Neuland und die Jahrestagung des Deutschen Archäologen-Verbandes (DARV)

Original: Ausgrabungen Haltern am See. Quelle: LWL-Archäologie für WestfalenArchäologie und Politik – ein facettenreiches und spannendes Thema für die Jahrestagung des DARV im Juni in Münster. Ebenso vielfältig war das Programm. Über Beispiele für den Einfluss von Kriegen und Krisen auf die archäologie Arbeit wurde ebenso gesprochen, wie über Lobbyarbeit und Kommunikation mit und über Archäologie. Dabei ließ mich der Vortrag von Frank Marcinkowski, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster über die Folgen (!!) “dieses Internet” für die wissenschaftliche und Öffentlichkeitsarbeit sprachlos zurück – und auch sonst macht er sich in der Wissenschaftskommunikation nur wenig Freunde. Seine Thesen zeigen, gegen welche Vorurteile, einseitigen Annahmen und damit Hürden von Seiten der (Geistes-)Wissenschaft vor allem die digitale Kommunikation ankämpft.1

Vorschläge für ein besseres Verhältnis zwischen Archäologie, Politik und Kommunikation gab es schon beim Einführungsvortrag der Tagung: stärker über Fachgrenzen hinaus zu denken, den Mehrwert für die Gesellschaft zu formulieren und neue (gesellschaftliche) Aspekte einzubeziehen sollen Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit sein – sowohl in Bezug auf die Reflektion der eigenen Methodiken als auch des Selbstverständnisses des Faches – und sind notwendig, um in einen Dialog mit politischen Entscheidern und der Öffentlichkeit zu treten. Nur so kann ein Verständnis für die eigenen Bedürfnisse geweckt werden, das notwendig ist für jede Form der Unterstützung.

Neuland – ein Forschergenerationenproblem?

Neue Ideen, besonders in Bezug auf strukturelle Veränderungen bei Forschung und Kommunikation, werden häufig schon von Studenten abgetan. Einen perfekten Weg zum Erfolg in jeglicher Art von geisteswissenschaftlichen Fächern gibt es nicht, wohl aber viel Konkurrenz und hohen Druck. Den Weg zu gehen, der schon bei den Generationen zuvor funktioniert hat, scheint dabei am sichersten. Das gilt für den Umgang mit der Öffentlichkeit, die Qualitätssicherung und den Reputationsaufbau – Feststellungen, die von Seiten des Fachpublikums weitgehend benickt und noch einmal bestärkt wurden, als am Ende der Tagung die neuen Medien im speziellen thematisiert wurden.

Neuland – neue Medien, neue Öffentlichkeiten, neue Erwartungen

Genau hier, so zeigte sich im Abschlussvortrag von Marcinkowski, sitzt das Problem: Für die Kommunikation der Archäologie mit der Öffentlichkeit waren bis heute vor allem die archäologischen Museen zuständig und in geringerem Umfang die Presseabteilungen der Forschungseinrichtungen, die Wissenschaftler selbst wurden nur von Zeit zu Zeit von einem Journalisten zu einem bestimmten Projekt befragt.

Marcinkowski präsentierte in seinem Vortrag die Ergebnisse einer Studie über die Veränderungen des Umgangs der Wissenschaft mit der Öffentlichkeit, den Medien und der Politik, u.a. durch das Social Web. Hinter dieser Studie, bei der bis 2011 1.600 deutsche Wissenschaftler – und ausschließlich diese! – aus 16 akademischen Disziplinen befragt wurden, steht ein Projekt der Uni Münster zusammen mit dem Wissenschaftsforscher Hans-Peter Peters vom Forschungszentrum Jülich.2 Peters unterscheidet sich in seinem Grundtenor aber von der Interpretation Marcinkowskis, wie sie bei der Jahrestagung des DARV präsentiert wurde. Marcinkowskis Thesen im Wesentlichen:

  • Heute hat jeder, auch die Wissenschaft, das Gefühl, mehr öffentliche Aufmerksamkeit und bessere Kommunikation, vor allem im Netz, wären Lobbyarbeit und können Probleme wie fehlende Aufmerksamkeit, Anerkennung oder sinkende Fördergelder lösen
  • Aber Öffentlichkeit und Wissenschaft haben im Grunde keine Beziehung zueinander, es sind unterschiedliche Welten mit verschiedenen tradierten Verhaltensweisen, die sich weder überschneiden noch mehr als nötig einander annähern sollten
  • Kommunikation sorgt nicht für die Generierung von Wissen, sondern gefährdet im Gegenteil die Qualität von Forschung
  • Wissenschaftler sind genötigt, sich anders zu verhalten, wenn sie von außen beobachtet werden
  • Kommunikation im Netz zeigt keine Wirkung, Wissenschaftler sollen lieber ab und an mit Journalisten etablierter Medien wie dem Fernsehen oder der Zeitung sprechen3

Einige dieser Feststellungen sind sicher nicht gänzlich falsch. Mit mehr medialer Resonanz geht oft der Wunsch nach stärkerer Unterstützung einher. Das unterschiedliche Funktionieren der Sphären von Medien, Politik und Wissenschaft sorgt aber dafür, dass dem oft nicht so ist. So hatte die Petition gegen die Streichung der Finanzmittel der Denkmalpflege in NRW großes mediales Feedback und 27.000 Unterschriften hervorgebracht, an den Plänen der Landesregierung aber nichts geändert, weil die Entscheidungsfindung hier bereits stattgefunden hatte. Dies bedeutet aber nicht, dass es keine Beziehung zwischen der – sich wandelnden – Sphäre der medialen Kommunikation / der Öffentlichkeit und der Wissenschaft gäbe. Ihre Funktionsweise sollte die Archäologie als immer stärker privatisierte Zunft kennen, da sie bei  Ausgrabungen, aber auch der Bewahrung und Vermittlung von Denkmalen immer mehr von Unterstützung, privaten Geldern, touristischen Einnahmen und damit Aufmerksamkeit abhängig ist.

“Lassen Sie dieses Internet!”

Die von Marcinkoskwi vorgestellte Studie repräsentiert nur die Sicht der Wissenschaftler selbst. Eine nicht unwichtige Tatsache, um die Objektivität der Aussagen einer solchen wissenschaftlichen Untersuchungen einzuschätzen. Bei seiner Interpretation und Präsentation der Ergebnisse mangelte es aber am Versuch einer Objektivierung, beispielsweise durch eine Gegenüberstellung mit der Sicht der “Gegenseite”. Sein Ergebnis war denn, die Wissenschaft dürfe sich zugunsten ihrer Qualität nicht auf die Mediatisierung der Kommunikation und schon gar nicht auf das Internet einlassen, das nur von der eigentlichen Aufgabe, der Forschung ablenke, nicht aber die gewünschte Aufmerksamkeit bringe. Besser sei es, im Elfenbeinturm zu bleiben, anstatt einem “Forschungsmainstream” zu verfallen.

Nun sind wissenschaftliche Qualität und öffentliche Aufmerksamkeit natürlich nicht dasselbe. Das möchte auch niemand. Auch wird nicht erwartet, dass sich Forscher nur noch Themen aussuchen, die medientauglich sind – obwohl 16% das nach Marcinkowski bereits tun, Tendenz steigend. Vielmehr kann ein guter Kommunikator aus jedem Thema eine spannende Geschichte machen. Interessant ist an den Aussagen der Studie aber, dass die Anworten der Wissenschaftler die Vorstellung zeigen, gute, klassische, unbeeinflusste Forschungsfragen stünden schlechten, von aktuellen Entwicklungen beeinflussten gegenüber. Ist es nicht eher so, dass Forschung immer vom Zeitgeschehen beeinflusst war, dass die Aufgabe von Forschung auch darin besteht, Zeitgeschehen aus dem Blickwinkel der Disziplin zu beleuchten oder ihr neue Aspekte eröffnet, ohne dass dies den Verlust der fachinternen Qualitätsstandards bedeutet. Dies scheint eine Angst bei Forschern aller Hierarchieebenen zu sein, wie sich auch bei der Diskussion um Open Access und Social Media während des Historikertages zeigte.

Auch Marcinkowski sieht hier das Problem. Auf Blogs oder in Online-Zeitschriften können Ergebnisse ohne Begutachtung veröffentlicht werden, ebenso wie Informationen über gescheiterte Projekte, die der Reputation schaden. Lobbyarbeit hingegen könne man damit nicht betreiben. Dabei ist auch die Gleichsetzung von Lobby und Öffentlichkeit und beider Kommunikationswegen vereinfacht. Verschiedene Zielgruppen brauchen verschiedene Kommunikationswege, natürlich lässt sich durch einen Blogbeitrag – ebenso wie durch einen Zeitungsartikel – allein keine Lobby aufbauen. Dafür braucht es gute persönliche Kontakte, die das Internet nicht ersetzen kann oder soll, die hier aber aufgebaut und gepflegt werden können.

Vereinfachung, Dramatisierung, Überhöhung

Auch bei der Kommunikation von wissenschaftlichen Inhalten über etablierte Medien gibt es oft Vorbehalte. Sie betreffen vor allem die Art, wie Ergebnisse dort präsentiert werden: um den Kontext zum Heute herzustellen und mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, vereinfachen, dramatisieren und überhöhen Journalisten. Kommunikation im Internet aber braucht Journalisten als Instanzen des “Übersetzens” nur noch bedingt. Vielmehr können Fachleute dort verstärkt selbst zu Wort kommen. Damit kann auch auf ein zunehmendes Interesse von Seiten der Öffentlichkeit an der Wissenschaft selbst reagiert und mit interessierten Laien in Dialog getreten werden. Zugleich lässt sich besser kontrollieren, welches Image eines Faches, Projektes oder Wissenschaftlers selbst vermittelt wird.

Der Artikel von Peters zur Studie macht ein weiteres Problem deutlich, das von Marcinkowski unerwähnt blieb. Wissenschaftliche communities möchten oft nicht in Dialog nach außen treten. 34% sehen ihre Disziplin und ihr Fachwissen nicht als Teil der Allgemeinbildung und trauen der Öffentlichkeit nicht zu, mit ihnen auf Augenhöhe zu sprechen. Sie möchten es auch nicht, weil solche Gespräche den wissenschaftlichen Standards nicht entsprechen. Diese sind innerhalb der Wissenschaft aber auch Bemessungsgrundlage für den Wert einer Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Anders steht es um die digitale Kommunikation mit Fachlaien – in der Archäologie zum Beispiel freiwilligen Denkmalpflegern oder Reenactorn. Die Möglichkeit, im Netz Communities zu speziellen Themen zu bilden, wird begrüßt, die Allgemeinheit damit aber wieder ausgeschlossen. Zugleich wird angenommen, eine besser gebildete Öffentlichkeit habe einen positiven Einfluss auf die Wertschätzung und Finanzierung von Wissenschaft. Die mögliche Einflussnahme von Laien auf Forschungsprozesse und Forschungspolitik wird aber negativ bewertet. Das Dilemma ist deutlich.

“Gehet hin und lehret!”

Trotz Marcinkowskis abschreckendem Vortrag machte gerade das Thema der Jahrestagung, “Archäologie und Politik”, in verschiedensten Vorträgen deutlich, warum Archäologen kommunizieren sollten: weil Archäologie noch immer ein politisches Machtmittel ist. Archäologen betreiben Ausgrabungen nicht mehr als Landnahme in Fortsetzung des Kolonialismus. Stattdessen muss man vielmehr auch Diplomat sein, mit Behörden und Einheimischen gleichermaßen auf Augenhöhe kommunizieren, die eigenen Bedürfnisse ebenso vermitteln, wie die Interessen des anderen verstehen können. Eine Übersetzungsarbeit also, die jener gegenüber den Medien nicht unähnlich ist.

So vermittelt die Orientabteilung des DAI, wie Margarete von Ess berichtete, im Irak den Einheimischen die Grundlagen wissenschaftlicher Dokumentation und die Bedeutung von Funden und Fundstätten, unabhängig von Religion oder staatlicher Ideologie. In Rumänien kämpfen Archäologen gegen die Zerstörung des historischen Bergbaugebietes Rosia Montana und damit auch gegen ein von der Regierung unterstütztes Großunternehmen. Erfolgreiche öffentliche Kommunikation führte hier dazu, dass ein Großteil der Bevölkerung sich hinter die Archäologen stellte, sodass das Projekt zumindest auf Eis gelegt wurde.

Zwar hat eine ähnliche Form der Aktivierung aller Kommunikationskanäle beim Beispiel NRW nicht funktioniert, hierbei spielten aber die verschiedenen Zeitmechanismen von Politik und Medien eine Rolle. Dauerhafte konstanteKommunikation, Memopolitik oder das Aufzeigen der Ursprünge und Hintergründe hinter neuen Errungenschaften (man denke an Suchmaschinen und die Erkenntnisse der Linguistik und Philologien) können aber dabei helfen, dass Themen nicht erst kurzfristig und spät auf die mediale und politische Agenda kommen, sondern unterschwellig präsent, Grundlagenwissen und Verständnis vorhanden sind. Dieser Rückschluss wurde bei der Jahrestagung des DARV nur bedingt gezogen. Notwendig ist dafür nicht, Forschungsthemen zu ändern oder fachliche Qualität aufzugeben. Manchmal reicht ein neuer Blick auf das eigene Fach unabhängig von innerfachlicher Konkurrenz, interuniversitärem Wettkampf oder “collateral damage of publicity”. Ich war noch nie Freund von Kriegsmetaphern.

                                                                                                            

Nach einem ähnlichen Vortrag von Marcinkowski, gemeinsam mit seinem Kollegen Matthias Kohring, mit dem Titel “Wie schädlich ist Wissenschaftskommunikation?” beim Workshop der VolkswagenStiftung “Image statt Inhalt? – Warum wir eine bessere Wissenschaftskommunikation brauchen” hat auch Jens Rehländer seine Thesen einer kritischen Betrachtung unterzogen.

2 Die Ergebnisse wurden u.a. publiziert in Hans-Peter Peters, Gap between science and media revisited: Scientists as public communicators, in PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America), 110/ 2013, Suppl 3. Der gesamte Artikel kann hier gelesen werden.

3 Vgl. hier die kürzliche Aufforderung – nicht von Marcinkowski -  Wissenschaftler auf Twitter sollten lieber an Fachpublikationen arbeiten.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1372

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guter, schlechter, blinder, leidenschaftlicher Ehrgeiz

Augustus - der Erhabene

Augustus – der Erhabene

In einem geistes- oder kulturwissenschaftlichen Studium wird schon früh deutlich, dass Ehrgeiz, ebenso wie Fachwissen, eine Grundvoraussetzung ist, um voran zu kommen. Auch bei Schwankungen der eigenen Motivation muss der Ehrgeiz gepflegt werden, denn die Konkurrenz und der Druck sind groß, die Stellen rar, Leidenschaft und innerer Antrieb notwendig. Obwohl also Ehrgeiz als Thema, zumindest hab ich es lange so wahrgenommen, immer unterschwellig da ist, setzt man sich nur selten intensiver damit auseinander. Deswegen war es sehr spannend und aufschlussreich für mich – und ist es hoffentlich auch für euch – in meinem ersten selbstkonzipierten KM Magazin Ehrgeiz von verschiedensten Seiten zu beleuchten. Durch die Recherche, die Gespräche mit den Autoren und natürlich die Texte selbst konnte ich viel über die verschiedensten Aspekten lernen: über Psychologie und das persönliche Ego, über Passionen, berufliche Strukturen, Lebenswege und auch die Gesellschaft selbst.

Passion, Motivation, Ambition, Streben

In der Mehrheit der europäischen Sprachen bedeutet Ehrgeiz Ambition oder Motivation. Die Ehrgeizigen wollen etwas bewegen oder werden von etwas bewegt, sie sind geprägt von Idealismus und Begeisterung. Der etymologische Ursprung von Geiz meint Streben oder Passion – also nicht, mit Ehre zu geizen, sondern, danach zu streben. Die wirklich schöne Einleitung ins Thema beschäftigt sich denn auch mit der Evolution von Ehrgeiz als Teil des menschlichen Daseins. Das Interesse an Laufbahnen in der “brotlosen” Kunst lässt sich ohne diesen Ansporn kaum erklären. Ehrgeiz ist hier der Antrieb zur Selbstverwirklichung einer Leidenschaft und manchmal auch die Suche nach Antworten. In der Vielfalt der Themen, mit denen man sich als Geisteswissenschaftler beschäftigt – Philosophie, Geschichte, Politik, Gesellschaft, Kunst – ergeben sich immer wieder neue Ansätze, die Welt zu verstehen und Löungswege für aktuelle Probleme und Veränderungen zu finden.

Aber es gehört auch dazu, dass man für finanzielle Mittel und die Zustimmung der Geldgeber und Öffentlichkeit kämpfen muss. Ehrgeiz hat dann auch negative Facetten. In der Umgangssprache wird er oft mit der Übermäßigkeit von Wirtschaftsmagnaten oder Politikerboni in Verbindung gebracht. Doch auch in Wissenschaft und Kultur steht Ehre immer öfter für indivuelle Anerkennung oder die Durchsetzung der eigenen Meinung. Etwas veraltet klingend, sollte sie aber vielleicht wieder öfter in ihrem ursprünglichen Sinne in den Mittelpunkt gestellt werden: das Ansehen und die Achtung aufgrund von moralischen Werten, die in einer Gesellschaft oder einem Berufsstand gelten. Die Bemühung, offen zu sein und sich weiterzuentwickeln, zu Erkenntnissen nicht nur für das eigene Ansehen, sondern auch für die Gesellschaft zu kommen und nicht zuletzt Transparenz nach innen und nach außen sind solche erstrebenswerten Werte des modernen Wissenschaftbetriebes sein.

Caesar und Augustus

Caesar

Caesar

Ehrgeiz ist janusköpfig. Er steht – wie in der römischen Antike Caesar und Augustus – für den Unterschied zwischen dem Antrieb, besser zu sein als die anderen, und jenem, ehrwürdig sein zu wollen. Caesar ging über Leichen, um seine Ziele zu erreichen, und missachtete dabei vor allem den gesellschaftlich als richtig anerkannten Weg und die Werte, auf die man in Rom nun mal besonderen Wert legte. Auf sein Ziel zustürzend, verlor er die Steine dabei aus dem Blick und fiel. Augustus ging das geschickter an. Für ihn war, zumindest nach außen, das Ziel nicht der indivuelle Status, sondern das Wohl des Staates und damit die Ehre. Volk und Senat von Rom konnten sich damit denn auch eher anfreunden. Das ist zwar ein bisschen vereinfacht dargestellt – die Umstände waren nicht ganz unschuldig an den Karrieren der beiden – trotzdem hat die ehrgeizige Geschichte dieser beiden ihre Gültigkeit nicht verloren. Im Laufe einer Karriere schwankt man zwischen beiden Arten von Ehrgeiz,  die Anforderungen sind von Beginn an hoch. Wer nur nach Idealen und nicht ein wenig nach Macht und Einfluss strebt, bleibt auf der Strecke. Wissenschaftler sind stets auch gegenseitige Konkurrenz.

Manchmal scheint es, als sind gerade in den Geisteswissenschaften oft auch Stillstand und das Festhalten am Gegebenen an der Tagesordnung. Obwohl Leidenschaft hier einen großen Stellenwert hat, sucht man unter stetigem Druck gern nach dem idealen, sicheren Karriereweg und verliert dabei ein bisschen das eigene Ziel und die eigenen Vorstellunen aus den Augen. Auch diesem blinden Ehrgeiz ist ein Beitrag im Heft gewidmet, der einer spannenden Diskussion mit der Autorin folgte. Für das Ansehen wissenschaftlicher Arbeit und die Qualität der Ergebnisse ist es aber gerade der passionierte Ehrgeiz für die Sache, der gepflegt werden muss. Nur er kann den ehrwürdigen, fairen Wettkampf um Ideen, Ideale und Werte anregen, bei dem im das Streben nach Anerkennung über sich herauswächst.

Nicht zuletzt kann Ehrgeiz auch Spaß machen und ist ein zentraler Teil des Abenteuerdranges. Deswegen ist es umso spannender, dass Tanja Neumann auch etwas über Gamification geschrieben hat. Ich hoffe ihr habt genauso viel Spaß beim Lesen wie ich und freue mich über Feedback, denn ohne bringt keine Form von Ehrgeiz etwas :)

Das Magazin könnt ihr euch hier kostenlos und vollständig als PDF herunterladen.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1268

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11 Fragen & ein Best Blog Award – im Frühling fliegen die Blogstöckchen tief

bestblogaward-298x300Viele erste Male für meinen Blog. An einem schönen Frühlingswochenende in Münster habe ich bei meinen ersten Bloggertreffen und (nicht ersten) stARTcamp Sandra und Robert vom virtuellen Migrationsmuseum kennengelernt. Nach barcamp-typischem, supernettem Input freut es mich nun sehr, dass das erste Mal ein Blogstöckchen und gleich dazu ein „Best Blog Award“ von den beiden zu mir geflogen kamen. Leider hab ich die neuen Fragen zu spät gelesen und mir schon die Finger wund getippt, deswegen hier eine Mischung aus den Fragen an und denen von euch. Ich hoffe ich kann mit meinen elf Antworten trotzdem der großen Ehre gerecht werden :)

1. Worüber schreibst Du in Deinem Blog?

Das hängt immer ein bisschen von meiner Tagesform ab und von den Themen und Ideen, die ich mir bei der Recherche in Timelines, Blogfeeds und Gesprächen so kommen. Meistens schreibe ich über Social Media in Kultur und Geisteswissenschaften. Besonders die Kommunikation zwischen den „schönen Künsten“ und dem außeruniversitären Rest der Welt liegt mir dabei am Herzen, weil ich als Althistorikerin immer wieder die Relevanz meines Faches erklären muss und mich das schon traurig stimmen kann. Deswegen „klaue“ ich viele Ideen von den Kulturlern –­­ mit denen ich meinen Arbeitsalltag teile und die sich in Sachen Netz immer wieder tolle neue Sachen einfallen lassen ­­­­­– und schaue, was sich davon auch für die Welt der Unis, Forschungsinstitute und des Fachjournalismus anwenden lässt. Und natürlich schreibe ich über Veranstaltungen wie die re:publica und stARTcamps, bei denen ich tolle Leute wie Robert und Sandra und viele andere kennengelernt habe.

2. Hast du einen Artikelfavoriten im Blog? Wenn ja, warum?

Der erste für den Blog geschriebene Beitrag war eine echte Herzenssache. Ich saß seit ein paar Wochen in Berlin im Social-Media-Kurs und entdeckte, dass die Möglichkeiten des World Wide Web auch für idealistische Geisteswissenschaftler und Kulturliebhaber wie mich unendlich sein können. Den Input, die vielen noch Neulings-Gedanken und die Begeisterung für dieses Betätigungsfeld hab ich mir dann vom Herzen geschrieben – und erst später bemerkt, wieviele Leute sich schon vor mir damit beschäftigt haben :)

Ich mag auch sehr den Beitrag zu den Kürzungen der Denkmalpflege in NRW. Der war auch eine Herzensangelegenheit, weil ich damals in der Archäologie gearbeitet und gesehen hab, wieviel Freude so eine Nachricht den Menschen nehmen kann, die sich mit Begeisterung für die Bedeutung der Vergangenheit einsetzen. Ich konnte den Beitrag mit meinem “Insiderwissen” und der Unterstützung meiner Kollegen schreiben und dann hat er soviel positives Feedback von vielen Seiten gebracht, dass wir im Büro sprachlos davor saßen und die Leserzahlen kaum fassen konnten. Das war unglaublich für mich und hat mich auch stolz gemacht.

4. Gab es einen besonderen guten – oder schlechten – Kommentar zu einem Deiner Artikel?

Einige schöne und unterstützende Kommentare habe ich zu dem Artikel über die Kürzungen in NRW bekommen, was sicher auch an der großen Verbreitung lag. Sonst sind Kommentare im Blog selbst leider eher selten. Von Zeit bekomme ich Tipps und Ergänzungen, vor allem bei Beiträgen über Tools und ihre Anwendbarkeit für Kultur und Geisteswissenschaften. Ich würde mir aber insgesamt mehr und auch mehr kritische Kommentare wünschen, sodass ein bisschen Diskussionen und Austausch zustande kommen, die ich dann wieder in Beiträgen aufgreifen kann. Umso mehr freue ich mich immer, wenn mich Menschen “analog” auf meinen Blog ansprechen und ich merke, dass ich nicht ins Blaue schreibe und dem ein oder anderen doch einen Mehrwert bescheren kann.

4. Was machst du in 20 Jahren?

In 20 Jahren haben hoffentlich jede historische und archäologische Forschungsinstitution und vielleicht jedes (noch übrig gebliebene) Uni-Institut eine eigene Stelle für Online-Kommunikation. Bei einer davon kann ich dann schöne, spannende, crossmediale Beiträge über die aktuellen Forschungen und Erkenntnisse für ein breites Publikum schreiben, drehen und vertonen, die Community pflegen (wer weiß, ob dann noch auf Facebook und Twitter..) und ganz viele Menschen an der Begeistertung für kleine Orchideenfächer teilhaben lassen.

5. Was sind Deine liebsten kulturellen Aktivitäten?

Als Historikerin bin ich natürlich ein Museumskind. Ein Urlaub oder Städtetrip, ohne Museen gesehen zu haben, ist für mich eigentlich unmöglich – manchmal zum Leidwesen meiner Begleiter :) Lange galt meine Vorliebe dabei vor allem archäologischen und historischen Museen – die zeitweise Schließung des Pergamnonmuseums macht mich immernoch traurig. In der Zwischenzeit schaue ich mir immer lieber aber auch andere Häuser an, am liebsten in netter fachlicher Begleitung. Sonst gehe ich gern, wenn auch zu selten, ins Theater, zu Konzerten und seit einiger Zeit zu Poetry Slams oder entdecke neue Städte, durch die ich stundenlang schlendern und Eindrücke sammeln kann.

6. Was findest Du an Ausstellungen/Museen gut?

Die Vielfalt der Möglichkeiten, Themen aufzubereiten, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Häusern in verschiedenen Städten und Ländern und auf jeden Fall die Nähe zur Vergangenheit und den tatsächlichen Menschen und deren Leben, die Ausstellungsstücke vermitteln können. Außerdem sind Museen natürlich immer eine Entdeckungsreise zu Themen und Dingen, die ich noch nicht wusste oder kannte und die mich neu begeistern können. Da bin ich – Historikerin hin oder her – ein ganz normaler Besucher und lasse mich gern von schönen Vermittlungsangeboten überraschen.

7. Was findest Du an Ausstellungen/Museen nicht so gut?

Manchmal sind sie mir ein bisschen zu fachlich, zu sehr aus der Sicht eines Kurators, Archäologen, Kunsthistorikers oder Ethnologen konzipiert. Ich habe dann das Gefühl, dass ich an das Thema nicht so richtig rankomme, weil ich nicht die notwendigen Vorkenntnisse habe. Zu lange Texte oder zu fachliche Beschriftungen, nur die Stücke im Mittelpunkt und das eigentlich menschliche oder epochentypische, der Hintergrund der Lebenswelt am Thema geht verloren – dann kann das Museumserlebnis enttäuschend sein und ich kann verstehen, warum viele Menschen Museen als langweilig oder schnöselig sehen und lieber Fußball schauen. Da ist einfach mehr Nähe da.

8. Was ist Dein liebstes analoges Werkzeug?

Bücher, Stifte und Notizbücher. Obwohl ich vor allem Online-Texte schreibe, lese ich immernoch am liebsten analog, auf der Couch oder am Schreibtisch, und schreibe mir Notizen immernoch gern auf Zettel oder in Notizbücher. Dort kann ich kritzeln, durchstreichen, unterstreichen, Pfeile, Herzchen, Kringel und Ausrufezeichen malen, Zettel und Visitenkarten dazulegen und alles ohne Laptop überall hin mitnehmen und immer wieder lesen. Außerdem mag ich Kulis. Kulis sind Erinnerungen und jedes Mal, wenn ich in mein Mäppchen greife, hole ich einen Kuli heraus und denke an den Tag, als ich ihn bekommen hab.

9. Ein Leben ohne Smartphone ist..

Möglich, aber sinnlos. Leider. Gott sei Dank. Ich hätte gern ein Smartphone mit einer hübschen kleinen T9-Tastatur, auf der ich so schnell schreiben kann wie früher. Und mit einem Akku, der länger als gefühlte 3 Stunden hält. Dann könnte ich den ganzen Tag twittern, facebooken, Fotos machen und bearbeiten, Blogs lesen, whatsappen, Podcasts hören, Quizduell spielen und telefonieren. Ein Leben ohne Smartphone ist.. keine Ahnung, wie das ohne war. Ich glaube ich musste sehr lange auf Briefe von meiner Brieffreundin warten und vor allem immer pünktlich bei Verabredungen sein. Und ich musste nur Vornamen wissen, anstatt die Nachnamen aller Menschen, um sie auf Facebook zu finden, und ihre Twitter-Nicknames noch dazu. Aber Dank Smartphone kann ich sie ja immer gleich vor Ort adden und die unnötigen Infos gleich wieder vergessen.

10. Möchtest Du uns sonst noch etwas sagen?

An dieser Stelle möchte ich mich gern bei meiner Mutti bedanken und nein, ich habe Game of Thrones immernoch nicht gesehen :)

Bleibt idealistisch! Ich glaube das ist wichtig für alle, die von Herzen in Kultur und Geisteswissenschaften arbeiten und in anbetracht von finanziellen Kürzungen, Relevanzdiskussionen oder internetfernen Chefetagen manchmal verzweifeln.

11. Du hast drei Wünsche frei, welche sind das?

Ich bin erst kürzlich auf etwas sehr schönes gestoßen: die „Grimm’s Terms and Conditions for Your Three Wishes“ (These terms and conditions contain legal obligations. Please read these terms and conditions carefully before using your three wishes).  Da ich mir also nicht unendlich viele Wünsche wünschen kann, nehme ich

1) eine Zeitmaschine, mit der ich so oft in die Vergangenheit reisen und mit spannenden Leuten sprechen kann, wie ich will. Am Besten ohne Sprachbarrieren und ohne Zeitparadoxon.

2) eine Wünschelrute, die mich zu allen wichtigen, noch unentdeckten Fundorten und Schätzen der Antike führt.

3) genug Zeit und einen großzügigen Förderer, damit ich 1. und 2. in Ruhe wissenschaftlich bearbeiten, publizieren und natürlich kreativ und anschaulich der Öffentlichkeit präsentieren kann, damit sich jeder für das Thema begeistert und ich nie wieder erklären muss, warum ich brotlose Kunst studiert habe.

(4) und Weltfrieden).

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Damit reiche ich das Blogstöckchen und den best blog award weiter. Ich würde mich freuen, wenn Ihr das Stöckchen aufnehmt!

Blogstöckchen: Gebrauchsanweisung (so streng ist es nicht, Ihr könnt das gerne anpassen)

  1. Baut das Best Blog Award-Bildchen ein und verlinkt es mit unserem Artikel.
  2. Verfasst elf neue Fragen, spielt damit und reicht das Best Blog Blogstöckchen an zehn oder weniger Blogger eurer Wahl weiter.
  3. Gebt hier im Kommentar Bescheid, wenn der Beitrag fertig ist.

Meine Fragen an Euch:

1. Wieso hast du einen Blog und worüber schreibst Du?
2. Was war dein schönstes Blogger-Erlebnis?
3. Was machst Du in 20 Jahren?
4. Gab es für dich einen beruflichen Plan B?
5. Was sind Deine liebsten kulturellen Aktivitäten?
6. Dein schlimmstes Kulturerlebnis?
7. Gibt es etwas am Leben ohne Internet, das du vermisst?
8. Welche Kultur- oder Forschungseinrichtung möchtest du auf jeden Fall mal sehen?
9. An deiner Arbeit hasst du manchmal..
10. Möchtest Du sonst noch etwas sagen?
11. Du hast drei Wünsche frei, welche sind das?

Ich werfe das Blogstöckchen weiter zu

Museumsglück von Michelle van der Veen
Museums-Apps von Dorian Ines Gütt
den Kulturmanager Christian Henner Fehr
Die Mädels vom LWL-Museum für Kunst und Kultur
Kultur und Kunst von Wera Wecker
Minus Eins Ebene von Maxi Platz
Charlotte Jahnz
Linked2Communication von Matthias Fromm

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1238

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nova curricula vitae – digitale Lebenslauftools für Geisteswissenschaftler

CV_TagcloudKreative Online-Bewerbungen als Website oder graphisch umgesetzte Lebensläufe sind für einige Berufsgruppen längst Gang und Gäbe. Die Betonung spezifischer, für das Arbeitsfeld wichtiger Fähigkeiten und die Entwicklung eines Lebensweges, der auf bestimmte Aufgabenbereiche hinläuft, lassen sich damit besser verdeutlichen, als mit einem tabellarischen Lebenslauf. Auch für Geisteswissenschaftler und Ausschreibungen im Kulturbetrieb werden solche Aspekte wichtiger. Deshalb habe ich mir verschiedene Lebenslauftools auf ihre Tauglichkeit für diese bestimmte Berufsgruppe und ihre Anforderungen angeschaut.

Warum Lebenslauftools für Wissenschaftler?

Ausschreibungen für klassische Wissenschaftlerstellen rufen noch immer meist nach schriftlichen Bewerbungen mit Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen. Doch die Zahl an Stellen in der wissenschaftlichen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, in Fachredaktionen und Projekten mit Beziehung zum Online-Bereich wächst zusehends – und mit ihnen auch die Möglichkeit, sich digital zu bewerben. Auf das Anschreiben hat das kaum Auswirkungen. Nach wie vor gilt es hier, die Eignung für die entsprechenden Anforderungen darzulegen. Neben der wissenschaftlichen Laufbahn gehören dazu auch die Kenntnisse aktueller Diskussionen, Technologien und Gegebenheiten zum Thema Internet und Social Media. Mit etwas Texter-Talent lässt sich das zwar schönschreiben, die Fähigkeit, das PDF für eine E-Mail-Bewerbung entsprechend aufzubereiten, dürfte aber nicht als Beweis für ausreichende Erfahrungen ausreichen.

Für geisteswissenschaftliche Stellen gehen in den meisten Fällen 100 Bewerbungen und mehr ein. Damit kann auch nicht erwartet werden, dass sich jeder Personaler oder erst recht Wissenschaftler, der die richtigen Kandidaten aussuchen soll, sich schon in der Vorauswahldie Zeit nimmt, Online-Profile, Blogs oder Twitter-Accounts zu begutachten. Die meisten der Tools, die im Moment im Netz zur Verfügung stellen, bieten die Möglichkeit, die fertigen Lebensläufe als PDF zu exportieren. Damit lassen sich diese in die Bewerbung selbst anstelle eines tabellarischen curriculum vitae einbinden. Aufgrund der verschiedenen Formate und Schriftgrößen sollte dabei darauf geachtet werden, dass die A4-Hochformat-Version druckbar und gut lesbar ist. Einige Tools ermöglichen es auch, nur einzelne Teile zu exportieren. Der gesamte Lebenslauf kann dann für die tiefere Beschäftigung mit ausgewählten Bewerbern direkt verlinkt werden, ebenso wie online publizierte Fachartikel, ein Blog oder ein Profil auf academia.edu.

Die Tools

RESUMUP.COM: das englische Lebenslauf-Modul hat feste Vorgaben und ist optisch kaum wandelbar. Dazu gehören Name, Geschlecht und Geburtsdatum. Auch ein Foto, Kontaktinformationen und Webprofile können hinzugefügt werden. Für den Arbeitsbereich kann man nur aus bestimmten Vorgaben auswählen, Wissenschaft lässt sich nur bedingt abbilden. Der Sektor lässt aber händisch ausfüllen, sodass hier eventuell ein bisschen Kreativität gefragt ist. Gleiches gilt für Hobbies, die ebenfalls Platz finden. Das Tool bietet außerdem Platz für selbst eingetragene Sprachkenntnisse, Eigenschaften und Fähigkeiten, bei denen man seinen Expertise-Grad mit Sternen und Punkten zwischen 1 und 5 angeben kann. Damit lässt sich sehr schön auf die jeweilige Ausschreibung und die darin genannten Anforderungen eingehen. Ebenfalls angegeben werden können der höchste Abschluss, das gewünschte Gehalt und die Art des Jobs. Im Zentrum des Tools steht dann der Lebenslauf selbst, der als Timeline konzipiert ist. Dort kann man die Stationen von Ausbildung und Berufsleben auf den Monat genau eingeben, wobei die Ausbildung unterhalb und die Berufserfahrungen oberhalb der Timeline dargestellt werden. Als Daten lassen sich neben Ein- und Ausstieg die Firma oder Universität, der Schwerpunkt bzw. das Studienfach und der Ort angeben. Für Resumup.com braucht es ein wenig Zeit, um alle notwendigen Daten hinzuzufügen, das Ergebnis ist aber immer wieder anpass- und aktualisierbar. Zudem bekommt jeder fertige Lebenslauf einen eigenen Link, online ist er aber nur mit einem Log-In bei resumup selbst komplett abrufbar (hier mein resumup-CV). Eine PDF-Version würde ich deshalb empfehlen.

VIZUALIZE.ME ist ein flexibleres, ebenfalls englischsprachiges Tool mit vielen optischen Möglichkeiten. Wer wert darauf legt, seine Bewerbung ansprechend und einheitlich zu gestalten, kann hier auf viele Optionen zurückgreifen. Während der Lebenslauf von resumup recht quadratisch und die Timeline im Querformat gehalten ist, ist bei vizualize.me auch ein druckfreundliches Hochformat möglich. Auch dabei ist die Basis des curriculum vitae eine Timeline, die Ausbildung und Berufserfahren nebeneinander stellt und mit verschiedenen Farben arbeitet (selbst auswählbar), um z.B. Überschneidungen zu verdeutlichen. Unter der Timeline folgen Angaben zu Skills, die händisch eintragbar und mit Sternen zu bewerten sind. Es ist Platz für Interests, die zum Beispiels Forschungsschwerpunkte sein können, sowie für Sprachen, die auf einer Weltkarte visualisiert werden. Am Ende des Lebenslaufes ist schließlich Platz für Links zu anderen Profilen. Speziell für den Bereich Wissenschaft können zudem die Punkte Awards, also Auszeichnungen, Recommendations für Empfehlungen und vor allem Stats sein. Letztere ermöglichen es, Erfahrungsjahre in verschiedenen Bereichen oder bestimmte Projekte und z.B. die dafür eingeworbenen Gelder zu betonen. Vizualize.me hat außerdem ein Icon, dass man mit einem Link auf der eigenen Website einbauen kann. Leider ist die Export-Funktion noch in Vorbereitung, mit ein bisschen Geschick lässt sich dies aber über einen PDF-Creator umgehen. Hier könnt ihr euch meinen vizualize.me-Lebenslauf anschauen.

RESU-ME.ME ist ein Tool für noch Kreativere. Es macht aus einem LinkedIn-Lebenslauf automatisiert ein Video und eine Infografik. Vorgesehen ist es für die Standard englischen Lebensläufe, die deutschen, die man bei LinkedIn parallel anlegen kann, können nicht spezifisch ausgesucht werden. Zwar basiert resu-me auf den Vorgaben von LinkedIn, sodass Flexibilität in Aufbau, Gestaltung und inhaltlichen Aspekten nur bedingt möglich ist. Jedoch kann das Video mit zusätzlich hochgeladenen Fotos und Daten bearbeitet werden.

RE.VU dient vor allem dazu, die eigenen Social-Media-Aktivitäten (Blog, Facebook, Twitter, LinkedIn, Pinterest usw.) zusammenzubringen und gemeinsam verfolgen zu können. Spannend kann dies sein, wenn man schon einmal ein Forschungsprojekt entsprechend begleitet hat und dies zeigen möchte oder die Stelle spezifisch auf die Wissenschaftskommunikation online ausgerichtet ist. Da das eigene Profil auf re.vu sich stetig live aktualisiert, ist es für eine druckbare Bewerbung nur bedingt geeignet. Ein Link in der Bewerbung kann hier nützlicher sein.

Und wissenschaftsspezifische Arbeitsbereiche?

Für die optische Umsetzung eines wissenschaftlichen Lebenslaufes scheint mir vizualize.me im Moment am besten geeignet. Wie alle Tools hat es aber einen entscheidenden Nachteil: Vorträge auf Tagungen, Lehre, Fachpublikationen oder Projekte, bei denen Antragstellungen auf Fördergelder, Teamarbeit und Management eine Rolle gespielt haben, haben keinen Platz. Händisch eintragbare Aspekte zusätzlich zu Fähigkeiten, Interessen oder Sprachen bietet keines der Tools.

Hierfür gibt es die ein oder andere Option. Die erste wäre die deutschpsrachige Portfolio-Plattform TORIAL. Eigentlich für Journalisten gedacht, die hier ihre Artikel in einem eigenen Profil verlinken oder hochladen können, wäre dies durchaus eine Möglichkeit für Wissenschaftler, Fachbeiträge oder Vorträge gesammelt zu präsentieren. Torial hat jedoch kein direktes Lebenslauftool. Stattdessen kann man Daten zu den eigenen Erfahrungen im Profil angeben. Dort wäre dann z.B. der Platz für Hinweis auf Tagungen oder die Projektarbeit, ohne dass der Vortrag direkt ins Netz geladen werden muss. Auch ein Torial-Profil eignet sich allerdings nicht zum ausdrucken, die Möglichkeit des RSS-Abos ist für eine wissenschaftliche Bewerbung dagegen eher uninteressant.

The-500-Year-Evolution-of-the-ResumeEine individuelle, wenn auch zeitaufwendige Lösung kann die Nutzung von Infografik- anstatt Lebenlauftools wie VISUAL.LY sein, die vielseitig verwendbare Basis-Piktogramme und Charts bieten, die sich mit  eigenen Daten, Kategorien usw. befüllen lassen. Da die meisten dieser schönen und kreativ-vielfältigen Tools allerdings – entsprechend ihrer ursprünglichen Verwendung – auf Zahlen und statistischen Daten als Excel-Datei basieren, muss ein auf diese Weise visualisierter Lebenslauf sehr gut durchdacht und vorbereitet werden. Die Vielfalt der Charts macht es auf der anderen Seite sehr gut möglich, individuelle Entwicklungen als Timeline, Arbeitsschwerpunkte mit Piktogrammen und – mit viel Arbeit – auch Projektmanagement oder die Kernthesen der eigenen Arbeit graphisch abzubilden. Dieser Aufwand ist sicher nur für sehr wenige Jobs im Wissenschaftsbereich lohnend, kann aber gerade für die Schnittstellenarbeit zur Öffentlichkeit noch an Bedeutung gewinnen.

Eine letzte Möglichkeit, wissenschaftsspezifische Aufgabenbereiche mit einem Leebenslauf zu verbinden, ist schließlich academia.edu. Hier kann man einen Lebenslauf, zum Beispiel erstellt mit vizualize.me, in das eigene Profil hochladen. Zudem ist Platz für Fachkonferenzen und -publikationen, die nur genannt, verlinkt oder auch direkt hochgeladen werden können. Das Profil ist online jedem zugänglich. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, sich direkt mit anderen Wissenschaftlern aus ähnlichen Forschungsbereichen zu vernetzen und stets über deren Aktivitäten informiert zu bleiben. Auch academia.edu ist für den Einsatz in einer Bewerbung aber weniger geeignet, als für die Online-Präsentation des eigenen Profils.

Insgesamt weisen also alle Optionen, den eigenen Lebensweg mit allen für die Wissenschaft wichtigen Tätigkeitsbereichen darzustellen, noch Defizite auf. Es muss also bei der Bewerbung genau abgewägt werden, welche Aspekte in der Ausschreibung im Mittelpunkt stehen, ob es sich also lohnt, die Fähigkeit, solche Tools benutzen zu können, zu beweisen, wenn wissenschaftliche Tiefe dafür etwas verloren geht. Eine Stelle in der Öffentlichkeitsarbeit – die dem Fachjournalismus immer ähnlicher wird – hat hier andere Anforderungen, als die Mitarbeit in einem Forschungsprojektes, auch wenn diese eng mit dem Arbeitsfeld Kommunikation verbunden ist. Schon seit einiger Zeit nimmt die Bedeutung von Erfahrungen in der Online-Kommunikation und im Umgang mit Social Media aber deutlich zu, sodass zumindest die Verlinkung ein re.vu-Profil, das nicht viel Arbeit braucht, wahrscheinlich nicht schaden kann.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1211

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Wissen suchen, finden und vernetzen – die Fachtagung “Semantische Technologien“ im Rückblick

Titelbild "Semantic Media Web"

Titelbild “Semantic Media Web”

Unter dem Titel „Verwertungsstrategien und Konvergenz von Metadaten” organisierten das deutsch-österreichische W3C-Büro und die Xinnovations e. V. in Zusammenarbeit mit dem Innovationsforum Semantic Media Web vom 26. bis 27. September 2013 in Berlin die Fachtagung “Semantische Technologien”, die sich mit der Nutzbarkeit semantischer Technologien für die Kultur- und Medienbranche befasste. Dabei waren Institutionen im Allgemeinen, wie Verlage, Museen und Bibliotheken, ebenso Thema wie die Bereiche Projektdokumentationen, Werbung und Marketing im Speziellen.

Der Umfang des im Internet verfügbaren Fachwissens ist in den letzten Jahren immens gewachsen, jedoch zu wenig sortiert und aufbereitet, um gut damit arbeiten zu können. Hier setzen die Technologien des semantischen Internet, genannt Web 3.0, an. Sie sollen Inhalte jeglicher Art durch Metadaten kategorisieren und in Hierarchien einordnen, um eine (möglichst einheitliche) Verknüpfung des verfügbaren Wissens und damit dessen bessere Zugänglichkeit und Anwendbarkeit zu ermöglichen.

Zentrale Fragestellung der Konferenz war es, die Möglichkeiten der Umsetzung und Nutzung solcher semantischer Daten, die Beziehungen, Kontexte und Bedeutungen von Daten erzeugen, für Kultur- und Medienbetriebe aufzuzeigen. Genutzt wird deren Aufbereitung z.B. bereits von der Deutschen Nationalbibliothek und dem Bundesarchiv, um ihre Wissensressourcen im Internet zur Verfügung zu stellen und Recherchen zu erleichtern. Die Querverlinkungen helfen hier, sich Überblick über komplexe Themenfelder und verwandte Beiträge, Bücher oder Dokumente zu verschaffen. Auch stehen die Digitalisierung von Museums- oder Archivsammlungen, wirtschaftliche Bereiche wie Bestandsaufnahmen und Vertrieb sowie bei Bibliotheken die Aufbereitung für Online-Kataloge im Mittelpunkt. Hier bringt die Nutzung semantischer Metadaten viele Vorteile und Vereinfachungen des Workflows mit sich, wie die Referenten der Fachkonferenz darlegten. Zu ihnen gehörten Alexander Haffner (Deutsche Nationalbibliothek) und Ina Blümel (TIB Hannover) als Bibliotheksvertreter, Dr. Jana Kittelmann (Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park & Schloss Branitz) mit dem Schwerpunkt Archiv, Antoine Isaac als Stellvertreter von Europeana sowie Bettina de Keijzer (Verlag de Gruyter), Steffen Meier (Verlag Eugen Ulmer, Arbeitskreis elektronisches Publizieren des Börsenverein des Deutschen Buchhandels) und Ronald Schild (Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH), die sich mit dem Thema Verlag & Buchhandel beschäftigen.

In den Beiträgen und Diskussionen wurde deutlich, dass die übergreifende Verknüpfung semantisch aufbereiteter Daten über einzelne Firmen und Institutionen hinaus noch kaum Anwendung findet. Dabei sollen neben basic data wie Autor oder Umfang eines Buches die Inhalte selbst systematisiert werden, um die Nutzung von weiterreichenden, sogenannten enhanced Data, zu ermöglichen und zum Ausgleich Wissen, Kundensympathie oder wirtschaftlichen Output zurückzubekommen. So machte Roland Schild deutlich, dass Verlage z.b. ihren Service im Social Web mit Semantik verbessern können, um ihren Kunden bei der Suche nach ähnlichen Produkten und auf diese Weise sich selbst bei der Umsatzsteigerung zu helfen. Hierfür wird das Semantic Web bisher aber kaum genutzt.

Zugleich gibt es zwischen Verlagen und Bibliotheken nur wenig Zusammenarbeit in Bezug auf die einheitliche Zuordnung von Büchern und deren Inhalten zu festen semantischen Begrifflichkeiten oder Kategoriesystemen. Gleiches gilt für Archive oder Museen, die ihre Sammlungen digitalisieren. Auch sie behandeln die weiteren Kontexte der Exponate meist nur marginal und verwenden keine über-institutionellen semantischen Begriffssysteme. Solche könnten helfen, beispielsweise passende Stücke für Sonderausstellungen oder fachliche Zusatzinformationen zu Vergleichsbeispielen oder historischen Kontexten zu finden. Interessant können Metadaten auch für die Dokumentation von Projektprozessen sein, um die Auswertung und das Vermeiden von Fehlern zu verbessern. Beispielhaft präsentierte Prof. Dr.-Ing. Ernesto De Luca hierfür das Projekt SemRes, das Semantic für die tägliche Arbeit von Restauratoren nutzbar macht, um diese zugunsten der späteren Nachvollziehbarkeit dauerhaft zugänglich und leichter austauschbar zu gestalten.

Für die Erstellung und Etablierung solcher Schlagwort-Hierarchien, die allgemeingültig sein und damit von Bibliotheken, Verlagen, Museen und Wissenschaftlern gleichermaßen verstanden und genutzt werden sollen, gibt es bereits Ansätze. U.a. von W3C (World Wide Web Consortium) wurden grundlegende semantische Systeme entwickelt, die jede Institution für die eigenen Projekte nutzen kann. Forschungen kommen bisher vor allem aus Philologie und Linguistik und setzen sich mit dem Stand von Mehrsprachigkeit, Begriffsbedeutungen und eindeutiger Verständlichkeit auseinander, stellen in Bezug auf computerlinguistische Semantik derzeit aber noch ein recht kleines Forschungsfeld dar. Ein Desiderat sind die Auseinandersetzung mit diesem Problem in den einzelnen Fachbereichen und die Entwicklung von entsprechenden Thesauri. Hier ist es den Fachwissenschaftlern besser möglich, ihr Wissen zu systematisieren, als Experten aus der Sprachforschung oder Informatik ohne umfangreiche Kenntnisse der jeweilgen Wissenschaft.

Nutzbar ist semantische Aufbereitung auch für Bilder und Videos im Kontext von Marketing und Medien, Marken- und Konkurrenzanalysen. Dies ist für jede Institution interessant, die Videos oder Fotos für Ausstellungen oder PR benutzt. Wenn sie inhaltlich Ausstellungen, Aufführungen oder Publikationen zugeordnet werden können, erhöht sich ihre Nutzbarkeit. Beispielhaft präsentierte Felix Daub von Klickfilm die semantische Verknüpfung von Inhalten eines Videos mit Produkten oder Websites, um interessierte Kunden direkt anzusprechen. Dies kann mit Büchern ebenso geschehen, wie mit Sehenswürdigkeiten, Kunst oder historischen Hintergrundinformationen. Interessant sind auch semantische Websites, wie sie Dr. Thomas Hoppe von der Ontonym GmbH in der Theorie und Armin Berger von der 3pc GmbH in der Praxis präsentierten. Hierbei werden die Inhalte über Schlagworte und Kontexte in Erzählsträngen dargestellt und dem Besucher die Möglichkeit gegeben, diese je nach den eigenen Interessen selbst zu erforschen. Dieses Storytelling eignet sich besonders für Kulturinstitutionen, die damit ihre eigene Geschichte ebenso wie die Hintergründe einzelner Ausstellungen, Stücke oder Werke umsetzen können. Zugleich können auch bei Apps mehrdimensionale Datenstrukturierungen anschaulich gemacht und Zusammenhänge über mehrere Punkte erklärt werden. Diese Möglichkeiten sind aber noch in der Entwicklung begriffen und vor allem in Bezug auf dynamische, regelmäßige befüllte Webseiten noch nicht ausgereift.

Insgesamt machte die Tagung die Nutzungsmöglichkeiten des Semantic Web für Kulturunternehmen zwar deutlich, zeigte aber auch die noch vielfach bestehenden Probleme auf. Dies liegen derzeit primär in der Entwicklung von einheitlichen Hierarchien und Begrifflichkeiten sowie der daran geknüpften automatisierten Aufbereitung semantischer Daten und Verknüpfung der Projekte einzelner Institutionen. Auch die Aufbereitung und Anwendbarkeit semantischer Daten in Forschungs- oder Kultureinrichtungen für spezifische Inhalte und nicht-textuelle Digitalisate stellen noch große Komplikationen dar und sind ohne zusätzliches Budget und informatische Fachkenntnisse bisher kaum umsetzbar. Deutlich wurde dies an den Teilnehmern und Diskussionen der Fachtagung, die sich vorrangig mit Computerlinguistik und Programmierung beschäftigten. So wurde bereits das Web 4.0 als Pragmatic Web thematisiert, während es gerade in den Kultur- und Geisteswissenschaften vielfach noch Probleme beim richtigen Umgang mit dem Web 2.0 und größere Schwierigkeiten beim Zugang zur Anwendbarkeit des Web 3.0 gibt.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1102

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Die Welt der Antike und die Realität der Moderne

Change2Über ein Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Zeitgeschichte und der Antikenforschung..

Gesellschaftliche und politische Prozesse, die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen kulturellen Umwelt, Einsichten in die grundlegenden Bedürfnisse des Menschen und die stetige Suche nach dem Ursprung von Problemen – dies sind einige der Aspekte, die Jemand, der sich beruflich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, auch für sich selbst und sein Leben zu reflektieren lernt. Und trotzdem scheint es, als stünde gerade die kritische Reflexion des beruflichen Daseins und die Suche nach den Ursachen für dessen Problemen in den historischen Wissenschaften noch immer zurück.

Womöglich ist dieses Problem typisch für die Altertumswissenschaften. Zeitgeschichtshistoriker haben verstärkt die Entwicklungen von Gesellschaft, Politik und Wissenschaft der letzten Jahrzehnte im Blick und bekommen zudem für ihre Erkenntnisse stärkeres gesellschaftliches Feedback. Die Altertumswissenschaften haben – weitgehend abgesehen von “spektakulären” archäologischen Entdeckungen – jedoch viel von ihrem öffentlichen Ansehen und ihrer Anwendbarkeit verloren, ihre Bedeutung wird angezweifelt. Dass es ohne Zweifel eine über die Wissenschaft hinausgehende Bedeutung gibt, muss einem Fachmann kaum erklärt werden.

Aus der Zeitgeschichte lernen – aber was?

Der Erklärungsbedarf besteht vielmehr gegenüber der Öffentlichkeit. Und hier liegt das Problem: Zwar ist man sich über dieses sinkende Ansehen der Geisteswissenschaften bewusst, in dem auch die marginale politische Aufmerksamkeit und zumindest zum Teil ebenso die sinkenden Fördermittel begründet sind, wie die zahlreichen Publikationen der letzten Jahre zu diesem Thema zeigen. Hier schreiben anerkannte Wissenschaftler über die Bedeutung ihrer Fächer. Da solche Sammelbände aber Fachliteratur sind und primär Fachpublikum erreichen, verfehlen sie ihre eigentlichen Zielgruppen und Wirkung.

Wie die entsprechende Zielgruppen aber angesprochen werden können, scheint noch immer ein Rätsel zu sein – eines, das auch nicht unbedingt entdeckt werden will. Nach wie vor zählt eine Laufbahn in der Medien- und Vermittlungsarbeit, in der Wissenschaftskommunikation, im Wissenschaftsmanagement, in der Wissenschaftspolitik oder auch im Verlagsbereich weniger als eine Tätigkeit im Fach. Anstellungen an Universitäten oder Forschungsinstitutionen werden als Ziel eines entsprechenden Studiums vermittelt, an Vorbereitung für andere Berufswege mangelt es. Hieran wird der fehlende kritische Umgang mit den veränderten beruflichen Umständen deutlich. Aufgrund veränderter Wertschätzung zugunsten anderer Bereiche erhält längst nicht mehr jeder qualifizierte Absolvent der (alt)historischen Wissenschaften ein Stipendium oder eine – wohlgemerkt besfristete – Anstellung als wissenschaftlicher oder Projektmitarbeiter. Zudem nehmen die Zahlen der Professuren ab, die Elite wird schmaler, die Chancen sinken. Wie auch kürzlich in der Zeit zu lesen war, ist es nicht selten, dass man mit 4o noch zum wissenschaftlichen Nachwuchs zählt, obwohl man bereits seit ca. 2o Jahren in diesem Bereich tätig ist, Aufstiegschancen außerhalb der Professur aber selten sind.

Was scheinbar vergessen wird, ist, dass nicht mehr nur die Wissenschaftler die Zukunft ihrer Disziplin sichern. Diese ist immer stärker an öffentliche Aufmerksamkeit und damit an diejenigen geknüpft, die wissenschaftliche Inhalte zu kommunizieren verstehen. Egal ob Journalist, Pressesprecher oder die Experten selbst – Herunterbrechen ist das Zauberwort. Hinzu kommen Kreativität, Spaß und die Angst vor dem Niveauverlust, die mit populärwissenschaftlichen Arbeiten oft einhergeht. Populärwissenschaftlich wird beinahe zum Schimpfwort. Die Vielfalt der Möglichkeiten aber wächst. Multimediale E-Books, Histo-Caching- und Zeitreise-Apps, virtuelle Museen oder Science Slams bieten nicht nur für jede Zielgruppe, sondern auch für jeden Content-Vermittler das Richtige, egal ob in Form von Bild, Video, Text oder Präsentation. Und gerade historische Inhalte, die unzählige erzählbare Geschichten enthalten, und die geisteswissenschaftlichen Fähigkeiten des übergreifenden Arbeitens, Erzählens und Präsentierens scheinen die ideale Grundlage, um “was mit Medien” zu machen.

Warum aus der Zeitgeschichte lernen?

Nun ist zu diesem Thema schon viel geschrieben worden und Änderungen nehmen nur langsam Form an. Dies wurde mir erneut deutlich, als ich kürzlich auf die Fachzeitschrift “Wissenschaftsmanagement” stieß und bereits beim Editorial feststellte, dass die thematisierten Probleme – Management, Personal, Marketing – exakt jenen entsprechen, die auch für den Kulturbereich im weitesten Sinne gelten. Dabei sollte ein kritischer Umgang mit den Entwicklungen der letzten Jahre verdeutlichen, dass der Weg zur Besserung in den Wissenschaften selbst beginnen muss. Wie der Wahlkampf gezeigt hat, ist das Thema politisch noch immer unterpräsentiert. Technologische Innovationen, Wachstum in der Kreativwirtschaft und sichere Arbeitsbedingungen an den Universitäten sollen gefördert werden, Geisteswissenschaften aber wurden seltener erwähnt als Kultur- oder Bildungspolitik. Notwendig ist Aufmerksamkeit – und gerade in der Zeit des Social Web bekommt man diese nicht geschenkt. Das große mediale Feedback und die Empörung der Menschen gegenüber den Kürzungsplänen in NRW haben aber gezeigt, dass es durchaus möglich ist, dass Thema auf die Tagesordnung zu bringen.

Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass sich die universitär tätigen Historiker selbst die Anwendung ihrer Ergebnisse selbst sehr passiv gestalten. Diese aber spielen eine besondere Rolle. Zum einen, weil sie, wie oft thematisiert wurde, die Bedeutung wissenschaftlicher Arbeit durch ihren Kontext zu Problemen der Gegenwart aufzeigen können und zum anderen, weil Fachbereiche wie Geschichte und Archäologie nicht nur zur deutschen Wissenschafts, sondern auch zur Kulturlandschaft gehören. Trotzdem scheint es, als ordneten sich hier angesiedelte Wissenschaftler nicht in den Bereich der Kultur ein. Mit mehr Ausrichtung auf museale oder Verlagsarbeit wäre dies aber möglich und würde Positives mit sich bringen. Auch scheint der Blick von außen ein anderer zu sein, denn nicht umsonst gehören archäologische Fachämter in den Bundesländern zu Kulturabteilungen oder unterstehen Ministerien für Bildung und Kultur. Kultur hat im Kulturstaat trotz sinkender Gelder ein sehr hohes Ansehen – ein höheres als die Geisteswissenschaften. Diese sollten also bemüht sein, sich der gelebten Kultur anzunähern, um stärker wahrgenommen zu werden.

Leider überrascht es trotzdem wenig, dass erst kürzlich ein Buchprojekt gescheitert ist, dass es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Bedeutung historischer Wissenschaften für eine politische Zielgruppe aufzubereiten. Ansätze gibt es hier viele: Kulturgüterschutz in der internationalen Politik, das Zusammenwachsen der EU unter dem Blickpunkt einer langen gemeinsamen Vergangenheit, lokale Archäologie und die Suche nach Identität, Raubgrabungen als Verbrechen, Archäologie im Heiligen Land und kulturelle Interessen, Geschichte der Archäologie und internationale Konflikte, Archäologie, Evolution und die Entwicklung des Menschen usw. Obwohl in einem solchen Projekt also offensichtlich eine Chance liegt, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, weitreichende Problemfelder anzusprechen und die richtige Zielgruppe zu erreichen, scheiterte das Projekt an zu wenig Bereitschaft von Seiten der Archäologen, Historiker und Altertumswissenschaftler, sich zu beteiligen.

Auch der kurze Aufschrei, die Medienbeiträge und das öffentliche Interesse, die mit den Kürzungen in NRW einherging, ebbte mit der Übergabe der Petitionso schnell wieder ab, wie er gekommen waren. Bis Ende September musste man mangels weiterer Möglichkeiten seines Schicksals und weiterer Entscheidungen harren. Nun gab die Landesregierung den Haushaltsentwurf der DGUF bekannt, dass es 2014 indirekte weitere Kürzungen um über 50% geben werde und dass der Umstieg auf Darlehen weiterhin geplant sei. Die Chancen für eine bessere Unterstützung 2015 stehen demnach schlecht, die öffentliche Empörung und über 20.000 Unterschriften scheinen umsonst und ein umfangreiches Aufrütteln von Seiten der Fachwelt notwendiger denn je.
Diesen Schluss zieht auch die DGUF selbst: “Die anwesenden Politiker betonten, wie schwierig es für sie angesichts der generellen Haushaltslage und beschlossenen Schuldenbremse sei, ihre Kollegen zu einem konkreten Einstehen für die Belange von Archäologie und Baudenkmalpflege zu bewegen. [...] Ott sagte: “Wenn es gute konkrete Argumente gibt und Auswirkungen, die belegen, dass die Kürzungen für die NRW-Archäologie nicht annehmbar sind, werden wir diese Argumente wägen.” Aus DGUF-Sicht sind damit Situation und Botschaft klar: Nur wir Fachleute können diese Argumente liefern. Jetzt ist jeder einzelne Archäologe und Baudenkmalpfleger gefordert, in den nächsten wenigen Wochen das Gespräch mit seinen Wahlkreisabgeordneten der Regierungsfraktionen zu suchen.

Spätestens hier sollten auch Historikern der Vormoderne neben den für sie wichtigen Entwicklungen der Zeitgeschichte auch bewusst sein, dass Revolutionen, Änderungen, Befreiungen und Innovationen zumeist aus den betroffenen Schichten kamen, die Lösungen erarbeiteten und oft auch durchsetzten. Dieses Wissen auf die eigenen Probleme anzuwenden scheint demnach etwas zu sein, was auch Vergangenheitsexperten noch aus der Geschichte lernen können.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1084

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Die Qual der Wahl im Kampf um Kultur- und Wissenschaftpolitik

Würden Platons Philosophen die Wahl gewinnen..?!

Und wenn Platons Philosophen die Wahl gewinnen würden..?!

Kultur- und Wissenschaftspolitik spielten im Wahlkampf 2013 kaum eine Rolle und das obwohl alle Parteien nicht müde werden, die hohe Bedeutung beider Aspekte zu betonen. Dies mag daran liegen, dass Bildung, Hochschule und Kultur auf Länderebene angesiedelt sind und im Wahlkampf aus diesem Grund nur bedingt Versprechungen gemacht werden können – inwieweit diese dann eingehalten werden, ist nochmal eine andere Frage. Zumindest gibt es aber im Wahlprogramm aller großen Parteien Darlegungen zu diesen Themen, die sich durchaus mit übergreifenden Aspekten wie Finanzierung, Digitalisierung und Urheberrecht oder den Aufgaben von Kultur und (Geistes)Wissenschaft in der Gesellschaft beschäftigen. Die Herangehensweise der Parteien ist hierbei naturgemäß sehr unterschiedlich. Insgesamt ist aber wenig überraschend festzustellen, dass CDU und FDP mehrheitlich ähnliche Pläne verfolgen, die bestehendes schützen und sich an Neuerungen herantasten wollen. Die SPD zeigt sich bereits sehr offen für neue Tendenzen. Die Programme der Grünen und Piraten weisen vielfache Übereinstimmungen auf und treten stärker für Änderungen ein, gerade in puncto Open Access und digitaler Wandel. Die Linke ist zwischen ihnen und der SPD anzusiedeln.

I. Rang und Einordnung von Kulturpolitik im Parteiprogramm

Das Thema Kulturpolitik fassen CDU, FDP und auch SPD mit der Medienpolitik in einem Punkt zusammen. Keines der drei Wahlprogramme erklärt diese anscheinend selbstverständliche Zuordnung jedoch. Auch sind alle drei Stanpunkte zur Kultur recht kompakt, greifen jedoch angrenzende Bereiche in anderen Abschnitten auf, so die Arbeitsbedingungen im Kulturbereich, das Urheberrecht oder gesellschaftliche, mit Kultur verknüpfte Bildungsinhalte. Interessant sind die Oberpunkte, denen Kultur und Medien jeweils zugeordnet werden. Sie weisen in dieselbe Richtung wie das entsprechende Programm. Bei der FDP ist dies „Vielfalt und freie Wahl“, bei der CDU „Heimat schützen“ und bei der SPD „Bildung und Gleichberechtigung“. Die SPD ordnet unter den selben Programmpunkt auch Wissenschaft und Bildung. Bei der CDU und der FDP ist Forschung unter „Fortschritt“ angesiedelt. Die FDP greift zudem das Urheberrecht im Punkt „Freiheit“ noch einmal extra auf.

Etwas anders ist die Aufteilung bei der Linken, den Grünen und den Piraten. Im Wahlprogramm der Linken finden sich Bildungs- und Kulturpolitik unter dem Punkt „Solidarität neu erfinden“, wobei die Kultur- und Kreativwirtschaft einen eigenen Unterpunkt hat. Bei den Piraten ist Kultur ein Hauptpunkt, der, entsprechend den zentralen Anliegen der Partei, getrennt von Medienpolitik behandelt wird. Wissenschaft ordnen sie zu „Bildung und Forschung“. Das Parteiprogramm der Grünen zum Thema Kultur ist am umfangreichsten und umfasst unter dem Oberpunkt „Kunst und Kultur beflügeln“ sechs Unterpunkte. Auch die Medienpolitik wird unter „Freies Netz und unabhängige Medien für alle“ bei den Grünen, wie bei den Piraten, getrennt behandelt. Gleiches gilt für Forschung und Wissenschaft, die zu „Teilhaben an guter Bildung“ gehören.

II. Besonders betonte Inhalte des kulturpolitischen Programms

Die Mehrheit der Wahlprogramme bezeichnet Kultur und Forschung als einen zentralen Aspekt der Gesellschaft, der bei der Lösung sozialer Probleme helfen, moralische Werte aufrecht erhalten und Identität stiften kann. Aus diesem Grund wird betont, dass an den wert von Kultur nicht wirtschaftliche Gesichtspunkte, sondern ein eigenes Bemessungssystem angelegt werden muss. Zudem wird die Bedeutung von Kultur, Kreativwirtschaft, Bildung und Wissenschaft für den Arbeitsmarkt, Fortschritt und Wirtschaft hervorgehoben. Wegen dieser Vielzahl an Aspekten möchten alle Parteien die Bedeutung von Kultur und (Geistes)Wissenschaft im öffentlichen Ansehen erhöhen. Dabei haben sie weitgefasste Auffassungen davon, was Kultur beinhaltet. Sie schließen Hochkultur ebenso ein wie Alltagskultur, Subkultur, Freizeitmöglichkeiten und Kreativität im Allgemeinen. Aufgrund der Trennung der gesetzlichen Verantwortlichkeiten für Kultur, Bildung und Wissenschaft gibt es zwar Schnittmengen, im Allgemeinen werden aber die Geistes- und Kulturwissenschaften dem Kulturbereich nur bedingt zugeordnet.

Die zentralen Themen der Kulturpolitik, die für die Mehrheit der Parteien Reformen bedürfen, sind die Kreativwirtschaft, kulturelle Bildung, Teilhabe und Vielfalt. Das historisch-archäologisch wichtige Thema Kulturelles Erbe wird vor allem im Kontext mit der Verarbeitung der deutschen Diktaturen behandelt – die Grünen heben auch die Wiedergutmachung deutscher Kolonialgeschichte hervor. Die Baudenkmalpflege wird zudem u.a. von der Linken und auch der CDU besonders betont, die den Schwerpunkt des kulturpolitischen Programmes entsprechend ihres Mottos „Heimat schützen“ auf Bestand ausgelegt hat. Die Bodendenkmalpflege wird hingegen nur bei der SPD explizit als wichtige Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen erwähnt. Die starke Kritik von Seiten der Medien und Bürger an den Kürzungsplänen der SPD-Landesregierung in NRW im Frühjahr scheint sich die Partei zu Herzen genommen zu haben.

Inhalte, die sich nur bei einigen der Parteien finden, sind der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) bei der SPD, das Programm „InvestOst“ bei der CDU, die stärkere Verknüpfung von Kultur und Tourismus zugunsten der Wirtschaft bei CDU und FDP und zugunsten des Kulturgüterschutzes bei der Linken. Grün macht zudem auch Sport als Aspekt des sozialen Zusammenhalts, privaten Engagements und Austausches zum Kulturthema.

Die Grünen und die Piraten möchten im Besonderen die Herausforderungen des Digitalen Wandels für Kultur und Wissenschaft thematisieren. Bei den Piraten sind die Inhalte ihres kulturpolitischen Programms naturgemäß eng an den Programmschwerpunkt Medienpolitik gebunden. Aber auch die Grünen betonen, dass eine bessere Nutzung der technischen Möglichkeiten und pluralistischen, partizipativen Kulturgüter weiter vorangetrieben werden soll. Dazu gehören für beide Parteien mehr Förderung für Digitalisierungs- und Archivierungsprojekte nicht nur im historischen Bereich und daran geknüpft transparentere Mittelvergabeverfahren. Zu diesen muss es auch gehören, die Freiheit zu haben, Neues auszuprobieren. Um die geforderten Freiräume zu schaffen, ist gerade für die Piraten ein größerer Einfluss der Kulturmacher in Politik und Gremien wichtig.

III. Verantwortlichkeit für und Finanzierung von Kultur zwischen Staat und Ländern

Die Mehrheit der Parteien – die SPD, die Linken, Grünen und Piraten ­– wollen Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufnehmen und das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufheben. Dies hätte Auswirkungen auf den Kultur-, Bildungs- und Hochschulbereich, die verschiedentlich angegangen werden sollen. Insgesamt soll der Bedarf an Kultur besser mit den Angeboten in Übereinstimmung gebracht und vorhandene Infrastrukturen geprüft, verbessert und gestärkt werden. Auch sollen Kulturprogramme mit regionalem Bezug in den Händen der besser auszustattenden Kommunen verbleiben, wo die Expertise dafür angesiedelt ist. Bei größeren Aufgaben soll es dem Bund möglich sein, Koordinierungsmöglichkeiten zu schaffen, gute Ideen zu übernehmen und Defizite abzubauen. Dass hierfür eine Neustrukturierungen der finanziellen Verteilung und Fördermöglichkeiten notwendig ist, sehen auch die Parteien. Gerade die Aufgabe eines Bundeskulturministeriums soll es bei einem solchen kooperativen Föderalismus sein, neben der Kulturstiftung auch kleine Projekte, den Kulturschutz und die Vermehrung des zugänglichen Wissens zu stärken. Gerade für die SPD sind dies alles Aspekte auch für Stadtentwicklungsplanung, Sozialpolitik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft von Bedeutung.

Die CDU und die FDP sehen in einer Aufhebung des Kooperationsverbotes keine Lösung. Sie möchten stattdessen an der Finanzkraft der Kommunen und an einem Bildungspakt arbeiten, um die örtliche Daseinsvorsorge zu sichern. Die FDP würde hierbei eine Föderalismuskommission begründen und das Konnexitätsprinzip fest verankern, um die Bewältigung kultureller Aufgaben durch die Kommunen finanziell abzusichern. Daneben soll die Kulturförderung durch den Bund auch weiterhin als Vorbild für Länder und Kommunen dienen und die Rahmenbedingungen für Künstler, Kulturmacher und Wissenschaftler sowie die Zusammenarbeit mit den Bürgern als Konsumenten und Mitgestalter von Kultur sichern. Damit wird für die beiden Parteien ein Bundeskulturministerium überflüssig.

IV. Kulturpolitik und gesellschaftliche Kontexte

In Bezug auf die Verbindung zwischen Kultur, Geistesweissenschaften und Gesellschaft sind bei allen Parteien ähnliche Schwerpunkte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede wie bei den besonders betonten Inhalten festzustellen. Einen Ausbau der kulturellen Bildung, Vielfalt und Teilhabe streben alle an, um mit ihnen Austausch, Integration und Toleranz herzustellen, soziale Spaltungen und den demographischen Wandel anzugehen und das Interesse an der Demokratie wieder zu stärken. Forschungen in diesem Bereich spielen jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Besonders neue Formate der Breiten- und Subkultur der vielen verschiedenen in Deutschland lebenden Gruppen sollen zu einem offeneren Umgang beitragen. Die Grünen fordern, Kultur dafür immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen und Neues auszuprobieren. Die Ideen können durch einen Ausbau privaten Engagements, z.B. in der Vereins- und Verbandskultur, geschehen, wie es CDU und FDP anstreben, oder durch eine stärkere Fokussierung auf kulturelle Bildung im schulischen und lebenslangen Lernen, wofür neben der CDU auch die SPD und die Grünen plädieren. FDP, CDU, die Grünen und die Piraten möchten sich zudem für die Stärkung der Medienkompetenz einsetzen. Von diesen Ideen weichen auch die Piraten kaum ab und stellen, passend zu ihrem Wahlprogramm, Transparenz und eine bessere Zugänglichkeit zu immateriellen Kulturgütern ins Zentrum ihrer Pläne.

In einen ähnlichen Bereich gehört die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Auch hierbei wollen alle Parteien Neugier, Kommunikation und Gleichberechtigung wecken und vermitteln. Ein spezieller Punkt ist dabei die Weiterentwicklung der europäischen Kulturpolitik, den die CDU in engem Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik sieht, während die Linke internationale Projekte in den Mittelpunkt stellen möchte.

V. Medien-/Internetpolitik, Urheberrecht und Kultur

Mit Entwicklungen wie Digitalisierungsprojekten, E-Learning-Möglichkeiten und Problemen mit dem Urheberrecht wird die Verknüpfung von Kultur-, Medien- und Netzpolitik immer enger. Aus diesem Grund greifen alle Parteien diese Themen in ihrem Wahlprogramm auf, zeigen sich dabei aber unterschiedlich innovativ. Einig sind sie sich darüber, dass ein reformiertes Urheberrecht ebenso notwendig ist wie flächendeckender Zugang zum Breitbandinternet. Während die Linke diese in öffentliches Gemeingut umwandeln möchte, sieht die FDP im freien Wettbewerb zwischen den Anbietern den richtigen Weg.Auch beim Urheberrecht herrscht kaum Einigkeit. Alle Parteien möchten die Urheber gerade im Internet besser schützen und zugleich die Möglichkeiten der Um- und Weiternutzung geschützter Inhalte weiterentwickeln. Für die CDU ist es dabei zentral, Urheber, Rechteinhaber, Verbraucher und Verwerter unter einem angepassten Urheberrecht zusammenbringen. Explizite Ideen für die dafür notwendigen Regelungen hat die Partei aber noch nicht entwickelt. Die SPD möchte neue wirtschaftliche Möglichkeiten der Kulturbranche im Internet fördern, wobei Künstler und Kreative zugleich Urheber und Weiternutzer geschützter Güter sein können. Auch möchte sie ein neues Urheberrecht bildungs- und wissenschaftsfreundlicher gestalten, Zweitpublikation vereinfachen und eine bessere Nutzung entsprechender Inhalte in Schulen und Hochschulen ermöglichen. Ebenso liegt es der FDP nahe Urhebern, Rechteinhabern und Nutzern gerecht zu werden. Der Schwerpunkt soll für sie jedoch weiterhin in der analogen Welt liegen. Für beide Welten möchte die FDP unterschiedliche Lizenzmodelle etablieren, ohne dabei auf bereits bekannte Modelle einzugehen, und die Freiheit der Urheber ausweiten, ihre Werke nach ihren Wünschen zu vermarkten. Das Programm der Linken beschäftigt sich schon intensiver mit den Möglichkeiten, die bereits zur Verfügung stehen. So wollen sie, wie auch die Grünen, die Verwertungs- und Nutzungsrechte unter Einbeziehung neuer Lizenz- und Vergütungsmodelle wie Creative Commons oder Crowdfunding reformieren. Zudem spricht sich die Linke für die Kulturwertmark als auf einer Kulturflatrate basierende Verwertungsgesellschaft aus. Die Piraten gehen noch einen Schritt weiter. Sie möchten die Urheber vor allem gegenüber den Rechteinhabern stärken, Zweitverwertungsrechte einräumen, undefinierte Nutzungen verhindern und ausschließliche Nutzungsrechte beschränken. Auch soll die Geltungsdauer des Urheberrechts gesenkt bzw. an die Bedürfnisse der Sparten und Nutzer angepasst werden. Alternativen Bezahl- und Finanzierungsmodellen gehören für sie selbstverständlich dazu. Auch ist es ein Anliegen der Grünen, für kommerzielle Nutzungen eine zentrale Anlaufstelle zum Erwerb von Bearbeitungsrechten einrichten. Für sie ist auch eine vereinfachte nichtkommerzielle (Weiter)Gestaltung von geschützten Werken zentral, die den Urhebern ein Mitbestimmungsrecht einräumt.

Sehr unterschiedlich sind die Meinungen der Parteien auch in Bezug auf Open Access. Die SPD will die Zugänglichkeit für Kultur, Wissenschaft und Bildung erweitern. Auch die Linke unterstützt dieses Prinzip. Sie möchte zusätzlich auch Open-Source-Softwares, E-Learning-Modelle und Digitalisierungsprojekte fördern, wenn sie hierzu beitragen. Hierfür sollen es zu einem Grundprinzip werden, dass öffentlich finanzierte Inhalte dauerhaft frei zur Verfügung stehen. Auch die Piraten und die Grünen stehen für die Nutzung von Open Educational Resources, für erweiterte urheberrechtsfreie Zugänge zu Kulturgütern für Bildungs- und Forschungseinrichtungen und mehr finanzielle Möglichkeiten für Digitalisierungsprojekte. Außerdem möchten die Grünen die Publikation von Forschungsergebnissen unter dem Open-Access-Prinzip im Allgemeinen ausweiten, die Piraten öffentliche geförderte Ergebnisse sofort, andere nach einem halben Jahr für alle zugänglich machen. CDU und FDP sind zurückhaltender bezüglich solcher Optionen. Zwar setzt sich auch die CDU für die Nutzung von Daten und Wissen für die Wissenschaft und die Zugänglichkeit zu Erkenntnissen in, allerdings nicht prinzipiell, sondern nach einer angemessenen Zeitspanne, die nicht näher definiert wird. Die FDP möchte das Open-Access-Prinzip für wissenschaftliche Ergebnisse nicht bedingungslos vorantreiben, sondern in jedem Fall der Zustimmung der Wissenschaftler überlassen.

VI. Bildungs- und Hochschulpolitik

Um die Wissenschaftslandschaft in Deutschland voranzubringen, sehen alle Parteien die Notwendigkeit von Reformen für diesen Sektor als notwendig an. Gerade für die CDU scheint der Schwerpunkt hierbei allerdings vor allem bei den Natur- und Ingenieurswissenschaften zu liegen, da sie stets den Kontext von Forschung und Technik betont. SPD, Piraten, Grüne und Linke hingegen stellen den Bezug von Forschung, gesellschaftlichen Fragen und sozialen Problemen in den Mittelpunkt und sehen hier eine enge Verknüpfung zu den Geistes- und Kulturwissenschaften.

Um die häufig prekären Situationen gerade von Nachwuchswissenschaftlern und dem akademischen Mittelbau zu verbessern, möchte die CDU ein Förderprogramm einführen. Wie genau dieses aussehen sollen, lässt sie offen. Im Gebiet Forschung ist es das Anliegen, die Exzellenzinitiative und den Pakt für Forschung und Innovation zu verlängern sowie herausragende Forschung in der Spitze und in der Breite mehr zu unterstützen. Um dies zu ermöglichen, möchte die CDU in diesem Bereich, im Gegensatz zur Kulturpolitik, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern stärken, damit der Bund mehr Impulse vor allem für technologische Innovationen geben kann. Anliegen der SPD ist es, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen und neue verlässliche Berufsperspektiven zu entwickeln. Für die Linke kommen Mindestlöhne im Wissenschaftssektor hinzu. Ihr Ziel ist es zudem, die finanzielle Grundausstattung des Wissenschaftssystems zu erhöhen. Dafür soll eine Neustrukturierung der Förderungsvergabe erfolgen, die auch Geistes- und Kulturwissenschaften stärker unterstützt. Auch Grüne und Piraten möchten durch höhere Haushalte Langfristigkeit und eine möglichst breite Aufstellung der Wissenschaftslandschaft – und hierbei auch eine strukturelle Stärkung der kleinen Fächer – in den Mittelpunkt stellen. Hierfür soll die Exzellenzinitiative auslaufen, die Breitenforschung anstatt nur spezifischer Wissenschaftszweige unterstützt und die Projektförderung transparenter und gleichberechtigter gestaltet werden. Als reformwürdig erachten beide Parteien das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und hier vor allem die grundlose Befristung von Stellen. Für die Grünen ist auch in diesem Bereich ein kooperativer Bildungsföderalismus zwischen Bund, Ländern und Kommunen unerlässlich, um den Bund für Planung und Finanzierung der Hochschulen miteinbeziehen zu können. Die FDP möchte andere Wege gehen, die mit der Hochschulpolitik als Ländersache vereinbar sind. Mit einem flächendeckenden Wissenschaftstarifvertrag will sie die Personalstrukturen flexibler halten, attraktivere Arbeitsbedingungen für den Mittelbau schaffen und wissenschaftliche Laufbahnen sicherer machen. Forschung soll nach der FDP von den Studentenzahlen der Fächer mit freiwilliger Landesunterstützung sowie von Investitionen in „strategisch notwendige Forschungs- und Wachstumsfelder“ und der Exzellenzinitiative abhängen, womit die Geistes- und Kulturwissenschaften wohl mit weiteren Einbrüchen zu rechnen hätten.

VII. Personalpolitik im Kulturbereich und Künstlersozialkasse

Darüber, dass Kulturbranche und Kreativwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftskraft in Deutschland leisten, dafür jedoch zu wenig zurückbekommen, sind sich die Parteien einig. Die Einkommen und Absicherungen sollen verbessert und das Innovations- und Wachstumspotenzial dieser Bereiche gefördert werden. Hierzu gehören für alle Parteien eine Stärkung der Künstlersozialkasse mit Beachtung der besonderen Arbeitsumstände und neuen Tätigkeitsbereiche der Kreativen. Die Grünen möchten dies in ihre Bürgerversicherung integrieren. Die Urheberrechtsreformen sollen ebenfalls nach Meinung aller den z.T. schwierigen Arbeitssituationen Abhilfe schaffen und neue Vergütungsmöglichkeiten mit sich bringen. Die SPD, die Grünen und die Linke möchten zudem Mindestlöhne – Linke und Grüne auch Ausstellungsvergütungen, Honoraruntergrenzen und Gewinnbeteiligungen für Künstler – und neue Regelungen in der Arbeitslosen- oder Rentenversicherung für Kultur und Kreativwirtschaft einführen. Für die Piraten ist auch eine dauerhafte, nicht nur projektgebundene Absicherung der Künstler unabdingbar. Sie wollen, wie die anderen, auch Selbstständige besser unterstützen. Zudem soll nach der Linken der Unterfinanzierung von Kultureinrichtungen und Privatisierungen entgegengetreten werden. Die CDU sieht Lösungsansätze in der Fortführung der „Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft“, in engerer Zusammenarbeit von Kultur und Tourismus sowie in der Weiterentwicklung der Existenzgründer-Branche durch neue Gründungsfinanzierungen und Rahmenbedingungen für Crowdfunding. Auch hier scheint es jedoch, dass primär Jungunternehmen im Bereich Technik unterstützt werden sollen. Für die FDP ist ein Neuanfang der richtige Weg. Dafür sollen der Innovationsbeitrag der Kultur- und Kreativwirtschaft geprüft werden. Zudem kann für die FDP der Absatzmarkt von Kultur und Kreativen durch besseren Zugang zu Fremdkapital und ausländischen Märkten erweitert werden. Auch die Piraten und die Grünen möchten neue Wege gehen. Nach den Piraten soll ein größerer Teil des Kulturetats den Künstlern und ein Investitionspaket für Kultur den Kultureinrichtungen zugewiesen werden. Die Grünen sehen Möglichkeiten in der besseren Unterstützung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in mehr Darlehen und Mikrokrediten und besseren Beratungsmöglichkeiten. Kunstförderung möchten sie besser an die schnellen Zyklen und kurzfristigen Entscheidungen dieser Branche anpassen. Außerdem ist es den Grünen wichtig, die Zukunftsfähigkeit von Kunst und Kultur durch mehr Möglichkeiten für neue Tätigkeitsbereiche, zunehmend auch im Netz, voran zu bringen. Mit einer stärkeren Unterstützung von Sozio- und Nischenkultur, der Aufhebung des Doppelfinanzierungsverbots und einem KfW-Sonderprogramm Kulturförderung möchten sie Kunst und Kultur zu einer sichereren Lebensgrundlage machen.

Weitere Infos zu Open Access in den Wahlprogrammen auf dem Science-Blog Frischer Wind gibt es von hier.
Einen schönen Vergleich der netzpolitischen Programme bietet t3n hier.
Eine ausführliche Darstellung der kulturpolitischen Planungen der einzelnen Parteien findet sich unter dem Schlagwort “Wahlkultur” auf kulturmanagement.net.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1066

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“Ein Weg aus dem Kulturpessimismus”. Das erste stARTcamp in Wien

start-camp-riesenradNach dem SciCamp von Wissenschaft im Dialog Anfang Juni, durfte ich nun auch am ersten österreichischen stARTcamp am 23. August in der Kunsthalle im Museumsquartier in Wien teilnehmen. Das innovative Format eines solchen, Barcamps hat sich in Deutschland bereits etabliert und auch in Österreich gab es rund 100 neugierige TeilnehmerInnen, die über verschiedenste Aspekten von Social Media sprechen wollten. Der Schwerpunkt der stARTcamps ist dabei immer der Kulturbereich. Damit ergab sich für mich eine wunderbare Ergänzung zum Thema Wissenschaftskommunikation des SciCamps. Bei beiden waren jedoch – zu meinem Bedauern – die Geistes- und Kulturwissenschaftler kaum vertreten, was den vielen interessanten und auch für diesen Bereich anwendbaren Sessions aber keinen Abbruch tat. In Wien waren die stARTcamper aus den unterschiedlichsten Bereichen der österreichischen und deutschen Kulturszene zusammengekommen und repräsentierten Museen, Theater und Festivals. Auch Journalisten, Grafikdesigner und Studenten waren dabei. Durch ihre verschiedenen Blickwinkeln und Herangehensweisen bereicherten alle TeilnehmerInnen den Tag und zeigten sich im Anschluss durchweg begeistert vom ersten österreichischen stARTcamp.Die charakteristische, namensgebende Eigenschaft einer Barcamp genannten “Unkonferenz” ist, dass sie sich gegen die gewöhnlichen Konferenzabläufe stellt: Sie hat kein festes Programm, keine vorher festgelegten Sprecher und auch nur selten ein eng begrenztes Thema. Stattdessen kann jeder Teilnehmer zu Beginn Sessions zu Themen vorschlagen, die ihm am Herzen liegen, Best-Practice-Beispiele vorstellen oder auch Probleme und offene Fragen thematisierten. Dies kann in Form eines Vortrages geschehen. Gern gesehen sind aber auch Workshops und offene Diskussionen, die häufig gänzlich neue Facetten und Ideen ans Licht bringen. Daneben ist für Kulturmacher wie Wissenschaftler und Kommunikationsexperten vor allem der Aspekt der Vernetzung und des Austausches interessant.

Bereits die Vorstellungsrunde am Morgen machte deutlich, mit welch unterschiedlichen Anliegen die Teilnehmer nach Wien gekommen waren. Jeder von ihnen sollte sich mit drei Hashtags vorstellen. Die meistgenannten waren Kreativität, Neugierde und Kommunikation – die typischen Charakteristika der Social-Media-Welt. Obwohl es für die Mehrheit der Gäste die erste Veranstaltung dieses Formats war, zeigte schon die Session-Planung, welch anspruchsvollen und vielfältigen Aspekten sich das stARTcamp an diesem Tag widmen würde. Dabei machte die Planung von jeweils drei parallelen Sessions die Auswahl nicht leicht. Umso intensiver wurde die Möglichkeit genutzt, sich in den Pausen über die Themen und Inhalte auszutauschen. Zudem dokumentierten einige fleißige Twitterer die Inhalte der Sessions. Zu finden sind ihre Gedanken unter dem Hashtag #scvie (stARTcamp Vienna) bei Twitter, facebook und Google+.

Zu den Eröffnungssessions gehörte unter anderem der Vortrag Social Impact Optimization von Frank Tentler, der sich mit den Grundlagen der professionellen Social-Media-Kommunikation und deren Organisation über Social Web Command Center beschäftigte. Dabei betonte er, dass das Social Web noch immer ein Ort der Privatsphäre und des Privaten ist, den man auch als Marketer achten muss. Die Kommunikation darf keine reine Verkaufssituation sein. Stattdessen ist es angeraten, sich auf die verschiedenen Formate und vor allem den Mobile-Markt einzustellen, die Meinungsführer für das eigene Thema zu finden und die neue schlagwortbasierte Kommunikation zu beachten. Für deren Planung ist der Impact, die direkte und beidseitige Kommunikation zentral, da es darauf ankommt, auf die Stimmen und Ideen der Gäste/Leser/Nutzer zu hören und aus diesen entsprechende Inhalte zu generieren. In diesem Sinne waren auch die Sessions zu Storytelling und Facebook-Gruppen von Daniela Unterholzner vom Institut für Kulturkonzepte Wien der bestmöglichen Nutzung von Social Media für das institutionelle Marketing gewidmet.

Einen gänzlich anderen Bereich diskutierte hingegen Wolfgang Senges von C3S, der Cultural Commons Collecting Society, die sich als eine auf Creative-Commons-Lizenzen basierende Rechteverwertungsgesellschaft als Alternative zur GEMA etablieren will und damit auch für Kultur und Wissenschaft interessante Neuerungen verspricht. Auch Wolfgang Gumpelmaier, der über die Crowd-University UnuniTV und das Thema Crowdfunding im Kulturbereich sprach, sowie der Digital Artist Alexander Mikula, der sein Wissen über agile Projekte teilte, bewegten sich mit ihren Sessions weg vom Thema Marketing hin zu nicht weniger interessanten Aspekten von Social Media für die Kultur.

Gleiches gilt für Frank Tendler und Markus Kucborski. Ihre Sessions erschienen auf den ersten Blick recht techniklastig und thematisierten neben dem Schwerpunkt Mobile Geräte und dem Facebook Wifi die Entwicklung von SmartPlaces für das Museum der Zukunft. Dieser etwas abstrakt anmutende Begriff beinhaltet die Nutzung von Location Based Services wie Foursquare auf der einen und Interaktions-Diensten wie Twitter auf der anderen Seite, um nicht nur das externe Marketing einer Kultureinrichtung durch Specials und Gamification-Aspekte zu verbessern, sondern auch die direkte Interaktion mit den Besuchern. Kostenloses (Facebook-)W-Lan ermöglicht es Einrichtungen mit Facebook Orten, die Besucherströme und -präferenzen der Nutzer zu rekonstruieren und die Gestaltung ihrer Häuser entsprechend anzupassen. Im Gegenzug werden den Gästen neben dem Internetzugang spezielle Dienstleistungen und Vergünstigungen angeboten, wenn sie die Institutionen weiterempfehlen, über sie berichten oder ihre Geschichten und Ideen mit ihnen teilen. Auch sollen nicht nur die jeweilige Institution und ihre Besucher, sondern auch die Besucher und Kultureinrichtungen untereinander vernetzt werden, um inhaltliche Gemeinsamkeiten und Verknüpfungen aufzuzeigen, neue Interessen zu wecken und auf diese Weise mehr tatsächliche Aufmerksamkeit zu erhalten. Dies ist ein Aspekt, den die Wissenschaftskommunikation von Forschungseinrichtungen und Universitäten bisher kaum nutzt. Gerade für Sonderveranstaltungen wie die Lange Nacht der Wissenschaft oder Tage der Offenen Tür bieten sich hier noch viele neue Möglichkeiten. Als herausragend innovatives Beispiel wurde das Kreativzentrum Dortmunder U vorgestellt. Das Erlebnis Kultur wird dort durch vielfältige Arten der Kommunikation und augmented-reality-Implementierungen gänzlich neu definiert, um den derzeit noch recht passiven Kulturkonsumenten zu mehr Aktivität anzuregen und zu einem Prosumenten  zu machen, dessen Wünsche für die Ausgestaltung der Kulturangebote eine aktivere Rolle spielen.

Insgesamt zeigte das erste stARTcamp in Wien den Willen und die Kreativität der anwesenden Kulturmacher, das Potenzial von SocialMedia zu nutzen. Nicht zuletzt die Session zur Frage nach dem „next big thing after Facebook“ machte zudem deutlich, dass gesellschaftliche Entwicklungen und Bedürfnisse hierfür eine zunehmend große Rolle spielen. Thematisiert wurden unter anderem die zunehmende Spezialisierung der Online-Plattformen – sei es nach Interessensgebieten, nach Foto und Chat oder nach Altersgruppen – die neuer Marketingstrategien bedarf. Auch die Aspekte Datenschutz und daran gebunden die Nutzbarkeit von Digitalisierungsprojekten – ebenfalls interessant für Geisteswissenschaftler – sowie Werbung und Monetarisierung des Internet kamen auf. Sie alle sind zentral für die Zukunft von Social Media in Kultureinrichtungen. Die kreativen Ideen von Kultur und Wissenschaft und die Realität klaffen aber vielfach noch stark auseinander. Dies zeigte sich auch an dem hohen Anspruch der Sessions des stARTcamps auf der einen und den vergleichsweise wenigen Anwesenden, die darüber auch twitterten, auf der anderen Seite. Nichtsdestotrotz erwies sich das stARTcamp Wien „als Mittel gegen Kulturpessimismus bei den Kulturmachern“, wie es eine TeilnehmerInnenin formulierte, und erfüllte damit seinen Anspruch allemal.

Einen Überblick zu allen stART-Veranstaltungen gibt es hier.
Fotos des stARTcamp Wien von Karola Rieger auf flickr.
Blogbeitrag von Frank Tentler auf Echtzeitgeist
Blogbeitrag von Therese Zalud auf mqw.at

Dieser Beitrag basiert auf meinem Nachbericht zum stARTcamp Wien für kulturmanagement.net.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1055

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Internationaler Forschungsförderpreis ausgeschrieben

ForschungsförderpreisHerausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Gastländern bzw. den Gastregionen der Institute der Max Weber Stiftung, die sich in vorbildlicher Weise um international ausgerichtete geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Forschung verdient gemacht haben, auszuzeichnen -  das ist der Gedanke hinterm dem Internationalen Forschungsförderpreis. Die Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland und das Historische Kolleg schreiben ihn in diesem Jahr zum zweiten Mal den aus.

Der Preis ist mit 30.000 Euro dotiert. Mit dem Preis verbunden ist die freibleibende Einladung zu einem Forschungsaufenthalt und zur Durchführung eines internationalen Kolloquiums am Historischen Kolleg in München. Nominierungsberechtigt sind Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer von Forschungseinrichtungen in Deutschland. Eigenbewerbungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Gastländern der Auslandsinstitute der Max Weber Stiftung sind ebenfalls möglich. Preisträgerin des ersten Forschungsförderpreises ist die US-amerikanische Historikerin Isabel V. Hull. Sie wird im Januar und Februar 2014 am Historischen Kolleg forschen und dort vom 12.-14. Februar 2014 einen Workshop zum Thema „Das Völkerrecht im Ersten Weltkrieg“ durchführen.

Mehr Informationen gibt es unter: www.maxweberstiftung.de/foerderung/internationaler-forschungsfoerderpreis.html

Quelle: http://mws.hypotheses.org/3174

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Geisteswissenschaftler, wo sind Eure Antworten? Max Weber Stiftung und Gerda Henkel Stiftung eröffnen eine gemeinsame Internetreihe zur Zukunft der Geisteswissenschaften

http://mws.hypotheses.org http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de Wie präsent sind die Geisteswissenschaften in der Öffentlichkeit? Welche Deutungshoheit haben sie? Und wie bleiben die Geisteswissenschaften angesichts der digitalen Veränderungen zukunftsfähig? Die Max Weber Stiftung – Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland und die Gerda Henkel Stiftung starten heute das gemeinsame Internetformat „Max meets Lisa“. Hier sprechen Geschichts-, Sozial- und Kulturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler über […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/07/4576/

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