“Die DDR als kleines Lexikon”

Was ist tatsächlich passiert in der DDR? Wie lebten die Menschen in der DDR, so dass das System 40 Jahre lang funktionierte? Und was erzählt ein Eimerkettenschwenkbagger über das Wirtschaftssystem? Das MONTAGSRADIO ist “Vor Ort” in der Ausstellung “Fokus DDR” und spricht mit Carola Jüllig, Kuratorin der Ausstellung und Leiterin der Sammlung zur DDR-Geschichte, über die Ausstellung “Fokus DDR” im Deutsche Historische Museum (DHM).

Die Ausstellung wählt seinen Zugang zur DDR-Geschichte über Objekte und Abkürzungen. Die Abkürzungen – von SED über BKK für Braunkohlekombinat – stehen sinnbildlich für die “offizielle” DDR, die inszenierte Diktatur, in der die Gesellschaft durch Technokratie und Kategorisierung kontrollierbar gemacht werden sollte. Ausgehend von der politischen Theorie werden die Besucher durch Objekte – u.a. Büsten von Marx und Lenin, eine NVA-Uniform oder Lebensmittelprodukte – über die politischen Strukturen, Stasi und die Planwirtschaft zum Alltag in der Diktatur geführt.

Die Ausstellung will zur Auseinandersetzung und Diskussion anregen und ist noch bis zum 25. November im Pei-Bau des DHM zu sehen. Am 27. und 28. Oktober feiert das DHM anlässlich seines 25jähriges Jubiläum das Museumsfest. Der Eintritt am gesamten Wochenende ist frei.

Und hier noch die Timeline zu dem Gespräch

00:30 Fokus DDR: Die DDR als kleines Lexikon

01:04 Abkürzungen als Leitmotiv

03:04 Auswahl der Objekte

05:01 Geschichtsvermittlung durch Objekte

06:06 Technokratie und Kategorisierung: die Gesellschaft kontrollierbar machen

08:00 Von der Ausstellung zur Diskussion

09:38 Der Bildungsauftrag des DHM

13:04 Bedarf an Aufklärung über die DDR ist immer noch groß

14:12 Wie funktioniert das System?

15:32 Die Inszenierung der Diktatur

17:07 Ausstellungsende: 25. November 2012

19:34 Montagsradio-Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/10/15/die-ddr-als-kleines-lexikon/

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Fokus DDR – “Vor Ort” im DHM

Was bedeuten die Abkürzungen “EKO”, “WBS 70″ oder “ABV”? In der Ausstellung “Fokus DDR” zeigt das Deutsche Historische Museum Objekte seiner Sammlung, die die gebräuchlichen Abkürzungen der DDR veranschaulichen. Im kommenden MONTAGSRADIO “Vor Ort” sprechen wir mit Carola Jüllig, Kuratorin der Ausstellung “Fokus DDR” und Leiterin der Sammlung zur DDR-Geschichte, über die Ausstellung und die Frage, wie DDR-Geschichte nachhaltig vermittelt werden kann.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/10/08/fokus-ddr-%E2%80%93-vor-ort-im-deutschen-historischen-museum/

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Zwischen Machtdemonstration, Banalität und Tabuisierung: Architektur und Ideologie

Architektur ist allgegenwärtig. Sie ist ein Phänomen der Dauer. Das Material, die Formensprache und die Verortung im öffentlichen Raum kann Macht symbolisieren, ein politisches System repräsentieren oder rein funktionalen Wert haben im Sinne einer modernen Shopping-Mall. Sie ist immer auch Geschichte und Teil des kollektiven Gedächtnis einer Gesellschaft.

In der größenwahnsinnigen NS-Philiosophie untersuchte Albert Speer als “Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt”, wie die Welthauptstadt Germania auch als Ruine noch Wirkung zeigen könnte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden große Steinbauten mit gleichmäßigen Fensterreihen tabuisiert, Fassaden mit öffentlichen Geldern neu gestaltet. Mit dem Ende des Kalten Krieges rückt Architektur in die öffentliche Debatte und wird Teil des historischen Aufarbeitungsprozess. Der Palast der Republik wird abgerissen, das neu zu errichtende Stadtschloss wird hingegen die jahrhundertelange Herrschaft der Hohenzollern repräsentieren.

Im MONTAGSRADIO, Ausgabe 14/2012, sprechen Markus Heidmeier und Kaja Wesner mit Fritz Neumeyer, Professor für Architekturtheorie der TU Berlin über die Ideologisierung von Architektur im 20. Jahrhundert, die Moralisierung der Architektur-Debatte in den 90er Jahren und Ideologie in städtebaulichen Konzepten.

Und hier die Timeline zum Gespräch

01:16 Architektur als Phänomen der Dauer und Machdemonstration

05:05 Zeitgemäßes Bauen: Rückgriff auf alte Formen?

08:06 Innovationen des 20. Jahrhunderts: das Neue als Ideologie

10:04 Ideologisierung der Architektur im 20. Jahrhundert

12:02 Tabuisierung der Geschichte spiegelt sich in der Architektur

14:42 Fragmentierung der Stadt nach zwei Weltkriegen?

19:02 Architektur als kollektives Gedächtnis?

21:39 Moralisierung der Architekturdebatte in den 90er Jahren

23:37 „Demokratie als Bauherr“

27:06 Städteplanung im 20. und 21. Jahrhundert

35:11 Privater Bau, Investitionen und Einkaufszentren

40:10 Die „spektakuläre Geste“ als Ausdruck der Finanzwelt

42:08 Montagsradio-Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/10/01/zwischen-machtdemonstration-banalitat-und-tabuisierung-architektur-und-ideologie/

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Architektur in diktatorischen Systemen

Ist Architektur immer auch politisch? Und spiegelt sich das jeweilige politische System in den Bauten seiner Zeit? Im kommenden MONTAGSRADIO, Ausgabe 14/2012, sprechen wir mit Fritz Neumeyer, Professor für Architekturtheorie an der TU Berlin, über den Zusammenhang von Architektur und Ideologie und den heutigen Umgang mit historischen Gebäuden.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/09/24/architektur-in-diktatorischen-systemen/

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Die Verkündung von Demokratie? “Vor Ort” in der Kongresshalle

Wie präsentiert sich das Haus der Kulturen der Welt in seinem Naturzustand? Welche Impulse gibt es, um sich mit dem Thema “Architektur und Ideologie” künstlerisch auseinander zu setzen? Und wie passt z.B. nachhaltiges, traditionelles Bauen in die heutige chinesische Welt der Hochgeschwindigkeit? Kuratiert von Valerie Smith, arbeiten in der Ausstellung Between Walls and Windows. Architektur und Ideologie 10 internationale Künstler mit der Geschichte der ehemaligen Kongresshalle, der Struktur der Räume und ihren architektonischen Besonderheiten. Im MONTAGSRADIO “Vor Ort” sprechen Markus Heidmeier und Kaja Wesner mit Alexandra Engel vom Haus der Kulturen der Welt. Dort ist die Ausstellung noch bis Ende September zu sehen.

Anlässlich der Ausstellung greift das MONTAGSRADIO in der kommenden Ausgabe, 14/2012,  das Thema “Architektur und Ideologie” erneut auf und führt das Gespräch in gewohnter Weise. Wir blicken auf die historischen Ereignisse im 20. und 21. Jahrhundert und sprechen über die Bedeutung von Architektur in politischen Systemen und Zusammenhängen. Zu Gast ist Fritz Neumeyer, Professor für Architekturtheorie an der Technischen Universität Berlin.

Und hier die Timeline zu dem Gespräch

01:38 Das Haus im „Naturzustand“

03:59 die Kongresshalle: große Räume und Fensterfronten, lichtdurchflutete Eingangsbereiche

06:06 Bau der Kongresshalle als Symbol der Freiheit

08:33 Idee der Ausstellung „Between walls and windows“

10:09 Künstlerbeispiel „Verkünden von Demokratie“

12:22 Initiative „Das doppelte Berlin“

17:07 Erhaltung versus Zerstörung

19:00 Keine Architektur ohne Ideologie weltweit

22:30 Städtische Zentren im 21. Jahrhundert

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/09/17/die-verkundung-von-demokratie-vor-ort-in-der-kongresshalle/

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“Das Haus als Skulptur”

Die Kongresshalle im Tiergarten in Berlin ist heute Sitz des Haus der Kulturen der Welt. 1958 auf Initiative des Amerikanischen Außenministeriums erbaut, galt sie als Symbol für westliche Demokratien. Derzeit präsentiert das Haus die Ausstellung Between Walls and Windows. Architektur und Ideologie. Im kommenden MONTAGSRADIO “Vor Ort” sprechen wir mit Alexandra Engel, verantwortlich für die Programmkoordination und die Dramaturgie der Ausstellung, über die Geschichte des Hauses, die Ausstellung und die Verbindung von Architektur und Ideologie.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/09/10/das-haus-als-skulptur/

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Kurzer Prozess: Die Verfolgung von Jugendkulturen als “Rowdies” hat eine lange Geschichte

Das drakonische Urteil gegen die Musikerinnen der russischen Punk-Band Pussy Riot vom 17. August 2012 hat eine lange Vorgeschichte. Schon im Zarenreich und im Staatssozialismus diente der Vorwurf des “Rowdytums” der Unterdrückung von Jugendkulturen. 


Politische Urteile gibt es viele in Russland. Die Verurteilung der drei jungen Frauen des russischen Punk-Kollektivs Pussy Riot aber erregt weltweit Empörung. Menschen fühlen sich angesprochen, weil die Musik auch ihre eigene ist, das macht das Urteil für viele zu einer höchstpersönlichen Angelegenheit. Das Moskauer Urteil gegen die Musikerinnen wird nicht nur Geschichte machen, es hat auch eine. Die Entscheidung der Richterin steht in einer langen und unrühmlichen rechtshistorischen Tradition autoritären und antiliberalen staatlichen Handelns. Dies belegt schon der Tatbestand des „Rowdytums“, unter dem die Anklage stand. Der Vorwurf des „Chuliganstvo“ hat eine lange Vorgeschichte.

Bereits im Kommunismus spielte er eine wichtige Rolle bei der Verfolgung politischer Gegner, wie der Regensburger Rechtswissenschaftler und Osteuropa-Experte Friedrich-Christian Schroeder schon in den sechziger Jahren herausarbeitete. Schroeder fand Ursprünge in revolutionärer Zeit, etwa im Aufruf „An die Bevölkerung“ vom November 1917: „Errichtet strengste, revolutionäre Ordnung, unterdrückt gnadenlos die Versuche zur Anarchie von Seiten der Säufer, Rowdys, konterrevolutionären Junker, Kornilow-Leute und dergleichen“, hieß es da in revolutionärem Duktus. Der Autor des Manifestes war Wladimir Iljitsch Lenin.

Ein Mittel zur Rechtfertigung juristischer Willkür

Dass Lenins Formulierungen nicht nur Revolutionsrhetorik waren, bewies er zwei Monate darauf, als er sie in einer Schrift über den Wettbewerb wiederholte. Dort gelten die „Rowdys“ gemeinsam mit den Reichen, Gaunern und Schmarotzern als „Auswurf der Menschheit“, als „rettungslos verfaulte und verkommene Elemente“. Die „Seuche, diese Pest, diese Eiterbeule“ sei eine Hinterlassenschaft des Kapitalismus, die beseitigt werden müsse.

Ein Dekret vom Februar 1918 setzte die expressive Prosa in konkrete Handlungsanweisungen um: Danach waren Rowdys ebenso wie feindliche Agenten und deutsche Spione „am Ort des Verbrechens zu erschießen“. Worin genau das Rowdytum bestand, definierten immer neue Erlasse immer wieder neu. Dabei ging es nicht nur um den Kampf gegen Zerstörungen und Schlägereien unter Alkoholeinfluss, die traditionell als Problem galten. „Chuliganen“ waren nicht nur Gewalttäter. Eine Verordnung von 1923 definierte als Rowdytum jene „Handlungen, die von einer offensichtlichen Missachtung der Gesellschaft begleitet sind, insbesondere Unfug jeder Art, Ausschreitungen, grobes Schimpfen“. Für die Revolutionstribunale der jungen Sowjetmacht hatten derart dehnbare Definitionen die wichtige Funktion, kurzen Prozess mit all jenen machen zu können, die nicht ins gängige Raster staatlicher Verfolgung passten.

Schon Lenin verstand „Rowdys“ als „Auswurf der Menschheit“Auch in der postrevolutionären Phase der Stabilisierung des Sowjetsystems blieb der Rowdy-Paragraph ein wirksames Mittel zur Rechtfertigung juristischer Willkür. Zwar wurden tatsächliche oder vermeintliche Rowdys nun nicht mehr erschossen, sondern mit Geld- und Freiheitsstrafen oder mit Verbannung bestraft. Doch sieht der Sowjetrechtsexperte Schroeder in der unter Stalin vollzogenen Konsolidierung eine „frostige Erstarrung unter Beibehaltung fast aller kriegsbedingten Verschärfungen der Repression“. Nach Stalins Tod wurde 1956 unter Chruschtschow das Rowdytum in schwere und minderschwere Delikte unterteilt und letztere mit leichten Strafen, etwa kurzer Haft, belegt. Was wie eine Entschärfung aussah, war tatsächlich ein Mittel für massenhafte Einschüchterung.

„Liquidierung des Rowdytums“

Wie der Historiker Brian Lapierre vor einigen Jahren in den „Cahiers du Monde Russe“ analysierte, war die Kampagne gegen Rowdys nun nicht mehr ein Instrument, um vermeintliche Staatsfeinde mit schweren Strafen aus dem Verkehr zu ziehen. Nun konnten Menschen wegen minderschwerer Vergehen mit kurzen Strafen belegt werden, dies aber in großem Ausmaß. Die Verurteilungen überschritten in den fünfziger Jahren die Millionengrenze. Eine „minderschwere Strafe“ konnte etwa in zwei Wochen Arbeitslager bestehen. Die vage Beschreibung des Rowdytums umfasste auch Verstöße gegen Ruhe und Ordnung, „respektloses Verhalten gegenüber anderen Bürgern“ sowie „Obszönitäten und Ungehörigkeiten“ aller Art.

Diese Gummiparagraphen waren keineswegs neu. Zwar betonten die Gesetzgeber der Sowjetunion gern den radikalen Bruch zur Justiz des Zarenreiches, doch kannte bereits das zaristische Recht „Vergehen wider die Wohlanständigkeit, Ordnung und Ruhe“, das sich allerdings vom sowjetischen Recht durch minder drastische Strafen unterschied. Der Rowdyparagraph war nicht auf die Sowjetunion allein beschränkt. Jüngere Wissenschaftler wie der Prager Historiker Matej Kotalik erforschen derzeit, inwieweit sowjetisches Strafrecht auch die Bestimmungen anderer sozialistischer Staaten prägte.

In der DDR etwa galten die Anstrengungen der Volkspolizei um 1960 ebenfalls verstärkt der „Liquidierung des Rowdytums“ und der „Zersetzung“ jugendlicher Gruppen mit nachrichtendienstlichen Methoden. Gemeint waren damit jugendliche Fans amerikanischer Musik, die sich zu Clubs und Bands zusammengeschlossen hatten. Brigaden des SED-Zentralkomitees, zu denen lokale Partei- und FDJ-Funktionäre gehörten, gingen seit 1960 gegen Fanclubs und „halbstarke Verhaltensweisen“ vor, zu denen auch das Praktizieren westlicher Tänze oder Verstöße gegen die Bestuhlungsvorschriften auf Konzerten gehören konnten. Einen Höhepunkt hatten diese Restriktionen in der Zwangsauflösung von Gitarrenbands 1965, gegen die Jugendliche in Leipzig demonstrierten und darum zu teils drakonischen Strafen verurteilt wurden. Als Tatbestand ging das Rowdytum 1968 in das Strafgesetzbuch der DDR ein. Der Paragraph 215 ahndete Vergehen wie nächtliche Ruhestörung, Verstoß gegen die Veranstaltungsordnung und „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Er wurde als sogenannter Rowdy-Paragraph berüchtigt.

Wachsendes Unverständnis

Immer wieder wurde er zur Unterdrückung unerwünschter kultureller Aktivitäten genutzt. In den fünfziger Jahren waren es die Halbstarken, in den Sechzigern und Siebzigern jugendliche „Gammler“, die auch dann als „Arbeitsbummelanten“ verfolgt wurden, wenn sie über ein einträgliches Einkommen etwa als Musiker oder Gelegenheitsarbeiter verfügten. In der Sowjetunion ging man ähnlich vor, in Ungarn und Tschechien war die Jugendpolitik etwas toleranter. Doch auch im Westen erklang der Ruf nach „Arbeitslagern für Langhaarige“ nicht nur aus dem Volksmund der Nachkriegsgesellschaft. Ein Gutachten der Weltgesundheitsorganisation erwog um 1960 militärische Trainingscamps für „antisoziale“ Jugendliche, die rauchen und trinken.

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Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/389

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