Im ersten Beitrag zur französischen Nationalbibliothek wurden die Bestände und die Abteilungen der BnF vorgestellt. In diesem Teil werden die Kataloge der BnF präsentiert und einige Hinweise zur Benutzung der BnF-Ressourcen gegeben. 1) Die Kataloge der BnF Die Anzahl der … Continue reading →
Workshop “Das materielle Objekt in der digitalen Welt”
Der zweite Workshop des Berliner Einstein-Zirkels Digital Humanities findet am 11. Oktober 2013 im Grimm-Zentrum der HU Berlin statt.
Unter der Überschrift Das materielle Objekt in der digitalen Welt wird es diesmal vorwiegend um den Umgang mit Artefakten gehen. Vertreterinnen und Vertreter u.a. aus der Archäologie, Informatik, Museologie und den Bibliothekswissenschaften werden dabei aus ihrer Disziplin berichten.
Weitere Informationen stehen unter: http://dhzirkel.tge-adonis.fr/archive/166
Termin: 11.10.2013, 14:00-19:30 Uhr
Ort: Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Auditorium, Geschwister-Scholl-Str. 3, D-10117 Berlin
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2306
“ZeitenWelten”. Zur Verschränkung von Weltdeutung und Zeitwahrnehmung im frühen und hohen Mittelalter. Ein Zwischenbericht
“Schichten” – das ist wohl das wichtigste Stichwort unter dem sich die ersten Teilergebnisse des DFG-geförderten Netzwerks “ZeitenWelten” zusammenfassen lassen: in Zeitschichten, die sich an- und überlagern, aufbrechen und gegeneinander verschieben lassen sich Zeitwahrnehmung und -konzeptualisierung des frühen und hohen Mittelalters am besten beschreiben.
Das interdisziplinäre Netzwerk, das seit 2012 besteht, erforscht das Verhältnis von Zeitwahrnehmung und Weltverständnis zwischen dem 6. und 13. Jahrhundert. Auf fünf Arbeitstreffen und einer großen Abschlusstagung im Frühjahr 2015 werden in elf Teilprojekten sowie im Gespräch mit zahlreichen Gästen aus Geschichte, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften Zeittheorien und -praktiken, Zeitdarstellung, temporale Qualitäten von Raum u.v.m. untersucht.
Gestartet ist das Netzwerk mit der Vorannahme, dass Zeit und Zeitwahrnehmung immer soziale bzw. kulturelle Konstrukte sind, die sich im Zusammenspiel mit theologischen, ästhetischen oder auch ökonomischen Vorstellungen von “Welt”, “Realität” und “Wahrheit” verändern. Die bisherigen Arbeitstreffen haben gezeigt, dass gerade diese Viel-schichtigkeit “Zeit” zu einem Thema für intellektuell anregende Gespräche macht, die sich zu methodischen und theoretischen Grundsatzdiskussionen erweitern.
Nach bisher drei Arbeitstreffen ist es Zeit für eine Zwischenbilanz:
In kritischer Auseinandersetzung mit den Zeitkonzepten Reinhard Kosellecks haben wir einen gemeinsamen Analyserahmen geschaffen, der insgesamt von einer größeren Dynamik mittelalterlicher Zeitvorstellungen ausgeht.
So trägt zum Beispiel die Logik der Heilsgeschichte zur Konzeption von “Zeit in Bewegung” bei: die hermeneutische Auslegung der Bibel führt einerseits zu einem linearen andererseits zu einem zyklischen Zeitverständnis. Aus der Feststellung der zeitlichen Dialektik entwickeln sich Fragen zum Umgang mit Veränderungsdynamiken im Rahmen eschatologischer Zeitkonzepte und mit Widersprüchlichkeiten innerhalb von Zeitkonzeptionen. So interpretiert Richard Corradini (Wien) das “Zeitbuch” des Walahfrid Strabo als Reaktion auf eine Krisenzeit, in der die präsentierten unterschiedlichen und konkurrierenden Zeitstrukturen und -konzepte als variable Alternativmodelle im Sinne von “Langzeitperspektiven und Nachhaltigkeitskonzepten” entworfen werden. Inhaltlich bietet das Zeitbuch “Zeit” in drei verschiedenen Schichten dar: die instabile menschliche Geschichte, die zyklische Zeit Gottes auf Erden und die göttliche Zeit im Zeichen der Gestirne. Aus seinem zeitgenössischen Kontext bietet es in langfristigen Perspektiven intellektuelle Lösungen für den Umgang mit den politischen
Konflikten und Umbrüchen der eigenen Zeit.
Analoge Mehrschichtigkeit lässt Miriam Czock (Essen) zufolge auch in der frühmittelalterlichen Bibelexegese aufzeigen. So offenbaren sich in der “Unberechenbarkeit der berechenbaren Zukunft” zwei Facetten von “kommender Zeit”: zum einen ist die Zukunft das Ergebnis einer linearen Entwicklung, das zurückwirkt auf die Bedingungen des gegenwärtigen Lebens. Zum anderen gibt es das Konzept einer “geoffenbarten Zukunft”, die mit Gegenwart und Vergangenheit verschmilzt. Diese „breite Gegenwart“ (Gumbrecht) der karolingischen Zeit bezieht nicht nur die Vergangenheit in die Gegenwart mit ein, sondern auch die Zukunft, die, obwohl geoffenbart, als offen, gestalt- und planbar verstanden wird. In der Bibelexegese zeigt sich zudem, dass die lineare Zeit zwischen Schöpfung und Jüngstem Gericht als sehr dynamisch gefasst werden kann in ihrer jeweils unmittelbaren Verbindung zu Gott. In ihrer prinzipiell chronologischen Ordnung wird die Zeit der Exegese damit mitunter zyklisch und kann zerdehnt und gestaucht werden. Auch die Gäste des Netzwerks Sumi Shimahara (Paris) und Felicitas Schmieder (Hagen) konnten in ihren Beiträgen die Dynamik der Zeit im Verhältnis zur Ewigkeit in der karolingischen Exegese respektive die “Offenheit” der planbaren Zukunft in der frühmittelalterlichen Apokalyptik feststellen und damit die Ergebnisse der Teilprojekte ergänzen und bestätigen.
Die “Praxen der Zeitlichkeit” können anhand von liturgischen, historiographischen und Memorial- und Rechtsquellen sowie der Frage nach der Logik der Tageseinteilung durch (Gebets)Stunden erschlossen werden. Bestimmte temporale Praktiken lassen sich spezifischen Nutzungskontexten zuordnen, wobei der Umgang mit institutionellen oder theologischen Vorgaben pragmatische ist und Zeitordnungen auch zu Gunsten politischer oder ökonomischer Vorteile verschoben werden können.
In ihrer Analyse der zeitlichen Dimensionen der liturgischen Quellen aus Halberstadt kann Patrizia Carmassi (Göttingen/Wolfenbüttel) drei Aspekte voneinander unterscheiden: die Reflexion über Zeit in heilsgeschichtlicher Perspektive unter Berücksichtigung ihrer Rolle im sakramentalen Geschehen, die Ordnung und Gestaltung der kirchlichen Zeit durch den liturgischen Kalender in synchronischer und diachronischer Perspektive (z. B. durch die Einführung neuer Feste) sowie die Bedeutung der Zeit im Spannungsfeld zwischen liturgischer Kontinuität und Liturgiereform. Diese drei Punkte spielen auch in der Königsabtei St.-Denis im 12. Jahrhundert eine bedeutende Rolle, die im Projekt von Anja Rathmann-Lutz (Basel) untersucht wird. Für die Frage ob und inwiefern sich die Zeitregime der „monastischen Zeit” und der “höfischen Zeit” unterscheiden eignet sich die Multifunktionalität von St.-Denis als kontemplativer Ort, als königliche Grablege und caput regni sowie als Pilgerstätte in besonderer Weise. Mindestens fünf Modi der Zeitorganisation und -repräsentation, die sich wiederum in unterschiedlicher Weise überlagern, können hier idealtypisch beschrieben werden: Die heilige/biblische Zeit und die historische Zeit sind zwar beide vergangen, aber liturgisch aktualisierbar. Die liturgische Zeit ist präsent und momentan und hängt eng zusammen mit der somatischen Zeit, die körperlich und subjektiv messbar ist. Über diesen Zeitebenen liegt dabei die eschatologische Zeit. Vergleicht man die Repräsentation von Zeit im klösterlichen und im höfischen Milieu, zeigen sich zwei gegensätzliche, ideologisch gerahmte Zeitregime: der stabilitas des Klosters steht der durch körperliche Präsenz, kontinuierliche Bewegung und hohe Geschwindigkeit gekennzeichnete, in Historiographie und höfischer Literatur idealisierte Alltag des Hofes gegenüber.
Aus den verschiedenen Techniken bei der Organisation der Namenlisten in libri memoriales aus dem 9. Jahrhundert ergeben sich in den Untersuchungen von Eva Maria Butz (Dortmund) jeweils ganz unterschiedliche Verknüpfungen zwischen den Zeitebenen. So werden im Salzburger Zeugnis Personen der Heilsgeschichte (Patriarchen, Propheten und Apostel), noch lebende Gönner und Vorsteher (Bischöfe, Abt, regionaler Adel, karolingische Könige) und die verbrüderten Verstorbenen, nach ordines gestaffelt, vergegenwärtigt. Andernorts (St. Gallen) hingegen wird gar nicht zwischen Lebenden und Toten unterschieden. Alle Bücher jedoch werden als das irdische Gegenstück zum himmlischen liber vitae gesehen und sind ausnahmslos auf das Jüngste Gericht hin konzipiert. Auswahl und Anordnung der Namenslisten steht in der Regel im Dienste der Sinnstiftung und Legitimation der eigenen Gegenwart. Durch erkennbare Rasuren in einigen Nekrologen (Remiremont) wird deutlich, dass mit der fortschreitenden gegenwärtigen Zeit die Namen ständig umgruppiert wurden und damit eine Neujustierung von Vergangenheit stattfand.
Ebenfalls um Legitimation und Legitimität ging es im Workshop von Andreas Thier (Zürich). Es wurde deutlich, dass in der Lex Baiuvariorum und im Sachsenspiegel durch die Einschreibung rechtlicher Normativität in zeitliche und historische Entwicklungslogiken eine Verbindung des Rechts mit dem göttlichen Heilsplan erreicht wurde, die das sich ständig verändernde Recht legitimierte.
Soziale und ökonomische Einflussnahme auf Zeitordnungen zeigt sich in der von Michael Oberweis (Mainz) untersuchten “Nonverschiebung” bei der aus der “hora nona” im Lauf des 11. -13. Jahrhunderts “high noon” wurde. Sieht man mit Oberweis diesen Vorgang im Zusammenhang mit einer Ausweitung der Sonntagsruhe in der Zeit der Gottesfriedensbewegung so zeigt sich, dass in dieser Einflussnahme zugleich eine Kontrolle der Gesellschaft durch die Zeit liegen kann.
Als nächstes wird das Netzwerk über die räumlichen und bildlichen Dimensionen des Zeitlichen debattieren. Außerdem wird zu fragen sein, auf welche Weise die offenbar gleichzeitig präsenten unterschiedlichen Zeitschichten jeweils wahrgenommen, dargestellt und gewichtet wurden.
Aktuelle Mitteilungen, die ausführlichen Workshop-Berichte von Eva-Maria Butz, Petra Waffner und Uta Kleine (auf denen vorliegende Zwischenbilanz teilweise aufbaut), weitere Informationen und Kontaktdaten finden Sie unter www.zeitenwelten.unibas.ch.
Miriam Czock und Anja Rathmann-Lutz im September 2013
3. Berliner Gespräche zur Digitalen Kunstgeschichte
Das Institut für Kunst- und Bildgeschichte (IKB) der Humboldt-Universität zu Berlin lädt am 18. November 2013 zum dritten Mal zu den “Berliner Gesprächen zur Digitalen Kunstgeschichte” ein – diesmal zum Thema Kultur in Raum und Zeit.
Mehr Informationen zur Veranstaltung und das vorläufige Programm gibts unter: http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/2013/07/18-november-2013-berliner-gesprache-zur-digitalen-kunstgeschichte-iii-kultur-in-raum-und-zeit/
Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos, um formlose Anmeldung per E-Mail wird gebeten unter: ikb.bgdk@hu-berlin.de
Termin: 18.11.2013, 10:00-17:00 Uhr
Ort: Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Auditorium, Geschwister-Scholl-Str. 3, D-10117 Berlin
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2301
Ein Bild sagt mehr … (XII): Die Revolution in China (1911)
Später als die meisten anderen satirisch-humoristischen Periodika Europas thematisiert Der wahre Jacob[1] die Xinhai辛亥-Revolution, die im Oktober 1991 das Ende der Qing-Dynastie einleitete und an deren Ende die Gründung der Republik China 1912 stand.
Am 4. November 1911 heißt es zur “Revolution in China”:
Das chinesische Volk sollte bisher nur “erwacht” sein; man sieht aber, daß es bereits “ganze Arbeit” macht.
Einst hieß es: der chinesische Teekessel wird seien Wände sprengen! Jetzt ist statt dessen nur der monarchische Topfdeckel in die Luft geflogen.
Die Chinesen gelten für die “umständlichste Nation des Erdballs”. Trotzdem machen sie jetzt mit ihrem historischen Gerümpel die allerwenigsten Umstände.
China ist wirklich ein sehr gelehriger Schüler Europas: sein früherer Meister kann heute schon allerlei von ihm lernen![2]
In der folgenden Nummer folgt das Thema auf dem Titel – mit einer Variation des Motivs ‘Völker Europas …‘, einer Karikatur von M(aximilian) Vanselow.

Der Wahre Jakob (18.11.1911)
Quelle: UB Heidelberg
Im Hintergrund brennt eine chinesische Stadt, die ersten Türme/Pagoden stürzen um. Über den Flammen schwebt eine durch Bart und Kleidung asiatisch markierte Figur mit roter Jakobinermütze auf dem Kopf, die eine große dreieckige rote Fahne schwenkt. Auf der Klippe im Mittelgrund der Erzengel Michael und allegorische Figuren, die die Mächte darstellen. Der Engel hält eine Feuerspritze in der Hand, hinter ihm eine Figur mit Pickelhaube an einer Wasserpumpe, doch aus dem Schlauch kommen nur wenige Trupfen. Unterhalb der Klippe sind die Dächer Berlins zu sehen (der Turm deutet das Rote Rathaus an, daneben ist ein Gebäude mit “Alexanderpl[atz]” beschriftet). Die Bildunterschrift lautet: “Der heilige Michael erblaßt! Wer konnte auch voraussehen, daß die gelbe Gefahr einmal – rot werden könnte.”[3]
Die Karikatur lässt viel Raum für Interpretationen:
- Beginnen die Löschversuche gerade oder wurden die Löschversuche aufgegeben?
- Steht (der Erzengel) Michael für (den deutschen) Michel?
- Und warum hält der Beobachter im Vordergrund das Fernrohr verkehrt herum?
―
- Der Wahre Jacob, der 1879 in Hamburg gegründet worden war, ab 1884 in Stuttgart verlegt wurde und – mit Unterbrechungen – bis 1933 erschien, war eine vielgelesene Zeitschrift im Umfeld der SPD. Seit 1891 dominierte eine vierfarbig gedruckte Karikatur das Titelblatt. Zur Geschichte des Blattes: Konrad Ege: Karikatur und Bildsatire im Deutschen Reich: Der ‘Wahre Jacob’, Hamburg 1879/80, Stuttgart 1884-1914; Mediengeschichte, Mitarbeiter, Chefredakteure, Grafik (=Form & Interesse; 44; Münster/Hamburg: Lit 1992); Der Wahre Jacob – Digital: UB Heidelberg.
- Der Wahre Jacob Nr. 660 (4.11.1911) 7262; online: UB Heidelberg.
- Der Wahre Jakob Nr. 661 (18.11.1911), [1] – Online: UB Heidelberg.
Irische Geschichte, Teil 6: Etablierung zweier Irland
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Eamonn de Valera |
In den 1930er Jahren erwuchs ihr jedoch Konkurrenz am rechten Rand. Die "Army Comrades Associaton", die sich bald als "National Guard" taufte und deren Anhänger wegen ihrer Uniformierung "Blauhemden" genannt wurden, versuchten zwar nicht, die Macht auf parlamentarischem Wege zu erobern (wie es Hitlers Nationalsozialisten 1933 tun würden), sondern orientierten sich mehr am Vorbild von Mussolinis italienischen Schwarzhemden. Gleichwohl gefährdeten sie die innere Sicherheit, weil sie sich beständig mit der IRA Scharmützel und offene Straßenschlachten lieferten, was gleichzeitig einen ohnehin vorhandenen Linksruck der IRA beförderte, die man bald nur noch als linksextrimistische Terrororganisation beschreiben konnte (eine Entwicklung, die in Nordirland bereits vorher verlaufen war). Als die Blauhemden 1933 in einer Nachahmung von Mussolinis "Marsch auf Rom" einen erfolglosen Angriff auf die Dáil unternommen, wurde die Organisation von Präsident de Valera verboten. Das Gespenst einer faschistischen Machtübernahme zerstob damit in Irland genausoschnell wie in Großbritannien, wo Mosley mit seiner faschistischen Partei ein ähnlich unrühmliches Ende fand.
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Abzeichen der Blauhemden |
Das sollte sich bald ändern, denn der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schuf für Großbritannien eine Reihe wesentlich dringenderer Probleme als die irische Politik. Irland erklärte sich für neutral - was viele im Land als wichtigen Schritt zur echten Unabhängigkeit empfanden - arbeitete aber im Geheimen mit den Alliierten zusammen, was so weit ging, dass Pläne für den Fall einer deutschen Invasion ausgearbeitet wurden. In diesem Fall (von der Wehrmacht mit üblich deutscher Kreativität "Fall Grün" getauft) wäre die irische Armee alliiertem Kommando unterstellt worden. Dies stellte für Irland sicher, dass die siegreichen Alliierten das Land nicht als Feind betrachten würden. Die IRA dagegen sah die Ereignisse als Chance, die Briten aus Nordirland zu vertreiben und begann eine neue Terrorkampagne. Sie plante sogar, die Nazis um Hilfe zu bitten, wozu es freilich nie kam. De Valera griff hart durch, internierte alle bekannten IRA-Anführer und hängte diverse Terroristen. Die kurze IRA-Terrorwelle kam damit schnell wieder zum Erliegen, ohne große Auswirkungen zu haben.
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Sitzungssaal des Dàil |
Die irische Wirtschaftspolitik hoher Schutzzölle und des Versuchs des Aufbaus eigener Industrie unter de Valera scheiterte in diesen Jahren jedoch. Obwohl Irland aus dem Zweiten Weltkrieg dank seiner Neutralität mit wesentlich besserer Wirtschaftslage herausgegangen war, stagnierte die Wirtschaft stark, während der Rest Europas einen Aufschwung erlebte. Dies führte 1958 zum Regierungswechsel. De Valera, der seit rund 20 Jahren Regierungschef gewesen war, wurde abgelöst, und mit ihm seine Wirtschaftspolitik. Irland senkte radikal die Zölle, investierte in Infrastruktur und erlebte bald hohe Wachstumsraten, die es an den europäischen Standard aufschließen ließen und die das Land verkrüppelnde Emigrationsraten deutlich senkten.
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Charles de Gaulle |
Eine der wichtigsten Reformen, die Irland in dieser Zeit vornahm, war die Schulgeldfreiheit. Sie gehörte in das größere Bündel der Infrastrukturmaßnahmen, war aber wesentlich mit dafür verantwortlich, dass die Gesellschaft den Sprung von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft schaffte. Breiten Schichten wurde erstmals der Zugang zu höherer Bildung ermöglicht, was gleichzeitig für eine Bewegung der Bevölkerung sorgte. Viele Menschen begannen vom Land in die Stadt zu ziehen, und das soziale Klima liberalisierte sich (wenngleich die starke katholische Ausrichtung des Landes es im europäischen Vergleich immer noch illiberal erscheinen lässt, besonders in Fragen wie der Abtreibung).
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Parade des Orange Order |
Effektiv befand sich Nordirland von 1925 bis 1965 unter einer kontinuierlichen und ruhigen Kontrolle der Unionisten, die allerdings immer wieder von gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Katholiken und Protestanten kurz erschüttert wurde. Der schlimmste Zusammenstoß dieser Art fand 1935 statt, als der Orange Order bei einem Umzug von seiner Route abwich und durch ein katholisches Viertel zog. Erwartungsgemäß kam es zu einem Ausbruch von Gewalt mit neun Toten und zahlreichen Verletzten, der von der Regierung als Vorwand für Repressalien gegen die Katholiken genutzt wurde. Insgesamt blieb Nordirland ein Pulverfass, das kontinuierlich nicht explodierte. Die Unionisten schienen die Situation im Griff zu haben.
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Parlament in Belfast |
Literaturhinweise:
T. R. Dwyer - Michael Collins
Michael Collins (DVD, Spielfilm)
The Wind that shakes the Barley (DVD, Spielfilm)
Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2013/09/irische-geschichte-teil-6-etablierung.html
Konferenzblog “Geld – Macht – Emotionen” (DHI Rom)
Unseres Wissens nach zum ersten Mal wird eine (überwiegend) mediävistisch geprägte Konferenz von einem eigenen Konferenzblog – natürlich Teil von de.hypotheses – begleitet. Am 25. und 26. September findet am Deutschen Historischen Institut in Rom die Konferenz “Geld – Macht – Emotionen. Reichtum in historischer Perspektive / Denaro – potere – emozioni. La ricchezza in una prospettiva storica” statt (Programm hier). Wir sind sehr gespannt, wie das Blog parallel zur Konferenz konkret genutzt werden wird. Die Organisatorin der Konferenz, Petra Schulte, will mit gewissem Abstand auf unserem Blog über ihre Einschätzung von Nutzen und Nachteil eines solchen Mediums für eine Konferenz berichten. Auch darauf freuen wir uns und wünschen der Veranstaltung allen Erfolg!
Tagungsankündigung “Die Methoden einer Soziologie der Praxis” (FernUniversität Hagen, 6.12.-7.12.2013)
Praxisanalytische Zugänge erfreuen sich in den Sozialwissenschaften immer größerer Beliebtheit. Die Vielfalt der Publikationen zu praxissoziologischen Themenstellungen zeigt, dass eine am Praxisbegriff ausgerichtete Forschung längst in der Mitte der Sozialwissenschaften angekommen ist. Während die theoretischen Diskussionen hinsichtlich eines praxeologischen Zugangs … Weiterlesen
Vortrag zur Einführung des Spannbetons in Belgien und in den USA
Prof. Dr.Ir. Bernard Espion, Université Libre de Bruxelles, BATir Department
Thema: Gustave Magnel und die Einführung des Spannbetons in Belgien und in den USA
Zeit: Do, 26.9.2013, 17:30
Ort: Deutsches Technikmuseum Berlin, Trebbiner Straße 9 (Vortragssaal 4. Stock)
Abstract:
Die Einführung des Spannbetons in Belgien geht einher mit den Experimenten von Gustave Magnel, Professor an der Universität in Gent. Zusammen mit dem Unternehmer Blaton entwickelte er ab 1941 ein eigenes Spannkabel- und Verankerungssystem mit dem Namen Sandwich, welches bis in die 1960er Jahre im Spannbetonbau in Belgien vorherrschte.
Magnel war an den meisten frühen Anwendungen des Spannbetons in Belgien beteiligt, darunter auch Weltpremieren, wie zum Beispiel die Anwendung der Vorspannung in Siloanlagen und in Durchlaufträgerbrücken. Bereits 1948 erschien aus seiner Hand das erste Fachbuch zum Thema, welches die Ergebnisse seiner Experimente und den Stand der Vorspanntechnik in Belgien zusammenfasste. Sein Name steht für den Bau der Walnut Lane Brücke in Philadelphia, der ersten Spannbetonbrücke in den USA. 1951 organisierte er in Gent den 1. Internationalen Kongress für Spannbeton.
Sein Buch erschien 1953 in einer erweiterten Ausgabe auch in Englisch; einige seiner Entwurfsansätze sind noch heute gültig.
(Der Vortrag wird in Englisch gehalten.)
[via Mailingliste der Gesellschaft für Technikgeschichte]
#OER brauchen Zeit | (kurze) Eindrücke vom OER Camp Köln 2013
Was sind nochmal OER? Die Abkürzung steht für Open Educational Ressources, also im Netz frei verfügbare Bildungsmedien, und ist vielen Lehrer/innen noch nicht geläufig. Und selbst die Lehrer/innen, die sich heute an ihrem freien Samstag zum OER Camp nach Köln aufgemacht haben, meinten: Eigentlich haben wir an den Schulen andere Sorgen, als uns zu fragen, unter welcher Lizenz Arbeitsblätter und andere Lernmaterialien stehen, ob sie als OER gelabelt sind – oder eben wie bisher üblich, von kommerziellen Anbietern von Bildungsmedien stammen und man ein © am Seitenende findet.

OER werden in Deutschland seit Herbst 2011, also noch nicht sehr lange diskutiert. Verschiedene Initiativen und Veranstaltungen wie auch die OER Konferenz vergangenes Wochenende in Berlin werden bisher nur in relativ kleinen Kreisen netzaffiner Lehrer/innen und anderer Akteure im Bildungsbereich wahrgenommen. Auf der Berliner Konferenz war die UNESCO Schirmherrin, die jüngst eine Broschüre zum Stand der OER in Deutschland herausgegeben hat.
Veranstaltungen wie das Barcamp in Köln machen deutlich: Es wurde in den zwei Jahren seit Beginn der OER-Diskussion in Deutschland (ausgelöst durch die Schultrojaner-Diskussion) relativ viel über Grundsätzliches debattiert, bis heute aber gibt es relativ wenige OER-Materialien und -Projekte, die von Lehrer/innen abgerufen und im Unterricht Verwendung finden können (in der UNESCO-Broschüre finden sich nur vier Beispiele: ZUM, segu, rpi, Schulwiki Köln). Auch die Bundeszentrale für politische Bildung will ihre Materialien und Angebote zukünftig verstärkt als OER verbreiten. Es ist berechtigt, dass Lehrer/innen weniger die Debatten interessieren, sondern der konkrete Nutzen: Wo kann ich gute Materialien herunterladen?
Auf dem OER Camp wurde diskutiert, warum Lehrer/innen sich nicht stärker austauschen und unterstützen: Man lädt eigene Materialien hoch und profitiert von den Materialien anderer. Diese Materialien könnten dann auf Suchplattformen wie edutags oder den diversen Landesbildungsservern (z.B. Elixier, Learnline NRW) gesucht und gefunden werden. Aber zurecht wurde auf die immer noch oft verbreitete (Un-)Kultur hingewiesen, dass Lehrer/innen sogar in der eigenen Schule oft wenig kooperieren und Materialien austauschen. Erst recht gelte das für im Netz öffentlich gemachte Materialien: Sind die überhaupt gut genug? Dann sehen die anderen ja, was ich so mache. Diese Mentalität wird sich wohl erst wandeln, wenn die Zahl von Lehrern erstellter und unter freier Lizenz veröffentlichter Materialien allmählich ansteigt. Das braucht Zeit, erstens.
Zweitens bedeuten OER nicht nur, dass eine immer größere Fülle von irgendwo im Netz aufzufindender Arbeitsblätter und Lernmaterialien kursiert. OER bieten heute weit besser als kommerzielle Bildungsmedien (immer noch vor allem Schulbücher) die Chance, Schüler/innen (und auf die kommt es schließlich an!) zum Lernen mit digitalen Medien anzuleiten. Sie können digital verfügbare Lernmaterialien nicht nur selbst recherchieren und selbstgesteuert bearbeiten, sondern auch selbst erstellen und (so schwer ist der richtige Umgang mit den Urheberrechten nicht) auch z.B. in Blogs oder Wikis öffentlich machen. Hier liegt die Chance zu einer Veränderung der Lernkultur hin zu offeneren Unterrichtsformen. Obwohl in den Jahren nach Pisa individuelle Förderungen und Differenzierung vielfach gefordert wurden, ist das Beharrungsvermögen lehrerzentrierter Unterrichtsformen in Deutschland – besonders an den Schulen der Sekundarstufen – immer noch enorm. Bis sich sinnvolle Lernkonzepte zum Lernen mit digitalen Medien in Breite etablieren braucht es vermutlich also noch mehr Zeit.
Dennoch – gemessen daran, dass die Diskussion um OER noch jung ist – zeigen Veranstaltungen wie das OER Camp in Köln, dass der Stein erst allmählich ins Rollen kommt (in Deutschland übrigens viel langsamer als in anderen Ländern, wo OER staatlich gefördert werden, z.B. Norwegen, Polen). Dies ändert nichts daran, dass OER grundsätzlich funktionieren, dass sich die Idee freier Bildungsmedien wohl immer weiter herumsprechen wird und dass die Zahl netzaffiner Lehrer/innen immer weiter ansteigt. Deshalb sind Veranstaltungen wie in Berlin und Köln (bei aller möglicher Kritik daran, dass es bisher zu wenig konkrete OER-Angebote gibt) wichtig. Dank an die Veranstalter!