La France occupée – ein neues Forschungsinstrument zur Geschichte Frankreichs im Zweiten Weltkrieg

france_occupee2Wo befanden sich in Frankreich während der Besatzungszeit deutsche Dienststellen, Behörden, Firmen und Banken, wo war ihr französisches Pendant und wie gestaltete sich deren Zusammenarbeit? Unter dieser Fragestellung hat das DHIP deutsche und französische Archivbestände (Behördenverzeichnisse, Diensttelefonbücher, Bottins administratifs etc.) ausgewertet und die Angaben in einer Datenbank gesammelt. Neben Paris und Vichy wurden daher nicht nur die Adressen der deutschen Militärverwaltung (Militärbefehlshaber in Frankreich bzw. ab 1942 auch der Kommandant im Heeresgebiet Südfrankreich), sondern auch die der französischen Regierungsstellen einschließlich der Präfekturen und Regionalpräfekturen in die Onlinepräsentation mit aufgenommen. Ergänzend wurden auf deutscher Seite auch die Dienststellen des Oberbefehlshabers West in Saint-Germain-en-Laye erfasst.

Unter der Adresse www.adresses-france-occupee.fr stellt das DHIP eine interaktive Karte bereit, die die deutschen und französischen Dienststellen in Frankreich während der Zeit der Besatzung in den Jahren 1940 und 1945 zeigt. Neben der historischen und der heutigen Adresse, der aktuellen Straßenansicht und – sofern vorhanden – einem historischen Foto gibt die Seite Aufschluss über die Aufgaben, Zuständigkeiten und Unterstellungsverhältnisse.

Gesucht werden kann nach Städten, Straßennamen oder der Bezeichnung von Gebäuden sowie nach Behörden, Dienststellen, Banken und Firmen. Je nach Art und Umfang der Abfrage vermittelt die Datenbank einen Eindruck vom Alltag, der Präsenz der deutschen Besatzungsmacht sowie nicht zuletzt auch deren Zusammenarbeit mit den französischen Behörden.

Für Recherche stehen dem Benutzer neben dem Suchefeld, der Wahl des entsprechendes Jahres sowie der Unterscheidung nach Ländern auch eine Suche nach Behörden und deren hierarchischem Aufbau zur Verfügung. Über eine entsprechende Auswahl in der Hierarchie sind kombinierte Suchergebnisse möglich. Die Ergebnisse werden entweder auf der Karte oder aber als Liste angezeigt und können exportiert werden (CVS oder PDF).

Die Angaben basieren auf einer systematischen Erfassung der deutschen Diensttelefonbücher und der französischen Behördenverzeichnisse aus der Zeit des Krieges. Sie wurden ergänzt durch Recherchen in deutschen und französischen Archiven, insbesondere den Archives municipales sowie der Auswertung der einschlägigen Nachschlagewerke und der Fachliteratur.

Die Datenbank wird kontinuierlich mit neuen Angaben angereichert, die sich aus den weiteren Forschungen ergeben. Sie erlaubt sowohl die einfache Visualisierung der Suchergebnisse auf einer Karte oder als Liste, als auch kombinierte Recherchen bis hin zum Export der Angaben als PDF-Datei oder in Form eines CSV und erfüllt so alle Anforderungen an ein modernes Forschungsinstrument.

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/2324

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La France occupée – ein neues Forschungsinstrument zur Geschichte Frankreichs im Zweiten Weltkrieg

france_occupee2Wo befanden sich in Frankreich während der Besatzungszeit deutsche Dienststellen, Behörden, Firmen und Banken, wo war ihr französisches Pendant und wie gestaltete sich deren Zusammenarbeit? Unter dieser Fragestellung hat das DHIP deutsche und französische Archivbestände (Behördenverzeichnisse, Diensttelefonbücher, Bottins administratifs etc.) ausgewertet und die Angaben in einer Datenbank gesammelt. Neben Paris und Vichy wurden daher nicht nur die Adressen der deutschen Militärverwaltung (Militärbefehlshaber in Frankreich bzw. ab 1942 auch der Kommandant im Heeresgebiet Südfrankreich), sondern auch die der französischen Regierungsstellen einschließlich der Präfekturen und Regionalpräfekturen in die Onlinepräsentation mit aufgenommen. Ergänzend wurden auf deutscher Seite auch die Dienststellen des Oberbefehlshabers West in Saint-Germain-en-Laye erfasst.

Unter der Adresse www.adresses-france-occupee.fr stellt das DHIP eine interaktive Karte bereit, die die deutschen und französischen Dienststellen in Frankreich während der Zeit der Besatzung in den Jahren 1940 und 1945 zeigt. Neben der historischen und der heutigen Adresse, der aktuellen Straßenansicht und – sofern vorhanden – einem historischen Foto gibt die Seite Aufschluss über die Aufgaben, Zuständigkeiten und Unterstellungsverhältnisse.

Gesucht werden kann nach Städten, Straßennamen oder der Bezeichnung von Gebäuden sowie nach Behörden, Dienststellen, Banken und Firmen. Je nach Art und Umfang der Abfrage vermittelt die Datenbank einen Eindruck vom Alltag, der Präsenz der deutschen Besatzungsmacht sowie nicht zuletzt auch deren Zusammenarbeit mit den französischen Behörden.

Für Recherche stehen dem Benutzer neben dem Suchefeld, der Wahl des entsprechendes Jahres sowie der Unterscheidung nach Ländern auch eine Suche nach Behörden und deren hierarchischem Aufbau zur Verfügung. Über eine entsprechende Auswahl in der Hierarchie sind kombinierte Suchergebnisse möglich. Die Ergebnisse werden entweder auf der Karte oder aber als Liste angezeigt und können exportiert werden (CVS oder PDF).

Die Angaben basieren auf einer systematischen Erfassung der deutschen Diensttelefonbücher und der französischen Behördenverzeichnisse aus der Zeit des Krieges. Sie wurden ergänzt durch Recherchen in deutschen und französischen Archiven, insbesondere den Archives municipales sowie der Auswertung der einschlägigen Nachschlagewerke und der Fachliteratur.

Die Datenbank wird kontinuierlich mit neuen Angaben angereichert, die sich aus den weiteren Forschungen ergeben. Sie erlaubt sowohl die einfache Visualisierung der Suchergebnisse auf einer Karte oder als Liste, als auch kombinierte Recherchen bis hin zum Export der Angaben als PDF-Datei oder in Form eines CSV und erfüllt so alle Anforderungen an ein modernes Forschungsinstrument.

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/2324

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Mobile Apps zur deutsch-jüdischen Geschichte

smartphone-rabbinerhaus-essenUnterwegs auf Informationsangebote zugreifen zu können, die in Handhabung und Darstellung für das mobile Gerät optimiert sind, vielleicht auf den aktuellen Standort Bezug nehmen, womöglich noch die eigenen Forschungsarbeit aktiv unterstützen — die Perspektiven mobiler Anwendungen sind faszinierend.

Ein living document zum Thema »Mobile Apps zur deutsch-jüdischen Geschichte« ist das Ziel unseres Blogbeitrags. Das ist zwar reichlich unscharf formuliert,1 aber die Auswahl ist ja noch überschaubar — oder etwa nicht ?

Es folgt also eine kleine Übersicht als Startpunkt (nicht sortiert und einstweilen mit den Selbstbeschreibungen seitens der Anbieter), sie soll fortlaufend aktualisiert und ergänzt werden. Kommentare, Hinweise auf weitere Apps, Erfahrungsberichte (einfach mal installieren und ausprobieren), Reviews, gern als Gastbeiträge, sind natürlich herzlich willkommen — im Grunde unverzichtbar für das Gelingen.

Das Interesse hängt auch mit Fragen der weiteren Gestaltung der Web-App Orte jüdischer Geschichte zusammen, die sich ebenfalls hier wiederfindet.

Jüdische Orte in Bayern | »Ziel des Projektes Jüdische Orte in Bayern ist ein innovatives virtuelles Jüdisches Museum Bayern. Mit Hilfe der App können vor Ort jüdische Erinnerungsstätten erarbeitet und erfahrbar gemacht werden …Dabei reicht der Blick vom Mittelalter bis in die Gegenwart und den heutigen Umgang mit jüdischen Kulturgütern.« → iOS

JüdischesWien | »Applikation, die BesucherInnen des Jüdischen Museums an Adressen Wiener jüdischer Geschichte führt. Diese Route verbindet die beiden Standorte des Museums in der Dorotheergasse und am Judenplatz.« → Android

Kölns jüdische Geschichte | »Dieser akustische Stadtspaziergang zur jüdischen Geschichte in Köln nimmt Sie anhand von fünf Etappen mit auf eine informationsreiche und bedeutsame Stadttour. Der Ausflug beginnt am historischen Rathaus in der Altstadt und endet auf dem jüdischen Friedhof in Köln-Bocklemünd. Entlang einer akustischen Spurensuche veranschaulicht die App das Schicksal und die Regionalgeschichte der Juden in Köln.« → iOS

Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus | »Die App ermöglicht eine neue Form des Erinnerns an die Opfer des Nationalsozialismus. Sie finden mehr als 200 Erinnerungsorte mit Informationen über Gedenkstätten, Museen, Dokumentationszentren, Mahnmale und Initiativen, die an Menschen erinnern, die unter der NS-Gewaltherrschaft ermordet wurden. Die Orte werden mit einem Kurztext und Hinweisen zum pädagogischen Angebot vorgestellt, außerdem finden Sie Informationen zu Ansprechpartnern, Anfahrt und Öffnungszeiten.« → Android | iOS

Zwangsarbeit. Die Zeitzeugen-App der Berliner Geschichtswerkstatt | »Berlin war ein Zentrum der Zwangsarbeit: Zwischen 1938 und 1945 musste eine halbe Million Zwangsarbeiter – Männer, Frauen und Kinder – in Berliner Fabriken, Dienststellen und Haushalten arbeiten, so viele wie in keiner anderen Stadt Europas. Aus der „Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt, lebten sie in über 3000 Lagern, direkt vor der Haustür der Berliner.« → Android | iOS

Berühmte Grabstätten auf historischen Friedhöfen in Deutschland | Die App zu »1.000 kulturhistorisch bedeutenden Grabmalen« und »37 national bedeutsamen historischen Friedhöfen in Deutschland« thematisiert auch die jüdischen Friedhöfe »Schönhauser Allee« sowie »Weißensee« (beide Berlin), »Langenfelde« und »Altona« (beide Hamburg) sowie den »Heiligen Sand« in Worms. Sie »navigiert den Nutzer zu den einzelnen Grabmalen und vor Ort können die Informationen als Audio-Datei abgespielt werden.« → Web-App

Orte jüdischen Lebens Berlin | »Diese App bietet Informationen zu Orten jüdischen Lebens in Berlin von 1933 bis 1945 … Über eine historische und eine aktuelle Karte sind Orte oder ganze Touren im Stadtgebiet zu finden. Zu jedem dieser Plätze existieren Informationen, Bilder, zum Teil auch Tonaufnahmen oder Filme. Zusätzliche Informationen können über Personenportraits, ein Glossar oder eine Zeitleiste gewonnen werden.« → Android

Visit USHMM (United States Holocaust Memorial Museum): The Museum’s Mobile App | Unter anderem: »My Visit: Create your own itinerary from exhibitions and events specific to the day of your visit. — Personal Stories: Explore the stories of individuals who experienced the Holocaust and refer to them throughout your visit. Discover more through items in our collections, including family photographs, personal artifacts, and videos of Holocaust survivors recounting their stories …« → Android | iOS

Orte jüdischer Geschichte | Die App führt zu ortsbezogenen Online-Artikeln (ca. 2.500, Wikipedia, epidat und weitere) zur deutsch-jüdischen Geschichte im Umkreis des aktuellen Standortes oder eines frei wählbaren Ausgangspunktes in Deutschland (und darüber hinaus). → Web-App

  1. Auf einen Aspekt, die Frage nach der Zielgruppe, weist der Untertitel des empfehlenswerten Beitrags Mobile History von Kristin Oswald hin: »Apps für Geschichtsinteressierte, Apps für Historiker«? Dann der Fokus: auf Inhalt oder auch methodische Hilfsmittel? Dann die Technik: nativ, hybrid, Web-App oder auch eine für mobil geeignete Webseite ? Und deutsch-jüdische Geschichte schließlich ist ohnehin ein mehr als weites Feld …

Quelle: http://djgd.hypotheses.org/444

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Workshop „Bloggen …“: Bloggen in einem kirchlichen Ein-Personen-Archiv

Am 10. November 2014 fand der vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung veranstaltete Workshop „Bloggen in Geschichtswissenschaft und Archivwesen“ statt. Im Rahmen dessen hielt auch Stiftsarchivar Maximilian Alexander Trofaier, der Autor dieser Zeilen, einen Vortrag zum Thema

Bloggen in einem kirchlichen Ein-Personen-Archiv. Ein Erfahrungsbericht

Der subjektive und einschränkende Titel war bewusst mit Blick auf die gegebenen Voraussetzungen gewählt. Als „kirchliches Archiv“, konkreter eigentlich als Klosterarchiv, ist das Archiv des Schottenstifts nichts anderes als ein Privatarchiv. Der Status des „Ein-Personen-Archivs“ birgt auch eine Aussagekraft über die geringe Größe des Archivs. Beide Elemente führen nicht zuletzt auch zu einer deutlich geringeren Öffentlichkeit und Benutzerfrequenz als es in großen Staats- oder Landesarchiven der Fall ist. Dies gilt es auch zu berücksichtigen, wenn man über das Thema Bloggen spricht. Wenn außerdem im Titel von „Bloggen“ die Rede ist, dann bedeutet das im konkreten Fall des Schottenstifts nicht nur Blog sondern auch Facebook.    

Entwicklung

Seit Frühjahr 2013 betreibt das Archiv des Schottenstifts eine Facebook-Seite, seit Sommer 2014 auch einen eigenen Blog auf der Plattform Hypotheses.org, und es kann damit (zumindest in Österreich) durchaus als Vorreiter im Bereich der kleinen Archive betrachtet werden. Da die Erfahrungswerte für Facebook aufgrund der längeren Dauer etwas umfassender sind, macht es Sinn, sich in diesen Ausführungen auf die Facebook-Seite des Archivs zu konzentrieren.

Es ist nicht uninteressant, sich einmal anzusehen, welche österreichischen Archive überhaupt auf Facebook vertreten sind.1 Zunächst sind da das Diözesanarchiv St. Pölten, das Österreichische Staatsarchiv und das Archiv der Erzdiözese Salzburg, die seit Juni bzw. August 2010 auf Facebook sind und damit auch zu den ältesten Facebook-Seiten von Archiven des deutschsprachigen Raums überhaupt gehören. 2012 gab es ca. zwei Monate eine Seite des Stadtarchivs St. Andrä im Lavanttal, außerdem eine Seite von Bibliothek und Archiv des Zisterzienserstiftes Zwettl, die aber nie mit Inhalt befüllt wurde und inzwischen auch nicht mehr existiert. Seit April 2013 ist das Grüne Archiv, das bei der Grünen Bildungswerkstatt angesiedelte Archiv der politischen Partei „Die Grünen“, auf Facebook vertreten. Dann kam bereits das Archiv des Schottenstifts im Mai 2013, also auch erst vor eineinhalb Jahren. Im Oktober 2013 legte sich das Stadtarchiv Wels eine Seite zu, die aber bisher wenig mit Inhalt befüllt wurde. Seit Jänner 2014 gibt es noch die Seite von Archiv und Bibliothek des Benediktinerstiftes Admont.

Wenn man sich jetzt jene Seiten ansieht, die tatsächlich aktiv sind, dann stellt man fest, dass neben dem Staatsarchiv und dem Archiv einer politischen Partei vier kirchliche Archive (zwei Diözesanarchive, zwei Klosterarchive) auf Facebook vertreten sind. So traurig dies aus Sicht der Archivlandschaft erscheinen mag, so sehr bedeutet dies aber gleichzeitig – zumindest theoretisch – auch, dass die einzelnen österreichischen Archive mit Facebook-Seite aufgrund der geringen Konkurrenz eine vergleichsweise starke öffentliche Wahrnehmung verzeichnen können.

Pastorale Funktion

Ist es ein Zufall, dass bei dieser Auflistung kirchliche Archive scheinbar in der Überzahl sind? Hierzu sollte eine weitere Überlegung in Betracht gezogen werden:

Die Diskussion über eine Präsenz im Web 2.0 wird ja nicht nur von den Historikern und Archivaren geführt, sondern seit einigen Jahren auch von den Kirchen, und so stellen sich einem Klosterarchiv die damit verbundenen Fragen in doppelter Weise – wobei die Motivationsgründe im übertragenen Sinn ganz ähnliche sind. Von einer kirchlichen Präsenz im Web 2.0 erwartet man sich einerseits eine stärkere und positivere öffentliche Wahrnehmung sowie andererseits neue Möglichkeiten der Pastoral, der Ansprache des Einzelnen – man könnte auch sagen der Benutzerbetreuung.

Aus dieser sowohl auf höheren kirchlichen (diözesanen) Ebenen als auch hausintern geführten Diskussion heraus erschien es dem Archiv des Schottenstifts nicht nur als Archiv sondern auch als kirchliche Institution als ein Gebot der Stunde, auf Facebook präsent zu sein, zu zeigen, in welchem Ausmaß den Klöstern auch – bzw. auch den Klöstern – Aufgaben der Kulturgüter- und Wissenschaftspflege auferlegt sind, und dass sie diese Aufgaben vielleicht nicht gar so schlecht bewältigen.

Effekte

Was sind aber nun die Effekte dieser Blogtätigkeit, die für das Archiv des Schottenstifts konkret festgemacht werden können? Natürlich freut man sich über eine gesteigerte öffentliche Wahrnehmung mit Fans aus ganz Europa und Übersee. Tatsächlich hat das Archiv auch schon die eine oder andere Forschungsanfrage aufgrund von Facebook- und Blogbeiträgen verzeichnen können. Aber der wohl wesentlichste Effekt steht im Zusammenhang mit der Positionierung des Archivs auch innerhalb des Klosters – und dies ist wiederum ein Aspekt, der nicht nur für kirchliche Archive sondern für alle kleinen Archive innerhalb einer größeren Institution wichtig erscheint. Man kann in diesem Zusammenhang von nach innen gerichteter Öffentlichkeitsarbeit sprechen.

Man neigt oft dazu, als Adressatenkreis von Öffentlichkeitsarbeit eher Personen anzusehen, die außerhalb der eigenen Institution stehen. Dabei darf aber nicht vernachlässigt werden, dass eben auch jene Personen, die zwar außerhalb des Archivs aber innerhalb der Institution stehen, potentiell Anzusprechende sind. Neben Forschenden, Studierenden, Kollegen in anderen Archiven und interessierten Laien finden sich unter den Abonnenten der Facebook-Seite des Archivs auch viele Personen aus dem erweiterten Dunstkreis des Klosters, Angestellte aus anderen Teilbereichen des Stiftes (dem Kammeramt, dem Klosterladen, dem Gästehaus) aber auch direkt einige Mitglieder des Konvents. Und von all diesen bekommt man, wenn man sie trifft, stets außerordentlich positive Rückmeldungen zu den Mitteilungen auf Facebook.

Der Blog des Archivs hat hier natürlich nochmals eine neue Dynamik gebracht, weil ja nicht jeder bei Facebook angemeldet ist (was für die Ansicht der dortigen Seite jedoch gar nicht notwendig wäre). Neben der nun möglichen Ausführlichkeit waren vor allem auch Überlegungen hinsichtlich der breiteren Zugänglichkeit ausschlaggebend für die Eröffnung des Blogs und die damit verbundene Verlagerung bzw. Erweiterung der auf Facebook begonnenen Aktivitäten.

Die Wahrnehmung des Archivs und der hier geleisteten Arbeit hat sich nicht nur in der Öffentlichkeit sondern auch innerhalb des Klosters drastisch gesteigert. Diese Positionierung des Archivs innerhalb der Institution, die Schaffung eines Bewusstseins für die Aufgaben und die Anliegen des Archivs, ist ein ganz wichtiger Punkt, wenn man in einem Ein-Personen-Archiv nicht traurig vereinsamen möchte. Schon allein aus diesem Grund kann Archivarinnen und Archivaren das Bloggen im Archiv nur ans Herz gelegt werden.

  1. Vgl. hierzu die Angaben bei Uwe Heizmann: Deutschsprachige Archive bei Facebook (Stuttgart/Pottsdam 2012), in: Multimediale Geschichte, hg. von dems., online unter http://www.multimediale-geschichte.de/bilder_co/heizmann_uwe_-_dtspr_archive_b_facebook.pdf (13. November 2014); die Liste „Archive aus dem deutschsprachigen Raum auf Facebook“ von Klaus Graf auf dem Blog „Archivalia“, online unter http://archiv.twoday.net/stories/235546744 (13. November 2014); sowie die Liste „Archive im deutschsprachigen Raum“ von Maria Rottler auf Facebook, online unter http://www.facebook.com/lists/4881539393737 (13. November 2014).

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/555

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“Wie ich als Nachkriegskind trotzdem vom Krieg geprägt bin”

Elin Goldberg1  (geb.  1959)  schreibt über Ihre Erfahrungen aus der Generation der Nachkriegskinder, also der Kinder, die mit Eltern aufgewachsen sind, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt haben. Sowohl der Artikel bei Brigitte.de, als auch die Kommentare sind sehr lesenswert und aufschlussreich.

http://www.brigitte.de/frauen/stimmen/nachkriegskind-1220230/

Sie berichtet über die Erfahrungen aus ihrer Kindheit:

“Immer wieder sah ich an sonntäglichen Kaffeetafeln der Überlebenden in erstarrte Gesichter, wurden Gespräche abgebrochen, wenn wir Kinder vom Spielen ins Wohnzimmer zurückrannten, wo die Stimmung derweil von Kümmel und Korn verzweifelt erhitzt war. An diesen Sonntagen verdichtete sich mein Gefühl, dass das, was mir gezeigt und gesagt wurde, nicht mit dem übereinstimmte, was ich spürte.”

Diese Gefühlswelten blieben noch lange Zeit bestehen. Zum Ende des Artikels und im Rückblick aus dem Erwachsenenalter bleibt Ihr die Frage:

“Welche Bedeutung hat dieses Thema für die Enkelgeneration, welche konkreten Folgen für die Global Players, die in Peking und London studieren, worldwide deutsches Markenbier trinken und Frisuren tragen, die meine niederländische Freundin – mittlerweile lächelnd – als Nazi-Chic bezeichnet? Was haben wir an sie weitergegeben?”

Solche Artikel sind eine Fundgrube an Ideen und Anregungen für Forschungsfragen, die eine revitalisierte Nachkriegskinderstudie auf Basis der Kindheitsdaten beantworten könnte. Bis dahin sind jedoch noch einige Hürden zu überwinden. Schön ist es zu sehen, dass die Autorin mich kontaktiert hat, damit wir noch mal besonders auf Ihren Artikel in unserem Blog hinweisen, was ich sehr gerne tue. Kommentare dürfen gerne direkt im Artikel bei Brigitte gegeben werden, dort werden sie auch von der Autorin beantwortet.

  1. *Pseudonym

Quelle: http://zakunibonn.hypotheses.org/1510

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Bookselfie: Das Wiener Stadtzeichnerbuch 1678–1685. Ein Bettlerverzeichnis aus einer frühneuzeitlichen Stadt (Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 12, Wien–Köln–Weimar 2014)

Stadtzeichnerbuch? Ein Bettlerverzeichnis? Die Bezeichnung macht auf den ersten Blick stutzig und bedarf einer Erklärung. Bei den „Stadtzeichnerinnen“ und „Stadtzeichnern“ aus dem frühneuzeitlichen Wien handelte es sich nämlich nicht um am Hungertuch nagende KünstlerInnen, sondern um BettlerInnen, die über eine offizielle Bettelerlaubnis verfügten. Als Visualisierung dieser Erlaubnis hatten diese Bettelzeichen an ihrer Kleidung zu tragen, die in der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt ab dem Ende des 16. Jahrhunderts als „Stadtzeichen“ bekannt waren. Konsequenterweise wurden die ZeichenträgerInnen als „StadtzeichnerInnen“und die sie umfassenden Verzeichnisse als „Stadtzeichnerbücher“ betitelt.

Wer Ende der 1670er Jahre durch Wien spazierte, traf dort auf rund 750 offizielle und wohl auch zahlreiche inoffizielle BettlerInnen. Die StadtzeichnerInnen durften jedoch nicht überall betteln, sondern nur am jeweils zugewiesenen „Bettelsitz“. Allein um den Stephansdom waren wahrscheinlich etwa 50 BettlerInnen anzutreffen – sofern diese nicht woanders beim verbotenen, aber immer wieder vorkommenden „Herumlaufen“ ertappt werden konnten.

Das Stadtzeichnerbuch 1678–1685 (WStLA, Bürgerspital, B 8: Bd. 16)

Das Stadtzeichnerbuch 1678–1685 (WStLA, Bürgerspital, B 8: Bd. 16)

Das hier vorgestellte Buch beinhaltet die Kontextualisierung, Edition und Auswertung eines „Stadtzeichnerbuches“, von denen sich im Wiener Stadt- und Landesarchiv drei Exemplare aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erhalten haben (WStLA, Bürgerspital, B 8: Bd. 14–16 [1654–1660, 1661–1677, 1678–1685]). Sie befinden sich im Bestand Bürgerspital, da diese Institution ab dem 16. Jahrhundert die Aufsicht über die BettlerInnen in der Stadt innehatte. Das edierte Verzeichnis deckt die Jahre 1678 bis 1685 ab und beinhaltet über 900 Personen.

Als exemplarisches Beispiel sei hier der Eintrag zu Katharina Weyrerin vorgestellt, die bei der Bettlervisitation am 19. Mai 1679 ein Stadtzeichen erhielt:
Weyrerin Catharina, von Neüberg in Steyrm(ark) gebürtig, als 66 jahr, ist seith des Schwedenkhrieg alhier, hat gewaschen und zu weingartten gearbeit, jezt aber ist sie mit dem dampf behafft und hat ainen leibsschaden, dahero sie kheiner arbeit mehr vorstehen khan, ihr mann Urban Weyrer geht auch dem allmusen nach, wohnen auf der Wieden in Freyhof (S. 199; WStLA, Bürgerspital, B 8: Bd. 16, pag. 50 [Frauen]).

Die standardisierten Eintragungen gewähren Einblicke in die Lebensumstände armer Menschen, die in historischen Quellen ansonsten oft nur wenige Spuren hinterlassen haben. Aus diesem Grund kommt Armen- und Bettlerverzeichnissen, die sich in nicht allzu großer Anzahl erhalten haben, ein besonderer Quellenwert zu. Bei den StadtzeichnerInnen handelte es sich meist um in jungen Jahren nach Wien zugewanderte Angehörige der städtischen Unterschichten, die aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung oder einer großen Kinderzahl ihren Lebensunterhalt nicht (mehr) selbst bestreiten konnten. Die Vergabe von Bettelzeichen bildete dabei eine Form der so genannten offenen oder ambulanten Armenfürsorge, die mit keiner Aufnahme in eine Versorgungsinstitution verbunden war. Die Erlaubnis, in Wien betteln zu dürfen, sollte den StadtzeichnerInnen bei gleichzeitigem Ausschluss aller Nicht-Gekennzeichneten das Auskommen sichern.

Bettelzeichen tauchen ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als Betteln zunehmend reglementiert wurde, in zahlreichen Städten auf. Sie dienten der administrativen Umsetzung der Bettelbeschränkung auf „würdige“ BettlerInnen. In der Frühen Neuzeit finden sich Bettelzeichen eher noch in katholischen Territorien, während in protestantischen Gebieten meist generelle Bettelverbote herrschten. In Wien lassen sich derartige Zeichen zwischen 1443 und 1693 nachweisen. Das Ende bildet die Einführung eines allgemeinen Bettelverbotes und damit einhergehend die Gründung des Großarmenhauses in der Alser Straße, in das die bisherigen StadtzeichnerInnen aufgenommen werden sollten. Aus der offenen Fürsorge wurde nun eine geschlossene.

Das Buch widmet sich zunächst den Wiener Bettelzeichen im armutsgeschichtlichen Kontext und stellt im Anschluss den Quellentypus Armen- bzw. Bettlerverzeichnis vor. Auf eine Analyse der Wiener „Stadtzeichnerbücher“ folgen die Handschriftenbeschreibung des edierten Verzeichnisses und schließlich die Edition, die die individuellen Schicksale der verzeichneten StadtzeichnerInnen zugänglich macht. Den Abschluss des Buches bildet eine quantitative Auswertung der im Stadtzeichnerbuch zu den einzelnen Personen vorhandenen Informationen, die einen kollektiven Zugang zu ihren „Lebenswelten“ eröffnet.

Die Forschungen zu den Wiener Bettelzeichen und ihren TrägerInnen stellen einen Baustein zur Erforschung der Wiener Armutsgeschichte dar. Sowohl auf dem Gebiet der offenen als auch geschlossenen Armenfürsorge ist der derzeitige Forschungsstand mehr als unzureichend und weist noch unzählige unerforschte Baulücken auf. Gerade die Beschäftigung mit dem Thema BettlerInnen verfügt momentan über große Aktualität. Nachdem in den letzten Jahren bettelnde Menschen im Stadtbild wieder verstärkt sichtbar geworden sind, rückten sie auch in den Fokus der gesellschaftlichen, medialen und politischen Aufmerksamkeit. Im Jahr 2014 war es hauptsächlich die Festspielstadt Salzburg, in der die Wogen hochgingen. Im Laufe der Debatten wurden von Seiten der ÖVP Rufe nach „Bettlerlizenzen“ und „Verbotszonen“ laut. Von „Bettlerzeichen“, die die Bettelberechtigung auf den ersten Blick erkennbar machen würden, war bei all diesen „innovativen“ und „zeitgemäßen“ Ideen erstaunlicherweise noch keine Rede.

In den gegenwärtigen Diskussionen kommen die betroffenen Menschen selbst kaum zu Wort, sodass ihre Lebensrealitäten hinter stereotypen Vorstellungen und Ressentiments verschwinden. Noch schwieriger ist es, sich ein Bild von den Lebensumständen der Wiener BettlerInnen des 17. Jahrhunderts zu machen. Die Edition des Stadtzeichnerbuches gibt zumindest den StadtzeichnerInnen – wie Helmut Bräuer in seiner Vorbemerkung zum Buch schreibt – ein „Gesicht“.

Link zur Open Access-Version: http://e-book.fwf.ac.at/o:482

Quelle: http://fnzinfo.hypotheses.org/154

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Veliki Rat – Rezension eines Bands mit serbischen Positionen zum Ersten Weltkrieg

Nur selten werden hierzulande serbische Stimmen zum Ersten Weltkrieg wahrgenommen; eine Ausnahme ist eine dieses Jahr erschienene Anthologie, die in H-Soz-Kult rezensiert wird; Fazit der Besprechung:

Der Band verdient große Aufmerksamkeit, da hier eben erstmals auch der serbischen Seite, sonst häufig diffamiert und als Schuldige für den Kriegsausbruch hingestellt (auch 2014 wieder), ein menschliches Antlitz (durch die Fotografien) und eine menschliche Stimme verliehen wird.

Ilic Markovic, Gordana (Hrsg.): Veliki Rat - Der Große Krieg. Der Erste Weltkrieg im Spiegel der serbischen Literatur und Presse. Wien: Promedia, 2014.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022370326/

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Literaturkritik.de-Rezension von Alice B. Sheldon-Biographie

Tja, diese Frage hat sich mir schon gestellt, ob ich mal das Textuniversum der Science Fiction-Autorin Alice B. Sheldon (1915-1987) betreten soll, die unter dem Pseudonym James Tiptree Jr. publizierte und deren Werk auf Deutsch im feinen Septime-Verlag erscheint. Dort kam vor drei Jahren auch eine Biographie heraus, die nun auf literaturkritik.de rezensiert wird.

Phillips, Julie: James Tiptree Jr. Das Doppelleben der Alice B. Sheldon. Wien: Septime Verlag, 2011.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022370320/

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What heritage day?

 

24 September is annually “Heritage Day” in South Africa. A Cape Town cartoonist conveyed greetings for the day in a cartoon he entitled “When the rainbow nation becomes the boerewors Nation.” It very effectively …

 


English

 

24 September is annually “Heritage Day” in South Africa. A Cape Town cartoonist conveyed greetings for the day in a cartoon he entitled “When the rainbow nation becomes the boerewors Nation.” It very effectively introduces some of the main issues that are raised by having a Heritage Day holiday in a country with multiple heritages.

 

The Rainbow nation

Gavin Thompson has drawn a big boerewors sausage where a rainbow could be, stretching between the braaivleis of a white South African on the left of the picture and that of a black South African on the right side [braaivleis - South African barbeque, usually over a fire; to braai - to have a braaivleis; boerewors South African sausage, usually eaten at a braaivleis]. The cartoon also subtly shows the relative economic differences, as the white braaivleis is in a more expensive (but smaller) fire.
Archbishop Desmond Tutu[1] first called South Africans the “rainbow nation” in his enthusiasm to welcome a new South Africa which was no longer divided by race, but which celebrated its diversity. The term was quickly adopted both among those who were anxious to find a post-apartheid symbol for the country and those, like himself and Nelson Mandela,[2] who sought to promote reconciliation between people and a “new” South Africa. It became also a description of inclusiveness, to show that everyone was part of the nation and no-one was excluded. As such it was associated with the new flag and anthem and particular moments of celebration such as the inauguration of the President and sporting victories in the 1995 Rugby World Cup and 1996 African Cup of Nations football tournament, when the spirit abroad in the country was united as never before.

Heritage Day

The date chosen for Heritage Day is the date of Shaka day, which commemorates the death of Shaka Zulu, the Zulu king, in 1828. It may be seen as a gesture towards Zulu nationalists, many of whom were opposed to the African National Congress government taking over power in 1994. It also happens to have replaced on the calendar two former white South African public holidays and falls conveniently between their two dates. Settler’s Day (first week in September, abolished in 1979) celebrated in particular the contribution of English settlers to South Africa and Kruger Day (after Paul Kruger, President of the South African Republic 1883-1900; 10 October, abolished 1993). Thus, it consolidates a long association of the spring public holiday with cultural historical celebrations. But it was deliberately not called Shaka Day, in an attempt to create the space for all South Africans to show regard for both their own heritages and to facilitate a post-apartheid vision of a common heritage for all.
The concept of a “National Braai Day” on Heritage day, conceived by a white South African in 2005, but backed, for example, by Desmond Tutu, is to use the social custom of the braai, common to many South Africans (as the cartoon shows) on that day, “to unite around fires, share our heritage and wave our flag on 24 September every year.”[3]

Reconciliation and nation building

Heritage Day draws on narratives of reconciliation and nation-building, both of which are still widely accepted and proudly identified with by most South Africans, albeit for a range of different reasons. The relationship between them is complex. At its most heartfelt is the sense that nation-building is founded on reconciliation: that there would not have been a “new” South African nation without there having been significant moments of reconciliation between South African leaders, which have been shared by the population at large. Reconciliation also implies restoration and the opportunity to begin afresh, discarding some of the old and looking ahead on strength of hope of the new. It offers the chance of a new identity, a new sense of pride and a new birthright. But nation-building can also be at the expense of reconciliation. It can easily be corrupted to serve party political purposes and can be employed without much concern for minorities (of whatever kind). Any attempt by any group or “culture” to push hard for its view of heritage or its way of celebration is likely to cause offence and division.

And now

Where, then, was South Africa on 24 September 2014? If the promotions in the newspapers were anything to go by, more South Africans than ever were buying meat to braai, which must imply greater adoption of this version of “heritage”, though it would still be more popular among white South Africans.[4] Most South Africans could be found in three different groups: those who were grateful to have a holiday but not inclined to want to celebrate it, those who appropriated the day to mark a particular cultural or sporting celebration and those who were happy to follow the lead of politicians and unionists and attend rallies or view on television what they provided in their own brands of “nation-building” events. Museums and national parks have appropriated the day and offer free or cheap access on it. All media give space or time to the idea of heritage and encourage discussion and contributions about what it means, hoping to keep alive elements of the rainbow.
The rainbow replaced by a sausage is both a reminder that after 20 years of democracy a shared common heritage is still a long way away and a comment that it might be more worthwhile to find simple commonalities rather than to try and construct more complex cultural understandings. While “Heritage Day” celebrates an unspecified heritage, its virtue is that it allows the space for both discussions to take place.

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 Literature

  • Alex Boraine, “A Country Unmasked: Inside South Africa’s Truth and Reconciliation Commission,” (Oxford University Press 2001).
  • Richard A. Wilson, “The Politics of Truth and Reconciliation in South Africa,” (Cambridge University Press 2001).
  • Nigel Worden, “Making of Modern South Africa: Conquest, Segregation and Apartheid,” (Wiley Blackwell 2000).

External Link

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[1] Article: Archbishop Emeritus Mpilo Desmond Tutu. http://www.sahistory.org.za/people/archbishop-emeritus-mpilo-desmond-tutu (last accessed 07.11.2014).
[2] ‘Statement of the President of the ANC Nelson R. Mandela at his inauguration as President of the Democratic Republic of South Africa Union buildings Pretoria, 10 May 1994’. http://www.sahistory.org.za/archive/statement-president-anc-nelson-r-mandela-his-inauguration-president-democratic-republic-sout (last accessed 07.11.2014).
[3] National Braai Day ‘Our mission’. http://braai.com/national-braai-day-mission/ (last accessed 07.11.2014).
[4] See, for example, the opinion of Asanda Ngoasheng, “Heritage not about braaivleis” Cape Times, 25 September 2014. http://www.iol.co.za/capetimes/heritage-not-about-braaivleis-1.1755999#.VEkNpL5BvtQ (last accessed 07.11.2014).

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Recommended Citation
Siebörger, Rob: What Heritage Day? In: Public History Weekly 2 (2014) 39, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2896.

Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

Deutsch

 

Am 24. September ist jährlich der “Kulturerbe-Tag” in Südafrika. Ein Cartoonist aus Kapstadt gestaltete anlässlich dieses Tages eine Grußkarte unter dem Motto “Wenn die Regenbogennation zur Würstchennation wird”. Dies lenkt den Fokus deutlich auf die Debatte, die daher rührt, dass eine Nation mit vielfachem kulturellen Erbe einen “Kulturerbe-Tag” feiert.

 

Die Regenbogennation

Gavin Thomson malte ein großes boerewors-Würstchen an die Stelle, an der eigentlich ein Regenbogen stehen könnte, der sich als Brücke zwischen den braaivleis des weißen Südafrikas auf der linken Seite und denen des schwarzen Südafrikas auf der rechten Seite versteht [braaivleis - südafrikanisches Barbeque, normalerweise über einem offenen Grill; braai = grillen, braavleis = ein Grillfest veranstalten; boerewors = südafrikanische Würstchen, die bei einem braavleis gegessen werden]. Der Cartoon zeigt subtil die vorhandenen ökonomischen Differenzen, die sich anhand des weißen Grills ablesen lassen, der teurer scheint (aber auf kleinerer Flamme grillt).
Erzbischof Desmond Tutu[1] war der erste, der von einer “Regenbogennation” sprach – beseelt von seinem Enthusiasmus, ein neues Südafrika zu begrüßen, das nicht länger durch Rasseneinteilung geteilt ist und in dem Verschiedenheit gelebt wird. Der Ausdruck wurde schnell adaptiert, sowohl bei jenen, denen es darum ging, ein Symbol der Post-Apartheit zu finden, als auch denen, die wie er selbst und Nelson Mandela,[2] nach einer Versöhnung zwischen den Menschen und einem “neuen” Südafrika strebten. Es wurde daneben auch zu einem Symbol der Inklusion, das zeigte, dass jedermann Teil dieser Nation ist und niemand ausgeschlossen wird. So wurde es auch in der neuen Flagge und der Hymne aufgegriffen und bei Gelegenheiten wie der Einführung des Präsidenten und sportlichen Ereignissen wie dem Rugby World Cup 1995 und der Fußball-Afrikameisterschaft 1996 verwendet; der Geist dieses Symbols zeigte dem Ausland eine bis dahin nie gekannte, geeinigte Nation.

Der Kulturerbe-Tag

Das Datum, das für den Kulturerbe-Tag gewählt wurde, entspricht dem Datum des Shaka-Tags, dem Todestag des Zulu Königs Shaka Zulu im Jahr 1928. Es kann als eine Geste in Richtung der Zulu-Nationalisten gesehen werden, von denen viele gegen die Regierungsübernahme des Afrikanischen Nationalkongresses im Jahr 1994 waren. Dazu kommt, dass der Feiertag zwei frühere “weiße” südafrikanische Feiertage ersetzte und sich bequemerweise genau zwischen diesen beiden Daten einreihte. Der Settler-Tag (in der ersten Septemberwoche, abgeschafft im Jahr 1979) gedachte dem Beitrag der englischen Siedler, die nach Südafrika kamen, und der Kruger-Tag gedachte Paul Kruger, dem Präsidenten der südafrikanischen Republik zwischen 1883 und 1900 (10. Oktober, abgeschafft 1993). Auf diese Weise konsolidierte sich neben den Feiertagen im Frühjahr ein kulturgeschichtlicher Feiertag. Bewusst entschied man sich nicht für den Shaka-Tag. Man versuchte, eine Gelegenheit zu schaffen, die Raum für alle SüdafrikanerInnen bot, ihres kulturellen Erbes zu gedenken und eine Post-Apartheit-Version des gemeinsamen Erbes für alle zu ermöglichen.
Das Konzept eines “Nationalen Grilltags” im Rahmen des Kulturerbe-Tags wurde von einem weißen Südafrikaner im Jahr 2005 entwickelt. Festgestellt werden kann der soziale Gebrauch des Tages als beliebter Grilltag vieler SüdafrikanerInnen (wie auch der Comic zeigt), und wird zum Beispiel auch durch die Aussage Desmond Tutus belegt, dass “wir uns am 24. September jährlich an Feuern vereinen, unseres gemeinsamen Erbes gedenken und unsere Flagge wehen lassen.”[3]

Versöhnung und Nationenbildung

Der Kulturerbe-Tag basiert auf Narrationen von Versöhnung und der Nationenbildung, die beide allgemein akzeptiert sind und mit denen die meisten Südafrikaner sich stolz identifizieren, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Die Beziehung zwischen beiden ist komplex. Am innigsten ist das Gefühl, dass die Nationenbildung auf Versöhnung basiert: Dass es keinen “neuen” südafrikanischen Staat geben würde ohne die massgebliche Aussöhnung zwischen den südafrikanischen FührerInnen, ist eine weitverbreitete Ansicht in der Bevölkerung. Versöhnung bedeutet auch Wiederherstellung und die Gelegenheit, neu zu beginnen. Dabei wird einiges verworfen, dafür aber hoffnungsvoll nach vorne geschaut. Es bietet die Chance einer neuen Identität, ein neues Gefühl des Stolzes und ein neues Geburtsrecht. Aber die Nationenbildung kann auch auf Kosten der Versöhnung gehen. Sie kann leicht korrumpiert werden, parteipolitischen Zwecken dienen und ohne viel Mühe von Minderheiten (oder sonst wem) ausgenutzt werden. Jeder Versuch einer Gruppe oder einer “Kultur”, ihre Sicht auf das kulturelle Erbe konsequent durchzusetzen oder die Art und Weise, es zu feiern, vorzuschreiben, kann auch zu Widerstand und Teilung führen.

Und nun?

Wo also war Südafrika am 24. September 2014? Legt man die Werbeanzeigen in den Zeitungen zugrunde, dann kauften mehr Südafrikaner als je zuvor Fleisch für ihr braai, was eine großzügige Auslegung einer Version “kulturellen Erbes” nahelegt, nach der vor allem weiße SüdafrikanerInnen den Feiertag schätzen.[4] Die meisten SüdafrikanerInnen lassen sich einer der folgenden drei Gruppen zuordnen: diejenigen, die froh um den Feiertag sind, ihn aber nicht feiern wollen; diejenigen, die den Tag dafür nutzen, an diversen Sport- und Kulturveranstaltungen teilzuhaben; sowie diejenigen, die froh darüber sind, die Reden der PolitikerInnen und GewerkschafterInnen verfolgen zu können, sei es durch Teilnahme an Versammlungen oder im Fernsehen, wo diese ihre Sicht der “Nationenbildung” verbreiten. Museen und Nationalparks gingen dazu über, an diesem Tag freien oder vergünstigten Eintritt zu gewähren. Alle Medien räumen der Idee des Kulturerbe-Tages Platz oder Zeit ein, um durch Diskussionen und Beiträge die Hoffnung auf die Elemente der Regenbogennation aufrechtzuerhalten. Der durch eine Wurst ersetzte Regenbogen ist eine Erinnerung daran, dass nach 20 Jahren der Demokratie es noch immer ein weiter Weg zu einem gemeinsamen kulturellen Erbe ist und ein Beitrag dazu, dass es unter Umständen wichtig sein könnte, einfache Gemeinsamkeiten zu finden, anstatt ein überkomplexes kulturelles Verständnis zu schaffen. Während der “Kulturerbe-Tag” ein unspezifisches Erbe feiert, ist es seine immanente Tugend, beiden Diskussionen Raum zu bieten.

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 Literatur

  • Boraine, Alex: A Country Unmasked: Inside South Africa’s Truth and Reconciliation Commission. Oxford 2001.
  • Wilson, Richard A.: The Politics of Truth and Reconciliation in South Africa. Cambridge 2001.
  • Worden, Nigel: Making of Modern South Africa. Conquest, Segregation and Apartheid. Wiley 2000.

Externe Links

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[1] Vgl. den Artikel über den emeritierten Erzbischof Mpilo Desmond Tutu. Online unter: http://www.sahistory.org.za/people/archbishop-emeritus-mpilo-desmond-tutu. (zuletzt am 07.11.2014).
[2] Statement des ANC Vorsitzenden Nelson R. Mandela im Rahmen seiner Einführung als Präsident der Demokratischen Republik von Südafrika in Pretoria, 10.05.1994. Online unter: http://www.sahistory.org.za/archive/statement-president-anc-nelson-r-mandela-his-inauguration-president-democratic-republic-sout. (zuletzt am 07.11.2014).
[3] National Braai Day ‘Our mission’. Online unter: http://braai.com/national-braai-day-mission/ (zuletzt am 07.11.2014).
[4] Vgl. Z.B. die Auffassung Asanda Ngoashengs, “Heritage not about braaivleis”. In: Cape Times, 25. September 2014. Online unter: http://www.iol.co.za/capetimes/heritage-not-about-braaivleis-1.1755999#.VEkNpL5BvtQ. (zuletzt am 07.11.2014).

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Übersetzung aus dem Englischen
von Marco Zerwas

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Siebörger, Rob: Ein Kulturerbe-Tag? In: Public History Weekly 2 (2014) 39, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2896.

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#wbgavie | Wissenschaftliches Bloggen im SWOT-Check

Mein hypotheses-Blog mind the gap(s) gibt es seit knapp zwei Jahren, die (gemeinsam mit Georg Lehner betriebene) Bibliotheca Sinica 2.0 als Blog seit vier Jahren.[1] Es ist also an der Zeit Zeit, einmal (selbst-)kritisch zu fragen: Was bringt (mir) das? Lohnt es sich für Wissenschaftler_innen zu bloggen? Welche Chance bietet (mir) das Bloggen? Welche Herausforderungen gibt es? Und wo liegen die Risiken?

Wissenschaftliches Bloggen im SWOT-Check

Wissenschaftliches Bloggen im SWOT-Check *

Vorab eine Einschränkung, denn ‚Wissenschaftsblogs‘ oder ‚wissenschaftliches Bloggen‘ meint je nach Kontext:

  • Blogs von einzelnen Wissenschaftler_innen, die ‚privat‘ bloggen
  • Blogs von informellen Gruppen
  • Blogs von Institutionen
  • Blogs kommerzieller Anbieter

Hier geht es ausdrücklich nur um Blogs von einzelnen Wissenschaftler_innen – und das müsste man noch regional einschränken auf deutschsprachige Blogs: Was kann ich von (m)einem Blog erwarten? Was darf ich? Was geht? Was geht nicht? Wer liest das? Wer soll das lesen? Lohnt der Aufwand?

Blogs können als periodische Veröffentlichung gesehen werden – sogar mit ISSN – mind the gap(s): ISSN 2408-9990

Glückwunsch an “Mind the Gap(s)” von @MonikaLehner – das erste österreichische Blog bei @dehypotheses jetzt mit ISSN http://t.co/WLweaPX0d1

— Mareike König (@Mareike2405) 8. Oktober 2014

Stellt man Blogs neben ‚traditionelle‘ Zeitschriften – so finden sich zunächst mehr Unterschiede denn Gemeinsamkeiten:

Zeitschriften sind ‚altbewährt‘, haben Tradition & Reputation, es gibt genaue Vorgaben für die Gestaltung von Beiträgen und für das Procedere, wie ein Text in die Zeitschrift kommt (Stichwort: Peer Review) … und es kann dauern, bis ein Beitrag erscheint.

Blogs sind ‚neu‘ (Webtagebücher gibt es seit 1997, Bloggen wie wir das heute kennen, gibt es etwa seit 2007), Blogs gelten als ‚Freizeitvergnügen‘, es gibt eigentlich keine Vorgaben, es geht recht schnell und ist sehr leicht zu machen.

Und da liegt ein großer Teil des Problems. Auch wenn wir Bloggenden einander immer wieder versichern, dass Blogs im Mainstream angekommen sind: solange gefühlt vor allem ‚der Nachwuchs‘ Blogs betreibt, wird sich an der mangelnden Akzeptanz nichts ändern.

Was spricht also für das Bloggen?

  • Blogs sind niederschwellig und technisch (zumindest anfangs) wenig aufwändig.[2]
  • Ich kann meine Forschung (oder Teile davon) sichtbar machen.
  • Ich kann kontrollieren, was wann und in welcher Form publiziert wird.
  • Zwei Punkte, die oft genannt werden: Sichtbarkeit und Vernetzung.

Zunächst zu den letzten beiden Punkten: Sichtbarkeit lässt sich kaum mit Zugriffsstatistiken belegen. Wichtiger ist, dass auf Beiträge verwiesen und diese verlinkt wird. Zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugt die Verbreitung von Beiträgen über  Kanäle wie Twitter, Google+, Facebook etc. Doch der Grat zwischen Reichweitenverbesserung und Belästigung durch Hochfrequenzwiederholung der immer gleichen Links ist schmal … Verlinkungen sind wie Zitierkartelle in traditionellen Medien und die Zirkel und Grüppchen, die auch im realen Leben existieren –  es ist virtuell genauso schwierig, in die ‚relevanten‘ Kreise vorzustoßen.  

Blogs gelten als interaktiv und dialogisch[3] – Vernetzung  passiert (theoretisch) über Kommentare im Blogs – doch Interaktion und Diskussion findet in Blogs nicht (bzw. nicht mehr) statt. Es wird immer weniger kommentiert, der Dialog verlagert sich auf ‚schnellere‘ Kanäle wie Twitter & Co. Das ist nicht nur bei Wissenschaftsblogs so, sondern auch in anderen Themen-Blog-Sphären wie Food-Blogs, Do-it-yourself-/Craft-Blogs und Wohn-Blogs.[4] Die ‚Stars‘ dieser Blog-Szene, bei denen hinter der DIY-Fassade professionell gemachte Texte, Graphiken, Styling und Photographie stehen, ziehen Nachahmer_innen in Scharen an. Einschlägige Blogger-Konferenzen, Blogger-Workshops, Blogger-Kurse (on- und off-line) sind zu einem florierenden Geschäftszweig geworden, um den Markt wird hinter gestylten Oberflächen mit harten Bandagen gekämpft. In den (zumindest vordergründig) subjektorientierten Blogs steht hinter dem selbstlos anmutenden ‚Ich-habe-spontan-etwas-ganz-Einfache-und-Superkreatives-gemacht-und-das-möchte-ich-Zeigen‘ das durchaus profane Ziel, damit Geld zu verdienen.[5] Die Blogs erzeugen Traffic z.B. über Verlosungen, Link-ups, Blog-Paraden und sind Ansprechpartner für Unternehmen[6]) – auch für Verlage, die Blogger_innen Bücher zur Verfügung stellen (üblicherweise zur Vorstellung und zu einer Verlosung des Buches) und/oder Blogtouren durch einschlägige Themen-Blogs starten.((Ein Beispiel: Die „Blogtour“ des Haupt-Verlags zu einer Neurscheinung dieses Herbstes. http://www.haupt.ch/blog/gestalten/quilten-in-der-dritten-dimension-blog-tour-und-buchverlosung/))

Bei bloggenden Wissenschaftler_innen ist das meines Wissens noch nicht vorgekommen. Ich stelle mir gerade vor: Verlag XY stellt die Monographie ABCD zur Verfügung zur Vorstellung und/oder Verlosung. Als Geschäftsmodell erscheint das schwierig: Die ‚Vorstellung‘ passt nicht zu der  vertrauten Textsorte Rezension. Die Reichweite der meisten Blogs ist gering und nur ein minimaler Prozentsatz der Blog-Leser bereit, für die Chance, ein Buch zu gewinnen, Kontaktdaten rauszurücken.

Im Hinblick auf die Reichweite eines Blogs stellt sich auch die Frage nach der Sprache, in der ich bloggen will. Mind the gap(s) bewegt sich in einer sehr kleinen Nische, dass es strategisch wohl günstiger wäre, nur in englischer Sprache zu bloggen. Eine Möglichkeit wäre, Beiträge abwechselnd in verschiedenen Sprachen zu bloggen – wie das etwa Claudine Moulin in ihrem Blog annot@tio  macht. Eine zweite Möglichkeit (vorausgesetzt, hypotheses.org würde ein geeignetes Plug-in zulassen) wäre, jeden Beitrag in zwei (oder mehreren) Sprachen zur Verfügung zu stellen – mit erheblichem Mehraufwand. Das führt uns direkt hinein zu Überlegungen zu den Herausforderungen des Bloggens:

  • Es braucht Zeit.
  • Es gibt – Stichwort Bilder und Zitate – komplexe rechtliche Bestimmungen.
  • Ich könnte zu viel verraten – mir könnte jemand was wegnehmen.

Kerstin Hoffmann hat über dieses Totschlag-Argument ein ganzes Buch geschrieben: Prinzip kostenlos[7]. Sie meint: „Du kannst (fast) alles verschenken, was du weißt – wenn du das verkaufst, was du kannst!“ Der Ausgangspunkt ist die Überlegung: „Mit verschenktem Wissen erzeugen Sie die Nachfrage nach dem, was niemand anders in dieser Form anbietet: Ihrer hochwertigen, kostenpflichtigen Leistung.“[8]
Mit meinem Blog verschenke ich Wissen … und wenn ich Glück habe, führt das zu der einen oder anderen Anfrage für einen Sammelband oder eine Konferenz. Allerdings passiert das seltener als die traditionellen Wege: Person X kennt Y und der meint dann gegenüber Z: Du könntest doch AB kontaktieren.

Aber wer soll mein Wissen kaufen?

Potentielle Interessenten wie Journalisten? Mit Fragen wie: „Bitte wie viel Yin und wie viel Yang finden sich in 100 Gramm Extrawurst?“ Es gibt kaum schönere Gelegenheiten, das mühsam aufgebaute Standing zu demolieren …

Museen und Ausstellungsgestalter_innen? „Wir hätten da einen Wandschirm, vermutlich Beutestück. Wissen Sie was darüber?“ Ja, weiß ich. 2 Jahre Archiv + 1 Buch + mehrere Aufsätze + eine wohlgeordnete Ablage = 3 Minuten Suche. Gegenleistung: ein warmer Händedruck – rein virtuell natürlich …

Soll ich also bloggen?

Die Entscheidung zu bloggen, erfordert ein bestimmtes Maß an ‚Commitment‘: Ich schreibe annähernd regelmäßig kurze Texte, die hoffentlich jemanden interessieren – und die zu meinem professionellen Profil passen – eine Art ‚Schaukästchen‘ für mich.
Ein Blog mit dem alleinigen Ziel, (meine) Arbeiten zu ‚bewerben‘, wird scheitern. Es kann ganz schön hart werden, immer wieder ‚etwas‘ finden zu müssen. Wenn ich allerdings etwas habe, das mich wirklich interessiert, dann finden sich die Themen quasi von selbst – was nicht heißt, dass ich mitunter recht lange überlege, worüber ich demnächst blogge. Denn da ist auch große Schere im Kopf da: Blogge ich das oder hebe ich das für eine Publikation auf? Ein Leser von mind the gap(s) wird ziemlich bald bemerken, dass ich um das Thema, dem ich mich zur Zeit besonders intensiv widme, sorgfältig ‚herumarbeite‘.
Der von Klaus Graf wiederholt eingeforderte ‘Mut zum Fragment’[9] ist nicht mein Ding. Ich sehe meine Blogbeiträge eher als ‚Miszellen‘, für die ich nicht eine Zeitschriftenredaktion beknien muss, um sie unterzubringen. Es sind kleine (oder auch nicht ganz  so kleine) Miniaturen zu (m)einem Thema, die jeweils in sich abgeschlossen sind.

Vor allem in der anglo-amerikanischen Blogosphäre finden sich in Blogs vermehrt Beiträge über das Arbeiten an sich und über zum Teil sehr private Themen wie Familie, Gesundheit etc. – ähnlich zu sehr persönlichen Vorwörtern und Danksagungen. Im deutschen Sprachraum ist das unüblich – auch unter bloggenden Wissenschaftler_innen..

Eines der Hauptprobleme der bloggenden Wissenschaftler_innen ist die Tatsache, dass nur wenige ‚Etablierte‘ (Ordinarii, Full Professors) außerhalb engen Gruppe der Digital Humanities bloggen.  Das erscheint als Henne-Ei-Problem: Werden andere Publikationsformen bevorzugt, weil Blogs wenig(er) Anerkennung genießen? Oder haben Blogs wenig(er) Anerkennung, weil die ‚Etablierten‘ nicht bloggen? Bloggen scheint ein Phänomen, das dem ‚wissenschaftlichen Nachwuchs‘ zugeordnet ist – und es hat den Stellenwert einer ‚Freizeitaktivität‘ und die haben doch weder DoktorandInnen noch HabilitandInnen noch WissenschaftlerInnen.

Das führt uns zum nächsten Punkt: Lohnt der zeitliche Aufwand? Lohnt es, Stunden (die man entweder ‚sinnvolleren‘ Arbeiten oder der Entspannung widmen könnte) zu investieren?

Orbit Media Studios hat im Frühjahr 2014  die Antworten von rund 1000 Bloggern ausgewertet und kommt bei der Frage nach dem Zeitaufwand pro Blog-Beitrag zu folgendem Ergebnis:  mehr als 75 % der Beiträge entstehen mit einem Zeitaufwand von wenigen Minuten bis maximal 3 Stunden, weniger als 25 % in mehr als 3 Stunden.[10] Es wäre sicher spannend, diese Umfrage auf bloggende WissenschaftlerInnen umzulegen: Es gibt Beiträge, die entstehen in weniger als einer Stunde, aber die sind selten. Meist steckt in einem Beitrag wesentlich mehr Zeit.

Manche Beiträge entstehen quasi von selbst, in einem Rutsch (und in kurzer Zeit). Manche entstehen in mehreren Schritten (und mit etwas mehr Aufwand). Und dann gibt es Ideen, die bei näherer Betrachtung viel mehr Aufwand erfordern würden (oder eine ganze Serie bräuchten). Da steht dann der innere Zensor parat und sagt: Du hast Wichtigeres zu tun. Denn mir ist bewusst, dass Blogs vorerst ‚Publikationen nachgeordneter Bedeutung‘ sind, die ‚im Fall des Falles‘ wenig/nichts zählen.

Ist Bloggen eine Übung zum wissenschaftlichen Schreiben? Für mich nicht, die Textsorten sind zu unterschiedlich. Bloggen erscheint eher eine Möglichkeit, Themen ‚besetzen‘ und zu platzieren, die ich schwer/nicht unterbringen könnte. Als Beispiel sei hier die kleine Serie zum Gschnas „Groß-Peking“ angeführt, die in sechs Teilen über 6 Wochen erschien. Zusammengefasst (und ergänzt durch eine Einleitung und einen etwas ausführlicheren Apparat) wäre das ein kleiner Aufsatz. Doch das Thema ist randständig und braucht Bilder – und die dazuzubekommen, ist in gängigen Zeitschriften schwierig bis unmöglich.

Bloggen braucht Zeit und Blogs zählen für manche noch nicht als ‘richtige’ Publikation. Trotzdem blogge ich. Der wöchentliche Rhythmus zwingt zur Disziplin – und er verfolgt ein Ziel: Ich will möglichst auf der de.hypotheses.org-Seite und/oder der hypotheses.org-Seite zu landen[11] und damit sichtbar(er) werden. Deshalb gibt es vorerst weiterhin wöchentlich einen Beitrag -  die Themen können (und werden) sich ändern, Form und Format der Beiträge können sich ändern, der Rhythmus aber soll (vorerst) bleiben.

Blogs erscheinen mir trotz aller (hier nur kurz angerissenen) Vor- und Nachteile und trotz der Herausforderungen und möglichen Risiken – als eine spannende Möglichkeit von vielen, Wissenschaft zu kommunizieren und damit sichtbarer zu machen.

Incipe. Dimidium facti est coepisse.“ [12]

Ungekürzte Fassung des Vortrags beim  Workshop „Bloggen in Geschichtswissenschaft und Archivwesen“ (Wien, 10.11.2014).

* Icons from The Noun Project Collection: -  Clover designed by gayatri from the Noun Project, Price Tag designed by Curtis Free from the Noun Project, „Diamond“ by Wayne Thayer, „Bomb“ by Paolo Volkova.

  1. Davor war die ‘Wiener China-Bibliographie’ eine statische Website. S. dazu Bibliotheca Sinica 2.0.
  2. Kleiner Seitenhieb: die Situation nach Blog-Workshops erinnert frappant an die Presselandschaft in Wien im Jahr 1848: es entstehen schlagartig Hunderte Periodika … viele kurzlebig, einige Eintagsfliegen … und nur wenige überleben …
  3. Vgl. dazu die Matrix bei Christoph Schöch “Wissenschaftliches Bloggen im Kontext digitaler Publikationsmedien” (Folien zum Vortrag „Wissenschaftliches Bloggen im Kontext dgitaler Publikationsmedien“ (pdf) beim Workshop „Wissenschaftliches Bloggen in Deutschland: Geschichte, Perspektiven, praktische Umsetzung“ (Universität Würzburg, 11.4.2013) <letzter Zugriff: 10.11.2014>.
  4. S. u.a.: DesignSponge/Grace Bonney State of the Blog Union: How The Blogging World Has Changed (January 2014): http://www.designsponge.com/2014/01/state-of-the-blog-union-how-the-blogging-world-has-changed.html
  5. Allmählich spricht sich herum, dass das nicht so einfach ist, vgl. etwa: Clara Moring/tastesheriff: „Du blogst?! – und wie verdienst Du damit Dein Geld?“ (12.7.2014) http://www.tastesheriff.com/du-blogst-und-wie-verdienst-du-damit-dein-geld / . Die Diskussion um Sponsoring und bezahlte Werbung flammt immer wieder auf – vgl. dazu u.a.:) Susanne Ackstaller/texterella.de: „Montagsmeinung: Ist Werbung in Blogs böse (18.8.2014) böse?“ http://www.texterella.de/mode-text.php/lifestyle/comments/montagsmeinung-ist-werbung-in-blogs-boese/ und „I heart my blog“ (26.9. 2014)http://www.texterella.de/mode-text.php/lifestyle/comments/i-heart-my-blog/
  6. Das Blogger-Relations-Management funktioniert nicht immer friktionsfrei, vgl. etwa Anna Luz de Leon/berlinmittemom: „ich bin kein ramschladen ::: sponsored posts, kooperationen & co“ (11.6.2013) http://berlinmittemom.com/2013/06/11/ich-bin-kein-ramschladen-sponsored-posts-kooperationen-co/ und Marcy Mssura: „How the blogger killed herself off” https://www.linkedin.com/today/post/article/20140922194855-25048725-how-the-blogger-killed-herself-off (22.9.2014) oder auch die Meldungen um das Ende des Blogs „Young House Love“ im September/Oktober 2014 (u.a.: Steven Kurutz: „When Blogging Becomes a Slog“, New York Times, Sept. 24, 2014 (http://www.nytimes.com/2014/09/25/garden/when-blogging-becomes-a-slog.html
  7. Kerstin Hoffmann: Prinzip kostenlos: Wissen verschenken, Aufmerksamkeit steigern, Kunden gewinnen. (Weinheim: Wiley-VCH, 2012).
  8. “Prinzip kostenlos”. Das Buch .
  9. Klaus Graf:  “Qualität wird überschätzt” (30.9.2014).”
  10. Orbit Media Studies/Andy Crestodina: Survey of 1000+ Bloggers: How to Be in the Top 5% (June 2014). Online: http://www.orbitmedia.com/blog/blogger-analysis (letzter Zugriff am 5.11.2014).
  11. Ersteres hat mind the gap(s) im ersten Blogjahr 45x geschafft.
  12. Ausonius, Decimus Magnus / Rosatus, Ambrosius / Ferrarius, Julius Aemilius: Epigrammata, mit Vita Ausonii, mit Brief an Ambrosius Rosatus von Julius Aemilius Ferrarius und mit Gedicht auf Ferrarius von Laurentius Casatia, Nachdruck der Ausgabe Mailand: Ulrich Scinzenzeler, 1490.09.15, hrsg. von Julius Aemilius Ferrarius, HCR 2177, Venedig, 1494.08.11 [BSB-Ink A-946 - GW 3092], [fol. 12 v.].

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1869

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