Startschuss für das RKB-Blog!

RKB klingt im ersten Moment ein wenig spröde. „Rezensieren – Kommentieren – Bloggen“ schon weniger, und dafür steht das Akronym. Und das steht für eine große Konferenz, die am 31. Januar und 1. Februar in der Siemens Stiftung in München (Nymphenburg) stattfinden wird. Wir greifen damit ein Thema auf, das in den Geisteswissenschaften heiß diskutiert wird, und werden deshalb dieses Blog nicht nur als Konferenzblog, sondern als zeitlich begrenztes thematisches Weblog führen (mehr dazu bei „Über das Blog“). „Wir“, das ist die Redaktion von recensio.net – Rezensionsplattform für die europäische Geschichtswissenschaft, denn die geplante Tagung hat das zweijährige Online-Jubiläum der Plattform zum Anlass.

Quelle: http://rkb.hypotheses.org/43

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DDR-Zwangsarbeit: Verantwortung, Haftentschädigung und Opferrente

Wie können ehemalige DDR-Zwangsarbeiter heute angemessen entschädigt werden? Auch die Frage, wie viele westliche Firmen von dem System der Haftzwangsarbeit in der DDR profitierten, ist trotz umfangreicher Aktenlage noch immer nicht erforscht. In Ausgabe 10/2012 sprechen Jochen Thermann und Kaja Wesner mit dem Politologen Steffen Alisch über das System der Zwangsarbeit in der DDR.

Auf Druck der Sowjetunion erhielt die Haftzwangsarbeit in den Gefängnissen der DDR schon Ende der 40er Jahre eine beträchtliche ökonomische Dimension. Die öffentliche Empörung von westdeutscher Seite zu Beginn der 50er Jahre ebbte aufgrund der sich verschärfenden Beziehungen zwischen Ost und West wieder ab und blieb ohne Wirkung. Die Bundesregierung konnte seit dem Beginn der 60er Jahre bis zum Fall der Mauer knapp 34.000 politische Häftlinge freikaufen, als Gegenleistung erwarb die DDR-Regierung stark begehrte Devisen und Waren.

Gut 20 Jahre nach dem Ende der DDR ist die Frage der Entschädigung für die Zwangsarbeit noch immer aktuell. Mit Steffen Alisch diskutieren wir u.a. darüber, wie die derzeitige Opferrente, die sich am aktuellen Nettoeinkommen der Opfer orientiert, und die Haftentschädigung für Häftlinge nach ihrer Rehabilitierung zu bewerten sind.

Und hier die Timeline zum Gespräch

0:31 Aktualität des Themas: Beispiel Ikea

02:33 Kenntnis der Westfirmen

05:01 Produktionsfirmen weltweit?

07:04 Zwangsarbeit durch politische Häftlinge und Bausoldaten

08:00 Reaktionen der Bundesregierung

10:00 System und ökonomische Reichweite

14:30 Die Devisennot der 70er Jahre

15:30 Vertragsschließung mit westlichen Firmen

18:02 Opferrente und Entschädigung

21:37 Sollten Westfirmen zur Verantwortung gezogen werden?

23:30 Stand der Aufarbeitung

25:30 Interesse und Reaktionen der Öffentlichkeit in den 50er Jahren

29:00 Montagsradio-Fragebogen

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/07/02/zwangsarbeit-verantwortung-haftentschadigung-und-opferrente/

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Von Mailand nach Nürnberg, über Cadenabbia und Sulzbach-Rosenberg

Gestern bin ich zurück von meiner einwöchigen Tagungsreise gekommen, die mich nach Mailand (dort zur Zeit im Palazzo Reale u.a. eine Ausstellung des von Enrico Baj geschaffenen Monumentalbilds I funerali dell'anarchico Pinelli, das an den unter äußerst dubiosen Umständen 1969 in Polizeigewahrsam umgekommenen Anarchisten Giuseppe Pinelli erinnert), Como (Breughelausstellung und Voltatempel), Cadenabbia (Adenauerkultstätte), Bellagio, Monza (Eiserne Krone), München, Sulzbach-Rosenberg und Nürnberg (Dürerausstellung & gigantische Frühneuzeitsammlung im Germanischen Nationalmuseum) geführt hat; beim Flug von Mailand nach München ging mein Koffer verloren, der machte einen Abstecher nach Riga, aber drei Tage später konnte ich ihn am Flughafen Nürnberg wieder entgegennehmen.
Während es bei der Tagung der Knorr von Rosenroth-Gesellschaft in Sulzbach-Rosenberg vor allem um Gelehrtenbriefwechsel ging, waren viele der Themen, die bei dem von Daniel Jütte organisierten Workshop "Space and Culture in the Early Modern City" behandelt wurden, sehr eng an meinen Forschungsinteressen; so referierte Jütte selbst über die Kulturtechnik des Stadttordurchschreitens (nicht zu vergessen: die Torschreiber, die die Reisenden registrierten und deren Verzeichnis an diverse Obrigkeiten bzw. per Intelligenzblatt an die neugierige Öffentlichkeit weiterleiteten), Joachim Eibach stellte seinen zuletzt in der ZHF erschienenen Artikel zum offenen Haus vor und Christopher Friedrichs sprach zu den rituellen Hauszerstörungen.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/97071937/

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Wissenschaftliche Evaluation ja – CHE-Ranking nein. Eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Soziologie

  Wissenschaftliche Evaluation ja – CHE-Ranking nein Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Juni 2012 (Kurzfassung) Seit dem Jahr 1998 werden in jedem Frühjahr die Ergebnisse des CHE-Hochschulrankings veröffentlicht, das aus einer Ranggruppenliste der universitären Standorte verschiedener akademischer Fachdisziplinen besteht. Durch die seit 2005 stattfindende Publikation in DIE ZEIT hat dieses Ranking eine hohe öffentliche Sichtbarkeit erhalten. Seit der ersten Durchführung des CHE-Rankings sind in der Soziologie immer wieder Zweifel an dessen fachlicher Qualität geäußert worden. Dennoch haben die Institute unseres Faches mit [...]    

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/2316

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TextGrid Summit Mai 2012 – Stimmungsbild, Fazit & Ausblick zum Richtfest

Stimmungsbild: Anna Spatz und Franziska Horn, TU Darmstadt
Fazit der Veranstaltung, vorgetragen am 15. Mai 2012 von Axel Horstmann, ProWiss
Photos: Sven Arce

Der TextGrid Summit 2012 am 14. und 15. Mai an der Technischen Universität Darmstadt stand unter dem Motto „Richtfest im Haus der digitalen Infrastruktur“, wobei die Nutzer der virtuellen Forschungsumgebung mit ihren Anwendungserfahrungen und -bedürfnissen in den Mittelpunkt der Veranstaltung gestellt wurden. Zu so einem festlichen Anlass erscheinen allerlei herzliche Glückwünsche zum bisher Erreichten angebracht. Dem weiteren erfolgreichen Ausbau dienen jedoch auch Anregungen und kritische Rückmeldungen. Am zweiten Tagungstag wurden die Teilnehmer des TextGrid Summits darum gebeten, in Form eines Feedbackbogens ihre persönlichen Eindrücke zum Veranstaltungsgeschehen darzulegen. Diese sollen nun in kleiner Auswahl ein Stimmungsbild des Summits vermitteln.

Feedback-Tafel

Die Glückwünsche richteten sich zunächst und vor allem auf den Release von TextGrid 2.0. Bei Alina Heidfeldt, Germanistik-Studentin der TU Darmstadt, fanden zum Beispiel wesentliche Grundpfeiler der virtuellen Forschungsumgebung, wie die kostenlose Verbreitung, der Open Source-Charakter sowie die Möglichkeiten zur Langzeitarchivierung auch von größeren Datenmengen lobende Erwähnung. Darüber hinaus stießen die neu veröffentlichten Bausteine, u.a. der Noteneditor MEISE und die Integration der Digitalen Bibliothek auf viel Zuspruch. So freute sich Martina Gödel von textloop über die „gute Weiterentwicklung von TextGrid 1.0“ und Ingo Caesar vom Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte verdeutlichte konkrete Anwendungsmöglichkeiten der Erweiterungen mit der sich selbst gestellten Aufgabe, die „OCR-Funktion werde ich eingehend testen!“. Freudig äußerten sich auch an der Entwicklung von TextGrid beteiligte wie Marc Wilhelm Küster von der FH Worms über die Baufortschritte: „Als einer derjenigen, die bei der Grundsteinlegung mitgewirkt haben, bin ich sehr glücklich, nun den Rohbau begehen zu können“.

Dabei lässt sich der offene und förderliche Austausch zwischen den verschiedenen Fachwissenschaftlern während der als gut organisiert wahrgenommenen Veranstaltung betonen. „Mehr Interdisziplinarität (bzw. Bereitschaft zu interdisziplinären Studien) an einem Ort sowohl in den Geisteswissenschaften als auch zwischen den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften habe ich noch niemals gesehen“ – derart emphatisch beschrieb Irina Podtergera, Leiterin des Projektes SlaVaComp (Computerunterstützte Untersuchung von Variabilität im Kirchenslavischen) die vereinigende Wirkung von TextGrid, das sich auf moderne Informationstechnologien stützt und sich an Philologen, Linguisten, Musikwissenschaftler und Kunsthistoriker richtet.

Die beschworene Pluralität zeigte sich vor allem auch in den verschiedenen vorgestellten Projekten, die von der Hybrid-Edition der Notizbücher von Theodor Fontane bis hin zur Livedemonstration von Tesla, einer an der Universität Köln entwickelten Analysesoftware für Textdaten, reichten. Kurz und prägnant fasste Annika Rockenberger, Anwenderin von TextGrid im Rahmen der Erstellung einer digitalen Edition zu Georg Greflinger, das Präsentierte mit dem Kommentar „viele, interessante Projekte“ zusammen. Um die konkreten Nutzungsmöglichkeiten von TextGrid und den einzelnen Tools nachvollziehbarer zu gestalten, können sich einige Teilnehmende wie zum Beispiel Martina Gödel das Angebot einer Modelledition als hilfreiches Element vorstellen. Dieser Vorschlag könnte ebenso eine Möglichkeit sein, den von Ingo Caesar und Christian Stein von der TU Braunschweig angemerkten Anfangsschwierigkeiten von Neueinsteigern mit TextGrid zu begegnen. Ähnlich lässt sich die Anregung von Studentin Alina Heidfeldt einordnen, ein Forum einzurichten. Dieses könnte Nutzern und vor allem TextGrid-Neulingen die Möglichkeit zum Austausch über Erfahrungen, Hürden und Lösungsoptionen bieten.

Neben diesen neu angeregten Bausteinen wurde es von studentischer Seite ebenso als wichtig angesehen, Anwendungen, die wie TextGrid der Aufbereitung, Analyse, Sicherung von Sprachdaten dienen, verstärkt in die universitären Lehrpläne geisteswissenschaftlicher Studiengänge einziehen zu lassen. Dies würde die Chance einer weiteren Verbreitung unter Nachwuchswissenschaftlern bedeuten und dazu beitragen, TextGrid im Fundus wissenschaftlichen Arbeitens zu verankern.

Mit sicher zum Nachdenken anregendem Feedback und konstruktiven Verbesserungsvorschlägen sowie mit einer erfreulichen Zwischenbilanz begleitet von den besten Wünschen für die nächste Projektphase kann der weiteren Ausgestaltung des Hauses der digitalen Infrastruktur wohl zu Recht positiv entgegengesehen werden.

Das von Herrn Axel Horstmann zum Abschluss des Richtfests am 15. Mai gezogene Fazit fasst noch einmal die wesentlichen Diskussionsstränge des Tages zusammen und richtet den (Aus-)Blick auf die Chancen, Perspektiven und Herausforderungen für die Zukunft.

F a z i t u n d A u s b l i c k

Meine Damen und Herren – oder vielleicht besser: liebe TextGrid-Gemeinde!

Im Programm steht an dieser Stelle: „Fazit und Ausblick“ und dahinter mein Name.
Da stellt sich zunächst die Frage, ob es eigentlich Sinn macht, bei einem „Richtfest“, wie wir es ja heute erklärtermaßen feiern, schon ein „Fazit“ zu ziehen? Die für mich wesentlich schwierigere Frage ist allerdings, ob ich hier und heute ein solches Fazit überhaupt zu liefern imstande bin – und das auch noch verbunden mit einem „Ausblick“. Wie dem auch sei: Andrea Rapp hat es so gewollt, und ich habe unvorsichtigerweise zugesagt. Keine Chance also: da komme ich jetzt nicht mehr heraus – und Sie auch nicht.

Wenn man im unmittelbaren Anschluss an eine Veranstaltung deren Fazit ziehen soll, hat man eigentlich nur zwei Möglichkeiten: entweder das Fazit schon vorher zu schreiben und zu hoffen, dass am Ende ungefähr das gesagt worden ist, was man mit mehr oder minder prophetischer Gabe erwartet hatte; oder seinem Improvisationstalent zu vertrauen, auf elaborierte Sortierungen zu verzichten und stattdessen seiner Subjektivität zu frönen, was Rezeption, Selektion und Interpretation des Gehörten betrifft – und es den Hörern zu überlassen, dazu den roten Faden zu finden.

Ich habe mich für die zweite Variante entschieden. Glücklicherweise wurde mir Hilfe zuteil – durch die Berichte der Reporter und nicht zuletzt durch die Zettel an der Pin-Wand, auf die ich immerhin noch einen schnellen Blick werfen konnte.

Bleibt die Frage, was mich persönlich denn für ein solches Resümee qualifizieren könnte. Über besondere informationswissenschaftliche Expertise, was Aufbau und Ausgestaltung einer Virtuellen Forschungsumgebung in den Geisteswisssenschaften angeht, verfüge ich jedenfalls nicht. Vielmehr bewege ich mich gerade in dieser Hinsicht allenfalls in einer „Halbdistanz“ zu TextGrid – das allerdings schon eine ganze Weile. Immerhin, ich bin – wie viele von Ihnen ja offensichtlich auch – Geisteswissenschaftler, habe Klassische Philologie und Philosophie studiert und später mehr als dreißig Jahre lang Wissenschaftsförderung betrieben. Ob das aber als Qualifizierung für „Fazit und Ausblick“ reicht? Wir werden sehen.

Soweit die Vorrede. Nun aber zu

Fazit und Ausblick

Ich beschränke mich auf sechs Punkte:

1. Resonanz

Schon die Beteiligung am Summit kann man meines Erachtens als bemerkenswerten Erfolg betrachten; Beteiligung sowohl in quantitativer als auch – angesichts der höchst unterschiedlichen fachlichen Provenienzen – in qualitativer Hinsicht. Und was ich an der Pin-Wand in der Kürze der Zeit lesen konnte: dort überwiegen ganz eindeutig die positiven Rückmeldungen – sowohl zu TextGrid selbst als auch zu dieser Veranstaltung. Erfreulich dabei auch die vielfältigen und teilweise sehr konkreten Anregungen, die die Veranstalter sicher sorgfältig auswerten und nutzen werden.

2. Richtfest

Mehrfach ist heute die „Richtfest“-Metapher bemüht worden. Und natürlich lasse auch ich mir diese Chance nicht entgehen: TextGrid als Haus mit einer Richtkrone auf dem Dach! Wie bedeutet das? Schaut man sich ein wenig um, wird klar: TextGrid ist ein derzeit noch ziemlich frei stehendes Gebäude, alllerdings kein ganz kleines, sondern eines mit mehreren Stockwerken, ein Mehrfamilienhaus sozusagen. Wann aber feiert man üblicherweise Richtfest? Wenn der Rohbau fertig ist und die Dach¬sparren montiert sind, das Dach selbst aber noch nicht gedeckt ist. Das bedeutet: in den unteren Stockwerken lässt es sich schon ganz gut aushalten; jedenfalls ist man dort zumindest vor Regen, Hagel und Schnee geschützt, nur im Dachgeschoss, da sieht es noch etwas luftig aus. Doch keine Sorge: mit TextGrid III – und hier schaue ich jetzt erwartungsvoll auf den leider schon abgereisten Herrn Kahler vom BMBF – sollte auch hier demnächst alles dicht und dauerhaft wetterfest sein.

3. Nachhaltigkeit

Stichwort „dauerhaft wetterfest“: wenn ich es richtig sehe, ist Nachhaltigkeit eines der – wenn nicht das Leitthema der heutigen Veranstaltung. Worauf aber kommt es an, damit TextGrid „nachhaltig“ wird? Was muss geschehen, damit TextGrid sich als Virtuelle Forschungsumgebung in den Geisteswissenschaften dauerhaft etabliert und behaupten kann? Was sind die wesentlichen Bedingungen und Faktoren für seine Zukunftsfähigkeit? Mindestens zwei Voraussetzungen müssen m. E. gegeben sein:

    das Team

Jemand hat das TextGrid-Team eine „verschworene Gemeinschaft“ genannt. Ich denke, das trifft es sehr gut. In der Tat bedarf es einer auf gemeinsame Ziele eingeschworenen, gut eingespielten Gemeinschaft, wenn TextGrid auch auf längere Sicht zur Erfolgsgeschichte werden soll. Allerdings – und schon wieder schaue ich in Richtung des entschwundenen Herrn Kahler – kostet ein Team dieser Güte Geld; Geld, das das BMBF bislang großzügig zur Verfügung gestellt hat und, wie wir zuversichtlich hoffen, für drei weitere Jahre bewilligen wird; für drei weitere Jahre, die TextGrid benötigt, um sich aus einem befristeten Projekt in eine auf Dauer lebensfähige Institution umzugestalten.

    die Nachfrage

Ohne die Nachfrage der Nutzerinnen und Nutzer, der bereits mit TextGrid arbeitenden und vor allem auch der künftig noch zu gewinnenden, wird sich eine solche Virtuelle Forschungsumgebung nicht dauerhaft etablieren können. Aber wie gewinnt man diese scientific community, die ja gerade in den Geisteswissenschaften nicht unbedingt vor Technik-Affinität strotzt? Die Lösung klingt simpel: die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird man gewinnen, wenn man sie davon zu überzeugen vermag, dass eine Virtuelle Forschungsumgebung wie TextGrid für ihre eigene Forschung einen substanziellen Mehrwert bietet, der sich auf andere Weise nicht erzielen lässt; dass das Forschungsresultat mithin den zusätzlichen Aufwand voll und ganz lohnt; dass TextGrid nicht nur zu neuen Antworten auf alte Fragen verhilft, sondern dass sich damit auch ganz neue Fragen stellen und bis dato ungeahnte Forschungshorizonte eröffnen lassen. Darauf wurde auch in vielen Rückmeldungen verwiesen. In einem der heutigen Beiträge war davon die Rede, dass es ein neues Datenbewusstsein zu entwickeln gelte. Mir scheint, dass sich in diesem Zusammenhang darüber hinaus auch die spannende Grundsatzfrage stellt, was in den Geisteswissenschaften denn überhaupt unter „Daten“ zu verstehen ist.

Es wird also nicht, jedenfalls nicht nur darum gehen, das Forscherleben mithilfe von TextGrid zu erleichtern, es einfacher zu machen. Der Beitrag von Herrn Stäcker zeigte ja sehr deutlich, dass beispielsweise Editionsvorhaben jetzt wesentlich komplexer und schwieriger werden und insofern auch entsprechend längere Lern- und Einarbeitungsphasen benötigen. In den Rückmeldungen findet auch das Bestätigung. Dabei steht außer Zweifel, dass Projekte, die – wie Editionen, Dokumentationen oder auch Wörterbuchvorhaben – der Sammlung, Erschließung und Aufbereitung von Quellen und Materialien dienen, von Virtuellen Forschungsumgebungen mit Sicherheit substanziell profitieren können. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich bei dieser Gelegenheit für die Geisteswissenschaften neue Formen und Möglichkeiten produktiver Zusammenarbeit bis hin zur kooperativen Nachnutzung erhobener Daten entwickeln werden. Dabei bleibt für mich allerdings die interessante Frage, ob und inwieweit diese Effekte bis in den geisteswissenschaftlichen Kernbereich interpretierender, d.h. die erschlossenen und aufbereiteten Dokumente und Materialien auswertender Forschung ausstrahlen werden. Ich bin gespannt, welche Perspektiven TextGrid hier zu eröffnen vermag.

4. Was tun?

Was also muss jetzt konkret geschehen, damit TextGrid als Virtuelle Forschungsumgebung von der geisteswissenschaftlichen Forschung und ihren Protagonisten in steigendem Maße angenommen wird und weiter an Attraktivität gewinnt?

    „It’s all about trust“

Mit Recht wurde mehrfach betont, wie wichtig für eine Virtuelle Forschungsumgebung Vertrauen ist; Vertrauen in die Sicherheit, Qualität und Zuverlässigkeit des Systems, insbesondere was die (Langzeit-)Speicherung der ihm anvertrauten Daten angeht. Wenn hier Zweifel aufkommen, wird es auch für TextGrid eng.

    Nutzerpflege – Nutzervernetzung – Nutzeremanzipation

„Nutzeremanzipation“ scheint mir in diesem Kontext ein bemerkenswertes Stichwort. Erst wenn es nicht mehr die Entwickler sind, die für ihre neuen Verfahren und Instrumentarien Abnehmer suchen müssen – frei nach dem Motto: wir haben eine neue Technologie, hat jemand die dazu passende Forschungsfrage? – sondern die Nutzerinnen und Nutzer selbst mit ihren eigenen Forschungsfragen die technologische Entwicklung vorantreiben – erst dann hat TextGrid den Punkt erreicht, wo sich ernsthaft von Nachhaltigkeit und von einer sich selbst tragenden Virtuellen Forschungsumgebung sprechen lässt. Bis dahin ist es noch ein beträchtliches Stück Weges, und bis dahin bedarf es – zumal gegenüber Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftlern – noch erheblicher Überzeugungsarbeit. Mehrfach war in diesem Zusammenhang davon die Rede, dass sich die Leistungsfähigkeit von TextGrid vor allem anhand kleinerer, in überschaubarer Frist erfolgreich abzuschließender Projekte beispielsweise im Editionsbereich besonders gut demonstrieren ließe. Mir persönlich scheint diese auch in den Rückmeldungen unterstrichene Empfehlung sehr bedenkenswert. Jedenfalls vermute ich, dass solche Vorhaben Skeptiker leichter überzeugen werden als hochelaborierte Großprojekte, deren Komplexität auf Newcomer womöglich sogar eher abschreckend wirken könnte. Und ich selbst schließe mich da durchaus ein…

5. Perspektiven

Bei aller Sympathie für Pragmatismus und kleine Schritte: ganz ohne eine Vision, wohin die Reise gehen soll, wird ein Aufbruch, wie wir ihn mit TextGrid versuchen, kaum gelingen. Denn Helmut Schmidts flapsigem Verdikt zum Trotz gilt auch hier: Wer die Menschen zum Schiffbau motivieren will, sollte ihnen nicht das Holz für die Planken zeigen, sondern die Sehnsucht nach der Ferne und dem offenen Meer einpflanzen. Was immer dies für TextGrid konkret heißen mag: man sollte diese Sehnsucht möglichst früh einpflanzen, nicht erst im Rahmen von Schulungen für etablierte Forscherinnen und Forscher – so wichtig diese auch sind –, sondern schon sehr viel früher in den Curricula geisteswissenschaftlicher Fächer. Schon in dieser Phase muss „digital literacy“ vermittelt werden – wie man es ja erfreulicherweise hier an der TU Darmstadt auch schon sehr erfolgreich praktiziert.

Andrea Rapp hat eine „Veränderung von Forschungskulturen“ angemahnt und TextGrid als dynamischen Forschungsraum apostrophiert. Gerade dies gilt es den Geisteswissenschaften zu vermitteln, dass nämlich Entwickler nicht bloße Anbieter von neuen Technologien und Nutzer nicht deren bloße Kunden, sondern dass beide Seiten Kooperationspartner in einem Prozess sind, der den Geisteswissenschaften insgesamt neue Möglichkeiten und Perspektiven erschließt. Glaubenskriege und ideologische Grabenkämpfe – „Weg mit allem Papier! Es lebe das digitale Zeitalter!“ – führen da allerdings nicht weiter, sondern allenfalls in die Irre. Denn es geht auch hier nicht um „entweder – oder“, sondern um Komplementarität, um das intelligente Zusammenwirken unterschiedlicher Instrumente, Medien und Verfahren, welches deren jeweiliges Potenzial kreativ wendet und produktiv nutzt. Und schon gar nicht geht es um die missionarische Bekehrung von ‘digital Ungläubigen’, sondern allein um die Sogwirkung, die Virtuelle Forschungsumgebungen dann entfalten, wenn sie die Forschung erkennbar voranbringen.

Indes: wie man es auch drehen und wenden mag: soll TextGrid nachhaltig werden, bedarf es einer stabilen institutionellen Basis. In der mit TextGrid III anstehenden Übergangsphase in den Dauerbetrieb soll der Text-Grid-Verein diese Funktion übernehmen und auf Tauglichkeit getestet werden. Man wird sehen, ob diese Lösung sich bewährt oder ob eine andere gefunden werden muss. Dabei gilt es nicht nur möglichst viele der in diesem Zusammenhang wichtigen Player und Stakeholder mit ins Boot zu holen, sondern neben den Forschungs- auch die Förderkulturen der wichtigen (Dritt-)Mittelgeber entsprechend zu verändern. Denn Virtuelle Forschungsumgebungen generieren Bedarfe, die sich in traditionellen, projektbezogenen Kostenkalkulationen nur schwer unterbringen lassen – zumal wenn ein gesicherter Dauerbetrieb das Ziel ist. Hier wird es meiner Einschätzung nach ohne eine stabile Grundfinanzierung im Zusammenspiel von Bund und Ländern letztlich nicht gehen. Das ist ein ziemlich dickes und sehr hartes Brett, welches wir hier bohren müssen, und man kann nur hoffen, dass sich auch die föderalismusbedingten Hindernisse aus dem Weg räumen lassen. Im Übrigen sollten sich alle Beteiligten darüber im Klaren sein, dass leistungsfähigere Forschung ohne angemessenen Mitteleinsatz auf Dauer nicht zu haben ist.

In diesem Zusammenhang fiel mehrfach das Wort Verantwortung. Auch das zu Recht. Hier kann allerdings nicht nur die Verantwortung für TextGrid gemeint sein; denn auch TextGrid selbst trägt mittlerweile beträchtliche Verantwortung! Schließlich befinden wir uns ja längst nicht mehr im Sandkasten-Modus unverbindlicher Planspiele und bloßer Testläufe, sondern im Echtbetrieb geisteswissenschaftlicher (Groß-)Projekte. Von daher wäre ein Abbruch nicht nur eine Katastrophe für TextGrid selbst, sondern mindestens ebenso sehr für all jene Forscherinnen und Forscher, die schon jetzt damit arbeiten und auf seine dauerhafte Stabilität vertrauen. Mehr noch: es wäre auch höchst fatal für die Digital Humanities insgesamt, wenn mit TextGrid jenes Projekt unvollendet bliebe, das hier allgemein als Flaggschiff gilt. Umso mehr sollten wir im Zusammenwirken aller Beteiligten daran arbeiten, dass TextGrid wenn schon nicht, wie es in einem der Diskussionsbeiträge hieß, zum Synonym für das Internet insgesamt, so doch zum Synonym für Virtuelle Forschungsumgebungen in den Geisteswissenschaften wird. Das wäre doch eine Vision, für die man jedenfalls nicht zum Arzt müsste – um noch einmal Helmut Schmidt zu zitieren.

6. Pole Position

Der Richtspruch wurde für TextGrid schon formvollendet vorgetragen, und ich habe dem eigentlich nichts hinzuzufügen. Andererseits erwartet man am Ende eines solchen Resümees vermutlich doch etwas von dieser Art. Mir fällt da nur ein vor Jahren sehr populärer, inzwischen aus welchen Gründen auch immer etwas aus der Mode gekommener Werbespruch ein. Vielleicht erinnert sich noch jemand:

Es gibt viel zu tun. Packen wir’s an!

Packen wir es also an – gemeinsam und nach Kräften! Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn nicht zuletzt das hat der heutige Tag eindrucksvoll gezeigt: TextGrid liegt vorn, und das sollte auch so bleiben – nach Möglichkeit auf Dauer!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

23. Mai 2012 – Hm

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=689

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100 Jahre Arbeiterbildungsverein in Schweden – ›Niveauerhöhung‹ für alle

  Dieses Jahr begeht Arbetarnas Bildningsförbund (ABF) [Der Bildungsverband der Arbeiter] sein 100-jähriges Jubiläum, welches er mit einer umfangreichen Veranstaltungswoche mit Vorlesungen, Workshops, Musik und Ausstellungen in Stockholm feiert. Anlässlich des Jubiläums einer der größten Weiterbildungseinrichtungen Nordeuropas erscheint es angebracht, einen Blick auf die Gründung – vor allem die Begründung – des ABF zu werfen. Logo Arbetarnas Bildningsförbund Der ABF wurde 1912 durch Initiative des Schulleiters von Brunnsviks folkhögskola, der ersten ›rörelsefolkhögskola‹ [Volksbewegungshochschule] Schwedens, Rickard Sandler, gegründet, zunächst unter dem Namen Arbetarnas riksförbund för biblioteks- och föreläsningsverksamhet [Der Reichsverband der Arbeiter für den Bibliotheks- und Vorlesungsbetrieb]. Durch ihn fand die Weiterbildungsarbeit der Arbeiterbewegung ihre zentrale Institution, die heute Schwedens größter Studienverband, mit Niederlassungen in nahezu jeder Kommune, ist. Die Weiterbildungsarbeit stellte einen zentralen Wirkungsbereich der Arbeiterbewegung dar, womit sie eine Tradition der Volksbildung fortsetzten, die seit dem 19. Jahrhundert vor allem durch die Kirchen, aber auch durch Volksbewegungen wie die Abstinenzler, betrieben wurde. Die Arbeiter sollten (weiter-)gebildet werden, um sie – und in der Idealvorstellung die gesamte Gesellschaft – zu ›besseren Menschen‹ zu erziehen und ihr ›Niveau zu erhöhen‹, wie Rickard Sandler in seiner Grundsatzrede zum Verhältnis der Sozialdemokratie und Volksbildung ausrief: »Wir brauchen keine Idealmenschen. Dass aber eine auf breitem demokratischen Fundament basierende Gesellschaft ein besseres Menschenmaterial [sic] benötigt als wir es heute besitzen, ist zweifellos. Wenn sich die Funktionen der Gesellschaft erweitern, wächst natürlich der Anspruch an die Kompetenz der Gesellschaftsmitglieder. Deshalb muss die Volksbildung ein Hauptanliegen des sozialistischen Staats sein, auf ganz andere Weise als für den kapitalistischen.« Bildung stellte eine Grundvoraussetzung für die Verwirklichung der Sozialdemokratie/des Sozialismus dar, indem die Arbeiter zum Einen theoretisch geschult und zum Anderen moralisch und intellektuell ›erhöht‹ werden sollten. Besonders letzteres Bildungsziel nahm sich der ABF auch aus taktischen Gründen zu Herzen, da die sozialdemokratische Jugend, stellvertretend für die gesamte Arbeiterklasse, in der Presse sowie in bürgerlichen Kreisen einen zweifelhaften Ruf hatte, den es zu verbessern galt. Durch die Priorisierung der allgemeinbildenden Inhalte war es zudem möglich, sich staatliche Unterstützung zu sichern, die einer rein sozialistisch ausgerichteten Bildungseinrichtung verwehrt geblieben wäre. Aufgrund der staatlichen Unterstützung waren die Einrichtungen des ABF zudem für alle offen, nicht nur für Arbeiter. Zu den moralischen Bildungszielen gehörte die Bekämpfung des Alkoholkonsums, die schon seit den Anfängen der proletarischen Weiterbildungsarbeit, aufgrund der engen Verbindung führender Personen der Abstinenzler- zur Arbeiterbewegung, auf der Tagesordnung stand. Es galt, die vor allem durch die Einführung des Achtstundenarbeitstags neu erlangte Freizeit der Arbeiter sinnvoll zu füllen und ein Alternativangebot zu dekadenten Freizeitbeschäftigungen wie eben dem Alkoholkonsum sowie dem Konsum ›schlechter‹ Literatur zu schaffen. Der ABF bekämpfte indirekt, durch sein Bildungsangebot, sowie direkt, durch eine groß angelegte Kampagne, die so genannte ›Schundliteratur‹: Detektivgeschichten, wie die Nick-Carter Hefte, und andere Groschenromane, die vor allem die Jugend verziehen würden: »Die Volksseele wird durch die Presseprodukte, die lediglich das Leben verbittern oder Nahrung für Sensationslust und Skandalhunger bieten, vergiftet. Jeder Freund der Volksgesundheit sollte sich deshalb verpflichtet fühlen, solche Vergiftung zu verhindern.« Wenn es auch noch weitere Zwecke der Weiterbildungsarbeit des ABF gab, wie zum Beispiel die Agitation und die Gleichstellung von Frauen, so waren es doch gerade die allgemeinbildenden Ziele des Verbandes, die sein Programm maßgeblich beeinflussten und den Inhalt von Studienzirkeln, Vorlesungen, Lesezirkeln und Bildungsausflügen prägten, in denen sich relativ unbeeinflusst durch sozialistische Propaganda mit Literatur, Kunst und Musik auseinander gesetzt wurde. Gerade die Studienzirkel, an denen bereits 1926 über 30.000 Schweden teilnahmen, stellten den Kern der Weiterbildungsarbeit dar. Rickard Sandler beschreibt die Ausrichtung der Studienzirkel in seiner Grundsatzrede von 1917: »Der Studienzirkel wird zu dem, was seine Mitglieder aus ihm machen. Ihr Bestes können sie nur in Freiheit tun. Keine patentierte Konstruktion, keine Gebrauchsanweisung der Welt kann mehr bewirken als das eigene freie Interesse der Mitglieder. Die Schablone ist der Tod für die Bildungsarbeit.« Diese bereits durch Sandler geforderte Freiheit für die Bildungsarbeit des ABF, die die Gesellschaft verbessern soll, findet sich noch 100 Jahre später in Form eines kreativen Fotowettbewerbs, den der ABF anlässlich seines Jubiläums ausrichtet und unter anderem auf Youtube bewirbt.   Der heutige ABF ist, bezogen auf seine inhaltliche Ausrichtung, seinem Erbe treu geblieben, wirft man einen Blick auf sein umfangreiches und breit gefächertes Angebot, das sich sehr von dem seiner etwas jüngeren Schwesterorganisationen in Dänemark (Arbejdernes oplysningsforbund, AOF, gegründet 1924) und Norwegen (Arbeidernes Opplysningsforbund, AOF, gegründet 1931) unterscheidet, wo vor allem berufliche Aus-Bildung im Vordergrund steht. Auch bezüglich seiner Herkunft ist sich ABF treu geblieben. Es ist die einzige der drei Organisationen, die ihr Akronym bereits auf der Startseite ihrer Homepage auflöst, den Besucher in Großbuchstaben mit der Überschrift »ABETARNAS BILDNINGSFÖRBUND« begrüßt und somit die politisch-ideologische Herkunft nicht versteckt.    

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/515

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Akademische Feiern gestern und heute

  Anton F. Guhl Ein Popstar, ein Philosoph und ein Wissenschaftspreis; drei unterschiedliche Eindrücke – eine Frage: Wie funktionieren akademische Feiern? Unlängst veröffentlichte Netz und Werk einen Beitrag von Thorsten Logge über den national-konstruktiven Gehalt der Schillerfeiern von 1859, der einen … Weiterlesen    

Quelle: http://netzwerk.hypotheses.org/1436

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Egg an der Günz – Geburtsort von Johannes Eck

Bis heute kommt der Ortsname des beschaulichen Egg an der Günz im bayerischen Landkreis Unterallgäu in jeder Reformationsgeschichte vor. In dem bis heute kleinen und bäuerlich geprägten Dörfchen wurde am 13. November 1486 Johannes Maier geboren. Sein Vater war Bauer, möglicherweiße der Ortsvorsteher. Der kleine Bauernsohn war ein gescheiter Kerl und wurde deshalb zu seinem Onkel gegeben, einem Pfarrer in Rottenburg am Neckar. Mit 12 begann er das Studium und sollte schon bald von sich Reden machen, wurde Professor für Theolgie an der Universität Ingolstadt und verkehrte unter anderem eng mit Jakob Fugger. Auch seinen Namen hatte er geändert: nun nannte er sich Johannes Eckius oder Johann von Eck – eine Referenz an seinen schwäbischen Geburtsort. Das war damals gängige Praxis in Gelehrtenkreisen. Johannes Cochläus etwa, ein weiterer wichtiger theologischer Gegner Luthers, machte sich die gräzisierte Form seiner Heimatpfarrei Wendelstein zum Namen.

Johannes Eck wurde seit Anfang 1518 zu einem der profiliertesten Luthergegner. Er war der einzige Altgläubige, der Luther – 1519 in Leizpig – direkt bei einer Disputation konfrontierte, wobei er die frühe Spaltung der Lager aber eher noch verstärkte. Eck war, viel stärker als die ihm im sozialen Feld der frühen Reformation nahe stehenden Hieronymus Emser und Johannes Cochläus, ein ‘global player’. 1520 reiste der Schwabe nach Rom, um – erfolgreich – den Ketzerprozess und die Bannandrohung gegen Luther durch den Papst zu forcieren. Mit dem 1525 erstmals gedruckten “Enchiridion” – einer kontroversistischen Zusammenfassung alt-christlicher Lehrpositionen – gelang Eck einer der katholischen Bestseller des 16. Jahrhunderts. Da Eck meist auf Latein publizierte, kam die kulturprägende und -spiegelnde Rolle im Flugschriftenstreit im deutschsprachigen Teil des Alten Reichs jedoch eher Emser und Cochläus zu. Jedoch im süddeutsch-schweizerischen Raum erlangte Johannes Eck, gemeinsam in der ‘Troika’ mit dem Straßburger Franziskaner Thomas Murner und dem Konstanzer Generalvikar und späteren Bischof von Wien, Johannes Fabri, eine tragende Rolle im soziokulturellen ‘Alltagsgeschäft’. Denn Eck beteiligte sich intensiv bei den Schweizer Disputationen in der zweiten Hälfte der 1520er Jahre persönlich, durch Einflussnahme im Hintergrund und durch eigene Schriften.

Eck blieb bis zu seinem Tod am 10. Februar 1543 an der bayerischen Universität Ingolstadt. Er wurde beschrieben als leutselig, dem Bier, gutem Essen und in jungen Jahren durchaus auch schönen Frauen zugetan. Von für seine Zeit großer körperlicher Erscheinung und raumgreifendem Auftreten, scheint er nicht nur von bedeutender Intelligenz gewesen zu sein, sondern auch impulsiv mitunter sogar cholerisch. Bis heute sind in Egg an der Günz viele Spuren von diesem so bedeutenden wie umstrittenen (Bauern-)Sohn des Dorfes erhalten. Ein zeitgenössisches Bild von Johannes Eck gibte es nur aus evangelischer Fehder.

 

Dr.-Eck-Platz
Gedenktafel am Kirchhof St. Bartholomäus, warscheinlich die Taufkirche von Eck (stark umgebaut 1873) Innenraum von St. Bartholomäus, Getaltung 19. Jahrhundert Bild von Johannes Eck unter der Orgel (19. Jhd.)

 

Quelle: http://catholiccultures.hypotheses.org/88

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