Verwissenschaftlichung, Ordnung und „Engineering“ des Sozialen – Eine Sammelrezension von David Kuchenbuch

Als Lutz Raphael 1996 in „Geschichte und Gesellschaft“ einen Aufsatz zur „Verwissenschaftlichung des Sozialen“ veröffentlichte[1], ging er wohl nicht davon aus, dass er damit das Stichwort für einen kleinen Forschungsboom liefern würde: Die verstärkten Interferenzen von Wissenschaft und Politik, allgemein … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5074

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Die Nuntien Rocci und Grimaldi

Im Rahmen des großen Editionsprojekts der Nuntiaturberichte aus Deutschland ist ein neuer Band erschienen. Es handelt sich um den 5. Band der 4. Abteilung, der die Phase vom September 1631 bis Ende Mai 1633 abdeckt. Neben den Berichten des Nuntius Ciriaco Rocci sind auch diejenigen Girolamo Grimaldis dokumentiert, der ab 1632 wie Rocci ebenfalls in Wien, allerdings als außerordentlicher Nuntius tätig war.

Deutlich über 200 Aktenstücke dokumentieren damit eine Zeit, in der sich der große machtpolitische Umbruch im Gefolge des schwedischen Kriegs vollzog. Es ist nichts Neues, aber trotzdem immer wieder ein heilsames Korrektiv, wenn man sich klarmachen muß, daß aus der Perspektive des Hl. Stuhls ein völliger Sieg der kaiserlichen Waffen alles andere als erwünscht war. Denn das Verhältnis zwischen der Kurie und den Habsburgern war angespannt genug, um gelassene bis verhalten erfreute Reaktionen auf die militärischen Rückschläge der kaiserlich-katholischen Seite im Reich hervorzurufen. Immerhin kam der Vorwurf konfessioneller Indifferenz oder mangelnder konfessioneller Solidarität schon damals auf, und die Kurie mühte sich, ihn zu entkräften, indem sie Grimaldi als Sondernuntius entsandt. Er sollte sich um eine Vermittlung zwischen den Habsburgern und dem mit Schweden verbündeten Frankreich bemühen.

Die Haupt- und Staatsaktionen dieser Monate spielen naturgemäß eine große Rolle; so sind Wallenstein, aber auch andere Militärs in den Berichten sehr präsent. Darüber hinaus schlägt sich aber auch eine Fülle von weiteren Themen in den Korrespondenzen nieder wie Personal-, Rang- und Zeremoniellfragen sowie Finanzielles. Der politische Blick der Nuntien richtet sich dabei nicht nur auf die Geschehnisse im Reich, sondern ebenso auf die anderen Mächte und nicht zuletzt auf die politischen Konstellationen in Italien. Insofern helfen die Nuntiaturberichte ein weiteres Mal, einen allzu sehr auf die Szenerie des Reichs fixierten Blick zu weiten.

Am Ende ein unvermeidlicher, aber notwendiger Hinweis: Wer einen solchen umfänglichen Band in der Hand hat, ist einerseits beeindruckt und freut sich auf die Entdeckungen, die in dieser Edition zu machen sein werden. Andererseits steht die Frage im Raum, warum es zum gedruckten Band nicht auch eine online-Fassung gibt. Man wird ja nicht mehr diskutieren müssen, welch großartige Möglichkeiten und auch Vorteile eine elektronische Edition heutzutage bietet. Vielleicht tut sich ja schon etwas beim noch ausstehenden Folgeband, der dann die Lücke zum schon vorliegenden Band 7 (1634-1635) schließen wird.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/290

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James II in meiner Dissertation

Nachdem ich all die Konferenzen nun gut überstanden habe, zahlreiche neue Eindrücke und Ideen mitgenommen habe und die Chance hatte, meine Arbeit zu diskutieren, sitze ich seit ein paar Wochen wieder regelmäßig in der Bibliothek und beiße mich durch mein erstes Kapitel der Dissertation.

Dazu muss man wissen, dass ich von allen Kapiteln bereits eine grobe Struktur geschrieben habe und also weiß wie die Dissertation am Ende aussehen wird, welche Argumente ich an welcher Stelle bringen werde und wie alles ineinandergreift. Und jetzt geht es eben an das tatsächliche Schreiben. Wer mir auf Twitter folgt, hat vielleicht meinen freudigen Tweet vor kurzem gesehen, dass das allererste Unterkapitel meines ersten Kapitels nun fertig sei – komplett mit allen Fußnoten, Inhalten und ausformulierten Sätzen. Da gehe ich vor der Überarbeitung nicht mehr dran! Das zweite Unterkapitel habe ich inzwischen auch fertiggestellt. Und ich hoffe, das gesamte erste Kapitel dann diese Woche zu beenden.

Was ist nun dieses erste Kapitel? Nicht die Einleitung, die schreibt man ja meistens zum Schluss, sondern in meinem Fall das Fallbeispiel, in dem ich mich am besten auskenne: die Absetzung von James II. in der Glorious Revolution.

Mit diesem Thema beschäftige ich mich seit mindestens drei Jahren immer wieder recht intensiv und auch auf den drei Konferenzen diesen Juli haben sich zwei meiner Vorträge mit Aspekten davon beschäftigt.

In den nächsten drei Artikeln, werde ich hier kurz vorstellen, 1. was die Glorious Revolution eigentlich war, 2. warum aktuell soviel über verschiedene Aspekte diskutiert wird und 3. was meine Einschätzung zu den Vorgängen ist.

Quelle: http://csarti.net/2013/09/james-ii-in-meiner-dissertation/

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Archiverschließung und -verwaltung mit standardkonformer Software

Maßgeblich für die Ausführungen zu den Standards ISDIAH, ISAAR, ISDF und ISAD in diesem Papier sind jeweils die englischsprachigen Ausgaben, die auf der Website des ICA verfügbar sind: http://www.ica.org/10206/standards/standards-list.html.

Gliederung:

0. Einleitung.

1. Erschließung.

1.1. Beschreibung des Archivs als Collection Holding Institution (ISDIAH/EAG).

1.2. Beschreibung von Bestandsbildnern (ISAAR-CPF/EAC-CPF).

1.3. Beschreibung von Funktionen (ISDF).

1.4. Beschreibung von Archivgut (ISAD-G und EAD).

1.5. Visualisierung von Beziehungsgemeinschaften mittels Digitalisaten, METS.

1.6. Beschreibung von semantischen Beziehungsgemeinschaften (CIDOC CRM).

2. Beständeverwaltung / Magazin.

3. Nutzungsverwaltung.

4. Anhang: Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G).

0. Einleitung

Fragt man danach, was eine Archivsoftware heute zu leisten imstande sein soll, so könnte man in einem Brainstorming zu einem folgenden ersten Ergebnis kommen:

  • Standardgemäßes Erstellen und Verwalten von Authority Records (Thesauri?) für CPFs, Funktionen, Events, Orte (ISAAR, ISDF (ISAF?), EAC, …)
  • Standardgemäße Beschreibung von Archivgut (ISAD(G), EAD)
  • Standardkonforme Verwaltung digitaler Daten inklusive administrativer Metadaten (PREMIS), Verknüpfung zu digitalem Archiv möglich (DIMAG)
  • Integration von Digitalisaten in Erschließung und Findmittel, inkl. standardisierter Beschreibung (METS)
  • Relationale Erschließung durch standardisierte Beschreibung von Beziehungen und Entitäten (CIDOC CRM)
  • Nutzergesteuerte dynamische Generierung von Gliederungen und virtuellen Beständen auf der Grundlage von Thesauri o.ä.
  • Exportierbarkeit in EAD-XML und EAC-XML, Profilauswahl DDB, APEx, LoC sowie beschränkt frei konfigurierbar.
  • Ausdruck von Findmitteln nach ISDIAH-, ISAAR-, ISDF- und ISAD-Vorlagen sowie frei konfigurierbar
  • Erzeugung von onlinefähigen Findmitteln in Form von selbständigen HTML-Präsentationen  ohne Benötigung von Server-Komponenten oder Web-Diensten für ihre Nutzung

Sofort wird deutlich, dass Archivarbeit zu einer Arbeit mit internationalem Anspruch an die Standardisierung geworden ist, dass Metadatenformate zu „identity“ und „integrity“ eine zentrale Rolle spielen und dass die Nutzerorientierung der Archive zusammen mit den neuen technischen Möglichkeiten ein neues Verständnis von Erschließung und ihren Zielen geweckt hat. Daraus lassen sich Anforderungen ableiten, die eine markttaugliche Archivsoftware heute standardmäßig erfüllen sollte. Sie sind nicht unbedingt neu, sollen aber im Folgenden noch einmal zusammengefasst werden und dabei insbesondere Bezug auf die Bedürfnisse des Universitätsarchivs Bayreuth nehmen. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Erschließung, die Bereiche der Beständeverwaltung, des Magazins und der Nutzungsverwaltung wird nur gestreift, wenngleich dem Autor bewusst ist, dass gerade die Unversehrtheit und Authentizität von Archivgut im Verlauf seiner Verwahrung hohe technische Standards zu beachten zwingt, insbesondere wo es sich um digitale Archivalien handelt. Diese Standards sind aber weitgehend unstrittig und die Ansprüche an ihre technische Umsetzung variieren bei den Archivaren wohl deutlich weniger als im Bereich der Erschließung.

1. Erschließung

1.1. Beschreibung des Archivs als Collection Holding Institution (ISDIAH/EAG)

Für die Beschreibung von Institutionen, die archivalische Bestände und / oder Sammlungen verwahren, hat der Internationale Archivrat (ICA) den Standard ISDIAH entwickelt. Ihm soll der für die Onlinedarstellung geeignete XML-basierte Standard EAG (Encodes Archival Guide) entsprechen.

Der Standard ISDIAH ermöglicht den Beginn der Stufenerschließung auf der Ebene des Archivs als erster Verzeichnungsstufe. Um von dort auf die nächst tiefere Stufe zu kommen, benötigt die Beschreibung entsprechende Schnittstellenbereiche. Im Abschnitt Control Area ermöglicht ISDIAH sowohl eine Kurzbeschreibung der einzelnen Archivbestände als auch eine Verknüpfung zu Normdateien, die Aktenbildner beschreiben und im Standardformat ISAAR vorliegen. Entsprechende Verknüpfungspunkte benötigt EAG zu EAC-Dateien. In bislang testweise eingesetzten EAG-Profilen in Deutschland liefert beispielsweise der Tag <repositorguides> die Verknüpfung zu Beständeübersichten.[1] Damit verhält sich EAG ebenso konsequent wie die Standards EAC und EAD, die kaum Überschneidungen mit Beschreibung anderer Erschließungsentitäten zulassen. Sie unterscheiden sich dadurch sowohl von ISDIAH als auch von ISAAR und ISAD. Letztere erlauben stets die Verknüpfung durch integrierte Kurzfassungen der Beschreibung. So erlaubt ISDIAH in seinem Kapitel 6, Kurzbeschreibungen von Bestandsbildnern und deren Überlieferung, die sich im Archiv befinden. Von hier aus ist der Link zu den ausführlichen ISAAR- und ISAD- Beschreibungen der Bestandsbildner und Bestände zu setzen. Diese Form der ineinander verflochtenen Beschreibungen beinhaltet zwar regelmäßig ein Stück Redundanz, ist aber zugleich nutzerfreundlich, weil dadurch exzerpierte Konzentrate von Information bereitgestellt werden.[2]

Das EAG-Profil des Bundesarchivs vom Februar 2009, das auf seiner Website veröffentlicht ist (http://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/archivportald/090209_eag_profile_en.pdf), scheint mit ISDIAH weitgehend übereinzustimmen. Nicht zu finden waren im Beschreibungsbereich der ISDIAH-Abschnitt 5.3.2 Geographical and cultural context, 5.3.3 Mandates/Sources of authority, 5.3.5 Records management and collecting policies, 5.3.7 Archival and other holdings, 5.3.8 Finding aids, guides and publications. Im Bereich “Dienstleistungen” fehlt 5.5.3 Public Areas. Ferner fehlen einige Punkte im Kontrollbereich, vor allem 5.6.3 Rules and/or conventions used.

Ob die Abbildung aller ISDIAH-Abschnitte in EAG nötig ist, mag man differenziert sehen. Auf die Beschreibung der Public Areas (5.5.3) mag man wohl leicht verzichten können.

Eine Archivsoftware sollte gleichermaßen ISDIAH und EAG bedienen können. Wenn ein Archiv seine eigene Beschreibung als gleichsam oberste Erschließungsstufe ansehen möchte, so wird es dafür einen Erschließungsstandard anwenden, der angemessen ausführliche Informationen aufnehmen kann. Das vorliegende EAG-Profil ist dafür noch zu eng. Zweckmäßig erscheint es, im deutschen Archivwesen derzeit das EAG-Profil des Bundesarchivs zwar zugrunde zu legen, es aber flexibler zu gestalten, indem beispielsweise mehr Freitextfelder vorgesehen werden. Die angebotenen Crosswalks sind teilweise nicht wirklich kompatibel. So referenziert der bei Arnold angebotene ISDIAH-EAG-Crosswalk für Nr. 5.4.3 Accessibility von ISDIAH, wo geographische und Informationen zur Anreise zum Archiv und keineswegs nur Angaben über Barrierefreiheit einzutragen sind, lediglich auf <desc><buildinginfo><handicapped>.[3] Wo Angaben zur Anreisegeographie eingetragen werden können, ist nicht ersichtlich.

Die hier bestehenden Unklarheiten sollten insbesondere bei den zuständigen Stellen des Archivportals D (DDB) und des Projekts APEx vorgebracht werden. Erst wenn Klarheit über die künftige Ausrichtung eines EAG-Profils besteht, sollten Veränderungen bzw. Erstimplementierungen in der Software vorgenommen werden.

ISDIAH: http://www.ica.org/?lid=10198

1.2. Beschreibung von Bestandsbildnern (ISAAR-CPF/EAC-CPF)

Die Beschreibung mittels ISAAR-CPF / EAC-CPF bezieht sich in erster Linie auf Bestandsbildner (creator). Die Entwicklungen und Metadatenmodelle, die in unterschiedlichen internationalen Portalprojekten zur Anwendung kommen, verwenden zur Bezeichnung des Beschreibungsobjekts inzwischen lieber den Begriff des agent. Dabei spielt es mitunter explizit keine Rolle mehr, ob das Beschreibungsobjekt als Bestandsbildner oder sonstiger Akteur auftritt, der in irgendeiner Beziehung zur Entstehung, zum Inhalt oder zur Gestaltung von Archivbeständen und Sammlungen steht. Unter dieser Voraussetzung kommt der Beschreibung von Funktionen im Rahmen einer Akteursbeschreibung gesteigerte Bedeutung zu.

Metadatenmodelle zeigen Beziehungen zwischen Archiven, Bestandsbildnern und anderen Akteuren, Funktionen und Beständen auf. Demzufolge sind neben diesen vier Entitäten deren Beziehungen zueinander ein wesentliches Objekt der Erschließung. Die Darstellung von Erschließungsergebnissen dient der Visualisierung solcher Beziehungsgemeinschaften, wobei die Entitäten die Eckpunkte sind, die eine flexible Visualisierung durch die jeweilige Konzentration auf die eine oder die andere Entität ermöglichen. Die Folge ist, dass Archivbestände keine absolute Tektonik besitzen. Bisher wurden Tektoniken im Hinblick auf eine Ausrichtung auf jeweils eine einzige Entität fixiert. Archive waren entweder nach Bestandsbildnern gegliedert oder nach Funktionen, wobei letztere Fälle in der Realität zumeist nur Überreste des Pertinenzprinzips waren.

Die Zuweisung von mit Archivgut in Beziehung stehenden Akteuren ist von einer Tektonik jedoch zunächst völlig unabhängig. Bei der Erschließung von Archivgut sind solche Informationen Attribute, die den Beschreibungen hinzugefügt werden müssen. Um im Weiteren Beziehungsgemeinschaften anderer Art flexibel darstellen zu können, dürfte sich die Anwendung des Prinzips der Vererbung von Information von der höheren zur niedrigeren Verzeichnungsstufe nicht länger anwenden lassen. Denn auf höherer Stufe angebrachte Information fixiert die Strukturen, die unterhalb geschaffen werden. Das aber macht Erschließungsvisualisierung inflexibel. Es ist daher eine Anforderung an Archivsoftware, alle für eine Verzeichnungsstufe zutreffende Erschließungsinformation unmittelbar bei der Verzeichnungseinheit vorzuhalten, auch wenn dadurch scheinbar Redundanz entsteht.

Zusätzlich zur Information über Akteure bedarf die Erschließung der Information über die wahrgenommenen Funktionen. Es genügt dafür nicht, den einzelnen Akteuren bei deren Beschreibung Funktionen attributiert zu haben. Bei der Verzeichnung von Archivgut sind die einzelnen Funktionen beim Namen zu nennen, die sich in den Verzeichnungseinheiten spiegeln. Geht man auch hier so vor, dass die Information über die Funktionen nicht nach dem Vererbungsprinzip, sondern jeweils unmittelbar bei den Verzeichnungseinheiten vermerkt werden, ermöglicht man eine strukturierte Visualisierung des Archivbestands nicht nur nach den institutionellen, sondern alternativ auch nach den funktionalen Provenienzen.

Für eine Archivsoftware bedeutet das, dass eine feste Tektonik keine so wichtige Rolle mehr spielt. Zwar werden auch künftig viele Archivare das Tektonikmodell für die Erschließung nutzen. Eine Software, die das als einzige Erschließungstechnik zulässt, entspricht den Anforderungen der modernen Archivwissenschaft jedoch nicht. Flexible Erschließung von Beziehungsgemeinschaften könnte beispielsweise mit Thesauri arbeiten, die mit Normdatensätzen verknüpft sind. So müsste es einen Thesaurus für Akteure geben, die nach ISAAR-CPF / EAC-CPF beschrieben werden, und einen Thesaurus für Funktionen, die nach ISDF beschrieben werden. Die Beschreibung des Archivguts nach ISAD / EAD stünde weiterhin im Mittelpunkt der Software. Die Gliederung der Bestände sollte durch Hierarchisierungen innerhalb der Thesauri erfolgen, die durch die Attributierung eines Thesauruseintrags an die Verzeichnungseinheit übertragen würde. Die Tektonik ergäbe sich, indem die Software bei einer Findmittelgenerierung auf die Hierarchieinformation der attributierten Thesauruseinträge zugreift und die Verzeichnungseinheiten darauf gründend tektonisch sortiert. Der klassische Tektonikbaum wäre während der Verzeichnung nicht mehr nötig. Seine eigentlich Funktion, Strukturen zu fixieren, wäre noch dort anzuwenden, wo solche im Einzelfall vom Archivar festgesetzt werden, beispielsweise in der Abbildung von Serien.

Grundsätzlich ist es wünschenswert, alle Felder in einer Erschließungssoftware, in die deskriptive Metadaten eingetragen werden, mit einem jeweils passenden EAC- bzw. EAD-Tag zu versehen. Für Exporte wäre dann zu definieren, ob ein vorgehaltenes Fremd- oder Portalprofil (z.B. für das Archivportal Europa) angewandt oder ob ein Vollexport (oder manuell eingeschränkter Export) nach einem softwarespezifischen oder beispielsweise nach einem an der vollständigen EAD Tag Library orientierten Profil ausgegeben werden soll. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass die komplette Verzeichnung standardgerecht erfolgt und in einem standardgerechten Export abgebildet werden kann.

ISAAR-CPF: http://www.ica.org/10203/standards/isaar-cpf-international-standard-archival-authority-record-for-corporate-bodies-persons-and-families-2nd-edition.html

1.3. Beschreibung von Funktionen (ISDF)

Für die Beschreibung von Funktion existiert noch kein XML-basierter Standard. Ein „EAC-F“ steht noch aus. Wie institutionelle Provenienzen im CPF-Thesaurus gemäß ISAAR-CPF oder EAC-CPF beschrieben werden sollen, so könnte analog dazu die Beschreibung von Funktionen im Funktionenthesaurus erfolgen. Die Feldaufteilung entspräche den Vorgaben des ISDF. Sobald es einmal einen Standard EAC-F geben wird, kann den Feldern mittels Crosswalk der jeweils zugehörige EAC-Tag hinterlegt werden.

ISDF: http://www.ica.org/10208/standards/isdf-international-standard-for-describing-functions.html

1.4. Beschreibung von Archivgut (ISAD-G und EAD)

Die meisten auf dem Markt erhältlichen Erschließungsprogramme sind weitgehend ISAD(G)-konform und bieten ein EAD-Exportmodul an. Nähere Ausführungen zur Anwendung von Verzeichnungsstufen finden sich im Anhang „Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G)“. EAD-XML ist als Austauschformat mehr als nur ein Exportformat zur Präsentation von Erschließungsdaten in Portalen. Vielmehr ist es geeignet, kollaborative Erschließungsprojekte zu begünstigen, Inhalte zu exportieren, andernorts weiterzubearbeiten, wieder zu importieren und mit zusätzlichen Daten, die an einem dritten Ort dazu erhoben wurden, zu vervollständigen: kollaborative Erschließung am virtuellen Bestand. Insofern soll das EAD-Profil eher weit ausgreifen als auf wenige Felder beschränkt sein. Für das Universitätsarchiv Bayreuth soll das heißen, dass es sich bis zur Veröffentlichung des revidierten EAD-Schemas durch die Library of Congress am Profil des Bundesarchivs orientiert, das von diesem auf seinen Websites bereitgestellt ist. Zugleich soll eine Archivsoftware Tool bereitstellen, die einen flexiblen Umgang mit diesem Profil erlaubt, wie z.B. Matching mit Portalprofilen, freie Auswahl von zu exportierenden Daten, um Exportfiles zu beliebig unterschiedlichen Zwecken zu nutzen. Der Softwareanbieter muss in der Lage sein, hier nötigenfalls unkomplizierten technischen Support im Rahmen seines Lizenzvertrags zu leisten. Grundsätzlich sollen Exporte, Importe und Konfigurationen vom Bearbeiter über eine Menüsteuerung am Arbeitsplatz erfolgen. Das originale Findbuch soll der EAD-XML-File sein, der zusammen mit einer Ausgenerierung in eine HTML-Präsentation publiziert wird.

EAD: http://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/archivportald/090407_ead_profil_findbuch_de.pdf

ISAD(G): http://www.ica.org/10207/standards/isadg-general-international-standard-archival-description-second-edition.html

1.5. Visualisierung von Beziehungsgemeinschaften mittels Digitalisaten, METS

Erschließung, die es sich zum Ziel setzt, die Mehrschichtigkeit von Kontexten, ihre (chronologische) De- und erneute Rekontextualisierung aufzuzeigen, muss, um nicht in der Theorie verhaftet zu sein, mit Digitalisaten arbeiten, die es auch erlauben, Beziehungsgemeinschaften in einer Weise zu rekonstruieren, der die Ordnung des analogen Archivguts nicht entspricht. Es muss möglich sein, beispielsweise Akten sichtbar zu machen, die als in dieser Struktur nicht oder nicht mehr real existieren. Durch eine flexible Aneinanderreihung von Images, die zusammen als Akte vom verzeichnenden Archivar definiert wird, ist diese Visualisierung möglich. Der Archivar würde diese neu entstandene Einheit mittels einer METS-konformen Beschreibung als Einheit kennzeichnen und sie seiner (EAD-konformen) Beschreibung hinzugesellen.

Eine Archivsoftware muss die Fähigkeit besitzen, zu jeder Magazineinheit (!) ein Korpus von dazugehörigen Digitalisaten zu verwalten. Die Verknüpfung von Digitalisaten zu METS-Einheiten und mit EAD-Beschreibungen muss stets so weit nachvollziehbar sein, dass die administrativen Metadaten der Images jederzeit genauestens treffsicher zu den Lagerorten der analogen Originalvorlagen führen. Die originalen Einzelteile einer virtuellen Verzeichnungseinheit, die aus 150 quer durch das Magazin verstreuten Blättern bestünde, müssten mittels der mit der Beschreibung verknüpften METS-Datei und der den Digitalisaten inhärenten Metadaten jederzeit treffsicher auffindbar sein.

1.6. Beschreibung von semantischen Beziehungsgemeinschaften (CIDOC CRM)

Bei dieser Form der Erschließung werden Beziehungen zwischen Archivgut, Funktionen und Akteuren beschrieben. Die Arten der Beziehungen werden im Vorfeld standardisiert und in einem Thesaurus niedergelegt. Dadurch werden bei der Recherche Hierarchien durch den Nutzer frei definierbar. Er steuert die dynamische Generierung von Gliederungen und virtuellen Beständen auf der Grundlage von Thesauri nach seinen Recherchezielen.

Ein möglicher Standard, von dem man ausgehen könnte, zeigt sich in dem im Museumswesen entwickelten CIDOC Conceptual Reference Model. Es „ist eine formalisierte Ontologie, mit der unterschiedlich strukturierte Informationen aus dem Bereich des Kulturellen Erbes integriert, vermittelt und ausgetauscht werden können. Das CRM ist der Kulminationspunkt eines über 10 Jahre währenden Prozesses der Standardisierung kultureller Informationen innerhalb des Internationalen Ausschusses für Dokumentation (CIDOC) des Internationalen Museumsrates (ICOM, International Council Of Museums).“[1] Er besteht im Wesentlichen aus einem System von Klassen und einem System von Eigenschaften. Die Klassen sind die zu beschreibenden Entitäten, die Eigenschaften drücken die Art der Beziehung der Entitäten zueinander aus.

Eine Erschließung in Anlehnung an CIDOC CRM in Kombination mit den übrigen in diesem Papier genannten Standards bedeutet, die Konversionsmöglichkeiten der Produkte auf der Basis der herkömmlichen Standards zu erproben und Wege zur Optimierung der Ausgangsdaten zu finden. Beispielsweise lassen sich EAD-XML-Files in CIDOC CRM prinzipiell konvertieren, wenngleich sie die Möglichkeiten von CIDOC CRM nicht ausschöpfen.

2. Beständeverwaltung / Magazin

Eine moderne Archivsoftware soll eine klassische Magazinverwaltung ebenso beinhalten wie eine Schnittstelle zur Verwaltung eines digitalen Archivs unter Beachtung der dafür geltenden Standards. Besonders wünschenswert ist die Beachtung der für die Nutzerarchive relevanten archivübergreifenden Projekte, da digitale Archivierung eher selten von Archiven in Eigenregie ausßerhalb von Verbundstrukturen durchgeführt wird. Für Süddeutschland ist hier sicher das Projekt DIMAG zu berücksichtigen. Die Nutzung des OAIS-Referenzmodells für digitale Archivierung sollte dennoch nicht ausschließlich durch Schnittstellen zu solchen Projekten quasi ausgelagert werden, sondern nach Möglichkeit auch in einer Komponente in die Software integriert sein, etwa zur standardgerechten Archivierung digitaler Fotos, Dateien, E-Mails etc, die – anders als Datenbanken – bereits kurzfristig ins Archiv gelangen können.

3. Nutzungsverwaltung

Hierher gehört die Unterstützung der Speicherung der Nutzungen von Archivalien durch konkrete Nutzer, ihre Forschungsthemen etc., ferner u.a. die Generierung von Ausleihzetteln für das Magazin und den Nutzerakt. Den Anforderungen einiger Bundesländern entgegenkommend wäre die Führung einer elektronischen Benützerakte in der Archivsoftware ein künftig zu erwägendes Desiderat. Zur Nutzungsverwaltung gehören auch die erforderlichen Tools zur Protokollierung von Aushebung und Reponierung von Archivgut.

4. Anhang: Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G)

 

 

Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G)

Leitfaden für die Implementierung von Verzeichnungsstufen in die Erschließungssoftware des Archivs der Universität Bayreuth

 

Auf dem XIV. Internationalen Archivkongress in Sevilla wurde im Jahr 2000 die zweite, überarbeitete und den Anforderungen der archivischen Praxis angepasste Auflage der ISAD(G) veröffentlicht. Sie liegt in einer deutschen Übersetzung von Rainer Brüning, Werner Heegewaldt und Nils Brübach als 23. Band der „Veröffentlichungen der Archivschule Marburg“ vor. Als Autor firmiert das „Komitee für Verzeichnungsstandards“ des Internationalen Archivrats (ICA-CDS). ISAD(G) soll zwar primär als Verzeichnungsstandard fungieren, der ggf. vorhandene nationale Standards ergänzt und modifiziert, zum zweiten wurde in seiner zweiten Auflage verstärkt betont, dass ISAD(G) zugleich Instrument zum internationalen Austausch von Verzeichnungsinformation sein kann. Hier findet sich die Verknüpfbarkeit zum Austauschstandard EAD, der mittels vorhandener Crosswalks vorgenommen werden kann.

 

Der Aufbau einer Erschließungssoftware orientiert sich meist an den ISAD(G). Das Aufbauprinzip dieser Richtlinien ist ein Stufenmodell. Das bedeutet in der Hauptsache, dass Erschließungsinformation, die bereits auf höherer Ebene erfasst wird, auf den nachgeordneten Ebenen nicht mehr wiederholt wird. Auf diese Weise unterscheidet sich die archivische Erschließung fundamental von der bibliothekarischen Katalogisierung. Die Stufenverzeichnung ist ein Versuch, der „Vereinzelung von Archivguteinheiten entgegenzuwirken, indem diejenigen Informationen, die mehrere Verzeichnungseinheiten gleichzeitig betrifft, auf einer höheren Stufe erfasst, aber mit den Elementen verknüpft und gemeinsam ausgetauscht wird.“[i] Der Gefahr der Individualisierung der Einzelstücke soll damit begegnet werden. Verbunden mit diesem Verzeichnungsprinzip ist ein Bestandsbildungsprinzip, das die Kohärenzen innerhalb eines Bestandskorpus zu bewahren bestrebt ist. Der Verzeichnungsstandard ISAD(G) setzt somit ein hierarchisches Informationsgeflecht zwischen Archivalieneinheiten, Archivaliengruppen und Teilbeständen voraus, um sinnvoll angewandt zu werden. Auf diese Weise ergänzen sich das Prinzip der Bestandsbildung auf der Grundlage der Entstehungsstellen und das Prinzip der integrativen Verzeichnung hierarchisch aufeinander aufbauender Informationsebenen (Stufenverzeichnung), dem Prinzip der ISAD(G). Gleich vorweggeschickt sei, dass das Stufenmodell zwar ein Ausgangspunkt, aber für eine realitätsbezogene Erschließung mit heutigen technischen Möglichkeiten nicht mehr ausreichend ist. Die Vielfalt von Kontexten, die Erschließung abzubilden in der Lage ist, lässt die Einschränkung auf eine einzige Struktur und Kontexteinbettung, wie sie ISAD(G) verlangt, heute als realitätsfern oder den bei seiner Entwicklung noch nicht vorhandenen erweiterten Möglichkeiten der Informationstechnologie geschuldet begreifen. Gleichwohl ist ISAD(G) nach wie vor ein geeigneter Einstieg und eine wichtige Grundlage für die archivische Erschließung, zumal der Standard ja nicht auf das Stufenmodell und den Vererbungsgrundsatz beschränkt ist.

 

Das Stufenmodell, das die Bezeichnung der einzelnen Ebenen im Begriff der „Verzeichnungsstufe“ differenziert, lässt sich mit den „Kompositionsstufen“ der Erschließungslehre von Johannes Papritz in Beziehung bringen. Dabei besteht jede Kompositionsstufe aus Einheiten von verknüpften Elementen (Kompositionen), deren jedes für sich in einer voneinander verschiedenen Entstehungsstufe (Entwurf, Ausfertigung usw.) existieren kann. Diese Einheiten oder Kompositionen bieten die Grundlage für die Verzeichnungsstufe. Eine Zusammenstellung von Schriftstücken kann ceteris paribus als Akt bezeichnet werden, der auf der Verzeichnungsstufe der Akte beschrieben wird. Bilden mehrere Akte eine Serie, wird die Serie auf der Verzeichnungsstufe der Serie/Aktengruppe beschrieben, wobei die Erschließungsinformationen, die für alle diese Akte zutreffen, auf der Verzeichnungsstufe der Serie hinterlegt werden. Auf der Verzeichnungsstufe Akte finden sich dann nur die Informationen, die den einzelnen Akt der Serie vom anderen unterscheiden. Das Stufenmodell der ISAD(G) ist somit ein hierarchisches Modell der Beschreibung von Einheiten ohne informative Redundanz. Das Beschreibungsmodell wird auf diese Weise sehr komplex, je höher die oberste Verzeichnungsstufe angesetzt wird. Der Bedarf an Verzeichnungsstufen dürfte mit den folgenden weitestgehend abgedeckt sein:

 

  1. Bestandsgruppe
  2. Bestand/Fonds
  3. Teilbestand/Subfonds
  4. Serie/Aktengruppe
  5. Akt/File
  6. Vorgang/Subfile/Item (intellektuell unteilbare kleinste Einheit)
  7. Einzelstück/Dokument/Piece (physisch nicht weiter unterteilbare Einzelstück).

 

Diese Verzeichnungsstufen bezeichnen die Position der Verzeichnungseinheit im Bestandsaufbau. Sie bedürfen der Erläuterung.[ii]

 

  1. Bestandsgruppe:
    Die Bestandsgruppe ist ein fakultatives Element in der Tektonik eines Archivs, das nicht durchgängig für alle Bestände existieren muss. Bei der Erschließung werden die gemeinsamen Merkmale beschrieben. Die Bildung von Bestandsgruppen soll für den äußeren Betrachter nachvollziehbar, transparent und einsichtig sein. Es empfiehlt sich, die Bestandsgruppe auch als Verzeichnungsstufe zu verstehen.

 

  1. Bestand:
    Der Bestand ist das zentrale Strukturierungselement des Archivgutes eines Archivs. Ein Bestand umfasst idealerweise eine zusammengehörende Gruppe von Archivgut meist von einem Schriftgutbildner. Er ist auf der ersten (bzw. zweiten, falls Bestandsgruppen vorhanden) Gliederungsstufe unter der umfassenden Tektonik eines Archivs angesiedelt. Ein Bestand, der nur Archivgut unter Wahrung der Entstehungszusammenhänge umfasst, wird als Fonds bezeichnet. – Auf die einheitliche Herkunft legt die Definition in den ISAD(G) noch größeren Wert. Bestand und Fonds werden hier grundsätzlich gleichgesetzt: „Alle Unterlagen, unabhängig von Form und Trägermaterial, die auf organische Weise bei einer Person, Familie oder Körperschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit und Funktion erwachsen und / oder von ihr zusammengestellt bzw. genutzt worden sind.“

 

  1. Teilbestand:
    „Untergliederung eines Bestands, die den verwaltungsmäßigen Aufbau der Provenienzstelle widerspiegelt, oder, wenn dies nicht möglich ist, nach geographischen, chronologischen, funktionalen oder ähnlichen Kriterien erfolgt. Wenn die Provenienzstelle eine komplexe hierarchische Struktur aufweist, so hat jeder Teilbestand wiederum so viele Untergliederungen, wie notwendig sind, um die Stufen der hierarchischen Struktur der betreffenden Organisationseinheit deutlich zu machen.“ – Die Teilbestände finden sich im Aufbau eines Findbuchs demnach in der Gliederung. Jeder Gliederungspunkt bildet einen Teilbestand ab. Die Abbildung der Teilbestände erfolgt demnach nicht in der Titelliste.

 

  1. Serie:
    Dabei handelt es sich um „Unterlagen, die nach einem Schriftgutverwaltungssystem geordnet oder als Einheit aufbewahrt werden, weil sie aus derselben Sammlung, demselben Entstehungsprozess oder derselben Tätigkeit erwachsen sind, eine besondere Form aufweisen oder weil sie in besonderer Beziehung zueinander stehen aufgrund ihrer Entstehung, ihres Empfangs oder ihrer Nutzung. Eine Serie kann als Aktenserie aufgefasst werden.“ Menne-Haritz legt Wert darauf, dass es innerhalb einer Serie unter den Serienelementen keine inneren Anhaltspunkte zu einer Systematisierung gibt. Als äußere Kriterien nennt sie exemplarisch die alphabetische, numerische oder chronologische Sortierung, zum Beispiel auch nach Korrespondenzpartnern. Die physischen Einschnitte werden durch Lagerungs- und Kompositionstechnik bedingt. Man kann daraus folgern, dass Serienelemente keine eigenen Titel haben können, sondern dieser immer dem Serientitel entsprechen muss und durch einen Enthältvermerk bei Bedarf näher spezifiziert werden kann. Die Erfüllung dieser Mindestvoraussetzung muss auch bei der Bildung von Serien und Aktengruppen beachtet werden, wenn sie erst im Archiv geschieht. Diese Folgerung sollte zur Sicherheit der einheitlichen Handhabe in die Erschließungsrichtlinien einfließen. Subserien sind Serien, die von einem Serienelement abhängen. Für sie gilt grundsätzlich das Gleiche wie für die Serie. Der spezifizierende Enthältvermerk des subserienbegründenden Serienelements ist im Sinne der „Scope and Content“-Definition der ISAD(G) der Titel der nachgeordneten Subserienelemente.

 

  1. Akt/File:
    Der Akt (Plural Akte) bzw. identisch die Akte (Plural Akten) wird in den ISAD(G) definiert als „organisierte Einheit von Schriftstücken, die entweder von der Provenienzstelle für den laufenden Gebrauch oder im Prozess der archivischen Ordnung aufgrund ihres Bezuges zum selben Gegenstand, zur selben Tätigkeit oder zum selben Vorgang zusammengestellt wurde. Eine Akte ist gewöhnlich Teil einer Serie.“ Hier weichen die deutsche Erschließungstradition und das deutsche Aktenverständnis in zwei Punkten deutlich von der Definition ab. Zum einen lassen sich Akten und Vorgänge aktenkundlich unterscheiden. Zwar kann ein Vorgang mit einem Akt identisch sein. In sehr vielen Fällen setzt sich ein Akt aber aus einer Anzahl von Vorgängen zusammen, so dass eine Trennung in zwei Verzeichnungsstufen anzuraten ist.[iii] Zum anderen ist ein Akt durchaus nicht gewöhnlich Teil einer Serie. Das mag je nach Registraturbildner unterschiedlich oft der Fall sein, kann aber nicht als Proprium eines Akts formuliert werden. Für die Findbucherstellung bedeutet das, dass Serien und Akten jederzeit auf gleicher hierarchischer Ebene stehen können. File ist zugleich als Generalbezeichnung für Archivalieneinheit zu verstehen. So können auch Einheiten anderer Archivaliengattungen (z.B. Urkunden, Fotos usw.) in den allermeisten Fällen dieser Verzeichnungsstufe zuzuordnen sein, falls sie nicht als Einzelstücke im Sinne von Nr. 7 aufzunehmen sind.

 

  1. Vorgang/Subfile/Item:
    Der Vorgang ist die intellektuell kleinste unteilbare Einheit von Archivschriftgut und ist immer Teil solcher Akten, die nicht selbst intellektuell kleinste unteilbare Einheit sind. Dabei handelt es sich um einen jeweils einzelnen, meist kooperativen „Entscheidungsprozess mit schriftlicher interner Steuerung und genau definiertem Beginn und Abschluss im Rahmen des Geschäftsgangs. Der Begriff bezeichnet ebenso die in seinem Verlauf entstandenen und gemeinsam abgelegten Aufzeichnungen als unterste, sachlich nicht mehr teilbare Schriftgutgemeinschaft. Es gibt keine Standardformen eines Vorgangs.“ Das Ergebnis eines Vorgangs kann z.B. ein ausgehendes Schreiben, ein Bescheid, ein Rechtstitel wie eine Urkunde oder auch eine Rechtsvorschrift sein. Der Vorgang spielt als Verzeichnungsstufe nur dann eine Rolle, wenn er nicht auf Grund seines Umfangs als Akte formiert ist. Die Verzeichnungsstufe Vorgang erstreckt sich auf Einzelvorgänge in einem Betreffssammelakt. Eine Serie von Betreffssammelakten (Betreffsserie) kann in der Beschreibung der Serienelemente ebenfalls auf die Verzeichnungsstufe der Vorgänge weiter heruntergebrochen werden. Betreffssammelakten und Betreffsserien bezeichnen durch ihren Titel die beinhaltenden Vorgänge mit einem übergreifenden, oft verallgemeinernden Titel.[iv] Bei solchen Serien kann die Spezifikation der Serienelemente mitunter recht umfangreich oder sehr inhaltlich sehr unterschiedlich ausfallen. Hier empfiehlt es sich, die nächsttiefere Verzeichnungsstufe des Vorgangs zu nutzen. Die intellektuell kleinste unteilbare Einheit kann auch aus einem einzigen Blatt bestehen, wie es z.B. bei Urkunden häufig der Fall ist.

 

  1. Einzelstück/Document/Piece
    Gemeint ist die kleinste unteilbare physische Einheit, also das Blatt. Diese Verzeichnungsstufe spielt in der archivischen Erschließung eine untergeordnete Rolle, weil das Beschreibungsergebnis nicht in sachlichem Zusammenhang mit den Beschreibungen der übrigen Verzeichnungsstufen steht. Diese Stufe kann dann eine Rolle spielen, wenn Dokumente einer exakten Formalbeschreibung unterworfen werden sollen, z.B. zur Vorbereitung einer Edition. Einzelstücke können als solche Subelemente von Akten und Vorgängen sein. Hinsichtlich Einzelstücken, die zugleich intellektuell kleinste unteilbare Einheiten sind, s. Nr. 6. Von Bedeutung kann diese Verzeichnungsstufe bei der Erschließung von Unterlagen als Gattungsbestände sein. Die Erschließung von Karten und Plänen z.B. kann ganz bewusst ohne primäre Berücksichtigung von intellektuellen Zusammenhängen erfolgen. Beispielsweise können Pläne, die in Akten inseriert sind, mit einer eigenen Kartensignatur und einer Formalbeschreibung durch ein Kartenfindbuch auf der Verzeichnungsstufe des Einzelstücks gesondert erschlossen werden, ohne dem Akt entnommen zu werden.

 

Zwischen den Verzeichnungsstufen bestehen Abhängigkeiten. Dabei sind nach dem Stufenmodell folgende Fälle möglich, nach postkustodialistischer Ansicht sind alle Ebenen frei mit den anderen in jeder hierarchischen Abfolge zulässig:

 

Verzeichnungsstufe Subordinierbare Verzeichnungsstufen
Bestandsgruppe - Bestand
Bestand - Teilbestand- Serie- Akte

- Einzelstück

Teilbestand - Teilbestand- Serie- Akte

- Einzelstück

Serie / Bandfolge - Serie- Akte- Einzelstück
Akte/Archivalieneinheit - Vorgang- Einzelstück
Vorgang - Einzelstück
Einzelstück

Verzeichnungsstufen und mögliche Abhängigkeiten

 

In der modernen Archivwissenschaft wird teilweise die Ansicht vertreten, dass bei der Erschließung vielschichtiger Beziehungsgemeinschaften die Eindeutigkeit der Zuordnung von Archivalien zu je genau einem Bestand hinfällig werde. Damit einher geht der Verlust der Verbindlichkeit eindeutiger Abgrenzungen von Archivalien, da sich Beziehungsgemeinschaften nicht auf jeweils den gleichen Umfang eines Archivale beziehen müssen. Das wiederum bedingt die Aufhebung eines verpflichtenden Stufenmodells und der hierarchischen Vererbung von Information. Die große Errungenschaft von ISAD(G), mehrfach zutreffende Information nur einmal auf der jeweils höchsten zutreffenden Verzeichnungsstufe bringen zu müssen, erweist sich hier als Hindernis, das aufzulösen ist. Für eine moderne Erschließungssoftware bedeutet das, dass der Bearbeiter zwischen einer automatischen Vererbung festgesetzter Informationen auf die hierarchisch nachfolgenden Verzeichnungsstufen und dem Ausschluss dieser Vererbung wählen können sollte. Diese Anforderung wird für Softwareanpassungen allerdings nur dann relevant, wenn der Softwareentwickler bereits vorher die Kontextinformationsvererbung automatisiert hat, damit z.B. auch sachthematische Inventare aus der Findmitteldatenbank ohne Informationsverluste generiert und exportiert werden konnten. Eine moderne Archivsoftware muss es dem Bearbeiter möglich machen, Verzeichnungsstufen in beliebige Komposition zu bringen, z.B. einem Akt einen Bestand nachzuordnen. Gleichwohl müssen Warnhinweise eingebaut sein, die ungeübte Nutzer vor falschen Kombinationen zurückhalten.

Jede Verzeichnungsstufe hat ihr Profil, das die Verzeichnungselemente beinhaltet, die es auf der jeweiligen Stufe zu beschreiben gilt. In einer Erschließungssoftware kommt das einer Feldmaske für jede Verzeichnungsstufe gleich, die sich gestaltet, sobald der Bearbeiter die Verzeichnungsstufe für das zu beschreibende Objekt oder die Objektgemeinschaft ausgewählt hat. Diese Auswahl kann auf unterschiedliche Weise erfolgen.

Das Verzeichnungsprofil wird durch die Verzeichnungsstufe aus der Abgrenzung zu den jeweils anderen hierarchischen Ebenen in der Tektonik des Archivs in seine Form gebracht. Zum anderen wird das Verzeichnungsprofil durch die Anforderungen bestimmt, die an eine angemessene Beschreibung der einzelnen Archivaliengattungen zu stellen sind. Würden alle Felder, die sich im Hinblick auf Letzteres zusammenstellen lassen, unter Beachtung der zutreffenden Verzeichnungsstufe zu einem einzigen Verzeichnungsprofil zusammengeführt, ergäbe sich ein verwirrendes und unübersichtliches Verzeichnungsformular bzw. –maske. Es ist also nötig, bei der Programmierung eines Erschließungsclients darauf zu achten, dass gegebenenfalls mehrere Verzeichnungsmasken für die gleiche Verzeichnungsstufe zur Verfügung stehen.

[i] Zitate, wenn nicht anders angegeben, aus: ISAD(G) – Internationale Grundsätze für die archivische Verzeichnung, 2., überarb. Aufl., übersetzt und neu bearbeitet von Rainer Brüning, Werner Heegewaldt, Nils Brübach, Marburg, 2002.

[ii] Begriffsdefinitionen siehe: Angelika Menne-Haritz: Schlüsselbegriffe der Archivterminologie, Nachdruck der 3., durchges. Aufl., Marburg, 2006.

[iii] Die Version 1.3 der Archivsoftware MidosaXML hat diese Unterscheidung zwischen Akte und Vorgang in das Auswahlmenü der Verzeichnungsstufen übernommen und somit für den Bearbeiter klar visualisiert.

[iv] Beispiel: „Angelegenheiten ausländischer Arbeitskräfte“, Vorgänge: „Umgang mit deutschen Frauen“, „Einsatz in der mecklenburgischen Landwirtschaft“, „Heimat- und Urlaubsfahrten“ usw.

[1] Zitiert aus der deutschen Übersetzung des CIDOC CRM: http://cidoc-crm.gnm.de/wiki/index.php?title=Hauptseite&oldid=2337.

 

[1] So in der Software MIDEX.

[2] Kerstin Arnold schreibt im EAG-Anwenderleitfaden für eine Referenzanwendung für ein Archivportal Deutschland in diesem Sinne, dass beispielsweise die Abbildung der Archivtektonik in einem Verbundfindmittel „durch eine EAD-Beständeübersicht geschieht und Informationen nicht redundant gepflegt werden sollen“ (Das EAG-Proifl in MIDEX – Beschreibung und Anwenderleitfaden, bearb. v. Kerstin Arnold, Berlin, Februar 2009 (im Folgenden zitiert: Arnold, EAG-Profil), S. 8).

[3] Arnold, EAG-Profil, S. 75.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/794

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Digitale Geschichtswissenschaft

AG Digitale Geschichtswissenschaft

Heute fand in Braunschweig eine vielbeachtete Tagung der AG Digitale Geschichtswissenschaft im Deutschen Historikerverband statt - und ich bin nach einer Stunde enttäuscht gegangen. Vielleicht war das ein Fehler, aber das Interessante der ersten Stunde waren ohnehin nicht die "analogen" Elemente der Tagung, sondern die digitalen, sprich die Twitterkommentare (#digigw2103). Auf der Rückfahrt habe ich nicht nur weiter bei Twitter reingesehen, sondern auch überlegt, was mich so irritiert hat. Ich möchte das hier kurz zusammen fassen:

Zunächst und zuallererst hat mich die Tatsache verstört, als sei das Digitale noch immer etwas Neues. Vor 15 Jahren hätte ich das noch verstanden, aber nicht mehr heute. Wir sind längst alle in einer digitalen (ich habe hier mal von der dialogen Welt geschrieben) Welt angekommen, ob uns das nun passt oder nicht. Einige tun allerdings immer noch so, als gelte das nur in eingeschränktem Maße für sie. So konstruieren sie sich weiter eine analoge Welt. Dass die Bücher, auf die sich so gern bezogen wird, längst nur noch in Teilen analog sind, wird dabei gern vergessen. Von der Emailkorrespondenz, vom Nachschlagen in Wikipedia oder bei HSozKult ganz zu schweigen.

[...]

Quelle: http://digireg.twoday.net/stories/465680376/

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Rural History 2013

Leider konnte ich selbst nicht dabei sein, aber ich wäre es gerne gewesen. Lediglich die Vernunft hat mich davon abgehalten, im August meinen pickepacke-vollen Schreibtisch in München zurückzulassen und in den Zug nach Bern zu steigen. Dort tagte zum ersten Mal die nun fertig konstituierte European Rural History Organisation (EURHO). Vier Tage lang gab es Panels über Panels, drei Keynote-Sessions (erstens zum Englischen als lingua franca der Agrargeschichte und den Problemen, die damit einhergehen; zweitens zur europäischen Agrargeschichte und der Publikationsreihe Rural History in Europe, erscheint bei Brepols; und drittens zu Filmen in der Agrargeschichte), Exkursionen und Treffen (das ganze Programm hier). Und na klar, sicher hätte sich der Besuch der Tagung schon allein für die vielen interessanten Gespräche, Eindrücke und persönlichen Kontakte am Rande gelohnt. Gut (oder eher: nicht gut), das habe ich verpasst.

Aber: Auch wenn die EURHO offenbar nicht von besonders vielen digital historians geprägt ist – sucht nur mal nach dem Hashtag #eurho, viel passierte da nicht –, die OrganisatorInnen haben ganze Arbeit geleistet. Auf der schweizerischen Geschichtswissenschafts-Plattform infoclio.ch sind Videos von den Keynote Sessions abrufbar (bereitgestellt von vimeo), und immer mehr Panel-Berichte werden dort online gestellt.

Ich habe mir erst ein paar Dinge angesehen. Besonders gut finde ich die Videos der dritten Session, aber vielleicht auch deshalb, weil sie durch die Filmbeispiele aufgelockert sind und eben nicht einfach einen vortragenden Historiker/eine Historikerin ablichten. Ich bin sofort ein großer Fan des Films „Glück im Stall“ geworden, der in phantastischer Mélange aus Agrarromantik und Agrar-Technizismus die schweizerischen Fleckviehbauern zu einer rationaleren Zuchtpraxis anleiten sollte. Das ganze Glanzstück der Filmkunst (von 1964) gibt’s hier, Min. 01:09 bis 08:55.

So, und nun gehe ich wieder lesen (und Filme schauen) und informiere mich über all das, was ich in Bern verpasst habe. Beim nächsten Mal will ich unbedingt dabei sein. In zwei Jahren ist es wieder so weit, dann in Girona/Spanien!

Quelle: http://uegg.hypotheses.org/138

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Editorial. Noch eine neue Zeitschrift?

 

Die deutschsprachige Zeitschriftenlandschaft ist auf dem Feld der historisch-politischen Bildung reich und vielfältig. Die üblichen Formen der formalisierten wissenschaftlichen Qualitätssicherung sind etabliert. Dem Beobachtenden mag es manchmal scheinen, dass es nicht an Publikationsgelegenheiten mangelt, sondern an lesenswerten und diskussionsanregenden Texten. Dieses Phänomen des redaktionellen Nachfrageüberhangs auf dem Publikationsmarkt wird durch die vielen themenspezifischen Sammelbände, die allenthalben erscheinen, noch deutlich verstärkt. Diese große Textproduktion lässt aber auch die Frage aufkommen, wer das alles noch aufmerksam studieren soll? Es kann deshalb kein sinnvolles Projekt sein, den vielen etablierten Zeitschriften ein weiteres konkurrierendes Organ hinzuzufügen.

 

Drei Probleme: Erscheinungsfrequenz, Hermetik, Randständigkeit

Wenn man genauer hinsieht, kann man feststellen, dass diese Zeitschriftenlandschaft mit charakteristischen Problemen und Defiziten behaftet ist. Die einzelnen Blätter erscheinen in langer Frequenz und mit langer Produktionsdauer (auch wegen der aufwändigen kollektiven Qualitätssicherungen). Dies führt dazu, dass ein lebendiger und kontroverser Austausch über zentrale Probleme der historisch-politischen Bildung im Medium dieser Zeitschriften nur sehr schwer ins Laufen kommt. Solche besonders für diesen Themenbereich so essentiellen Kontroversen finden auf und am Rande von Tagungen statt, werden in der Regel nicht dokumentiert und entwickeln deshalb nicht ihr öffentliches Potenzial. In den gängigen Zeitschriften stehen die einzelnen Beiträge gleichsam als Monaden, und die üblichen Fußnotenscharmützel sind notgedrungen gestrig. Eine publizierte Reaktion auf eine solche Monade ist es im Augenblick ihres viel späteren Erscheinens auch.
Das Schreiben in den etablierten Zeitschriften trägt weitgehend hermetischen, manchmal esoterischen Charakter. Das liegt nicht nur an einer elaborierten Wissenschaftssprache, sondern auch an der geringen Auflagenstärke und Reichweite dieser Zeitschriften. In der Regel werden nicht mehr als wenige hundert Exemplare verkauft, von denen die meisten wiederum in die Bibliotheken wandern und dort die Regale füllen. Die GeschichtsdidaktikerInnen schreiben also weitestgehend nur für sich. Ihre entscheidende Zielgruppe, die LehrerInnen, aber auch eine interessierte Öffentlichkeit erreichen sie kaum.
Damit verbunden ist noch ein weiteres Problem: In der Öffentlichkeit und ihren Medien gibt es immer wieder Konflikte, die das Feld der historisch-politischen Bildung direkt betreffen. Da die GeschichtsdidaktikerInnen sich in einer abgeschirmten Öffentlichkeit bewegen, werden sie von den jeweils verantwortlichen JournalistInnen als ExpertInnen nicht wahrgenommen. Dadurch bleiben die spezifischen Rationalitätspotentiale unausgeschöpft, die von der Geschichtsdidaktik in ihrer mittlerweile 60jährigen wissenschaftlichen Entwicklung erarbeitet worden sind.

Eine paradoxe Lösung

Was tun? Doch eine neue Zeitschrift gründen. Es sollte allerdings eine Zeitschrift sein, die für die Probleme der Frequenz, der Hermetik und der Randständigkeit einen Lösungsansatz bietet. In den vergangenen Monaten ist in diesem Sinne ein Format entwickelt worden, das lebendigen, nahezu echtzeitigen wissenschaftlichen Austausch ermöglicht und das die Rationalitätspotentiale der Didaktiken der Geschichte und Politik effektiv öffentlich und massenmedial kompatibel sichtbar macht. Als Zielgruppen werden über den vorgenannten wissenschaftlichen Kreis hinaus auch und besonders die LehrerInnen, die JounalistInnen und ganz allgemein eine interessierte Öffentlichkeit betrachtet. Das sind Gruppen, die bis anhin keinen Zugang zur Diskussion in den Didaktiken der Geschichte und Politik hatten und umgedreht für publizierende DidaktikerInnen kaum erreichbar waren.

Geschichtsdidaktik 2.0

Um diesen Zweck zu erreichen, braucht man ein Online-Medium, weil sich jeder Interessierte, nicht zuletzt auch die LehrerInnen, heutzutage primär online informiert. Darüber hinaus benötigt man ein interaktives, aber gleichwohl technisch niedrigschwelliges Format, um auch nicht-netzaffine Kolleginnen und Kollegen in lebendige nicht-mündliche Diskurse einzubinden. Gleichzeitig stärkt das geplante Format die Präsenz von Geschichts-und Politikdidaktikern im Netz und befördert dadurch die notwendige Anpassung an den sich vollziehenden digitalen Wandel der Lebenswelt unserer SchülerInnen, der Lehrkräfte in unseren Fächern und der veröffentlichten Meinung. Das könnte wünschenswerterweise dazu führen, dass sich die didaktischen Debatten in ihrer Teilnehmerschaft ausweiten und diversifizieren – weil es nur noch eine sehr niedrige Teilnahmeschwelle gibt.
Um die Debatten zu füttern und die fachliche Neugier immer wieder zu befriedigen, müssen Überraschung und Berechenbarkeit gekoppelt werden. Man muss erwarten dürfen, dass anerkannte und durch Forschung ausgewiesene ExpertInnen sich dort regelmäßig melden und deren Beiträge wiederum dürfen inhaltlich nicht vorab erwartbar sein. Dementsprechend werden 12 ProfessorInnen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland das Journal als Stammautoren unterstützen. Diesen AutorInnen wiederum wurde im Themenspektrum der Zeitschrift absolute auktoriale Freiheit eingeräumt, sie können schreiben, worüber sie wollen. Jeden Donnerstag um 8 Uhr wird ein neuer, hoffentlich gut lesbarer und anregender Initialbeitrag erscheinen. Kommentiert werden können alle erschienenen Beiträge – maximal in gleicher Länge wie die Initialtexte.
Das Ganze ist dann ein Blog-Journal, in dieser Form etwas ganz Neues im Spektrum geschichtsdidaktischer Zeitschriften. Vielleicht eine gute Ergänzung.

 

3 „Disclaimer“

- Man mag sich wundern, warum der Auftritt und Titel des Blog-Journals in englischer Sprache gehalten sind. Es handelt sich dabei, man mag es uns glauben, nicht um neumodische Wichtigtuerei. Vielmehr soll unser Autorenstamm ab 2014 um englischsprachige KollegInnen erweitert und das ganze Journal zweisprachig gehalten werden. Wir wollen den Austausch perspektivisch sehr gern grenzenlos ermöglichen. Es handelt sich also um die graphische Vorwegnahme des nächsten Entwicklungsschrittes.

- Dieses Format ist ein neuartiges – auch für die AutorInnen. Schreiben 2.0 will neu gelernt werden. Bitte seien Sie in den ersten Monaten nachsichtig.

- „Public History“ ist ein weites Feld. Das Blog-Journal möchte einzelne, spezifisch didaktische Perspektiven kenntlich machen und erhebt keinerlei Anspruch auf Ausschließlichkeit, Wahrheitsbesitz und Themenmacht. Keine Angst vor dem “Imperial Overstretch”.

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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/1-2013-1/editorial-noch-neue-zeitschrift/

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20. Jahrestagung der International TUSTEP User Group zum Thema “Vernetzte Geisteswissenschaften. Projekte – Werkzeuge – Lösungen”

Bereits seit der Mitte der 1960er Jahre stellt sich das Tübinger System von Textverarbeitungsprogrammen (TUSTEP) in den Dienst der wissenschaftlichen Textverarbeitung, indem es einen Baukasten von frei konfigurierbaren Werkzeugen zum Vergleichen, Zerlegen, Annotieren, Umorganisieren und Setzen von Texten anbietet. Die Design-Prinzipien von TUSTEP ermöglichten die ständige Weiterentwicklung des Programmpakets, das heute über vielfältige Funktionen zum Erzeugen und Bearbeiten von XML-Daten ebenso verfügt wie über ein integriertes CGI-Interface. Seit 2011 steht TUSTEP als Open-Source-Produkt zur Verfügung. Bisher wurden zahlreiche gedruckte und digitale Editionen, Register, Glossare, Konkordanzen, Bibliographien und Wörterbücher mit TUSTEP-Unterstützung erarbeitet und/oder publiziert.

Die TUSTEP-Nutzerschaft ist seit 1993 in der International TUSTEP User Group (ITUG) organisiert, die vom 16.-18. September 2013 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Tagung zum Rahmenthema “Vernetzte Geisteswissenschaften. Projekte – Werkzeuge – Lösungen” feiert. Die Tagung findet statt in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Mainz) und wird ausgerichtet von der Arbeitsstelle für das Mittelhochdeutsche Wörterbuch.

Im Vorfeld der Tagung finden vier Workshops statt, die das Scripting mit TUSTEP, die Nutzung von TUSTEP aus dem XML-Editor <Oxygen/> und spezielle Tipps zum Setzen mit TUSTEP behandeln. In allen Workshops sind noch einige Plätze frei; die Teilnahme ist kostenfrei, eine formlose Anmeldung ist erbeten.

Das Tagungsprogramm und weitere Informationen zur Veranstaltung finden sich unter http://www.uni-trier.de/index.php?id=48817

Dieser Text wurde zur Verfügung gestellt von Ute Recker-Hamm.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2200

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Was macht eigentlich die Redaktion von de.hypotheses (und was nicht)?

4466174621_92ba0c8b89_mKürzlich war in einem Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung über das Wissenschaftsbloggen ausführlich vom deutschsprachigen Blogportal für die Geistes- und Sozialwissenschaften de.hypotheses.org die Rede. Das war zunächst erfreulich. Außerdem sorgte die Art und Weise, in der von einigen Blogs die Rede war, in der Community für Heiterkeit (Stichwort Ekstaseblog!). Allerdings wurde die Freude durch einige Ungenauigkeiten u. a. bezüglich der Funktions- und Arbeitsweise der Redaktion des Portals etwas getrübt. Höchste Zeit also zu erklären, was die derzeit 14-köpfige Redaktion von de.hypotheses eigentlich macht.

Artikel auswählen für die Startseite des Blogportals

Zugegeben: Der Name ist irreführend, denn diese Redaktion redigiert nicht (abgesehen von den eigenen Texten), diese Redaktion wählt aus. Jede/r von uns hat einen Feedreader (tinytiny) mit den RSS-Feeds unserer Blogs (derzeit rund 120). Über den Feedreader sehen wir, wenn in einen Blog ein Beitrag veröffentlicht wurde. Gefällt einem Redaktionsmitglied dieser Beitrag, dann kann er ihn für die Startseite von de.hypotheses auswählen. Dies geschieht über einen personalisierten “tag”, der die Veröffentlichung auf der Startseite automatisch auslöst (was manchmal länger dauert, als uns lieb ist). Die Startseite ist damit das aktuelle “Best-of” der Beiträge der Blogs von de.hypotheses, kollektiv ausgewählt von der Redaktion. Wir haben übrigens die interne Vereinbarung, dass man keine eigenen Beiträge auswählt.

Die Beiträge der einzelnen Sprachportale – fr.hypotheses.org, de.hypotheses.org, es.hypotheses.org – werden außerdem auf der internationalen Startseite hypotheses.org publiziert. Direkt für die internationalen Startseite ausgewählt werden derzeit von uns außerdem Beiträge, die bei englischsprachigen Blogs aus Deutschland publiziert werden. Der Aufbau einer eigenen englischsprachigen Startseite ist in Arbeit.

Artikel für den Bilddurchlauf auswählen

Besonders gute Beiträge werden für den Bilddurchlauf oben auf der Startseite, den Slider, “getagged”. Diese sind damit das “Best-of” des “Best-of”. Derzeit werden Beiträge zweimal wöchentlich in den Slider aufgenommen. Durch die prominente Platzierung, verbunden mit einer großen Abbildung, als Blickfang werden diese Beiträge besonders gewürdigt. Die Bloggenden werden per Kommentar über diese Auswahl für den Slider benachrichtigt. Die Wahl des Bildes wie auch die Platzierung geschieht nicht automatisch, sondern wird von Hand durch das Community Management umgesetzt. Der Bilddurchlauf der internationalen Startseite wird aus den Slidern der Sprachportale erstellt.

Entscheidung über die Aufnahme von Blogs

Das Blogportal ist für die akademische Community aufgesetzt worden, das legen Finanzierung und Trägerschaft nahe. Daher werden nur themenzentrierte wissenschaftliche Blogs von Personen mit einer institutionellen Anbindung an eine Universität, eine Forschungs- oder Bildungseinrichtung, ein Archiv, eine Bibliothek, ein Museum o. Ä. aufgenommen. Ist die Sachlage eindeutig, nimmt das Community Management die Neuanträge an. In Zweifelsfällen wird Rücksprache mit den Bloganträgern gehalten und die Redaktion entscheidet nach dem Mehrheitsprinzip über den Antrag, denn: keine Regel ohne Ausnahme.

Derzeit kommen durchschnittlich pro Woche zwei neue Blogs dazu, das geschieht zu 95% als Selbstläufer, d. h. ohne Beteiligung der Redaktion.

Bloggen im deutschsprachigen Raum voran bringen

Die Mitglieder der Redaktion haben ein gemeinsames Blog, das Redaktionsblog. Ziel ist es, Themen rund um das Wissenschaftsbloggen aufzugreifen. Dort wurden beispielsweise in einem Beitrag Geschichtsblogs im deutschsprachigen Raum (über de.hypotheses hinaus) vorgestellt, es wird auf „Rechtsfragen“ hingewiesen und aktuelle Debatten aufgegriffen, wie z.B. nach der RKB-Tagung über wissenschaftliches Publizieren im Netz. Außerdem gab es Gastbeiträge wie beispielsweise die Reihe über Wissenschaftsbloggen von Sabine Scherz sowie einen Beitrag von Stefan Heßbrüggen zur Petition „Kein Redeverbot für akademische ‘Whistleblower‘“. Im Redaktionsblog werden außerdem die neuen Blogs der Plattform in der Serie „Guck mal, wer da bloggt“ vorgestellt sowie weitere Neuigkeiten rund um das Blogportal gepostet.

Kommentieren, diskutieren, vernetzen, unterstützen

Da die Mitglieder der Redaktion alle Blogbeiträge der Plattform lesen (oder zumindest überfliegen), können sie bei Bedarf und jeweiligem Interesse auf die Beiträge über Kommentare reagieren, in Diskussionen eingreifen, den Bloggenden Hilfestellung geben, bei verwandten Themen die Bloggenden vernetzen und die Beiträge über ihre eigenen sozialen Medien wie Twitter, Facebook oder Google+ verbreiten. Insofern kommt der Redaktion eine zentrale Rolle als Vermittler und Diskutanten für die Blogs zu.

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Image: ‘Jolly‘ by Johnny0101, CC-BA-NC-SA 2.0.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1579

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SdK 62: Nele Heise über Code Literacy

Code, Software oder Algorithmen haben einen wesentlichen Einfluss auf unser Leben. Aber inwiefern spiegelt sich die Bedeutung von Code in den Themen der Sozial- und Geisteswissenschaften wider? Nele Heise ist Kommunikations-Wissenschaftlerin und arbeitet in einer Forschungsgruppe des Hans-Bredow-Instituts zum Thema Code Literacy. Das heißt, sie untersucht die Frage, welche gesellschaftlichen Implikationen die Steuerung durch Code hat. Denn Code ermöglicht oder verhindert nicht nur Handlungsweisen, sondern bevorzugt oder benachteiligt möglicherweise auch bestimmte NutzerInnen.

Linkliste: Nele Heise (Twitter, App.net, Hans-Bredow-Institut), Code as Control, re:publica 13: Code Literacy – Verstehen, was uns online lenkt, Astrid Mager, Governing Algorithms, Walking Texters (Youtube), Social shaping of technology (Wikipedia), Social construction of technology (Wikipedia)

Quelle: https://stimmen.univie.ac.at/podcast/sdk62

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