Helden im Nationalmuseum

Bethlen, Petőfi und Capa: die aktuellen Ausstellungen des Ungarischen Nationalmuseums im Dezember 2013.

Auf den ersten Blick ist die Kombination der Werbebanner am imposanten Eingang des Ungarischen Nationalmuseums recht überraschend. Die Plakate machen auf die drei aktuellen Ausstellungen des Museums, die jeweils einen “Helden“ in den Mittelpunkt stellen, aufmerksam: Siebenbürgen-Fürst Gábor Bethlen, Nationaldichter Sándor Petőfi sowie Kriegsfotograf Robert Capa.

 

Bethlen, Petőfi und Capa: die aktuellen Ausstellungen des Ungarischen Nationalmuseums im Dezember 2013.

Die Verbindung zwischen Capa und Budapest, seinem Lebenswerk und seiner Geburtsstadt scheint hergestellt. Aber Capa als der ungarische Nationalheld, als Teil des nationalen Erbes? Glücklicherweise gibt die Ausstellung keine oberflächliche und simple Antwort auf diese Frage. Im Gegenteil: Die Schau, konzipiert durch Èva Fisli, konzentriert sich vielmehr auf einzelne Kategorien, die die Figur “Robert Capa“ und sein Lebenswerk ausmachen.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/12/19/helden-im-nationalmuseum/

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„Ein großes Fest und eine Belastungsprobe“

Das Logo des Robert Capa Zentrums für zeitgenössische Fotografie in Budapest.

Eröffnungsfeiern sind zum Netzwerken da. Die in der Ausstellung präsentierten Bilder kann man einige Tage später, im Rahmen eines zweiten Besuchs, in Ruhe anschauen.

Der Ansturm der Besucherinnen und Besucher auf das Capa-Zentrum am 2. Dezember 2013.

Dass diese ewige Wahrheit der Vernissagen für die Auftaktveranstaltung des neuen Robert Capa Zentrums für zeitgenössische Fotografie ebenfalls zutraf, konnten die Interessierten am 2. Dezember 2013 feststellen. In den frisch renovierten Räumen des vormaligen Ernst-Museums in Budapest mischte sich der Geruch der frisch gemalerten Wände mit den lebhaften Gesprächen der Anwesenden und der musikalischen Untermalung durch die Band Budapest Bár. In ihren Eröffnungsreden betonten der zuständige Minister für Humanressourcen, Zoltán Balog, die Leiterin des Instituts, Orsolya Kőrösi, und Tamás Féner, Jurymitglied des ersten Wettbewerbs des Capa-Zentrums, wie nötig die ungarische Fotografie diesen Ort brauche.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/12/19/ein-grosses-fest-und-eine-belastungsprobe/

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Wenn Bilder plötzlich lächeln

Blick in den Ausstellungsraum: „Fotografien berühren“, ein Projekt des Ethnologen Michael Kraus und des Szenografiebüros chezweitz

Die Fotografie als scheinbar objektive Darstellungsform gewann im 19. Jahrhundert sowohl qualitativ als auch quantitativ rapide an Bedeutung. Dabei erschien das Medium auch als optimal, um Informationen über andere Kulturen und Völker zugänglich zu machen. Das Ethnologische Museum Berlin-Dahlem besitzt eine stattliche Sammlung entsprechender Aufnahmen von Forschungsreisenden aus zahlreichen Nachlässen, Ankäufen oder Schenkungen. Allein aus Lateinamerika befinden sich über 6000 Stück –  entstanden zwischen 1868 und den 1930er-Jahren – in der Sammlung.

„Fotografien berühren“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung in Dahlem, die sich zum Ziel gesetzt hat, eben jene Fotografien aus Lateinamerika neu zu erschließen und dabei nicht die Forschungsreisenden oder Entdeckungen in den Fokus zu rücken, sondern die Abgebildeten.

Die Präsentation entstand in Kooperation des Ethnologischen Museums mit dem Museum für Asiatische Kunst in Berlin-Dahlem und ist Teil der dritten sogenannten Probebühne des Humboldt Lab. In Vorbereitung auf den Umzug der beiden Museen und ihrer Sammlungen in das im Bau befindliche Berliner Stadtschloss experimentieren Kuratoren und Gestalter mit neuen Ausstellungsformen, die vor allem neue Perspektiven auf die Sammlungen ermöglichen sollen.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/12/12/wenn-bilder-ploetzlich-laecheln/

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Dokumentarische Fotografie und visuelle Soziologie

„Familie E. (Ärztin, Archäologe) am Esstisch“ (Berlin, Mai 1985)

 

In der Ausgabe „Soziale Ungleichheit im Staatssozialismus“ der „Zeithistorischen Forschungen“ (Heft 2/2013) findet sich ein interessanter Artikel zu dokumentarischer Fotografie und visueller Soziologie. Agneta Jilek stellt in ihrem Aufsatz die Serie „Familienporträts“ des ostdeutschen Fotografen Christian Borchert vor, die sich in dem Spannungsfeld „zwischen zeithistorischem Dokument, sozialhistorischer Quelle und subjektiv-künstlerischer Aussage“ bewegt. Ab 1979 fotografierte Borchert mehrere hundert Familien in der DDR, meist in ihrer privaten Umgebung, teils als Selbstauftrag, teils gefördert von der Gesellschaft für Fotografie. Jilek untersucht in ihrem Aufsatz eine Auswahl von Bildern unter der Fragestellung, welches Gesellschaftsbild und welche Indizien sozialer Ungleichheit sich in den Fotografien widerspiegeln.

Die Autorin Agneta Jilek ist Doktorandin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und am Graduiertenzentrum Geistes- und Sozialwissenschaften der Research Academy Leipzig. Sie ist Promotionsstipendiatin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und beschäftigt sich in ihrer Dissertation mit der Thematik „Der Arbeiterstaat im Bild: Die Repräsentation von Arbeit in der künstlerischen DDR-Fotografie der 1970er und 80er Jahre“.

Siehe dazu auch eine Rezension zu Borcherts im Jahre 2014 erschienenen Buch „Familienporträts.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2013/11/08/dokumentarische-fotografie-und-visuelle-soziologie-christian-borcherts-familienportraets-aus-der-ddr-der-1980er-jahre-von-agneta-jilek/

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Gerhard Richters Tafelwerk – Der Atlas im Lenbachhaus

Richter_Micromega_Presse24_220_02Vollendet! Nein! Gerhard Richters Schubladen sind noch voller Ideen und Projekte.  Und so wird in München “nur” der vorläufig endgültige ATLAS von Richter ausgestellt.

Für Helmut Friedel ist es die letzte Ausstellung als Leiter des Münchner Lenbachhauses. Dabei ist ihm noch einmal Großes gelungen. Es ist die 100. Richter-Ausstellung im Lenbachhaus und damit auch ein persönlicher Dank des Kurators und zugleich eine Hommage an Gerhard Richter und seinen Bilderkosmos, der in seiner Einzigartigkeit und Vielfalt seines Gleichen sucht.

Der ATLAS besteht aus tausenden von Fotos, Skizzen und Zeitungsausschnitten die Richter seit 1962 sammelt und seit 1965 auf Kartons aufklebt. Während die ersten Tafeln ein Sammelsorium verschiedener Zeitungsbilder sind, die von einander unabhängig nebeneinander zum Stehen kommen, beginnt Richter später seine Tafeln nach Motiven und Projektskizzen zu sortieren.

Manche dieser Motive arbeitet Richter zeitnah und manche später zu Gemälden aus. Andere Motive nimmt der Künstler immer wieder auf, experimentiert mit ihnen und verwirft sie am Ende doch. Dazu gehören zum Beispiel die Holocaust-Bilder. Bilder von Konzentrationslagern, die die Opfer des Nationalsozialismus zeigen. Ihr Überleben bei vollkommenen Verlust ihrer menschlichen Würde, hat den Künstler zusehends bewegt. Erste Überlegungen, den Bilder habhaft zu werden und in Kunstwerke zu überführen, gehen auf die 60er Jahre zurück. Damals verwirft der Künstler die Bilder und die daran gebundene Ausstellungsidee. Als Richter ein Kunstwerk für den Deutschen Reichstag in Berlin entwerfen soll, denkt er zuerst die Installation jener Bilder des Holocaust. Er projiziert sie auf die Fläche, tausende Bilder von unbeschreibaren Schicksalen, die die Geschichte Deutschlands und damit verbundene Verantwortung für die Zukunft anzeigen. Erst nach langem Hin- und Her entscheidet sich Richter gegen die Fotoinstallation, zu kleinteilig und unübersichtlich wirkt das Werk. Die Fotos machen der Farbfeldmalerei Platz, die wenig später dem endgültigen Entwurf der deutschen Flagge weicht.

Anhand dieser Werkgruppe wird die Bedeutung des “Atlas” deutlich. Er ist das Bildgedächtnis des Künstlers. Dabei handelt es sich um Motive und Ideen, die den Künstler oft aus einem unbenennbaren Grund faszinieren. Darunter befinden sich Motive und Ereignisse, die nicht in Worte gefasst werden können und denen Richter versucht mit dem Pinsel gerecht zu werden: formal, inhaltlich, moralisch sowie ästhetisch.

Bis zum 9. Februar ist der Bilderkosmos Richters in München zu sehen. Einen Einblick in die Ausstellung geben diverse TV-Beiträge:

 

Gerhard Richter. Atlas – Mikromega
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau
23. Oktober 2013 bis 9. Februar 2014

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/1091

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Der Maler und das Model(l)

Heidi malt - und es verwundert kaum. In Köln wird im August ein Bild der modelnden Moderatorin zu sehen sein. Für dieses stand sie jedoch nicht vor der Staffelei, sondern als Künstlerin dahinter. Zugegeben das Œuvre der aus Bergisch Gladbach stammenden Klum ist an einer Hand abzuzählen. Vier Bilder hängen bei den Eltern. Das in Köln ausgestellte fünfte Werk schenkte die damals 19-Jährige ihrem Freund zu Weihnachten. Unkonkret, mutig in Farbwahl und Auftrag zeigt es einen Frauenakt vor blauen Grund, dessen opulente Figur an den Körperidealen des Top-Models zweifeln lässt.

Vom 1. bis 4. August ist dieses Bild neben Werken von weiteren 14 Künstlern, darunter Carsten Mora-Haffke, Ilsabé von Dallwitz und Klaus Tenner zu sehen. Die Ausstellung wird ergänzt durch Arbeiten von Norbert Bisky und Gerhard Richter. Wie es zu dieser bunten Mischung gekommen ist, verrät Ralf Reichartzs, Veranstalter und ausstellender Künstler zugleich, in einem Gespräch mit der Kölnischen Rundschau.

Durch diese Ausstellung wird nun auch Heidi Klum im Gerhard Richter Archiv abgelegt. Damit reiht sie sich in eine Rige von internationalen Prominenten ein zu der auch die Schauspielerin Heike Makatsch, die Pet Shop Boys und Eric Clapton sowie der Innendesigner Rick Mulligan gehören. Während Makatsch gegenüber dem Magazin Schöner Wohnen ihre Vorliebe für die Kunst Richters eingesteht (Nr. 5/2013, S. 194), sind die Pet Shop Boy’s der Überzeugung, auch ohne ein Werk von Gerhard Richters an der Wand glücklich zu sein (Love etc., Album: Yes, 2007). Diesem Motto von 2007 folgte Eric Clapton fünf Jahre später und veräußerte das Abstrakte Bild (809-4) von Gerhard Richter. Im Gegensatz dazu würde Mulligan, den Kölner Künstler mit auf einsame Insel nehmen (Express Köln, 20. April 2013, S. 30).

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den “kuriosen” Episoden des Archivs. Ich bin mir sicher, es werden Weitere folgen!

Ausstellungsinformationen

Zu Besuch 7
Gemeinschaftsausstellung 1.-4. August 2013
Flughafen Butzweilerhof
Butzweilerstr. 35-39
50829 Köln (Ossendorf)

 

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/1013

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Gerhard Richter. Streifen + Glas

Painting / MalereiDie Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zeigen ab dem 13. September 2013 in drei Räumen des Albertinums neue, überwiegend für diese Ausstellung entstandene Werke von Gerhard Richter aus den aktuellen Produktionen der Streifenbilder und Glasobjekte.

Die Serie der Streifen entsteht seit 2011. Gerhard Richters Malerei ist dabei das Ausgangsmaterial für die neuen computergenerierten Werke. Dafür hat er das Gemälde „Abstraktes Bild“ (724-4) von 1990 digital in 4096 Ausschnitte zerlegt, die Details gespiegelt, multipliziert, neu kombiniert und als bis zu zehn Meter lange horizontale Streifenbilder gedruckt. Zwei Arbeiten in diesem Format hat Gerhard Richter für eine permanente architektonische Situation in Japan entworfen. Die Ausstellung bietet die Gelegenheit diese spektakulären Streifen zuvor in Dresden zu sehen.

Die Streifen zeigen vor allem auch die ungebrochene Kreativität des 1932 in Dresden geborenen Künstlers. Mit Hilfe eines computergesteuerten Bildverfahrens interpretiert Gerhard Richter seine abstrakte Malerei neu und gelangt dabei zu überraschenden Bilderfindungen. Richter selbst hat ihren Entstehungsprozess als eine Kombination aus Zufall und kontrolliertem Eingriff beschrieben: „Es läuft auf ein sowohl-als auch hinaus: mit dem Zufall was entstehen lassen und dann das Passende zuwählen und neu zusammenstellen.“

Glas spielt in dem Werk von Gerhard Richter bereits seit den 1960er Jahre eine wichtige Rolle. Richters neueste Glasarbeit wird ebenfalls in Dresden ihre Premiere haben und ist eine Weiterentwicklung der Skulptur „9 Stehende Scheiben“ (879-3) von 2002/2010, die gleichzeitig in der ständigen Sammlung im Albertium zu sehen ist. In dem neuen, noch unbetitelten Objekt lehnen die Gläser wie die Flächen eines Kartenhauses aneinander und bieten dem Betrachter eine komplexe Wahrnehmungssituation von Durchblicken und Spiegelungen.

Die Ausstellung Gerhard Richter. Streifen + Glas entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Winterthur, wo sie vom 18. Januar 2014 an zu sehen sein wird.

Der Katalog zur Ausstellung wird im Verlag der Buchhandlung Walther König erscheinen.

Quelle: http://gra.hypotheses.org/994

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FES: Jahresberichte der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte 2008 ff.

http://www.ebert-gedenkstaette.de/pb/,Lde/Startseite/Service/Rueckschau.html Die Jahresberichte der Stiftung geben Einblicke in die vielfältige Stiftungsarbeit, welche über Ausstellungen und Vorträge bis hin zu Publikationen und Forschungsarbeit reicht. Die Berichte dokumentieren detailliert sämtliche Aktivitäten der Stiftung, welche die facettenreiche Persönlichkeit und das damit verbundene Wirken Friedrich Eberts aufzeigen.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/07/4571/

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“Emma, die Nackte” oder vom Akt im öffentlichen Raum

 

L'art Vivant_Novembre 1970
Einst wurde Édouard Manét mit seinem Gemälde “Le Déjeuner sur l’herbe” aus dem Salon verjagt. Das Paris der Jahrhunderwende war der Nacktheit der bekannten Prostituierten moralisch nicht gewachsen. Nach hundert Jahren – so könnte man denken - ist der nackte Körper in der modernen Kunst etwas Normales geworden. Auf den ersten Blick ist dem so. In der Kunstwelt der Theater, Museen, Galerien und Kunstmagazine ist der Akt und das Nacktsein als Motiv und Ausdrucksform etabliert. Doch in der Welt des Internets bekommen genau diese Werke immer wieder Probleme. Zum Schutz der Minderjährigen wird auf die Abbildung des Nackten verzichtet. Dies ist zu begrüßen, würde damit nicht auch die Kunstwelt zensiert.

In den letzten drei Jahren hat Facebook mehrmals Museumsseiten gesperrt, weil scheinbar pornographisches Bildmaterial präsentiert wurde. Dass es sich hierbei aber um Kunstwerke gehandelt hat, war der Social-Media-Plattform leider nicht bekannt. Jüngstes Opfer ist das Museum Jeu de pomme, dass auf der Facebook-Seite für eine Ausstellung von Laure Albin Guillot werben wollte und dazu ein Foto mit einer blonden nackten “Venus” präsentiert, gepostet hat. Doch deren entblöste Brust war Grund genug, die gesamte Seite für einen Tag zu sperren. Mittlerweile prangert ein schwarzer Balken darüber. Ähnlich erging es der Londoner Saatchi-Galerie mit einem Werk des Fotografen Philippe Halsmann. (1)

2012 wurde auch die Facebook-Seite des Centre Pompidou gesperrt. Das Pariser Museum für die Kunst der Moderne und Gegenwart warb mit einem der wohl bekanntesten Werke Gerhard Richters für die Panorama Ausstellung. Dabei handelte es sich um das Gemälde “Ema (Akt auf einer Treppe)” aus dem Jahr 1966. Das fotorealistische Werk zeigt die erste Frau des Künstlers. Behutsam fast schwebend kommt sie die Treppe herunter. Die Architektur hinterlegt den weiß-golden schimmernden Akt mit einem unwirklichen Grün. Die Portraitierte blickt konzentriert nach unten, als ob sie den Maler oder Betrachter nicht zur Kenntnis nehmen will. Darüber hinaus ist die Darstellung aufgrund der Unschärfe, die der Künstler dem fotorealistischen Bild am Ende durch das gleichmäßige Verwischen der noch feuchten Farbe verlieh, unnahbar fern. Der gemalte Akt rekurriert auf Marcel Duchamps “Akt eine Treppe herabsteigend” von 1912, der sich im Philadelphia Museum of Art befindet. Richter hatte das Bild in einer Krefelder Ausstellung als Fotografie gesehen und nahm es zum Anlass, sich der klassischen Aufgabe der Aktes zu widmen und sich zugleich demonstrativ gegen Duchamps Postulat vom Ende der figurativen Malerei zu wenden.

Die Nähe von Fotografie und Malerie wurde dem Bild jedoch immer wieder zum Verhängnis. Denn Facebook ist nicht die einzige öffentliche Plattform, die versucht hat, das Richter-Werk zu verbannen. Schon kurz nach der Entstehung des Bildes war sich die Kunstwelt uneinig. So hatte der damalige Direktor der Berliner Nationalgalerie aufgrund der fotografischen Realität, den Ankauf des Bildes vehement abgelehnt: “Ich sammle keine Photos, sondern Malerei”. (2) Und als das Werk 1970 auf dem Cover des französischen Kunstmagazins “L’art vivant” erschien, wurde dem Herausgeber Aimé Maeght  mit einer Anzeige “wegen Verletzung der öffentlichen Moral und des Pornografiegesetzes” gedroht. Erst nachdem er belegt hatte, dass es sich um keine Fotografie, sondern um ein Ölgemälde handle und er sich auf die Tradition der Aktmalerei in der Kunstgeschichte berief, wurde von einer Anklage abgesehen. (3)

Doch am Ende dieser Debatte sollte nicht nur die Kritik am Unwissen der zensierenden Fachggruppen stehen, sondern auch die positive Erkenntnis, dass ein Kunstwerk die Welt immer wieder in Frage stellen kann. Zudem ist es beruhigend zu wissen, dass es Menschen gibt, die die Kunst verstehen und verteidigen, seien es Autoren oder aufgeschlossene Sammler wie Peter und Irene Ludwig, die Richters Akt bereits 1967 erwarben.

 

Anmerkungen

(1) Eva Hess, Prüder als der Vatikan, in: Sonntagszeitung, 21.04.2013.

(2) Dietmar Elger, Gerhard Richter, Maler, Köln 2008, S. 130-134.

(3) EB, Emma, die Nackte, in: Kölner Stadtanzeiger, 29.12.1970.

 

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/722

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Ausstellung: Gelehrte Objekte? – Wege zum Wissen im Wiener Volkskundemuseum

Am 10. April 2013 eröffnet im Wiener Volkskundemuseum eine Ausstellung mit Objekten aus den Sammlungen der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, sie ist bis 27. Oktober 2013 zu sehen. Vertreten ist auch die Sammlung Frauennachlässe des Instituts für Geschichte, und es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm.

Universitäre Sammlungen geraten zunehmend in den Blick der Öffentlichkeit. Im Unterschied zu den in Museen eingelagerten Objekten handelt es sich dabei zumeist um Resultate aus Forschungsprozessen und Vermittlungsarbeit.
Diese Ausstellung versammelt erstmals eine Auswahl der Bestände der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. „Popstars" der lebensgeschichtlichen Aufzeichnungen, 5000 Jahre alte Äxte, epische Haushaltsbücher, ägyptische Scheingefäße, griechische Spielfilme, papierene Abklatsche, Apollonköpfe, persönliche Nachlässe, sexistisches Stroh, professorale Klocks, kybernetische Dias, die „Welt Allg." und vieles mehr - sie alle bilden den Kosmos wissenschaftlichen Arbeitens.
Unterschiedlichste Beiträge aus den Fächern Ägyptologie, Alte Geschichte, Byzantinistik und Neogräzistik, Europäische Eth-nologie, Geschichte, Klassische Archäologie, Kunstgeschichte, Numismatik und Geldgeschichte, Ur- und Frühgeschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie Zeitgeschichte bieten faszinierende Einblicke.
Ein Projekt des Volkskundemuseums und der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und drei Gesprächsstationen („Kabinett für Imaginationen") von Science Communications Research.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/326526852/

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