Auf Wunsch von Maria Rottler – vielen Dank für Ihr Engagement! – poste ich hier zusätzlich meinen kurzen, ursprünglich auf dem Blog der Fernweiterbildung Archiv der Fachhochschule Potsdam veröffentlichten Tagungsbericht:
Auf Einladung der Coburger Kollegen – denen auch an dieser Stelle nochmals für die hervorragende Organisation und Bewirtung gedankt sei – fand die 48. Jahrestagung des traditionell und wohl auch künftig eher losen Zusammenschlusses der bayerischen Kommunalarchivare dieses Jahr im schönen oberfränkischen Coburg statt.
Nachfolgend möchte ich ein paar wenige subjektive Eindrücke äußern, ein gedruckter Tagungsbericht wird in der Zeitschrift „Archive in Bayern“ erscheinen.
Was die Kollegen bewegt – Kommunalarchivare als Multitalente?
Allein das Programm der Versammlung lässt die Vielzahl der Herausforderungen für Kommunalarchivare im Arbeitsalltag erahnen: Von Fragen der Überlieferungsbildung über Digitalisierung, digitale Archivierung und Rechtsgrundlagen bis hin zu neuen Möglichkeiten und Herausforderungen des Internets für die kommunalarchivische Arbeit reicht das Spektrum an Themen, die die Kollegen bewegen.
Müssen Kommunalarchivare Multitalente sein? In der archivarischen Fachwelt meint man zu wissen, dass die ewige Diskussion der Abgrenzung von Kern- und freiwilligen Aufgaben nicht zielführend, ja sogar gefährlich ist. Bei extrem begrenzten personellen und finanziellen Mitteln – was soweit reicht, dass in kleinen bayerischen Gemeinden mitunter kein institutionell abgegrenztes oder eigens personell betreutes Archiv existiert – ergibt sich eine Priorisierung zwangsweise von selbst, indem etwaige Aufgaben aus Gründen der Ressourcen vernachlässigt werden müssen oder nicht als kommunalarchivisch erkannt werden.
Dennoch – die Wahrnehmung von „freiwilligen“ Aufgaben bedingt wohl mitunter, dass „Pflichtaufgaben“ durch Ausstattung mit notwendigen Mitteln überhaupt professionell erledigt werden können. Deutlich wird dies in der Wahrnehmung des Archivs durch die Träger: Die 2. Coburger Bürgermeisterin Dr. Birgit Weber (seit 05.05.2014 im Amt), die die Tagungsteilnehmer herzlich zu einem geselligem und kulinarisch ausgezeichnetem Empfang lud, erklärte bei der der Begrüßung, dass ihr das Coburger Stadtarchiv nur durch ein archivpädagogisches Projekt, an dem ihre Tochter teilnahm, bekannt sei…
Auch die Zukunft und Arbeit der Arbeitsgemeinschaft selbst hängt von der Situation der kleinen Gemeindearchive ab: So stellte selbst die Erhebung eines Mitgliedsbeitrages in einer festen Vereinsstruktur ein möglicherweise nicht überwindbares Hindernis für die Beteiligung der kleinen Archive in der Arbeitsgemeinschaft dar, welche sich gerade für diese – so mein persönlicher Eindruck – als Plattform für den fachlichen Austausch und kooperative Hilfestellung versteht.
Auch die Unterarbeitsgruppe „Bewertung von Archivgut“ sieht ihre Ausarbeitung von Bewertungsempfehlungen anhand des mehrheitlich und wohl nahezu flächendeckend in bayerischen Gemeinden eingesetzten Einheitsaktenplanes als Handreichung für die „kleineren“, denen ein Verweis auf die informations- und archivwissenschaftliche Überlieferungsbildungsdiskussion in der Fachliteratur nicht ausreichte: Die Arbeiten ziehen sich hin – immerhin wurden bereits Empfehlungen für die Hauptgruppen „Schulwesen“, „Bauen, Planen, Gewässer, Wohnen“, und „Finanzwesen“ erarbeitet. Die Unterarbeitsgruppe sucht weitere bayerische Kommunalarchivare zur produktiven Mitarbeit!
Neue Möglichkeiten des Internets für Kommunalarchive
Die 2. Arbeitssitzung am 17.05.2014 stand ganz im Zeichen „Neue Möglichkeiten des Internets für Kommunalarchive.“ Besprochen und diskutiert wurde sowohl die Präsentation des Archivs und seiner Archivalien für die Zielgruppen „potentielle Nutzer“ und „Stakeholder“, als auch die neuen Möglichkeiten fachlicher Vernetzung.
Ich möchte hier nur kurz auf letzteren Aspekt eingehen: Der fachliche Austausch ist wichtig und sollte dazu führen, sich mit seinen Herausforderungen in guter Gesellschaft zu wissen und ggf. sogar fachliche Probleme zu lösen. Sicher ist dies auch über virtuelle Räume möglich und sinnvoll (Angela Stilwell stellte unter anderem die Facebook-Gruppe „Archivfragen“ und weitere Möglichkeiten kollegialen Austausches vor).
Generation „Kopf unten“?
Der persönliche Kontakt und die Besprechung alter und neuer Probleme in einem geschlossenen Raum unter Fachkollegen kann zum Glück auch dazu führen, dass Meinungen außerhalb des Protokolls geäußert werden – Videoaufzeichnungen und Echtzeitprotokollierung via Twitter, Facebook & Co. tragen nach meiner Ansicht nicht unbedingt dazu bei, dass dies auch so bleibt.
Es stellt sich für mich – der selbst auch sporadisch twittert und bei Facebook angemeldet ist – aber schon die Frage, ob wir Archivare bei Tagungen eine Generation „Kopf unten“ werden sollten – was in diesem Fall weniger die mentale als vielmehr die Haltung des Kopfes, der über Tablet und Smartphone gebeugt ist, meint.
Internet und Social Media sind meiner Ansicht nach trotz aller auf der Tagung angesprochenen Probleme und Hürden ausgezeichnete Kommunikationsmittel, auch im beruflichen Kontext – der Hashtag zur Tagung lautete übrigens #agbka14; auch prognostiziere ich den Social Media und dem Web 2.0 nicht – wie ein Kollege vor Ort – ein ähnliches Schicksal wie dem Tamagotchi, das von uns Kindern der 1990er Jahre nach anfänglichem Interesse zunächst vernachlässigt wurde und anschließend den virtuellen und später mit Entsorgung des Plastikschrottes durch die Eltern den physischen Tod sterben musste.
Ich freue mich auf jeden Fall auf (hoffentlich) zahlreiche aktuelle Beiträge und auch Grundsatzpapiere und Handreichungen auf der neuen Website der Arbeitsgemeinschaft: www.kommunalarchive-bayern.de und/oder auf einem – wie bei der Tagung von Maria Rottler vorgeschlagen – kommunalarchivischen Gemeinschaftsweblog.
Die 49. Tagung der Arbeitsgemeinschaft bayerischer Kommunalarchivare wird 2015 – im Rahmen des Bayerischen Archivtages – in Schweinfurt stattfinden. Frei nach dem geschäftsführenden Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Dr. Michael Stephan steht zu hoffen, dass sich weiter auch die Kollegen aus den kleineren Kommunalarchiven beteiligen und die Web 2.0-affinen Kommunalarchivare weiterhin Interesse auch an einem persönlichen Austausch von Angesicht zu Angesicht haben.
Ich jedenfalls werde – soweit möglich – auch wieder nach Schweinfurt kommen!
Marius Pfaller, Nürnberg
Quelle: http://histbav.hypotheses.org/2359