Ein neuer Mythos. Zu Élisabeth Badinters Bild von der „modernen Frau“ Maria Theresia

Elisabeth Badinter hat schon im letzten Jahr ein kleines Buch vorgelegt, in dem sie ihre Sicht auf Maria Theresia darstellt; ein Buch, das in Frankreich den Blick auf die Königin und Kaiserin lenkte, die dort (wenn überhaupt) im Wesentlichen als Mutter von Marie Antoinette ein Begriff ist1. Vor wenigen Wochen ist der Text nun auch in deutscher Übersetzung erschienen und hat erneut für Aufmerksamkeit gesorgt2.

 

Das handliche Buch ist eine sichtlich individuelle Annäherung an Maria Theresia, in der Badinter versucht, sich in psychologisierender Manier der Herrscherin zu nähern. Basis dafür sind ihr vor allem Briefe3 – Briefe Maria Theresias und ihrer Kinder, Schreiben auswärtiger, in erste Linie französischer und preußischer Diplomaten und einiger hoher Amtsträger des Wiener Hofes. In der Einleitung des Buches betont Badinter das Potential dieser Quellen für die „dichte Beschreibung“ einer historischen Person; in Interviews wird hervorgehoben, dass sie sich über Jahre mit Archivquellen befasst habe, um eben diese individuellen Statements zu Maria Theresia als Person zu sammeln.

Anhand dieses – zweifellos interessanten – Ausschnittes aus der riesigen schriftlichen Überlieferung zu Person und Herrschaft Maria Theresias formuliert Badinter ihr Bild, das in der auch in mehreren Interviews formulierten Auffassung gipfelt, dass die Königin-Kaiserin einen „kostbaren Meilenstein für die Geschichte der Frauen“4 darstelle und als erste werktätige Frau der Geschichte gelten müsse, weil sie Beruf, Ehe und Kinder zu vereinen gehabt habe.



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Quelle: http://kaiserin.hypotheses.org/257

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frauen*lesen #2 | Chris Kraus: I Love Dick

Klappentext | Chris Kraus, eine gescheiterte Künstlerin, die unaufhaltsam auf die 40 zugeht, lernt durch ihren Ehemann den akademischen Cowboy Dick kennen. Dick wird zu ihrer Obsession. Völlig überwältigt von ihren Gefühlen schreibt sie zunächst eine Erzählung über ihr erstes Treffen, dann verfasst sie Briefe, die sie nicht abschickt, und auch Sylvère, ihr Mann, wird Teil dieses Konzept-Dreiers. Mal schreiben beide Dick gemeinsam, mal einzeln, doch während Sylvère irgendwann sein Interesse wieder verliert, verstrickt sich Chris immer mehr in die Abgründe ihrer eigenen Begierde. Chris Kraus hebt in ihrem mittlerweile auch als Amazon-Serie verfilmten Roman die Grenzen zwischen Fiktion, Essay und Tagebuch auf und schuf damit gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein völlig neues Genre.1


Because most ’serious‘ fiction, still, involves the fullest possible expression of a single person’s subjectivity, it’s considered crass and amateurish not to ‚fictionalize‘ the supporting cast of characters, changing names and insignificant features of their identities. The ’serious‘ contemporary hetero-male novel is a thinly veiled Story of Me, as voraciously consumptive as all of patriarchy.

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Quelle: http://chicklit.hypotheses.org/781

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Kriegsverbrechen in Roselies. Ein Streit um das rechte Gedenken?

Auf der Mitgliederversammlung des Geschichtsvereins am 27.04.2017 wurde auch der Beitrag von Helmut Kramer und Peter Rosenbaum im Braunschweig Spiegel (13.01.2017) diskutiert. Der vehementen Kritik der beiden Autoren an Ausrichtung und Tätigkeit des Vereins begegnet der Vorstand mit einer Analyse des Artikels und der darin geführten Argumentation. Der folgende Text wurde in der Mitgliederversammlung vorgetragen und ist hier mit Zustimmung des Vorstands im Wortlaut wiedergegeben. Am Freitag, dem 13. Januar 2017, veröffentlichten Peter Rosenbaum, Lokalpolitiker der BiBS in Braunschweig, und Dr. Helmut Kramer, pensionierter … Kriegsverbrechen in Roselies.

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Quelle: https://histbrun.hypotheses.org/693

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Hinter der Fassade: Der 9. Mai in Russland

Am 23. April 2017 wurde der deutsche Reichstag gestürmt. Im Moskauer Park Patriot „rekonstruierten“ etwa 1.400 Jungarmisten die Schlüsselszene des russischen Kriegsgedenkens: Die Erstürmung des Reichstagsgebäudes und das Hissen der roten Fahne am 30. April 1945.

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Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/1279

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Politisches Nudging – Interview mit Rainer Rilke

Phi: Lieber Herr Rilke, als Experte auf dem Gebiet der Verhaltensökonomik kennen Sie sich mit dem hochaktuellen Thema „Nudging“ aus. Ich zumindest glaube, explizite Parallelen zu dieser „Neuheit“ in Aristoteles‘ Rhetorik zu finden und bin gespannt, ob meine Vermutung möglicherweise stimmt. Doch zuerst möchte ich Sie fragen: Was versteht man eigentlich genau unter Nudging? Rilke: Hinter dem Begriff Nudging (zu deutsch: Stupsen) verbirgt sich mittlerweile ein großer Reigen von meist ökonomischen Studien. Forscher stellen sich die Frage, wie man Menschen zu sozial erwünschten Entscheidungen … Politisches Nudging – Interview mit Rainer Rilke weiterlesen →

Quelle: http://philophiso.hypotheses.org/1246

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Vegetarische Volksküchen

Vegetarische Mahlzeiten als leistbares Essen für alle – dieses Ziel verfolgten Mitglieder des Vereins für naturgemäße Lebensweise in den 1880er Jahren mit dem Projekt der vegetarischen Volksküchen. Das Vorhaben wurde aus finanziellen Gründen nie realisiert. Trotzdem soll es näher betrachtet werden, da das Konzept für die Volksküchen Einblick in die Vorstellungen und Arbeitsweise der Wiener Vegetarier/innen gibt. Außerdem soll Geschichtsschreibung ja nicht nur von Erfolgen erzählen.

Die Verpflegungssituation der Industriearbeiter/innen
Als Mitglieder des Wiener Vereins für naturgemäße Lebensweise Mitte der 1880er Jahre das Projekt einer vegetarischen Volksküche ins Leben riefen, verköstigten in Wien mehrere nicht-vegetarische Volksküchen die zunehmende Zahl von Lohnarbeiter/innen.
Die Errichtung von Volksküchen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts war eine Reaktion auf die Entstehung der Großteils unterbezahlten städtischen Arbeiter/innenschaft und die aufgrund der Industrialisierung veränderten Lebensverhältnisse[1]. Während zu Beginn des Jahrhunderts bei Handwerkern, anderen Gewerbetreibenden und Heimarbeiter/innen Wohn- und Arbeitsort meist ident waren, erfolgte die Arbeit in Fabriken getrennt vom Wohnort bzw. Schlafplatz.

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Quelle: https://veggie.hypotheses.org/188

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Nationalsozialismus und „Volksgemeinschaft“

Im Vergleich zur Weimarer Republik konnte sich das nationalsozialistische Deutschland Zeit seines Bestehens einer hohen inneren Stabilität erfreuen. Widerstand gab es zwar, er konnte dem Regime aber nie wirklich gefährlich werden, auch weil die Herrschaftspraxis der politischen Eliten eine ausgeprägte Unterstützung in der deutschen Bevölkerung genoss. Die stillschweigende Akzeptanz der überwältigenden Mehrheit, die treue Gefolgschaft Vieler und die fanatische Begeisterung von nicht Wenigen bedürfen nach wie vor der Erklärung, zumal die antifaschistischen Arbeiterparteien noch bei den Reichstagswahlen im März 1933, als viele Funktionäre von SPD und KPD bereits in den Gefängnissen saßen, fast ein Drittel der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen konnten. Wie war es der NSDAP möglich, die Zustimmung zum Nationalsozialismus sukzessive vor allem in den ersten Jahren des Regimes zu erhöhen? Im Folgenden möchte ich drei Bereiche umreißen, die in diesem Kontext zu berücksichtigen sind: das vermeintliche „Wirtschaftswunder“ der Jahre 1933-1936, die NS-Organisationswelt als Aufstiegs- und Ermöglichungsraum und das antisemitische Narrativ der „Volksgemeinschaft“.

Allgemein waren die Möglichkeiten politischer Gestaltung zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten stark eingeschränkt. Die Wirtschaftskrise, die erheblich zu ihrem Erstarken beigetragen hatte, war keineswegs überwunden. Mit 4,8 Millionen nahm die (offizielle) Zahl der Arbeitslosen 1933 zwar erstmals wieder ab (1932: 5,6 Mio.), trotzdem lag sie noch deutlich über den Werten der Krisenjahre 1930 (3,1 Mio.

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Quelle: https://gafprojekt.hypotheses.org/828

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