Jarmila Kašpárková: Gedächtnis und Observanz – die Chroniken des Bernard Sannig für das Klarissenkloster in Znaim (Abstract)

Jarmila Kašpárková (Univerzita Palackého v Olomouci): Gedächtnis und Observanz – die Chroniken des Bernard Sannig für das Klarissenkloster in Znaim 

Abstract des Vortrags bei der Tagung “MONASTICA HISTORIA II: Ordenshistoriographie in Mitteleuropa – Gestaltung und Wandlung des institutionalen und persönlichen Gedächtnisses in der Frühen Neuzeit”, die am 22. und 23. September 2014 im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten stattfand.

 
Im Jahre 1687 verließ Bernard Sannig seine Funktion in der böhmischen Franziskanerprovinz und wurde ins Znaimer Franziskanerkloster geschickt. Er war insgesamt zweimal Provinzial (1675–1678, 1685–1687) und übte auch andere Ämter aus. Außerdem schrieb er wichtige theologische Bücher, als Provinzial regte er zu strikter Observanz an und – da er auch das Gedenken wichtig fand – führte eine seiner Entscheidungen zur Entstehung von Chroniken in allen Häusern seiner Provinz.

Im Znaimer Kloster der Minderbrüder, welches mit dem Klarissenkloster verbunden war, lebte Sannig bis zu seinem Tod im Jahre 1704. Während dieser Zeit widmete er den Klarissen viel Zeit. Als Provinzial bearbeitete er für die Schwestern normative Schriften (Auslegung der Regel, Statuten), damit die Klarissen alle tridentinischen Vorschriften befolgen konnten; er schrieb auch liturgische Instruktionen. Jetzt, nach dem Jahr 1687, ordnete Sannig das Archiv des Klosters und begann die Chronik zu schreiben.

In meinem Beitrag konzentriere ich mich auf diese Quelle. Die Chronik von Bernard Sannig gilt als unikale Schrift; die Znaimer Klarissen haben das historische Werk nach dem Jahr 1700 weitergeführt. Das Buch wurde bis zur Aufhebung des Klosters geschrieben. Welche Form nutzte Sannig für seine Einträge und welche Form wählten die Klarissen? Welchen Themen widmete sich Sannig und was wurde von den Schwestern betont? In welchem Sinn und in welcher Weise wurde die Geschichte von Sannig und den Klarissen gebildet?

 
 
Jarmila Kašpárková, Doktorandin am Lehrstuhl für Geschichte an der Palacký Universität in Olomouc. Thema der Dissertation: Klöster Klarissen und Franziskaner-Tertiarinnen in den frühneuzeitlichen böhmischen Ländern. Während des Studiums absolvierte sie Stipendienaufenthalte in der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel und in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.

Publikationstätigkeit: Klöster der Klarissen und Franziskaner-Tertiarinnen in den Böhmischen Ländern zwischen den Konventualen und Observanten im Laufe der Nachtridentinischen Reformen. In: Frühneuzeitforschung in der Habsburgermonarchie. Adel und Wiener Hof – Konfessionalisiserung – Siebenbürgen. István Fazekas, Martin Scheutz, Csaba Szabó u. Thomas Winkelbauer (Wien 2013) 201-221; mit Martin Elbel, Continuity and Reform: The Znojmo Poor Clares and the Bohemian Franciscan Province in the Early Modern Period. In: Archivum Franciscanum Historicum 105 (2012) 165-196.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/8164

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Abstracts zur Tagung “Schule und Bildung am Oberrhein in Mittelalter und Neuzeit”

Am 10. und 11. Oktober findet in Neuenburg am Rhein eine von der Abteilung Landesgeschichte in Kooperation mit Dr. Ursula Huggle und der Stadt Neuenburg organisierte Tagung zum Thema “Schule und Bildung am Oberrhein in Mittelalter und Neuzeit” statt. Konzept und Programm wurden bereits hier im Blog veröffentlicht.

Im Vorfeld der Tagung werden nun hier die Abstracts zu den einzelnen Vorträgen veröffentlicht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die interessierte Öffentlichkeit können so schon vor der Tagung einen Einblick in einzelne Vorträge erhalten.

Wer nun kurzentschlossen Interesse an der Tagung hat: Eine unangemeldete Teilnahme an der ganzen Tagung oder einzelnen Vorträgen möglich!

Freitag, 10. Oktober 2014

Prof. Dr. Martina Backes (Freiburg i. Br.): „Nuwer sang?“ Die Liebeslieder des Brunwart von Auggen und die Tradition des höfischen Minnesangs am Oberrhein

Alle schuol sint gar ein wint / wan diu schuole al eine, dâ der Minne junger sint…
Alle Schulen taugen nichts außer der Schule, in der die Anhänger der Liebe sind. Die vermittelt solche Künste, dass man ihr den höchsten Rang zugestehen muss.
Es war der Sangspruchdichter Reinmar von Zweter, der in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts in einem seiner Gedichte die Auffassung vertrat, Minnesang sei nicht nur adliger Zeitvertreib und kultivierte Unterhaltung, sondern die Beschäftigung mit Liebesdichtung könne als zivilisatorische Schule dienen, wie es besser keine gäbe. Der Vortrag wird diesen didaktischen Anspruch der klassischen mittelalterlichen Liebeslyrik, der in einer Zeit, in der es Schulen als Institution nur im Bereich der lateinisch geprägten klerikalen Kultur gab, durchaus provokativ formuliert war, erläutern und vor diesem Hintergrund untersuchen, wie sich die erhaltenen Lieder des Neuenburger Schultheißen Johannes Brunwart von Auggen in die Tradition der höfischen Lyrik und der adligen Konversations- und Redekultur am Oberrhein einordnen lassen, wie ihr Publikum aussah und welche Gebrauchsinteressen Produktion und Rezeption von Minneliedern in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in diesem Raum bestimmten.

Prof. Dr. Jörg W. Busch (Frankfurt am Main): Die Schulmeister im „Neuenburger Urkundenbuch“ oder: Wer brachte Mathias von Neuenburg das Lesen und Schreiben bei?

Der Beitrag zeigt zunächst auf, welche Aufschlüsse das Regestenwerk zur Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein über die Rechtskultur in einer Breisgaukleinstadt ermöglicht. Doch vermag es für eine Pfarrschule in der Stadt nur elf Belege zu liefern, die im Hinblick auf den Laienstand der Schulmeister um 1300 und auf die Elementarbildung des berühmtesten Sohnes der Stadt erörtert werden. Wenn Matthias denn einer von ihnen war, erhielt er wie andere Schüler der Neuenburger Pfarrschule im 14. Jahrhundert dort Grund-lagen für den weiteren Bildungsweg vermittelt, kehrte aber nicht in die Stadt Neuenburg am Rhein zurück, was auch andere spätmittelalterliche Schüler in nur seltenen Fällen taten.

Dr. Heinz Krieg (Freiburg i. Br.): Matthias von Neuenburg und seine Chronik

Auf einer Tagung zur Bildungsgeschichte, die in Neuenburg stattfindet, darf ein Beitrag zu Matthias von Neuenburg nicht fehlen. Ähnlich wie auch bei anderen mittelalterlichen Menschen wissen wir über diesen bedeutenden Sohn der Stadt, der vor 1300 geboren wurde und vor 1370 verstorben ist, aber nur vergleichsweise wenig Gesichertes. Dennoch erlangte er Berühmtheit als Geschichtsschreiber, dessen Chronik als eine der wichtigsten erzählenden Quellen zur Reichsgeschichte und zur südwestdeutschen Landesgeschichte des 14. Jahrhunderts gilt. Demgemäß steht im Vortrag neben der Person des Autors vor allem sein Werk im Mittelpunkt, dessen Eigenart vor dem Hintergrund der typischen Merkmale mittelalterlicher Geschichtsschreibung näher beleuchtet werden soll.

Prof. Dr. Thomas Zotz (Freiburg i. Br.): Lateinschulen am südlichen Oberrhein in Spätmittelalter und früher Neuzeit

Die Schullandschaft am südlichen Oberrhein weist im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine Vielzahl von Lateinschulen auf, in den großen Bischofsstädten Basel und Straßburg, in Städten mittlerer Größe wie Colmar, Schlettstadt oder Freiburg bis hin zu kleineren Städten vom Schlage Breisachs oder Kenzingens. Die Trägerschaft einer Lateinschule war anfangs ein Stift, Kloster oder die Pfarrkirche, später ging sie in die Hand der Stadtgemeinde über. Der Vortrag will nach einem Gesamtüberblick am Beispiel von Freiburg und vor allem Schlettstadt die Entwicklung und Merkmale oberrheinischer Lateinschulen nachzeichnen; für die außerdem interessierenden Aspekte von Unterricht und Alltag wird es erforderlich sein, Beispiele aus anderen Gegenden ergänzend heranzuziehen.

Dr. Lorenz Heiligensetzer (Basel): Erasmus, Amerbach und die Basler Studentenschaft

Wer in der noch mehrheitlich analphabeten Vormoderne ein Studium ergriff, verfolgte einen besonderen Lebensweg. Als Studierender hatte er Anteil an den akademischen Freiheiten, beherrschte die Fachsprache Latein und konnte ausländische Universitäten besuchen; dagegen plagten die damaligen Studenten oft Geldnöte und eine insgesamt unsichere Existenz. Um letzterem abzuhelfen, bestand in Basel schon früh der von Erasmus von Rotterdam (?–1536) hinterlassene Stipendienfonds, aus dem dessen Verwalter Bonifacius (1495–1562) und Basilius Amerbach (1533–1591) zahllosen einheimischen wie auswärtigen Studenten Unterstützung gewährte. Das Referat widmet sich den Umständen, die zur Gründung der Stiftung führten, und zeigt dank der erhaltenen Protokolle der Stiftung auf, wie sie organisiert war und welche Gruppen daraus bedacht wurden. Letzteres erfolgt anhand einiger Fallbeispiele.

Abendvortrag: Prof. Dr. Felix Heinzer (Freiburg i. Br.): Wissen und Weisheit im Frauenkloster. Der Hortus Deliciarum Herrads von Hohenburg als Zeugnis hochmittelalterlicher Bildungsgeschichte

Die im ausgehenden 12. Jahrhundert auf dem Odilienberg unter Herrad von Hohenburg entstandene, 1870 bei der Beschießung Straßburgs vernichtete Handschrift des Hortus Deliciarum gehört zu den faszinierendsten Zeugnissen oberrheinischer Buchkultur des Hochmittelalters. Vor allem die über 300 Miniaturen und ihre komplexen Bezüge zu den textlichen Elementen der Handschrift stehen seit jeher im Zentrum der Beschäftigung mit Herrads Werk, das über Zeichnungen und Reproduktionen des frühen 19. Jahrhunderts zumindest indirekt zugänglich geblieben ist.
Mein Vortrag beschäftigt sich insbesondere mit den zahlreichen diagrammatischen „Text-Bilder“ im Hortus und fragt nach deren Funktion. Offenbar reduziert sich diese nicht nur auf eine verstehende Wahrnehmung der durch das Medium des Diagramms vermittelten Inhalte. Eigentliches „Lern-Ziel“ ist vielmehr deren Interiorisierung durch den Leser und Betrachter, d.h. pointiert formuliert: die „Ein-Bildung“ des Abgebildeten im Sinne seiner existentiellen Aneignung. So gesehen lässt sich der Hortus in der Tat als ein bedeutendes Zeugnis der Geschichte von Bildung unseres Raums lesen und deuten – einer Bildung freilich, die gegenüber modernen Konzepten von Lernen und Verstehen dezidiert anderen Spielregeln folgt.

Samstag, 11. Oktober 2014

Prof. Dr. Dieter Speck (Freiburg i. Br.): Schulen als politische Instrumente? Frühneuzeitliche Bildungsinitiativen am Oberrhein

Schulen bezeichnete Maria Theresia 1774 im Zusammenhang mit neuen Lehrplänen und ihrer Schulreform als Politikum. Schule wurde vom absolutistischen Staat als seine Aufgabe verstanden, in der frühen Neuzeit war es noch etwas anders. Damals sahen die Humanisten den Oberrhein als einen kulturell führenden Raum, in dem der Buchdruck erfunden worden war, wo es zahlreiche Schulen und Universitäten gab und der nach ihrer Meinung eine „pädagogische Landschaft“ war. Das Schulwesen war heterogen, sehr vielfältig und wurde im Verlaufe des 16. Jahrhunderts noch weitaus facettenreicher. Es bildeten sich jedoch kein Schulsystem, keine Schulpflicht, keine verpflichtenden Lehrpläne, keine verbindliche Verweildauer, keine Abschlussprüfungen oder Zugangsberechtigungen für Universitäten aus, Schulbildung und Universitäten waren ungenügend aufeinander abgestimmt. Reformation und Konfessionalisierung hatten auf das Schulwesen – und auch umgekehrt – beträchtliche Auswirkungen und so waren Schulen auch im politischen Fokus. Dazu sollen aus dem Oberrheinraum vier Beispiele unterschiedlichster Art aus Freiburg, Krozingen, Ensisheim und Rappoltsweiler vorgestellt werden. Die politische Tragweite aller dieser individuell, konfessionell und konzeptionell unterschiedlichen Schul- und Bildungsinitiativen im Zeitalter von Reformation, katholischer Reform und Konfessionalisierung ist offensichtlich. Wie Visitationen und Kirchenzucht waren sie alle typische Instrumente bei der Umsetzung der Konfessionalisierung. Die vorgestellten Beispiele am Oberrhein sind exemplarische Zeugnisse des Interesses an der Kindheit und eines nicht immer gradlinig verlaufenden Entwicklungsstranges, der längerfristig in einem staatlichen Schulwesen mündete und modellhaft für die Erziehungs- und Bildungsgeschichte des 16. Jahrhunderts steht.

Eric Ettwiller (Straßburg/Strasbourg): Die Germanisierung des elsässischen Bürgertums durch das höhere Mädchenschulwesen 1871–1918

Für das Verständnis der Situation vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist es nötig, ein Bild der europäischen Gesellschaft vor dem Krieg zu zeichnen, besonders im Hinblick auf Minderheiten. Die Historiker befassen sich damit, auch in Bezug auf Elsass-Lothringen. Eine besondere Gruppe stellen die Elsässer dar, eine deutschsprachige Bevölkerung, die von 1871–1918 im deutschen Kaiserreich lebte. Die zweisprachige gehobene Gesellschaftsschicht entwickelte durch ihre Zugehörigkeit zur französischen Nation vor der Annektierung eine fremdartige Einstellung. Ich interessiere mich daher für den Teil des elsässischen Bürgertums, der am schwierigsten vom Staat zu erreichen war: die Frauen, die in der Privatsphäre lebten und die großenteils in privaten Mädchenschulen erzogen wurden.
Neben dem einheimischen Bürgertum entstand nach 1871 aber auch ein neues gehobenes Bürgertum, Beamte und Offiziere aus dem sogenannten Altdeutschland. Die Töchter derselben befanden sich im ersten Jahr nach der Annektierung in einer schwierigen Lage. Ihnen standen keine städtischen höheren Töchterschulen zur Verfügung, sondern nur französisch gesinnte Privatinstitute. Um ihnen ebenfalls eine Schulbildung zu ermöglichen, beabsichtigte die deutsche Regierung 1872, private elsässische Pensionate in halböffentliche, später in städtische deutsche höhere Töchterschulen umzubilden. Darüber wurde nun in politischen Gremien verhandelt; im Landesausschuss debattierte man über Subventionierung und in den Rathäusern über Gründungs- oder Kommunalisierungsprojekte. Zuständig war nun die Schulverwaltung, das heißt der Oberschulrat für Elsass-Lothringen. Die öffentlichen höheren Mädchenschulen mussten sich gegen den mächtigen katholischen Klerus zur Wehr setzen, bevor sich die Verhältnisse besserten. Eine Studie über die Herkunft des Lehrpersonals soll uns einen Hinweis über die Stärke der vaterländischen Stimmung in jeder einzelnen Anstalt vermitteln. 1914 war die Germanisierung teilweise erreicht.

Prof. Dr. Eckhard Wirbelauer (Straßburg/Strasbourg): Eine Reichsuniversität in Straßburg? Konzepte für die Universitätsgründung nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71)

Noch während der kriegerischen Auseinandersetzungen 1870/71, die unter anderem die Zerstörung der Straßburger Bibliothek und ihrer reichen Bestände zur Folge hatten, begannen Überlegungen, wie die lange akademische Tradition in Straßburg fortgeführt werden sollte. Dabei trafen nationalistische und regionalistische, ja sogar transnationale Konzeptionen aufeinander.
Der Beitrag will diese Diskussionen nachzeichnen und offenlegen, welche Leitlinien bei der von Bismarck initiierten Neugründung der Universität Straßburg verfolgt wurden. Insbesondere soll dabei herausgearbeitet werden, ob und inwieweit die neue Einrichtung als „Reichsuniversität“ qualifiziert werden kann.

Prof. Dr. Wolfgang Hug (Freiburg i. Br.): Reformstufen der Lehrerbildung in Baden

Die professionelle Lehrerbildung entstammt (wie die allgemeine Schulpflicht) dem Geist und dem politischen Willen der Aufklärung. Am Anfang stand hier die 1774 in Freiburg gegründete Normalschule in Freiburg. Wie und wofür die Lehrer qualifiziert wurden, war eng mit dem Wandel von Staat und Gesellschaft verbunden. Im Zuge der Säkularisation wurde die Lehrerbildung verstaatlicht, im Großherzogtum Baden mit den Lehrerseminaren Rastatt (1835 Ettlingen) und Karlsruhe, die im Geiste Pestalozzis geführt wurden. Eine Demokratisierung in der 1848er Revolution wurde in der Reaktionszeit gebremst. Eine Neustrukturierung der badischen Lehrerbildung modernisierte 1904 die (schul-)fachliche und pädagogische Qualifikation und bewirkte eine zunehmende Verbürgerlichung des Lehrerstandes. In der Weimarer Republik schuf Baden 1926 fortschrittliche, halb-akademische, konfessionell getrennte Lehrerbildungsanstalten. Nach ihrer Schließung in der Weltwirtschafts- und Staatskrise von 1932 errichtete die NS-Regierung 1936 eine badische „Hochschule für Lehrerbildung“ in Karlsruhe, deren NS-Pädagogik maßgeblich von Ernst Krieck (geb. in Müllheim) bestimmt war. 1946 ordnete die französische Militärregierung die Lehrerbildung zur Re-Education neu: Pädagogien führten Volksschulabsolventen in vier Jahren ohne Abitur zum Studium an der in Lörrach eingerichteten Pädagogischen Akademie. 1949 erreichte die CDU-dominierte Regierung von (Süd)-Baden ihre Trennung in konfessionelle Akademien in Lörrach und Freiburg. 1962 errichtete Baden-Württemberg die Pädagogischen Hochschulen mit Abitur als Studienbedingung und Hochschulstatus des Lehrkörpers.

Dr. Torsten Gass-Bolm (Freiburg i. Br.): Das Ende der Penne. Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in der Bundesrepublik am Beispiel (süd-) west-deutscher Gymnasien 1945–1980

1968 sei ein entscheidender Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik – diese Überzeugung teilen die Anhänger der Studentenbewegung, die in diesem Jahr den notwendigen Aufbruch aus starren, autoritären Strukturen sehen, mit ihren Gegnern, die in 1968 einen Einbruch in die heile Nachkriegswelt und den Beginn eines bis heute wirkenden Kulturverfalls erblicken. Im Vortrag soll am Beispiel des Gymnasiums – insbesondere Gymnasien am Oberrhein – gezeigt werden, dass am Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zwar unbestritten ein Kulminationspunkt gesellschaftlichen Wandels war, dass die Wandlungsprozesse aber deutlich früher und oftmals wenig beachtet begannen und sich auch erst in kontroversen Aushandlungsprozessen der 70er und frühen 80er Jahre festigten.
Das Gymnasium der 50er Jahre verstand sich als elitärer Hort konservativer Werte. Bildung, Abendland, Christentum, traditionelle Konzepte von Erziehung, Gesellschaft und Geschlechterrollen sollten Bollwerke gegen die als feindlich wahrgenommene Moderne sein. Hier knüpfte das Gymnasium an Konzepte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts an. Die durchaus schon in der direkten Nachkriegszeit vorhandenen Reformkonzepte waren zunächst kaum durchzusetzen. Am Ende der 50er, insbesondere seit Beginn der 60er Jahre setzte ein Wandel ein – und dies auf vielen Gebieten. Statt die höhere Schule klein und elitär zu halten, wurde die Bildungsexpansion zunehmend gefördert. Erziehungskonzepte liberalisierten sich bereits vor 1968, die Geschlechtertrennung wurde zumeist aufgehoben. Der konservative Bildungsbegriff veränderte sich zu einem aufgeklärten. Statt Rezeption „ewig gültiger Werte“ wurde sukzessive der kritischen Auseinandersetzung Raum gegeben, im Deutschunterricht zog Bertolt Brecht ein.
Im Zuge der Studentenbewegung, die auch eine Schülerbewegung war, erreichten die Veränderungen ein atemberaubendes Tempo, eine Dynamik, der sich keine Schule entziehen konnte. Die bisherige Bereitschaft zur Reform mündete nicht selten in die generelle Infragestellung aller bisherigen Formen, von der Abiturfeier über die Goethe-Lektüre bis hin zur Existenz des Gymnasiums selbst. Hier endete auch die überraschend hohe Übereinstimmung, die die politischen Lager trotz aller Aufgeregtheit und Kontroversität in der Bereitschaft zur Veränderung miteinander verbunden hatte. Anfang der 70er Jahre kam es zur Spaltung zwischen denjenigen, die die Reformen weiter treiben wollten, und denjenigen, die sie anhalten oder zurückdrehen wollten. In diesen Auseinandersetzungen, die Züge eines Kulturkampfes annahmen, kam das Rad der Reform einerseits zum Stehen, andererseits wurden die in den Jahren zuvor erworbenen Veränderungen gefestigt, sei es in der Oberstufenreform 1972, der Ausweitung der Mitbestimmung der Schüler oder in der Ausbildung eines neuen Schüler-Lehrer-Verhältnisses. Bis ans Ende des Jahrzehnts hatte sich das Gymnasium neu definiert; es hat überlebt, ist aber nicht mehr die „Penne“ früherer Tage. Dieser Liberalisierungsprozess soll an Beispielen skizziert werden.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/699

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Erschließung und historische Forschung. Ein reflexives Konzept am Beispiel eines Archivs zur Planungsgeschichte der DDR

Vor zwei Woche ist  der Tagungsband zum letzten BKK-Fortbildungsseminar in Weimar (2013) erschienen. Häuser, Straßen, Plätze: Der städtische Raum in der archivischen Überlieferungsbildung (=TUA 29).

grafik_TUA29Alle Beiträge beschäftigen sich mit der Frage, welche Unterlagen es zum Bauen und Wohnen gibt und was man damit machen kann, bzw. darf. Der Artikel von Harald Engler aus Erkner bei Berlin, wirft gleich zu Beginn ein besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang zwischen Archiv und Forschung.

Erschließung und historische Forschung. Ein reflexives Konzept am Beispiel eines Archivs zur Planungsgeschichte der DDR

von Harald Engler

 

Archive sind nicht nur für sich selbst da, sondern sollten – neben ihrer Öffnung gegenüber breiteren Schichten der geschichtsinteressierten Bevölkerung – insbesondere mit der geschichtswissenschaftlichen Forschung, ihren Institutionen und Akteuren eng verknüpft sein.[1] Leider besteht zwischen diesen beiden Bereichen von Archiv und Forschung weitgehend immer noch ein durch Rivalitäten oder gar Sprachlosigkeit geprägtes Spannungsfeld.[2] Wie diese für beide Disziplinen der Aufarbeitung der Vergangenheit ungünstige Trennung durch forschungsorientierte Konzepte für Archive aufgehoben und die Teilbereiche besser integriert und aufeinander bezogen werden können, wird in diesem Beitrag am Beispiel eines Archivs zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR erläutert. Dieses Archiv – die Wissenschaftlichen Sammlungen des Leibniz-Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner bei Berlin –, das schon durch seine institutionelle Einbindung als Bestandteil einer Forschungsabteilung eines außeruniversitären Forschungsinstituts einen spezifischen Archivtyp darstellt, könnte als Beispiel für eine funktionierende enge Zusammenarbeit von Forschung und Archiv dienen. Insgesamt soll verdeutlicht werden, dass eine engere Verknüpfung der jeweiligen Eigenlogiken von archivarischer Erschließung und den Interessen der Forschung mit der Verbesserung der disziplinären Kommunikationsprozesse einhergehen sollte. Einen institutionellen Idealtyp für ein integratives Gesamtkonzept von Archiv und Forschung bildet schließlich das Forschungsarchiv, das zum Schluss als Perspektive in den Blick genommen wird.

 

Institut und Historische Forschungsstelle

Zunächst werden hier das Institut als Träger von Archiv und Historischer Forschungsstelle und diese selbst in knapper Form vorgestellt. Das Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner bei Berlin ging 1992 aus dem Institut für Städtebau und Architektur (ISA) der Bauakademie der DDR hervor, das als eines von insgesamt vier positiv evaluierten Instituten dieser wichtigsten Zentralbehörde für das Bauwesen in der DDR unterhalb des Ministeriums für Bauwesen positiv evaluiert und als IRS in die vereinigte Bundesrepublik überführt wurde.[3] Das Institut betreibt insgesamt sozialwissenschaftliche Raumforschung und hat den Auftrag, die Transformation und Steuerung von Städten und Regionen in Deutschland und Europa aus sozialwissenschaftlicher Perspektive zu erforschen.[4] Das IRS ist Mitglied der Wissensgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (Leibniz-Gemeinschaft) und wie alle Mitglieder dieser großen deutschen Forschungsorganisation jeweils zur Hälfte von der Bundesrepublik Deutschland und vom Sitzland, hier also dem Land Brandenburg, finanziert, wobei das Institut zu etwa einem Drittel seinen Gesamthaushalt durch Drittmittel bestreitet.[5]

Abb 1_neu     Im Institut sind etwa 70 Mitarbeiter beschäftigt, darunter etwa 40 Wissenschaftler, deren Arbeit in fünf Forschungsabteilungen organisiert ist, die sich durch unterschiedliche Profilausprägungen unterscheiden. Grundlage der Arbeit des Instituts ist ein Forschungsprogramm, das die Forschungsabteilungen gemeinsam mit der Institutsleitung unter Beratung durch einen hochkarätig besetzten Wissenschaftlichen Beirat für jeweils drei Jahre erarbeiten und das vom Kuratorium, das die Arbeit des Instituts im Allgemeinen überwacht, geprüft und verabschiedet wird.[6] Die Besonderheit für die hier interessierende Historische Forschungsstelle besteht darin, dass sich die geschichtswissenschaftliche Arbeit der Forschungsabteilung im Rahmen eines sozialwissenschaftlich forschenden außeruniversitären Raumforschungs-Instituts vollzieht, während das Archiv der Wissenschaftlichen Sammlungen Teil einer geschichtswissenschaftlich arbeitenden Forschungsabteilung ist. Beide Faktoren haben weitreichende Konsequenzen für die konkrete Alltagsarbeit, die sich deutlich von der Konstellation anderer geschichtswissenschaftlicher Institutionen wie etwa eines Universitätslehrstuhls oder eines Stadt- oder Landesarchivs unterscheiden.[7]

Abb 2a

 

Das Archiv des IRS gehört zur Forschungsabteilung 5, die unter dem Namen „Historische Forschungsstelle/Wissenschaftliche Sammlungen zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR“ arbeitet. Geschichtswissenschaftliche und architekturgeschichtliche Forschung zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR wurde am IRS bereits seit der Gründung des Instituts 1992 betrieben. Dabei wurden einige bis heute wichtige Publikationen[8] zu diesem Thema veröffentlicht sowie die inzwischen deutschlandweit als wichtigste Tagungsreihe etablierten „Werkstattgespräche zur DDR-Planungsgeschichte“ veranstaltet.[9] Nach einer äußerst positiven Evaluierung 2010 wurden die bis dahin zu einer anderen Forschungsabteilung gehörenden Wissenschaftlichen Sammlungen mit der Forschung als eigenständige Forschungsabteilung 2012 ausgegliedert und verselbstständigt. In der neu gegründeten Abteilung wird als Forschungsprofil schwerpunktmäßig die Geschichte der Urbanisierung und Stadtgeschichte des 20. Jahrhunderts mit einem Schwerpunkt auf der Planungs- und Architekturgeschichte der DDR betrieben.[10] Die Historische Forschungsstelle arbeitet auf der Grundlage eines Forschungsprogramms, das für einen Zeitraum von drei Jahren die Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit festlegt.[11] Dazu gehört ein Leitprojekt, das den Kern der Abteilungsarbeit ausmacht und sich mit städtischer Freiraumgestaltung im deutsch-deutschen Vergleich befasst[12], ein Drittmittelprojekt, das die Funktion und Bedeutung der Bezirke in der DDR analysiert[13], sowie weitere Forschungs- und Drittmittelprojekte, die sich u.a. mit Biographien zu DDR-Architekten[14], Architektinnen in der DDR[15] sowie Digitalisierungsvorgängen und dem Aufbau von Datenbanken im Archivbereich beschäftigen.[16] Integrativer Bestandteil des Profils und der wissenschaftlichen Arbeit der Forschungsabteilung ist die enge institutionelle und organisatorische Verknüpfung der Forschungsarbeit mit den Beständen des Archivs. Die Forschungen beruhen in weiten Teilen auf den Beständen der Wissenschaftlichen Sammlungen oder bauen auf ihnen auf, sowie für bestimmte Forschungszwecke gezielt Bestände aus dem Archiv aufgearbeitet werden.

 

Wissenschaftliche Sammlungen zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR

Abb 2bDie Wissenschaftlichen Sammlungen bilden das profilierteste deutsche Spezialarchiv zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR.[17] Das Archiv ging in seinem Kernbestand aus den Arbeitsmaterialien des Instituts für Städtebau und Architektur (ISA) der Bauakademie der DDR hervor und wurde nach der Wende systematisch um weitere Bestände erweitert. Das ISA wurde nach der Wende als eines von vier Instituten der Bauakademie positiv evaluiert und unter dem Namen Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in die neue gesamtdeutsche Wissenschaftslandschaft überführt. Insofern bilden das ehemalige ISA und seine Archivmaterialien den Kern des heutigen Leibniz-Instituts.

Abb 3Die zentralen Aufgaben des Instituts für Städtebau und Architektur bestimmen auch den Grundbestand des Archivprofils. Das ISA, das zu den wichtigsten Instituten der Bauakademie der DDR gehörte, beschäftigte sich in enger Kooperation mit dem Ministerium für Bauwesen um alle städtebauliche Wettbewerbe[18], Neubaugebiete[19] und die Generalbebauungspläne[20] aller Städte der DDR, sodass die Materialien dieser Gutachtertätigkeit des Instituts den engeren und wichtigsten Kernbestand des Archivs ausmachen.[21] Die Wissenschaftlichen Sammlungen bieten allein mit diesem Bestand einem Forscher, der beispielsweise vergleichend mehrere Städte Ostdeutschlands unter bestimmten städtebaulichen Fragen analysieren will, einen einmaligen Quellenfundus in einem einzigen Archiv, der in dieser Form an keinem anderen Ort zu finden ist. Weitere wichtige Bestandsgruppen des Archivguts der Wissenschaftlichen Sammlungen, das einen Gesamtumfang von etwa 800 laufenden Metern umfasst, sind die Vor- und Nachlässe wichtiger Architekten und Planer der DDR, die von etwas über 20 in den neunziger Jahren auf nunmehr weit über 60 Nachlässe angewachsen sind und mit einer gezielten Akquisitionsstrategie mit einem extra für diese Aufgabe beschäftigten Mitarbeiter gegenwärtig und in den nächsten Jahren systematisch erweitert werden.[22] Ein weiterer wichtiger und einmaliger Schatz der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS bilden die Aufnahmeanträge in den Bund der Architekten (BdA) der DDR, die nur hier in Erkner archiviert sind und quasi alle 7.600 Architekten und Planer der DDR umfassen.[23]

Abb 5 Ziemlich einmalig ist außerdem der umfangreiche Fotobestand der Wissenschaftlichen Sammlungen zum Baugeschehen in der DDR, der weit über 120.000 Aufnahmen umfasst.[24] Das Archiv bewahrt außerdem weit über 8.000 Karten und Pläne auf, darunter mehr als 5.000 großformatige Pläne, die jüngst in einem Digitalisierungsprojekt in eine Datenbank eingespeist wurden und online abrufbar sind.[25] Zu sehen sind hier beispielsweise auch Blätter der Landschaftsdiagnose der DDR unter der Leitung des bekannten Landschaftsarchitekten Reinhold Lingner aus den frühen 1950er-Jahren, ein politisch höchst umstrittenes wissenschaftliches Großprojekt, das ebenfalls nur in den Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS archiviert ist.[26] Weitere interessante Bestände des Archivs bilden die umfangreichen Dokumentationen (z.B. zu Siedlungen in Brandenburg), Modelle, audiovisuelle Medien sowie wichtige Buchbestände und Informationsschriften der Bauakademie und ihrer Institute, die häufig nur hier überliefert sind und insbesondere zusammen mit der Fachbibliothek des IRS, die ihren Kernbestand ebenfalls in der Arbeitsbibliothek des ISA hatte, für Forscher optimale Arbeits- und Recherchemöglichkeiten in Erkner bieten.[27]

 

Spannungsfeld Erschließung – Forschung

Bei Betrachtung der Frage, unter welchen Gesichtspunkten die Bestände in einem Archiv so erschlossen werden können, damit sie forschenden Historikern beste Möglichkeiten eröffnen bzw. umgekehrt gefragt, welche Wünsche oder Anregungen die Forscher an Erschließungsweisen an die Archivare stellen, öffnet sich ein Spannungsfeld, das hier aus zweierlei Perspektiven betrachtet werden soll: aus der Sicht des Forschers und der des Archivars. Der im Archiv forschende Wissenschaftler hegt in erster Linie den Wunsch nach kompetenter Beratung zu möglichen Forschungsthemen und den dazugehörigen Quellenbeständen durch die Archivare.[28] Eine Voraussetzung dafür sind selbstredend brauchbare moderne Erschließungsmedien für die Quellenbestände. Der forschende Historiker kommt dabei idealerweise auch mit Wünschen für die Erschließung von Quellenbeständen auf die Archivare zu und ist gleichzeitig offen für Hinweise durch die Archivare auf neu erschlossenes Archivgut oder solches, welches potenziell in naher Zukunft erschlossen werden und damit für die Forschung besonders interessant sein könnte. Leider ist die Wahrnehmung bereits existierender und kommunizierter neuer Bestände von Archiven durch die Historiker häufig äußerst defizitär, sodass es zu den Aufgaben der Historikerzunft gehören muss, die Kommunikation über diese und Aufnahmebereitschaft gegenüber solchen Informationen aus den Archiven in den eigenen Reihen und beispielsweise an Lehrstühlen gezielter weiterzuverbreiten. Auf der anderen Seite sollte darüber nachgedacht werden, ob es noch bessere Möglichkeiten der Kommunikation und der medialen Verbreitung dieser wichtigen Informationen geben könnte, etwa durch noch zu etablierende Newsletter oder andere Plattformen. Eine weitere Möglichkeit, Erschließungsvorgänge und
-notwendigkeiten im Archiv mit den Ansprüchen und Wünschen der Forschung zu verknüpfen, stellt die Erschließung von Archivbeständen durch Historiker selbst dar. So ist es denkbar und teilweise bereits praktiziert, dass zu einem Thema forschende Historiker das dazugehörige und noch unerschlossene Material im Archiv selbst erschließen, selbstverständlich in enger Abstimmung mit Archivaren und nach deren exakten Vorgaben. Es versteht sich von selbst, dass eine solche Vorgehensweise an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, die auch stark vom Profil des Wissenschaftlers und seinen Möglichkeiten, eine archivfachlich angemessene Erschließung überhaupt durchzuführen, sowie vom Typus und spezifischen Zustand der archivischen Quellenbestände abhängig ist.[29]

Aus der Perspektive des Archivars erscheint für eine funktionierende Kooperation zwischen Archiv und Forschung in Erschließungsfragen zunächst eine gewisse Aufnahmebereitschaft von Archivverantwortlichen für Erschließungswünsche von Nutzern und Forschern wünschenswert und unabdingbar. Weiterhin ist es äußerst hilfreich, wenn Archivare selbstständig Forschungstrends und -entwicklungen wahrnehmen und diese eigenständig auch als Movens eigener Erschließungsstrategien heranziehen. Zumindest wäre es für die Historikerzunft äußerst sinnvoll, wenn von Seiten der Archivare Hinweise an die geschichtswissenschaftliche Community auf neu erschlossenes Archivgut und
-material gingen, in einigen gut funktionierenden Einrichtungen wird dies schon seit langem praktiziert. Eine weitere Form der Erschließung im Archiv kann die Anregung für Historiker sein, zur Aufschließung eines bestimmten Forschungsthemas die dazu relevanten Archivmaterialien überhaupt erst zu erschließen und auf diese Weise Erschließungsvorgänge im Archiv voranzutreiben – eine besonders enge Verknüpfung von archivischer Erschließung und Forschung. Schließlich dient der Auftritt von Archivaren auf (geschichtswissenschaftlichen) Tagungen mit entsprechenden Hinweisen auf erschlossenes oder noch zu erschließendes Material als empirische Materialgrundlage für potenzielle Forschungsthemen sowie das Engagement von Archivaren in der universitären Lehre mit entsprechenden Hinweisen für den akademischen Nachwuchs als gut geeignete Möglichkeiten, Erschließungsprozesse entlang von forschungsorientierten Parametern voranzutreiben bzw. bekannt zu machen.[30] Wenn sich Archivare, wie dies Robert Kretzschmar einmal formuliert hat, nicht nur als Dienstleister und Partner für die Forschung, sondern in funktionierenden Einzelfällen auch selbst als Forscher verstehen, kann der Erschließungsprozess in einem Archiv besonders forschungsnah gestaltet werden, weil die beiden ansonsten häufig getrennten Prozesse dann so integrativ wie möglich vonstattengehen können.[31] Über diese Wege der Publikationstätigkeit eigener Forschungsergebnisse als Teil einer erweiterten Bildungsarbeit können Archivare einen eigenständigen Beitrag zu einer idealen und engen Verknüpfung von Erschließung und Forschung leisten, wenngleich sie aufgrund der allgemeinen Personalnot in Archiven und dem wachsenden Druck durch die permanenten Arbeiten in einem Archiv eher selten in diese Luxussituation geraten.

 

Systematische Verknüpfung von Erschließung und Forschung durch ein Zirkuläres Konzept im Knotenpunkt Archiv

Im folgenden Abschnitt soll am Beispiel des Archivs des IRS und der Kooperation zwischen Wissenschaftlichen Sammlungen und den Forschern der Historischen Forschungsstelle im Institut die Möglichkeit eines funktionierenden Konzepts für die systematische Verknüpfung von Erschließung und Forschung vorgestellt werden. Das Zirkuläre Konzept der Historischen Forschungsstelle des IRS funktioniert folgendermaßen: Zunächst wird durch die fortlaufende geschichtswissenschaftliche Forschung und diverse Veranstaltungen auf die vielfältigen Facetten des Themas „Bau-, Planungs- und Architekturgeschichte der DDR“ aufmerksam gemacht. Insbesondere bei den seit 1998 durchgeführten „Werkstattgesprächen zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR“ versammelt sich in Erkner alle zwei Jahre nicht nur die Forscher-Community zu diesem Thema, sondern es werden systematisch die Zeitzeugen der Planer und Architekten aus der DDR-Zeit mit eingeladen, die sich durch rege Diskussionen und eine ganz eigene Perspektive an den Tagungen beteiligen.[32] Die Werkstattgespräche dienen auf diese Weise, flankiert durch weitere Maßnahmen, der aktiven archivischen Akquise, indem das Treffen auch als geeignetes Forum für die Kontaktaufnahme bzw. -pflege mit Planern und Architekten der DDR dienen, die anschließend im Idealfall ihre persönlichen Dokumentationen als Vorlass in die Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS abgeben. In einem dritten Schritt sorgen die Archivare der Wissenschaftlichen Sammlungen dafür, dass das auf diese Weise eingeworbene und kulturgeschichtlich essentielle Material möglichst zeitnah erschlossen und damit möglichst rasch der geschichtswissenschaftlichen Forschung zur Verfügung gestellt wird – der Kreis schließt sich und die Forschung kann das neue Material für seine Analysevorhaben verwenden.

Weitere flankierende Maßnahmen dienen außerhalb dieses Zirkulären Konzepts der engen und aufeinander bezogenen Verknüpfung von archivischer Erschließung und der Forschung. Dazu gehört die systematische Drittmitteleinwerbung für größere Digitalisierungsmaßnahmen. Sowohl das Projekt DigiPEER[33] (Erschließung großformatiger Pläne und Karten) als auch das zweite große Digitalisierungsprojekt DigiPortA (Erschließung von Porträtbeständen im Archiv), das weiter unten etwas genauer vorgestellt wird, zeigen, dass solche gezielt hergestellten archivischen Datenbanken als neue Forschungsressource und damit -potenziale besonders gut geeignet sind, die beiden häufig getrennten Bereiche von Forschung und Erschließung zu verknüpfen, indem beispielsweise die Forscher die Archivare eng bei der Auswahl und Fokussierung der ausgewählten Pläne beraten. Weitere Beispiele für die enge Kooperation von Archiv und Forschung sind die von den Forschern durchgeführten und systematisch leitfadengestützten Zeitzeugen-Interviews mit Planern und Architekten der DDR, die nicht nur eine essentielle zusätzliche Ressource für die Forschung darstellen, indem sie informelle Erkenntnisse hervorbefördern, die in Akten in dieser Klarheit kaum zu finden sind, sondern außerdem als archivierte Audio-Zeugnisse für künftige Generationen von Forschern hervorragendes Dokumentationsmaterial liefern und in vielen Fällen als erste Kontaktaufnahme später zur erfolgreichen Akquise von Planer-Vorlässen hilfreich sind. Schließlich wird im IRS durch die gezielte Vergabe von Doktor- oder Masterarbeiten mit Erschließungsbestandteilen im Rahmen der Lehre durch die angestellten Forscher oder die gezielte Beschäftigung von Praktikanten der Fachhochschule Potsdam als angehende Archivare, die im Rahmen ihres Praktikums häufig kleinere Erschließungsaufgaben bewältigen, der integrative Konnex von Forschung und Erschließung zusätzlich befördert.[34]

 

Das Beispiel des Digitalisierungsprojekts „DigiPortA“

Ein gutes Beispiel, wie ein sinnvoll zwischen Forschung und Archivbereich abgestimmtes Erschließungsprojekt operationalisiert werden kann und welche Vorteile beide Seiten von einer integrierten Vorgehensweise ziehen können, bildet das jüngste Digitalisierungsprojekt[35] „DigiPortA“ der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS, das hier mit Blick auf die Erschließungsthematik kurz umrissen wird. Es handelt sich bei diesem Vorgang um ein Großprojekt zur Erschließung von Porträtbeständen in Archiven, das als gemeinsames Vorhaben des Arbeitskreises „Archive der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ 2012 ins Leben gerufen wurde.[36] Unter der organisatorischen Federführung des Archivs des Deutschen Museums, München, werden insgesamt 33.000 Porträts aufgenommen und in einem innovativen Ansatz der Forschung und Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Ziel des Gesamtprojektes ist es, die diversen Porträtbestände so verschiedener Archive wie dem des Deutschen Museums in München, des Deutschen Bergbaumuseums in Bochum, des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven oder eben der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS in Erkner in einer gemeinsamen Datenbank zusammenzufassen. Mit einer Konzentration auf Personenporträts aus Kunst, Wissenschaft und Technik des 19. und 20. Jahrhunderts wird das Angebot zur elektronischen Biografik deutlich erweitert. Damit soll zum einen auf die Bestände, aus denen die Porträts in den Archiven stammen, aufmerksam gemacht werden. Zudem sollen die mit den Porträts erarbeiteten Rahmeninformationen zu den dargestellten Personen in größere biographische Portale eingespeißt werden und damit ein Beitrag zur biographischen Forschung geliefert werden. Schließlich soll die neu entstehende und ab Frühjahr 2015 online geschaltete Datenbank eine Forschungsressource für die biographische und Netzwerkforschung darstellen.[37]

Die Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS speisen aus ihren Beständen vor allem die Porträtfotos aus dem Bestand der Aufnahmeanträge in den Bund der Architekten (BdA)[38] der DDR in das Erschließungsprojekt ein. Der BdA bildete die zentrale Standesorganisation quasi aller Architekten und Planer, die jemals in der DDR wirkten, sodass mit diesem nur in den Wissenschaftlichen Sammlungen vorhandenen Bestand eine Datenbank entstehen wird, die einen einmaligen Überblick zu allen etwa 7.600 Architekten in der DDR bieten wird. Neben den Porträts der Architekten, denen damit als vor und nach der Wende marginalisierter Berufsgruppe gleichzeitig wieder im wörtlichen Sinn ein „Bild“ gegeben wird, erhält der Nutzer mit der neu entstehenden Datenbank dank der etwa 50 Erfassungsparameter (Name, Studium, wichtige Werke, Arbeitgeber/institutionelle Einbettung, persönliche Netzwerke usw.) umfangreiche Informationen zu den Biographien dieser wichtigen Berufsgruppe[39], die nirgendwo sonst in dieser Dichte und Fülle zu finden sind.[40]

Der Nutzen der neuen Datenbank und des Projekts insgesamt für das Archiv und die Forschung liegen auf der Hand. Neben der Schonung der teilweise fragilen Originaldokumente der Antragsformulare entsteht für die Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS, seine Archivare und Mitarbeiter sowie die Nutzer dieser Spezialsammlung ein exzellentes Rechercheinstrument, das mit der Datenbank völlig neue Möglichkeiten des Ausbaus der Infotiefe zur Biographie einzelner Planer und Architekten liefert. Mit der gleichzeitig vorgenommenen Verknüpfung der biographischen Einträge mit anderen bereits digitalisierten Beständen des Archivs (Abbildungen, großformatige Pläne und Karten aus dem Vorgänger-Digitalisierungsprojekt DigiPEER usw.) und deren spätere Einspeisung in das gegenwärtig neu konzipierte Portal der Wissenschaftlichen Sammlungen werden der Forschung völlig neue Möglichkeiten der Wissensakkumulation angeboten, die nicht nur für den akademischen Bereich, sondern gerade auch für weitere Kreise der Bevölkerung oder Schüler interessant werden. Für die Forscher im Institut sowie die Nutzer des Archivs entsteht mit der DigiPortA-Datenbank eine grandiose Forschungsinfrastruktur für biographische und Netzwerkforschung zu Architekten der DDR, mit der völlig neue strategische Analysemöglichkeiten auf diesem Feld eröffnet werden. Die Entstehung des Projekts und die Ausgestaltung der Datenbank erfolgte im IRS integrativ als strategischer Eruierungsprozess mit der Suche nach dem größtmöglichen Nutzen für beide Teilbereiche von Forschung und Archiv und soll in dieser Form für die Erschließungsstrategie im Archiv in den nächsten Jahren durchaus richtungsweisend werden.

Optimierte Kommunikationsprozesse

Wie werden in der Historischen Forschungsstelle des IRS von Archivaren und Forschern Projekte dieser Art gesteuert, und auf welche Weise vollzieht sich der für den Erfolg entscheidende integrative Prozess der Kommunikation? Das wichtigste Forum für die Aushandlung und Operationalisierung gemeinsamer und aufeinander bezogener Projekte bilden die regelmäßigen gemeinsamen Abteilungssitzungen von Historischer Forschungsstelle und Archiv, in denen gegenseitige Informationen ausgetauscht und Wünsche thematisiert werden. Dabei geht es zum einen darum, dass die Wissenschaftler Forschungsthemen aufrufen, die für sie selbst oder auch von außen auf der kurz- oder mittelfristigen Agenda stehen und für die sie sich Hinweise auf Bestände im Archiv erhoffen, die dann durch die Archivare (intensiver) erschlossen werden. Auf der anderen Seite werden wichtige Neuakquisitionen von Materialien oder bestehende hinsichtlich ihrer Potenziale für die Forschung aufgerufen und miteinander diskutiert. Aber auch andere Formen der Kommunikation zwischen Wissenschaftlern und Archivaren vollziehen sich im Arbeitsalltag von Archiv und Forschungsstelle. Dazu gehört in erster Linie die intensive Beratung externer Wissenschaftler bei ihren Besuchen in den Wissenschaftlichen Sammlungen[41], die zum einen durch die Archivare mit Hinweis auf vorhandene gedruckte oder elektronische Findhilfsmittel, zum anderen aber auch durch punktuell hinzugezogene Wissenschaftler geleistet wird, die mit den Archivbesuchern kommunizieren. Dabei wird beraten, welche Bestände für die wissenschaftlichen Vorhaben der Nutzer von Interesse sein könnten, wobei die Forscher gleichzeitig wichtige Auskünfte über den Forschungsstand in ihren Spezialgebieten akzentuieren können, um dabei häufig selbst von den Informationen der externen Forscher zu profitieren und Netzwerkpflege zu betreiben.

Ein zweiter wichtiger Bereich der intensiven Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Archivaren und den Forschern bildet die systematische und gemeinsame Durchführung großer integrativer Gesamtprojekte. Als Beispiel sei die Ausstellung und Buchveröffentlichung zu Leben und Werk des für die DDR wichtigen Architekten Wilfried Stallknecht vorgestellt. Über den Architekten, der unter anderem wesentlich bei der Grundlagenentwicklung der beiden Plattenbauserien P2 und WBS 70 verantwortlich zeichnete, wurde zunächst in Kooperation mit der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus eine Ausstellung zu Leben und Werk erarbeitet, die wesentlich von Studenten und unter Anleitung eines Wissenschaftlers der Historischen Forschungsstelle und der BTU Cottbus konzipiert und gestaltet wurde. Die Ausstellung, die an verschiedenen Orten in Brandenburg und Berlin gezeigt wurde, erreichte eine große öffentliche Resonanz und war der Anlass, dass das Vorlassmaterial des im Alter von 87 Jahren in Berlin lebenden Architekten in die Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS gelangte.[42] Die persönlichen Dokumente des Architekten wurden in enger Kooperation von Archivaren und Wissenschaftlern erschlossen und verzeichnet und bildeten die unabdingbare Grundlage für die erfolgreiche Ausstellung und den Grundstock für eine Publikation, die als Abschluss des Gesamtprojekts erschien.[43] Dieses Beispiel für die funktionierende enge Kooperation und Kommunikation zwischen Archiv und Forschung an diesem für beide Seiten förderlichen Projekt soll im kommenden Jahr für ein weiteres Vorhaben zu Leben und Werk des bedeutenden deutsch-deutschen Architekten Egon Hartmann (1919-2009) erarbeitet werden, der, nachdem er den Wettbewerb um die Ost-Berliner Stalinallee gewonnen hatte, nach seiner Übersiedlung nach West-Deutschland wesentlich am Wiederaufbau von Mainz und am Ausbau von München beteiligt war.[44]

Auch wenn dank der günstigen institutionellen Rahmenbedingungen unter einem gemeinsamen Dach die Kommunikation und Kooperation zwischen den Bereichen Archiv und Forschung im IRS offensichtlich funktioniert, gibt es selbstverständlich auch hier noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten. Die Kommunikation zwischen Archivaren und Historikern soll weiter fokussiert und gezielt intensiviert werden und künftig möglichst auf die Forscher- und Archiv-Community auf dem Feld der Bau- und Planungsgeschichte ausgeweitet werden, denn eine noch weiter systematisch entwickelte und innovative Strategie einer engeren Verknüpfung von geschichtswissenschaftlicher Forschung und Archiverschließung stellt weiter ein dringendes Desiderat dar. Schritte in diese Richtung könnten durch umfassendere Portallösungen, durch dauerhaftere Vernetzungen beider Bereiche auf Webseiten sowie eine generell stärkere Interaktion zwischen den Nutzern und den Archiven durch Wiki- und Blog-Funktionen auf den Webseiten der Archive mit Hilfe von Web 2.0-Konstruktionen oder auch durch innovative Newsletter erreicht werden.[45] Selbstverständlich helfen Tagungen wie diejenige in Weimar, die sich dem Thema widmen und die hier in diesem Band dokumentiert ist, die Verknüpfung von archivischer Erschließung und geschichtswissenschaftlichen Forschungsinteressen weiter zu intensivieren.

Perspektive Forschungsarchiv

Archive und Wissenschaftliche Sammlungen sollten sich der steigenden strategischen Bedeutung ihrer Institutionen als identitätsstiftende Wissensspeicher der Vergangenheit und Forschungsinfrastrukturen stärker bewusst sein und die Konsequenzen daraus ziehen und zu einer Neudefinition der Qualitätskriterien für ein modernes Archiv gelangen.[46] Die Potenziale sind in diesem Feld für Archive noch lange nicht ausgeschöpft, darauf hat der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen 2011 noch einmal deutlich hingewiesen.[47] Bis heute sind Forschung und Archiverschließung insgesamt noch immer zu stark durch divergierende Eigenlogiken, Methoden und Ziele getrennt. Insbesondere die Debatte über das Verhältnis von historischer Forschung und Überlieferungsbildung wird tendenziell immer noch zu sehr von Vertretern der großen Archive dominiert, sodass diese Debatte stärker durch eine systematische Einbeziehung von Fachwissenschaftlern und insbesondere Historikern zu einem stärker integrierten und reflexiven forschungs- und archivstrategischen Dialog erweitert werden sollte. Der Ausbau von Archiven zu Forschungsarchiven analog zum bereits weiter entwickelten Vorbild der Forschungsmuseen[48] mit angestellten Historikern oder Archivaren, die ein Mandat und die ressourcenmäßige Ausstattung erhalten, selbst zu forschen, könnte für bestimmte Bereiche ein Königsweg sein, die noch nicht ausgeschöpften Potenziale in diesem wichtigen Zukunftsbereich unserer Informationsgesellschaft zu aktivieren.

[1] Mikuláš Čtvrtnik, Geistesgeschichte und neue archivische Bewertungstheorien. Beispiel eines möglichen Dialogs der Geschichtswissenschaft und des Archivvwesens, in: Archiv für Kulturgeschichte 95 (2013) 1, S. 1-18; Robert Kretzschmar (Red.), Archive und Forschung. Referate des 73. Deutschen Archivtags 2002 in Trier (Der Archivar, Beibd. 8), Siegburg 2003.

[2] Robert Kretzschmar, Archive als Dienstleister, Partner und Teil der Wissenschaft, in: Historisch-Politische Mitteilungen 16 (2009), S. 233-246, hier S. 237.

[3] Zum ISA und der Genese des IRS s. Christoph Bernhardt (Hg.), Die Wissenschaftlichen Sammlungen des Leibniz-Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR

(Reihe: Quellen, Findbücher und Inventare des Brandenburgischen Landeshauptarchivs 25), Frankfurt am Main u.a. 2012, v.a. S. 13-19 sowie auf der Website der Wissenschaftlichen Sammlungen unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/ [Stand: 15.08.2014, gilt ebenfalls für alle nachfolgenden Hinweise auf Internetseiten].

[4] Vgl. dazu nähere Erläuterungen auf der Homepage des IRS www.irs-net.de/profil/index.php sowie http://www.irs-net.de/download/profil/IRS-Flyer-2014_web.pdf.

[5] Zur Leibniz-Gemeinschaft s. die Website der Forschungsgemeinschaft www.leibniz-gemeinschaft.de.

[6] Das Forschungsprogramm auf der Website des Instituts www.irs-net.de/download/forschung/IRSFP1214.pdf; das nächste Forschungsprogramm wird wegen der bevorstehenden Evaluierung des Instituts, die alle sieben Jahre durchgeführt wird, ausnahmsweise für vier Jahre (2015-2018) festgelegt.

[7] So bewegt sich das Archiv ständig im Rahmen der Anforderungen einer Forschungsabteilung, die ihr Profil in erster Linie entlang von Forschungslogiken und Publikationsergebnissen messen muss, während die geschichtswissenschaftlich orientierte Forschungsabteilung sich innerhalb eines raumwissenschaftlich forschenden Instituts befindet, das eher soziologisch und politikwissenschaftlich orientiert ist. Allerdings profitieren beide Gruppen auch jeweils von den interdisziplinären Befruchtungen der Kollegen aus den Nachbardisziplinen.

[8] Zu den wichtigsten gehören Gerhard Mahnken (Red.), “Reise nach Moskau”. Quellenedition zur neueren Planungsgeschichte. Dokumente zur Erklärung von Motiven, Entscheidungsstrukturen und Umsetzungskonflikten für den ersten städtebaulichen Paradigmenwechsel in der DDR und zum Umfeld des “Aufbaugesetzes” von 1950, hg. v. Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (Regio doc: Dokumentenreihe des IRS 1), Berlin 1995 sowie Holger Barth/Thomas Topfstedt (Hg.), Vom Baukünstler zum Komplexprojektanten. Architekten in der DDR. Dokumentation eines IRS-Sammlungsbestandes biographischer Daten (Regio doc: Dokumentenreihe des IRS 3), Erkner 2000.

[9] Von dieser Tagungsreihe wurden inzwischen 13 Gespräche durchgeführt, die sich durch das besondere Format auszeichnen, dass hier nicht nur etablierte und junge Forscher zum Thema „Planungsgeschichte der DDR“ referieren, sondern auch die Planer und Architekten aus der DDR als Zeitzeugen und Mitdiskutanten dabei sind. Dies sorgt für eine rege Diskussionskultur und bietet Forschern (Interviews) und Archivaren (Vorlässe) exzellente Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Vernetzung. Die Werkstattgespräche wurden zumeist veröffentlicht, zuletzt Harald Engler/Ute Hasenöhrl/Andreas Butter (Hg.), Themenschwerpunkt Bau- und Planungsgeschichte, in: Deutschland-Archiv 4 (2012), S. 635-726. Eine Übersicht über die Veranstaltungsbereiche bietet die Website www.irs-net.de/aktuelles/veranstaltungen/index.php?datum=alt&typ=Werkstattgespr%C3%A4che.

[10] Mehr Informationen dazu unter www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/index.php.

[11] Der entsprechende Abschnitt zur Historischen Forschungsstelle und den Wissenschaftlichen Sammlungen im Forschungsprogramm 2012-2014 unter www.irs-net.de/download/forschung/IRSFP1214.pdf, S. 77-90.

[12] Das Leitprojekt „Freiraumgestaltung als Urbanisierungsstrategie zwischen Herrschaft und Öffentlichkeit im deutsch-deutschen Vergleich“ wird näher vorgestellt auf der Website www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/leitprojekt.php.

[13] Näheres zu diesem Projekt auf der Webseite http://www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/DDR-Bezirke/index.php.

[14] Zu den biographischen Forschungen vgl. v.a. die Websites www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/projekte.php sowie www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/biografische-ausstellungen.php.

[15] Dieser Schwerpunkt ist dokumentiert auf www.irs-net.de/download/aktuelles/RG29_Engler.pdf sowie Harald Engler, Women Architects between Emancipation and Professional Obstinacy, in: Michela Rosso (Ed.),

Invastigating and Writing Architectural History. Subjects, Methodologies and Frontiers. Papers from the Third EAHN International Meeting, EHN Torino 2014, S. 835-845 auf der Website www.eahn2014.polito.it/EAHN2014proceedings.pdf.

[16] Weitere Informationen zu den früheren Digitalisierungsprojekten der Wissenschaftlichen Sammlungen finden sich auf der Website www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/DigiPEER/index.php.

[17] Insgesamt zu den Wissenschaftlichen Sammlungen s. Harald Engler, Wissenschaftliche Sammlungen des IRS zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR, in: Heinz Peter Brogiato/Klaus-Peter Kiedel (Hg.), Forschen – Reisen – Entdecken. Lebenswelten in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft, Halle (Saale) 2011, S. 165; Alexander Obeth, Die Wissenschaftlichen Sammlungen des Leibniz-Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) – Bau- und Planungsgeschichte in den neuen Bundesländern, in: Michael Farrenkopf (Bearb.), Vom Entwurf zum Depositum. Über den wissenschaftlichen Umgang mit dem zeichnerischen Nachlass der Industrie, Bochum 2007, S. 26-42.

[18] Siehe dazu den Bestand A12 „Dokumentation zu städtebaulichen Wettbewerben“ in der Online-Beständeübersicht unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm.

[19] Siehe dazu den Bestand A5 „Abteilung Wohngebiete und Neubaugebiete/Begutachtung von Bebauungskonzeptionen“ in der Online-Beständeübersicht unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm.

[20] Siehe dazu den Bestand A4 „Abteilung Generalbebauungsplanung“ in der Online-Beständeübersicht unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm.

[21] Der Bestand des ISA in der Bestandsgruppe A „Institut für Städtebau und Architektur (ISA)“ in der Online-Beständeübersicht www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm sowie in der gedruckten Fassung bei Bernhardt, Die Wissenschaftlichen Sammlungen, wie Anm. 3, S. 19-33.

[22] Zu den illustren Vor- und Nachlässen der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS gehören Bestände von so wichtigen Planern und Architekten wie Bruno Flierl, Egon Hartmann, Max Berg, Wolfgang Urbanski u.a. Siehe dazu die Bestandsgruppe C „Nachlässe und Persönliche Bestände“ unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm.

[23] Bestand B „Bund der Architekten (BdA) der DDR“ unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm. Zum DigiPortA-Projekt s. Anm. 36 u. 37.

[24] Das Bildarchiv als Gruppe D unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm.

[25] Das Projekt DigiPEER auf den Webseiten des IRS www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/DigiPEER/index.php sowie zum Gesamtprojekt www.digipeer.de. Vgl. auch den Beitrag des Projektbearbeiters Andreas Butter, Potentiale der planungsgeschichtlichen Quellenbestände im IRS Erkner für die raumbezogene Forschung, in: www.digipeer.de/index.php?static=34.

[26] Die Bestände D_2 und C_12 in der Beständeübersicht www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Bestand/index.htm. Dazu auch Harald Engler, Die “Landschaftsdiagnose”. Politikum der frühen DDR, in: Brogiato/Kiedel, Forschen, wie Anm. 17, S. 114 f.

[27] Zur Bibliothek des IRS s. die Website www.irs-net.de/profil/bibliothek/index.php.

[28] Gerhard Fouquet, Was erwartet die Stadtgeschichtsforschung von den Archiven?, in: Kretzschmar, Archive und Forschung, wie Anm. 1, S. 327-345.

[29] Stephanie Oertel, Tagungsbericht „Digitalisierung im Archiv – Neue Wege der Bereitstellung des Archivguts“. 18. Archivwissenschaftliches Kolloquium, 26.11.2013-27.11.2013, Marburg, in: H-Soz-u-Kult, 13.02.2014, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5228.

[30] Vielleicht könnten auch Wiki-Funktionen oder ähnliche Infosysteme auf Archiv-Websites mit der Weiterleitung von potenziellem Erschließungsmaterial in Archiven an die Forscher hilfreich sein und als Kommunikationsinstrument ausgebaut werden; s. Gert Kollmer-von Oheimb-Loup, Archivare und Wissenschaft. Zum Wirken von Archivaren in Wissenschaft und Lehre, in: Robert Kretzschmar (Hg.), Staatliche Archive als landeskundliche Kompetenzzentren in Geschichte und Gegenwart. Zum 65. Geburtstag von Volker Rödel, Stuttgart 2010, S. 199-216.

[31] Kretzschmar, Dienstleister, wie Anm. 2, S. 233-237; Ulrich Hussong, Historische Forschung als Aufgabe von Kommunalarchiven, in: Kretzschmar, Archive und Forschung, wie Anm. 1, S. 143-149; Wolfgang Ribbe, Der Archivar als Historiker, in: Klaus Dettmer (Hg.), “Es wächst zusammen, was zusammengehört”. Beiträge zum wissenschaftlichen Kolloquium zu Ehren von Jürgen Wetzel am 25. November 2003 im Landesarchiv Berlin, Berlin 2004, S. 155-164.

[32] Vgl. die Dokumentation der Werkstattgespräche auf der Seite www.irs-net.de/aktuelles/veranstaltungen/index.php?datum=alt&typ=Werkstattgespr%C3%A4che.

[33] Vgl. Anm. 25.

[34] Zahlreiche Forscher der Historischen Forschungsstelle engagieren sich aktiv in der Lehre an der Technischen Universität Berlin, der Universität Potsdam sowie der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus.

[35] Zum Wert von digitalen Informationssystemen für Archive s. Volker Schockenhoff, Useless Information? Archivwissenschaft und ihre Perspektiven in der Informationsgesellschaft, in: Kretzschmar, Archive und Forschung, wie Anm. 1, S. 105-114; Ulrich Nieß, Findmittel multimedial. Eine Antwort der Archive auf die Internetgeneration?, in: ebd., S. 247-257; Manfred Thaller, “Wie ist es eigentlich gewesen, wenn das Gedächtnis virtuell wird?” Die historischen Fächer und die digitalen Informationssysteme, in: Rainer Hering (Hg.), Forschung in der digitalen Welt. Sicherung, Erschließung und Aufbereitung von Wissensbeständen. Tagung des Staatsarchivs Hamburg und des Zentrums “Geisteswissenschaften in der digitalen Welt” an der Universität Hamburg am 10. und 11. April 2006 (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg 20), Hamburg 2006, S. 13-28.

[36] Zum Arbeitskreis der Archive der Leibniz-Gemeinschaft s. www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/organisation/arbeitskreise/arbeitskreis-archive/; die Mitgliedsarchive sind aufgelistet unter www.leibniz-gemeinschaft.de/infrastrukturen/archive/; ausführliche Informationen zu den einzelnen Archiven bietet die Broschüre Michael Farrenkopf (Red.), Arbeitskreis Archive der Leibniz-Gemeinschaft. Mitglieder, Bestände, Aufgaben, Berlin 2009, die auch im Netz verfügbar ist www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_upload/downloads/Infrastruktur/Broschuere_WGL_AK_Archive_09-01-10.pdf.

[37] Zur Zielstellung und Gesamtstruktur des Projekts s. die Website beim Deutschen Museum in München www.deutsches-museum.de/archiv/projekte/digiporta/; Fabienne Huguenin, Projekt: Digitalisierung und Erschließung von Porträtbeständen in Archiven der Leibniz-Gemeinschaft (“DigiPortA”), in: H-Soz-u-Kult, 21.03.2013, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/projekte/id=445.

[38] Zum BdA s. Harald Engler, Das institutionelle System des DDR-Bauwesens und die Reformdebatte um den Städtebau in den 1980er-Jahren. Ein Problemaufriss, in: Christoph Bernhardt/Thomas Flierl/Max Welch Guerra (Hg.), Städtebau-Debatten in der DDR. Verborgene Reformdiskurse, Berlin 2012, S. 71-104, hier v.a. S. 81.

[39] Vgl. zu diesem Thema insgesamt sowie zur Wiederentdeckung eines Architekten Harald Engler, Wilfried Stallknecht und das industrielle Bauen. Ein Architektenleben in der DDR, Berlin 2014, v.a. S. 11-13 u. S. 89.

[40] Zum Projekt DigiPortA der Wissenschaftlichen Sammlungen s. die Website www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-5/digiporta/index.php.

[41] Inge Wolf, Bauhistorische Sammlungen und ihre Nutzer. Möglichkeiten und Grenzen der inhaltlichen Erschließung. Erfahrungsbericht aus dem Archiv des Deutschen Architekturmuseums, in: Jan Richarz (Hg.), Architektur im Archiv. Der archivische Umgang mit Überlieferungen aus den Bereichen Architektur, Stadtplanung und Ingenieurwesen. Tagung am 11. und 12. September 2007 in der Abtei Brauweiler, Köln 2010. S. 45-54.

[42] Vgl. dazu das Findbuch zum Bestand C_22 Vorlass Wilfried Stallknecht auf der Website www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Stallknecht/index.htm.

[43] Engler, Stallknecht, wie Anm. 39 sowie auf der Website des Verlags www.lukasverlag.com/in-vorbereitung/titel/367-wilfried-stallknecht-und-das-industrielle-bauen.html.

[44] Der Nachlass von Egon Hartmann konnte 2010 nach Erkner gebracht werden; s. dazu das online gestellte Findbuch von Anja Pienkny mit weiteren Hinweisen und Informationen über den Bestand unter www.irs-net.de/profil/wissenschaftliche-sammlungen/Onlinefindbuecher/Hartmann/index.htm.

[45] Mario Glauert, Archiv 2.0. Vom Aufbruch der Archive zu ihren Nutzern, in: Heiner Schmitt (Hg.), Archive im digitalen Zeitalter. Überlieferung, Erschließung, Präsentation (Tagungsdokumentation zum Deutschen Archivtag 14), Neustadt a. d. Aisch 2010, S. 43-54; Joachim Kemper u.a., Archivische Spätzünder? Sechs Web 2.0-Praxisberichte, in: Archivar. Zeitschrift für Archivwesen 65 (2012) 2, S. 136-143.

[46] Angelika Menne-Haritz, Archive und Archivwissenschaft in Deutschland an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, in: Comma (2004) 3/4, S. 161-170; Dietmar Schenk, “Aufheben, was nicht vergessen werden darf”. Archive vom alten Europa bis zur digitalen Welt, Stuttgart 2013, v.a. S. 193-208.

[47] Wissenschaftsrat, Empfehlungen zu wissenschaftlichen Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen, Berlin 2011.

[48] Vgl. hierzu die Website der Leibniz-Gemeinschaft mit ihren Forschungsmuseen www.leibniz-gemeinschaft.de/institute-museen/forschungsmuseen/ sowie Claudia Hauser/Martina Loch (Red.), Museen. Forschung, die sich sehen lässt,. hg. v. Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn 2012; Reinhold Leinfelder, Wie kann Wissenschaft für die Öffentlichkeit attraktiv gestaltet werden? Ein Vorgehen mit allen Sinnen am Beispiel des Museums für Naturkunde Berlin, in: Michaela Knust/Anke Hanft (Hg.), Weiterbildung im Elfenbeinturm!?, Münster 2009, S. 115-121.

Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/1194

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Umfrage zum Gebrauch digitaler Werkzeuge und Dienste im geisteswissenschaftlichen Forschungsprozess

DARIAH-DE Logo mit deutscher Unterschrift CMYK 1.1

Wir laden herzlich zur Teilnahme an unserer Umfrage über den Gebrauch von digitalen Werkzeugen und Diensten während des geisteswissenschaftlichen Forschungsprozesses ein.
Mit dieser Umfrage wollen wir Nutzererwartungen und Nutzergewohnheiten beim forschungsbezogenen Einsatz von Software untersuchen und würden uns freuen, wenn Sie sich 15-20 min. Zeit nehmen, um den Fragebogen unter diesem Link zu beantworten.

Die Auswertung der Umfrage erfolgt anonymisiert. Durch die Umfrageergebnisse hoffen wir belastbare Aussagen treffen zu können im Hinblick auf:

•    den Einsatz von Software in den verschiedenen Phasen des Forschungsprozesses
•    zu schließende Lücken in digitalen Arbeitsabläufen
•    die Stärken und Schwächen der eingesetzten Software

Für Rückfragen, Anregungen und Diskussionen stehen wir gerne für Sie bereit. Nutzen Sie dazu einfach die Kommentarfunktion hier oder die in der Umfrage angegebenen Kontakadressen.

Die Auswertung Ihrer Antworten werden wir selbstverständlich hier auf diesem Blog publizieren.

Diese Umfrage wurde innerhalb des Projektes DARIAH-DE erstellt. Weitere beteiligte Institutionen sind:
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
Universität Hamburg
Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Deutsches Archäologisches Institut
DHd – Digital Humanities im deutschsprachigen Raum

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4106

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Between Memory Recall and Historical Consciousness: Implications for Education

 

“Honestly, I don’t recall anything. But I think there were lots of troubles between French and English Canadians… ” says one 17 year old student when asked to recount the history of Canada.

English

 

“Honestly, I don’t recall anything. But I think there were lots of troubles between French and English Canadians… ” says one 17 year old student when asked to recount the history of Canada. Like many of her counterparts, Annie was initially baffled by the task of writing a historical narrative of Canada because, as she put it, “I don’t recall anything”. Public surveys periodically remind Canadians of the catastrophic state of historical knowledge among youth. “Canada is failing history,” as one newspaper even put it.[1]

 

Historical consciousness without knowledge?

Yet, Annie knew significantly more than initially thought. Not only was she able to write a simplified narrative of Canadian history, but the orientation of her story reveals important aspects of her historical consciousness. Both memory and historical consciousness have to do with the past. But there are subtle differences between the two. Memory is the residue of life, says Nora, because it is subject to the mental dialectic of “remembering and forgetting, unconscious of its successive deformations”.[2] Historical consciousness, on the other hand, is the mental reconstruction and appropriation of historical information and experiences that are brought into the mental household of an individual. While memory nourishes the recollection of past experiences, historical consciousness involves a complex process of combining the past, the present, and the envisioned future into meaningful and sense-bearing time.[3] It serves the reflexive and practical function of orienting life in time, thus guiding our contemporary actions and moral behaviours in reference to past actualities. It is with the help of historical consciousness that Annie was able to confess her poor memory but soon after recount the history of Canada as “lots of troubles between French and English Canadians”. In this short sentence Annie offers a synthesized vision of Canadian history as defined by the historic tensions between the two founding European nations: the French and the British.

Grand narratives and historical consciousness

In the logic of her story, the development of Canada has not followed distinctive progress toward nation-building as promoted by the Canadian grand narrative. On the contrary, Annie’s vision is less confident and characterized by the duality of the country. Interestingly, recent studies with Canadians reveal a similar pattern.[4] Even if people lament their poor knowledge of history, they can, nonetheless, offer relatively coherent historical narratives which, in the case of French Canadians, frequently highlight their struggles for survival. Such findings expose another crucial aspect of historical consciousness: an awareness of the temporal dimension of the self (personal identity). By means of historical consciousness an individual can expend and complexify his or her personal experience and belong to a larger temporal framework. Telling a story of a national community is not just a mere act of recounting past events, but one that is informed by a certain kind of “cultural knowledge” bearing information significant to both the community and the self. In the case of Annie’s simplified narrative, the reference to “lots of troubles between French and English Canadians” are not banal. It makes it possible to inscribe her narrative vision of Canada into a wider socio-temporal dimension – one shared by many generations of French Canadians.

Skills of historical learning

But what has all this to do with education? At least two central elements of historical consciousness should interest educators: narrative vision and historical thinking.[5] First, the study of historical consciousness makes it possible to understand how people use the past. For Rüsen, the ability to create a narrative vision is not optional to human life. The mental operations by which individuals make sense of the world lie in narration. This is to say that all learners possess some more-or-less coherent historical narratives of their community. These “broad pictures” of the past serve to orient their life so any attempt to educate learners should take into account the prior knowledge that they bring to school. In brief, Annie’s narrative vision of Canadian history informs her views of the world and operates as the backdrop against which all new knowledge will be acquired. This forces us, as educators, to consider some key questions: what stories of the past do students bring to school? What cultural tools to they use to shape their visions of history? In what ways to these tools affect their conceptions of the past, the present, and the future?

Ability to deconstruct and think historically

Second, the development of historical consciousness is not an “all-or-nothing” process. In our studies, we found that learners do not necessarily draw on or create critical historical narratives, even at the university level, but often approach the past opportunistically with pre-existing narrative ideas and misconceptions.[6] I believe that the work of educators is to expend their broad pictures of the past through historical thinking. This disciplinary process of thinking critically about the past offers a scholastic toolkit for making sense of what historical narrative are and how they are constructed and used. For decades, scholars have been conceptualizing ways of thinking historically through meta-historical concepts and heuristics.[7] They have proclaimed that beyond factual knowledge and grand narratives, learners also need a “disciplinary form of knowledge” to evaluate historical claims through such questions as: What group(s) am I part of? Why is this story important to me? Should I believe it? On what ground? What evidence do we have? Perhaps in the past it was sufficient for learners to recall memory information of the community. But in today’s complex, rapidly-changing world, this approach to history is no longer sufficient. We need an educated citizenry capable of orienting themselves in time with critical, usable narrative visions of their world.

 

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Literature

  • Carr, D. (1986). Time, Narrative, and History. Bloomington, IN: Indiana University Press.
  • Rüsen, Jörn. (2005). History: Narration, Interpretation, Orientation. New York, NY: Berghahn Books.
  • Wertsch, J. (2002). Voices of Collective Remembering. New York, NY: Cambridge University Press.

External links

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[1] M. Chalifoux and J.D.M. Stewart, “Canada is failing history.” The Globe and Mail. (June 16, 2009). Available: http://www.theglobeandmail.com/globe-debate/canada-is-failing-history/article4276621/ (last accessed 22.9.2014).
[2] P. Nora, “Between Memory and History: Les lieux de mémoire,” Représentations, 26 (Spring 1989): 8-9.
[3] J. Rüsen, History: Narration, Interpretation, Orientation. New York, NY: Berghahn Books (2005).
[4] See S. Lévesque, J.P. Croteau, and R. Gani, “La conscience historique de jeunes Franco-Ontariens d’Ottawa: histoire et sentiment d’appartenance,” Historical Studies in Education (forthcoming), 24 p.; J. Létourneau, Si je me souviens? Le passé du Québec dans la conscience de sa jeunesse. Anjou, QC: Fides (2014); S. Lévesque, J. Létourneau, and R. Gani. “A Giant with Clay Feet: Québec Students and Their Historical Consciousness of the Nation.” International Journal of Historical Learning, Teaching and Research 11, 2 (2013): R. Gani, “L’histoire nationale dans ses grandes lignes: enquête internationale sur la conscience historique,” Canadian Issues, (Spring 2012): 156‐72; M. Robichaud, “L’histoire de l’Acadie telle que racontée par les jeunes francophones du Nouveau-Brunswick : construction et déconstruction d’un récit historique,” Acadiensis 40, 2 (2011): 33-69 ; and J. Létourneau and S. Moisan, “Mémoire et récit de l’aventure historique du Québec chez les jeunes Québécois d’héritage canadien-français: coup de sonde, amorce d’analyse des résultats, questionnement,” Canadian Historical Review 84, 2 (2004): 325-357.
[5] For an extensive discussion on related challenges for history education, see P. Lee, “‘Walking backwards into tomorrow’: Historical consciousness and understanding history, International Journal of Historical Learning, Teaching and Research 7 (2002): 1-46; and N. Tutiaux-Guillon, “L’histoire enseignée entre coutume disciplinaire et formation de la conscience historique: l’exemple français,” In N. Tutiaux-Guillon and D. Nourisson (Eds.), Identités, mémoires, conscience historique. St-Étienne, FR: Publications de l’Université St-Étienne (2003), 27-39.
[6] See, “‘Walking backwards into tomorrow,’ 18.
[7] See for instance, B. VanSledright, The challenge of rethinking history education: On practices, theories, and policy, New York, NY: Routledge (2011); S. Lévesque, Thinking historically: Educating students for the 21st century. Toronto, ON: University of Toronto Press (2008); P. Seixas (ed.), Theorizing historical consciousness. Toronto, ON: University of Toronto Press (2006); S. Donavan and J. Bransford (eds), How students learn: History in the classroom. Washington, DC: National Academics Press (2005); K. Barton and L. Levstik, Teaching history for the common good. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates; an S. Wineburg, Historical thinking and other unnatural acts. Philadelphia: Temple University Press (2001).

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Image Credits
© Wikimedia Commons (public Domain). Battle of the Plains of Abraham (13 September 1759) between English and French troops, during the Seven Years’ War (French and Indian War).
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2d/PlainsOfAbraham2007.jpg

Recommended Citation
Levesque, Stéphane: Between Memory Recall and Historical Consciousness: Implications for Education. In: Public History Weekly 2 (2014) 33, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2593.

Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

 

 

 

Deutsch

 

“Ehrlich gesagt erinnere ich mich an gar nichts. Ich glaube, da gab es eine Menge Schwierigkeiten zwischen den französischen und englischen Kanadiern …” antwortete eine 17-jährige Schülerin auf die Aufforderung, die Geschichte Kanadas zu erzählen. Wie viele ihrer Altersgenossen reagierte sie zunächst verwirrt auf die Aufgabe, eine Darstellung der Geschichte Kanadas zu verfassen. Denn, so äußerte sie sich, “ich erinnere mich an gar nichts”. Erhebungen in der Öffentlichkeit, die eine Unzahl von “entscheidenden” Daten abfragen, erinnern die Kanadier regelmäßig an den katastrophalen Zustand der historischen Kenntnisse bei Jugendlichen. “Kanada versagt in Geschichte”, brachte es eine Zeitung gar auf den Punkt.[1]

 

Geschichtsbewusstsein ohne historisches Wissen?

Und doch wusste Annie erheblich mehr über Geschichte, als sie ursprünglich dachte. Sie war nicht nur in der Lage, eine einfache Geschichte Kanadas schriftlich anzufertigen, die Orientierung ihrer Erzählung brachte auch wichtige Aspekte ihres Geschichtsbewusstseins zum Vorschein. Sowohl Erinnerung wie Geschichtsbewusstsein handeln von der Vergangenheit, aber dazwischen bestehen subtile Unterschiede. Erinnerung ist das Überbleibsel des Lebens, sagt der französische Historiker Pierre Nora. Sie ist Gegenstand einer mentalen Dialektik von “Erinnern und Vergessen, unbewusst ihrer sukzessiven Deformation”.[2] Geschichtsbewusstsein ist hingegen die mentale Rekonstruktion und Periodisierung von historischer Information und Erfahrung, die sich im mentalen Haushalt eines Individuums abspielt. Während das Gedächtnis die Erinnerung gelebter Erfahrungen nährt, umfasst Geschichtsbewusstsein den komplexen Prozess der Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und der vorgestellten Zukunft zu einem bedeutungsvollen und sinnhaften Zeitverständnis.[3] Des Weiteren dient solches Bewusstsein als reflexive und praktische Funktion der Orientierung in der Zeit, um unsere gegenwärtigen Handlungen und Moralvorstellungen mit den historischen Tatsachen in Einklang zu bringen. Mithilfe ihres Geschichtsbewusstseins war Annie dazu in der Lage, einerseits ihre fehlende Erinnerung an die Geschichte Kanadas einzugestehen und sie zugleich mit der Feststellung von “jeder Menge Schwierigkeiten zwischen französischen und englischen Kanadiern” zu umschreiben. Mit dieser kurzen Sentenz lässt Annie mehr als Erinnerungsfragmente erkennen. Sie bietet eine verkürzte Darstellung der kanadischen Geschichte an, die durch historische Spannungen zwischen den beiden europäischen Gründungsnationen bestimmt wird: den Franzosen und den Briten.

Meistererzählung und Geschichtsbewusstsein

In der Logik ihrer Erzählung folgte die Entwicklung Kanadas nicht zielgerichtet und unverwechselbar einem Prozess der Nationenbildung, wie sie als kanadische Meistererzählung öffentlich vertreten wird. Im Gegenteil ist Annies Version wenig selbstsicher und zeichnet sich aber durch eine starke Betonung der Gespaltenheit des Landes aus. Interessanterweise haben frühere Studien ähnliche Muster der kanadischen Geschichte aufgezeigt.[4] Auch wenn Kanadier immer wieder ihre spärlichen Kenntnisse der Nationalgeschichte betonen, können sie ungeachtet dessen eine relativ kohärente und wirkungsmächtige historische Narration entwickeln. Im Falle der französischen Kanadier wird dabei regelmäßig deren Kampf um kollektive Selbstbehauptung betont. Solche Ergebnisse decken weitere zentrale Aspekte des Geschichtsbewusstseins auf: ein Verstehen der zeitlichen Dimensionen persönlicher Identität und ein Bewusstsein dafür. Mittels des Geschichtsbewusstseins kann ein Individuum seine persönliche Erfahrung (und Identität) einsetzen. Eine Geschichte einer nationalen Gemeinschaft zu erzählen, ist nicht nur ein bloßer Akt der Aufzählung historischer Ereignisse, sondern auch zweifelsfrei eine Art des “kulturellen Wissens”, das wichtige Informationen über die Gemeinschaft und das Selbst in sich trägt. Im Falle von Annies simpler Narration ist der Bezug zu “Schwierigkeiten der französischen und englischen Kanadier” keinesfalls banal. Es wird ihr dadurch möglich, ihre narrative Version der Geschichte Kanadas in eine größere zeitliche und gesellschaftliche Dimension zu verorten – eine, die bereits durch zahlreiche Generationen von französischen Kanadiern geteilt wird.

Werkzeuge des geschichtsbezogenen Lernens

Aber was hat dies mit historischem Lernen zu tun? Mindestens zwei zentrale Elemente des Geschichtsbewusstseins sollten Lehrende interessieren – seien dies SchullehrerInnen oder UniversitätsprofessorInnen: narrative Vorstellung und historisches Denken.[5] Zunächst macht es die Erforschung des Geschichtsbewusstseins möglich zu verstehen, wie die Vergangenheit genutzt wird. Für Rüsen ist die Fähigkeit, eine Narration zu entwerfen, zwingend erforderlich für die menschliche Existenz. Das Selbstverständnis des Menschen und die Bedeutung, die er der Welt gibt, enthält immer historische Bezüge. Auch die Vorgehensweise, mit der Individuen aus ihnen Sinn herstellen, besteht aus Narration. Das bedeutet, dass alle Lernenden über mehr oder weniger kohärente Narrationen ihrer kulturellen Gemeinschaft verfügen. Diese “grobe Vorstellung” über die Vergangenheit hilft ihnen bei der Orientierung im Leben und bei ihren Handlungen; daher sollte jeder Versuch, die Jugendlichen zu unterrichten, ihr in die Schule mitgebrachtes historisches Wissen und ihre Vorstellungen von Vergangenheit beachten. Kurz gesagt prägt Annies Vorstellung der kanadischen Geschichte mit den “Schwierigkeiten zwischen englischen und französischen Kanadiern” ihre Weltsicht und stellt den Hintergrund dar, vor dem alles neu erworbene Wissen sich einfügen muss. Dies stellt uns als Lehrende vor einige Schlüsselfragen: Welche Geschichten der Vergangenheit bringen SchülerInnen mit in die Schule? Welche kulturellen Werkzeuge nutzen sie, um ihre Versionen der Vergangenheit zu gestalten? Auf welche Weise nutzen sie diese Werkzeuge, um ihre Konzepte der Vergangenheit in die Gegenwart und die Zukunft zu übertragen?

Fähigkeit zur Dekonstruktion

Zweitens ist die Entwicklung des Geschichtsbewusstseins kein “Alles-oder-Nichts”-Lernprozess. In verschiedenen Studien, einschließlich unseren eigenen, fanden wir heraus, dass Lernende –  selbst auf universitärem Lernniveau – nicht notwendigerweise kritische historische Narrative entwerfen, sondern sich der Vergangenheit oft opportunistisch mit existierenden Narrativen und (Fehl-)Konzepten annähern.[6] Ich glaube, es ist die Aufgabe der Lehrenden, die in diesem Sinne existierenden weiten Vorstellungen von der Vergangenheit aufzulösen und ein historisches Denken zu etablieren. Dieser disziplinäre Prozess des kritischen Denkens eröffnet ihnen eine akademische Herangehensweise, die Einsichten darin ermöglicht, was historische Narrative sind und auch wie diese konstruiert und benutzt werden. Für Jahrzehnte haben WissenschaftlerInnen in Europa und Nordamerika Konzepte entworfen, wie man durch meta-geschichtliche Konzepte und Heuristik historisch denkt.[7] Sie haben die These aufgestellt, dass die Lernenden jenseits von faktischem Wissen und Meistererzählungen auch eine “disziplinäre Form des Wissens” benötigen. Dies verhelfe ihnen dazu, historische Behauptungen durch Fragen zu überprüfen: Welche Identität habe ich? Welchen Gruppen bin ich zugehörig? Warum ist diese Geschichte für mich wichtig? Soll ich das glauben? Aus welchem Grund? Haben sich die Verhältnisse in Kanada (oder sonst wo) verbessert? Auf welche Weise? Welche Belege gibt es dafür?

Vielleicht reichte es in der Vergangenheit aus, wenn Lernende sich bei Bedarf ihre kulturell relevanten Gedächtnisinformationen zu vergegenwärtigen mochten. In der heutigen komplexen Gegenwart einer sich rapide verändernden Welt reicht dieser Zugang zu Geschichte nicht mehr länger aus. Wir benötigen eine historisch gebildete Bürgerschaft, die in der Lage ist, sich in der Zeit zu orientieren mit kritischen und brauchbaren historischen Narrativen über die Welt, in der sie leben.

 

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Literatur

  • Carr, David: Time, Narrative, and History. Bloomington 1986.
  • Rüsen, Jörn: History: Narration, Interpretation, Orientation. New York 2005.
  • Wertsch, James: Voices of Collective Remembering. New York 2002.

 

Externe Links

 

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[1] Chalifoux, Marc / Stewart, J.D.M.: “Canada is failing history.” In: The Globe and Mail. (Ausg. v. 16.6. 2009). http://www.theglobeandmail.com/globe-debate/canada-is-failing-history/article4276621/ (letzter Zugriff 22.9.2014).
[2] Nora, Pierre: Between Memory and History: Les lieux de mémoire. In: Représentations 26 (Spring 1989): S. 8-9.
[3] Rüsen, Jörn: History: Narration, Interpretation, Orientation. New York 2005.
[4] Vgl. Lévesque, Stéphane / Croteau, Jean Philipe / Gani, Raphaël: La conscience historique de jeunes Franco-Ontariens d’Ottawa: histoire et sentiment d’appartenance, Historical Studies in Education (forthcoming), 24 p.; Létourneau, Jocelyn: Si je me souviens? Le passé du Québec dans la conscience de sa jeunesse. Anjou, QC: Fides 2014; Lévesque, Stéphane / Létourneau, Jocelyn / Gani, Raphaël: A Giant with Clay Feet: Québec Students and Their Historical Consciousness of the Nation. In: International Journal of Historical Learning, Teaching and Research 11 (2013) 2; Gani, Raphaël: L’histoire nationale dans ses grandes lignes: enquête internationale sur la conscience historique. In: Canadian Issues (Spring 2012), S. 156‐72; Robichaud, Marc: L’histoire de l’Acadie telle que racontée par les jeunes francophones du Nouveau-Brunswick: construction et déconstruction d’un récit historique. In: Acadiensis 40 (2011) 2, S. 33-69; and Létourneau, Jocelyn / Moisan, Sabrina: Mémoire et récit de l’aventure historique du Québec chez les jeunes Québécois d’héritage canadien-français: coup de sonde, amorce d’analyse des résultats, questionnement. In: Canadian Historical Review 84 (2004) 2, S. 325-357.
[5] Als Beispiel für eine ausführliche Diskussion über die damit verbundenen Herausforderungen für den Geschichtsunterricht vgl. Lee, Peter: ‘Walking backwards into tomorrow’: Historical consciousness and understanding history. In: International Journal of Historical Learning, Teaching and Research 7 (2002), S. 1-46; und Tutiaux-Guillon, Nicole: L’histoire enseignée entre coutume disciplinaire et formation de la conscience historique: l’exemple français. In Ders. / Nourisson, Didier (Hrsg.): Identités, mémoires, conscience historique. St-Étienne, FR 2003, S. 27-39.
[6] Vgl. Lee 2002, S. 18.
[7] Vgl. Z.B. VanSledright, Bruce: The challenge of rethinking history education: On practices, theories, and policy, New York 2011; Lévesque, Stéphane: Thinking historically: Educating students for the 21st century. Toronto 2008; Seixas, Peter: (Hrsg.): Theorizing historical consciousness. Toronto 2006; Donavan Suzanne / Bransford, John (Hrsg.): How students learn: History in the classroom. Washington, DC 2005; Barton Keith / Levstik, Linda: Teaching history for the common good. Mahwah, 2004; und Wineburg, Samuel: Historical thinking and other unnatural acts. Philadelphia 2001.

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Abbildungsnachweis
© Wikimedia Commons (gemeinfrei). Schlacht auf der Abraham-Ebene (13.9.1759) zwischen Engländern und Franzosen, während des Siebenjährigen Krieges (Franzosen- und Indianerkrieg).
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2d/PlainsOfAbraham2007.jpg

Übersetzung aus dem Englischen
von Marco Zerwas

Empfohlene Zitierweise
Levesque, Stéphane: Zwischen Erinnerung und Geschichtsbewusstsein: Folgerungen für den Unterricht. In: Public History Weekly 2 (2014) 33, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2593.

Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

 

 

Français

 

“Honnêtement, je ne me rappelle de rien. Mais je pense qu’il y avait beaucoup de troubles avec les Français canadien et les Anglais canadien….” Voilà la première réaction d’une élève de 17 ans à qui l’on a demandé de raconter l’histoire du Canada. Comme plusieurs de ses pairs, Annie fut d’abord surprise par la tâche de rédiger un court récit de l’aventure historique du Canada car, comme elle l’affirme, “je ne me rappelle de rien“. Plusieurs sondages d’opinion rappellent périodiquement aux Canadiens le manque inquiétant de connaissances historiques chez les jeunes. La situation est telle qu’un quotidien national a même affirmé que c’est “tout le Canada qui échoue son cours d’histoire“.[1]

 

La conscience historique sans la connaissance?

Sans nier la situation actuelle, les propos de notre élève, Annie, révèlent davantage que sa simple ignorance de l’histoire. Non seulement a t-elle été en mesure de nous fournir un bref récit de sa société mais l’orientation et la vision de son récit en disent long sur ce qu’est la conscience historique. Mémoire et conscience historique sont tous deux en relation avec le passé. Mais il existe d’importantes différences entre les deux. La mémoire, comme le rappelle Pierre Nora, c’est le résidu de la vie ouverte à la dialectique du souvenir et de l’amnésie, inconsciente de ses déformations successives…“[2]. La conscience historique, quant à elle, est la reconstruction mentale de ce qui n’est plus à partir d’expériences et d’informations historiques qui sont portées à un niveau second d’intellection et d’appropriation. Alors que la mémoire nourrit les souvenirs de ce qu’un individu a vécu ou de ce qui lui a été transmis, la conscience historique met en relation le passé, le présent et l’avenir possible[3]. Elle appelle la pensée réflexive et la conscience temporelle. Elle vise une actualisation du passé dans nos vies permettant à tout individu de juger, de choisir et d’agir. C’est en faisant appel à sa conscience historique qu’Annie a pu déclarer ne plus se souvenir de rien mais tout de même offrir un bref récit qui raconte beaucoup de troubles avec les français canadien et les anglais canadien. Dans cette formule, Annie présente davantage que des faits bruts issus de la mémoire. Elle offre un condensé métahistorique qui est de l’ordre de la signification, de ce que représente l’histoire canadienne telle que définie par la tension historique entre les deux peuples fondateurs: les Français et les Anglais.

Méta-récit et conscience historique

Selon cette logique, le développement du pays n’a pas suivi le cheminement progressif du grand récit canadien caractérisé par une vision nationale du nation-building. Au contraire, son texte exprime une vision particulière de l’aventure historique canadienne qui trouve comme point d’origine la dualité même du pays. Fait intéressant, de récentes études révèlent une tendance similaire au pays[4]. Bien que les Canadiens avouent volontiers leur ignorance du passé, ils sont tout à fait aptes à mettre en récit le passé de leur société; récits qui chez plusieurs Canadiens français mettent en lumière la prévalence des luttes du groupe pour la survie. Ces études dévoilent également une autre dimension de la conscience historique: elle permet à tout individu de se penser dans le temps et ainsi de nourrir son identité, de prendre conscience de son appartenance à un groupe qui a une histoire, une vision temporelle. En ce sens, mettre en récit le passé de sa société ne se réduit pas à énoncer une série de faits issus de la mémoire mais plutôt à présenter une vision du passé collectif  qui a un sens pour soi. Dans le cas de notre élève, l’idée selon laquelle il y avait beaucoup de troubles avec les français canadien et les anglais canadien n’est pas insignifiante. Elle permet l’appropriation d’une certaine vision narrative du Canada qui s’inscrit dans un espace temporel et sociétal bien défini, celui du Canada français.

L’apprentissage historique

Quel lien ont tous ces propos avec l’éducation historique? La conscience historique permet une réflexion qui devrait intéresser les éducateurs d’écoles et d’universités pour au moins deux raisons: l’orientation narrative et la pensée historique[5]. D’abord, la conscience historique permet de mieux comprendre comment les individus, incluant les jeunes, font usage du passé dans leurs pratiques réelles. Pour Rüsen, la narrativité n’est pas facultative à la vie humaine. Le besoin de comprendre et donner sens au monde qui nous entoure et celui qui nous précède implique une démarche par laquelle l’individu transforme le passé et rend son actualisation possible par l’histoire: le récit. C’est donc dire que tout apprenant possède certaines visions historiques ou certains schémas narratifs lui permettant de s’orienter dans le temps. Pour notre élève, Annie, les nombreux troubles avec les français canadien et les anglais canadien expriment une intellection particulière du passé et ce faisant, participent ou influencent ses nouveaux apprentissages de l’histoire. Comme pédagogues, ce constat nous amène à poser certaines questions : Quels récits de l’aventure historique de leur société les jeunes apportent-ils dans leur bagage cognitif? Quels outils culturels (cultural tools) utilisent-ils pour façonner leur vision du passé? Dans quelle mesure ces outils affectent-ils leurs conceptions du passé, du présent et de l’avenir possible?

Développer la pensée historique

Ensuite, le développement de la conscience historique ne s’effectue pas en mode binaire du tout ou rien. Nous avons découvert dans nos études que les apprenants, même au niveau universitaire, ne produisent pas forcément des récits critiques et conçoivent souvent le passé collectif à partir de topiques historiales et de (pré)conceptions des prêts-à-penser de la mémoire.[6] J’estime que l’une des missions de l’éducation historique est précisément de problématiser la mise en récit du passé et d’offrir à nos jeunes les outils de la pensée historique dont ils ont besoin pour leur permettre de créer de meilleurs récits historiques qu’ils pourront utiliser pour s’orienter et faire face aux défis d’un monde complexe, diversifié, et de plus en plus global et multiculturel[7]. Dans un passé pas si lointain il était peut-être convenable, et même souhaitable, pour les jeunes de mémoriser une certaine mémoire collective mais dans le monde d’aujourd’hui, cette conception de l’histoire scolaire est largement insuffisante pour former nos citoyens de demain.

 

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Literature

  • Carr, D. (1986). Time, Narrative, and History. Bloomington, IN: Indiana University Press.
  • Rüsen, Jörn. (2005). History: Narration, Interpretation, Orientation. New York, NY: Berghahn Books.
  • Wertsch, J. (2002). Voices of Collective Remembering. New York, NY: Cambridge University Press.

 

Liens externe

 

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[1] Chalifoux and J.D.M. Stewart, “Canada is failing history.” The Globe and Mail. (16 Juin, 2009). Disponible: http://www.theglobeandmail.com/globe-debate/canada-is-failing-history/article4276621/ (dernier accès le 22 Septembre 2014).
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2] P. Nora, “Between Memory and History: Les lieux de mémoire,” Représentations, 26 (Printemps 1989): 8-9.
[3] J. Rüsen, History: Narration, Interpretation, Orientation. New York, NY: Berghahn Books (2005).
[4] Voir S. Lévesque, J.P. Croteau, and R. Gani, “La conscience historique de jeunes Franco-Ontariens d’Ottawa: histoire et sentiment d’appartenance,” Historical Studies in Education (forthcoming), 24 p.; J. Létourneau, Si je me souviens? Le passé du Québec dans la conscience de sa jeunesse. Anjou, QC: Fides (2014); S. Lévesque, J. Létourneau, and R. Gani. “A Giant with Clay Feet: Québec Students and Their Historical Consciousness of the Nation.” International Journal of Historical Learning, Teaching and Research 11, 2 (2013): R. Gani, “L’histoire nationale dans ses grandes lignes: enquête internationale sur la conscience historique,” Canadian Issues, (Spring 2012): 156‐72; M. Robichaud, “L’histoire de l’Acadie telle que racontée par les jeunes francophones du Nouveau-Brunswick : construction et déconstruction d’un récit historique,” Acadiensis 40, 2 (2011): 33-69 ; and J. Létourneau and S. Moisan, “Mémoire et récit de l’aventure historique du Québec chez les jeunes Québécois d’héritage canadien-français: coup de sonde, amorce d’analyse des résultats, questionnement,” Canadian Historical Review 84, 2 (2004): 325-357
[5] Pour une analyse plus détaillée des implications pour l’éducation, voir P. Lee, “‘Walking backwards into tomorrow’: Historical consciousness and understanding history, International Journal of Historical Learning, Teaching and Research 7 (2002): 1-46; et N. Tutiaux-Guillon, “L’histoire enseignée entre coutume disciplinaire et formation de la conscience historique: l’exemple français,” In N. Tutiaux-Guillon and D. Nourisson (Eds.), Identités, mémoires, conscience historique. St-Étienne, FR: Publications de l’Université St-Étienne (2003).
[6] Lee, “‘Walking backwards into tomorrow,’ 18.
[7] Voir notamment B. VanSledright, The challenge of rethinking history education: On practices, theories, and policy, New York, NY: Routledge (2011); S. Lévesque, Thinking historically: Educating students for the 21st century. Toronto, ON: University of Toronto Press (2008); P. Seixas (ed.), Theorizing historical consciousness. Toronto, ON: University of Toronto Press (2006); S. Donavan and J. Bransford (eds), How students learn: History in the classroom. Washington, DC: National Academics Press (2005); K. Barton and L. Levstik, Teaching history for the common good. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates; et S. Wineburg, Historical thinking and other unnatural acts. Philadelphia: Temple University Press (2001).

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Crédits illustration
© Wikimedia Commons (domaine public). Bataille des plaines d’Abraham (le 13 septembre 1759) entre l’armee britannique et les Français, durant la guerre de Sept Ans.
 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Volgograd_city_sign.jpg

Citation recommandée
Levesque, Stéphane: Entre la mémoire et la conscience historique: quelques implications pour l’éducation. In: Public History Weekly 2 (2014) 33, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2593.

Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

 


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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/2-2014-33/memory-recall-historical-consciousness-implications-education/

Weiterlesen

Wie Elisabeth heilig wurde. (Teil 2)

Fortsetzung von Wie Elisabeth heilig wurde. (Teil 1)

Im Laufe der Kirchengeschichte ist es eigentlich immer schwieriger geworden, jemanden offiziell von Rom aus als heilig anerkennen zu lassen. In den ersten drei Jahrhunderten wurde praktisch jeder automatisch heilig, der im Namen des Christentums gefoltert und ermordet worden ist. Dieser Automatismus löste aber durchaus das Bedürfnis nach Regulierung von Seiten der Kirchenoberen aus. Man überprüfte bereit im 5. Jahrhundert, soweit möglich, die Identitäten der verehrten Märtyrer und ob es sich bei Ihnen auch wirklich um wegen ihres Glaubens ermordete handelte.[1]

Der Kult um Heilige im einfachen gläubigen Volk wurde auch Thema im 2. Konzil von Nicäa im Jahr 787. Dort legte man fest, dass Anbetung allein Gott zustünde (adoratio) und Heilige ausschließlich verehrt werden dürften (veneratio). Der Heilige nimmt so eine Art Mittlerrolle zwischen den Menschen und Gott ein und Gott wirkt dann die Wunder. Nun hatte dieses Dogma aber auf die Volksfrömmigkeit damals keinen Einfluss. Für die Leute ist der Heilige in seinem Grab bzw. in seinen Reliquien real präsent und es ist der Heilige der hilft, heilt oder straft.[2]

Ab dem 8. Jahrhundert wurde es allgemein üblich, dass man Heilige aus ihren Gräbern „erhob“ und diese entweder im Altar oder darauf in kostbaren Schreinen zur Verehrung ausstellte. Bei Heiligen, die keine Märtyrer der Christenverfolgung waren, bildete diese `Elevatio´, die `Erhebung´ eine Art Heiligsprechung  `per viam cultus´. Das Verfahren bildete eine eigene Liturgie, die von den örtlichen Bischöfen und immer auch im Beisein des Adels durchgeführt worden ist.[3]

Im Hohen Mittelalter wurden die Hürden, heilig zu werden, noch einmal verschärft. Es waren von nun an allein die Päpste, die jemanden nach eingehender Prüfung heilig sprechen konnten. Das ist auch heute noch so. Als erster Heiliger wurde Ulrich von Augsburg 993 durch Johannes XV heilig gesprochen.[4]

Bereits in diesen frühen Heiligsprechungsverfahren waren die wesentlichen Beweise für die Heiligkeit die Wunder, die auf den oder die Heilige zurückgehen sollen. Diese Wunder mussten auch glaubwürdig bezeugt werden.[5] Nun ist das so eine Sache mit den Wundern. In unserer Zeit mit weit entwickelten Naturwissenschaften ist die Wundergläubigkeit des Mittelalters schwer verständlich. Aber wenn man keine Erklärung für ein Phänomen oder eine spontane Genesung eines blinden Kindes etc. hat, führten es die Menschen auf ein Wunder zurück. Das war nun einmal so. Und diese Wunder waren dann Beweise für eine eventuelle Heiligkeit, vorausgesetzt, diese sind auch möglichst von mehreren Zeugen bestätigt worden.

Zurück zu Elisabeth von Thüringen. Kurz nach Elisabeths Tod schrieb Konrad von Marburg an Gregor IX einen Brief, dem er eine kurze Lebensbeschreibung Elisabeths, heute unter dem Namen `Summa vitae´ bekannt, und eine Zusammenstellung von Wundern beilegte. Papst Gregor beauftragte daraufhin eine Art Kommission, die die Zeugen der Wunder, aber auch des heiligmäßigen Lebens Elisabeths untersuchen sollten. Diese Kommission bestand aus dem Erzbischof Siegfried von Mainz, Abt Raimund von Eberbach und Konrad von Marburg, Elisabeths spirituellen Mentor.[6]

Dieses Verfahren kam allerdings in Stocken, weil Konrad 1233 in Beltershausen, unweit von Marburg, umgebracht worden ist. Historiker gehen davon aus, dass er es mit seiner Ketzerverfolgung womöglich etwas übertrieben hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

Es wurde also eine neue Kommission eingesetzt, bestehend aus Konrad von Hildesheim, Abt Hermann von Georgenthal und Abt Ludwig von Hersfeld, welche nun die Zeugenberichte zusammenstellen sollten und auch taten.[7]

Bereits 1235 wurde die Kanonisationsurkunde von Papst Gregor IX ausgestellt und ein Jahr später fand die feierliche Elevatio, die Erhebung der Reliquien Elisabeths unter Anwesenheit Kaiser Friedrich II aus ihrem Grab statt.

Das Verfahren wurde von Seiten Papst Gregors IX auffällig schnell abgewickelt. Gregor IX hatte nämlich ein politisches Interesse daran, die wichtigsten Persönlichkeiten der neuen Bettelordensbewegung heilig zu sprechen, denn diese war außerordentlich erfolgreich in ihrer Ausbreitung nördlich und südlich der Alpen. Für den Papst stand Elisabeth von Thüringen nämlich in einer Reihe mit Franziskus von Assisi, Antonius von Padua und Dominikus.[8]

Neben der Kurie in Rom hatten auch die Landgrafen von Thüringen ein Interesse, dass eine Angehörige ihrer Familie als Heilige verehrt wird, denn das konnte auch politisch nützlich sein. Das Hospitalgelände in Marburg war kurz vor der Heiligsprechung dem damals in seiner Blüte befindlichen Deutschen Orden übergeben worden. Dieser begann 1235 damit, eine gotische Kirche über dem Grab Elisabeths zu errichten, einem der frühesten rein gotischen Bauten auf deutschsprachigem Gebiet, der Elisabethkirche zu Marburg. Auch der Deutsche Orden hatte ein Interesse an einer Heiligsprechung Elisabeths, mehr aber noch an einer anhaltenden Elisabethverehrung durch die Gläubigen. Denn das schönste und prunkvollste Mausoleum, der prächtigste Reliquienschrein sind überflüssig, wenn die Gläubigen sich nicht dafür interessieren und sie die Kirche nicht besuchen.Und nebenbei bemerkt war, wie heute der Tourismus, damals das Pilgerwesen ein ein einträglicher Wirtschaftsfaktor.[9]

Und damit kommen wir zum Kernpunkt von Heiligkeit, es ist in erster Linie Volksfrömmigkeit. Es ist der Glaube der Menschen an die Wunder und an die Hilfe der heilige Elisabeth.[10] Die Verehrung der heiligen Elisabeth ist bis heute ungebrochen, auch wenn sich diese im Laufe der Zeit wandelte und inzwischen über die Konfessionsgrenzen hinweg reicht.

[1] J. Leinweber, Das kirchliche Heiligsprechungsverfahren bis zum Jahre 1234. Der Kanonisationsprozeß der hl. Elisabeth von Thüringen, in: Philips-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Hrsg.), Sankt Elisabeth. Fürstin Dienerin Heilige (Sigmaringen 1981) 128

[2] S. Komm, Heiligengrabmäler des 11. und 12. Jahrhunderts in Frankreich. Untersuchungen zu Typologie und Grabverehrung (Worms 1990) 126

[3] A. Angenendt, Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart (München 1994) 173-174

S. Beissel, Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland im Mittelalter (Nachdruck  Darmstadt 1983) 106-111

[4] J. Leinweber, Das kirchliche Heiligsprechungsverfahren bis zum Jahre 1234. Der Kanonisationsprozeß der hl. Elisabeth von Thüringen, in: Philips-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Hrsg.), Sankt Elisabeth. Fürstin Dienerin Heilige (Sigmaringen 1981) 128-129

[5] M. Wehrli-Johnes, Armenfürsorge, Spitaldienst und neues Büßertum in den frühen Berichten über das Leben der heiligen Elisabeth, in: D. Blume- M. Werner, Elisabeth von Thüringen. Eine europäische Heilige (Petersberg 2007) 153

[6] P. G. Schmidt, Die zeitgenössische Überlieferung zum Leben und zur Heiligsprechung der heiligen Elisabeth, In: Philips-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Hrsg.), Sankt Elisabeth. Fürstin Dienerin Heilige (Sigmaringen 1981) 1-6

[7] J. Leinweber, Das kirchliche Heiligsprechungsverfahren bis zum Jahre 1234. Der Kanonisationsprozeß der hl. Elisabeth von Thüringen, in: Philips-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Hrsg.), Sankt Elisabeth. Fürstin Dienerin Heilige (Sigmaringen 1981) 131

[8] O. Krafft, Papsturkunde und Heiligsprechung. Die päpstlichen Kanonisationen vom Mittelalter bis zu Reformation. Ein Handbuch. Archiv für Diplomatik. Schriftgeschichte Siegel und Wappenkunde Beiheft 9 (Köln 2005) 416-419/ M. Werner, Mater Hassiae B Flos Ungariae B Gloria Teutoniae, in: J. Petersohn (Hrsg.) Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter (Marburg 1994) 450-452

[9] B. Demel, Die heilige Elisabeth von Thüringen Patronin des Ordens, in: Archiv Kirchengesch. Böhmen-Mähren-Schlesien 12, 1993, 80

[10] W. Brückner, Zu Heiligenkult und Wahlfahrtswesen im 13. Jahrhundert. Einordnungsversuch der volksfrommen Elisabeth-Verehrung in Marburg, in: Philips-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Hrsg.), Sankt Elisabeth. Fürstin Dienerin Heilige (Sigmaringen 1981) 119-124

Quelle: http://minuseinsebene.hypotheses.org/1069

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DARIAH-EU Direktoren berufen

Die Mitgliederversammlung des neu eingerichteten DARIAH-ERICs (wir berichteten) hat einstimmig Tobias Blanke (King’s College London, Großbritannien), Conny Kristel (NIOD Institute for War, Holocaust and Genocide Studies, Niederlande) und Laurent Romary (INRIA, Frankreich) als DARIAH-ERIC Board of Directors (BoD) berufen. Das Board of Directors ist das Exekutivorgan des DARIAH ERICs.

Das Board of Directors hat Laurent Romary als seinen Präsidenten gewählt.

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Tobias Blanke, Conny Kristel und Laurent Romary haben DARIAH-EU bereits in den letzten beiden Jahren gemeinsam geleitet in der Vorbereitung der Rechtsform und den Ausbau der europaweiten Forschungsinfrastruktur weiter voran getrieben.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4098

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Barcamps für die Wissenschaft und das THAT-Camp

Historiker-BarcampIrgendwann während der re:publica oder auf einem der stARTcamps dachte ich, dass Barcamps als Form des persönlichen Austausches auch in der Wissenschaft eine schöne Sache wären. Diese Idee ist nicht neu, aber zumindet in den deutschen Geisteswissenschaften auch noch nicht wirklich angekommen. Umso passender, dass im Zusammenhang mit dem diesjährigen Historikertag ein THAT (The Humanities and Technology) Camp stattand.

Bar-was? Ist das was? Kann das was?

Ein Barcamp, auch Unkonferenz genannt, ist eine Form des Treffens und Dialoges zu einem bestimmten Thema – eine Art Expertenkreis. Dabei steht die Teilnahme jedem Interessierten offen und hat, ähnlich einer klassischen Tagung, ein strukturiertes Programm in Form von Sessions. Diese werden aber nicht vorher durch Call for Papers o.Ä. inhaltlich nach fachlichen Kriterien ausgewählt und von Vortragenden bestritten. Vielmehr kann sich jeder Teilnehmer überlegen, welche Aspekte des Rahmenthemas ihn interessieren. Zu Beginn des Barcamps werden diese vorgestellt und daraus der Sessionplan entwickelt. Das Programm entsteht also spontan aus den Ideen vor Ort. Meist finden mehrere Sessions parallel statt, sodass innerhalb des Rahmenthemas eine breite Palette an Unterthemen abgedeckt wird und jeder Teilnehmer die besuchen kann, die ihn interessieren.

Eine Session ist, im Gegensatz zu einem Konferenzpanel, kein Vortrag, sondern ein Austauschsforum. Dieses kann einführende Informationen etwa zu einem Projekt beinhalten, die dann diskutiert werden. Es kann aber auch darum gehen, zusammen  die Lösung für ein Problem zu finden, sich Dinge erklären zu lassen oder Ideen zu sammeln. Der Gestaltungsrahmen ist völlig frei. Dies bringt im Gegensatz zu einer klassischen Tagung den Vorteil, dass nicht die Präsentation der eigenen Projekte (und der eigenen Person), sondern der fachliche Austausch im Mittelpunkt steht. Die Diskussionen gewinnen an Länge und Tiefe, auch Neulinge im Thema können ungehemmt Fragen stellen und beitragen, fachliche Expertise oder Titel sind nicht ausschlaggebend, um eine Session zu halten. Eine Seminaratmosphäre ohne Bewertung.

Das Internet, Konferenzen und Barcamps

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Sessionplan vom THATcamp

Genauso war es beim THATcamp (das ich leider nur einen Tag besuchen, aber den zweiten zumindest auf Twitter unter dem Hashtag #thatcampgoe mitverfolgen konnte). Zwischen den aktiven Teilnehmern der Geschichts-Bloggosphäre, die sich u.a. über de.hypotheses.org und Twitter aktiv vernetzt, tummelten sich auch Barcamps-Newbies. Die Mehrheit hatte einen Bezug zum Thema Digital Humanities, sodass die recht anspruchsvollen Sessionthemen (Datenvisualisierung, Rechte im Netz, Vorratsdatenspeicherung, Social Mediat, Semantic Web, digitale Zusammenarbeit oder digitales Publizieren) mehrheitlich intensive Diskussionen mit sich brachten. Sie wurden auch auf Twitter (#thatcampgoe) fortgesetzt.

Gerade hier zeigte sich auch, warum Twitter ein hervorragendes Medium für Fachkonferenzen ist: die aktuelle Diskussion lässt sich durch die Twitterer gut, kurz und übersichtlich für diejenigen darstellen, die nicht vor Ort sind. Sie erhalten dadurch die Möglichkeit, ihre eigenen Gedanken einzubringen, einen Überblick über aktuelle Entwicklungen zu bekommen und auf neue Fachleute mit interessanten Projekten aufmerksam zu werden. Außerdem ist es einfacher, die Veranstaltung mitsamt der Diskussionen und der Teilnehmer im Nachgang zu dokumentieren und nachzulesen als mit Tagungsbänden.

Und ohne Internet?

Barcamps gibt es in der Zwischenzeit zu verschiedensten Fachthemen, die meisten haben einen Bezug zum Internet, wie die stARTcamp-Reihe zu Kunst und Kultur im digitalen Raum oder eben die THATcamps zu den Digital Humanities. Da Barcamps aus der Online-Szene kommen, verwundert das nicht. Es bedeutet aber auch nicht, dass sie dort bleiben müssen. Das Format ist so frei, dass es auf jedes Thema übertragen werden kann. Auch Forschungsbereiche können damit abgedeckt werden.

Der Mehrwert eines Barcamps gegenüber einer klassichen Konferenz zeigte sich (zumindest mir) auch bei THATcamp und Historikertag. Auch bei zweiterem gab es einen Schwerpunkt zu den Digital Humanities, einmal im Allgemeinen, präsentiert von der AG Digitale Geschichtswissenschaft (#digigw14), aber auch zu Schwerpunkten wie der Digitalisierung in den Altertumswissenschaften (#digialtwi14). Beide waren von interessanten Vorträgen zu verschiedensten Themen geprägt, die anschliessenden Fragerunden aber zeitlich relativ eng und wenig dialogisch. Die Skepsis gegenüber vielen Facetten der Digitalisierung und vor allem den Social Media wurde in den Fragen dort wesentlich deutlicher als beim THATcamp. Wahrscheinlich waren beim Historikertag schlicht mehr Zuhörer mit weniger Erfahrungen im Web anwesend, die Möglichkeiten für tiefere Diskussionen zwischen ihnen und den anwesenden Fachbloggern und Twitterstorians blieben durch das Format aber begrenzt.

Nun überrascht es nicht, dass an einem Barcamp zu Humanities und Technology  weniger klassische Historiker teilnehmen als einer Fachtagung. Insgesamt zeigte auch die Twitter-Timeline zum Historikertag (#histag14) einen wesentlich geringeren Anteil an Twitterern als beim THATcamp. Einen Blick auf das Format zu werfen, lohnt aber auch ohne digitalen Background, weil es genau jenen Aspekt an klassischen Tagungen aufgreift und erweitert, der meist am produktivsten ist: den Austausch in der Kaffepause.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1412

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (VII): The Chinese Experience

The Chinese Experience – angesiedelt auf den Seiten der University of Maine at Farmington und betrieben von Marilyn Shea (Department of Psychology) – bietet schon durch eine reichhaltigen Bibliographien (China Bibliography. Collections of Resources) weiterführende Informationen zur Kulturgeschichte Chinas: Die Themen Buddhismus, Kunst, Kunst und Gesellschaft, Kalligraphie  werden ebenso berücksichtigt, wie der Bereich Stadt und Urbanisierung.

Ein weiterer – reich bebilderter – Bereich der Seite orientiert sich an den geographischen Gegebenheiten Chinas. Vor allem die Große Mauer (Great Wall, Great Wall Pictures), Beijing (Historic Beijing, Beijing History through Pictures, Modern Beijing Culture), Xi’an (vgl. auch Xi’an in Pictures) und Shanghai (Modern Shanghai and the Bund, Historic Shanghai Region) werden dabei hervorgehoben.

Weitere Informationen zur Kunst- und Kulturgeschichte Chinas folgen einer thematischen Ordnung:

Neben einem Beispiel für das Werk des Dichters Bei Dao (The Poetry of Bei Dao) und für das Werk des Kalligraphen Deng Jing Ren (Calligraphy by Deng Ling Ren), wird eine Auswahl von Exponaten chinesischer Bronzekunst präsentiert, die 2004 im National Museum of China (Beijing) gezeigt wurden (Chinese Bronzes). Eindrücke von der Geschichte und Entwicklung chinesischer Malerei vom 7. bis ins späte 19. Jahrhundert werden mit einer Auswahl von Werken aus den Beständen des Shanghai Museum vermittelt (Painting: Tang-Qing). Die Bestände des Shanghai Museum bilden auch die Grundlage für die Veranschaulichung der Entwicklung der chinesischen Kalligraphie von den Anfängen bis zum Ende der Kaiserzeit (Calligraphy: Shang-Qing) sowie für ausgewählte Beispiele zu Möbelkunst und Wohnkultur zur Zeit der Ming-Dynastie (1368-1644; vgl. Ming Dynasty Furniture). Die im Nationalen Kunstmuseum in Beijing bis Februar 2008 gezeigte Ausstellung liegt dem Abschnitt über chinesische Drachen zugrunde (99 Chinese Kites). Jade-Objekte (Chinese Jade) aus dem Capital Museum (Beijing) sowie ein historischer Längsschnitt durch die Bestände des Historischen Museums der Provinz Shaanxi (Shaanxi History Museum) runden die sehr informative Seite ab.

Die ersten sechs Teile dieser Serie:

Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum

 

 

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1423

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Kurzrückblick: Treffen der Community beim Historikertag und THATCamp, Göttingen 2014 #dehypo14

Am Rande des Historikertags fand in der “Max Weber Lounge” ein Treffen einiger de.hypotheses-Bloggenden statt. Neben Vertretern der Max Weber Stiftung waren Thorsten Hiltmann (heraldica.hypotheses.org u.a.), Klaus Graf (redaktionsblog.hypotheses.org u.a.), Johannes Waldschütz (oberrhein.hypotheses.org) und Björn Gebert (mittelalter.hypotheses.org) mit dabei. Gemeinsam haben wir über die Entwicklung der Plattform gesprochen, aber auch über Herausforderungen und die Weiterentwicklung von Bloggen als ein Genre wissenschaftlichen Publizierens. Um nur einige Diskussionspunkt zu nennen: Welche Rolle übernehmen Blogs im wissenschaftlichen Diskurs? Sollte man sich an bestehende Strukturen anpassen oder etwas ganz eigenes auf die Beine stellen? Oder auch: Wie können Print und online zusammen gedacht werden?

„Wohin geht die Reise?“, war eine der letzten Fragen, die in die Runde geworfen wurde und über die eifrig diskutiert wurde. Doch der anstehende Eröffnungsvortrag des Historikertags löste die Runde vorzeitig auf, sodass die Themen während der folgenden Tage (z.B. bei Twitter während der Sektion der AG Digitale Geschichtswissenschaft) immer wieder in Gesprächen aufkamen. Diskussionsgrundlage gibt es reichlich und wir freuen uns über weiteren Austausch mit Bloggenden.

An den beiden Tagen vor dem Historikertag fand das THATCamp Göttingen statt, bei dem sich die Teilnehmer zum Thema “Technologie und Geisteswissenschaft” austauschten. Dabei gab es auch Gelegenheiten über wissenschaftliches Bloggen zu sprechen und de.hypotheses vorzustellen. Während der beiden Sektionen, in denen auch de.hypotheses zur Sprache kam, wurde kollaborativ in den Etherpads notiert:

Session # 2.1: Geisteswissenschaft 2.0: Blogs, Crowdfunding usw. (Tobias Wulf, Sascha Foerster und Lisa Bolz)
https://titanpad.com/q3ozQFUovK

Session # 6.2: FOSTER – OpenHistory
https://titanpad.com/sCfAabO853
Die OpenHistory-Session wurde auch aufgezeichnet und wird nach Veröffentlichung hier verlinkt.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2565

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