Leitung der Geschäftsstelle für den „Rat für Informationsinfrastrukturen“

An der Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Stelle der

Leitung der Geschäftsstelle für den „Rat für Informationsinfrastrukturen“

mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (z. Zt. 39,8 Stunden/ Woche) befristet für die Projektlaufzeit von zunächst vier Jahren zu besetzen. Die Stelle ist nicht teilzeitgeeignet. Die Vergütung wird in einer der Position angemessenen Höhe erfolgen.

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat im November 2013 die Einrichtung eines Rats für Infor­mationsinfrastrukturen – zunächst für eine vierjährige Projektphase – beschlossen. Der Rat soll beratend und koordinierend für die Selbstkoordinierung der Wissenschaft sowie für Bund und Länder in der GWK wirken und die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastruktur vorantreiben (zu weiterführenden Infor­mationen siehe unter: http://www.gwk-bonn.de/index.php?id=205). Der Rat soll administrativ durch eine Geschäfts­stelle an der Universität Göttingen betreut werden, die umfassend für einen reibungslosen Ablauf aller Aspekte der Tätigkeit des Rates Sorge zu tragen hat.

Zum Aufgabengebiet gehören insbesondere: Aufbau und Führung der Geschäftsstelle; organisatorische Planung und Umsetzung der Arbeit des Rats, inhaltliche Vorbereitung der Sitzungen einschließlich der Erstellung fachlich fundierter Entwürfe von Empfehlungstexten in enger Abstimmung mit dem/der Vorsitzenden; Abstimmung mit Geschäftsstellen von GWK, der Allianz deutscher Wissenschaftsorganisationen, weiteren ausgewählten Einrichtungen von Wissenschaft und Infrastruktur sowie Fachgesellschaften und anderen Organisationen von Wissenschaftlern; Projektsteuerung in Abstimmung mit dem zuständigen Präsidiumsmitglied der Georg-August-Universität.

Gefordert sein wird die Fähigkeit zum eigenverantwortlichen und zielorientierten Arbeiten auch in Phasen hoher Belastung. Persönlich zeichnen Sie sich daher durch ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft, Flexibilität, Leitungs- und Durchsetzungsfähigkeit aus. Sie sind es gewohnt, mit vielfältigen Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik zu kommunizieren. Ein hohes Organisationstalent und die Fähigkeit zu rascher, fach- und themenüber­greifender Auffassungsgabe und Analyse gehören zu Ihren Stärken. Verhandlungssichere Englischkenntnisse und die Beherrschung der gängigen EDV-Programme sind für Sie eine Selbstverständlichkeit.

Erwartet werden ein wissenschaftliches Hochschulstudium, möglichst abgeschlossen mit einer Promotion, mehr­jährige Erfahrungen in der wissenschaftspolitischen Administration sowie überdurchschnittliche Kenntnisse des Wissenschaftssystems in Deutschland. Erfahrungen an der Schnittstelle von Wissenschaft und Forschungs-/In­formationsinfrastrukturen sind von Vorteil.

Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen senden Sie bitte innerhalb von drei Wochen an die Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts, Abteilung Personaladministration und Personalentwicklung, z. Hd. Herrn Martin Krüssel, Heinrich-Düker-Weg 5, 37073 Göttingen. Alternativ können Sie Ihre Bewerbung auch per E-Mail als pdf-Datei an martin.kruessel@zvw.uni-goettingen.de senden.

Die üblichen Bewerbungsunterlagen bitte nur in Kopie einreichen. Es erfolgt keine Rücksendung. Die Unterlagen werden nach einer Aufbewahrungsfrist von fünf Monaten vernichtet. Bei einem beigefügten frankierten Freium­schlag erfolgt eine Rücksendung der Unterlagen.

Die Universität Göttingen strebt in den Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, eine Erhöhung des Frauenanteils an und fordert daher qualifizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung auf. Schwerbehinderte Menschen werden bei entsprechender Eignung bevorzugt berücksichtigt.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4117

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APA-Interview mit Hans Hautmann zu habsburgischen Kriegsverbrechen im Ersten Weltkrieg

Gestern habe ich die vom Aktionsradius Wien veranstaltete Führung von Hans Hautmann durch die neue Erste Weltkrieg-Ausstellung im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum besucht (zu dieser für einen Flohmarkt adäquaten Präsentation zusammengewürfelter Militaria siehe die treffende Kritik von Robert Sommer im Augustin); zu den Forschungsschwerpunkten Hautmanns zählen u. a. die Kriegsverbrechen respektive Crimes against Humanity der Habsburgermonarchie, ein instruktives Interview mit ihm wurde von der APA ausgeschickt.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022215513/

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Wie bekomme ich einen Sammelband Open Access ins Netz?

Auf dem Hypotheses-Bloggendentreffen am Rande des Göttinger Historikertags wurde auch die Frage angesprochen, was man tun kann, wenn eine Druckförderung nicht möglich ist, sondern die Förderorganisation erwartet, dass der Tagungsband Open Access erscheint. Ich knüpfe im Folgenden an meinen Beitrag “Rechtsfragen von Open Access (2012)” an.((1)) Ausgeklammert wird die Frage, ob Tagungsbände überhaupt sinnvoll sind.((2))

Wenn ich mich recht entsinne, wurde die Option, die Beiträge als PDFs((3)) in einem Hypotheses-Blog an Zusammenfassungen anzuhängen, gar nicht erst erwogen. Zu wenig prestigeträchtig! Aber die Beiträge würden verbreiteten Maßstäben von Zitierfähigkeit genügen, sie wären in Suchmaschinen (einschließlich Google Scholar) gut sichtbar.((4))

Mein Vorschlag, bei universitärer Anbindung den jeweiligen Hochschulschriftenserver zu nutzen, stieß auf keine Gegenliebe. Dabei haben die einzelnen Beiträge dauerhafte Adressen (meistens vom Typ URN), dürften dauerhaft zugänglich sein und sind über Bielefelds BASE und vergleichbare Services findbar (siehe auch hier). Rufen wir uns kurz die Berliner Erklärung für Open Access aus dem Jahr 2003 in Erinnerung: ”

A complete version of the work and all supplemental materials, including a copy of the permission as stated above, in an appropriate standard electronic format is deposited (and thus published) in at least one online repository using suitable technical standards (such as the Open Archive definitions) that is supported and maintained by an academic institution, scholarly society, government agency, or other well-established organization that seeks to enable open access, unrestricted distribution, inter operability, and long-term archiving.

Harnadianer schwören darauf, dass beim grünen Weg von Open Access die mandatgestützte Einstellung in den lokalen IRs (institutionellen Respositorien) erfolgt und zentrale disziplinäre Repositorien lediglich die Aufgabe haben, die lokalen Inhalte zu harvesten (also die Metadaten einzusammeln).

Es wurde der Wunsch geäußert, ein zentrales Portal für die deutschsprachige Geschichtswissenschaft zu haben, das mit hohem Ansehen und hoher Akzeptanz behaftet ist, in dem man einen solchen Tagungsband unterbringen könne. Ich kann dazu nur sagen: Dieser Ball liegt – wenn man von den Kompetenzen der verteilten nationalen Forschungsbibliothek ausgeht – seit Jahren im Feld der Bayerischen Staatsbibliothek – ungespielt. Historicum.net wird (ebenso wie CLIO online) als virtuelle Fachbibliothek ausgegeben, doch wird man angesichts der Tatsache, dass keine neuen Themenportale vorgesehen sind, meine Diagnose, Historicum sei gescheitert, nicht ganz von der Hand weisen können. Während die Kunstgeschichte mit ART-Dok (UB Heidelberg) ein ausgezeichnet funktionierendes, auch durch Retrodigitalisate erfreulich angereichertes Repositorium verfügt, ist ein geschichtswissenschaftliches Repositorium nicht vorhanden und auch nicht in Sicht. Wer es vermisst, ist aufgerufen, sich an die Bayerische Staatsbibliothek zu wenden.

In den Sozialwissenschaft recht renommiert ist das bei HistorikerInnen wenig bekannte Social Science Open Access Repository. Eine Suche nach dem Wort Mittelalter zeigt, dass hier nicht nur hardcore-sozialhistorische Arbeiten zu finden sind. Kulturgeschichte ist ja bekanntlich immer auch Sozialgeschichte und umgekehrt …

Mein Hinweis auf Qucosa wurde eher mit Skepsis aufgenommen. Das in Sachsen beheimatete Portal ist zwar nachweislich für alle deutschsprachigen Wissenschaftler, also auch für die nicht an ein universitäres Repositorium angebundenen, offen, verfehlt aber durch seinen regionalen Zuschnitt das dringende Bedürfnis nach einem möglichst qualitätvollen und reputationsträchtigen Portal (aber Qualität wird ja bekanntlich überschätzt …).

Wenig Prestige verheißt auch die für englischsprachige Studien vorgesehene Notlösung OpenDepot der Universität Edinburgh, falls ein geeignetes Open-Access-Repositorium nicht existiert. 2013 gab es nur 54 Eprints, die dort abgelegt wurden. Mareike König weist mich zusätzlich auf HAL-SHS hin, das aber nur für frankophone Beiträger relevant sein dürfte.

Deutlicher attraktiver als solche Schriftenserver (schon das Wort Hochschulschriftenserver signalisiert ja schlechte Laune), ja geradezu “sexy” ist anscheinend Academia.edu (Einführung von Maria Rottler), das, wenn ich E-Prints aus meinem fachlichen Umfeld recht deute, an Beliebtheit andere Angebote wie ResearchGate oder Mendeley in den Geisteswissenschaften weit übertrifft. Das Hochladen ist wesentlich einfacher und bequemer als bei den Repositorien, die Funktion als soziales wissenschaftliches Netzwerk (mit Timeline) wird gern genutzt. Aber es gibt keine Permalinks und auch keine garantierte dauerhafte Verfügbarkeit – solche kommerziellen Angebote können ja auch wieder verschwinden, wenn sie sich als erfolglos erweisen.

Keine Begeisterung löste mein Gedanke aus, es sei doch egal, wo überall der Sammelband als Datei abgelegt sei. Man könne doch auf dem eigenen Webspace eine schicke Präsentation basteln und für die Dateien/PDFs auf andere Server verweisen. Klar, schick heißt nicht unbedingt: Reputation.

Großer Konsens bestand dagegen in Sachen hybrides Publizieren: Open Access und Druckausgabe. Gedruckte Bücher sind in Bibliothekskatalogen findbar und werden rezensiert. Immerhin habe ich ja im Lauf der Jahre über 100 Links gesammelt, die fast alle besagen, dass entgegen landläufigem Vorurteil eine Open-Access-Buchpublikation den Verkaufszahlen der gedruckten Version nicht schadet. Aber welche Verlage akzeptieren Open Access? Eine bequeme Liste gibt es nicht. Man muss einzeln verhandeln, und in vielen Fällen wird wohl ein satter Druckkostenzuschuss erwartet (der ja im Ausgangsfall eben nicht in Aussicht gestellt werden kann).

Gern einigte man sich also auf das Prinzip #Ziegenleder. Bewährt und bekannt: das gute Buch.

  1. Dort gehe ich auch auf die Frage ein, wie man als Rechteinhaber sein eigenes Buch Open Access zur Verfügung stellen kann z.B. wenn es schon in HathiTrust gescannt ist.
  2. Tod den Tagungsbänden! Das forderte der Jurist Thomas Hoeren. “Sammelbände, das wissen wir, liest wirklich niemand”, sagt Valentin Groebner. Anne Baillot und Mareike König schreiben in ihrem in Kürze auf http://ifha.revues.org/7959 einsehbaren Beitrag “Wissenschaftliches Publizieren in Frankreich: erste Schritte für Nachwuchshistorikerinnen und -historiker”: “Die Herausgabe eines Sammelbandes muss einen massiven, evidenten Vorteil mit sich bringen, denn es ist eine Veröffentlichungsform, die weder große institutionelle Anerkennung einbringt (im Vergleich zu im Peer Review begutachteten Aufsätzen) noch eine größere Verbreitung der Arbeitsergebnisse gewährleistet – und dies bei beträchtlichem Zeitaufwand”.
  3. Obwohl Schriftenserver (anders als Open-Access-Zeitschriften) fast nur auf PDFs setzen, sind die Nachteile dieses Formats nicht zu übersehen, angefangen von eingeschränkter Sichtbarkeit im Web bis hin zur unbequemen Nutzung von Hyperlinks.
  4. Noch ungelöst ist die Frage der Langzeitarchivierung von Blogs. Hypotheses archiviert nach Auskunft von Mareike König, der ich ebenso wie Maria Rottler für die Durchsicht dieses Beitrags danke,  die Beiträge (aber nicht die angehängten PDFs), sieht aber keine Langzeitarchivierung vor. Die Deutsche Nationalbibliothek archiviert zwar Blogs, macht diese aber nicht öffentlich im Netz zugänglich.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2581

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Patrick Fiska: Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung in der Kartause Gaming im 18. Jahrhundert (Abstract)

Patrick Fiska (Universität Wien): Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung in der Kartause Gaming im 18. Jahrhundert 

Abstract des Vortrags bei der Tagung “MONASTICA HISTORIA II: Ordenshistoriographie in Mitteleuropa – Gestaltung und Wandlung des institutionalen und persönlichen Gedächtnisses in der Frühen Neuzeit”, die am 22. und 23. September 2014 im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten stattfand.

 
Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts kann als eine geistige Blütezeit der niederösterreichischen Kartause Gaming angesehen werden. Charakterisiert ist diese Periode unter anderem durch den Bibliotheksumbau und die Ausstattung mit einem bemerkenswerten Freskenzyklus von Wenzel Lorenz Reiner (Allegorien der Wissenschaften und Künste) sowie durch zahlreiche Bücherankäufe und die Anlage eines neuen Handschriften- und Bibliothekskatalogs. Ebenso kam es auf dem Gebiet der Geschichtskultur und in der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte zu einem Höhepunkt.

Die kulturellen Initiativen in Gaming gingen damals vielfach von Prior Joseph Kristelli von Bachau (1658–1739) aus, der ab 1720 Visitator der oberdeutschen Ordensprovinz des Kartäuserordens sowie Prälat der Landstände von Österreich unter der Enns war.

In der Kartause stand dem Prior mit dem Gelehrten, Historiker und Bibliothekar Leopold Wydemann (1668–1752) ein kongenialer bzw. überragender Partner zur Verfügung, dessen historiographische Expertise und gelehrte Tätigkeit für die repräsentativen Ambitionen Kristellis nutzbar gemacht werden konnten.

Ungeachtet seines Status als kontemplativ lebender Mönch konnte Wydemann durch seine Funktion als Bibliothekar ein weitgespanntes Korrespondenznetzwerk aufbauen. Insbesondere die Briefkorrespondenz mit den Brüdern Bernhard und Hieronymus Pez in Melk machte ihn zu einem wichtigen Mitglied der „Gelehrtenrepublik“. Bei den Editionsprojekten des Bernhard Pez (Thesaurus andecdotorum novissimus und Bibliotheca ascetica) war Wydemann einer der einflussreichsten und fleißigsten Mitarbeiter.

Der Vortrag beschäftigt sich mit drei Schwerpunkten: Zum einen wird die Korrespondenz zwischen Gaming und dem Geschichtsforscher aus dem Jesuitenorden Anton Steyerer behandelt, welcher ein bedeutendes Geschichtswerk über Herzog Albrecht II. von Österreich verfasste (Commentarii). Aus der Kartause wurde ihm dazu einschlägiges Quellenmaterial und Wissen über die Geschichte der Frühen Habsburger vermittelt.

Der zweite Abschnitt zeigt, wie die Kartause Gaming in den Kontext der Historiographiegeschichte des Kartäuserordens insgesamt eingebunden war. So erhielt etwa Leopold Wydemann vom Kartäuser Generalkapitel den Auftrag, alles wichtige historische Material der gesamten Provincia Allemanniae superioris zu sammeln und in die Grande Chartreuse zu senden. Hierbei sollen auch die Verbindungen zwischen Gaming und den Kartausen Mährens und Böhmens angesprochen werden, aus denen historische Quellen und Texte – über Vermittlung der Kartause Gaming – in die Editionswerke des Bernhard Pez Eingang fanden.

Der dritte Abschnitt des Vortrags betrachtet die Entstehung der historischen Gaminger Jubiläumsschrift Pandectae seculares von 1732, wo nun auf der bereits zuvor erschlossenen Materialbasis das Geschichtsbewusstsein der Kartäuser von Gaming seinen bislang deutlichsten Ausdruck erfuhr.

 

Patrick Fiska

Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an den Universitäten Wien und Dijon.

Studium Geschichtsforschung, Archivwissenschaften und Historische Hilfswissenschaften am Institut für Österreichische Geschichtsforschung (Mitglied des Instituts seit 2009)

Mitarbeit am FWF-Forschungsprojekt „Bühne der Fürsten“ – über Herzog Rudolf IV. von Österreich (2005–2008)

Mitarbeit am FWF-START-Projekt „Monastische Aufklärung und die Benediktinische Gelehrtenrepublik“ (2008–2011)

[Mitarbeit im Archiv des Parlaments: Erschließung der Reichsratsakten 1867– 1918] (2011–2012)

Derzeit: Mitarbeit am OeNB-Jubiläumsfondsprojekt „Die virtuelle Bibliothek der Kartause Gaming“ – Rekonstruktion des ehemaligen Handschriftenbestandes der 1782 aufgelösten Kartause. http://www.geschichtsforschung.ac.at/?q=node/469

[Außerdem: Privates Kleinunternehmen Rechercheagentur – Rechercheaufträge, Transkriptionen, Hilfestellungen bei Editionstätigkeit, Kuratierung der Ausstellung „Ohne Klimt“ im Künstlerhaus (2012)]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/8172

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Restaurierungen im Archiv

Das Museum im Schottenstift beschäftigt sich anlässlich der heurigen Langen Nacht der Museen mit dem Erhaltungsauftrag, den historische Sammlungen eines Klosters mit sich bringen. Gezeigt werden Objekte, die nach einer Restaurierung in neuem Glanz erstrahlen, ebenso wie solche, die aufgrund ihres aktuellen Zustands noch restaurierungswürdig sind. Auch das Archiv liefert hierzu einige Exponate. Um 21.00 Uhr gibt es zu diesem Thema außerdem ein Gespräch mit P. Augustinus Zeman, dem Stiftsbibliothekar und Kustos der Kunstsammlungen.

Erste Assoziation vieler, wenn es um Restaurierungen im Archiv geht, ist Schimmel. Die klimatischen Bedingungen in den Archivräumen des Schottenstifts sind zwar gut, doch kann das allein nicht immer einen Mikroorganismenbefall verhindern. Manchmal liegt die Infizierung mit Schimmel bereits Jahre und Jahrzehnte zurück, bleibt aber lange Zeit unentdeckt, da das entsprechende Stück nicht benötigt und daher nicht gesichtet wird. Mitunter lässt sich nachvollziehen, dass ein Befall durch ein einzelnes Objekt von außen hereingetragen wurde. Aber auch eine durch die Tinte bedingte Zersetzung des Papiers (der sogenannte Tintenfraß) kann eine Gefahr für Archivalien und Bücher darstellen. Weitaus häufiger ist es – zumindest im Fall des Schottenstifts – jedoch die mechanische Abnützung von Gegenständen (zum Beispiel von Bucheinbänden), die zur Notwendigkeit einer Restaurierung führt.

Die Bestandserhaltung und die Veranlassung von Restaurierungen gehören zu den maßgeblichen Aufgaben eines Archivs, um Objekte für die Zukunft zu bewahren. Anders als manche große Institutionen verfügt das Schottenstift aber nicht über eine eigene Restaurierwerkstatt, sodass Restaurierungen außer Haus in Auftrag gegeben werden.

Hier zu sehen sind drei Beispiele von Objekten, die in der jüngsten Vergangenheit restauriert wurden. Im Museum sind derzeit zum Teil andere Objekte ausgestellt.

Diese Urkunde aus dem Jahr 1499 wies eine Substanz auf der Oberfläche, eine Fehlstelle und einen Riss auf; sie teilte sich außerdem den Umschlag mit einer anderen Urkunde, auf der Schimmel entdeckt worden war (und die natürlich auch restauriert wurde). Die Urkunde erhielt durch Restauratorin Tanja Gasser (Wien) eine Schimmelbehandlung und Trockenreinigung, außerdem wurden die Fehlstelle und der Riss mit Papierbrei und Japanpapier ergänzt und hinterklebt sowie die Urkunde geglättet.

Urk 1499-02-15
Magister Martin Jag, Dechant zu St. Stephan, und mehrere Wiener Ratsherren und Bürger entscheiden über die Ansprüche des Johannes Falk, gewesenen kaiserlichen Sektretärs, an die Verlassenschaft des seeligen Magister Bernhard Perger, Wiener Stadtanwalts, dessen Witwe Christina Falk geehelicht hatte (Wien, 15. Februar 1499)
Vorher – Nachher

Bei dieser im Schottenstift geschriebenen Handschrift war unter anderem der Vorderdeckel mitsamt der ersten Buchlage abgefallen. Die Restaurierung des Buches führte die Restauratorin Patricia Engel (damals Horn, jetzt Krems) durch.

Cod. 72 (Hübl 174)
Sammelhandschrift mit theologischen Texten (15. Jahrhundert)
Vorher

Cod. 72 (Hübl 174)
Nachher

Der Vorderdeckel dieser Handschrift war locker, die erste Lage des Buchblocks lose, der Hinterdeckel sogar in zwei Hälften gebrochen, der Einband wies deutliche Fehlstellen auf. Im Zuge der Restaurierung durch die Restauratorin Bettina Dräxler (Wien) wurden zusätzlich zu den offensichtlichen Maßnahmen zur besseren Standfestigkeit auch die Buchschließen erneuert.

Cod. 78 (Hübl 78)
Dominicus de Sancto Geminiano: Lectura super Sextum decretalium pars prima (erste Hälfte 15. Jahrhundert)
Vorher

Cod. 78 (Hübl 78)
Nachher

Die Lange Nacht der Museen startet am morgigen Samstag, 4. Oktober 2014, um 18.00 Uhr und geht bis 1.00 Uhr. Allgemeine Informationen dazu finden sich auf der Webseite des ORF. Der Zugang zum Museum im Schottenstift erfolgt über den Klosterladen (Freyung 6, 1010 Wien), wo auch das Gesamtticket für alle anderen teilnehmenden Museen erworben werden kann. Die Objekte des Archivs werden darüber hinaus noch bis Jahresende im Museum zu sehen sein.

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/447

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Heidelberger Studierende in Paris und Saint-Denis. Ein Bericht von Aaron Jochim

Inmitten der schmalen Beete des kleinen Klostergartens gleicht das Lapidarium der Basilika einem Gewächshaus. Staubbedeckte Plastikplanen hängen innen wie Leichensäcke von den Wänden und kleiden die Steine in den Mantel des Unansehnlichen, des Zwischenzeitlichen, der chronischen Latenz. Cimetières aux rois – Friedhof der Könige, nannte man die Abteikirche von Saint Denis bereits im 13. Jahrhundert[1]. Einige Schritte entfernt, an der Ostseite des monumentalen Baus, liegt vor uns nun das mnestische Pendant: ein vergessener, weiheloser cimetière aux pierres. Überreste von Mauerwerk und Statuen reihen sich schmucklos aneinander. Auf dem Boden lehnt das Imitat einer Grabplatte der Jeanne d’Arc aus dem 19. Jahrhundert. Neben ihr nimmt ein ausladendes Brunnenbecken von fast vier Metern Durchmesser das Zentrum des Raumes ein. Um 1200 entstanden, fand es einst seinen Platz im Kreuzgang des Klosters, erzählt der Archäologe Michaël Wyss. Selbst Kunsthistoriker bräuchten wohl mehr als einen Blick, um das Lavabo nicht als Werk des Klassizismus auszuweisen. 28 Medaillons säumen gleich einem Fries den gewölbten Brunnenrand: Köpfe von Göttern, paganen Helden, Tieren und allegorischen Figuren. Es ist ein außerordentliches Meisterwerk. Die Revolution spülte es, wie so viele Kunstwerke aus aufgehobenen Klöstern, nach Paris. Dort war die vasque verschiedentlich ausgestellt, in Museen, auf Esplanaden, zuletzt in der […]

Quelle: http://dfmfa.hypotheses.org/1514

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(8) … auch eine „Mona Lisa“ der Soziologie? Oder von der Unsichtbarkeit der Soziologie auf der digitalen Agora – Von Stefan Bauernschmidt

Irgendwann in der Mitte des Sommersemester 2009 erhielt ich einen Anruf eines jungen Filmemachers, in dem er anfragte, ob er und sein Team Aufnahmen in meiner soziologischen Lehrveranstaltung machen könnten. Mir noch nicht klar, dass ich mit dem „Imagefilm“, den er über die Universität … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/7405

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Perspektiven auf eine transnationale vermögende Familie

Vermögende Familie haben es auch nicht leicht – diese Lehre konnte ich aus einer Tagung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften über „Thyssen im 20. Jahrhundert“ ziehen. Das ist zugegebenermaßen etwas grobschnittig formuliert, aber Vermögen muss gesichert, verschleiert, angelegt, nach innen und außen verteidigt werden … Warum die Thyssens schon vor 100 Jahren keine klassische Unternehmerfamilie mehr waren, was für Folgen und Probleme das mit sich brachte und wie sie damit umgingen, erklärt mein Tagungsbericht auf H-Soz-u-Kult. Jürgen Finger: Tagungsbericht „Thyssen im 20. Jahrhundert: […]

Quelle: http://moraleconomy.hypotheses.org/135

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Jarmila Kašpárková: Gedächtnis und Observanz – die Chroniken des Bernard Sannig für das Klarissenkloster in Znaim (Abstract)

Jarmila Kašpárková (Univerzita Palackého v Olomouci): Gedächtnis und Observanz – die Chroniken des Bernard Sannig für das Klarissenkloster in Znaim 

Abstract des Vortrags bei der Tagung “MONASTICA HISTORIA II: Ordenshistoriographie in Mitteleuropa – Gestaltung und Wandlung des institutionalen und persönlichen Gedächtnisses in der Frühen Neuzeit”, die am 22. und 23. September 2014 im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten stattfand.

 
Im Jahre 1687 verließ Bernard Sannig seine Funktion in der böhmischen Franziskanerprovinz und wurde ins Znaimer Franziskanerkloster geschickt. Er war insgesamt zweimal Provinzial (1675–1678, 1685–1687) und übte auch andere Ämter aus. Außerdem schrieb er wichtige theologische Bücher, als Provinzial regte er zu strikter Observanz an und – da er auch das Gedenken wichtig fand – führte eine seiner Entscheidungen zur Entstehung von Chroniken in allen Häusern seiner Provinz.

Im Znaimer Kloster der Minderbrüder, welches mit dem Klarissenkloster verbunden war, lebte Sannig bis zu seinem Tod im Jahre 1704. Während dieser Zeit widmete er den Klarissen viel Zeit. Als Provinzial bearbeitete er für die Schwestern normative Schriften (Auslegung der Regel, Statuten), damit die Klarissen alle tridentinischen Vorschriften befolgen konnten; er schrieb auch liturgische Instruktionen. Jetzt, nach dem Jahr 1687, ordnete Sannig das Archiv des Klosters und begann die Chronik zu schreiben.

In meinem Beitrag konzentriere ich mich auf diese Quelle. Die Chronik von Bernard Sannig gilt als unikale Schrift; die Znaimer Klarissen haben das historische Werk nach dem Jahr 1700 weitergeführt. Das Buch wurde bis zur Aufhebung des Klosters geschrieben. Welche Form nutzte Sannig für seine Einträge und welche Form wählten die Klarissen? Welchen Themen widmete sich Sannig und was wurde von den Schwestern betont? In welchem Sinn und in welcher Weise wurde die Geschichte von Sannig und den Klarissen gebildet?

 
 
Jarmila Kašpárková, Doktorandin am Lehrstuhl für Geschichte an der Palacký Universität in Olomouc. Thema der Dissertation: Klöster Klarissen und Franziskaner-Tertiarinnen in den frühneuzeitlichen böhmischen Ländern. Während des Studiums absolvierte sie Stipendienaufenthalte in der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel und in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.

Publikationstätigkeit: Klöster der Klarissen und Franziskaner-Tertiarinnen in den Böhmischen Ländern zwischen den Konventualen und Observanten im Laufe der Nachtridentinischen Reformen. In: Frühneuzeitforschung in der Habsburgermonarchie. Adel und Wiener Hof – Konfessionalisiserung – Siebenbürgen. István Fazekas, Martin Scheutz, Csaba Szabó u. Thomas Winkelbauer (Wien 2013) 201-221; mit Martin Elbel, Continuity and Reform: The Znojmo Poor Clares and the Bohemian Franciscan Province in the Early Modern Period. In: Archivum Franciscanum Historicum 105 (2012) 165-196.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/8164

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Abstracts zur Tagung “Schule und Bildung am Oberrhein in Mittelalter und Neuzeit”

Am 10. und 11. Oktober findet in Neuenburg am Rhein eine von der Abteilung Landesgeschichte in Kooperation mit Dr. Ursula Huggle und der Stadt Neuenburg organisierte Tagung zum Thema “Schule und Bildung am Oberrhein in Mittelalter und Neuzeit” statt. Konzept und Programm wurden bereits hier im Blog veröffentlicht.

Im Vorfeld der Tagung werden nun hier die Abstracts zu den einzelnen Vorträgen veröffentlicht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die interessierte Öffentlichkeit können so schon vor der Tagung einen Einblick in einzelne Vorträge erhalten.

Wer nun kurzentschlossen Interesse an der Tagung hat: Eine unangemeldete Teilnahme an der ganzen Tagung oder einzelnen Vorträgen möglich!

Freitag, 10. Oktober 2014

Prof. Dr. Martina Backes (Freiburg i. Br.): „Nuwer sang?“ Die Liebeslieder des Brunwart von Auggen und die Tradition des höfischen Minnesangs am Oberrhein

Alle schuol sint gar ein wint / wan diu schuole al eine, dâ der Minne junger sint…
Alle Schulen taugen nichts außer der Schule, in der die Anhänger der Liebe sind. Die vermittelt solche Künste, dass man ihr den höchsten Rang zugestehen muss.
Es war der Sangspruchdichter Reinmar von Zweter, der in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts in einem seiner Gedichte die Auffassung vertrat, Minnesang sei nicht nur adliger Zeitvertreib und kultivierte Unterhaltung, sondern die Beschäftigung mit Liebesdichtung könne als zivilisatorische Schule dienen, wie es besser keine gäbe. Der Vortrag wird diesen didaktischen Anspruch der klassischen mittelalterlichen Liebeslyrik, der in einer Zeit, in der es Schulen als Institution nur im Bereich der lateinisch geprägten klerikalen Kultur gab, durchaus provokativ formuliert war, erläutern und vor diesem Hintergrund untersuchen, wie sich die erhaltenen Lieder des Neuenburger Schultheißen Johannes Brunwart von Auggen in die Tradition der höfischen Lyrik und der adligen Konversations- und Redekultur am Oberrhein einordnen lassen, wie ihr Publikum aussah und welche Gebrauchsinteressen Produktion und Rezeption von Minneliedern in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in diesem Raum bestimmten.

Prof. Dr. Jörg W. Busch (Frankfurt am Main): Die Schulmeister im „Neuenburger Urkundenbuch“ oder: Wer brachte Mathias von Neuenburg das Lesen und Schreiben bei?

Der Beitrag zeigt zunächst auf, welche Aufschlüsse das Regestenwerk zur Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein über die Rechtskultur in einer Breisgaukleinstadt ermöglicht. Doch vermag es für eine Pfarrschule in der Stadt nur elf Belege zu liefern, die im Hinblick auf den Laienstand der Schulmeister um 1300 und auf die Elementarbildung des berühmtesten Sohnes der Stadt erörtert werden. Wenn Matthias denn einer von ihnen war, erhielt er wie andere Schüler der Neuenburger Pfarrschule im 14. Jahrhundert dort Grund-lagen für den weiteren Bildungsweg vermittelt, kehrte aber nicht in die Stadt Neuenburg am Rhein zurück, was auch andere spätmittelalterliche Schüler in nur seltenen Fällen taten.

Dr. Heinz Krieg (Freiburg i. Br.): Matthias von Neuenburg und seine Chronik

Auf einer Tagung zur Bildungsgeschichte, die in Neuenburg stattfindet, darf ein Beitrag zu Matthias von Neuenburg nicht fehlen. Ähnlich wie auch bei anderen mittelalterlichen Menschen wissen wir über diesen bedeutenden Sohn der Stadt, der vor 1300 geboren wurde und vor 1370 verstorben ist, aber nur vergleichsweise wenig Gesichertes. Dennoch erlangte er Berühmtheit als Geschichtsschreiber, dessen Chronik als eine der wichtigsten erzählenden Quellen zur Reichsgeschichte und zur südwestdeutschen Landesgeschichte des 14. Jahrhunderts gilt. Demgemäß steht im Vortrag neben der Person des Autors vor allem sein Werk im Mittelpunkt, dessen Eigenart vor dem Hintergrund der typischen Merkmale mittelalterlicher Geschichtsschreibung näher beleuchtet werden soll.

Prof. Dr. Thomas Zotz (Freiburg i. Br.): Lateinschulen am südlichen Oberrhein in Spätmittelalter und früher Neuzeit

Die Schullandschaft am südlichen Oberrhein weist im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine Vielzahl von Lateinschulen auf, in den großen Bischofsstädten Basel und Straßburg, in Städten mittlerer Größe wie Colmar, Schlettstadt oder Freiburg bis hin zu kleineren Städten vom Schlage Breisachs oder Kenzingens. Die Trägerschaft einer Lateinschule war anfangs ein Stift, Kloster oder die Pfarrkirche, später ging sie in die Hand der Stadtgemeinde über. Der Vortrag will nach einem Gesamtüberblick am Beispiel von Freiburg und vor allem Schlettstadt die Entwicklung und Merkmale oberrheinischer Lateinschulen nachzeichnen; für die außerdem interessierenden Aspekte von Unterricht und Alltag wird es erforderlich sein, Beispiele aus anderen Gegenden ergänzend heranzuziehen.

Dr. Lorenz Heiligensetzer (Basel): Erasmus, Amerbach und die Basler Studentenschaft

Wer in der noch mehrheitlich analphabeten Vormoderne ein Studium ergriff, verfolgte einen besonderen Lebensweg. Als Studierender hatte er Anteil an den akademischen Freiheiten, beherrschte die Fachsprache Latein und konnte ausländische Universitäten besuchen; dagegen plagten die damaligen Studenten oft Geldnöte und eine insgesamt unsichere Existenz. Um letzterem abzuhelfen, bestand in Basel schon früh der von Erasmus von Rotterdam (?–1536) hinterlassene Stipendienfonds, aus dem dessen Verwalter Bonifacius (1495–1562) und Basilius Amerbach (1533–1591) zahllosen einheimischen wie auswärtigen Studenten Unterstützung gewährte. Das Referat widmet sich den Umständen, die zur Gründung der Stiftung führten, und zeigt dank der erhaltenen Protokolle der Stiftung auf, wie sie organisiert war und welche Gruppen daraus bedacht wurden. Letzteres erfolgt anhand einiger Fallbeispiele.

Abendvortrag: Prof. Dr. Felix Heinzer (Freiburg i. Br.): Wissen und Weisheit im Frauenkloster. Der Hortus Deliciarum Herrads von Hohenburg als Zeugnis hochmittelalterlicher Bildungsgeschichte

Die im ausgehenden 12. Jahrhundert auf dem Odilienberg unter Herrad von Hohenburg entstandene, 1870 bei der Beschießung Straßburgs vernichtete Handschrift des Hortus Deliciarum gehört zu den faszinierendsten Zeugnissen oberrheinischer Buchkultur des Hochmittelalters. Vor allem die über 300 Miniaturen und ihre komplexen Bezüge zu den textlichen Elementen der Handschrift stehen seit jeher im Zentrum der Beschäftigung mit Herrads Werk, das über Zeichnungen und Reproduktionen des frühen 19. Jahrhunderts zumindest indirekt zugänglich geblieben ist.
Mein Vortrag beschäftigt sich insbesondere mit den zahlreichen diagrammatischen „Text-Bilder“ im Hortus und fragt nach deren Funktion. Offenbar reduziert sich diese nicht nur auf eine verstehende Wahrnehmung der durch das Medium des Diagramms vermittelten Inhalte. Eigentliches „Lern-Ziel“ ist vielmehr deren Interiorisierung durch den Leser und Betrachter, d.h. pointiert formuliert: die „Ein-Bildung“ des Abgebildeten im Sinne seiner existentiellen Aneignung. So gesehen lässt sich der Hortus in der Tat als ein bedeutendes Zeugnis der Geschichte von Bildung unseres Raums lesen und deuten – einer Bildung freilich, die gegenüber modernen Konzepten von Lernen und Verstehen dezidiert anderen Spielregeln folgt.

Samstag, 11. Oktober 2014

Prof. Dr. Dieter Speck (Freiburg i. Br.): Schulen als politische Instrumente? Frühneuzeitliche Bildungsinitiativen am Oberrhein

Schulen bezeichnete Maria Theresia 1774 im Zusammenhang mit neuen Lehrplänen und ihrer Schulreform als Politikum. Schule wurde vom absolutistischen Staat als seine Aufgabe verstanden, in der frühen Neuzeit war es noch etwas anders. Damals sahen die Humanisten den Oberrhein als einen kulturell führenden Raum, in dem der Buchdruck erfunden worden war, wo es zahlreiche Schulen und Universitäten gab und der nach ihrer Meinung eine „pädagogische Landschaft“ war. Das Schulwesen war heterogen, sehr vielfältig und wurde im Verlaufe des 16. Jahrhunderts noch weitaus facettenreicher. Es bildeten sich jedoch kein Schulsystem, keine Schulpflicht, keine verpflichtenden Lehrpläne, keine verbindliche Verweildauer, keine Abschlussprüfungen oder Zugangsberechtigungen für Universitäten aus, Schulbildung und Universitäten waren ungenügend aufeinander abgestimmt. Reformation und Konfessionalisierung hatten auf das Schulwesen – und auch umgekehrt – beträchtliche Auswirkungen und so waren Schulen auch im politischen Fokus. Dazu sollen aus dem Oberrheinraum vier Beispiele unterschiedlichster Art aus Freiburg, Krozingen, Ensisheim und Rappoltsweiler vorgestellt werden. Die politische Tragweite aller dieser individuell, konfessionell und konzeptionell unterschiedlichen Schul- und Bildungsinitiativen im Zeitalter von Reformation, katholischer Reform und Konfessionalisierung ist offensichtlich. Wie Visitationen und Kirchenzucht waren sie alle typische Instrumente bei der Umsetzung der Konfessionalisierung. Die vorgestellten Beispiele am Oberrhein sind exemplarische Zeugnisse des Interesses an der Kindheit und eines nicht immer gradlinig verlaufenden Entwicklungsstranges, der längerfristig in einem staatlichen Schulwesen mündete und modellhaft für die Erziehungs- und Bildungsgeschichte des 16. Jahrhunderts steht.

Eric Ettwiller (Straßburg/Strasbourg): Die Germanisierung des elsässischen Bürgertums durch das höhere Mädchenschulwesen 1871–1918

Für das Verständnis der Situation vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist es nötig, ein Bild der europäischen Gesellschaft vor dem Krieg zu zeichnen, besonders im Hinblick auf Minderheiten. Die Historiker befassen sich damit, auch in Bezug auf Elsass-Lothringen. Eine besondere Gruppe stellen die Elsässer dar, eine deutschsprachige Bevölkerung, die von 1871–1918 im deutschen Kaiserreich lebte. Die zweisprachige gehobene Gesellschaftsschicht entwickelte durch ihre Zugehörigkeit zur französischen Nation vor der Annektierung eine fremdartige Einstellung. Ich interessiere mich daher für den Teil des elsässischen Bürgertums, der am schwierigsten vom Staat zu erreichen war: die Frauen, die in der Privatsphäre lebten und die großenteils in privaten Mädchenschulen erzogen wurden.
Neben dem einheimischen Bürgertum entstand nach 1871 aber auch ein neues gehobenes Bürgertum, Beamte und Offiziere aus dem sogenannten Altdeutschland. Die Töchter derselben befanden sich im ersten Jahr nach der Annektierung in einer schwierigen Lage. Ihnen standen keine städtischen höheren Töchterschulen zur Verfügung, sondern nur französisch gesinnte Privatinstitute. Um ihnen ebenfalls eine Schulbildung zu ermöglichen, beabsichtigte die deutsche Regierung 1872, private elsässische Pensionate in halböffentliche, später in städtische deutsche höhere Töchterschulen umzubilden. Darüber wurde nun in politischen Gremien verhandelt; im Landesausschuss debattierte man über Subventionierung und in den Rathäusern über Gründungs- oder Kommunalisierungsprojekte. Zuständig war nun die Schulverwaltung, das heißt der Oberschulrat für Elsass-Lothringen. Die öffentlichen höheren Mädchenschulen mussten sich gegen den mächtigen katholischen Klerus zur Wehr setzen, bevor sich die Verhältnisse besserten. Eine Studie über die Herkunft des Lehrpersonals soll uns einen Hinweis über die Stärke der vaterländischen Stimmung in jeder einzelnen Anstalt vermitteln. 1914 war die Germanisierung teilweise erreicht.

Prof. Dr. Eckhard Wirbelauer (Straßburg/Strasbourg): Eine Reichsuniversität in Straßburg? Konzepte für die Universitätsgründung nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71)

Noch während der kriegerischen Auseinandersetzungen 1870/71, die unter anderem die Zerstörung der Straßburger Bibliothek und ihrer reichen Bestände zur Folge hatten, begannen Überlegungen, wie die lange akademische Tradition in Straßburg fortgeführt werden sollte. Dabei trafen nationalistische und regionalistische, ja sogar transnationale Konzeptionen aufeinander.
Der Beitrag will diese Diskussionen nachzeichnen und offenlegen, welche Leitlinien bei der von Bismarck initiierten Neugründung der Universität Straßburg verfolgt wurden. Insbesondere soll dabei herausgearbeitet werden, ob und inwieweit die neue Einrichtung als „Reichsuniversität“ qualifiziert werden kann.

Prof. Dr. Wolfgang Hug (Freiburg i. Br.): Reformstufen der Lehrerbildung in Baden

Die professionelle Lehrerbildung entstammt (wie die allgemeine Schulpflicht) dem Geist und dem politischen Willen der Aufklärung. Am Anfang stand hier die 1774 in Freiburg gegründete Normalschule in Freiburg. Wie und wofür die Lehrer qualifiziert wurden, war eng mit dem Wandel von Staat und Gesellschaft verbunden. Im Zuge der Säkularisation wurde die Lehrerbildung verstaatlicht, im Großherzogtum Baden mit den Lehrerseminaren Rastatt (1835 Ettlingen) und Karlsruhe, die im Geiste Pestalozzis geführt wurden. Eine Demokratisierung in der 1848er Revolution wurde in der Reaktionszeit gebremst. Eine Neustrukturierung der badischen Lehrerbildung modernisierte 1904 die (schul-)fachliche und pädagogische Qualifikation und bewirkte eine zunehmende Verbürgerlichung des Lehrerstandes. In der Weimarer Republik schuf Baden 1926 fortschrittliche, halb-akademische, konfessionell getrennte Lehrerbildungsanstalten. Nach ihrer Schließung in der Weltwirtschafts- und Staatskrise von 1932 errichtete die NS-Regierung 1936 eine badische „Hochschule für Lehrerbildung“ in Karlsruhe, deren NS-Pädagogik maßgeblich von Ernst Krieck (geb. in Müllheim) bestimmt war. 1946 ordnete die französische Militärregierung die Lehrerbildung zur Re-Education neu: Pädagogien führten Volksschulabsolventen in vier Jahren ohne Abitur zum Studium an der in Lörrach eingerichteten Pädagogischen Akademie. 1949 erreichte die CDU-dominierte Regierung von (Süd)-Baden ihre Trennung in konfessionelle Akademien in Lörrach und Freiburg. 1962 errichtete Baden-Württemberg die Pädagogischen Hochschulen mit Abitur als Studienbedingung und Hochschulstatus des Lehrkörpers.

Dr. Torsten Gass-Bolm (Freiburg i. Br.): Das Ende der Penne. Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in der Bundesrepublik am Beispiel (süd-) west-deutscher Gymnasien 1945–1980

1968 sei ein entscheidender Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik – diese Überzeugung teilen die Anhänger der Studentenbewegung, die in diesem Jahr den notwendigen Aufbruch aus starren, autoritären Strukturen sehen, mit ihren Gegnern, die in 1968 einen Einbruch in die heile Nachkriegswelt und den Beginn eines bis heute wirkenden Kulturverfalls erblicken. Im Vortrag soll am Beispiel des Gymnasiums – insbesondere Gymnasien am Oberrhein – gezeigt werden, dass am Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zwar unbestritten ein Kulminationspunkt gesellschaftlichen Wandels war, dass die Wandlungsprozesse aber deutlich früher und oftmals wenig beachtet begannen und sich auch erst in kontroversen Aushandlungsprozessen der 70er und frühen 80er Jahre festigten.
Das Gymnasium der 50er Jahre verstand sich als elitärer Hort konservativer Werte. Bildung, Abendland, Christentum, traditionelle Konzepte von Erziehung, Gesellschaft und Geschlechterrollen sollten Bollwerke gegen die als feindlich wahrgenommene Moderne sein. Hier knüpfte das Gymnasium an Konzepte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts an. Die durchaus schon in der direkten Nachkriegszeit vorhandenen Reformkonzepte waren zunächst kaum durchzusetzen. Am Ende der 50er, insbesondere seit Beginn der 60er Jahre setzte ein Wandel ein – und dies auf vielen Gebieten. Statt die höhere Schule klein und elitär zu halten, wurde die Bildungsexpansion zunehmend gefördert. Erziehungskonzepte liberalisierten sich bereits vor 1968, die Geschlechtertrennung wurde zumeist aufgehoben. Der konservative Bildungsbegriff veränderte sich zu einem aufgeklärten. Statt Rezeption „ewig gültiger Werte“ wurde sukzessive der kritischen Auseinandersetzung Raum gegeben, im Deutschunterricht zog Bertolt Brecht ein.
Im Zuge der Studentenbewegung, die auch eine Schülerbewegung war, erreichten die Veränderungen ein atemberaubendes Tempo, eine Dynamik, der sich keine Schule entziehen konnte. Die bisherige Bereitschaft zur Reform mündete nicht selten in die generelle Infragestellung aller bisherigen Formen, von der Abiturfeier über die Goethe-Lektüre bis hin zur Existenz des Gymnasiums selbst. Hier endete auch die überraschend hohe Übereinstimmung, die die politischen Lager trotz aller Aufgeregtheit und Kontroversität in der Bereitschaft zur Veränderung miteinander verbunden hatte. Anfang der 70er Jahre kam es zur Spaltung zwischen denjenigen, die die Reformen weiter treiben wollten, und denjenigen, die sie anhalten oder zurückdrehen wollten. In diesen Auseinandersetzungen, die Züge eines Kulturkampfes annahmen, kam das Rad der Reform einerseits zum Stehen, andererseits wurden die in den Jahren zuvor erworbenen Veränderungen gefestigt, sei es in der Oberstufenreform 1972, der Ausweitung der Mitbestimmung der Schüler oder in der Ausbildung eines neuen Schüler-Lehrer-Verhältnisses. Bis ans Ende des Jahrzehnts hatte sich das Gymnasium neu definiert; es hat überlebt, ist aber nicht mehr die „Penne“ früherer Tage. Dieser Liberalisierungsprozess soll an Beispielen skizziert werden.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/699

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