Japans „glückliche“ Jugend – Im Gespräch mit Carola Hommerich

Carola Hommerich ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIJ Tokyo. Hier arbeitet sie zu Glück und sozialer Ungleichheit in Japan und erforscht insbesondere die Zusammenhänge von objektiver Prekarität und subjektivem Exklusionsempfinden. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der umfragegestützten, interkulturell vergleichenden Einstellungs- und Werteforschung sowie der soziologischen Ungleichheitsforschung.

Carola Hommerich ist Wissenschaftliche
Mitarbeiterin am DIJ Tokyo. Hier arbeitet sie zu Glück und sozialer Ungleichheit in Japan und erforscht insbesondere die Zusammenhänge von objektiver Prekarität und subjektivem Exklusionsempfinden.
Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der umfragegestützten,  interkulturell vergleichenden Einstellungs- und Werteforschung sowie der soziologischen Ungleichheitsforschung.

Frau Hommerich, war früher wirklich alles besser?

Das kommt darauf an, was man unter „früher“ versteht. Vergleicht man die Situation der heute 20- bis 30-jährigen Japaner mit der ihrer Eltern in den 1970er und 1980er Jahren, dann ist beispielsweise der Einstieg ins Berufsleben heute sicherlich schwieriger und mit mehr Risiken behaftet. Damals war es noch einfacher, eine unbefristete Festanstellung zu finden. Heute liegt der Anteil nicht-regulär Beschäftigter bei den 15-24-jährigen Berufstätigen bei 32,3 Prozent. Ein Wechsel in eine reguläre Anstellung im späteren Berufsverlauf ist nur schwer möglich. In Zeiten des wirtschaftlichen Booms konnte man vermutlich noch etwas unbeschwerter jung sein als heute. Das gilt nicht nur für Japan. Deutschland hat eine ähnliche Verschiebung hin zu befristeten und prekären Jobs erlebt, und in vielen europäischen Ländern ist die Lage der jungen Berufseinsteiger weitaus kritischer. Auffällig ist aber, dass die jungen Japaner stark verunsichert sind: Aus einer international vergleichenden Umfrage des japanischen Kabinettbüros von 2013 geht hervor, dass sich die japanische Jugend große Sorgen macht – um ihre berufliche Zukunft, um ihre Rente, um die wirtschaftliche Situation Japans allgemein, um soziale Beziehungen am Arbeitsplatz. Insgesamt sind diese Ängste stärker ausgeprägt als in den Vergleichsländern Deutschland, den USA, Schweden, Korea und Frankreich – dabei sind junge Menschen etwa in Frankreich objektiv größerer Prekarität ausgesetzt als in Japan.

Sie haben sich 2009 in einer Monographie für die Reihe des Deutschen Instituts für Japanstudien (DIJ) mit dem Thema „Jugend und Arbeit“ auseinandergesetzt. Woher kam Ihr Interesse für dieses Thema?

Die Idee für den Vergleich entstand während eines Auslandssemesters in Tokyo im Winter 2001/2002. Mir fiel auf, dass meine japanischen Freunde sich mit ähnlichen
Themen befassten wie meine deutschen Kommilitonen und ich: Wie soll es nach dem Studium weitergehen? Soll ein Job vor allem gut bezahlt werden, oder sollen Inhalt und individuelle Gestaltungsfreiheit im Vordergrund stehen? Mich hat damals interessiert,
ob es in Japan langfristig zu einer Individualisierung kommt, in dem Sinne, dass Selbstverwirklichung als wichtiger bewertet wird als finanzielle Sicherheit. Mit dem Eintritt ins Berufsleben verschieben sich die Prioritäten aber, da die Realität des Arbeitsmarktes
den idealistischen Ansprüchen nicht gerecht wird. Nach einigen Jahren in prekären Jobs, die zwar Raum für Selbstverwirklichung, Hobbys und Freunde lassen, aber bei denen man finanziell immer an der Armutsgrenze lebt, rücken materielle Aspekte letztendlich
doch stark in den Vordergrund – gerade wenn es irgendwann darum geht, eine Familie zu gründen. In der Hinsicht waren sich junge Japaner und junge Deutsche sehr ähnlich. In Deutschland habe ich mir damals die gut ausgebildete „Generation Praktikum“ angeschaut. Davon schafften es die meisten nach einer Art „Leidenszeit“ in verschiedenen Praktika doch auf eine feste Stelle. Im stark segmentierten japanischen
Arbeitsmarkt ist der Übergang in eine reguläre Beschäftigung dagegen meist nur schwer möglich. So verfestigt sich die Prekarität im Lebensverlauf. Mittlerweile sehen junge Japaner nicht-reguläre Jobs nicht mehr als Möglichkeit, etwas auszuprobieren, oder als Chance auf Freiheit und Selbstbestimmung. Das hat sich vor allem nach der internationalen Finanzkrise noch verstärkt: Bei den jungen Absolventen stehen heute wieder finanzielle Sicherheit und Planbarkeit an erster Stelle.

In Ihrer Monographie „‚Freeter‘ und ‚Generation Praktikum‘ – Arbeitswerte im Wandel? Ein deutsch-japanischer Vergleich“ beschreiben Sie eine verlorene Generation. Von der japanischen Bevölkerungsgruppe zwischen 15 und 24 Jahren waren 2003 9,8 Prozent arbeitslos. Durch die steigende Jugendarbeitslosigkeit ist vor allem Südeuropa mit ähnlichen Problematiken konfrontiert. Wie ist Japan mit diesen kritischen Entwicklungen umgegangen?

Im Vergleich zu Jugendarbeitslosenraten von über 55 Prozent, wie in Griechenland oder Spanien, klingen fast 10 Prozent nicht besonders problematisch. Es kommt aber darauf an, an was eine Gesellschaft gewöhnt ist. In Japan lag die Arbeitslosenrate von Anfang der 1970er bis Mitte der 1990er Jahre unter 3 Prozent. Dagegen sind 10 Prozent Jugendarbeitslosigkeit erschreckend viel. Man kann allerdings nicht behaupten, dass die japanische Regierung besonders viel unternommen hätte, um den jungen Menschen den Berufseinstieg zu erleichtern. Politische Maßnahmen richteten sich eher an ältere Arbeitnehmer, die die Zeit nach der Pensionierung mit 60 Jahren bis zum Beginn der Rentenzahlungen mit 65 Jahren überbrücken müssen. In dieser Gruppe war der Anteil Arbeitsloser ebenfalls stark – auf 8 Prozent – angestiegen. Die Hauptstrategie zur Reduktion von Arbeitslosigkeit in Japan war Deregulierung. So kommt es, dass so hohe Anteile junger Menschen in atypischen, meist befristeten Jobs sind. Empfehlenswert finde ich diese Vorgehensweise nicht. Eine neue Studie von Wei-hsin Yu von der Universität Texas zeigt für Japan, dass sich eine nicht-reguläre Beschäftigung langfristig negativer auf die individuelle Karriere auswirkt, als eine Phase der Arbeitslosigkeit. Allerdings müsste man das in weniger stark segmentierten Arbeitsmärkten überprüfen und auch psychologische Aspekte einbeziehen. In der Hinsicht ist eine Beschäftigung, auch wenn sie prekär ist, immer noch besser als keine. Das zeigen Daten einer landesweiten Befragung, die ich 2009 für das DIJ in Japan durchgeführt habe: Arbeitslose fühlen sich sehr viel stärker von der Gesellschaft ausgeschlossen als atypisch Beschäftigte. Diese Exklusionserfahrung wirkt sich stark negativ auf das subjektive Wohlbefinden aus.

Der „Jugend von heute“ wurde erst kürzlich in einem „Weckruf “ der FAZ wieder vorgeworfen, sie würde sich zu wenig auflehnen. Gibt es in Japan einen vergleichbaren Diskurs und wenn nicht, warum?

In Japan wurde die Jugend über die letzten Jahrzehnte hinweg immer wieder für ihre Passivität und ihr politisches Desinteresse kritisiert. Durch ihr selbstzentriertes und in sozialen Belangen apathisches Verhalten würde sie der Gesellschaft schaden. Die Gründe für dieses Verhalten werden unterschiedlich interpretiert. Der junge Soziologe Noritoshi Furuichi beispielsweise behauptet, die Jugend wisse, dass sie kaum politischen Einfluss habe – durch die starke demografische Alterung ist die Jugend als Wählergruppe eher uninteressant – und dass es für sie keine Aussicht auf sozialen Aufstieg gäbe. Statt nach Höherem zu streben oder für ihre Rechte zu kämpfen, habe sie sich mit ihrer Situation arrangiert und sei damit zufrieden. Ich denke, seine Einschätzung ist nicht ganz falsch, zumindest was die Desillusion betrifft. In einem zentralen Punkt würde ich ihm aber widersprechen: Was ich an Daten kenne, spricht eindeutig gegen eine „glückliche“ Jugend. Im Gegenteil: Ein Großteil der jungen Japanerinnen und Japaner ist unzufrieden und zutiefst verunsichert, steht unter immensem Leistungsdruck und hat Angst, den Anschluss an die Gesellschaft zu verlieren. Das gilt auch für die besonders gut Ausgebildeten. Ähnlich wie in Deutschland handeln sie stark „Lebenslauf-gesteuert“ – bei Handlungsentscheidungen wird immer auch abgewogen, wie etwas in der Bewerbungsmappe wirkt.

Sowohl Japan als auch Deutschland sind einem massiven demografischen Wandel ausgesetzt. Wie wirkt sich dieser Ihrer Meinung nach auf den Jugendbegriff beider Gesellschaften aus? Kann man hier noch von „Generationen“ sprechen?

Politische Maßnahmen richteten sich eher an ältere Arbeitnehmer, die die Zeit nach der Pensionierung mit 60 Jahren bis zum Beginn der Rentenzahlungen mit 65 Jahren überbrücken müssen.

Politische Maßnahmen richteten
sich eher an ältere Arbeitnehmer, die die
Zeit nach der Pensionierung mit 60 Jahren
bis zum Beginn der Rentenzahlungen
mit 65 Jahren überbrücken müssen.


Von Generationen kann man sicherlich auch weiterhin sprechen. Allerdings verschiebt sich die Bedeutung, die den Problemen einzelner Generationen zugeschrieben wird. Die Vernachlässigung der japanischen Jugend durch die Politik ist meiner Ansicht nach ein schwerwiegendes Problem. Das zeigt sich bereits am oben erwähnten Beispiel von
Arbeitsmarktmaßnahmen, die sich mehr auf die finanziell gut abgesicherte, aber zahlenmäßig starke Generation der Älteren richteten, als auf die prekäre, aber mit Blick auf Wählerstimmen eher unbedeutende Generation der Jungen. Auch in Bezug auf Familienpolitik passiert in Japan zu wenig. Als sei die niedrige Fertilitätsrate kein existentielles Thema. Das ist es aber natürlich, wenn ein Viertel der Bevölkerung älter als 65 Jahre ist. Zukunftsweisend ist eine solche Politik nicht.

Stichwort: „30 ist das neue 40“ – junge Menschen scheinen sich immer früher alt zu
fühlen. Das steht im Gegensatz zu unserer tatsächlichen Lebenserwartung und körperlichen Fitness. Definiert sich die deutsche Gesellschaft gegenwärtig mehr über das Alter als über andere Merkmale? Und wie geht man in Japan mit dem Älterwerden um?

Die Quarterlife Crisis auf die Sie sich beziehen, ist tatsächlich ein Problem. Ich glaube aber, dass es dabei nicht um die Frage geht, wie alt man ist oder sich fühlt, sondern darum, dass viele junge Menschen einen Leistungsdruck erleben, der sie überfordert.
Das beginnt in der Schule, zieht sich durchs Studium und dann weiter hinein ins Berufsleben. Unter meinen deutschen und japanischen Interviewpartnerinnen und -partnern hatten viele die Vorstellung, dass dieser Druck mit dem Eintritt ins Arbeitsleben aufhört. Die Realität sah aber meist anders aus: Die Anspannung wuchs noch, weil der erste Job auf wenige Monate befristet war, oder hohe Leistung bei extremen Arbeitszeiten forderte. Einige hielten diesem Druck nicht stand und erlebten eine Art Burn-out bis hin zu starken psychischen Problemen. Das gab es in Deutschland genauso wie in Japan. Im Großen und Ganzen ist mein Eindruck aber, dass die jungen Deutschen mit den Risiken postmoderner Erwerbsbiographien besser umzugehen wissen als ihre japanischen
Altersgenossen. Das liegt möglicherweise daran, dass sie nicht mit der Erwartung aufgewachsen sind, ein Leben lang bei einer Firma zu arbeiten. In Japan ist das immer noch die Idealvorstellung. So steht etwa bei der Wahl der Universität und des Studienfachs nicht die Frage im Vordergrund, was man einmal inhaltlich machen möchte, sondern wie hoch der Anteil von Absolventen dieser Universität ist, der bei einem großen Unternehmen festangestellt wird. Von beruflicher Selbstverwirklichung ist man da weit entfernt.

Quelle: http://gab.hypotheses.org/1493

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DH-Videoclip Adventskalender – Tür 12

Nach dem Clip des County of Grande Prairie No. 1 zu Open Data / Open Government am Dienstag macht Tür Nummer 12 heute weiter mit dem Thema Linked Open Data.

Das Video, ein Fundstück auf dem EuropeanaEU’s channel, zeigt die Funktionsweise von Linked Open Data “und warum es ist eine gute Sache, sowohl für Nutzer als auch für Data Provider” ist. (Quelle: YouTube http://youtu.be/I17KxXVCrvw)

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4405

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Heterogenität als Chance in internationalen Begegnungen am Bespiel deutsch-israelischer Begegnungen

Gerade in internationalen Begegnungen spielt der pädagogische Umgang mit Heterogenität, Diversität und Interkulturalität eine zentrale Rolle, um die Teilnehmenden mit ihren jeweiligen Identitäten, Herkünften und Interessen zu erreichen und anzusprechen.

ReferentIn: 
Tanja Berg
Datum: 
26 Januar, 2015 - 17:00

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Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/12164

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Interview: Arne Leopold über Kästchen, Material und Promotion

Leopold, A

© Arne Leopold, Düsseldorf

Viele Sammlungen mittelalterlicher Kunst sind in Besitz von aufwändig verarbeiteten, nicht selten wertvollen Kästchen. Herkunft und Alter, Funktion und Verwendung sind aber oft gar nicht oder nur mangelhaft geklärt. Hier setzt Arne Leopolds Dissertationsprojekt "Studien zur Materialität geschnitzter Kästen im Hoch- und Spätmittelalter" an, das diese Objekte aus einer materialorientierten Perspektive untersucht. Wie Arne Leopold dabei vorgeht, wieso ihn Materialität und Produktion interessieren und was er über das Promovieren im GRK1678 denkt, lesen Sie im folgenden Interview.

Lieber Arne, was interessiert Dich an "Materialität" und "Produktion"?

Für die Kunstgeschichte waren das Material des Werkes und dessen Verarbeitung bisweilen sekundär zu betrachtende Parameter in ihrem methodischen Vorgehen und ihrer generellen Perspektive. Doch gerade über stilistische Vergleiche und motivgeschichtliche Betrachtungen hinweg eröffnet die Untersuchung der materiellen Spuren und Voraussetzungen neue Aspekte und Fragestellungen. In meiner Arbeit denke ich Materialität nun zum einen materialikonographisch und zum anderen in ihrer Multiplizität als Intermaterialität. Für letztere und in jüngere Zeit intensiver behandelter Ausrichtung ist äußerst interessant, wie die Kombination zweier oder mehrerer Materialien und die Imitation eines Materials durch mindestens ein anderes eigene Materialitäten inne haben können, die weder dem einen noch dem anderen Material eigen sind. Dies ist aber ohne den produktiven Aspekt, sprich der technischen Umsetzung des Kombinierens und Imitierens im Sinn einer Kunstfertigkeit, nicht denkbar.  Dementsprechend lassen sich die beiden Begriffe – auch gemäß dem offiziellen Titel des Forschungskollegs – viel besser zusammen als „Materialität UND Produktion“ fassen.

In deiner Dissertation beschäftigst du dich mit Kästchen im Hoch- und Spätmittelalter. Welche Materialen haben eine besondere Bedeutung bei ihrer Produktion?

Jeder Stoff, der im Herstellungsprozess eines Objektes – und darüber hinaus – als Material deklariert und verwendet wird, hat eine gewisse Bedeutung für das Ergebnis dieses Prozesses, die Konstitution des Objektes, bis hin zu seiner sich wandelnden Wahrnehmbarkeit. Es haben sich aus Hoch- und Spätmittelalter ganz unterschiedliche Kästen aus diversen Materialien erhalten: Im Fokus vieler Untersuchungen standen aber bislang eher offensichtlich kostbare Materialen wie Gold, Elfenbein oder Edelsteine. Letztlich sind aber die wenigsten Kästen homogen aus einem dieser Luxusmaterialien gefertigt. Ihnen ist in der Regel ein Korpus aus Holz – eine Art hölzerne Grundlage – eigen, welche allerdings seltener Beachtung findet. Bei Kästen, deren Schauseiten selbst aus Holz gearbeitet sind, tritt die Relevanz dieses Materials umso deutlicher hervor. Gerade diese Kästen und damit insbesondere Holz stehen im Mittelpunkt meiner Untersuchungen. Zudem finden ebenso metallischen Beschläge, vornehmlich aus Bronze oder Eisen, sowie farbliche Fassungen Einzug in die Arbeit, soweit diese als ursprünglich zu bezeichnen sind.

Eine These deines Forschungsprojekts ist, dass mithilfe des Materials Rückschlüsse auf Produktion und Funktion der Kästchen gezogen werden können. Kannst du genauer ausführen, wie du methodisch vorgehst?

Sowohl das Material als Spur der Vergangenheit als auch die Spuren der Bearbeitung am Material lassen Rückschlüsse auf die Entstehung von Kunstwerken zu: In einem ersten Schritt untersuche ich die Bedeutung einzelner Materialien, vornehmlich Holz und Elfenbein im Zeitraum des 12. bis 14. Jahrhunderts. Nach der Bestimmung der verwendeten Materialien und einer kurzen Analyse der derzeit bekannten, vornehmlich naturwissenschaftlich zusammengetragenen Informationen zu ihren Eigenschaften, stelle ich mithilfe schriftlicher Quellen entsprechende zeitgenössische Begriffe, Informationen und Bedeutungszuweisungen heraus. Zudem versuche ich auf unterschiedlichen Wegen ihre Herkunft einzugrenzen, was sich für einzelne Holzarten als nicht ganz einfach darstellt. Es geht letztlich darum, herauszufinden, warum bestimmte Materialien häufiger für die Herstellung von Kästen verwendet wurden als andere und zu welcher Zeit Veränderungen feststellbar sind. In einem zweiten Schritt verwende ich die gewonnen Erkenntnisse und setzte sie in Bezug zu den Produktionspuren an den Objekten. Welche Materialien wurden wie miteinander kombiniert? Lässt sich eine Rationalisierung in den Arbeitsschritten ablesen, etwa im Sinn einer massenhaften Produktion? Sind die Materialien so verarbeitet, dass sie ihren eigenen spezifischen Materialcharakter zeigen, oder wurde versucht, ihnen eine fremde Identität durch verschiedene Arbeitsschritte zu verschaffen? Mögliche Spannungen zwischen Materialwert (ideell wie monetär) und dem Grad der Kunstfertigkeit können so zum Beispiel Aussagen über die Wertschätzung der (künstlerischen) Arbeit und folglich auch über die Stellung des Handwerker-Künstlers liefern. Ebenso können Auftraggeberkreise eingegrenzt werden: So lassen sich etwa Materialimitationen an manchen Kästen in den Kontext der Imitationen respektive einem Nacheifern des Hochadels durch niedere Adelsstände setzen.

Inwiefern profitierst Du als Doktorand vom interdisziplinären Graduiertenkolleg "Materialität und Produktion"?

Besonders der Einblick in Methoden und Diskurse anderer Disziplinen wäre im Rahmen einer Individual-Promotion niemals auf der qualitativen Ebene erfolgt, wie es das Graduiertenkolleg leistet. Dabei können natürlich nicht alle Diskussionen für das eigene Thema in gleichem Maß fruchtbar gemacht werden, aber gerade die Auseinandersetzung mit dem Unbedachten stellt die Arbeit und Herangehensweisen immer wieder auf den Prüfstand und verändert diese eben bisweilen auch. Die Möglichkeiten, neue Ideen im großen wie im kleinen Kreis zur Debatte zu stellen oder für kleinere Probleme eine tägliche Anlaufstelle im zumeist disziplinär bunt gemischten Doktorandenraum zur Verfügung zu haben, sind für den Fortschritt und die Entwicklung der Dissertation gleichermaßen großartig wie essentiell.

Mit dem reichhaltigen Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten in diversen Schlüsselkompetenzen oder Fremdsprachen wird einem darüber hinaus ein mittlerweile etablierter Standard der zunehmend strukturierter organisierten Promotionsstudiengänge von Beginn an in die Hand gegeben. Es wäre zudem vermessen, die finanziellen Vorzüge zu verschweigen. Dabei ist insbesondere die Sicherheit, sich einen längeren Zeitraum nicht den Kopf über das nächste Einkommen zerbrechen zu müssen, die größte Freiheit für selbigen.

Interview: Aude-Marie Certin

Quelle: http://grk1678.hypotheses.org/277

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Stellenausschreibung Mitarbeiter/in Digital Humanities in Hamburg

Am Institut für Germanistik der Universität Hamburg ist im Projekt

„heureCLÉA“

die Stelle einer/eines wissenschaftlichen Mitarbeiterin/Mitarbeiters gemäß § 28 Abs. 3HmbHG* als Vertretung für Mutterschutz und anschließende Elternzeit zu besetzen.

Die Vergütung erfolgt nach der Entgeltgruppe 13 TV-L.

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Die Befristung des Vertrages erfolgt auf der Grundlage von § 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Die Befristung ist vorgesehen für die Dauer des Mutterschutz und der anschließenden Elternzeit von insgesamt voraussichtlich 8 Monaten.

Aufgabengebiet:

Weiterentwicklung der webbasierten Annotations- und Analyseplattform CATMA im Sinne der im Rahmen des heureCLÉA-Projekts entwickelten automatischen Heuristik in Zusammenarbeitmit dem Systementwickler, Implementierung neuer Funktionalitäten.

weitere Information und vollständige Stellenausschreibung hier.

heure-logo2

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4465

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CLARIN-D Reisestipendien für die DHd-Tagung 2015

Zur DHd 2015 vergibt CLARIN-D drei Reisekostenstipendien in Höhe von jeweils bis zu 300,00 EUR an NachwuchswissenschaftlerInnen, die an der DHd Jahrestagung vom 23.-27. Februar 2015 in Graz teilnehmen. CLARIN-D ist als deutsches Forschungsinfrastrukturprojekt aus dem Bereich der digitalen Geisteswissenschaften Teil des europäischen CLARIN-Verbundes (CLARIN ERIC).

Bedingungen:

– Teilnahmeberechtigt sind alle NachwuchswissenschaftlerInnen (insbesondere in der Master- oder Promotionsphase), die einen Beitrag (Poster oder Vortrag) erfolgreich für die Tagung eingereicht haben.

– Erforderlich ist die Registrierung für die Tagung bis zum 10. Januar sowie eine Bewerbung um das Stipendium per E-Mail an thorsten.trippel@uni-tuebingen.de bis spätestens 15. Januar 2015 (12 Uhr MEZ). Der E-Mail beizufügen ist eine PDF-Datei mit tabellarischem Lebenslauf (max. 1 Seite) sowie eine Kopie der Benachrichtigungsemail, dass der Beitrag für die Tagung angenommen wurde, sowie der eingereichte Abstract.

– Die Preisträger verpflichten sich, bis spätestens zwei Wochen nach Konferenzende einen einseitigen Bericht über ihre Erfahrungen auf der Tagung zu verfassen und per E-Mail an CLARIN-D (über thorsten.trippel@uni-tuebingen.de) zu senden.

Auswahlkriterien:

– Qualität des Abstracts, insbesondere nach den Kriterien Originalität und Innovation.

– Bei gleicher Qualität und mehr Bewerbungen als Stipendien entscheidet das Los (der Rechtsweg ist ausgeschlossen).

Die PreisträgerInnen werden auf der Tagung benannt. Eine Erstattung der Reisekosten erfolgt nach der Konferenz, den PreisträgerInnen werden die Modalitäten bei der Vergabe mitgeteilt.

Für Fragen zum CLARIN-D Reisestipendium für NachwuchswissenschaftlerInnen wenden Sie sich bitte an Thorsten Trippel (thorsten.trippel@uni-tuebingen.de).

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4459

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Tagung Poetiken der Infrastruktur, Wien 13.12.2014

Kommenden Samstag (13.12.2014, 10:00-20:00) findet im Wiener Depot die Tagung Poetiken der Infrastruktur. Zum Unterbau medialer Kommunikation statt; ich werde dort zum Thema Aufschreibesysteme. Eine geschichtswissenschaftliche Perspektive vortragen.

Mein Abstract:
Die frühneuzeitlichen Städte sind von einer Reihe von Schreibpraktiken gekennzeichnet, die mit dem Kittler’schen Begriff der Aufschreibesysteme näher in den Blick gerückt werden können: An den Grenzen der Städte, an den Durchgängen ihrer Mauern und Linien registrieren Torschreiber die Neuankömmlinge; Adressbüros vermitteln dank ihrer schriftlich verfassten Protokollbücher Waren, Immobilien, Kapital und Arbeit; Winkelschreiber und Universalschreibstuben stellen ihre zuweilen verrufenen Dienste der illiteraten Bevölkerung zur Verfügung. Und dann gibt es noch die Utopie von der vollständigen Verzeichnung der Stadtbewohner_innen und ihrer Aufenthaltsorte in einem umfassenden, permanent aktuell gehaltenen Melderegister, wie sie etwa von einem gewissen Jacques François Guillauté 1749 Ludwig XV. in einer Denkschrift zur Reform der französischen Polizei unterbreitet wird; seine Papiermaschine kann geradezu als Urszene der Kontrollgesellschaften gelten, analog der Bedeutung, die dem Bentham’schen Panoptikon für die Disziplinargesellschaften zukommt.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022377340/

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Sponsorenaufruf Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus, Band 8/II

Anfang kommendes Jahr soll Band 8/II des monumentalen Historisch-Kritischen Wörterbuch des Marxismus erscheinen, mit einem Umfang der Lemmata von links/rechts bis Maschinenstürmer. Wer will, kann dessen Erscheinen mit einer Spende für eine Seite (100 € für Verdienende, 50 € für Studierende/geringe Einkommen) unterstützen.

Spendenkonto:

Berliner Institut für kritische Theorie e.V.

KSK Esslingen-Nürtingen
IBAN DE53 6115 0020 0007 4123 09
BIC ESSLDE66XXX
Betrifft: Sponsor HKWM 8/II

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022377337/

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