Kurzer Prozess: Die Verfolgung von Jugendkulturen als “Rowdies” hat eine lange Geschichte

Das drakonische Urteil gegen die Musikerinnen der russischen Punk-Band Pussy Riot vom 17. August 2012 hat eine lange Vorgeschichte. Schon im Zarenreich und im Staatssozialismus diente der Vorwurf des “Rowdytums” der Unterdrückung von Jugendkulturen. 


Politische Urteile gibt es viele in Russland. Die Verurteilung der drei jungen Frauen des russischen Punk-Kollektivs Pussy Riot aber erregt weltweit Empörung. Menschen fühlen sich angesprochen, weil die Musik auch ihre eigene ist, das macht das Urteil für viele zu einer höchstpersönlichen Angelegenheit. Das Moskauer Urteil gegen die Musikerinnen wird nicht nur Geschichte machen, es hat auch eine. Die Entscheidung der Richterin steht in einer langen und unrühmlichen rechtshistorischen Tradition autoritären und antiliberalen staatlichen Handelns. Dies belegt schon der Tatbestand des „Rowdytums“, unter dem die Anklage stand. Der Vorwurf des „Chuliganstvo“ hat eine lange Vorgeschichte.

Bereits im Kommunismus spielte er eine wichtige Rolle bei der Verfolgung politischer Gegner, wie der Regensburger Rechtswissenschaftler und Osteuropa-Experte Friedrich-Christian Schroeder schon in den sechziger Jahren herausarbeitete. Schroeder fand Ursprünge in revolutionärer Zeit, etwa im Aufruf „An die Bevölkerung“ vom November 1917: „Errichtet strengste, revolutionäre Ordnung, unterdrückt gnadenlos die Versuche zur Anarchie von Seiten der Säufer, Rowdys, konterrevolutionären Junker, Kornilow-Leute und dergleichen“, hieß es da in revolutionärem Duktus. Der Autor des Manifestes war Wladimir Iljitsch Lenin.

Ein Mittel zur Rechtfertigung juristischer Willkür

Dass Lenins Formulierungen nicht nur Revolutionsrhetorik waren, bewies er zwei Monate darauf, als er sie in einer Schrift über den Wettbewerb wiederholte. Dort gelten die „Rowdys“ gemeinsam mit den Reichen, Gaunern und Schmarotzern als „Auswurf der Menschheit“, als „rettungslos verfaulte und verkommene Elemente“. Die „Seuche, diese Pest, diese Eiterbeule“ sei eine Hinterlassenschaft des Kapitalismus, die beseitigt werden müsse.

Ein Dekret vom Februar 1918 setzte die expressive Prosa in konkrete Handlungsanweisungen um: Danach waren Rowdys ebenso wie feindliche Agenten und deutsche Spione „am Ort des Verbrechens zu erschießen“. Worin genau das Rowdytum bestand, definierten immer neue Erlasse immer wieder neu. Dabei ging es nicht nur um den Kampf gegen Zerstörungen und Schlägereien unter Alkoholeinfluss, die traditionell als Problem galten. „Chuliganen“ waren nicht nur Gewalttäter. Eine Verordnung von 1923 definierte als Rowdytum jene „Handlungen, die von einer offensichtlichen Missachtung der Gesellschaft begleitet sind, insbesondere Unfug jeder Art, Ausschreitungen, grobes Schimpfen“. Für die Revolutionstribunale der jungen Sowjetmacht hatten derart dehnbare Definitionen die wichtige Funktion, kurzen Prozess mit all jenen machen zu können, die nicht ins gängige Raster staatlicher Verfolgung passten.

Schon Lenin verstand „Rowdys“ als „Auswurf der Menschheit“Auch in der postrevolutionären Phase der Stabilisierung des Sowjetsystems blieb der Rowdy-Paragraph ein wirksames Mittel zur Rechtfertigung juristischer Willkür. Zwar wurden tatsächliche oder vermeintliche Rowdys nun nicht mehr erschossen, sondern mit Geld- und Freiheitsstrafen oder mit Verbannung bestraft. Doch sieht der Sowjetrechtsexperte Schroeder in der unter Stalin vollzogenen Konsolidierung eine „frostige Erstarrung unter Beibehaltung fast aller kriegsbedingten Verschärfungen der Repression“. Nach Stalins Tod wurde 1956 unter Chruschtschow das Rowdytum in schwere und minderschwere Delikte unterteilt und letztere mit leichten Strafen, etwa kurzer Haft, belegt. Was wie eine Entschärfung aussah, war tatsächlich ein Mittel für massenhafte Einschüchterung.

„Liquidierung des Rowdytums“

Wie der Historiker Brian Lapierre vor einigen Jahren in den „Cahiers du Monde Russe“ analysierte, war die Kampagne gegen Rowdys nun nicht mehr ein Instrument, um vermeintliche Staatsfeinde mit schweren Strafen aus dem Verkehr zu ziehen. Nun konnten Menschen wegen minderschwerer Vergehen mit kurzen Strafen belegt werden, dies aber in großem Ausmaß. Die Verurteilungen überschritten in den fünfziger Jahren die Millionengrenze. Eine „minderschwere Strafe“ konnte etwa in zwei Wochen Arbeitslager bestehen. Die vage Beschreibung des Rowdytums umfasste auch Verstöße gegen Ruhe und Ordnung, „respektloses Verhalten gegenüber anderen Bürgern“ sowie „Obszönitäten und Ungehörigkeiten“ aller Art.

Diese Gummiparagraphen waren keineswegs neu. Zwar betonten die Gesetzgeber der Sowjetunion gern den radikalen Bruch zur Justiz des Zarenreiches, doch kannte bereits das zaristische Recht „Vergehen wider die Wohlanständigkeit, Ordnung und Ruhe“, das sich allerdings vom sowjetischen Recht durch minder drastische Strafen unterschied. Der Rowdyparagraph war nicht auf die Sowjetunion allein beschränkt. Jüngere Wissenschaftler wie der Prager Historiker Matej Kotalik erforschen derzeit, inwieweit sowjetisches Strafrecht auch die Bestimmungen anderer sozialistischer Staaten prägte.

In der DDR etwa galten die Anstrengungen der Volkspolizei um 1960 ebenfalls verstärkt der „Liquidierung des Rowdytums“ und der „Zersetzung“ jugendlicher Gruppen mit nachrichtendienstlichen Methoden. Gemeint waren damit jugendliche Fans amerikanischer Musik, die sich zu Clubs und Bands zusammengeschlossen hatten. Brigaden des SED-Zentralkomitees, zu denen lokale Partei- und FDJ-Funktionäre gehörten, gingen seit 1960 gegen Fanclubs und „halbstarke Verhaltensweisen“ vor, zu denen auch das Praktizieren westlicher Tänze oder Verstöße gegen die Bestuhlungsvorschriften auf Konzerten gehören konnten. Einen Höhepunkt hatten diese Restriktionen in der Zwangsauflösung von Gitarrenbands 1965, gegen die Jugendliche in Leipzig demonstrierten und darum zu teils drakonischen Strafen verurteilt wurden. Als Tatbestand ging das Rowdytum 1968 in das Strafgesetzbuch der DDR ein. Der Paragraph 215 ahndete Vergehen wie nächtliche Ruhestörung, Verstoß gegen die Veranstaltungsordnung und „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Er wurde als sogenannter Rowdy-Paragraph berüchtigt.

Wachsendes Unverständnis

Immer wieder wurde er zur Unterdrückung unerwünschter kultureller Aktivitäten genutzt. In den fünfziger Jahren waren es die Halbstarken, in den Sechzigern und Siebzigern jugendliche „Gammler“, die auch dann als „Arbeitsbummelanten“ verfolgt wurden, wenn sie über ein einträgliches Einkommen etwa als Musiker oder Gelegenheitsarbeiter verfügten. In der Sowjetunion ging man ähnlich vor, in Ungarn und Tschechien war die Jugendpolitik etwas toleranter. Doch auch im Westen erklang der Ruf nach „Arbeitslagern für Langhaarige“ nicht nur aus dem Volksmund der Nachkriegsgesellschaft. Ein Gutachten der Weltgesundheitsorganisation erwog um 1960 militärische Trainingscamps für „antisoziale“ Jugendliche, die rauchen und trinken.

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Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/389

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Machtsymbol “Mauer”. Der 51. Jahrestag des Mauerbaus

Nicht nur die Berliner Mauer prägte den Alltag vieler Menschen Jahrzehnte lang. Ein absurdes Schauspiel bietet auch heute noch der sogenannte Tortilla Curtan, eine fünf Meter hohe Mauer zwischen Californien und Mexiko an der Westküste Nordamerikas, die mitten auf einem Strand zum Meer hin verläuft. Links und rechts davon, US-amerikanische und mexikanische Badegäste. Darüber, welche Mauern es heute noch auf der Welt gibt und aus welchen Gründen sie erbaut wurden, sprechen wir via Skype mit dem Autor des Mauerquartetts, Marek Vogt.

Die ersten Mauern sind vor etwa 4000 Jahren gebaut worden. Eine der ältesten und imposantesten Mauer ist die Große Mauer von Gorgan, eine Grenzbefestigung im Nordosten von Iran. Neben der Chinesischen Mauer ist sie die zweitlängste Mauer Asiens. Wo die einstigen Machtsymbole aus der Antike über die Jahrhunderte an Bedeutung verlieren, entstehen im 20. und 21. Jahrhundert neue Mauern und Abgrenzungen aufgrund militärischer und politischer Konflikte und territorialer Ansprüche.

Der Bau der Berliner Mauer infolge des Zweiten Weltkriegs ging als spektakuläres Ereignis in die Geschichte ein. Ein weiteres Produkt aus dem Kalten Krieg ist die Trennung Nord- und Südkoreas, die nach wie vor den Alltag der Menschen bestimmt, aber längst zum Alltag geworden ist und Tausende von Touristen anzieht. Die israelische Mauer im Westjordanland ist eine der umstrittensten Mauern auf der Welt. Die Menschen vor Ort sind täglich den Kontrollen und der Willkür der Soldaten ausgesetzt.

Was aber verbirgt sich hinter dem sogenannten Dingo Fence, der Lennon Wall oder dem Green Monster? In Ausgabe 12/2012 erläutert Marek Vogt, wie er auf die Idee des Mauerquartetts kam und wie sich das Thema Mauern anhand eines Quartetts systematisieren lässt.

Foto: flickr / dier madrid

Und hier die Timeline zum Gespräch

01:00 Entstehung des Mauerquartetts

03:30 Persönliche Mauererfahrungen

07:00 Auswahl der Mauern nach Spielbarkeit

08:00 Die Befestigung in Heiligendamm und der „Dingo-Fence“

11:29 Recherche und Umsetzung

14:00 Motive für Grenzziehungen

16:00 Symbolische Mauern

18:00 Relevanz von Mauern in der Architektur

20:30 Festung Europa

24:00 Montagsradio-Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/08/13/machtsymbol-%E2%80%9Cmauer%E2%80%9D-der-51-jahrestag-des-mauerbaus/

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“Recht ist gefrorene Politik”

Auch dieses Jahr macht das Montagsradio zwei Wochen Sommerpause und präsentiert die Highlights der vergangenen Sendungen. Unten der Zusammenschnitt:

Automonie trotz Affirmation? Über die Kunst in der DDR und die Ambivalenz der Bilder Mit Karl-Siegbert Rehberg (04/2012) sprechen wir über den schwierigen Umgang mit der Kunst aus der DDR und den sogenannten Bilderstreit.

Zum Schutz des eigenen Systems? Über Geheimdienste und -polizeien im 20. und 21. Jahrhundert Jens Gieseke erläutert die Methoden, die Ziele und die Effektivität des BND und die der Stasi im Kalten Krieg (05/2012).

Die Macht des Geldes – Glaube und Opferkult? (06/2012) Das Geld ist heute in erster Linie durch den menschlichen Körper gedeckt, so die These von Christina von Braun in ihrem Buch “Der Preis des Geldes. Eine Kulturgeschichte”.

DDR-Zwangsarbeit: Verantwortung, Haftentschädigung und Opferrente In Ausgabe 10/2012 diskutieren wir mit Steffen Alisch, wie ehemalige DDR-Zwangsarbeiter heute angemessen entschädigt werden können.

Universale Verteidigung der Menschenrechte? Die strafrechtliche Verfolgung von DDR-Unrecht Rainer Schröder erörtert die Aufarbeitung von geschehenem Unrecht mit Mitteln des Rechtsstaats (19/2011).

Opposition und Fluchthelfer. Die Mordanschläge der Stasi auf Wolfgang Welsch Wolfgang Welsch spricht über die Attentate der Stasi und seine Arbeit als Fluchthelfer (17/2011).

Fussball und Politik: Spiegelungen in der Wasserschlacht Wir diskutieren mit Thomas Urban (8/2012) über die politischen und geschichtlichen Echos im Fussball des 20. und 21. Jahrhunderts.

“Es hat keinen diktaturfreien Alltag gegeben.” Wir sprechen mit Anna Kaminsky über die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Zukunft der Aufarbeitung (07/2012).

Die Macht der Technik – Wettstreit im Kalten Krieg Welche Bedeutung hat Technik im Kommunismus und welche Rolle spielte sie im Kalten Krieg? In Ausgabe 16/2011 sprechen wir mit Wolfgang König.

Visionen und Krisen – Motor für die Europäische Integration? In Sendung 15/2011 sprechen wir mit Sabine von Oppeln über die nötigen Voraussetzungen, die zu weiteren Integrationsschritten in der Europäischen Integration führen.

“Gelobtes Land” – Überleben im stalinistischen Terror Mit dem Deutschen Buchpreis-Gewinner Wolfgang Ruge sprechen über die Erinnerungen seines Vaters an seine Zeit in der Sowjetunion (02/2012).

Kapitalistische Kommunisten. Chinas KP im 21. Jahrhundert Wo steht die Kommunistische Partei Chinas heute im 21. Jahrhundert? Wir sprechen mit Bernhard Bartsch (12/2011).

2011: Spätsozialistische Finanzpolitik? Wirtschaftsmechanismen neben politischen Entscheidungen Die gegenwärtige Schuldenkrise ist aus wirtschaftshistorischer Sicht keine Wirtschaftskrise (13/2011), so André Steiner.

Absolute Linietreue? Das Leben in der Stasi-Familie Anlässlich des kürzlich erschienenen Buches “Stasi-Kinder. Aufwachsen im Überwachungsstaat” sprechen wir mit Ruth Hoffmann über die Kinder der hauptamtlichen Mitarbeiter (11/2012).

Orte des Terrors – Vermittlung und Authentizität Erinnerungsarbeit an authentischen Orten? Andreas Nachama (20/2011) spricht über das Dokumentationszentrum Topographie des Terrors.

Psychoanalyse einer Gesellschaft Wir sprechen mit Hans-Joachim Maaz über die Möglichkeiten und Grenzen, eine ganze Gesellschaft zu psychoanalysieren (01/2012).

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/07/30/recht-ist-gefrorene-politik/

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Absolute Linientreue? Das Leben in der Stasi-Familie

Was wussten die Kinder von den Tätigkeiten ihrer Eltern, wenn diese hauptamtlich bei der Stasi arbeiteten? Wie stark beeinflusste und prägte die Arbeit der Eltern – meist die der Väter –  ihre Freizeit, ihre Freundschaften in der Schule und das gesamte Familienleben? Ruth Hoffmann, Autorin und freie Journalistin, interviewte 20 Kinder, deren Eltern ehemals hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren. Im MONTAGSRADIO, Ausgabe 11/2012, sprechen Jochen Thermann und Kaja Wesner über ihr Buch “Stasi-Kinder. Aufwachsen im Überwachungsstaat”.

Das MfS verfügte 1989 über rund 90.000 hauptamtliche Mitarbeiter. Zum Teil lebten sie mit ihren Familien in eigens angesiedelten Wohnkomplexen wie zum Beispiel rund um die Frankfurter Allee unweit der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg.

Trotz vieler Privilegien unterlagen die hauptamtlichen Mitarbeiter und ihr Umfeld den Methoden und dem Druck des eigenen Überwachungssystems nicht weniger. Guckten ihre Kinder Westfernsehen oder hatten sie Beziehungen zu staatsfeindlichen Kritikern – wenn auch nur in einer Brieffreundschaft – mussten die Väter um ihre Karrieren fürchten und ihre Kinder zurück auf die “staatstreue Linie” bringen. Nicht selten führte dies zum Bruch zwischen den Eltern und den Jugendlichen.

Wie erlebten die Kinder ihr Aufwachsen und wie standen sie zu der Tätigkeit ihrer Eltern? Ruth Hoffmann lässt in ihrem Buch die Kinder in sehr persönlicher Perspektive sprechen. Sie erzählt von den familieninternen Konflikten, den jeweiligen Handlungsspielräumen und den Versuchen der Kinder, das Schweigen der Eltern nach dem Ende der DDR zu brechen.

Und hier die Timeline zum Gespräch

02:00 Regelwerk und Linientreue

03:30 Entstehung des Buches

05:00 Gibt es die typische Stasi-Familie?

06:36 Handlungsspielräume: vorauseilender Gehorsam bis Frühpensionierung

09:06 Schweigen nach dem Zusammenbruch der DDR

12:30 Sind alle Familien-Konflikte politisch?

17:34 Die Jugendlichen erfuhren Sonderbehandlung und waren zum Teil Außenseiter

20:02 Persönliche Erzählperspektive statt sachlicher Einordnung

24:00 Buch schafft Möglichkeiten zum Austausch

27:00 Der Umgang mit dem Erlebten

30:01 Montagsradio-Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/07/16/absolute-linientreue-%E2%80%93-das-leben-in-der-stasi-familie/

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DDR-Zwangsarbeit: Verantwortung, Haftentschädigung und Opferrente

Wie können ehemalige DDR-Zwangsarbeiter heute angemessen entschädigt werden? Auch die Frage, wie viele westliche Firmen von dem System der Haftzwangsarbeit in der DDR profitierten, ist trotz umfangreicher Aktenlage noch immer nicht erforscht. In Ausgabe 10/2012 sprechen Jochen Thermann und Kaja Wesner mit dem Politologen Steffen Alisch über das System der Zwangsarbeit in der DDR.

Auf Druck der Sowjetunion erhielt die Haftzwangsarbeit in den Gefängnissen der DDR schon Ende der 40er Jahre eine beträchtliche ökonomische Dimension. Die öffentliche Empörung von westdeutscher Seite zu Beginn der 50er Jahre ebbte aufgrund der sich verschärfenden Beziehungen zwischen Ost und West wieder ab und blieb ohne Wirkung. Die Bundesregierung konnte seit dem Beginn der 60er Jahre bis zum Fall der Mauer knapp 34.000 politische Häftlinge freikaufen, als Gegenleistung erwarb die DDR-Regierung stark begehrte Devisen und Waren.

Gut 20 Jahre nach dem Ende der DDR ist die Frage der Entschädigung für die Zwangsarbeit noch immer aktuell. Mit Steffen Alisch diskutieren wir u.a. darüber, wie die derzeitige Opferrente, die sich am aktuellen Nettoeinkommen der Opfer orientiert, und die Haftentschädigung für Häftlinge nach ihrer Rehabilitierung zu bewerten sind.

Und hier die Timeline zum Gespräch

0:31 Aktualität des Themas: Beispiel Ikea

02:33 Kenntnis der Westfirmen

05:01 Produktionsfirmen weltweit?

07:04 Zwangsarbeit durch politische Häftlinge und Bausoldaten

08:00 Reaktionen der Bundesregierung

10:00 System und ökonomische Reichweite

14:30 Die Devisennot der 70er Jahre

15:30 Vertragsschließung mit westlichen Firmen

18:02 Opferrente und Entschädigung

21:37 Sollten Westfirmen zur Verantwortung gezogen werden?

23:30 Stand der Aufarbeitung

25:30 Interesse und Reaktionen der Öffentlichkeit in den 50er Jahren

29:00 Montagsradio-Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/07/02/zwangsarbeit-verantwortung-haftentschadigung-und-opferrente/

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Zwangsarbeit in der DDR

In der DDR leisteten politische Häftlinge und Bausoldaten unter gefährlichen und gesundheitsgefährdenden Produktionsbedingungen Zwangsarbeit. Obwohl DDR-Firmen offiziell nicht für den Westen produzieren durften, profitierten auch westliche Firmen davon. Was wussten die Firmen in Westdeutschland über die Herkunft ihrer Waren und welche Mitschuld tragen die Unternehmen an der Aufrechterhaltung des Systems?

Durch die jüngst veröffentlichten Informationen über den schwedischen Möbelkonzern IKEA im Frühjahr 2012 ist das Thema der DDR-Zwangsarbeit in den Medien wieder aktuell. Im kommenden MONTAGSRADIO, Ausgabe 10/2012, sprechen Jochen Thermann und Kaja Wesner mit dem Politologen Steffen Alisch, Mitarbeiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der FU Berlin, über die Bedingungen der politischen Häftlinge, die ökonomische Dimension der Gefängnisproduktion in der DDR und den Umgang mit den ehemaligen Opfern. Am Montag erscheint hier das komplette Gespräch.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/06/28/zwangsarbeit-in-der-ddr/

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Ort des Abschieds, Ort der Kontrolle

Die Bezeichnung “Tränenpalast”, einst dem Berliner Volksmund entsprungen, stand für emotionale Trennungen an der ehemaligen Grenze von West nach Ost. In einer Sonderausgabe der Reihe MONTAGSRADIO “Vor Ort” sprechen Markus Heidmeier und Jochen Termann in der heutigen Gedenkstätte mit Mike Lukasch von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland über die Erinnerung an Grenzen und Abschiede und die Konzeption der Ausstellung.

Im Tränenpalast nahmen Menschen voneinander Abschied, durchschritten die Kontrollen bei der Ausreise nach West-Berlin und begaben sich in das Labyrinth der Gänge – unter der strengen Überwachung der Grenzbeamten. Diese Erfahrungen machten ihn zu einem besonders emotionalen Ort der deutschen Teilung im kollektiven Gedächtnis.

Eröffnet wurde die Ausstellung im September 2011 von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Sie zeigt persönliche Schicksale und zugleich den politisch-historischen Rahmen: die Teilung Deutschlands und Berlins. Zum Teil ist die Architektur des Orts erhalten, die Original-Abfertigungsschalter machen noch heute etwas von der beklemmenden Atmosphäre des Grenzortes spürbar.

Und hier die Timeline zu dem Gespräch

01:35 Der Tränenpalast als Ausreiseort

03:26 Entwurf als Einreisegebäude

05:19 Ort der Kontrolle

06:09 Ablauf der Kontrollen

06:59 kalkulierter Orientierungsverlust

09:25 Konzept der Ausstellung

11:46 Alltag der deutschen Teilung

13:39 Quellen der Alltagsgeschichten

15:26 Schmuggel

17:43 Zeugnisse von Grenzern

19:56 Ausbildung der Grenzer

21:22 Bedeutung von Zeitzeugen

23:04 Besucherreaktion auf den Tränenpalast

24:25 der Tränenpalast nach 1989

28:08 50 Jahre Tränenpalast

30.28 Montagsradio Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/06/18/ort-des-abschieds-ort-der-kontrolle/

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“Vor Ort” im Tränenpalast

Zirka 10 Millionen Menschen überquerten zwischen 1962 und 1989 die Grenze von Ost- nach West-Berlin durch das ehemalige Zollabfertigungsgebäude am Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße und nahmen unter Tränen Abschied von ihren Verwandten und Freunden. Nach der Wiedervereinigung wurde das Gelände in den 90er Jahren von einem Club für Kultur-Events genutzt, seit 2003 steht es unter Denkmalschutz. Im September 2011 eröffnete die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hier die Ausstellung “GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung”.

Im kommenden MONTAGSRADIO “Vor Ort”, Ausgabe 9/2012, besuchen Markus Heidmeier und Jochen Thermann den Tränenpalast und sprechen mit Mike Lukasch, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, über die Ausstellung und den Versuch, die Authentizität des Ortes zu bewahren. Am Montag erscheint hier das komplette Gespräch.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/06/14/vor-ort-im-tranenpalast/

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