Wikipedia als Anschauungsbeispiel für kooperative Narrationen

[Ein Beitrag in der Reihe der Open Peer Review-Publikation „Wikipedia in der Praxis“ – Nr. 6]

Wikipedia als Anschauungsbeispiel für kooperative Narrationen – ein Wiki-Schulprojekt zum ‘Kalten Krieg’

David Stöckli

 

Wiki – nicht als «gegebenes» Web2.0-Lexikon in Form von Wikipedia.org zum blossen Konsumieren, sondern als Instrument für kooperatives Lernen – ist ein Methodenwerkzeug, das bereits seit Jahren für den ICT-gestützten Unterricht empfohlen wird. Sucht man in der Fachliteratur1 nach konkreten Unterrichtsbeispielen für das gemeinschaftliche Erstellen eines Wikis, fällt auf, dass es sich 1. oft um Unterrichtssequenzen in Schulstufen vor Sekundarstufe II und 2. um sehr überschaubare, für einen kurzen Zeitraum (2-4 Lektionen) angelegte Phasen in einer Unterrichtseinheit handelt.

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Quelle: http://dwgd.hypotheses.org/517

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Egon Bahr und die Neue Ostpolitik

Am 19. August 2015 verstarb mit Egon Bahr einer der wichtigsten Vordenker und führenden Mitgestalter der Neuen Ostpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Als enger Vertrauter Willy Brandts und als Bundesminister für besondere Aufgaben (1972–1974) beziehungsweise als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (1974–1976) in dessen Kabinett prägte Bahr wesentlich die auf eine Entspannung des Ost-West-Konflikts ausgerichtete Politik der seit 1969 regierenden sozialliberalen Koalition.

Ziel dieser Politik war die Abkehr von einer sich seit den Gründungstagen der Bundesrepublik verschärfenden Politik der Eindämmung und Abgrenzung beziehungsweise des „Alles oder Nichts“ – insbesondere gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik – zugunsten der mittel- bis langfristigen Anbahnung eines Ausgleichs mit der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten. Als Unterhändler der Bundesregierung war er maßgeblich am Zustandekommen der sogenannten Ostverträge beteiligt, die dieser Politik Ausdruck verliehen.

In den Verträgen von Moskau und Warschau (beide 1970) bekundete die Bundesrepublik  die Unverletzlichkeit der damaligen Grenzen zur DDR und der Volksrepublik Polen und gab somit – zum Verdruss der Heimatvertriebenen – auch formell den Anspruch auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete auf. Dem 1971 zwischen der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich geschlossenen Viermächteabkommen über Berlin, dass u.

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Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/657

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Egon Bahr und die Neue Ostpolitik

Am 19. August 2015 verstarb mit Egon Bahr einer der wichtigsten Vordenker und führenden Mitgestalter der Neuen Ostpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Als enger Vertrauter Willy Brandts und als Bundesminister für besondere Aufgaben (1972–1974) beziehungsweise als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (1974–1976) in dessen Kabinett prägte Bahr wesentlich die auf eine Entspannung des Ost-West-Konflikts ausgerichtete Politik der seit 1969 regierenden sozialliberalen Koalition.

Ziel dieser Politik war die Abkehr von einer sich seit den Gründungstagen der Bundesrepublik verschärfenden Politik der Eindämmung und Abgrenzung beziehungsweise des “Alles oder Nichts” – insbesondere gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik – zugunsten der mittel- bis langfristigen Anbahnung eines Ausgleichs mit der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten. Als Unterhändler der Bundesregierung war er maßgeblich am Zustandekommen der sogenannten Ostverträge beteiligt, die dieser Politik Ausdruck verliehen.

In den Verträgen von Moskau und Warschau (beide 1970) bekundete die Bundesrepublik  die Unverletzlichkeit der damaligen Grenzen zur DDR und der Volksrepublik Polen und gab somit – zum Verdruss der Heimatvertriebenen – auch formell den Anspruch auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete auf. Dem 1971 zwischen der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich geschlossenen Viermächteabkommen über Berlin, dass u.

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Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/657

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Egon Bahr und die Neue Ostpolitik

Am 19. August 2015 verstarb mit Egon Bahr einer der wichtigsten Vordenker und führenden Mitgestalter der Neuen Ostpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Als enger Vertrauter Willy Brandts und als Bundesminister für besondere Aufgaben (1972–1974) beziehungsweise als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (1974–1976) in dessen Kabinett prägte Bahr wesentlich die auf eine Entspannung des Ost-West-Konflikts ausgerichtete Politik der seit 1969 regierenden sozialliberalen Koalition.

Ziel dieser Politik war die Abkehr von einer sich seit den Gründungstagen der Bundesrepublik verschärfenden Politik der Eindämmung und Abgrenzung beziehungsweise des “Alles oder Nichts” – insbesondere gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik – zugunsten der mittel- bis langfristigen Anbahnung eines Ausgleichs mit der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten. Als Unterhändler der Bundesregierung war er maßgeblich am Zustandekommen der sogenannten Ostverträge beteiligt, die dieser Politik Ausdruck verliehen.

In den Verträgen von Moskau und Warschau (beide 1970) bekundete die Bundesrepublik  die Unverletzlichkeit der damaligen Grenzen zur DDR und der Volksrepublik Polen und gab somit – zum Verdruss der Heimatvertriebenen – auch formell den Anspruch auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete auf. Dem 1971 zwischen der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich geschlossenen Viermächteabkommen über Berlin, dass u.

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Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/657

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Cold War Games ™ – Die Marke Kalter Krieg im Digitalen Spiel

von Eugen Pfister

Am Freitag dem 27. November 2015 werde ich bei der diesjährigen Jahrestagung 2015 des Arbeitskreises Militärgeschichte “Krieg und organisierte Gewalt im Computerspiel – Militärhistorische Narrative, Räume und Geschichtsbilder” teilnehmen und einen Kalten Krieg-Diskurs im digitalen Spiel vorstellen. (Zuvor hatte ich bereits im Februar 2012 an der Humboldt Universität im Rahmen des Intensive Programmes „Cold War Society“ zu dem Thema vorgetragen).

Die Geschichte des Digitalen Spiels ist auf mehreren historischen Ebenen eng mit der des Kalten Kriegs verbunden. Auf einer ersten – technologiehistorischen – Ebene verdanken Computerspiele ihre Entstehung der Entwicklung des Mikroprozessors, welcher  wiederum ein Produkt des technologischen Wettrennens zwischen Ost und West ist. [1] Auf einer zweiten – diskursiven – Ebene dominierte der Kalte Krieg als zeitgenössischer und umfassender Konflikt das politische Feld bis Ende der 1980er Jahre, was übrigens mit einer ersten Expansionsphase des digitalen Spiels zusammen fällt. Auf einer dritten – ebenfalls diskursiven – Ebene wurde er nach 1989/1991 zu einer (historischen) Marke mit Wiedererkennungswert, auch im Computerspiel. Er wurde zum – mehr oder minder überzeugenden – Verkaufsargument.

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Quelle: https://spielkult.hypotheses.org/207

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CfP: Photo Transfer in Cold War Europe

Harald Schmitt (Fotograf), Nationales Jugend Festival der DDR in Ost-Berlin.
Unter dem Motto „Wir schützen unser sozialistisches Vaterland“ werden schon Kinder mit Waffen vertraut gemacht. Bei der Veranstaltung im Friedrichshain sind Minipanzer auf der Basis des Trabant  Autos zu sehen, Berlin 1979,
Film: 79 0633  Negativ: 20 © ‎Harald Schmitt, mit freundlicher Genehmigung

When Hungarians protested against their socialist government and the rise of Soviet influence on domestic policies in 1956, West German photographer Rolf Gillhausen spontaneously drove his car to Budapest and soon returned to Hamburg, where his photographs were published by the West German Stern magazine. Twelve years later, Czech photographer Josef Koudelka took pictures of the Prague Spring events and sent them to London where Magnum Images distributed them all over the world. Starting in 1974, Thomas Hoepker, who would later become president of Magnum, worked for Stern magazine in East Germany, although GDR authorities openly rejected his images because they painted a rather unflattering picture. In turn, the GDR’s ADN-Zentralbild sent its staff out to document political life in the Federal Republic. Western editors bought the images of Eastern photo agencies like Zentralbild, MTI, and TASS, while Eastern editors bought those of AFP, Reuters, or AP Images. At the same time, Hungarian picture editors reprinted photographs published by Western magazines without even clearing the rights or paying fees—a practice which they laxly called “scissor journalism.”

In many cases, personal contacts between individuals enabled an informal exchange of photographs and ideas. Robert Capa’s visit to the Soviet Union (1947), Henri Cartier-Bresson’s visit to East Berlin (1962), and East German Ute Mahler’s trip to Cologne and Paris (1978) show that photographers traveled eastwards as well as westwards. East German State Security reports give evidence that many freelance photographers in the GDR were permanently in touch with colleagues from Western countries.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2015/10/08/cfp-photo-transfer-in-cold-war-europe/

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Das zweite Ende des Zweiten Weltkriegs: Hiroshima 1945-2015

Der Kenotaph als zentrale Gedenkstätte im Peace Memorial Park von Hiroshima. Foto: A. Renner, August 2015

Der Kenotaph im Peace Memorial Park von Hiroshima: Die in die Gedenkstätte integrierte Flamme soll erst dann erlöschen, wenn die letzte Atombombe auf der Welt verschrottet ist. Foto: Andreas Renner, 6. August 2015

Aus europäischer Sicht wird die Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland immer das Ende des Zweiten Weltkriegs markieren. Doch für die meisten Kriegsteilnehmer war der Mai 1945 nur ein Wende- und kein Endpunkt. Während sich in Europa Kriegserfahrung in Kriegserinnerung verwandelte, gingen die Kämpfe und das Sterben in Ostasien und im Pazifikraum weiter.

Wenige Wochen nach den Feiern zum Tag des Sieges im Westen Eurasiens trat die UdSSR im Fernen Osten erneut in den Krieg ein (am 8. August 1945) und beendete ihn ein zweites Mal an der Seite der Alliierten. Japan gab sich am 15.

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Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/553

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Wie politisch war die Subkultur in Ost und West? Ein Streitgespräch (Podcast)


Cold War Nightlife – The Sound of Cold War Berlin

Podiumsdiskussion, Sage Club Berlin, 9. Juli 2015, 18-20 Uhr

Am Ende klang es fast wie Streit. Als Zeitzeugen aus Ost und West am Pool des Berliner Sage Clubs über die Sound-Geschichte des Kalten Krieges und das Nachtleben der geteilten Stadt diskutierten, lebten alte Gegensätze wieder auf. Einer Berichterstatterin erschien die Diskussion zeitweise wie “ein Wettbewerb zwischen Ost- und West-Punks”. “Der Osten war immer vorbereitet auf den Westen, der Westen aber – und das sieht man auch heute hier – nicht auf den Osten”, kritisierte etwa der Ost-Punk Henryk Gericke, verteidigte die DDR aber gleichzeitig gegen pauschale Kritik des West-Zeitzeugen Dr. Motte.

In einer ungewöhnlichen Kooperation haben der Sage Club gemeinsam mit der Berliner Humboldt-Universität, der University of North Carolina at Chapel Hill, dem Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und der Robert-Havemann-Gesellschaft ein Programm zusammengestellt, dass insbesondere interessierten Jung- und Neu-Berlinern einen Einblick in die aufregende Musikgeschichte der geteilten Stadt bieten sollte.



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Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1889

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Finnland, Russland und die NATO – ein Rollenwandel?

Kürzlich besuchte der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb Berlin. Nachdem er am Vortag den Berlin-Marathon mit neuer persönlicher Bestzeit gelaufen war, standen am darauffolgenden Tag (29.9.) bei seinem Antrittsbesuch politische Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble auf der Tagesordnung.

Both of us got a PB. One of us broke the World Record. The other perhaps the PM Record. #BerlinMarathon. pic.twitter.com/yrIq5UOYQR

— Alexander Stubb (@alexstubb) September 28, 2014

Am Abend schließlich folgte eine Veranstaltung der Körber-Stiftung, an der ich auch teilnehmen konnte: Stubb hielt dort eine gut besuchte Rede zur europäischen Politik gegenüber Russland, vor allem bezogen auf den Krieg in der Ukraine. Wer erwartet hätte, der finnische Regierungschef würde den großen “Russland-Versteher” geben, sah sich getäuscht. Stubb ging zwar auch auf die Rolle Finnlands ein, vertrat aber vor allem eine geschlossene politische Haltung der EU. Sowohl bei dem sich an die konzise Rede anschließenden Q & A als auch in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurden Fragen gestellt, die auf Finnlands Position vis-à-vis der Sowjetunion im Kalten Krieg rekurrierten.

Im Mittelpunkt stand dabei das Wort “Finnlandisierung”, ein Kampfbegriff aus den Zeiten des Kalten Krieges, der aus Sicht des Westens die vorsichtige finnische Politik vis-à-vis der Sowjetunion benennen und kritisieren sollte. Aufgekommen war der Begriff eigentlich in konservativen bundesdeutschen Politikerkreisen, die damit die aus ihrer Sicht allzu nachgiebige neue Ostpolitik der Regierung Brandt diskreditieren wollte. So wie Finnland den Sowjets zu viele Zugeständnisse mache, bedeute Brandts Politik der Annäherung ein Feilschen um die Werte der westlichen Demokratie. 2010 erkannte die in Moskau erscheinende regierungskritische Moscow Times mögliche Anzeichen für eine “Finnlandisierung Georgiens und der Ukraine“.

Alexander Stubb, seit dem 24.6.2014 finnischer Ministerpräsident Flickr, CC-BY-NC-ND Ville Oksanen

Alexander Stubb, seit dem 24.6.2014 finnischer Ministerpräsident
Flickr, CC-BY-NC-ND Ville Oksanen

Noch heute empfindet Stubb bei der Frage, ob man der Ukraine eine Politik der Finnlandisierung empfehlen solle, dieses als Schimpfwort. Dennoch verweist er unmittelbar darauf, dass diese Politik Finnland erlaubt habe, ein demokratischer Staat zu bleiben. In der historisch-politischen Forschung Finnlands ist der Begriff der Finnlandisierung inzwischen längst angekommen – als Beschreibung einer Periode in der finnischen Politik, die vor allem mit dem Namen Urho Kekkonens verbunden bleibt.  Finnlandisierung bezeichnet ein übervorsichtiges Agieren in der finnischen Außen- und Sicherheitspolitik, das vor allem darauf angelegt war, Irritationen seitens der Sowjetführung so früh wie möglich zu antizipieren und entsprechend zu handeln. Ziel war es, ein Eingreifen der UdSSR in die finnische Innenpolitik wie in den 1950er und 1960er Jahren zu vermeiden. Dies reichte vor allem in den 1970er Jahren soweit, dass sich die finnischen Medien eine weitgehende Selbstzensur auferlegten und kritische Stimmen gegenüber dem großen Nachbarn vermieden. Die finnische Geschichtswissenschaft hat den Begriff – von seiner polemischen Note befreit – also als Analysebegriff akzeptiert und verwendet ihn mittlerweile regelmäßig.

Abgesehen von Stubbs Ablehnung des Begriffs spiegelt sich in seiner Rede und Interviews im Umfeld des Berlin-Besuchs der Rollenwandel, den Finnland seit einiger Zeit vollzieht, wider. Die Süddeutsche Zeitung spricht im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise vom “Ende der Neutralität” in Skandinavien und sieht Schweden auf einer ähnlichen Linie wie Finnland: Die beiden seit Jahrzehnten durch ihre Neutralitätspolitik bekannten Staaten rücken immer stärker an die NATO heran. Beide Länder stehen seit zwei Jahrzehnten durch das Partnership for Peace-Programm in einer engen Kooperation mit dem nordatlantischen Militärbündnis. Doch für Schweden, das 2014 auf 200 Jahre ohne Kriegsbeteiligung zurückblickt und für Finnland, das sich durch seine – völkerrechtlich letztlich nie verankerte – Neutralitätspolitik vor einer zu starken Vereinnahmung durch Moskau retten konnte, galt die Neutralität lange als in die jeweilige Identität und Selbstwahrnehmung eingebrannt.

Diese Zeiten sind nicht erst seit der Ukraine-Krise vorüber. Bereits der Georgien-Konflikt 2008 hatte Stubb, damals finnischer Außenminister, zu der Stellungnahme “Wir müssen unsere Sicherheitspolitik neu bewerten” veranlasst und gefordert, man solle eine NATO-Mitgliedschaft erwägen. In einem Interview mit der englischen Ausgabe von Spiegel Online meinte er jüngst gar, Finnland hätte bereits 1995, als das Land der EU beitrat, gleichzeitig der NATO beitreten sollen. Unter den Umständen der damaligen Zeit wäre dies wohl kaum zu machen gewesen – in der öffentlichen Debatte in Finnland galt das Thema bis zum Präsidentschaftswahlkampf 2011/2012 als Tabu, auch wenn es gelegentliche Äußerungen in dieser Richtung gab. Präsident (seit 2012) Sauli Niinistö – Parteifreund von Stubb in der konservativen “Kokoomus” [Nationale Sammlungspartei] – hat sich anfangs eher vorsichtig oder gar mahnend in der Frage einer finnischen NATO-Mitgliedschaft geäußert. Doch nun scheint die Angelegenheit zusehends auf die politische Tagesordnung zu geraten. Im Sommer dieses Jahres gab es bereits ein von Niinistö initiiertes Strategietreffen. Experten erwarten zwar, dass das Thema nicht vor den nächsten Parlamentswahlen im April 2015 hohe Dringlichkeit erhalten werde. Im September unterzeichneten beide Länder ein so genanntes Host-Nation-Support-Abkommen mit der NATO, welches engere Zusammenarbeit ermöglicht. Ein möglicher Schritt Finnlands und Schwedens hin zu einem NATO-Beitritt könnte aber für das Folgejahr durchaus anstehen. Russland hat beide Länder bereits vor den Konsequenzen eines solchen Schrittes gewarnt, ohne zu benennen, worin diese bestehen könnten.

Warum beschäftige ich mich hier auf dem NordicHistoryBlog mit solcher Zukunftsmusik und Spekulation? Für den Historiker ist es interessant zu beobachten, wie zwei neutrale Länder eine historisch gesehen sehr langlebige essentielle politische Leitlinie im Lichte der momentanen Entwicklungen überdenken. Wir beobachten also gerade, wie sich ein historischer Paradigmenwechsel vollzieht. Stubb wehrt Aufforderungen an Finnland ab, seine langjährigen Erfahrungen mit dem russischen Nachbarn in den Dienst der Diplomatie zu stellen und an die Traditionen des Kalten Krieges anknüpfend, als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine aufzutreten. Viele haben dabei die oftmalige Rolle Helsinkis als Ort für Gipfeltreffen der Supermächte oder als Unterzeichnungsort der KSZE-Schlussakte 1975 in Erinnerung. Aber die große Erzählung vom “Land zwischen Ost und West”, die Selbst- und Fremdbild der Finnen über lange Zeit prägten, ist schon seit längerem an ein Ende gekommen. Möglicherweise wird dies aber jetzt erst so recht sichtbar. Stubb unterstreicht in allen seinen Äußerungen, das wichtigste Ereignis in der jüngsten finnischen Geschichte der EU-Beitritt 1995 gewesen sei. Er betont immer wieder mit einer Metapher aus der Sportwelt, Finnland habe sich damals für eine Mannschaft entschieden (die EU) und könne daher nun nicht auf einmal Schiedsrichter sein.

Wenn in Bezug auf den EU-Beitritt 1995 immer wieder gesagt wurde, nun sei  Finnland dort angekommen, wohin es schon lange gestrebt habe, so scheint es dieser Tage so, als würde die Botschaft aufs Neue formuliert und auch jetzt mit der deutlichen Positionierung – auch wenn die Finnen nicht mit allen Teilen der Sanktionspolitik übereinstimmen – zementiert und nochmals deutlicher als bisher manifestiert. Ein Rollenwandel – der abhängige, aus Verlegenheit neutrale Kleinstaat als selbstbewusstes Mitglied der europäischen Staatenfamilie und möglicherweise in einigen Jahren auch Mitglied der NATO.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2572

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Was macht den Menschen aus?

Blick in den Ausstellungsraum

ARCHIV-AUGUST 2022

Die Visual History-Redaktion nutzt den Monat August, um interessante, kluge und nachdenkenswerte Beiträge aus dem Visual History-Archiv in Erinnerung zu rufen. Für die Sommerlektüre haben wir eine Auswahl von acht Artikeln getroffen – zum Neulesen und Wiederentdecken!

(5) Vielleicht plant ja die eine oder der andere eine Urlaubsreise nach Luxemburg. Unbedingt zu empfehlen ist dabei der Besuch von Château Clervaux. Seit 1994 beherbergt es die „Family of Man“-Ausstellung, die 1955 im Museum of Modern Art in New York Premiere feierte, in den folgenden sieben Jahren durch die ganze Welt reiste und in 150 Museen gezeigt wurde. Edward Steichen, damaliger Leiter der Fotoabteilung des MoMA und Kurator der Ausstellung sowie gebürtiger Luxemburger, hatte sich für die permanente Installation im Château Clervaux ausgesprochen. Sein Anliegen war es, in der Nachkriegsära und der Zeit des Kalten Kriegs mittels Fotografien „dem Menschen die Menschheit zu erklären“.



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Quelle: https://visual-history.de/2022/08/22/was-macht-den-menschen-aus/

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