Praxen wissenschaftlichen Bloggens – ein Metabericht zum Workshop „Wissenschaftliches Bloggen in Deutschland: Geschichte, Perspektiven, praktische Umsetzung“ am 11.04.2013 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Gefördert vom Universitätsbund der Universität Würzburg richteten Katrin Betz und Dr. Christof Schöch vom Würzburger Lehrstuhl für Computerphilologie einen betont praxisorientierten Workshop zum kulturwissenschaftlichen Bloggen in Deutschland aus (Twitter: #dehypo). Der Workshop gliederte sich in drei Teile: (A) konzeptionelle Überlegungen, (B) Erfahrungsberichte aus der Praxis und (C) eine praktische Einführung in die deutsche Hypotheses-Plattform (de.hypotheses.org), die nach französischem Vorbild seit März 2012 mittlerweile schon über 80 Weblogs deutscher Wissenschaftler einen Raum bietet: Tendenz steigend.

A

Nach einer Begrüßung der ca. 25 TeilnehmerInnen aus ganz Deutschland, die zu einer großen Zahl Nachwuchswissenschaftlerinnen waren (was der Weblogdemografie korrespondiert; vgl. Schmidt 2009), machte der Literaturwissenschaftler Dr. Christof Schöch (Würzburg, http://dragonfly.hypotheses.org, Mitglied der de.hypotheses.org-Redaktion) den Auftakt, mit Wissenschaftliches Bloggen im Kontext digitaler Publikationsmedien im Dreischritt einige konzeptionelle Überlegungen zur Einführung in den Workshop vorzulegen: Dabei verortete er Weblogs (1) im Rahmen aktueller „web-basierter Medien der Publikation und Kommunikation“, (2) im Rahmen der „Entwicklung digitaler Medien“ und (3) im Hinblick auf die „Interaktion mit anderen Medien“ im Internet.

(1) Im Versuch einer systematischen Perspektive stellte Schöch vor allem Unterschiede zwischen Internetkommunikationsformen und klassischen Kommunikationsformen (der Wissenschaft) aus dem Printbereich anhand sieben Punkten gegenüber: Im Internet (i) sei naturgemäß freie Zugänglichkeit gewährleistet, also eine nicht ökonomisch motivierte Kommunikationspraxis zu finden (Stichwort: Open Access). Ebenso (ii) sei eine schnelle Publikations- und Aktualisierungsmöglichkeit gegeben, die nicht nur eine beständige Veränderbarkeit sondern auch eine beständige Entwicklungsmöglichkeit böte. Hinzu kommt, dass (iii) klassische institutionelle Intermediäre wie Verlage und Universitäten entfielen, diese Unabhängigkeit sich aber gerade aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche wissenschaftsinterner Kommunikation an institutionelle Intermediatoren nicht vollständig realisieren könne und daher andere an deren Stelle treten (Stichwort: Aufmerksamkeit, Archivierung, Zitierbarkeit). Ein (iv) kollaboratives, ortsungebundenes (Zusammen-)Arbeiten werde ermöglicht und mache im wissenschaftlichen Diskurs neue Kommunikations- und Wissensqualitäten sichtbar. Das (v) Verhältnis zu Vorgängermedien stelle sich als komplex dar, da es keine eindeutigen Vorläufer zu wissenschaftlichen Weblogs gebe: Ein komplexes Remediationsgefüge (vgl. Bolter/Grusin 2000) im Anlehnungs- und Ablösungsverhalten kennzeichne daher die Gattungen wissenschaftlichen Schreibens in Weblogs (noch). Bei den klassischen Publikationswegen sind feste Ökonomien der Qualitätskontrolle und der sog. Impact-Erhebung vorhanden: Weblogs haben hier ihre eigenen Ordnungs- und Kontrollmechanismen entwickelt, die anstatt auf eine vorgängige Selektion der Inhalte, auf eine der Publikation nachgeordnete Selektion durch den ‚Schwarm‘ setze. Damit werde auch eine veränderte Aufmerksamkeitsökonomie des Lesers nötig, die wiederum softwareseitig sehr präzise quantifizierbar ist. Schließlich entwarf Schöch im Punkt (vii) eine Typologie entlang der zwei Kontinua monologisch—dialogisch und objektzentriert—subjektzentriert: In diesem Koordinatensystem stellt er Weblogs im Vergleich zu anderen Internetkommunikationsformen als Hybride heraus, die eine Qualität herausgebildet haben, die im Spektrum webbasierter Medien noch nicht besetzt gewesen sei und auch offline keine Vorläufer habe.

(2) In der historischen Perspektive stellt er heraus, dass die frühen digital-vernetzten Kommunikationsformen dialogische Formen waren (E-Mail, Mailingliste, Diskussionsforen), die seit 1989 mit dem http- und html-gestützten World Wide Web erst einmal durch statisch-monologische Kommunikationsformen ergänzt wurden (Website, Homepage, Online-Journal), bevor im Rahmen dessen, was heute als Internetmedialität gefasst werden könnte, dialogische Kommunikation möglich wurde. Als Wegsteine dieser Kommunikationsformengeschichte können für die Wissenschaft genannt werden: 1987 wissenschaftliche Mailingliste, 1990 wissenschaftliches Online-Journal, 2003 wissenschaftlicher Weblog Hosting Service, 2008 wissenschaftliche Social Network Site.

(3) Mit Blick auf die Vernetzung der webbasierten Medien der Wissenschaft folgert Schöch gerade aufgrund der oben diagnostizierten Hybridität von Weblogs eine hohe Anschlussfähigkeit zu anderen wissenschaftlich genutzten Kommunikationsformen wie Twitter, Diskussionsforen, Social Network Sites, Homepages und Online Journals. Sie alle treten – außer vielleicht die wissenschaftlichen Zeitschriften – in ein (verlinkendes und thematisierendes) Wechselverhältnis zu Weblogs, das ihre und die Sichtbarkeit der gesamten wissenschaftlichen Blogosphäre gewährleistet. Sein Fazit: „Erst diese Einbindung macht den Blog lebendig!“ In der noch zurückhaltenden Beziehung zu Online Journals wiederum wird die noch problematische Stellung von Weblogs im Feld der internen Wissenschaftskommunikation deutlich.

Weblogs – könnte man mit Schöch abschließend resümieren – fügen sich aber zunehmend in die Publikations- und Kommunikationspraxis der wissenschaftlichen Diskursordnung ein (vgl. Foucault 1977) und haben so – folgt man den aktuellen Entwicklungen in der Wissenschaftskommunikation – ganz automatisch auch einen eminenten Anteil an der Bildung der akademischen Identität der bloggenden Wissenschaftler.

Die anschließende Diskussion verglich wissenschaftliche Homepages mit wissenschaftlichen Weblogs und wog ihre Vor-/Nachteile und Zukunftsträchtigkeit ab. Sebastian Gießmann stellte dabei heraus, wie die statische ‚Raumordnung‘ von Homepages und die dynamische ‚Zeitordnung‘ von Weblogs wahrscheinlicher zur einer ergänzenden Konvergenz führen würden als zu einer vollkommenen Verdrängung von Homepages. Mit dem Verweis auf die Zeitordnung ist m.E. auch die wesentliche Bestimmungsstruktur periodischer Aktualisierung erkannt (vgl. Meiler i.V.), die Weblogs allgemein mit einer ganzen Reihe sowohl Online- wie auch Offline-Kommunikationsformen verwandt erscheinen lässt: nicht zuletzt auch zu wissenschaftlichen Zeitschriften, denen übrigens anfangs von der wissenschaftlichen Community eine vergleichbare Skepsis entgegengebracht wurde (vgl. Csiszar 2012).

B

Die Literatur- und Editionswissenschaftlerin Dr. Anne Baillot (Berlin, http://digitalintellectuals.hypotheses.org) stellte in ihrem Vortrag Projektbegleitendes Bloggen – eine neue Art der Mäeutik? die Veränderungen in ihrer Bloggingpraxis anhand des Blogs vor, der die Arbeit an einem Projekt zur Erstellung digitaler Editionen begleitete und reflektierte dabei Motivation, Form und Funktion der Beiträge. Dabei zeichnete sie nach, wie sich der primäre Gattungszuschnitt ihres Blogs wandelte von einer Visitenkarte über ein Archiv der eigenen Arbeit und eine Projektpräsentation zur begleitenden Berichterstattung zum akademischen und universitären Betrieb samt seiner Highlights und Tücken. Thematisch wurden dabei vor allem auch die Leserschaft und deren erwartbare Erwartungen, die ihren Schreibprozess bzw. das Redigieren vor dem Posten nicht unerheblich steuerten: In dieser antizipierten Vorwegnahme von Kritik und dem kommunikativen Umgang damit wird die Typik wissenschaftlichen Schreibens produktionsseitig deutlich, die das wissenschaftliche Streitgeschäft – von Ehlich (1993) „Eristik“ getauft – wesentlich prägt. Ebenso in die Figuration der Leserschaft ging die Entscheidung für das Englische als hauptsächliche Blog-Sprache ein, um damit eine möglichst große Community zu adressieren. Gleichzeitig sprach Baillot die Schranken und Probleme einer fremdsprachlichen Wissenschaftskommunikation an und ihr nur folgerichtiges Switchen in eine ihrer beiden primären Sprachen ist ein ideales Beispiel für eine notwendig zu praktizierende Mehrsprachigkeit in den europäischen Wissenschaften (vgl. Ehlich 2010, 30).

Stilistisch empfiehlt sie ‚lieber viel und kurz als wenig und lang‘ zu bloggen und dabei persönliche und sachliche Darstellungen abzuwechseln. Ebenso schätze sie ein ergebnisoffenes, essayistisches Schreiben, das den Blog zu einem Versuchsraum und damit zum titelgebenden mäeutischen Reflexionswerkzeug mache. Mit ihrem Konzept von der in den Alltag integrierten Bloggingpraxis, die als das beschriebene Reflexionsmittel alle Prozesse universitären Handelns flexibel begleiten könne, spricht sie sich resümierend für das Plädoyer „Bloggen im Jetzt für ein unbekanntes Später“ aus.

Die Kunstwissenschaftlerin Sabine Scherz (München, http://games.hypotheses.org) widmete sich in ihrem Erfahrungsbericht Das Blog[1] als ständiger Begleiter – wie schaffe ich Qualität und Kontinuität? den Fragen: Warum, worüber, wie, mit wem und was bloggen? Dabei betonte sie, wie produktiv ihre Blogbeiträge wie eine „Kladde“ ihr Dissertationsprojekt begleiten, indem sie darin Gedanken sammelt und Einarbeitungen in Themen quasi als Arbeitsnachweise einerseits für sich dokumentiert und andererseits als Experte in einem lockeren, ungezwungenen Stil für andere aufarbeiten kann. Dabei stellte sie vor allem praktische Hinweise wie Themenfindungs- und Strukturierungstechniken und auch Hinweise zur sukzessiven Stilfindung vor, die das Bloggen zur regelmäßigen Schreibübung machen können. Die Bedürfnisse der (adressierten) Leserschaft nicht aus den Augen zu verlieren, erachtet sie dabei als Schlüssel zu einem funktionierenden Weblog: Informativität und Zeitersparnis seien die wesentlichen Argumente, die einen Blogleser am Ball halten können. So wendet sie die weblogkritische Frage „Muss ich das lesen?“ (Groebner 2013) gerade gegen den „Buch-Fetischisten“ Valentin Groebner (Graf 2013, 12).

Auch Scherz betont den Gemeinschaftsaspekt des Bloggings, der nicht nur in medialer Vernetzung sondern ebenso in wechselseitigem Bloglesen und Blogkommentieren, also kommunikativer Vernetzung besteht und darüber die Aufmerksamkeit von Lesern bindet und so über den Erfolg des Weblogs entscheidet. Gerade auch damit weist sie auf die karriereförderliche Möglichkeit hin, eine digitale wissenschaftliche Identität aufzubauen, das aber umsichtig d.h. ‚authentisch‘.

Die abschließende titelgebende Frage nach der Qualität und Kontinuität des Bloggens beantwortete sie mit dem Schlüsselwort Motivation, die durch die Anerkennung der Community und durch die Bloggingpraxis selbst als ständiger Begleiter im Hinterkopf von ganz allein geschürt würde. In der Diskussion wurde auf diese Praxis wissenschaftlicher Tätigkeit als eine Möglichkeit hingewiesen, die noch vor den klassischen Kommunikationsformen (Vortrag, Zeitschrift) dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu (inter-)disziplinärer Sichtbarkeiten verhelfen könne, die zudem eingeschränkt quantifiziert werden kann. Ebenso wurden die Ästhetiken des Bloggens angesprochen, die maßgeblich durch z.B. WordPress’ Möglichkeiten und Einschränkungen für Varietät und damit auch Identität im Design bestimmt sind. Eine veränderte forschende Wissens- und Welt-Aisthetisierung scheine zudem im wissenschaftlichen Weblog auf: Im Vergleich zu Printpublikationen können Daten z.B. in Form von vollständigen Digitalisaten direkt im Weblog sichtbar gemacht werden.

Der Sprachwissenschaftler Prof. Martin Haase (Bamberg, http://neusprech.org) plauderte in seinem Vortrag Zwischen Wissenschaft und Politik: Populärwissenschaftliches Bloggen auf neusprech.org ein wenig aus dem Nähkästchen der Erfolgsgeschichte des Grimme-prämierten Bloggens mit seinem Ko-Autor Kai Biermann (Journalist), und stellte die Mittel heraus, mit denen einem Weblog besonders viel Aufmerksamkeit zukommen wird. Dabei betonte er besonders den Wert der sog. Social-Media-Dienste (Facebook, Google+, Perlentaucher, Rivva, Twitter) und von diversen Vermarktungsmöglichkeiten (Bücher, E-Books, Shirts, Flattr). Ebenso plädierte er für individualisierte Designs, die mit den verfügbaren Weblogsoftwares wie z.B. WordPress nur bedingt möglich sind und andere Alleinstellungsmerkmale wie bspw. das von ihm und Biermann unregelmäßig angebotene Podcast „neusprechfunk“ oder live gestreamte Radio-Sendungen mit xenim.de. Neusprech.org zeigt sich abgesehen davon besonders bibliophil: Gattungsanleihen für die einzelnen Beiträge kommen von Wörterbüchern her, das neu vorgestellte Design ist in seiner Dreispaltigkeit zeitungsorientiert: Gattungs- und Kommunikationsformenmerkmale die – weblogtypisch – freilich reichhaltig um internetmedialitätstypische Aspekte wie u.a. Verlinkungen/Vernetzung, dynamische Verschlagwortung und flexible Strukturierbarkeit und Überarbeitbarkeit ergänzt sind (vgl. Meiler i.V.). In der Diskussion wurde vor allem noch einmal auf den Unterschied zwischen einem Weblog und einem daraus generierten E-Book hingewiesen, der in der Art der chronologischen Ordnung, der Seitenstruktur, Statik/Dynamik und Orientierungsmöglichkeit im Text/in den Texten begründet ist und damit zwei unterschiedliche Rezeptionsqualitäten bedingt, die dem Blogleser einerseits immer das Aktuelle zeigt, den E-Book-Leser aber andererseits i.d.R. vom frühesten Eintrag bis zum letztaufgenommenen Eintrag führt.

C

Der Kultur- und Medienwissenschaftler Dr. Sebastian Gießmann (Darmstadt, http://www.netzeundnetzwerke.de/; Mitglied der de.hypotheses.org-Redaktion) gab schließlich mit Jeder kann Bloggen! eine praktische Einführung in die deutsche Plattform von Hypotheses. In einem eigens angelegten Schulungsblog wurden für alle Teilnehmer des Workshops die ersten Schritte im Umgang mit WordPress vom Gestalten eines Blogeintrags samt Einbindung multikodaler Webinhalte bis zur Strukturierung und Hierarchisierung des Weblogs als Ganzem erfahrbar. Daneben wurden auch die nötigen Schritte erläutert, welche auf de.hypotheses.org zum eigenen wissenschaftlichen Weblog führen. Ganz so einfach, wie mit Anbietern wie blogger.com ist es nämlich nicht. Hypotheses stellt im Anmeldeformular u.a. mit einer geforderten Projektskizze zum Blogvorhaben z.B. sicher, dass nicht eine Unmenge unüberlegter und bald wieder aufgegebener Blogs die Plattform überschwemmen. An Weblogs, die sich über einen entsprechenden Zeitraum als regelmäßig aktualisiert bewährt haben, werden zudem ISSNs vergeben und die entsprechenden Blogs von der Französischen Nationalbibliothek archiviert.

Ausblick

Somit sind die ersten Schritte geebnet, die Ängste abzubauen, die (in Deutschland) weithin mit Open-Access-Publikationen verbunden sind (vgl. Kuhlen/Brüning 2006, 22f.) und das wissenschaftliche Bloggen im Spektrum der (internen) Wissenschaftskommunikation einerseits institutionell zu stabilisieren und zu verankern und andererseits – darüber herrschte einhelliger Tenor im Workshop – sind die ersten Schritte getan, wissenschaftliche Weblogs (mit den unterschiedlichen Gattungsausprägungen) als produktiv und sinnvoll anzuerkennen und somit im „kommunikativen Haushalt“ (Luckmann 1988) der wissenschaftlichen Gemeinschaft als akzeptabel und funktional zu etablieren. Dass dies aber noch am Anfang steht, zeigen auch die (noch regelmäßigen) Blogeinträge, die sich auf der Metaebene mit dem wissenschaftlichen Bloggen selbst befassen (nicht nur auf hypotheses.org sondern z.B. auch auf dem SOZBLOG (http://soziologie.de/blog/) der DGS). Die (Selbst-)Reflexion und (Selbst-)Verortung einer „community of practice“ (Wenger 1998) ist also augenblicklich (in Selbstbeobachtung) beobachtbar, was für die Würzburger auch das Hauptargument für einen praxisorientierten Workshop war.

Nicht relevant gesetzt wurde das Bloggen im Kontext der rezenten Publikations- bzw. „Zeitschriftenkrise“ (Hagendoff et al. 2007, 10) und den Veränderungen, die mit dem Open-Access-Paradigma auf die Wissenschaft zukommen und welche Rolle Weblogs in einem veränderten Publikations- bzw. Kommunikationsgefüge universitärer Wissenschaft einnehmen können oder gar sollten. Denn wenngleich Weblogs und auch die anderen Internetkommunikationsformen der Wissenschaft eigene Reputationssysteme (Klickzahlen, Kommentarquoten) hervorgebracht haben, stehen sie doch noch außerhalb der umfangreichen Rankingsysteme, die danach trachten, Forschungsleistung quantifizierend zu erfassen und vergleichbar zu machen und die damit die Forschung zunehmend rückkoppelnd beeinflussen (vgl. Kieser 2010, 355ff.). Vor diesem Hintergrund ist es nicht unbedeutend, die Frage zu stellen, wie erstrebenswert es wirklich ist, Weblogs ‚vollkommen‘ in die wissenschaftliche Publikationspraxis zu integrieren und ob Weblogs nicht gerade aufgrund ihrer spezifischen Außenseiterrolle in der Lage sein werden, produktive Impulse für die Forschung zu geben, die von Zeitschriftenartikeln – folgt man Kieser (ebd., 357f.) – bald nicht mehr zu erwarten sind.

Literatur

Bolter, Jay David/Gruisin, Richard (2000): Remediation. Understanding New Media. Cambridge, London: MIT Press.

Csiszar, Alex (2012): Serialität und die Suche nach Ordnung. Der wissenschaftliche Druck und seine Probleme während des späten 19. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft 2/7. S. 19–46.

Ehlich, Konrad (1993): Deutsch als fremde Wissenschaftssprache. In: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 19. S. 13–42.

Ehlich, Konrad (2010): Desiderate der Wissenschaftssprachkomparatistik. In: Heller, Dorothee (Hg.): Deutsch, Italienisch und andere Wissenschaftssprachen – Schnittstellen ihrer Analyse. Frankfurt a.M. et al.: Lang. S. 15–32.

Foucault, Michel (1977): Die Ordnung des Diskurses. Inauguralvorlesung am Collège de France – 2. Dezember 1970. Frankfurt a. M., Berlin, Wien: Ullstein.

Graf, Klaus (2013): Vermitteln Blogs das Gefühl rastloser Masturbation? Eine Antwort auf Valentin Groebner. In: Redaktionsblog der deutschen Hypotheses.org vom 07.02.2013 (http://redaktionsblog.hypotheses.org/951). Abs. 1–12.

Groebner, Valentin (2013): Muss ich das lesen? Ja, das hier schon. Wissenschaftliches Publizieren im Netz und in der Überproduktionskrise. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (31) 06.02.2013. S. N5.

Hagendoff, Svenja/Seidenfaden, Lutz/Ortelbach, Björn/Schumann, Matthias (2009): Neue Formen der Wissenschaftskommunikation. Eine Fallstudienuntersuchung. Göttingen: Universitätsverlag.

Kieser, Alfred (2010): Unternehmen Wissenschaft? In: Leviathan 38. S. 347–367.

Luckmann, Thomas (1988): Kommunikative Gattungen im kommunikativen „Haushalt“ einer Gesellschaft. In: Smolka-Koerdt, Gisela/Spangenberg, Peter M./Tillmann-Bartylla, Dagmar (Hg.): Der Ursprung von Literatur. Medien, Rollen, Kommunikationssituationen zwischen 1450 und 1650. München: Fink. S. 279–288.

Meiler, Matthias (i.V.): Kommunikationsformenadressen oder: Prozeduren des Situationsvollzugs am Beispiel von Weblogs. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik (angenommen).

Kuhlen, Rainer/Brüning, Jochen (2006): Potenziale von Creative Commons-Lizenzen für Open Innovation. In: Stempfhuber, Maximilian (Hg.): In die Zukunft publizieren. Herausforderungen an das Publizieren und die Informationsversorgung in den Wissenschaften. 11. Kongress der IuK-Initiative der Wissenschaftlichen Fachgesellschaft in Deutschland. Bonn: Informationszentrum Sozialwissenschaften. S. 21–28.

Schmidt, Jan (2009): Weblogs: Formen und Konsequenzen ihrer Nutzung. In: Moraldo, Sandro (Hg.): Internet.kom. Neue Sprach- und Kommunikationsformen im World Wide Web. Band 1: Kommunikationsplattformen. Rom: Aracne. S. 157–180.

Stefanowitsch, Anatol (2011): Das Blog ist tot, es lebe der Blog. In: Sprachlog. Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus. 25. August 2011 (http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachgebrauch/2011-08-25/das-blog-ist-tot-es-lebe-der-blog). Abs. 1–17.

Wenger, Etienne (1998): Communities of Practice: Learning, Meaning, and Identity. Cambridge: Cambridge University Press.


[1] Zum Genus von Weblog/Blog siehe Stefanowitsch (2011).

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1565

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CfP: Wie gestalten wir die Zukunft mit Open Access und Open Educational Resources?

http://zfhe.at/userupload/ZFHE_8-4_Call.pdf Open Access (OA) und Open Educational Resources (OER) sind in den letzten Jahren immer häufiger als Themen in den Printmedien und in der wissenschaftlichen Debatte vertreten. Beide verändern zentrale Prozesse an Hochschulen. Steht Open Access für den freien Zugang primär zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, diskutiert man im OER-Sektor über die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von freien […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/04/4050/

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Vom Sonderdruck zum Tweet, von Kutschen und Verflüssigung

Ein Fazit hat ja meist etwas Trockenes an sich. Das ist nicht gut, wenn man eine Konferenz beschreiben will, die alles andere als trocken war.

Versuchen wir es also mit Highlights und Schlaglichtern, möglichst anschaulich und kurzweilig – und damit dem Charakter der RKB-Konferenz entsprechend. Als Veranstalter betrachten wir im Nachhinein unsere Entscheidung als richtig, Diskussionspanels an die Stelle von Vorträgen gesetzt zu haben: Die Kurzweile kam ganz von allein, indem offenbar wurde, dass alle Diskutanten der drei Panels mit Engagement und Überzeugung dabei waren. Zugleich machten deutlich unterschiedliche Meinungen die Diskussionen umso angeregter, etwa im dritten Panel zwischen Valentin Groebner und Anne Lipp, oder dann, wenn ein Diskutant das zuvor im RKB-Blog publizierte Statement eines Kollegen als „unsäglich“ bezeichnet – zu Unrecht, wenn ich mir diese persönliche Meinung hier erlauben darf, zumal der Betroffene der Grippewelle zum Opfer gefallen war und sich nicht selbst verteidigen konnte.

Der Plan, den einzelnen Panels bestimmte Themen vorzugeben, ist dagegen tendenziell gescheitert: Die Diskussionen hüpften und sprangen nur so über den breiten Fächer digitaler Sujets. Und – um ein Hauptstadtzitat mit Bart einzubinden – das war auch gut so. Es spiegelte sich darin die Ernsthaftigkeit, mit der jeder einzelne Diskutant sein persönliches Steckenpferd vorbringen wollte und es spiegelte sich darin auch eine, wie ich es im Schlusswort nannte, „gesunde Aufgeregtheit“ im Umgang mit all den Themen, die unseren Alltag als Wissenschaftler so fundamental ändern oder bereits geändert haben (die Zukunft ist bereits Vergangenheit, siehe auch das Titelbild der Tagung (1)).

Was war also dieses bunte Themenpotpourri? Wir starteten beim Konkreten, der Bilanz von recensio.net und der Verkündung von Geburtstagsgeschenken. Wer die verpasst hat, möge bitte selbst suchen. Und wir starteten mit der Frage, warum eigentlich so wenig kommentiert wird in den Geisteswissenschaften. Interessanterweise blieb diese Frage als eine der wenigen fast vollständig unberührt, so dass wir weiter nur ahnen dürfen, es habe etwas mit der Hierarchieverliebtheit des deutschen Wissenschaftssystems oder der Nichtverwertbarkeit im wissenschaftlichen Curriculum oder der immer noch als „unwissenschaftlich“ empfundenen scheinbar qualitätsungesicherten Web 2.0-Umgebung zu tun. Oder mit allem. Es sei eingeschoben, dass Johan Schloemann passend zu diesem Aspekt in seinem am 4.2. in der SZ (Feuilleton) erschienen Artikel „Server oder Sammelband“  in Anspielung auf eine parallele Konkurrenzveranstaltung von der RKB-Tagung als „Münchner Unsicherheitskonferenz“ schreibt.

Anschließend ging es in die Keynotes und in die Diskussionen. Anzunehmenderweise wird beides im bald erscheinenden Tagungsbericht detailliert zu lesen sein, so dass ich mich darauf beschränke, die Landepunkte der Gedankensprünge zusammenzutragen:

Wir sprangen von Publikationsorten (Monographie, Blogs, Twitter, Verlage, Repositorien) zu Publikationsarten: Open Access aller Farben, Closed Access – mit deutlichsten Tendenzen zum Erstgenannten in goldener Fassung. Zu Aggregatzuständen von Texten: Herr Groebner hier vehementer Freund des zumindest temporär Festen, viele andere waren deutlich anderer Meinung. Zu inneren und äußeren Zwängen, die Einfluss auf unsere Innovationsfreude haben. Zu Wissenschaftskommunikation „nach außen“ und der Frage, welche Rolle wir der Öffentlichkeit zugestehen, ob wir sie als Bedrohung oder Chance, als Zuschauer oder Zielpunkt unserer Forschung wahrnehmen möchten.  Auch zu der Frage, welcher Sprache wir uns und für wissenschaftliche Texte bedienen (oder bedienen sollten). Das alles hängt unmittelbar mit der Nutzung und Nutzbarkeit von Social Media im Wissenschaftsbetrieb zusammen. Wobei, wenn ich mich recht erinnere, nicht ein einziges Mal der Begriff „Social Media“ fiel. Es ging oft und viel um Förderstrukturen und um Korsette aus Tradition und Drittmitteln, die unser Verhalten, unsere Kommunikation und ganz konkret das Leben und Überleben digitaler Online-Angebote  mitbestimmen. Und all das ist nur ein kleiner Ausschnitt des Diskutierten. Ich hatte ja Kurzweil angekündigt und bitte jeden Dabeigewesenen, der sein Steckenpferd des Gehörten ergänzen möchte, dies in den Kommentaren zu tun.

Die RKB-Tagung brachte der Carl Friedrich von Siemens Stiftung ihre erste Twitterwall.  Dass wir es ausgerechnet am ersten Tagungsnachmittag mit einem Ausfall von Twitter (ja, von Twitter, nicht der Twitterwall-Software, nicht des WLAN!) zu tun bekommen würden, konnte niemand ahnen.

Zwei schöne Botschaften, jede für sich ein Aufscheinen größtmöglicher Verständigung, allen Kontroversen zum Trotz: Niemand der Anwesenden führte auch nur ein einziges Mal im Verlaufe zweier Tage die „Digital Natives“ im Mund. Ist das nicht schön? All das viele reden, bloggen, twittern ob der Zweifel an der „Generationentheorie“ scheint gefruchtet zu haben. Unsere Panels waren ein schlagender Beweis dafür. Ich nenne verständlicherweise (aus Gründen der Höflichkeit) keine Namen, darf aber verraten, dass mehr als einmal die ältesten Diskutanten gegen die jüngsten argumentierten, und zwar nicht so, wie Sie als Uneingeweihter sich das gerade vorstellen.

Die zweite Versöhnungsbotschaft: Es gibt einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Einmal, zu Beginn der Konferenz, fiel das Wort „Sonderdruck“ –  im Zuge einer Schilderung überholter Formen von Wissenschaftskommunikation. Da lachte der ganze Saal. Auch jene, denen der feste Aggregatzustand von Texten am besten schmeckt.

Danke an die Carl Friedrich von Siemens Stiftung. Es waren zwei Tage in einer optisch wie kulinarisch höchst ansprechenden Umgebung, für die man nicht oft genug danken kann. Derselbe Dank gilt Ihnen als Besuchern:  Wir waren etwa acht Tage im Voraus ausgebucht, und viele von Ihnen rutschten erst über die Warteliste in die Veranstaltung, was uns als Veranstaltern neben einem schlechten Gewissen in vielen Fällen auch Bewunderung für Ihre Flexibilität abrang, war doch die Besetzung erfreulich überregional, ja international. Und ganz explizit will ich für den vollständig ausbleibenden Besucherschwund am Freitagnachmittag danken: Sie alle harrten bis zum bitteren Ende aus, und ich hoffe glauben zu dürfen, dass das nicht nur am grässlichen Münchner Dauerregen lag. Danke!

Der letzte Dank, aber keineswegs weniger herzlich, geht an das L.I.S.A.-Portal der Gerda Henkel Stiftung. Dort nämlich können Sie sich in ein paar Tagen die Videos der RKB-Konferenz ansehen, die gerade entsprechend aufbereitet werden.

Und wenn Sie glauben, Sie hätten es jetzt geschafft,  muss ich Sie enttäuschen: Eine kleine Ankündigung hätte ich, im Namen aller am RKB-Blog Beteiligten: Wir starteten als reiner Konferenzblog. Den zu betreiben, war nicht nur – im Rückblick – sinnvoll. Es hat auch Spaß gemacht, und wir sind auf reichlich Resonanz gestoßen. Die Themen, die hier behandelt werden, bleiben aktuell, womöglich länger, als uns allen lieb ist. Um es kurz zu machen: Wir wollen weitermachen und hier ab und zu Gedanken zur Entwicklung der Wissenschaftskommunikation bewegen, gern in zugespitzter Form, aber sicher nicht mehr in derselben Frequenz wie zuvor, um unauffällig die Brücke zu den Korsetten und zum Thema Zeitnot zu schlagen, die auch zu den zentralen Themen der Tagung gehörte.

P.S.: Sie fragen sich, was es mit den Kutschen im Titel auf sich hat? Dann waren Sie offensichtlich nicht dabei. Alle anderen fragen sich das nicht. Abhilfe schafft der Klick auf L.I.S.A., sobald dort die Videos verfügbar sind. Nehmen Sie sich Zeit, denn es war die wohl meistgebrauchte Metapher der Konferenz. Und wenn Sie schon dabei sind, sei Ihnen hier noch das Interview mit Gudrun Gersmann ans Herz gelegt, das Deutschland Radio Kultur anlässlich der RKB-Konferenz und des recensio.net-Geburtstags sendete.

(1) Den Herrn mit dem Zwiebackschachtelartigen Smartphone haben wir übrigens „Hardy“ getauft. Wir vermissen ihn schon jetzt auf der Startseite von recensio.net)

Quelle: http://rkb.hypotheses.org/413

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Vom Sonderdruck zum Tweet, von Kutschen und Verflüssigung

Ein Fazit hat ja meist etwas Trockenes an sich. Das ist nicht gut, wenn man eine Konferenz beschreiben will, die alles andere als trocken war.

Versuchen wir es also mit Highlights und Schlaglichtern, möglichst anschaulich und kurzweilig – und damit dem Charakter der RKB-Konferenz entsprechend. Als Veranstalter betrachten wir im Nachhinein unsere Entscheidung als richtig, Diskussionspanels an die Stelle von Vorträgen gesetzt zu haben: Die Kurzweile kam ganz von allein, indem offenbar wurde, dass alle Diskutanten der drei Panels mit Engagement und Überzeugung dabei waren. Zugleich machten deutlich unterschiedliche Meinungen die Diskussionen umso angeregter, etwa im dritten Panel zwischen Valentin Groebner und Anne Lipp, oder dann, wenn ein Diskutant das zuvor im RKB-Blog publizierte Statement eines Kollegen als „unsäglich“ bezeichnet – zu Unrecht, wenn ich mir diese persönliche Meinung hier erlauben darf, zumal der Betroffene der Grippewelle zum Opfer gefallen war und sich nicht selbst verteidigen konnte.

Der Plan, den einzelnen Panels bestimmte Themen vorzugeben, ist dagegen tendenziell gescheitert: Die Diskussionen hüpften und sprangen nur so über den breiten Fächer digitaler Sujets. Und – um ein Hauptstadtzitat mit Bart einzubinden – das war auch gut so. Es spiegelte sich darin die Ernsthaftigkeit, mit der jeder einzelne Diskutant sein persönliches Steckenpferd vorbringen wollte und es spiegelte sich darin auch eine, wie ich es im Schlusswort nannte, „gesunde Aufgeregtheit“ im Umgang mit all den Themen, die unseren Alltag als Wissenschaftler so fundamental ändern oder bereits geändert haben (die Zukunft ist bereits Vergangenheit, siehe auch das Titelbild der Tagung (1)).

Was war also dieses bunte Themenpotpourri? Wir starteten beim Konkreten, der Bilanz von recensio.net und der Verkündung von Geburtstagsgeschenken. Wer die verpasst hat, möge bitte selbst suchen. Und wir starteten mit der Frage, warum eigentlich so wenig kommentiert wird in den Geisteswissenschaften. Interessanterweise blieb diese Frage als eine der wenigen fast vollständig unberührt, so dass wir weiter nur ahnen dürfen, es habe etwas mit der Hierarchieverliebtheit des deutschen Wissenschaftssystems oder der Nichtverwertbarkeit im wissenschaftlichen Curriculum oder der immer noch als „unwissenschaftlich“ empfundenen scheinbar qualitätsungesicherten Web 2.0-Umgebung zu tun. Oder mit allem. Es sei eingeschoben, dass Johan Schloemann passend zu diesem Aspekt in seinem am 4.2. in der SZ (Feuilleton) erschienen Artikel „Server oder Sammelband“  in Anspielung auf eine parallele Konkurrenzveranstaltung von der RKB-Tagung als „Münchner Unsicherheitskonferenz“ schreibt.

Anschließend ging es in die Keynotes und in die Diskussionen. Anzunehmenderweise wird beides im bald erscheinenden Tagungsbericht detailliert zu lesen sein, so dass ich mich darauf beschränke, die Landepunkte der Gedankensprünge zusammenzutragen:

Wir sprangen von Publikationsorten (Monographie, Blogs, Twitter, Verlage, Repositorien) zu Publikationsarten: Open Access aller Farben, Closed Access – mit deutlichsten Tendenzen zum Erstgenannten in goldener Fassung. Zu Aggregatzuständen von Texten: Herr Groebner hier vehementer Freund des zumindest temporär Festen, viele andere waren deutlich anderer Meinung. Zu inneren und äußeren Zwängen, die Einfluss auf unsere Innovationsfreude haben. Zu Wissenschaftskommunikation „nach außen“ und der Frage, welche Rolle wir der Öffentlichkeit zugestehen, ob wir sie als Bedrohung oder Chance, als Zuschauer oder Zielpunkt unserer Forschung wahrnehmen möchten.  Auch zu der Frage, welcher Sprache wir uns und für wissenschaftliche Texte bedienen (oder bedienen sollten). Das alles hängt unmittelbar mit der Nutzung und Nutzbarkeit von Social Media im Wissenschaftsbetrieb zusammen. Wobei, wenn ich mich recht erinnere, nicht ein einziges Mal der Begriff „Social Media“ fiel. Es ging oft und viel um Förderstrukturen und um Korsette aus Tradition und Drittmitteln, die unser Verhalten, unsere Kommunikation und ganz konkret das Leben und Überleben digitaler Online-Angebote  mitbestimmen. Und all das ist nur ein kleiner Ausschnitt des Diskutierten. Ich hatte ja Kurzweil angekündigt und bitte jeden Dabeigewesenen, der sein Steckenpferd des Gehörten ergänzen möchte, dies in den Kommentaren zu tun.

Die RKB-Tagung brachte der Carl Friedrich von Siemens Stiftung ihre erste Twitterwall.  Dass wir es ausgerechnet am ersten Tagungsnachmittag mit einem Ausfall von Twitter (ja, von Twitter, nicht der Twitterwall-Software, nicht des WLAN!) zu tun bekommen würden, konnte niemand ahnen.

Zwei schöne Botschaften, jede für sich ein Aufscheinen größtmöglicher Verständigung, allen Kontroversen zum Trotz: Niemand der Anwesenden führte auch nur ein einziges Mal im Verlaufe zweier Tage die „Digital Natives“ im Mund. Ist das nicht schön? All das viele reden, bloggen, twittern ob der Zweifel an der „Generationentheorie“ scheint gefruchtet zu haben. Unsere Panels waren ein schlagender Beweis dafür. Ich nenne verständlicherweise (aus Gründen der Höflichkeit) keine Namen, darf aber verraten, dass mehr als einmal die ältesten Diskutanten gegen die jüngsten argumentierten, und zwar nicht so, wie Sie als Uneingeweihter sich das gerade vorstellen.

Die zweite Versöhnungsbotschaft: Es gibt einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Einmal, zu Beginn der Konferenz, fiel das Wort „Sonderdruck“ –  im Zuge einer Schilderung überholter Formen von Wissenschaftskommunikation. Da lachte der ganze Saal. Auch jene, denen der feste Aggregatzustand von Texten am besten schmeckt.

Danke an die Carl Friedrich von Siemens Stiftung. Es waren zwei Tage in einer optisch wie kulinarisch höchst ansprechenden Umgebung, für die man nicht oft genug danken kann. Derselbe Dank gilt Ihnen als Besuchern:  Wir waren etwa acht Tage im Voraus ausgebucht, und viele von Ihnen rutschten erst über die Warteliste in die Veranstaltung, was uns als Veranstaltern neben einem schlechten Gewissen in vielen Fällen auch Bewunderung für Ihre Flexibilität abrang, war doch die Besetzung erfreulich überregional, ja international. Und ganz explizit will ich für den vollständig ausbleibenden Besucherschwund am Freitagnachmittag danken: Sie alle harrten bis zum bitteren Ende aus, und ich hoffe glauben zu dürfen, dass das nicht nur am grässlichen Münchner Dauerregen lag. Danke!

Der letzte Dank, aber keineswegs weniger herzlich, geht an das L.I.S.A.-Portal der Gerda Henkel Stiftung. Dort nämlich können Sie sich in ein paar Tagen die Videos der RKB-Konferenz ansehen, die gerade entsprechend aufbereitet werden.

Und wenn Sie glauben, Sie hätten es jetzt geschafft,  muss ich Sie enttäuschen: Eine kleine Ankündigung hätte ich, im Namen aller am RKB-Blog Beteiligten: Wir starteten als reiner Konferenzblog. Den zu betreiben, war nicht nur – im Rückblick – sinnvoll. Es hat auch Spaß gemacht, und wir sind auf reichlich Resonanz gestoßen. Die Themen, die hier behandelt werden, bleiben aktuell, womöglich länger, als uns allen lieb ist. Um es kurz zu machen: Wir wollen weitermachen und hier ab und zu Gedanken zur Entwicklung der Wissenschaftskommunikation bewegen, gern in zugespitzter Form, aber sicher nicht mehr in derselben Frequenz wie zuvor, um unauffällig die Brücke zu den Korsetten und zum Thema Zeitnot zu schlagen, die auch zu den zentralen Themen der Tagung gehörte.

P.S.: Sie fragen sich, was es mit den Kutschen im Titel auf sich hat? Dann waren Sie offensichtlich nicht dabei. Alle anderen fragen sich das nicht. Abhilfe schafft der Klick auf L.I.S.A., sobald dort die Videos verfügbar sind. Nehmen Sie sich Zeit, denn es war die wohl meistgebrauchte Metapher der Konferenz. Und wenn Sie schon dabei sind, sei Ihnen hier noch das Interview mit Gudrun Gersmann ans Herz gelegt, das Deutschland Radio Kultur anlässlich der RKB-Konferenz und des recensio.net-Geburtstags sendete.

(1) Den Herrn mit dem Zwiebackschachtelartigen Smartphone haben wir übrigens „Hardy“ getauft. Wir vermissen ihn schon jetzt auf der Startseite von recensio.net)

Quelle: http://rkb.hypotheses.org/413

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Der Hype um das Internet, die digitale Welt und der ganze Rest #rkb13

Die Titelgrafik der RKB-Tagung basiert auf einem Design von Moma Propaganda, São Paolo. www.momapropaganda.com.br

 

Die RKB-Tagung in München ist gerade vorüber. Wer nicht dabei sein konnte, hatte via Twitter und über hypotheses.org die Möglichkeit “live” dabei zu sein und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Nun freut es umso mehr, dass sich die Süddeutsche Zeitung ausgiebig mit dem Thema der Wissenschaftskommunikation befasst (Ausgabe 29 vom 4.2.2013, S. 9).

Exempli gratia ist der Publikationsprozess, samt vorgelagerter Erarbeitung von Informationen, wobei die Reduktion auf den Begriff “filtern” eher zu pauschalisierend ist, bis zur Thesenentwicklung und anschließendem Schreibprozess. Schlagwörter wie “Open Access” dürfen in diesem Zusammenhang nicht fehlen. Der Rückgriff auf die Infrastrukturen als Allheilsbringer der Geisteswissenschaften geht dann doch etwas weit. Hier werden wissensgenerierende Methoden zu stark mit dem Output der Wissenschaften verknüpft, mit dem Paper, mit dem Buch, mit der Online-Publikation. Denn auf einen solchen Output hinzuarbeiten, dürfte keinem Infrastrukturprojekt als Ziel dienen. Wenn dies so wäre, dann würden Infrastrukturen zu stark an einzelne Projekte und Forschungsvorhaben gebunden sein. Das dem nicht so ist, sollte klar werden, schaut man auf die heterogene Nutzerlandschaft, die gesamten Geisteswissenschaften.

Aber allein durch die Nutzung digitaler Tools wie Mendeley, Geobrowsern oder Visualisierungsumgebungen wie Gephi beginnt keine neue Epoche. Die Fragestellungen sind – ja, sie dürfen es auch explizit sein – die gleichen wie zuvor. Denn das bestätigen oder verwerfen alter Thesen ist ein guter Anfang um schließlich neue Fragestellungen zu entwickeln und diese auch an einer großen Masse an Daten überprüfen zu können. Erst an dieser Stelle kommt die Infrastruktur ins Spiel, deren Rolle zwar zentral ist, die aber den nach wie vor analogen Vorgang der Hypothesenbildung wenn überhaupt nur ein wenig unterstützen kann. Das bedeutet, dass das überaus kreative Vorgehen und Arbeiten in der Wissenschaft nach wie vor nicht von Maschinen ersetzt werden kann.

Der Spiegel schrieb im April 1957 im Zusammenhang mit Roberto Busas Corpus Thomisticus von “Text-Analyse durch Elektronen-Gehirne” (S. 62) und die innerkirchliche Diskussion – zu den vom Teufel persönlich entsandten Maschinen – blieb nicht aus. Vielleicht ist die aktuelle Diskussion davon nicht so weit weg. So klingt es zumindest etwas esoterisch, wenn vom “magischen [...] Vorsprung” durch Technik geschrieben wird; im SZ-Artikel und auch in den Tweets.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1248

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Open Peer Review – letzter Tag


Letzter Tag im Open Peer Review-Projekt “historyblogosphere. Bloggen in den Geschichtswissenschaften“, das gemeinsam mit Peter Haber derzeit bei Oldenbourg und wunderbar betreut von Julia Schreiner läuft. Nach den letzten Wochen mit Hochs und Tiefs, manchmal langen Leerläufen und dann wieder intensiven Kommentier-Phasen kann man jetzt schon einige Lehren aus diesem Pilotprojekt ziehen. Dies ist nicht der Platz für die Details dazu, allerdings ist absehbar, dass wir künftig mit vielen veränderten Arbeitsweisen rechnen dürfen, wenn sich solche Review- und Publikationsprojekte etablieren. Die deutschsprachige Blogosphäre spielt hier wohl nur eine untergeordnete Rolle, doch neuerdings geänderte Förderrichtlinien der DFG und des FWF in punkto Open Access werden doch dazu beitragen, dass immer mehr Geschichtswissenschaft im Netz sichtbar wird.

Quelle: http://holocaustwebsites.hypotheses.org/103

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Der veſte Buchſtab. Digitale Editionen, ihre Erstellung und Darbietung

  Am 29. und 30.  November 2012 fand in der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung das Arbeitstreffen „digital humanities. Wissenschaftliche Datenbanken und Editionsprojekte“ statt. Zwar gibt es gibt noch keinen Königsweg, der in diesem weiten Bereich zu allen Zielen führt. Umso wichtiger sind Übergangsmöglichkeiten von einem Weg zum anderen. Die Überlieferung von Worten ist das wertvollste Kulturgut überhaupt. Bauten und Bilder, Geschmeide, Melodien und Maschinen können uns nützen, uns freuen, uns staunen und schaudern lassen ‒ aber sie reden nie so zu uns wie Worte, von Mensch zu Mensch. Kein Wunder, dass wir gerade auch dieser Überlieferung digitale Dauer zu geben bestrebt sind, kein Wunder aber auch, dass bei der Ausführung des Vorhabens Schwierigkeiten begegnen. Lösungen solcher Schwierigkeiten war das Arbeitstreffen gewidmet, freilich mit Schwerpunktsetzung: Es ging um schriftliche Überlieferung und das Eingeben, Abspeichern, Aufbereiten und Anzeigen von zugehörigen Metadaten (im weiteren Sinn verstanden, worunter auch schon das Transkript zu einer Abbildung fällt). Und es war wirklich fesselnd zu sehen, wie vielfältige und ausgefeilte Lösungsansätze vorgestellt, gelegentlich auch ‒ freundlich und erfreulich lebhaft ‒ gegenübergestellt wurden und wie sie einander ergänzen oder befruchten konnten.   Aus einer Hölderlinhandschrift mit der im Titel angeführten Stelle. Die Transkription (d oder D oder …?) ist ein primär philologisches, nur sekundär technisches Problem. Dazu unten etwas. (Quelle: Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: Hs. Homburg.G,2-7: Blatt 6v: Zeile 6. http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz346526833. Lizenz CC BY-NC-ND.) FuD, vertreten von Marina Lemaire und Gisela Minn vom Trierer Kompetenzzentrum, zeigte sich als System mit einem erprobten Kern und einer Vielzahl von entwickelten oder in Entwicklung befindlichen Schnittstellen, um so gut wie alle Editionsschritte zu unterstützen ‒ von der kollaborativen Erfassung in einer MySQL-Datenbank der Uni Trier bis zur Veröffentlichung im Netz oder Druck ‒, aber auch den Wechsel hin zu anderen Systemen anbieten zu können. So gab Sebastian Felten vom DHI London einen interessanten Einblick ins Projekt „Pauper Letters and Petitions for Poor Relief in Germany and Great Britain, 1770 – 1914“ und wie dort sowohl FuD als auch das ‒ noch zu erwähnende ‒ DENQ zusammen genutzt werden, das eine zur Eingabe, das andere zur Anzeige im Netz. BASYS-Invenio, vorgestellt von Thekla Kleinschmidt und Branimir Kolev vom Bundesarchiv, wurde und wird auf der Grundlage von Islandora entwickelt, um Archivalien in einem riesigen Gesamtbestand von einigen hundert Terabytes rasch finden und anzeigen zu können. Eingebaut ist eine sehr lesefreundliche Anzeige in Gestalt des Internet-Archive-Viewers, zudem mit einer maschinellen Texterkennung über Tesseract, was eine Suche im Text der jeweils angezeigten Abbildung ermöglicht. Bei den meisten Bundesarchivalien, gedruckt im 20. bis 21. Jahrhundert, zeitigt eine maschinelle Texterkennung gute Ergebnisse. Peter Stadler stellte die Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe vor, die in bewunderungswürdig konsequenter und harmonischer Verbindung von philologischen Kardinaltugenden und modernen XML-Techniken erarbeitet wird: Mit Gründlichkeit und Genauigkeit und der echt philologischen Liebe zum Wort wird aus der sichtbaren Überlieferung, dem Bild, ein lesbarer, und zwar maschinenlesbarer Text, der bis zur Anzahl der Striche bei Unterstreichungen alles von der Überlieferung aufhebt, was irgendwie sinnunterscheidend sein könnte. Ruth und Borries von dem Bussche vom Düsseldorfer Unternehmen Fafalter skizzierten dagegen eine Lösung auf der Grundlage von HTML5, das mit RDF-Annotation angereichert wird ‒ eine Verbindung von Sinn- und Gestaltebene, die früher gemieden wurde, jetzt aber im Verlagswesen und überhaupt im geschäftlichen Umfeld mehr und mehr Anklang findet. Auch, um Netzseiten mit mehr maschinenlesbarem Inhalt im Sinne des „semantic web“ zu erstellen, ist HTML5 mit RDF-Anzeichnung die fortgeschrittenste Lösung. Charlotte Schubert von der Universität Leipzig führte eAQUA vor und machte anhand von Beispielen aus ihrer eigenen Forschung deutlich, welchen außerordentlichen Nutzen ein Korpus von diesem Umfang und Lemmatisierungsgrad, zudem versehen mit den Anzeigemöglichkeiten der Kookkurrenzanalyse und der raumzeitlichen Belegverteilung haben kann. Torsten Schrade von der Digitalen Akademie Mainz stellte einen editorischen Arbeitsablauf vor, der von Ausgangsdokumenten in verschiedenen (und nicht immer günstigen) Formaten hin zum Content-Management-System Typo3 führt. Eine besondere Herausforderung ist im Fall des Beispielprojektes „Medieval Ashkenaz“ die Mischung hebräischer und deutscher Teile, also links- und rechtsläufiger Schriftrichtung, was in besonders schweren Fällen mit einem Zusammenspiel aus weicher Auszeichnung (mit <span dir=”rtl”> … </span>) und harten Steuerzeichen (U+202B für ‘ab hier linksläufig’ und U+202A für ‘ab hier rechtsläufig’) gelöst wird. Die Steuerzeichen werden elegant über das CSS, nämlich über eine an die Anzeichnung dir gebundene content-Eigenschaft eingefügt. DENQ, vorgestellt von Jörg Hörnschemeyer (dem Entwickler) und Jan-Peter Grünewälder vom DHI Rom, ist ebenda entwickelt worden, also gleichsam innerhalb der Max Weber Stiftung. Ein Kernbestandteil ist die XML-Datenbank eXist. Gezeigt wurden eine Suche über mehrere Korpora, auch als Ähnlichkeitssuche auf der Grundlage des Lewenstein-Algorithmus, ferner die Anzeige von Belegen in räumlicher Verteilung, unterlegt mit einer geographischen Karte, sowie die Möglichkeit, die Abbildung eines Textes in Ausschnitte zu zerlegen, die im SVG-Format gespeichert und den je entsprechenden Textausschnitten zugeordnet werden können, was noch in Entwicklung ist. Es konnte aber bereits eine gerade für diese Aufgabe äußerst nützliche maschinelle Vorsegmentierung gezeigt werden, die schon erstaunlich gut war. Zur Dateneingabe sonst: In DENQ wurde oder wird für jedes gewünschte Format eine Überführung in eXist entwickelt. Unter anderem möglich ist die Nutzung eines vertrauten Editors wie Word, in dem dann über Formatvorlagen recht bequem eine semantische Auszeichnung bis auf die Ebene des Zeichens hinab vorgenommen werden kann. Es ist bewundernswert, wie viel Funktionalität und Flexibilität auf schmaler Personalbasis entwickelt und ermöglicht worden ist. TextGrid, vorgestellt von Oliver Schmid von der Technischen Universität Darmstadt, ist vielleicht das komplexeste der vertretenen Systeme und bietet einen zumal gemessen am Projektalter großen Umfang an Funktionen sowie Teilprogrammen, die modular entwickelt und vom Nutzer modular eingebunden werden können. Die Eingabeumgebung, TextGridLab, funktioniert als reines Java-Programm ohne Installation (wenn das Java-Runtime-Environment auf dem Rechner installiert ist, was ja meist zutrifft) und auch offline. Das TextGridRep wiederum dient sowohl der gemeinsamen Arbeit an derselben Datenbank, als auch der Langzeitarchivierung und der Veröffentlichung im Netz mit Suchmöglichkeiten. Zwei vielleicht miteinander zusammenhängende Eindrücke vom Arbeitstreffen: Erstens. Es gibt noch keinen Königsweg, der zu allen Zielen führt; umso wichtiger sind Übergangsmöglichkeiten von einem Weg zum anderen. Zweitens. Gerade als Austauschformat ist XML noch immer und bis auf weiteres „die reine Lehre“, wie Gregor Horstkemper von der Bayerischen Staatsbibliothek in seiner Moderation scherzte. Andererseits wurden hin und wieder die Unzulänglichkeiten von XML in den Randbereichen seiner Verwendung deutlich: Wann immer man Geltungsbereiche auszeichnen will, die unterbrochen sind oder einander überlappen, also nicht in die hierarchische Verschachtelung von XML-Dokumenten passen, muss man zu Behelfen greifen, von denen keiner der Standard ist ‒ die TEI-Richtlinien stellen mehrere gleichberechtigt nebeneinander. Und schlimmer: Um die Behelfslösung einzulesen, etwa bei Abfragen, muss man einen eigenen Parser schreiben (adé Standardkonformität) oder auf Reguläre Ausdrücke zurückgreifen (was sonst als blankes Versagen bei der XML-Verarbeitung gilt) oder XPointer verwenden, was noch kaum umgesetzt und überdies mit einem Patent belastet ist, das bei Sun lag, jetzt also bei Oracle liegen müsste (vgl. http://www.w3.org/TR/xptr-framework/, http://www.w3.org/2002/06/xptr_IPR_summary.html). Oracle hat bekanntlich schon wegen eines anderen von Sun geerbten Patentes einen Rechtsstreit begonnen. Dennoch: Stadler, Leiter der TEI-Interessengruppe „Correspondence“, hat XML mit pädagogischem Impetus hochgehalten: Geisteswissenschaftler sollen mit XML umgehen können, weil der Umgang mit Texten, Textstruktur und Textsemantik zum Kernbereich der Geisteswissenschaft gehört, weil die dabei anfallenden Entscheidungen auch nur der Fachwissenschaftler, kein hilfreich herbeieilender Techniker treffen kann und weil der Umgang mit XML auch gar nicht so schwierig ist wie die wirklich harten Probleme ‒ die sind bei einer Edition stets philologischer Natur. Wenn man von der XML-Frage verallgemeinernd absieht, wird der Impetus ein aufklärerischer: Es geht dann um den Ausgang des Geisteswissenschaftlers aus einer selbstverschuldeten Unmündigkeit, was Datenverarbeitung angeht. Besteht diese Unmündigkeit? Und ist sie selbstverschuldet ‒ aus denselben Ursachen, die Kants berühmter Aufsatz nennt? Hier liegt ein Problem, das unangenehmer ist als etwa das vergleichsweise harmlose Ansinnen, die Geisteswissenschaften im Social Web zu verankern. Dr. Stefan Müller ist Referent für Datenbanken in der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung in Bonn, Redaktion Perspectivia.  

Quelle: http://mws.hypotheses.org/1571

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Nationalenzyklopädie versus Wikipedia – Norwegens Store Norske Leksikon: SNL.no


The Library: Encyclopedias, 1964
Flickr Commons, LSE Library (public domain)

Spätestens seit Anfang des neuen Jahrtausends kämpfen viele Verlage mit einbrechenden Verkaufszahlen ihrer Enzyklopädien und Lexika, wie zuletzt der Verlag Encyclopaedia Britannica, der 2010 aufgrund niedriger Nachfrage die letzte 32-bändige Ausgabe seines prestigeträchtigen Nachschlagewerks herausgegeben hat.

Druckausgabe des Store Norske Leksikon

Druckausgabe des Store Norske Leksikon

Auch in Norwegen kämpfte der durch die beiden größten Verlage des Landes, Aschehoug und Gyldendal, gegründete Kunnskapsforlaget mit sinkenden Umsätzen. 1978–1981 gab er die erste Ausgabe des Store Norske Leksikon [Großes Norwegisches Lexikon] heraus, das die beiden vorherigen großen Standardenzyklopädien Aschehougs konversasjonsleksikon und Gyldendals Store Konversasjonsleksikon vereinte. Die vierte Ausgabe von Store Norske Leksikon, die von 2005–2007 herausgegeben wurde, war bereits die letzte Printausgabe des Lexikons und wurde von einer kostenpflichtigen Online-Ausgabe  abgelöst. Doch auch die Online-Ausgabe erbrachte nicht die erhofften Gewinne, da sie in direkter Konkurrenz zum Enzyklopädiegiganten Wikipedia stand. 2010 kündigte Kunnskapsforlaget an, dass der Betrieb der Online-Version des Lexikons eingestellt werde, worauf eine Debatte über die Zukunft der ›norwegischen Nationalenzyklopädie‹ folgte. Ausgelöst wurde diese vor allem durch die Aussage der norwegischen Kulturministerin Anniken Huitfeldt, die sagte, sie halte es nicht für die Aufgabe des Staates, die Verantwortung für die Netzausgabe des Store Norske Leksikon zu übernehmen. In einem Interview mit dem norwegischen Fachblatt der Buchbranche Bok & Samfunn äußerte sie ferner: »Es braucht starke Argumente, damit der Staat sich an der Finanzierung eines nationalen Lexikons beteiligt. Eine solche Anfrage ist durch den Kunnskapsforlaget gekommen, und wir werden sie selbstverständlich genau abwägen, aber ich habe meine Zweifel daran, wie richtig das ist. Es wird um viel Geld gehen, und Netzlexika wie Wikipedia sind eine interessante Alternative. Ich bemerke, dass viele negativ gegenüber Wikipedia eingestellt sind, aber ich teile diese Auffassung nicht.«

Onlineversion des Store Norske Leksikon

Onlineversion des Store Norske Leksikon

Die humanistische Bildungsorganisation Fritt Ord [Freies Wort] und die Sparebankstiftelse DnB Nor übernahmen daraufhin das Lexikon und geben es seitdem in Zusammenarbeit mit den Universitäten, der norwegischen fachliterarischen Autorenvereinigung und der norwegischen Wissenschaftsakademie unter dem Projektnamen Norsk nettleksikon [Norwegisches Netzlexikon] heraus. SNL.no beinhaltet sowohl das Store Norske Leksikon als auch das Store Medisinske [Große Medizinische] und das Norsk Biografisk Leksikon [Norwegische Biografische Lexikon], alles drei fachliterarische Standardwerke. Die Zielsetzung des Projekts formuliert seine Redakteurin Ida Jackson wie folgt: »Das norwegische Netzlexikon arbeitet für Wissen für alle, ein freies Internet, digitale Bildung und Forschungsvermittlung auf gut Norwegisch.« Im Redaktionsblog des Lexikons, Lille Norske [Kleines Norwegisches], schreibt sie ferner: »Ein Lexikon ist kein Buch. Ein Lexikon ist keine Internetseite. Ein Lexikon ist Inhalt. Das Wichtige ist nicht schönes Papier oder ein Goldrücken. Das Wichtige sind nicht Teilen-Knöpfe zu Facebook und Twitter. Das Wichtige sind die Artikel, die Links zwischen den Kapiteln und die Metadaten zu den Artikeln. Es sind die Texte.«

An der hier nur kurz skizzierten Debatte um Store Norske Leksikon zeigen sich grundlegende Legitimationsprobleme der traditionsreichen Lexika und Enzyklopädien im Zeitalter von Wikipedia und Google. Gerade für eine solch kleine Nation wie Norwegen scheint der sich anbahnende Verlust der Nationalenzyklopädie so schmerzhaft zu sein, dass sogar nicht-staatliche Organisationen enorme Summen in die Hand nehmen – laut Aftenposten investierten Fritt Ord und Sparebankstiftelsen DnB Nor je 15 Millionen Kronen ins Lexikon –, um nicht vollkommen von einer ›Weltenzyklopädie‹ wie Wikipedia überschattet zu werden.

Funktionen von snl.no

Funktionen von snl.no

Neben der symbolischen Bedeutung des Lexikons ist es jedoch vor allem die Frage nach inhaltlicher Qualität, die die norwegische Debatte anfeuerte und die ähnliche Debatten außerhalb Norwegens bereits leitete und leiten wird; wie auch in Deutschland, wo die Brockhaus-Enzyklopädie vor ähnlichen Schwierigkeiten steht. Store Norske Leksikon und damit auch SNL.no ist im Gegensatz zu Wikipedia eine Primärquelle, aus der mit Angabe eines Autors zitiert werden kann und die durchweg ›echte‹ Literaturangaben enthält. Wikipedia hingegen wird kontinuierlich – und kostenlos – aktualisiert. Hierin liegt der wohl größte Vorsprung von Wikipedia vor SNL.no, den die norwegische Redaktion jedoch in zweierlei Hinsicht einholen will. Zum Einen sollen viele neue Akademiker für die Online-Publikationen des Store Norske Leksikon gewonnen werden: »Akademiker, Forscher und Fachautoren sollen lernen, dass das Netz ein Teil der Öffentlichkeit ist, kein Schimmelpilz hinter dem Sofa«, wirbt Ida Jackson. Zum Anderen bietet SNL.no die Möglichkeit, nach einer Registrierung Änderungsvorschläge und Aktualisierungen abzugeben – ähnlich wie bei Wikipedia –, die jedoch von einem der 300 Fachexperten und nicht nur per ›Schwarmintelligenz‹ redigiert werden. Genau in diesem Punkt liegt die eigentliche Innovation des internetbasierten Lexikons SNL.no. Es stellt nicht nur eine fundierte und qualitätsgesicherte Quelle für u.a. Schüler, Studenten und Wissenschaftler dar, es versucht zudem das Renommee eines traditionsreichen Nachschlagewerkes auf eine moderne Publikationsform zu übertragen und rüttelt an alten, behäbigen Verhaltensweisen einer Wissenschaftswelt ›von gestern‹. Die Hauptredakteurin von Store Norske Leksikon kündigt deshalb in einem Interview mit Aftenposten an: »Du wirst sehen können, ob ein emeritierter Professor wirklich an der Diskussion teilnimmt. Früher konnte man sich hinter einer lebenslaufbasierten Autorität verstecken. Aber das, was im Netz Legitimität verleiht, ist Handlung. Fachverantwortliche, die nicht antworten oder mehr als drei Tage brauchen, um zu antworten oder Anwesenheit zu zeigen, wollen wir immer los werden. Diejenigen, die sich so aufführen, wollen wir einfach nicht haben.«

Letztendlich ist der Fortbestand des kostenlosen SNL.no jedoch weiterhin von der Finanzierung abhängig und es bleibt zu hoffen, dass die derzeitige Kulturministerin Hadia Tajik sich mehr für das norwegische Online-Nachschlagewerk einsetzt als es ihre Vorgängerin getan hat und die Verantwortung für die Unterstützung eines so löblichen Bildungsprojekts auch beim Staat sieht.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1115

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mediaevum.net: Hochschulschriften-Service der Universitätsbibliothek Wien

othes.univie.ac.at Frei zugängliche und im Volltext recherchierbare Qualifikationsarbeiten als Online-Veröffentlichungen der UB Wien. Ausgestattet mit üblichen Metadaten und persistenten URLs. Zum Bestand aus den Bereichen Geschichte und Kirchengeschichte: Kirchengeschichte, Dogmengeschichte Frühes Christentum Mittelalterliches Christentum Byzantinisches Reich Fränkisches Reich Frühes Mittelalter Hoch- und Spätmittelalter Unveränd. Zweitpubl. v. http://www.mediaevum.leilabargmann.de [28.01.2012]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/11/3626/

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Open Access, Author-Fees und Impact

What authors want from open access publishing: Wiley author survey, 2012 from Wiley Science Newsroom Wiley hat seine Autoren zu Erfahrungen mit Open Access Publishing befragt. Knapp über 10'00 haben geantwortet und die Ergebnisse ... 1/3 hat bereits Open Access publiziert - immerhin. Fast 80% glauben, dass Open Access an Bedeutung gewinnt. Mehr als 1/4 der befragten gab an, dass sie aus

Quelle: http://geschichtsweberei.blogspot.com/2012/11/open-access-author-fees-und-impact.html

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