DARIAH-AT Workshop „Digitale Geisteswissenschaften in Österreich“, 20.11. 2013, Graz

Das Zentrum für Informationsmodellierung – Austrian Centre for Digital Humanities an der Universität Graz lädt zum ersten DARIAH-AT Workshop:

„Digitale Geisteswissenschaften in Österreich: Nationale Kooperationen und europäische Perspektiven“

am  Mittwoch, 20. November 2013  im Sitzungszimmer des Senats, Universitätsplatz 3/1, 8010 Graz

Die europäische Forschungsinitiative DARIAH (Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities) widmet sich dem Aufbau eines Netzwerks zur Förderung einer nachhaltigen, digitalen Forschungsinfrastruktur für Daten aus den Kultur- und den Geisteswissenschaften in Europa.

Dieser Workshop richtet sich an österreichische ProtagonistInnen der „Digitalen Geisteswissenschaften“. Neben einer Verortung der Digitalen Geisteswissenschaften als Disziplin und der Vorstellung der Zielrichtung des DARIAH Projektes, werden österreichische Initiativen und Projekte aus dem Bereich der Digitalen Geisteswissenschaften vorgestellt. Ein Project Slam bietet Ihnen die Gelegenheit zur Vorstellung und Diskussion von Projekten und Forschungsvorhaben. Die abschließende Diskussion soll zur Entwicklung gemeinsamer Perspektiven für mögliche Formen der österreichweiten Zusammenarbeit im Bereich der Digitalen Geisteswissenschaften in Österreich beitragen.

Nähere Informationen zu Teilnahme und Programm finden Sie unter: http://informationsmodellierung.uni-graz.at/de/aktuelles/dariah-at-workshop/

Anmeldungen und Rückfragen an zim@uni-graz.at

Einladung als PDF: DARIAH-AT_Workshop

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2457

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(3) “Abweichung von Normen kann innovativ sein und letztlich auch konstitutiv für eine Gesellschaft” – Im Interview Dirk Baier

Anknüpfend an das Interview mit den Wissenschaftlern in unserer aktuellen Ausgabe „Kriminalität und soziale Normen” werden in einer Blogreihe in wöchentlichen Abständen weitere Kriminalsoziolog_innen auf gleiche Fragen zum Teil zu ähnlichen, zu einem größeren Teil aber auch zu sehr unterschiedlichen Antworten … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5633

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Gerhard Richters Tafelwerk – Der Atlas im Lenbachhaus

Richter_Micromega_Presse24_220_02Vollendet! Nein! Gerhard Richters Schubladen sind noch voller Ideen und Projekte.  Und so wird in München “nur” der vorläufig endgültige ATLAS von Richter ausgestellt.

Für Helmut Friedel ist es die letzte Ausstellung als Leiter des Münchner Lenbachhauses. Dabei ist ihm noch einmal Großes gelungen. Es ist die 100. Richter-Ausstellung im Lenbachhaus und damit auch ein persönlicher Dank des Kurators und zugleich eine Hommage an Gerhard Richter und seinen Bilderkosmos, der in seiner Einzigartigkeit und Vielfalt seines Gleichen sucht.

Der ATLAS besteht aus tausenden von Fotos, Skizzen und Zeitungsausschnitten die Richter seit 1962 sammelt und seit 1965 auf Kartons aufklebt. Während die ersten Tafeln ein Sammelsorium verschiedener Zeitungsbilder sind, die von einander unabhängig nebeneinander zum Stehen kommen, beginnt Richter später seine Tafeln nach Motiven und Projektskizzen zu sortieren.

Manche dieser Motive arbeitet Richter zeitnah und manche später zu Gemälden aus. Andere Motive nimmt der Künstler immer wieder auf, experimentiert mit ihnen und verwirft sie am Ende doch. Dazu gehören zum Beispiel die Holocaust-Bilder. Bilder von Konzentrationslagern, die die Opfer des Nationalsozialismus zeigen. Ihr Überleben bei vollkommenen Verlust ihrer menschlichen Würde, hat den Künstler zusehends bewegt. Erste Überlegungen, den Bilder habhaft zu werden und in Kunstwerke zu überführen, gehen auf die 60er Jahre zurück. Damals verwirft der Künstler die Bilder und die daran gebundene Ausstellungsidee. Als Richter ein Kunstwerk für den Deutschen Reichstag in Berlin entwerfen soll, denkt er zuerst die Installation jener Bilder des Holocaust. Er projiziert sie auf die Fläche, tausende Bilder von unbeschreibaren Schicksalen, die die Geschichte Deutschlands und damit verbundene Verantwortung für die Zukunft anzeigen. Erst nach langem Hin- und Her entscheidet sich Richter gegen die Fotoinstallation, zu kleinteilig und unübersichtlich wirkt das Werk. Die Fotos machen der Farbfeldmalerei Platz, die wenig später dem endgültigen Entwurf der deutschen Flagge weicht.

Anhand dieser Werkgruppe wird die Bedeutung des “Atlas” deutlich. Er ist das Bildgedächtnis des Künstlers. Dabei handelt es sich um Motive und Ideen, die den Künstler oft aus einem unbenennbaren Grund faszinieren. Darunter befinden sich Motive und Ereignisse, die nicht in Worte gefasst werden können und denen Richter versucht mit dem Pinsel gerecht zu werden: formal, inhaltlich, moralisch sowie ästhetisch.

Bis zum 9. Februar ist der Bilderkosmos Richters in München zu sehen. Einen Einblick in die Ausstellung geben diverse TV-Beiträge:

 

Gerhard Richter. Atlas – Mikromega
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau
23. Oktober 2013 bis 9. Februar 2014

 

Quelle: http://gra.hypotheses.org/1091

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Projekt Lehrplan 21 – die Politik und die Geschichte

 

Er bewegt die Gemüter einer breiten Öffentlichkeit landauf und landab. Derzeit steckt er in der Konsultation. Der vieldiskutierte und heiß erwartete Lehrplan 21 dient der Umsetzung des Auftrags der Schweizer Bundesverfassung zur Harmonisierung der Ziele der Bildungsstufen.

 

Kantonaler Neubeginn

In der Schweiz liegt die Bildungshoheit in den Kantonen und nicht auf nationaler Ebene. 21 Deutschschweizer Kantone haben sich zusammengerauft und eine sinnmachende Koordination im Bildungswesen gemeinsam angepackt. Der Lehrplan 21 integriert die nationalen Bildungsziele (Bildungsstandards). Er gewährt damit Anschlussfähigkeit unter den Kantonen und reagiert auf die reale Mobilität der Familien innerhalb des Landes. Das ist erfreulich und bemerkenswert und in dieser Dimension auch erstmalig! Der Lehrplan 21 ist kein Reformprojekt und schließt nahtlos an die bereits bestehenden Lehrpläne an. Es soll ein alltagstaugliches Werkzeug für die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen schaffen, das die Arbeit erleichtert und Verlässlichkeit und Klarheit in den pädagogischen Alltag bringt.

… ein großes Leintuch, an dessen Ecken unglaublich viele Leute ziehen

Dass nun beim neuen Lehrplan die Kompetenzorientierung im Vordergrund steht, ist ein großer Gewinn. Der Lehrplan 21 beschreibt Kompetenzen, die am Ende der obligatorischen Schulzeit erreicht werden sollen. Der Aufbau wird über 3 Zyklen beschrieben, und für jeden Zyklus gibt es einen Mindestanspruch, den alle Schülerinnen und Schüler erreichen sollen. Mit der konsequenten Kompetenzformulierung zeigen wir, dass der Lehrplan nicht bereits erfüllt ist, wenn der im Lehrplan aufgelistete Stoff im Unterricht einfach „durchgenommen“ wurde, sondern erst dann, wenn die Kinder und Jugendlichen in einem umfassenden Sinne kompetent sind. Kompetent sein heißt, über das nötige Wissen zu verfügen und dieses Wissen in einer entsprechenden Situation auch anwenden können. Eines war mir von Anfang an klar: Der Lehrplan 21 ist ein großes Leintuch, an dessen Ecken unglaublich viele Leute in alle möglichen Richtungen ziehen. Dass sich Lobbyisten jeglicher Richtungen und Couleur mit Freude auf dieses gemeinsame Werk der 21 Deutschschweizer Kantone stürzen würden, konnte vorausgesagt werden. Ich gehe im folgenden nur kurz auf zwei Teilbereiche ein, nämlich ‘Politische Bildung und Geschichte’ sowie ‘ICT und Medien’.

„Geschichte wird abgeschafft“?

Aussagen zu den Themen Politische Bildung und Geschichte sind an folgenden Stellen im Lehrplan 21 zu finden:

  • Im Kapitel Fächerübergreifende Themen unter der Leitidee Nachhaltiger Entwicklung, dort insbesondere unter der Marginalie ‘Politik, Demokratie und Menschenrechte’.
  • Im Fachbereichslehrplan Räume, Zeiten, Gesellschaften (3. Zyklus) befassen sich die Kompetenzbereiche 5-8 mit Geschichte. Der Kompetenzbereich 8 enthält in einem Schwerpunkt Kompetenzen zur Politischen Bildung.
  • Im Fachbereichslehrplan Natur, Mensch, Gesellschaft (1. und 2. Zyklus) haben die Kompetenzbereiche 9, 10 und 11 einen Schwerpunkt bei den Geschichtskompetenzen.

Kritik am Lehrplanprojekt vonseiten der Interessensgruppen Geschichte gab es bereits im Grundlagenprojekt. Die Kritik dauert bis heute an. Besonderen Unmut haben folgende drei Punkte ausgelöst: Zum einen die Zusammenfassung der Unterrichtsfächer Geografie und Geschichte zu einem Fachbereich ‘Räume, Zeiten, Gesellschaften’ auf der Sekundarstufe I, zum zweiten die Fachbereichs-Bezeichnung ‘Räume, Zeiten, Gesellschaften’, weil der Begriff Geschichte verschwinde, und zum dritten schließlich die Befürchtung, der Lehrplan 21 und dessen Planungsrahmen könnten die Kürzungen von Geschichtslektionen, die einzelne Kantone in der Vergangenheit vorgenommen haben, zementieren. Diese Kritikpunkte wurden auch von den Medien aufgenommen. Schlagwort bei den Artikeln war oft: Das Fach oder der Unterricht in Geschichte wird abgeschafft! Gerne übersehen wird allerdings, dass der Lehrplanentwurf dem historischen Lernen im Kindergarten und auf der Primarstufe (1. und 2. Zyklus) einen deutlich höheren Stellenwert einräumt, als es in aktuellen Lehrplänen der Kantone bisher der Fall ist. So können Kinder bereits in diesem Alter die Fähigkeit entwickeln, historisch zu denken. Damit reagiert der Lehrplan 21 auf die Erkenntnisse der empirisch forschenden Geschichtsdidaktik der letzten Jahre. Insgesamt wird das historische Lernen im Fachbereich ‘Natur, Mensch, Gesellschaft’ in den ersten beiden Zyklen deutlich aufgewertet.

Medienkompetenz entscheidend

Heute sind der Umgang mit der Informationstechnologie und die Medienkompetenz von entscheidender Bedeutung. Darum erhält bspw. ICT und Medien einen eigenen Lehrplanteil und wird in die Lehrpläne der einzelnen Fachbereiche eingearbeitet. Es ist die Zielsetzung von ICT und Medien im Lehrplan 21, dass die Schülerinnen und Schüler an der Mediengesellschaft selbstbestimmt, kreativ und mündig teilhaben können und sich sachgerecht und sozial verantwortlich verhalten. In diesem Bereich sind aber noch Fragen betreffend Rahmenbedingungen, Zuständigkeiten, Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen offen, die über den Lehrplan hinausführen. Diese Fragen werden ab Herbst 2013 von einer Arbeitsgruppe geklärt, damit die Überarbeitung des Lehrplans ICT und Medien nach Vorliegen der Ergebnisse der Konsultation zügig an die Hand genommen werden kann. Die Fachgruppe soll klären, welche Kompetenzen sinnvollerweise integriert in andere Fachbereiche erworben werden und für welche Kompetenzen und auf welchen Schulstufen allenfalls eigene Zeitgefäße nötig sind. Außerdem sollen die für die Umsetzung nötigen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen, die Anpassungen an den Lehrmitteln sowie die technische Infrastruktur bearbeitet werden. Das Konzept muss sich für eine flächendeckende Umsetzung im Schulsystem eignen. Es muss daher auch mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen umsetzbar sein!

Ich freue mich auf Ihre Reaktionen und Meinungen zum Lehrplan 21!

 

Literatur

  • Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierung allein macht noch keinen guten Unterricht! Die “ganze Aufgabe” muss bewältigt werden. In: Lernende Schule 15 (2012) 58, S. 7-12.
  • Feindt, Andreas / Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierter Unterricht. In: Die Grundschulzeitschrift 24 (2010) 237, S. 29-33.
  • Labbude, Peter / Adamina, Marco: Kompetenzen fördern – Standards setzen. Naturwissenschaftliche Bildung in der Primarstufe, Kiel 2012.
  • Schröder, Christa / Wirth, Ingo: 99 Tipps – kompetenzorientiert unterrichten. Für die Sekundarstufe 1, Berlin 2012.

Externe Links

Abbildungsnachweis
(c) KHH 043: Foto Karin Habegger-Heiniger

Empfohlene Zitierweise
Amsler, Christian: Projekt Lehrplan 21 – die Politik und die Geschichte. In: Public History Weekly 1 (2013) 9, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2013-368.

Copyright (c) 2013 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

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Projekt Lehrplan 21 – die Politik und die Geschichte

 

Er bewegt die Gemüter einer breiten Öffentlichkeit landauf und landab. Derzeit steckt er in der Konsultation. Der vieldiskutierte und heiß erwartete Lehrplan 21 dient der Umsetzung des Auftrags der Schweizer Bundesverfassung zur Harmonisierung der Ziele der Bildungsstufen.

 

Kantonaler Neubeginn

In der Schweiz liegt die Bildungshoheit in den Kantonen und nicht auf nationaler Ebene. 21 Deutschschweizer Kantone haben sich zusammengerauft und eine sinnmachende Koordination im Bildungswesen gemeinsam angepackt. Der Lehrplan 21 integriert die nationalen Bildungsziele (Bildungsstandards). Er gewährt damit Anschlussfähigkeit unter den Kantonen und reagiert auf die reale Mobilität der Familien innerhalb des Landes. Das ist erfreulich und bemerkenswert und in dieser Dimension auch erstmalig! Der Lehrplan 21 ist kein Reformprojekt und schließt nahtlos an die bereits bestehenden Lehrpläne an. Es soll ein alltagstaugliches Werkzeug für die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen schaffen, das die Arbeit erleichtert und Verlässlichkeit und Klarheit in den pädagogischen Alltag bringt.

… ein großes Leintuch, an dessen Ecken unglaublich viele Leute ziehen

Dass nun beim neuen Lehrplan die Kompetenzorientierung im Vordergrund steht, ist ein großer Gewinn. Der Lehrplan 21 beschreibt Kompetenzen, die am Ende der obligatorischen Schulzeit erreicht werden sollen. Der Aufbau wird über 3 Zyklen beschrieben, und für jeden Zyklus gibt es einen Mindestanspruch, den alle Schülerinnen und Schüler erreichen sollen. Mit der konsequenten Kompetenzformulierung zeigen wir, dass der Lehrplan nicht bereits erfüllt ist, wenn der im Lehrplan aufgelistete Stoff im Unterricht einfach „durchgenommen“ wurde, sondern erst dann, wenn die Kinder und Jugendlichen in einem umfassenden Sinne kompetent sind. Kompetent sein heißt, über das nötige Wissen zu verfügen und dieses Wissen in einer entsprechenden Situation auch anwenden können. Eines war mir von Anfang an klar: Der Lehrplan 21 ist ein großes Leintuch, an dessen Ecken unglaublich viele Leute in alle möglichen Richtungen ziehen. Dass sich Lobbyisten jeglicher Richtungen und Couleur mit Freude auf dieses gemeinsame Werk der 21 Deutschschweizer Kantone stürzen würden, konnte vorausgesagt werden. Ich gehe im folgenden nur kurz auf zwei Teilbereiche ein, nämlich ‘Politische Bildung und Geschichte’ sowie ‘ICT und Medien’.

„Geschichte wird abgeschafft“?

Aussagen zu den Themen Politische Bildung und Geschichte sind an folgenden Stellen im Lehrplan 21 zu finden:

  • Im Kapitel Fächerübergreifende Themen unter der Leitidee Nachhaltiger Entwicklung, dort insbesondere unter der Marginalie ‘Politik, Demokratie und Menschenrechte’.
  • Im Fachbereichslehrplan Räume, Zeiten, Gesellschaften (3. Zyklus) befassen sich die Kompetenzbereiche 5-8 mit Geschichte. Der Kompetenzbereich 8 enthält in einem Schwerpunkt Kompetenzen zur Politischen Bildung.
  • Im Fachbereichslehrplan Natur, Mensch, Gesellschaft (1. und 2. Zyklus) haben die Kompetenzbereiche 9, 10 und 11 einen Schwerpunkt bei den Geschichtskompetenzen.

Kritik am Lehrplanprojekt vonseiten der Interessensgruppen Geschichte gab es bereits im Grundlagenprojekt. Die Kritik dauert bis heute an. Besonderen Unmut haben folgende drei Punkte ausgelöst: Zum einen die Zusammenfassung der Unterrichtsfächer Geografie und Geschichte zu einem Fachbereich ‘Räume, Zeiten, Gesellschaften’ auf der Sekundarstufe I, zum zweiten die Fachbereichs-Bezeichnung ‘Räume, Zeiten, Gesellschaften’, weil der Begriff Geschichte verschwinde, und zum dritten schließlich die Befürchtung, der Lehrplan 21 und dessen Planungsrahmen könnten die Kürzungen von Geschichtslektionen, die einzelne Kantone in der Vergangenheit vorgenommen haben, zementieren. Diese Kritikpunkte wurden auch von den Medien aufgenommen. Schlagwort bei den Artikeln war oft: Das Fach oder der Unterricht in Geschichte wird abgeschafft! Gerne übersehen wird allerdings, dass der Lehrplanentwurf dem historischen Lernen im Kindergarten und auf der Primarstufe (1. und 2. Zyklus) einen deutlich höheren Stellenwert einräumt, als es in aktuellen Lehrplänen der Kantone bisher der Fall ist. So können Kinder bereits in diesem Alter die Fähigkeit entwickeln, historisch zu denken. Damit reagiert der Lehrplan 21 auf die Erkenntnisse der empirisch forschenden Geschichtsdidaktik der letzten Jahre. Insgesamt wird das historische Lernen im Fachbereich ‘Natur, Mensch, Gesellschaft’ in den ersten beiden Zyklen deutlich aufgewertet.

Medienkompetenz entscheidend

Heute sind der Umgang mit der Informationstechnologie und die Medienkompetenz von entscheidender Bedeutung. Darum erhält bspw. ICT und Medien einen eigenen Lehrplanteil und wird in die Lehrpläne der einzelnen Fachbereiche eingearbeitet. Es ist die Zielsetzung von ICT und Medien im Lehrplan 21, dass die Schülerinnen und Schüler an der Mediengesellschaft selbstbestimmt, kreativ und mündig teilhaben können und sich sachgerecht und sozial verantwortlich verhalten. In diesem Bereich sind aber noch Fragen betreffend Rahmenbedingungen, Zuständigkeiten, Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen offen, die über den Lehrplan hinausführen. Diese Fragen werden ab Herbst 2013 von einer Arbeitsgruppe geklärt, damit die Überarbeitung des Lehrplans ICT und Medien nach Vorliegen der Ergebnisse der Konsultation zügig an die Hand genommen werden kann. Die Fachgruppe soll klären, welche Kompetenzen sinnvollerweise integriert in andere Fachbereiche erworben werden und für welche Kompetenzen und auf welchen Schulstufen allenfalls eigene Zeitgefäße nötig sind. Außerdem sollen die für die Umsetzung nötigen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen, die Anpassungen an den Lehrmitteln sowie die technische Infrastruktur bearbeitet werden. Das Konzept muss sich für eine flächendeckende Umsetzung im Schulsystem eignen. Es muss daher auch mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen umsetzbar sein!

Ich freue mich auf Ihre Reaktionen und Meinungen zum Lehrplan 21!

 

Literatur

  • Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierung allein macht noch keinen guten Unterricht! Die “ganze Aufgabe” muss bewältigt werden. In: Lernende Schule 15 (2012) 58, S. 7-12.
  • Feindt, Andreas / Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierter Unterricht. In: Die Grundschulzeitschrift 24 (2010) 237, S. 29-33.
  • Labbude, Peter / Adamina, Marco: Kompetenzen fördern – Standards setzen. Naturwissenschaftliche Bildung in der Primarstufe, Kiel 2012.
  • Schröder, Christa / Wirth, Ingo: 99 Tipps – kompetenzorientiert unterrichten. Für die Sekundarstufe 1, Berlin 2012.

Externe Links

Abbildungsnachweis
(c) KHH 043: Foto Karin Habegger-Heiniger

Empfohlene Zitierweise
Amsler, Christian: Projekt Lehrplan 21 – die Politik und die Geschichte. In: Public History Weekly 1 (2013) 9, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2013-368.

Copyright (c) 2013 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

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“Lehrplan 21” – Politics and History

 

It is causing a stir among the wider public up and down the country. Currently subject to consultation, the much-debated and much-anticipated new curriculum (“Lehrplan 21”) serves to implement the mandate of the Swiss Constitution to harmonise educational objectives on all school levels.

 

A new beginning in the cantons

In Switzerland, educational sovereignty resides with the cantons, not with the federal government. Twenty-one German-speaking cantons have joined forces to provide the feasible coordination of education in Switzerland. “Lehrplan 21” integrates the national educational objectives (educational standards). It thus ensures compatibility between the cantonal educational systems and responds to the mobility of families within the country, which is becoming an increasing reality. Not only is this development pleasing and remarkable, but it is also unprecedented on this scale! “Lehrplan 21” is not a reform project, and it ties in seamlessly with existing curricula. It is meant to provide a readily usable tool for teachers, to facilitate their everyday work, and to establish a reliable and clear pedagogical framework.

“… a large sheet whose corners are being pulled in all possible directions”

One great benefit of the new curriculum is its skills orientation. “Lehrplan 21” describes the competencies to be attained by the end of compulsory education. The structure is described in three cycles, and for each cycle a minimal standard is defined. The rigorous formulation of competencies clearly indicates that the curricular requirements will not have been met simply when the syllabus in a particular subject has been “covered,” but only once the children and young people in our charge have become competent in a comprehensive sense. Being competent means having the necessary knowledge and being able to apply this knowledge in a particular situation. I realised from the beginning that “Lehrplan 21” is a large sheet whose corners are being pulled in all possible directions. It was foreseeable that lobbyists of all stripes would happily pounce on this joint achievement of the twenty-one German-speaking cantons. In what follows, I limit myself to a brief discussion of two sub-areas of “Lehrplan 21”, “Political Education and History,” and “ICT and Media.”

“History to be abolished”?

The following sections in “Lehrplan 21” discuss political education and history:

  • The chapter on sustainable development as a guiding idea, in particular the marginal note on “Politics, Democracy, and Human Rights.”
  • In the subject syllabus for “Spaces, Times, Societies” (3rd cycle), competency areas 5–8 are concerned with history. Competency area 8 contains a competency focus on political education.
  • In the subject syllabus for “Nature, Humans, Society” (1st and 2nd cycles), competency areas 9, 10, and 11 include a focus on historical competencies.

The History lobby criticised the curriculum project already in its initial stages. The criticism has prevailed until now. Three points in particular have caused discontent: first, the amalgamation of geography and history into a single subject area (“Spaces, Times, Societies”) in lower secondary schools; second, the designation of the amalgamated subject area—“Spaces, Times, Societies”—because it leads to the disappearance of “History”; and third, the fear that “Lehrplan 21” and its planning assumptions could cement in place the reduction of history lessons already introduced in certain cantons in the past. These points of criticism were also taken up by the media. One pervasive slogan in reports was that history was being abolished as a subject or that the end of history lessons had arrived! What tends to be overlooked, however, is that the draft curriculum attaches far greater importance to children learning about history at kindergarten and primary school (1st and 2nd cycles) than the current cantonal curricula. Thus, children can already learn to think historically at this age. “Lehrplan 21” as such reacts to the insights gained by history didactics in recent years. Overall, history learning has been significantly upgraded in “Nature, Humans, Society” during the first two cycles.

Media competences are crucial

The use of information technology and the development of media competences are crucial nowadays. Hence, “ICT and Media” has its own place in the curriculum and is integrated into the individual subject syllabuses. In “Lehrplan 21”, the purpose of “ICT and Media” is to ensure that pupils can participate in the media society of today and tomorrow as self-determined, creative, and mature individuals, as well as behave in an appropriate and socially responsible way. In this area, however, various issues beyond the actual curriculum still need to be resolved, such as framework conditions, jurisdiction, and (basic and further) teacher training. From the autumn of 2013, a working group will set about clarifying these questions so that a review of the “ICT and Media” syllabus can be undertaken swiftly based on the findings of the consultation process. The remit of the subject group set up meanwhile is to establish which competencies should be feasibily integrated into other subject areas and which competencies should be allocated how much teaching time at which school levels. The group is also tasked with discussing the framework necessary for implementing the curriculum as regards the basic and further training of teachers, the adjustment of teaching materials, and the provision of technical infrastructure. The resulting concept must be suited to full-scale implementation across the entire school system. Hence, it must also be implementable with limited staff and financial resources!

I look forward to your reactions to and views on “Lehrplan 21”.

 

Literature

  • Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierung allein macht noch keinen guten Unterricht! Die “ganze Aufgabe” muss bewältigt werden. In: Lernende Schule 15 (2012) 58, S. 7-12.
  • Feindt, Andreas / Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierter Unterricht. In: Die Grundschulzeitschrift 24 (2010) 237, S. 29-33.
  • Labbude, Peter / Adamina, Marco: Kompetenzen fördern – Standards setzen. Naturwissenschaftliche Bildung in der Primarstufe, Kiel 2012.
  • Schröder, Christa / Wirth, Ingo: 99 Tipps – kompetenzorientiert unterrichten. Für die Sekundarstufe 1, Berlin 2012.

External links

Image credit
(c) Photograph by Claudio Minutella

Translation (from German)
by Kyburz&Peck, English Language Projects (www.englishprojects.ch)

Recommended Citation
Amsler, Christian: “Lehrplan 21″ – Politics and History. In: Public History Weekly 1 (2013) 9, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2013-539.

Copyright (c) 2013 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

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“Lehrplan 21” – Politics and History

 

It is causing a stir among the wider public up and down the country. Currently subject to consultation, the much-debated and much-anticipated new curriculum (“Lehrplan 21”) serves to implement the mandate of the Swiss Constitution to harmonise educational objectives on all school levels.

 

A new beginning in the cantons

In Switzerland, educational sovereignty resides with the cantons, not with the federal government. Twenty-one German-speaking cantons have joined forces to provide the feasible coordination of education in Switzerland. “Lehrplan 21” integrates the national educational objectives (educational standards). It thus ensures compatibility between the cantonal educational systems and responds to the mobility of families within the country, which is becoming an increasing reality. Not only is this development pleasing and remarkable, but it is also unprecedented on this scale! “Lehrplan 21” is not a reform project, and it ties in seamlessly with existing curricula. It is meant to provide a readily usable tool for teachers, to facilitate their everyday work, and to establish a reliable and clear pedagogical framework.

“… a large sheet whose corners are being pulled in all possible directions”

One great benefit of the new curriculum is its skills orientation. “Lehrplan 21” describes the competencies to be attained by the end of compulsory education. The structure is described in three cycles, and for each cycle a minimal standard is defined. The rigorous formulation of competencies clearly indicates that the curricular requirements will not have been met simply when the syllabus in a particular subject has been “covered,” but only once the children and young people in our charge have become competent in a comprehensive sense. Being competent means having the necessary knowledge and being able to apply this knowledge in a particular situation. I realised from the beginning that “Lehrplan 21” is a large sheet whose corners are being pulled in all possible directions. It was foreseeable that lobbyists of all stripes would happily pounce on this joint achievement of the twenty-one German-speaking cantons. In what follows, I limit myself to a brief discussion of two sub-areas of “Lehrplan 21”, “Political Education and History,” and “ICT and Media.”

“History to be abolished”?

The following sections in “Lehrplan 21” discuss political education and history:

  • The chapter on sustainable development as a guiding idea, in particular the marginal note on “Politics, Democracy, and Human Rights.”
  • In the subject syllabus for “Spaces, Times, Societies” (3rd cycle), competency areas 5–8 are concerned with history. Competency area 8 contains a competency focus on political education.
  • In the subject syllabus for “Nature, Humans, Society” (1st and 2nd cycles), competency areas 9, 10, and 11 include a focus on historical competencies.

The History lobby criticised the curriculum project already in its initial stages. The criticism has prevailed until now. Three points in particular have caused discontent: first, the amalgamation of geography and history into a single subject area (“Spaces, Times, Societies”) in lower secondary schools; second, the designation of the amalgamated subject area—“Spaces, Times, Societies”—because it leads to the disappearance of “History”; and third, the fear that “Lehrplan 21” and its planning assumptions could cement in place the reduction of history lessons already introduced in certain cantons in the past. These points of criticism were also taken up by the media. One pervasive slogan in reports was that history was being abolished as a subject or that the end of history lessons had arrived! What tends to be overlooked, however, is that the draft curriculum attaches far greater importance to children learning about history at kindergarten and primary school (1st and 2nd cycles) than the current cantonal curricula. Thus, children can already learn to think historically at this age. “Lehrplan 21” as such reacts to the insights gained by history didactics in recent years. Overall, history learning has been significantly upgraded in “Nature, Humans, Society” during the first two cycles.

Media competences are crucial

The use of information technology and the development of media competences are crucial nowadays. Hence, “ICT and Media” has its own place in the curriculum and is integrated into the individual subject syllabuses. In “Lehrplan 21”, the purpose of “ICT and Media” is to ensure that pupils can participate in the media society of today and tomorrow as self-determined, creative, and mature individuals, as well as behave in an appropriate and socially responsible way. In this area, however, various issues beyond the actual curriculum still need to be resolved, such as framework conditions, jurisdiction, and (basic and further) teacher training. From the autumn of 2013, a working group will set about clarifying these questions so that a review of the “ICT and Media” syllabus can be undertaken swiftly based on the findings of the consultation process. The remit of the subject group set up meanwhile is to establish which competencies should be feasibily integrated into other subject areas and which competencies should be allocated how much teaching time at which school levels. The group is also tasked with discussing the framework necessary for implementing the curriculum as regards the basic and further training of teachers, the adjustment of teaching materials, and the provision of technical infrastructure. The resulting concept must be suited to full-scale implementation across the entire school system. Hence, it must also be implementable with limited staff and financial resources!

I look forward to your reactions to and views on “Lehrplan 21”.

 

Literature

  • Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierung allein macht noch keinen guten Unterricht! Die “ganze Aufgabe” muss bewältigt werden. In: Lernende Schule 15 (2012) 58, S. 7-12.
  • Feindt, Andreas / Meyer, Hilbert: Kompetenzorientierter Unterricht. In: Die Grundschulzeitschrift 24 (2010) 237, S. 29-33.
  • Labbude, Peter / Adamina, Marco: Kompetenzen fördern – Standards setzen. Naturwissenschaftliche Bildung in der Primarstufe, Kiel 2012.
  • Schröder, Christa / Wirth, Ingo: 99 Tipps – kompetenzorientiert unterrichten. Für die Sekundarstufe 1, Berlin 2012.

External links

Image credit
(c) Photograph by Claudio Minutella

Translation (from German)
by Kyburz&Peck, English Language Projects (www.englishprojects.ch)

Recommended Citation
Amsler, Christian: “Lehrplan 21″ – Politics and History. In: Public History Weekly 1 (2013) 9, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2013-539.

Copyright (c) 2013 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

The post “Lehrplan 21” – Politics and History appeared first on Public History Weekly.

Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/1-2013-9/lehrplan-21-politics-and-history/

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aventinus historia Nr. 11 [31.10.2013]: Biogramm zu Johannes Aventinus (1477-1534) bei der Deutschen Biographie (ADB / NDB)

http://www.deutsche-biographie.de/pnd11850522X.html Sowohl die “Allgemeine Deutsche Biographie” (1875) als auch die Neue Deutsche Biographie (NDB) bieten ausführliche Biogramme zum Leben und Werk des bayerischen Historiographen und Namenspatrons für diese Plattform Johannes Aventinus

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/10/4750/

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Vnterschiedliche Wunderwerck

Eine Flugschrift aus dem Jahr 1626, wie sie in diesen Jahren und Jahrzehnten durchaus üblich ist. Eine Sammlung von Nachrichten ganz unterschiedlicher Art, vor allem aber über politische und militärische Ereignisse: Vorneweg die neuesten Entwicklungen vom oberösterreichischen Bauernaufstand, dann militärische Ereignisse in der Grafschaft Mark, wo spanische Truppen operierten, Aktionen der holländischen Flotte vor der flandrischen Küste, weitere Neuigkeiten von Tilly und dem dänischen König, aber auch aus dem Veltlin, aus Piemont, Turin, Mailand, Venedig und vom französischen Hof.

Dazwischen notiert diese Flugschrift allerdings auch eine Reihe von Merkwürdigkeiten, die sich an verschiedenen Orten ereignet haben: Ausführlich wird die Wunderheilung einer Magd beschrieben, die jahrelang von Hexen geplagt wurde und gelähmt war; erwähnt wird weiterhin eine Pferdeschwemme, die sich in Blut verwandelt habe, berichtet wird aber auch von schönen weißen Rosen, die man auf Apfelbäumen gefunden hat, während man andernorts Birnbäume fand, die zwar schon haselnußgroße Früchte trugen, und dennoch erneut zu blühen anfingen. Der Passus endet mit den Worten: „was alles diß bedeuten wird / haben wir zu erwarten / GOtt der Allmächtige wende es zum besten / vnd beschere vns den lieben Frieden / vmb JEsu Christi willen / Amen.“

Es gab sicher ein Bedürfnis nach Informationen aus der Welt des Politischen; was an den Höfen und in den Feldlagern passierte, wollte man schon erfahren. Doch was sollte man sich für einen Reim auf diese „Wunderwerck“ machen? Letztlich herrschte eine große und wachsende Verunsicherung, die sich auch mit Endzeiterwartungen verknüpfen konnte. Daß die Welt aus dem Lot geriet, schien nicht zuletzt an den die Alltagserfahrungen übersteigenden Ereignissen deutlich zu werden, die immer wieder zu beobachten waren. Oftmals wurden diese Anomalien sehr eindeutig als Warnhinweise gewertet, daß göttliche Strafen für die Sündhaftigkeit der Welt drohten. Eine solche moralische Wendung wurde in dieser Flugschrift nicht vollzogen, dafür erschienen die Zeichen offenbar nicht eindeutig genug. Aber unbestritten schien, daß man allein von Gott Rettung und Frieden erwarten könne.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/334

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nianhao 年號 – kaiserliche Regierungsdevisen

Für die zeitliche Orientierung in der (Kultur-) Geschichte Chinas spielen die nianhao 年號 (aus der Vielfalt älterer und neuerer Übersetzungen seien hier nur Regierungsdevise, Regierungstitel, Jahrestitel oder Ärenbezeichnung genannt) der Kaiser eine große Rolle, symbolisieren sie doch den “Anspruch des Kaisers auf die Regulierung der Zeit.”[1]

Für knapp anderthalb Jahrtausende – vom 2. Jahrhundert v. Chr. bis zur Gründung der Ming-Dynastie im Jahr 1368 musste sich ein “Neubeginn” nicht unmittelbar an der Thronbesteigung eines neuen Herrschers orientieren. Der Wechsel der Regierungsdevise während der Herrschaft eines Kaisers konnte so den “Anbruch einer neuen Zeit”[2] symbolisieren. Wolfgang Bauer meinte, dass die Einführung dieser nianhao “aufs engste mit diesem ängstlichen Ausschauhalten nach der Bestätigung der eigenen Handlungen durch Äußerungen der Natur in Zusammenhang steht.”[3]

Da nach 1368 jeder Kaiser für die Dauer seiner Herrschaft nur eine solche nianhao annahm, werden diese “Regierungsdevisen” vor allem für die Geschichte der letzten beiden kaiserlichen Dynastien – Ming (1368-1644) und Qing (1644-1911) in der “westlichen” Literatur auf eine Weise verwendet, die den irrigen Schluss nahelegt, es könnte sich dabei um den Namen des Kaisers handeln.

Dass man schon mit der Auswahl der nianhao der Herrschaft des neuen Kaisers ein Programm geben wollte, soll im folgenden am Beispiel der den Kaisern der Qing beigelegten Devisen illustriert werden[4]:

  • 1644-1661 Shunzhi 順治 (“[dem Himmel] folgsame Regierung”)
  • 1662-1722 Kangxi 康熙 (“Gesunder Weltfrieden”)
  • 1723-1735 Yongzheng 雍正 (“Harmonische Geradheit”)
  • 1736-1795 Qianlong 乾隆 (“Durch den Himmel Unterstützter”)
  • 1796-1820 Jiaqing 嘉慶 (“Vielversprechendes Heil”)
  • 1821-1850 Daoguang 道光 (“Leuchten des dao [Weg, Vernunft]“)
  • 1851-1861 Xianfeng 咸豐 (“Ganze Fülle”)
  • 1862-1874 Tongzhi 同治 (“Vollkommene Ordnung”)
  • 1875-1908 Guangxu 光緒 (“Wachsende Herrschaft”)
  • 1909-1911 Xuantong 宣統 (“Klare Grundsätze”)
  1. Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 156.
  2. Ebd.
  3. Wolfgang Bauer: China und die Hoffnung auf Glück (München 1989 [1974]), 113.
  4. Vgl. Evelyn S. Rawski: The Last Emperors. A Social History of Qing Imperial Institutions (Berkeley/Los Angeles/London 1998) 303 (Appendix One: Names of Qing Emperors and the Imperial Ancestors), Gertraude Roth Li: Manchu. A textbook for reading documents (Honolulu 2000) 376. Renate Eikelmann (Hg.): Die Wittelsbacher und das Reich der Mitte. 400 Jahre China und Bayern (München 2009) 538 (Tabelle mit den nianhao in chinesischer, mandschurischer, mongolischer und tibetischer Fassung sowie weiteren Literaturangaben). – Zur Genealogie der Qing-Dynastie vgl. Erich Hauer, Das Mandschurische Kaiserhaus, sein Name, seine Herkunft und sein Stammbaum. In: Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen, I. Abt., Bd. 29 (1926) 1-39; Qingshigao 清史稿 [Entwurf einer Geschichte der Qing-Dynastie], Ausgabe: Zhonghua shuju (Beijing 1976); Bd. 17 und Bd. 18 [= biao 表, juan 1-7:  huangzi shibiao 皇子史表, juan 1-7], sowie die Quellen- und Literaturangaben bei Rawski, Last Emperors (1998) S. 315 Anm. 69, 334 Anm. 58.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/852

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