Digitale Forschungsumgebung für die Erschließung antiker Quellen

Dlogo1-badwie Bayerische Akademie der Wissenschaften (BADW) gibt bekannt:

Das Vorhaben „Die frühbuddhistischen Handschriften aus Gandhara“ entwickelt zusammen mit seinen Kooperationspartnern an der University of Washington, der University of Sydney und der Université de Lausanne eine digitale Forschungsumgebung (READ = Research Environment for Ancient Documents) zur Bearbeitung und Veröffentlichung von Quellenmaterial und Resultaten. Bei der Programmierung durch Stephen White, M. Sc. verbindet sich der neueste Stand der Datenbanktechnik mit den Anforderungen von Benutzerfreundlichkeit (z.B. komfortabler Einsatz auf einer breiten Hardwarepalette) und Nachhaltigkeit (Unterstützung des einschlägigen Datenstandards der Text Encoding Initiative). Das System wird als Open Source bereitgestellt und auch für andere Forschungsprojekte, die sich mit antiken Dokumenten beschäftigen, von Interesse sein.

(Aus: http://www.badw.de/de/publikationen/akademieAktuell/2015/52/0115_03a_Aktuell_V04.pdf)

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4765

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BMBF Bekanntmachung: HERA Joint Research Programme “Uses of the Past”

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt, im Rahmen des HERA Joint Research Programme “Uses of the Past” Vorhaben zu fördern, die transnationale Forschungsansätze im Bereich “Vergangenheitsnutzung(en)” weiterentwickeln.

HERA steht für “Humanities in the European Research Area” und ist, unter Beteiligung des BMBF, ein europäisches Netzwerk von Forschungsförderern in den Geisteswissenschaften.

Im Rahmen der neuen HERA-Förderbekanntmachung “Uses of the Past” sind Geisteswissenschaftlerinnen/Geisteswissenschaftler aus 23 europäischen Ländern dazu eingeladen, internationale Projektvorschläge einzureichen, die sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen: “Welchen Einfluss hat unser Verständnis der Vergangenheit auf die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft?”, “Wie nutzen oder benutzen wir – als Individuen, Institutionen oder als Gesell-schaften – Vergangenheit(en)?”

“Uses of the Past” lädt Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler ein, sich mit der Nutzung von Vergangenheit(en) zu beschäftigen, und dabei ein Verständnis zu entwickeln, wie Erinnerung(en) konstruiert und zu welchem Nutzen sie eingesetzt werden. Dazu gehören Fragen mit unterschiedlichen Perspektiven auf Vergangenheit: Wie tragen Erinnerungen, Geschichte und Geschichten zur Herausbildung von Identität, Normen, Werten, Institutionen bei? Wie wird Vergangenheit in den Medien, in Objekten, im öffentlichen Raum aufgegriffen? Und wie bedienen sich welche Akteure der Vergangenheit?

Es können europäische wie auch nicht-europäische bzw. globale Nutzungsweisen im Fokus stehen, dabei ist jedoch stets ein direkter Bezug zu historischen oder gegenwärtigen Debatten innerhalb Europas herzustellen. Es ist gewünscht, dass sich die Fragestellungen auf größere Transformationskontexte beziehen, in denen gesellschaftliche Spannungen zu Konflikten oder neuen Entwicklungsprozessen und auch neuen Interpretationen von Vergangenheit führen. Ein besseres Begreifen der Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart soll zu einem besseren Verständnis der gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Transformationen in Europa beitragen.

Die multi- und interdisziplinär ausgerichteten Projekte sollen ihren Schwerpunkt in den Geisteswissenschaften haben, innovative und exzellente Forschungsansätze einbringen sowie Strategien für den Wissenstransfer aufweisen.

Bis zum 9. April 2015 (19.00 MEZ) können Anträge zur ersten Auswahlstufe eingereicht werden. Voraussetzung ist ein Team aus mindestens vier “principal investigators” aus mindestens vier der beteiligten Länder. Neben Deutschland sind dies Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die maximale Projektlaufzeit beträgt drei Jahre, das maximale Fördervolumen beträgt 1,2 Millionen Euro pro Projektverbund. Das Fördervolumen, das das BMBF gemeinsam mit Forschungsförderern aus den weiteren 22 europäischen Ländern sowie der Europäischen Kommission über HERA zur Verfügung stellt, liegt bei 21 Millionen Euro.

“Uses of the Past” wird im Rahmen eines ERA-NET Cofund von der EU gefördert. Mit der Verwaltung des Förder-programms “Uses of the Past” sind die “Nederlandse Organisatie voor Wetenschappelijk Onderzoek” (NWO) beauftragt, die auch die Themenschwerpunkte, die gültigen Richtlinien für Antragstellende, nationale Sonderbestimmungen, Bewertungskriterien etc. veröffentlicht sowie das “Irish Research Council” (IRC), das die Abwicklung der Projekt-förderung vornehmen wird. Die Bekanntmachung sowie alle Dokumente sind einzusehen unter: http://heranet.info/hera-jrp-documents-1.

Für die Förderung der antragstellenden Einrichtungen gelten zum einen die allgemeinen Regelungen der HERA-Bekanntmachung und zum anderen die jeweiligen Richtlinien der entsprechenden Partnerstaaten, für Deutschland also die Förderrichtlinien des BMBF.

Für deutsche Partner in “Uses of the Past”-Verbünden gelten die Richtlinien des HERA Joint Research Programme “Uses of the Past” und die BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis sowie die Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO). Bei Abweichungen gelten die Regelungen, die im Netzwerk HERA für das Forschungsförderprogramm getroffen wurden. Die BMBF-Standardrichtlinien können im Formularschrank des BMBF abgerufen werden:

https://foerderportal.bund.de/easy/easy_index.php?auswahl=easy_formulare&formularschrank=bmbf&menue=block

Antragsberechtigt in Deutschland sind Universitäten und Fachhochschulen, Forschungsmuseen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Die Beteiligung von Forschenden aus kleinen Fächern wird begrüßt. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Das Förderverfahren ist zweistufig. In der ersten Verfahrensstufe sind Kurzanträge (Outline Proposals) in englischer Sprache auf elektronischem Weg über die oben genannte Website von HERA bis spätestens 9. April 2015, 19.00 Uhr MEZ (Ausschlussfrist) einzureichen.

Die eingegangenen Anträge werden von einem internationalen Gremium begutachtet. Auf Grundlage der Bewertung werden dann in der zweiten Verfahrensstufe die Interessentinnen/Interessenten der für eine Förderung geeigneten Vorhaben zur Vorlage eines Vollantrags (Full Proposal) aufgefordert. Die Eingangsfrist für die Vollanträge wird im Oktober 2015 liegen. Ein Beginn der Vorhaben wird für Juni 2016 erwartet.

Antragstellende aus Deutschland sind eingeladen, vor der Einreichung ihres Antrags bei HERA mit den nationalen Ansprechpartnern des HERA-Konsortiums in Kontakt zu treten, um die Förderfähigkeit ihres Antrags vorab zu klären. Mit dieser Aufgabe hat das BMBF den Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. betraut:

Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
AE Geistes- und Sozialwissenschaften
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Internet: http://pt-dlr-gsk.de und http://www.nks-swg.de

Ansprechpartner sind:

Christa Engel
Telefon: 02 28/38 21-16 95
Telefax: 02 28/38 21-13 31
E-Mail: hera-up@dlr.de

Dr. Christopher Wertz

Telefon: 02 28/38 21-15 77
Telefax: 02 28/38 21-15 00
E-Mail: hera-up@dlr.de

Zur offiziellen Bekanntmachung HERA Joint Research Programme “Uses of the Past”: http://heranet.info

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4762

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Der hermaphroditische Adam und die ungeschlechtliche Seele

“Als Mann und Frau schuf er sie” – das liest sich in der Genesis  (Gen. 1, 27) recht klar und einfach. Doch schon mit der Bestimmung, Gott habe sie “zu seinem Bilde” erschaffen, wird es theologisch erheblich komplizierter. In mittelalterlichen Bibelhandschriften sieht man das besonders deutlich an den kleinen Erläuterungen, die sich zwischen den Zeilen ansammeln, den am Rand zu findenden Kommentartexten, die meist aus der patristischen Literatur stammen (“Glossen”) und den Kommentaren zu den Kommentaren.In der Abbildung hier ist z.B. das Wort “Masculum” […]

Quelle: http://intersex.hypotheses.org/137

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Der hermaphroditische Adam und die ungeschlechtliche Seele

“Als Mann und Frau schuf er sie” – das liest sich in der Genesis  (Gen. 1, 27) recht klar und einfach. Doch schon mit der Bestimmung, Gott habe sie “zu seinem Bilde” erschaffen, wird es theologisch erheblich komplizierter. In mittelalterlichen Bibelhandschriften sieht man das besonders deutlich an den kleinen Erläuterungen, die sich zwischen den Zeilen ansammeln, den am Rand zu findenden Kommentartexten, die meist aus der patristischen Literatur stammen (“Glossen”) und den Kommentaren zu den Kommentaren.In der Abbildung hier ist z.B. das Wort “Masculum” […]

Quelle: http://intersex.hypotheses.org/137

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Die Kraft der Bilder: “Das Lied der Fischer” 漁光曲 (1934)

Anfang der 1930er Jahre unternahm die Regierung Chiang Kai-shek  [Jiǎng Jièshí] 蔣介石 alles, um den Einfluss der linksgerichteten Filmstudios in China zurückzudrängen. Waren es zunächst Zensurmaßnahmen, Aufführungsverbote und Verbote  linksgerichteter Vereinigungen., kam es 1934 zu einer Verhaftungswelle und zahlreichen Mordanschlägen.[1] Trotz der schwierigen Situation wurde in diesem Jahr ein Film eines linksgerichteten Filmemachers zum Publikumserfolg.

Still frame from: Song of the Fishermen (漁光曲)
Song of the Fishermen 漁光曲 (1934) Internet Archive

Yúguāng qū 漁光曲[“Das Lied der Fischer”/”Song of the Fishermen”] von Cài Chǔshēng  蔡楚生 (1906-1968)  erzählt die Geschichte einer Fischerfamilie nach dem Tod des Vaters. Cài Chǔshēng  蔡楚生 verzichtet auf plumpe Agitation und jede Form der Indoktrination, die Wirkung entsteht allein aus der Kraft der Bilder. Das Publikum soll sich mit dem Schicksal der dargestellten ‘einfachen’ Leute identifizieren.

Der Film steht zwischen Stummfilm und Tonfilm, der Film kommt ohne gesprochene Dialoge aus, doch die Filmmusik (vor allem das Titellied Yúguāng qū 漁光曲) trägt entscheidend zur Wirkung bei.[2]

Yúguāng qū 漁光曲 war der erste chinesische Film, der bei einem internationalen Festival einen Preis errang: einen Spezialpreis beim Moskauer Filmfestival 1935.[3]

Der Film im Internet Archive:

 

  1. Dazu einführend Stefan Kramer: Geschichte des chinesischen Films (Stuttgart/Weimar: Metzler 1997), 23 f.
  2. S. dazu: Dorothea Charlotte Rusch;  Ideologische Schlager in chinesischen Filmen der 1930er Jahre:  “Siji ge” 四季歌, “Yuguang qu” 渔光曲 und “Dalu ge” 大路歌 (Magisterarbeit, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, SS 2013), 64-68.
  3. Kramer (1997), 24. S. auch Rusch (2013)  8.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2039

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Die Kraft der Bilder: “Das Lied der Fischer” 漁光曲 (1934)

Anfang 1930er Jahre unternahm die Regierung Chiang Kai-shek  [Jiǎng Jièshí] 蔣介石 alles, um den Einfluss der linksgerichteten Filmstudios in China zurückzudrängen. Waren es zunächst Zensurmaßnahmen, Aufführungsverbote und Verbote  linksgerichteter Vereinigungen., kam es 1934 zu einer Verhaftungswelle und zahlreichen Mordanschlägen.[1] Trotz der schwierigen Situation wurde in diesem Jahr ein Film eines linksgerichteten Filmemachers zum Publikumserfolg.

Still frame from: Song of the Fishermen (漁光曲)
Song of the Fishermen 漁光曲 (1934) Internet Archive

Yúguāng qū 漁光曲[“Das Lied der Fischer”/”Song of the Fishermen”] von Cài Chǔshēng  蔡楚生 (1906-1968)  erzählt die Geschichte einer Fischerfamilie nach dem Tod des Vaters. Cài Chǔshēng  蔡楚生 verzichtet auf plumpe Agitation und jede Form der Indoktrination, die Wirkung entsteht allein aus der Kraft der Bilder. Das Publikum soll sich mit dem Schicksal der dargestellten ‘einfachen’ Leute identifizieren.

Der Film steht zwischen Stummfilm und Tonfilm, der Film kommt ohne gesprochene Dialoge aus, doch die Filmmusik (vor allem das Titellied Yúguāng qū 漁光曲) trägt entscheidend zur Wirkung bei.[2]

Yúguāng qū 漁光曲 war der erste chinesische Film, der bei einem internationalen Festival einen Preis errang: einen Spezialpreis beim Moskauer Filmfestival 1935.[3]

Der Film im Internet Archive:

 

  1. Dazu einführend Stefan Kramer: Geschichte des chinesischen Films (Stuttgart/Weimar: Metzler 1997), 23 f.
  2. S. dazu: Dorothea Charlotte Rusch;  Ideologische Schlager in chinesischen Filmen der 1930er Jahre:  “Siji ge” 四季歌, “Yuguang qu” 渔光曲 und “Dalu ge” 大路歌 (Magisterarbeit, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, SS 2013), 64-68.
  3. Kramer (1997), 24. S. auch Rusch (2013)  8.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2039

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Zugriff auf Joseph Daniel von Hubers Vogelschauansicht von Wien über Albertina und…

Dank Klaus Grafens Posting zu den Österreichischen Museums- und Bilddatenbanken bin ich auf die online zugänglichen Digitalisate aus den Sammlungen der Albertina aufmerksam geworden und habe gleich mal nachgesehen, ob die in der Albertina aufbewahrte Federzeichnung der famosen Vogelschauansicht von Joseph Daniel von Huber (mit Konskriptionsnummern!) verfügbar ist: Und fürwahr, sie ist es, allerdings sind die insgesamt 42 Zeichnungen nicht von vornherein leicht zugänglich, daher habe ich als kleines Servie für Wien-Freaks auf meiner Homepage eine Übersicht zusammengestellt, von der aus die zoombaren Dateien aus leicht abgerufen werden können:

Huber-Albertina
http://tantner.net/Huber_Vogelschauansicht-Wien_1769-1773_Albertina.html

Und weil's so schön ist, habe ich das gleiche auch für das Digitalisat der in der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze aufbewahrte Exemplar des Huberschen Kupferstich gemacht:

Huber-Florenz
http://tantner.net/Huber_Vogelschauansicht-Wien_1769-1773_Florenz.html

Weitere Adresscomptoir-Postings zu Wienplänen hier: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/219046159/

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022400832/

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Fritz Brill – Wissenschaftliche Fotografie in der Werbung

Fritz Brill: Wärmeentwicklung in einer Bügeleisenschnur kurz vor dem Kabelbrand
Fritz Brill mit selbstkonstruierter Aufnahmeapparatur

Fritz Brill mit selbstkonstruierter Aufnahmeapparatur, 1957 (Foto: © Deutsches Museum München)

Der Name des Fotografen Fritz Brill ist vielen ein Begriff, sowohl aus dem Kulturfilm „Schöpfung ohne Ende“ aus dem Jahr 1956 als auch aus aktuellerem Anlass im Rahmen der Berliner Ausstellung „Mikrofotografie. Schönheit jenseits des Sichtbaren“ (2010).[1] Im Gegensatz zu den meisten der dort ausgestellten Künstler und Wissenschaftler bediente Brill jedoch auch eine eher ungewöhnliche Kundschaft für wissenschaftliche Fotografie: die Werbeindustrie.[2]

Mikroaufnahme Penicillin

Mikroaufnahme Penicillin im Prospekt „Antibiotika“ der Bayer AG, 1956 (Foto: © Deutsches Museum München)

Fritz Brill (1904-1997) kam über Umwege zur Fotografie. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte er in Berlin Gebrauchsgrafik und besuchte die Schule des ehemaligen Bauhauslehrers Johannes Itten. Danach arbeitete er ein Jahr lang als Werbegrafiker für Herbert Bayer im Studio Dorland. Hier begann er auch die Fotografie für sich zu entdecken. Mit seiner späteren Ehefrau Hedwig Bornemann gründete er 1932 ein „Atelier für Werbegestaltung“ in Berlin. Trotz spärlicher Ausrüstung und fast ohne Startkapital gelang es ihnen, Aufträge von großen Firmen wie AEG, Mondamin und Pharma Bauer & Co zu erhalten. Zudem fertigte er schon ab 1933 Farbfotografien als Pinatypien an und ergänzte sein Arbeitsspektrum sehr bald um die Mikrofotografie, wie sich schon 1938 im neuen Namen der Firma erkennen lässt: „Chemisch-Physikalisches Institut für Industrie-Mikroskopie“.[3]

Nach der Unterbrechung durch die Kriegsjahre stellte Brill 1949 die ersten Nachkriegsaufnahmen in Kassel aus. Ein Jahr später fand er durch einen Großauftrag für die Druckfarben-Fabrik Celle einen Neueinstieg in die wissenschaftliche Fotografie für die Industrie – in seinem Fall die Mikro-, Makro- und Hochgeschwindigkeitsfotografie. Er selbst bezeichnete sein Arbeitsgebiet als „Photoanalyse“, eine Vorgehensweise, die „durch Methodik, Fotografie, Kinematographie und spezielle Entwicklung von Hilfsapparaturen Analysen technischer und biologischer Vorgänge erarbeitet“ wurde.[4] Diese Hilfsapparaturen waren oft sehr aufwändige Versuchsaufbauten, die für seine ungewöhnlichen Aufnahmen notwendig waren, da Brill den Anspruch hatte, genau das sichtbar zu machen, was für nicht fotografisch belegbar gehalten wurde.

Skizzen von Fritz Brill zur Realisierung von Backszenen

Skizzen von Fritz Brill zur Realisierung von Backszenen für den Film „Das Steckenpferd der Hausfrau“ von Dr. August Oetker, ca. 1954 (© Deutsches Museum München)

Schon sehr früh begann er das Medium Film einzusetzen, da viele seiner Arbeiten gerade auf die Darstellung von Prozessen abzielten, die am besten im bewegten Bild eingefangen werden konnten. Fritz Brills erster komplett eigenständig realisierter Film war eine Auftragsarbeit für die Doktor August Oetker GmbH mit dem Arbeitstitel „Zur Entstehung des Rührkuchens“, der später in „Das Steckenpferd der Hausfrau“ abgewandelt wurde.[5] Die meisten Aufnahmen mussten gedreht werden, während sich der Teig im Backofen befand, was Brill vor einige Schwierigkeiten stellte. Um eine ausreichende Belichtung der Szene zu erreichen, fertigte er einen Spezialbackofen mit vielen Fenstern an. Diese beschlugen jedoch aufgrund der hohen Backtemperaturen, was wiederum nur durch den Einbau eines Kühlwasserkreislaufs in die Glasscheibe zu beheben war. Ein weiteres Problem waren die Filmaufnahmen an der Teigoberfläche, die im Makrobereich aufgenommen werden sollten. Die Brennweite der Kameraoptik erfasste einen Tiefenschärfebereich von ca. 17 mm, der Teig ging jedoch durch das Backpulver um 7 cm nach oben auf. Brill baute daraufhin eine Abtastapparatur in den Ofen, welche die Kuchenform in dem Maße, wie der Teig aufging, auf einer Plattform nach unten fuhr, so dass die Teigoberfläche im Schärfenbereich der Kamera blieb. Diese Vorrichtung musste zudem die hohen Temperaturen im Backofen aushalten.[6]

Oftmals ging Brill bei seinen Aufträgen große finanzielle Risiken ein, da das Honorar von der erfolgreichen Realisierung seiner Ideen abhing, er jedoch im Vorfeld in technische Gerätschaften investieren musste. Ab 1961 konnte er einen lang gehegten Wunsch verwirklichen und sich fortan auf fotografische Arbeiten im Dienste der Forschung konzentrieren, insbesondere für die Druckindustrie. Allerdings nahm Brill auch weiterhin vereinzelt Aufträge im Bereich Werbung an. Seine Versuchsaufbauten im eigens gebauten Institut für Photoanalyse in Hofgeismar waren nicht weniger aufwändig als seine früheren Arbeiten, wie die Aufnahme aus seinen Arbeitsnotizen zeigt.[7]

Fritz Brill: Aufnahmestand Kurzzeitszene mit LacktropfenLacktropfen

Fritz Brill: Aufnahmestand Kurzzeitszene mit Lacktropfen für die Bayer AG, 1977 (Foto: © Deutsches Museum München)

Trotz der überwiegend auf Technik und Forschung ausgerichteten Fotografien überzeugen viele Ausführungen der Werbeaufträge auch durch ästhetische Qualitäten. So gelingt es ihm nicht nur, die Schönheit von Penicillin-Kristallen hervorzuheben, sondern er zaubert auch beeindruckende Effekte aus einem von Natur aus eher profanen Kabelbrand.

Brills wissenschaftlicher Nachlass befindet sich seit 2011 im Archiv des Deutschen Museums in München und umfasst neben etwa 300 Fotografien auch Filme, Arbeitsskizzen und Notizen Brills sowie diverse Unterlagen zu seinen Aufträgen.[8]

Fritz Brill: Wärmeentwicklung in einer Bügeleisenschnur kurz vor dem Kabelbrand

Fritz Brill: Wärmeentwicklung in einer Bügeleisenschnur kurz vor dem Kabelbrand, ca. 1977 (Foto: © Deutsches Museum München)

[1]    Ludger Derenthal und Christiane Stahl (Hrsg.), Mikrofotografie. Schönheit jenseits des Sichtbaren, Ostfildern: Hatje Cantz Verlag 2010.

[2]    Katharina Scholz: Wissenschaftliche Fotografie in der Werbung. Eine Untersuchung an Beispielen von Fritz Brill und Manfred P. Kage. Master-These, München 2013.

[3]    Fritz Brill, Rückblickend, in: Berlinische Galerie (Hrsg.), Fritz Brill. Grafik – Fotografie – Analyse, Berlin: Albert Heutrich 1982.

[4]    Ders., Die optische Photoanalyse. Sinn – Aufgabe – Technik, 1960, Deutsches Museum, München, Archiv (DMA), NL 240/Vorl.Nr. 0011.

[5]    Ders., Erläuterungen zum Backfilm-Auftrag Dr. Oetker, ca. 1954, DMA, NL 240/Vorl.Nr. 0279.

[6]    Ders., Fotoanalyse, 1958, DMA, NL 240/Vorl.Nr. 0016.

[7]    Ders., Arbeitsnotizen 1977-1983, DMA, NL 240/Vorl.Nr. 0504.

[8]    http://www.deutsches-museum.de/archiv/bestaende/nachlaesse/verzeichnis/b/brill-fritz-1904-1997/

Quelle: http://www.visual-history.de/2015/02/23/fritz-brill-wissenschaftliche-fotografie-in-der-werbung/

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Stadtpatrone und Heraldik als Elemente städtischer Identität: Überlegungen in Anlehnung an den Sammelband ‘Santi, patroni, città: immagini della devozione civica nelle Marche’

For an English summary, see below. Am 30.11.1377 wurde das Städtchen San Ginesio in der italienischen Provinz der Marken von Truppen der nahen Stadt Fermo angegriffen. Dabei, so will es die Legende, soll der Heilige Andreas über der Stadt erschienen sein und die Angreifer in die Flucht geschlagen haben. Ein Altarbild des Nicola von Siena aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zeigt diese Schlacht um San Ginesio samt himmlischem Erretter. Auffällig ist das große, rot-weiße Banner, welches der Apostel in der linken Hand hält. Es zeigt das Wappen der Stadt, welches auf den Stadttürmen noch zweimal abgebildet ist. Der Heilige tritt hier nicht als Schutzherr und Fürsprecher in eschatologischer, sondern in ganz irdischer Hinsicht auf. Er wird über das städtische Wappen mit der Stadt verbunden, er zeigt sprichwörtlich Flagge für sie. Solche Verbindungen zwischen städtischer Heraldik und Patronsverehrung stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. An das Gemälde könnte man bereits zahlreiche Fragen anschließen, die auf das weite Feld der Stadtpatrone und städtischen Heraldik als Zeichen städtischer Identität verweisen: Was genau bedeutet das Tragen des Wappens in diesem Zusammenhang? Ist Andreas damit bereits ein „offizieller“ Stadtpatron [1], oder doch eher ereignisgebunden als „defensor civitatis“ anzusehen [2], der sich in eine Reihe von […]

Quelle: http://heraldica.hypotheses.org/2808

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Stadtpatrone und Heraldik als Elemente städtischer Identität: Überlegungen in Anlehnung an den Sammelband ‘Santi, patroni, città: immagini della devozione civica nelle Marche’

For an English summary, see below. Am 30.11.1377 wurde das Städtchen San Ginesio in der italienischen Provinz der Marken von Truppen der nahen Stadt Fermo angegriffen. Dabei, so will es die Legende, soll der Heilige Andreas über der Stadt erschienen sein und die Angreifer in die Flucht geschlagen haben. Ein Altarbild des Nicola von Siena aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zeigt diese Schlacht um San Ginesio samt himmlischem Erretter. Auffällig ist das große, rot-weiße Banner, welches der Apostel in der linken Hand hält. Es zeigt das Wappen der Stadt, welches auf den Stadttürmen noch zweimal abgebildet ist. Der Heilige tritt hier nicht als Schutzherr und Fürsprecher in eschatologischer, sondern in ganz irdischer Hinsicht auf. Er wird über das städtische Wappen mit der Stadt verbunden, er zeigt sprichwörtlich Flagge für sie. Solche Verbindungen zwischen städtischer Heraldik und Patronsverehrung stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. An das Gemälde könnte man bereits zahlreiche Fragen anschließen, die auf das weite Feld der Stadtpatrone und städtischen Heraldik als Zeichen städtischer Identität verweisen: Was genau bedeutet das Tragen des Wappens in diesem Zusammenhang? Ist Andreas damit bereits ein „offizieller“ Stadtpatron [1], oder doch eher ereignisgebunden als „defensor civitatis“ anzusehen [2], der sich in eine Reihe von […]

Quelle: http://heraldica.hypotheses.org/2808

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