Wissenschaft häufig thematisierter und diskutierter Akteur. Insbesondere die mit der Entwicklung der zum Teil radikal antidemokratischen Bewegungen im Umfeld der sogenannten `Ordnungszelle Bayern´ befasste Literatur bemüht sich seit Jahrzehnten, die Rolle des rechtskonservativen und zudem klischeebehafteten Politikers in diesem Kontext zu beschreiben und einzuordnen.
Umso seltener und zumindest auf den ersten Blick durchaus überraschend tritt uns hingegen die Person des Gustav von Kahr als Protagonist, das heißt als eigenständiges, um seiner selbst willen behandeltes Objekt der Forschung entgegen; über den Rahmen einiger knapper Aufsätze und themenspezifischer Beiträge hinaus liegt bislang keine umfassendere Arbeit zur “bayerischen Napoleonsgröße von 1923″ (Wilhelm Hoegner) vor.

Auch das hier vorgestellte Dissertationsvorhaben ist nicht als erschöpfende Lebens-beschreibung im klassischen Sinne angelegt. Wird diese Aufgabe eher durch Kahr selbst in der demnächst abgeschlossenen kommentierten Erstpublikation seiner umfangreichen Memoiren erfüllt, will die geplante Studie die darüber hinausgehende Gelegenheit ergreifen, einen privilegierten Einblick in die Lebenswelt der um den zeitweiligen Ministerpräsidenten und Generalstaatskommissar feststellbaren Personengruppen zu gewinnen. Die unter anderem auf den Ergebnissen der Edition aufbauenden Erkenntnisinteressen lassen sich wie folgt definieren:
Einerseits soll die Rekonstruktion des Kontaktumfeldes einer der maßgebenden Figuren des national-konservativen Bayern dazu dienen, den potenziellen Aktionsradius des sich selbst als politische Funktionselite begreifenden Staatsbeamtentums auszuloten, um damit den weiterhin bestehenden Einfluss dieses nicht demokratisch legitimierten Kollektivs kurz vor und vor allem kurz nach der verfassungsrechtlichen Parlamentarisierung zu taxieren.
Andererseits ist parallel dazu in Umkehrung dieser stärker personenzentrierten Perspektive beabsichtigt, in Emanzipation von einer rein strukturalistischen Betrachtungsweise die Gestalt und Funktionsweise verschiedener, meist auf München konzentrierter Netzwerke nachzuvollziehen. So wird der Versuch unternommen, ausgehend von der realen Einbindung eines herausragenden Vertreters seiner Gesellschaftschicht die bestehenden Kenntnisse über Querverbindungen und aktives Kontaktmanagement innerhalb sowie zwischen den untersuchten Kreisen zu bündeln und zu vertiefen.
Die analytische Betonung einer solchen kontextorientierten Akteursperspektive wird die Dynamisierung jenes sich wechselseitig ergänzenden Ansatzes ermöglichen: Erleichtert sie bereits die Beobachtung der zeitlichen und räumlichen Entwicklung der Beziehungsgeflechte, erhöht sie insbesondere die Sensibilität für deren gezielten Einsatz als politisches Instrument und soziale Ressource, das heißt für deren tatsächliche Relevanz.
Kompakt formuliert versucht die Studie also über die Beschreibung von netzwerkbasierten Rekrutierungs-, Mobilisierungs- und Umsetzungsprozessen eine Annäherung an den Politikstil der Zeit in Ergänzung zu den inzwischen gängigen diskursanalytischen oder symbolorientierten Methoden zu leisten.

Die für das Thema einschlägige Überlieferungssituation begünstigt im Grundsatz die angedeutete Herangehensweise: Denn legte Kahr beim Verfassen der schon erwähnten Lebenserinnerungen ohnehin viel Gewicht auf die Darstellung der freilich nicht durchgehend vollständig und adäquat beschriebenen Kontakte, erlauben neben seinem eigenen über 30 zum Teil sehr aussagekräftige Nachlässe wichtiger Bezugspersonen aus Verwaltung, akademischen Umfeld, Heimatschutzbewegung, Künstlerkreisen, Landwirtschaft und nationalen Verbänden die kritische Bewertung dieser Verbindungen. Zusätzlich bereichert wird der zentrale Überlieferungskorpus durch Bestände der mit den aufgeführten Tätigkeitsfeldern befassten Institutionen sowie durch im Karriereverlauf Kahrs entstandene Verwaltungs-, Personal- und Handakten bei verschiedenen Behörden; des weiteren nicht zu vergessen sind gedruckte Quellen wie Zeitungsartikel, veröffentlichte Reden oder zeitgenössische Publizistik.

Bietet somit die Zentrierung auf einen bekannten Angehörigen der genannten Netzwerke eine aussichtsreiche Strukturierungsmöglichkeit der vorhandenen Überlieferung, muss die vor diesem Hintergrund entworfene Vorgehensweise ebenso die durch die Quellenlage gesteckten Grenzen der Erkenntnis berücksichtigen: Denn lässt das vorhandene Material zwar Verbindungslinien zu allen relevanten Kreisen erkennen, machen zugleich dessen unterschiedliche Dichte und in einigen Fällen sogar recht ausgeprägte Lücken die Durchführung einer statistisch-systematischen Netzwerkanalyse letztlich unmöglich.
Der stattdessen bei der konzeptionellen Umsetzung gewählte Blick auf das jeweilige Zusammenwirken der identifizierten Beziehungskreise bei ausgewählten Gelegenheiten – etwa beim Besuch Hindenburgs 1922, bei der `Rettung´ historischer Gebäude oder bei der personellen Besetzung des Generalstaatskommissariats – verlegt sich daher auf die Beobachtung der Netzwerke in Aktion. Neben der teilweisen Kompensation der aufgrund der Überlieferungsdefizite vorhandenen Erkenntnisbeschränkungen liegt der zusätzliche Vorteil einer derartigen Herangehensweise auf der Hand: Der Gefahr einer monokausalen Erklärungstendenz von vorneherein begegnend wird es auf diese Weise möglich sein, zu unterschiedlichen Zeitpunkten die vorgestellten Sozialgefüge in den Blick zu nehmen, um angesichts von Situationen praktischer Bewährung zu einer realistischen Einschätzung ihres Entwicklungsstandes, ihrer Funktionen und ihrer jeweiligen Beanspruchung zu gelangen.
Damit wird ein wesentlicher Beitrag der vorbereiteten Studie darin bestehen, über das feststellbare Ausmaß der erfolgreichen Aktivierung sozialen Kapitals die tatsächliche Bedeutung jener meist sorgfältig gepflegten Beziehungssysteme zu bestimmen und damit zugleich die nicht zuletzt auf diesem Fundament ruhende Machtposition Gustav von Kahrs näher einzuordnen.

Da es freilich zu weit führen würde, im Rahmen des Workshops das inhaltliche oder konzeptionelle Fundament des Vorhabens im Detail vorzustellen, soll die skizzierte Vorgehensweise mit Blick auf die autobiographische Selbsteinschätzung Kahrs veranschaulicht und konkretisiert werden: Mit der Rekonstruktion des in den Erinnerungen beschriebenen Kontaktumfeldes stellt der Vortrag die zentrale Arbeitsgrundlage der Studie vor und versucht die Zuhörerschaft mit den Potenzialen und Herausforderungen des Projektes vertraut zu machen.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1486

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Martin Grosch: Johann Victor Bredt – Konservative Politik zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Eine politische Biographie. Workshop Weimar / Personengeschichte

Das Promotionsvorhaben stellt eine Biographie des vor allem in der Weimarer Republik bedeutenden Politikers Johann Victor Bredt (1879 – 1940) dar. Der Schwerpunkt liegt dabei auf seiner politischen Wirkung im Kaiserreich und insbesondere während der Weimarer Republik, da diese hier in ihrem Höhepunkt mündete: Reichstagsabgeordneter, führender Kopf seiner Partei (der Wirtschaftspartei) und Justizminister im 1. Kabinett Brüning.

Johann Victor Bredt war ein Politiker und Wissenschaftler, der heute nur noch einem historisch interessiertem Fachpublikum sowie Spezialisten und lokalen Heimatforschern ein Begriff zu sein scheint. Auch die aktuelle Forschungsliteratur greift den Politiker Bredt in der Regel nur beiläufig in Verbindung mit den beiden schon angedeuteten Komplexen auf – also Partei und Ministeramt.

Bredt war in einem Zeitraum von rund acht Jahren (1924 – 1932/33) Reichstagsabgeordneter. In dieser Eigenschaft war er in zahlreichen Ausschüssen vertreten und galt als herausragender Vertreter seiner Partei, der Wirtschaftspartei. Höhepunkt in Bredts Politikerkarriere war von der Bedeutung des Amtes her unbestritten seine neun Monate währende Tätigkeit als Reichsjustizminister im Jahr 1930. In seiner Eigenschaft als Politiker und Wissenschaftler machte er sich aber auch als Autor bedeutender verfassungsrechtlicher Werke einen Namen: Sein persönlicher Verfassungsentwurf aus dem Jahr 1919 und sein Kommentar bzw. seine Analyse „Der Geist der Deutschen Reichsverfassung“ von 1924 sind an dieser Stelle exemplarisch zu nennen.

In Bredts Biographie bündeln sich fast zwangsläufig alle zentralen innen- wie außenpolitischen Probleme, Kontroversen und Diskussionen der Weimarer Republik. Aber auch Fragen nach möglichen Traditionen und somit Kontinuitäten, jedoch auch Brüchen vom Kaiserreich hin zu Weimar, ja teilweise bis hin zum Nationalsozialismus, können bzw. sollen an der Person Bredt nachvollzogen und untersucht werden.

Die Arbeit will somit nicht nur einen Beitrag zur Struktur- und Verfassungsgeschichte der Weimarer Republik leisten, sondern auch neue Erkenntnisse zur Parteiengeschichte dieser Epoche liefern. Bredt war als führender Kopf der Wirtschaftspartei eine wichtige Figur im politischen Prozess Weimars. Er verkörperte zwar nicht einen Politiker der ersten Reihe wie beispielsweise Ebert, Stresemann, Hindenburg, Hugenberg oder Brüning, aber als ein politischer Repräsentant der „zweiten Reihe“ stellt er eine interessante Persönlichkeit dar, die hinsichtlich ihrer exemplarischen Bedeutung nicht übersehen werden darf. Als eine, wenn nicht gar die wichtigste Figur einer zeitweise ebenso wichtigen Partei muss sich zwangsläufig die Frage nach ihrer politisch-gesellschaftlichen Einordnung stellen:

  • War Bredt für oder gegen die Republik?
  • War er ein restaurativer bzw. reaktionärer Monarchist? oder
  • war er ein Vernunft-, Verlegenheits- oder Herzensrepublikaner? und
  • wie positionierte er sich somit auch gegenüber rechten bzw. rechtsradikalen Strömungen?

Auch die Funktion einer ausgeprägten, aber doch insgesamt eher kleineren Interessenpartei im vielfältigen Parteiensystem Weimars kann anhand der Wirtschaftspartei bzw. „Partei der Haus- und Grundbesitzer“ nachvollzogen werden; eine Partei, der zeitweise ein gewisser machtpolitischer Einfluss zukommen sollte. Hier ist zu untersuchen, inwieweit die Wirtschaftspartei die Republik stabilisierte oder destabilisierte. Die Wirtschaftspartei und die soziale Schicht des Mittelstandes – als deren herausragender Repräsentant Bredt in seiner Eigenschaft als Abgeordneter und quasi „Chefideologe“ fungierte – verdienen von daher auch eine ausführliche Betrachtung. Die Rolle der Konservativen, die Positionen des z.T. noch in der Tradition des Kaiserreichs stehenden Bildungs- und auch Besitzbürgertums sowie des sicher weit zu fassenden Begriffs des Mittelstandes können ebenfalls auf einer multiperspektivischen Ebene biographisch – exemplarisch an der Persönlichkeit Bredts analysiert werden.

Es gilt also zu klären, inwieweit bzw. wo Bredt als eine durch das Kaiserreich und speziell Bismarck geprägte Persönlichkeit seinen Platz in dem republikanischen System Weimars eingenommen hat. Zu fragen ist weiterhin, wie sich Bredt als Vertreter der Wirtschaftspartei von antidemokratischen Tendenzen abhob und wie er sein Verhältnis zum Nationalsozialismus definierte. Gab es programmatische Gemeinsamkeiten und politische Annäherungen bzw. Kooperationen? Kernfragen, die wesentliche historische Kontroversen zur Struktur-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Weimarer Republik sowie Mentalitätsdiskussionen und der Parteienforschung aufgreifen.

Zusammengefasst lautet die zentrale Leitfrage: Trat Bredt für nur soviel Veränderungen, Fortschritt und Modernität ein wie es ihm nötig bzw. der jeweiligen politischen Situation für angepasst erschien, um dadurch zentrale konservative Inhalte zu bewahren? War Bredt also ein aus seiner Perspektive realitätsbezogener Pragmatiker oder doch ein widersprüchlicher Politiker mit den Facetten eines „Januskopfs“?

Methode

Die oben knapp formulierten Thesen bzw. Arbeitshypothesen werden im Verlauf der Untersuchung zunächst anhand grundlegender theoretischer Überlegungen und politischer Konzeptionen Bredts, hier mittels exemplarischer Analysen seiner einschlägigen Publikationen überprüft werden. Die Untersuchung und Wertung der praktischen Umsetzung durch Bredt in seiner Funktion als Abgeordneter, Parteipolitiker und Minister führt zu einer Synthese der Ausgangsüberlegungen und Fragestellungen, die – eingeordnet in den jeweiligen historischen Kontext – dann vor dem Hintergrund aktueller Forschungsdebatten bewertet und somit abschließend verifiziert bzw. falsifiziert werden.

Was die konkrete Vorgehensweise bei der empirischen Untersuchung angeht, so schied eine Befragung von Zeitzeugen aus Bredts Verwandten- und Bekanntenkreis aus, da Bredts einzige Tochter, Ada Rambeau, am 2. Dezember 2001 verstorben ist und keine weiteren Nachfahren bzw. näheren Angehörigen ermittelt werden konnten. Daher wurde der biographische Zugang gewählt, um so ausführlich, ausgehend von der Sozialisation im Kaiserreich, Motive, politische Ideen und Maßnahmen Bredts aus seiner Zeit – das heißt aus den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Umständen heraus –analysieren und innerhalb des jeweiligen historischen Kontexts interpretieren zu können. Persönliche Aspekte, wie beispielsweise seine Ehe und sein Familienleben, können allerdings aufgrund der in dieser Hinsicht dürftigen Quellenlage nicht vertiefend untersucht werden.

Bei der Untersuchung wird insgesamt ein vom Lebensweg Bredts ausgehender chronologischer Zugang gewählt, der allerdings einen strukturell angelegten Abschnitt zur Weimarer Republik einschließt, da diese Phase den Höhepunkt des Politikerdaseins von Bredt bildet. Struktur und Person werden hier verbunden, die Bedeutung individueller Entscheidungen und Handlungen für den historischen Prozess soll sichtbar gemacht werden. Hier ist z.B. Bredts Haltung zur preußischen Wahlrechtsfrage 1917/18 zu klären, oder sein Mitwirken bei der Gründung der DNVP. Das Denken und die Handlungsmotive einer Person, aber somit auch einer Generation, hier Bredt als Vertreter eines im Kaiserreich sozialisierten intellektuellen Bürgertums, gilt es aufzuzeigen.

Die Biographie über Bredt versucht verschiedene historische Ansätze auf politik-, struktur-, sozial-/milieu- und auch mentalitätsgeschichtlicher Ebene zu einem neuen, übergreifenden Ansatz zu vereinen. Dabei spielen sowohl grundlegende Fragestellungen (z.B. die Sozialisation des Bildungsbürgertums im Kaiserreich) wie auch Detailaspekte beispielsweise des rheinischen Protestantismus in Form der reformierten Kirche eine Rolle.

Ebenso wichtig bei der Persönlichkeit Bredts ist die kritische Differenzierung zwischen seiner intendierten und seiner tatsächlichen Wirksamkeit. Glaubt man seinen Erinnerungen und auch der zeitgenössischen Presse, scheint Bredt eine nicht zu unterschätzende Bedeutung gehabt zu haben. Betrachtet man hingegen den aktuellen Forschungsstand und den heutigen Bekanntheitsgrad dieses Politikers, so scheint eher das Gegenteil der Fall sein. Auch hier versucht diese Arbeit zu einem fairen und abgewogenen Urteil zu gelangen. Schwerpunkt dieser Arbeit ist also in weiten Teilen die politische Tätigkeit Bredts unter Einschluss einer milieu- und mentalitätsgeschichtlichen Perspektive.

Auch der Ansatz des Generationenbegriffs bzw. der Generationenforschung findet im Rahmen dieser Untersuchung Beachtung, um zu diskutieren, inwieweit Bredt in ein – mehr oder weniger eindeutiges – Generationenschema eingeordnet werden kann. Zudem können Generationen die Funktion des „Ordnens von Geschichte“ besitzen. Mögliche Probleme eines derartigen Ansatzes sind allerdings die mangelnde Repräsentativität oder eine oft angenommene Homogenität. Die Herstellung einer Generation, das „generation building“, verläuft als ein im privaten und öffentlichen Raum stattfindendes Kommunikationsgeschehen, das vor allem durch ein an Generationsobjekte gebundenes Gemeinschaftsgefühl charakterisiert ist. Bei Bredts Generation mögen dies Inhalte aus dem Kaiserreich, wie das Militär, die schwarz-weiß-rote Flagge oder der Primat der Nation gewesen sein. Der Begriff der „Transgenerationalität“ geht davon aus, dass die genealogisch weitergegebene Erfahrung Wahrnehmungs- und Handlungsmuster der nachfolgenden Generation strukturiert. Bredts Bismarckverehrung z.B. lässt sich sicherlich nicht mit seiner politischen Analyse als Jugendlicher allein erklären. Vielmehr dürfte hier die Generation seines Vaters und Großvaters prägend und somit ausschlaggebend gewesen sein. Der Generationenbegriff stellt eine Kollektivbeschreibung mittlerer Reichweite dar, der auf der einen Seite Identifikationspotenzial bietet, auf der anderen Seite Unterscheidungsbedürfnissen Rechnung trägt. Die Ideale des Kaiserreichs wirkten z.B. in der Weimarer Republik bei vielen bürgerlichen Politikern identitätsstiftend und hatten auf politischer Ebene oft eine radikale Abgrenzung vom politischen Gegner zur Folge. Inwiefern diese Unterscheidungsbedürfnisse auch für Bredt eine Maxime dargestellt haben, gilt es zu untersuchen.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1430

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Michael Schmitt: Die Professoren der Universität Würzburg zwischen 1933 und 1945. Workshop Weimarer Republik / Institutionengeschichte

Die Geschichte der Universität Würzburg in der Zeit des Nationalsozialismus wurde bislang noch nicht umfassend aufgearbeitet, bis auf Einzelstudien zu Fakultäten oder Einzelpersonen liegen keine größeren Abhandlungen vor. Das Promotionsprojekt soll einen Beitrag zu dieser Aufarbeitung leisten, wobei es aber nicht das Ziel der Arbeit sein kann alle Aspekte umfassend zu behandeln. Vielmehr sollen die Professoren aller Fakultäten im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Diese Beschränkung auf eine Ebene in der universitären Hierarchie erlaubt es den Blick über Fakultätsgrenzen hinaus zu richten und Aussagen zur Gesamtuniversität zu treffen, auch wenn die Studierenden und der akademische Mittelbau zunächst außen vor bleiben müssen.

Im Würzburger Universitätsarchiv haben bis auf wenige Ausnahmen lediglich die Personalakten den 2. Weltkrieg überstanden, diese können durch die ministerielle Gegenüberlieferungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, welche heute im Hauptstaatsarchiv in München liegt und des Reichs- und Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, heute im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde, ergänzt werden. Mit Hilfe dieser Quellen soll versucht werden eine Kollektivbiographie der Würzburger Professoren zu erarbeiten. Die Grundfragen sind dabei die soziale und geographische Herkunft, der Bildungsgang und der berufliche Werdegang. Es soll auch versucht werden anhand der Quellen die politische Ausrichtung herauszuarbeiten. Dieses Gesamtbild soll in einem weiteren Schritt auf die einzelnen Fakultäten heruntergebrochen werden um sowohl einen Vergleich der Fakultäten untereinander, als auch mit der Gesamtuniversität zu ermöglichen. Als Hauptquellen dienen hierbei die Personalakten und die darin enthaltenen biographischen angaben, die Fragebögen zur Durchführung des „Gesetzt zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Jahr 1933 sowie die Gutachten, Lebensläufe und auch die Schriftenverzeichnisse aus den Berufungsvorgängen. Gerade bei den Berufungsverfahren genügt es aber nicht eine „Geschichte der Sieger“ zu schreiben, auch die „Verlierer“ müssen genauer betrachtet werden. Als zweite wichtige Quelle ist die „Kartei aller Hochschullehrer“, welche durch reichsministeriellen Runderlass vom 13. Dezember 1934 begonnen wurde. Hierin finden sich neben den biographischen Angaben auch Angaben über geleisteten Kriegsdienst und politische Betätigung.

Die zeitliche Dimension darf dabei aber nicht aus dem Blick geraten. Gerade die Veränderungen denen die Zusammensetzung der Professorenschaft unterworfen war sollen im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. Die Situation am Ende der Weimarer Republik bildet den Ausgangspunkt. Ein zweiter Zeitschnitt müsste nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ von 1933 und dem „Gesetz über die Entpflichtung und Ersetzung von Hochschullehrern aus Anlass des Neuaufbaus des deutschen Hochschulwesens“ von 1935 gezogen werden. Als dritter Zeitschnitt bietet sich das Jahr 1939 an. Der Zweite Weltkrieg wirkte durch die Einberufung gleichermaßen von Studenten und Professoren, weit in die Universitäten hinein, daher wird davon abgesehen diese Zeit in die Betrachtungen über die Veränderungen in der Zusammensetzung der Professorenschaft, welche durch die nationalsozialistische Politik und Beamten- sowie Hochschulgesetzgebung bedingt waren, einzubeziehen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kriegsjahre ganz unbetrachtet bleiben sollen, auch die Kriegsbedingten Veränderungen gilt es zu untersuchen und darzustellen.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1437

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Stefan Lülf: Die Rolle der bayerischen Kommunalverwaltungen im Flugverkehr der Weimarer Republik. Workshop Weimar / Infrastruktur- und Kommunalgeschichte

In der Weimarer Republik begann in Deutschland der zivile Flugverkehr. Bereits 1919 richtete der „Rumpler Luftverkehr“ eine Verbindung von Augsburg über München nach Berlin ein, was den Auftakt des regelmäßigen Linienverkehrs in Bayern darstellte (auch wenn diese Strecke bereits nach wenigen Monaten wieder eingestellt wurde). Insbesondere in denJahren 1924-1930 erlebte der Freistaat, wie auch andere Teile der Republik, eine regelrechte Euphorie um das neue Verkehrsmittel. Sehr viele, auch kleinere Städte bemühten sich, einen Anschluss an das Luftverkehrsnetz zu erhalten. Insgesamt gelang es dabei 11 bayerischen Städten innerhalb der Weimarer Republik zeitweise an den regelmäßigen zivilen Linienflugverkehr angeschlossen zu werden (München, Nürnberg/Fürth, Augsburg, Regensburg, Bayreuth, Hof, Schweinfurt, Coburg, Bamberg, Würzburg, Bad Reichenhall). Im hier kurz skizzierten Wachstum des Liniennetzes spielten die Städte eine sehr große Rolle, da sie nicht nur die Landeplätze samt Einrichtungen (wie z.B. Flugzeughallen) zur Verfügung stellten, sondern sich auch an der Subventionierung der Strecken beteiligten (die Subventionsquote der Fluglinien lag in dieser Zeit in der Größenordnung von 70-80% der Kosten). Diese Würdigung der Bedeutung der Städte ist in der Forschung zum Luftverkehr der Weimarer Republik Konsens, jedoch fehlt bisher eine über Einzelfallstudien hinausgehende Erarbeitung der hinter dem Engagement der Kommunalverwaltungen stehenden Diskussionen. Das soll die hier vorgestellte Dissertation für Bayern leisten. Aufbauend auf dem Bestand des federführenden bayerischen Staatsministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie, werden hierzu die Akten in den relevanten Stadtarchiven als Quellen dienen. Das Ziel der Arbeit ist es, zum einen die Rolle lokaler Strukturen in der Erfolgsgeschichte (?) des neuen Verkehrsmittels zu erarbeiten, zum anderen die Diskurse vor Ort nachzuvollziehen, die zu einer aktiven Rolle der Stadt führten. Hierbei soll untersucht werden, welche Akteure mit welchen Argumenten den Prozess anstießen und unterstützten, sowie welche Hindernisse und Gegner die Idee eines Anschlusses an das Flugnetz hatte. Auf Basis der bisherigen Quellenarbeit werden derzeit u.a. folgende vereinfacht dargestellte Gedankengänge über die Rolle der Kommunalverwaltungen verfolgt:

■ Ob der von vielen Städten angestrebte Anschluss gelang, hing in erster Linie daran, ob ein Platz im kommunalen Eigentum zur Verfügung stand. Wenn dies nicht der Fall war, wurde der Plan in den Zeiten der Euphorie zwar verfolgt, dann aber wieder fallen gelassen, als die Stimmung Ende der 1920er Jahre langsam umschlug.

Nachdem der Flugverkehr die hohen Erwartungen nicht zu erfüllen schien, nahm die Euphorie ab. Jedoch finanzierten diejenigen Städte, die bereits Geld in einen Flugplatz investiert hatten, den Verkehr noch weiter (Pfadabhängigkeit?), bis dann in Folge der Weltwirtschaftskrise 1930/31 die meisten Städte die Subventionierung einstellten und der Kurzstreckenverkehr zusammenbrach.

■ Eine sehr aktive Gruppe in den Bestrebungen fast aller Städte sind die in zahlreichen Vereinen organisierten ehemaligen Piloten aus dem ersten Weltkrieg. Im Streben nach Sportflugplätzen verbanden sie die Bitte um städtische Unterstützung mit der Möglichkeit, die Stadt an das Luftverkehrsnetz anzubinden. Eine Herausforderung der Arbeit besteht darin, den in den Akten sehr gut zu greifenden politischen Diskurs in den bayerischen Städten in einen breiteren Kontext zu stellen. So ist zum Beispiel die Diskussion um Sinn und Unsinn der Kurzstrecke ein zentraler Streitpunkt in den Fachkreisen dieser Zeit, zu der unzählige Denkschriften in ganz Deutschland existieren. Darüber hinaus kann das Verhalten der Akteure in den Kommunalverwaltungen nur vor dem Bild der Euphorie rund um die „Krone der Verkehrsmittel“ verstanden werden. Hierfür sollen punktuell andere Quellenarten wie Filme, Illustrierte, Werbeplakate etc. herangezogen werden, ohne sich jedoch von der zentralen Fragestellung zu weit zu entfernen. Ebenso sollte die Arbeit um eine wirtschaftliche Betrachtung ergänzt werden, die sich die umfangreichen Passagierstatistiken der Fluglinien zu Nutze macht. Diese erlauben Einblicke in das Reiseverhalten der bayerischen Fluggäste und sind zugleich auch Argumentationsmaterial in den Diskussionen der Städte.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1357

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Thomas Schütte: Michael Kardinal von Faulhaber in der bayerischen Politik. 1918-1933. Workshop Weimar / Personengeschichte

Michael Kardinal von Faulhaber war von 1917 bis zu seinem Tod 1952 Erzbischof von München und Freising und geborener Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz. Er war damit der bedeutendste Kirchenführer Bayerns und verfügte – ab 1921 als Kardinal und als enger Vertrauter des Apostolischen Nuntius und Kardinalstaatssekretärs Eugenio Pacelli – über beste Beziehungen in den Vatikan. Auf seinen USA-Reisen 1923 und 1926 knüpfte er wichtige Kontakte in den amerikanischen Katholizismus. Meine Arbeit befasst sich zum einen mit seinem Einfluss auf und seiner Rolle in der bayerischen Politik der Zwischenkriegszeit – als Kultuspolitiker, als Innen- und Außenpolitiker, und besonders als Symbolfigur für verschiedene Bevölkerungsgruppen. Zum anderen geht sie der Frage nach, auf welchen Wegen und über welche Netzwerke und Foren Faulhaber in die politische Sphäre (besonders auch in die Bayerische Volkspartei) wirken konnte, was zu seiner Meinungsbildung zutrug, wie viel Spielraum innerhalb gesetzlicher und vom Heiligen Stuhl vorgegebener Standpunkte ihm selbst blieb.

 

Das Zentrum der Quellen für diese Dissertation bilden die 2010 wieder in kirchlichen Besitz gelangten (und seit 2012 der Forschung zugänglichen) Besuchstagebücher Kardinal Faulhabers, verfasst in Gabelsberger-Stenographie. In ihnen notierte Kardinal Faulhaber für seine gesamte Amtszeit als Bischof 1911 bis 1952 jeden Besuch, den er erhalten oder getätigt hatte, mitsamt einer Angabe des Gesprächsinhaltes und der Argumentationsstruktur seines Gegenübers. Aufgrund von Faulhabers engen Kontakten mit den führenden Gestalten der bayerischen Landespolitik finden sich in diesen Besuchstagebüchern zahlreiche vertrauliche Gespräche, in denen bayerische Landespolitik und Landeskirchenpolitik gestaltet wurde und zu denen oft keine Parallelüberlieferung existiert. Darüber hinaus scheinen in diesen Aufzeichnungen – wie in keiner zweiten zeitgenössischen Quelle – die politische Kommunikationsstuktur Münchens und die Netzwerke der politischen und geistlichen Akteure auf Lokal- Landes- und Reichsebene auf.

 

Manche Persönlichkeiten geraten hierbei schnell in den Blick: Die Kabinettsmitglieder der Bayerischen Volkspartei, jene Geistlichen, die als Abgeordnete dem Land- und Reichstag angehörten, die apostolischen Nuntien von München und Berlin. Die Rolle anderer Akteure in Faulhabers politischen Netzwerken, wie der weiteren Mitglieder der Freisinger Bischofskonferenz, der Ministerialbürokratie, der abgedankten königlichen Häuser oder des alten bayerischen Hofadels  sind weit undurchsichtiger.

 

Für alle diese Personengruppen finden sich in den Besuchstagebüchern ausführliche Eintragungen, der Kreis der Akteure ist jedoch so groß und wenig scharf getrennt, dass bei herkömmlichen Verfahren der Quellenauswertung die Übersicht nicht gewährleistet ist. Es drängt sich daher der Einsatz der Methode der EDV-gestützten, quantitativen Netzwerkanalyse deutlich auf; die Quellenbasis ist mit den seriellen, dynamisch gestaffelten und außerordentlich vollständigen Besuchsnotizen hierfür besonders geeignet. Die Ergebnisse einer rein quantitativen Netzwerkanalyse – der Netzwerkgraph und mathematisch errechnete Zentralitäts- und Netzwerkdichtewerte – erlauben jedoch keine valide Beantwortung der Fragestellung.

Dieser Problematik wird mit einer Kombination aus formaler (d.h. quantitativer) und qualitativer Netzwerkanalyse begegnet: Der Netzwerkgraph ermöglicht eine strukturierte Übersicht über die Beziehungskonstellationen, sowie die Bestimmung von strukturellen Schlüsselpersonen. Die Quellenbasis wird zu diesem Zweck um die schriftlichen Auslaufregister des Erzbischöflichen Sekretariates (um rein per Schriftverkehr geführte Kontakte Faulhabers abzubilden) und Beziehungsdaten aus Korrespondenzen verwandter Nachlässe (um weitere Informationskanäle zu identifizieren) erweitert.  Die gewonnenen Erkenntnisse werden in einem folgenden Schritt anhand der Quellen aufgearbeitet und in die chronologische Gesamtdarstellung eingeordnet.

 

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1350

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Maria Magdalena Bäuml: Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus zwischen 1926 und 1933. Workshop Weimar / Institutionengeschichte

Seit 1924 wurde Bayern durch eine Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Heinrich Held geführt. Dessen Amtszeit brachte zunächst eine Beruhigung in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht mit sich, insbesondere im Hinblick auf die Turbulenzen der Zeit zuvor wie dem Hitlerputsch. Doch dass die Konsolidierung nur oberflächlich war, zeigte sich innerhalb kürzester Zeit. So wies der bayerische Staatshaushalt bereits seit 1925 ein wachsendes Defizit auf. Aus dieser Verschärfung der wirtschaftlichen Situation nach der Weltwirtschaftskrise 1929, entwickelte sich in Bayern 1930 auf politischer Ebene eine Regierungskrise, die schließlich zum Austritt des Bauernbunds aus der Regierungskoalition mit der BVP führte, und damit zu einer bis 1933 geschäftsführend im Amt bleibenden Regierung Held. Diese musste sich nun der zunehmend aggressiveren Agitation radikaler politischer Gruppierungen aus unterschiedlichen Lagern zu auseinandersetzen, insbesondere mit den offensiv auftretenden Vertretern der NSDAP.

In meiner Arbeit untersuche ich die Arbeit des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zwischen 1926 und 1933. Angesichts der wirtschaftlichen Einschränkungen und politischen Unsicherheit stellt sich die Frage, inwiefern es möglich war, überhaupt staatliche Kulturpolitik zu betreiben. Konnte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus angesichts der wirtschaftlichen und politischen Krisenphänomene gestaltend tätig werden oder musste man damit zufrieden sein, den aktuellen Bestand an kulturellen Einrichtungen und Werken zu bewahren? Oder mussten gerade in diesem Bereich, der noch primär in den Kompetenzbereich der Länder fiel und dem in der bayerischen Argumentation für die Eigenständigkeit des Landes somit eine hohe symbolische Bedeutung zukam, die Gestaltungsmöglichkeiten weiterhin und mit aller Macht ausgeschöpft werden? Darüber hinaus gilt ein weiteres Untersuchungsinteresse der Frage: Wie reagierte man von Seiten des Kultusministeriums auf die zunehmenden Angriffe radikaler Gruppierungen?

Die zeitliche Eingrenzung des Untersuchungszeitraums ergibt sich durch die Amtszeit des bayerischen Kultusministers Franz Xaver Goldenberger, der im November 1926 auf Franz Matt folgte. Er hatte das Amt bis März 1933 inne, als er durch die Nationalsozialisten seines Amtes enthoben wurde und Hans Schemm seine Nachfolge antrat.

Um diese Fragen zu beantworten, habe ich im ersten Teil meiner Arbeit einen organisationsgeschichtlichen Zugang gewählt, da die Handlungen des Ministeriums nur vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen zu verstehen sind. Über diesen Ansatz hinaus wurde jedoch auch die Forderung an die aktuelle Institutionengeschichte nach einer kulturhistorischen Erweiterung berücksichtigt, die den Blick auf die Rituale und den Habitus einer Behörde lenkt und damit auch nach informellen Mechanismen neben den Entscheidungsverläufen im Sinne der offiziellen Geschäftsordnung fragt. Vor diesem Hintergrund stehen im zweiten Abschnitt die Kompetenzen und Handlungsfelder des Ministeriums im Mittelpunkt und wie stark das Ministerium hierbei seine Eingriffsrechte geltend machte. Der abschließende dritte Teil beschäftigt sich mit besonders aussagekräftigen Phänomenen, die in der Regel in fast allen Zuständigkeitsbereichen des Ministeriums zu beobachten sind und daher einer gesonderten Behandlung bedürfen. Die Bandbreite reicht dabei vom Mikrokosmos der weiblichen Bildung über die innerdeutsche Frage der Kompetenzverteilung zwischen Ländern und Reich bis hin zum Makrokosmos der Außenkulturbeziehungen.

Die entsprechende ministeriale Überlieferung findet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv unter dem Bestand MK. Diese Akten bilden den Hauptbestand für die vorliegende Arbeit, der Einblicke in die Betätigungsfelder und Entscheidungsabläufe innerhalb des Ministeriums ermöglichte, ebenso wie in die Kommunikation mit Gruppierungen außerhalb des Ministeriums. Komplementär erfolgte die Auswertung der Aufzeichnungen weiterer staatlicher Akteure, wie der anderen bayerischen Ministerien, des Ministerrats oder des Landtags, aber auch die Akten der Reichsbehörden. Diese sind neben Hinweisen zur Kompetenzverteilung insbesondere im Hinblick auf Fragen der Auslandskultur aussagekräftig, ebenso wie die Überlieferung des Archivs des Völkerbunds in Genf. Darüber hinaus wurde die ministeriumszentrierte Perspektive neben grauer Literatur durch die Nachlässe zentraler Akteure erweitert, sowie punktuell durch die Auswertung der Berichterstattung in den Zeitungen.

 

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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1343

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