Neue Institutionenökonomie: Historiker erklären Wirtschaftsprüfer

Der Beitrag zeigt, dass der Forschungsansatz der Neuen Institutionenökonomie zur Beantwortung der Frage, warum der Wirtschaftsprüferberuf entstand, für deutsche Verhältnisse im 1. Drittel des 20. Jahrhunderts keine ausreichende Erklärung bietet.

Die Theorie

Aus welchen Gründen entstand der Beruf des Wirtschaftsprüfers? Zur Beantwortung dieser Frage nutzten Wirtschaftshistoriker die von anglo-amerikanischen Wirtschaftswis-senschaftlern Ronald H. Coase, Douglas C. North und Oliver Williamson angebotenen Erklärungsansätze, die unter der Bezeichnung „Neue Institutionenökonomie“ (NIÖ) zu-sammengefasst werden: Unternehmen benötigen Kapital (von Investoren), Kredite (von Banken) und Vertrauen (von Kunden, vom Staat, von der Öffentlichkeit). Daher errichten sie, so die Theorie, ein Steuerungs- und Überwachungssystem (neudeutsch: Corporate Governance), um Risiken zu vermeiden, Kosten wirtschaftlicher Transaktionen zu senken und Transparenz herzustellen.

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Quelle: https://abgehoert.hypotheses.org/885

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Dr. Voss und die Reichswerke „Hermann Göring“: Forschungsdesiderate und Forschungserträge

Obwohl das „Dritte Reich“ seit Jahrzehnten in mannigfaltiger Weise von der Geschichts-wissenschaft untersucht wird, gibt es noch immer wichtige Bereiche und Akteure, die bis heute kaum erforscht sind. Der Reichswerke-Komplex und dessen Vorstandsmitglied Dr. Wilhelm Voss (1896-1974) gehören dazu.

Voss’ Karriere: Ausgangssituation

In der Weimarer Republik war Voss (1896-1974) ein prominenter, international ange-sehener Funktionär des deutschen Revisions- und Treuhandwesens und ein sehr erfolgreicher, freiberuflich tätiger Wirtschaftsprüfer. Im „Dritten Reich“ machte der promovierte Staatswissenschaftler, bislang ein bürgerlich lebender Familienvater ohne politische Vorgeschichte, eine rasante Karriere in den staatseigenen „Reichswerken Hermann Göring“. Der Wehrwirtschaftsführer stieg bis in den dreiköpfigen Vorstand der 1939 gebildeten Reichswerke-Holding auf, die 1940 etwa 330.000 Beschäftigte in deut-schen, österreichischen und tschechischen Firmen zählte. Zwischen 1942 und 1945 war Voss Geschäftsführer der reichseigenen „Waffenunion Škoda Brünn GmbH“, die zwar nicht mehr als „Reichswerke“ firmierte, deren personelle Spitze jedoch gleichfalls Her-mann Göring als „Beauftragter für den Vierjahresplan“ bildete.

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Quelle: https://abgehoert.hypotheses.org/718

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Biografieprojekt Voss – Archivrecherchen

Digitalisate sind was Wunderbares: ein Bericht über meine Archivrecherchen für das Biografieprojekt „Wilhelm Voss“.

Ausgangspunkt: Lebenslauf

Mit der Erforschung der Biografie des Wirtschaftsprüfers, Reichwerke „Hermann Göring“-Managers und Rüstungsberaters der ägyptischen Regierung, Dr. Wilhelm Voss (1896-1974), habe ich 2014 begonnen. Bereits für meine Dissertation (erschienen 2013) hatte ich zu den Lebensläufen der Vorstandsmitglieder der staatlichen Wirtschafts-prüfungsgesellschaft „Deutsche Revisions- und Treuhand AG“ (Treuarbeit), deren Vorstandsvorsitzender Voss zwischen 1934 und 1938 war, recherchiert: Zu Voss liegt im Bundesarchiv Berlin eine SS-Führerpersonalakte vor, die einen Lebenslauf aus dem Jahr 1934 enthält, den er anlässlich seines Eintritts in die SS erstellt hatte. In ihm finden sich zahlreiche Angaben zu Voss’ Herkunft, Schulausbildung und Teilnahme am Ersten Weltkrieg sowie zu Studium, Arbeitgebern und beruflichen Aktivitäten. Ich erhielt so Informationen darüber, wo und wann Voss geboren, welches Gymnasium er besucht und in welchem Regiment er 1914 Kriegsdienst geleistet hatte. Ferner erfuhr ich, was und mit welchem Abschluss er studiert und in welchen Verbänden und Firmen er gearbeitet hatte. Dieser ausführliche Lebenslauf wurde der Ausgangspunkt meiner Recherchen zu Voss, die ich nun im Internet fortsetzte.

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Quelle: https://abgehoert.hypotheses.org/640

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Das “Unternehmen Barbarossa” und die deutsche Kriegswirtschaft

Wirtschaft, Politik und Militär – diese drei Elemente waren im NS-Regime eng miteinander verbunden. Als die sogenannte “Blitzkriegsstrategie” der ersten beiden Jahre des Zweiten Weltkriegs an ihr plötzliches Ende kam, musste die NS-Führung auf politischer Ebene  die Kriegsstrategie anpassen. Doch musste, um den Krieg weiterführen zu können, vor allem aber die Kriegswirtschaft  für die länger andauernden und ressourcenbindenden Kriege umstrukturiert werden.

Im Zuge des sogenannten „Unternehmen Barbarossa“ erließ Adolf Hitler am 20. Juni 1941 den Befehl, in den Krieg gegen die Sowjetunion einzutreten. Bereits am 22. Juni 1941 durchbrachen deutsche Panzertruppen die ersten sowjetischen Stellungen, so dass deutsche Infanterieeinheiten weiter in das Landesinnere vordringen konnten.1 In der deutschen Führung war man sich sicher, mit der bis dahin an der Westfront erfolgreichen Strategie des „Blitzkriegs“ innerhalb kürzester Zeit wichtige sowjetische Stellungen einnehmen und den letztendlichen Sieg herbeiführen zu können. Doch bereits im August 1941 mehrten sich auf Seiten der deutschen militärischen Führung unter Generalstabschef Halder erhebliche Zweifel am Erreichen eines schnellen Sieges: Das Vordringen der deutsche Truppen geriet durch die personellen und materiellen Verluste ins Stocken, denn das unüberschaubar große Kriegsterrain und die zahlenmäßige Überlegenheit der Roten Armee waren unterschätzt worden. Obwohl die deutschen Truppen im Oktober 1941 in der Doppelschlacht von Wjasma und Brjansk der Roten Armee erhebliche Verluste zufügten, schafften es die deutschen Truppen nicht, den von Hitler erlassenen Befehl, die sowjetische Hauptstadt Moskau anzugreifen, erfolgreich durchzuführen. Extreme Witterungsbedingungen und eine sowjetische Gegenoffensive am 5./6. Dezember 1941 drängten die deutschen Truppen bis auf weiteres zurück. Statt einem schnellen Sieg sah sich die deutsche Führung nun einem Zweifrontenkrieg gegenüber, zudem erklärte auch die USA am 11. Dezember 1941 dem Deutschen Reich den Krieg.2 Die bereits 1941 auf deutscher Seite erlittenen Verluste sowohl materieller als auch personeller Art waren erheblich. Außerdem schienen mit dem Scheitern vor Moskau die schnell führbaren Kriege an ihr jähes Ende gekommen zu sein. So erkannte die deutsche Führung, dass für länger andauernde Kriege neben einer Anpassung der Kriegsstrategie vor allem das gesamte kriegswirtschaftliche Konzept umgestellt werden musste.3 Hitler übertrug nun die Aufgabe der Effektivierung der Rüstungsindustrie und ihre Ausrichtung auf lange, ressourcenbindende „Abnutzungskriege“ Albert Speer, dem bisherigen Generalbauinspektor der Reichshauptstadt. Als neuer Reichsminister für Bewaffnung und Munition übernahm Speer dabei vor allem „den Auftrag die Wirtschaft des „Dritten Reichs“ mit Entschiedenheit auf die Erfordernisse der Kriegsführung umzustellen.“4

Speer übernahm von seinem Vorgänger Fritz Todt, der am 8. Februar 1942 bei einem Flugzeugabsturz tödlich verunglückt war, das 1940 eingerichtete Reichsministerium für Bewaffnung und Munition. Die sogenannte „Organisation Todt“ war ab März 1940 damit beauftragt, das „Kompetenz- und Koordinationschaos“5 zwischen den wirtschaftspolitischen  Entscheidungsträgern durch eine zentrale, vereinfachte Planungsbehörde zu ersetzen. Nach der Niederlage vor Moskau wurde Todts „Stellung durch einen Führererlass“ entschieden aufgewertet, doch vermochte er bis zu seinem Tod keine tiefgreifenden Maßnahmen zur schnellen Rüstungssteigerung in die Wege zu leiten.6 Mit der darauffolgenden „Speerschen Selbstverwaltung“ sollten die Kompetenzen und Befugnisse der Rüstungsproduktion in sogenannten „Lenkungsbereichen“ wie „Ringen“ und „Ausschüssen“ gebündelt werden. Diese Gremien wurden von den Industrievertretern selbst besetzt. So entstand in den Kriegsjahren von 1942 bis 1944 zwischen der deutschen Privatwirtschaft und dem NS-Regime eine hochkomplexe Kooperationsstruktur, die für die Industrievertreter die erstmalige Möglichkeit der “Selbstverwaltung” mit sich brachte.7

Die Speersche „Selbstverwaltung der Industrie“ war alternativlos staatlich vorgegeben und bot den für alle deutschen Betriebe verbindlichen Rahmen für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten. Der Anreiz für die Unternehmen, „freiwillig“ an der „Selbstverwaltung der Industrie“ teilzuhaben und mit den staatlichen Behörden zu kooperieren und für sie Rüstungsaufträge abzuwickeln, lag in folgendem Prinzip: Indem Todt und Speer die Industrie als Kooperationspartner scheinbar auf Augenhöhe mit den staatlichen Behörden hob und der Industrie in ihren Bereichen Verantwortung und Selbstständigkeit zugestanden und übertrugen und sie an der Macht der nationalsozialistischen Herrschaft teilhaben ließen, waren staatliche Eingriffe auf die Autonomie der Unternehmen nicht mehr so offensichtlich bzw. wurden von den Unternehmen anfangs nur in wenigen Fällen als störend empfunden.8 Doch die Regulation bzw. beabsichtigte Verschärfung des Wettbewerbes durch Speers Behörden stellte einen Eingriff in den Markt und in die Autonomie der Unternehmen dar. Darüber hinaus bestimmten in den Ausschüssen und Ringen die marktführenden Unternehmen, die sich in den ausgetragenen Konkurrenzkämpfen durchsetzen konnten, die unternehmerischen Entscheidungen aller übrigen Unternehmen, die in den Selbstverwaltungsorganen waren und profitierten von ihrer Dominanz. Auch dies war ein Eingriff in die Autonomie der Unternehmen und bedeutete eine Einschränkung ihrer Handlungsfreiräume.  Zweifellos verschwammen mit der „Selbstverwaltung der Industrie“ die Grenzen zwischen „staatlicher Wirtschaftsadministration“ und „privatwirtschaftlicher Sphäre“,9denn diese war eine Schnittstelle zwischen Industrie und Staat. In dieser Selbstverwaltung der Industrie wuchs auch im Laufe des Krieges die politische Mitverantwortung.10 Genauso waren die führenden Figuren dieser Organisationsform, nämlich die „NS-Industriellen“, geschickt eingesetzte „Zwitter“, die die Vermischung von Staat und Industrie symbolisierten und gleichzeitig einen staatlichen Zugriff auf unternehmerischen Handlungsraum ermöglichten.11

Gewisse Handlungsfreiräume der Unternehmen bestanden für die Zeit unter Speer im Wesentlichen darin, dass die Unternehmen gegensätzliche Interessen wie ihr Streben nach Selbsterhaltung und der Ausrichtung auf eine Friedenswirtschaft verfolgen konnten, ohne dass ihnen dafür staatliche Repressalien drohten. Mag dies dem mangelnden Durchgreifen der Speerschen Behörden geschuldet sein, die auch strukturelle Probleme der Selbstverwaltung nicht effektiv zu bewältigen vermochten, so muss doch darauf hingewiesen werden, dass die Unternehmen in der Verfolgung ihrer unternehmerischen Interessen und in der späteren Entwicklung von Interessen, die sich gegen die kriegswirtschaftlichen Ziele Speers richteten, lediglich ihr ökonomisches Streben nach Wachstum, Profit und längerfristigem Überleben zum Ausdruck brachten, das jedes privatwirtschaftliche Unternehmen, das in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung agiert, kennzeichnet.12

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2013): Das “Unternehmen Barbarossa” und die deutsche Kriegswirtschaft. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

  1. Vgl. Hartmann, Christian: Unternehmen Barbarossa. Der deutsche Krieg im Osten 1941-1945. München 2011. S. 38.
  2. Vgl. Hartmann 2011. S. 37-44. ; Wehler, Hans-Ulrich: Der Nationalsozialismus. Bewegung, Führerherrschaft, Verbrechen 1919-1945. München 2009. S. 255.
  3. Vgl. Wehler, Hans-Ulrich: Der Nationalsozialismus: Bewegung, Führerherrschaft, Verbrechen, 1919-1945. München 2009. S. 255.
  4. Siehe Hildebrand, Klaus: Das Dritte Reich. München 2009. S. 88 ; Vgl. auch Müller, Rolf-Dieter: Albert Speer und die totale Rüstungspolitik im totalen Krieg, in: Kroener, Bernhard R. / Müller, Rolf-Dieter / Umbreit, Hans: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs. Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen. 1942-1944/45. Stuttgart 1999. S. 275.
  5. Siehe Erker, Paul: Industrieleiten in der NS-Zeit: Anpassungsbereitschaft und Eigeninteresse von Unternehmern in der Rüstungs- und Kriegswirtschaft. Passau 1994. S. 16.
  6. Vgl. Wehler 2009. S. 256 ; Müller in: Kroener / Müller  / Umbreit. 1999. S. 276.
  7. Vgl. Tooze, Adam: Ökonomie der Zerstörung: die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Bonn 2007. S. 647.
  8. Vgl. Erker in: Erker, Paul / Pierenkemper, Toni: Deutsche Unternehmer zwischen Kriegswirtschaft und Wiederaufbau. Studien zur Erfahrungsbildung von Industrie-Eliten. München 1999. S. 8.
  9. Siehe Volkmann, Hans-Erich: Ökonomie und Expansion: Grundzüge der NS-Wirtschaftspolitik: Ausgewählte Schriften. München 2003. S. 100.
  10. Vgl. Volkmann 2003 S. 76.
  11. Vgl. Erker in: Erker / Pierenkemper 1999. S. 7.
  12. Vgl. Buchheim, Christoph: „Unternehmen in Deutschland und NS-Regime 1933-1945. Versuch einer Synthese“, in: Historische Zeitschrift 282 (2006). S. 379-381.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2013/06/das-unternehmen-barbarossa-und-die-umstrukturierung-der-deutschen-kriegswirtschaft/

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Die Notwendigkeit des „History Managements“ in der heutigen Zeit

Wie wichtig die Aufarbeitung von Unternehmens- und Markengeschichte in der heutigen Zeit ist, soll im Folgenden im Zusammenhang mit dem sogenannten „History Management“, erläutert werden. „History Management bedeutet, in der Gegenwart die Potenziale der Vergangenheit zu nutzen, um in der Zukunft erfolgreich zu sein.“1

Die Historie oder Geschichte eines Unternehmens beginnt mit ihrer Gründung und erstreckt sich bis ins Heute. „History Management“ bezieht sich auf das gesamte Unternehmen mit allen zugehörigen Produkten und Marken. Dementsprechend nimmt die Markenhistorie einen wesentlichen Teil im „History Management“ ein. Laut Herbrand/Röhrig soll die Historie „als erfolgsrelevante Ressource“ verstanden werden und „zum Zwecke der Erreichung der Unternehmens-/Markenziele effektiv und effizient“2 in das Unternehmensmanagement einbezogen werden.

Bedingt durch die globalisierten Wirtschaftsmärkte, die Fusionen, Insolvenzen, Übernahme von Unternehmen und die Entstehung von „ Markenfriedhöfen“ mit dem Verschwinden von traditionsreichen Marken und Unternehmen wie z.B. Mannesmann und Telefunken, sind wesentliche Aspekte der „corporate identity“ wie Werte, Tradition, Kontinuität und Identität von Produkten und Unternehmen in der heutigen Wirtschaftswelt schwer zu vermitteln. Auch die Marken sind als Aushängeschilder und Assoziationsfelder der Unternehmen durch die „brand parity“3: die Vielzahl der Produkte, die Austauschbarkeit der Produkte („weil sie mit identischen Markenwerten [… ] wie Qualität, Preis, Design [….] etc. aufgeladen werden können“4) schweren Bedingungen unterworfen.5 Analog dazu steigt bei Konsumenten „das Bedürfnis nach Kontinuität, Orientierung, Vertrautem und Sicherheit. Marken bieten“, laut Herbrand und Röhrig, „in diesem Kontext Orientierungs- und Identifikationspotenziale.“6 So bietet das „History Management“ gerade an dieser Stelle viel Potenzial, denn die Lehren die man aus seiner Unternehmensgeschichte zieht, schaffen Orientierung und Klarheit, sie helfen die eigene Unternehmensstrategie zu korrigieren und stärken die eigene „coporate identity“. Die Geschichte eines Unternehmens und seiner Marken sagt viel über die Identität des Unternehmens aus, dementsprechend bietet eine charaktervolle und lebensnahe Unternehmensidentität viel Identifikationspotenzial für die Kunden. Kontinuität, Tradition, Integrität und Dynamik sind als Teil der Unternehmensgeschichte vertrauenserweckende Attribute.7 Doch auch wenn die Unternehmensgeschichte weniger ruhmreich ist, zählt doch entscheidend der Umgang des Unternehmens mit seiner Geschichte in der Gegenwart. Manch kritischer Betrachter wird fragen: Wählt das Unternehmen den Umgang mit der eigenen Unternehmensgeschichte aus einer Traditionsverbundenheit und mit dem Ziel die Potenziale der vergangenen Unternehmensgeschichte (im Sinne des „History Managements“) zu nutzen? Oder bezieht sich das Unternehmen bewusst auf positive Aspekte der eigenen Geschichte (wie z.B. historische Unternehmensbilder, -persönlichkeiten und die Markengeschichte) um die Geschichte des Unternehmens ins rechte Licht zu rücken und von dunklen Kapiteln der Unternehmensgeschichte abzulenken?8

Die Maxime des „History Managements“ – nämlich „in der Gegenwart die Potenziale der Vergangenheit zu nutzen, um in der Zukunft erfolgreich zu sein“9 , bedeutet auch, sich den Fehlern und schweren Kapiteln seiner Vergangenheit zu stellen, um Glaubwürdigkeit in der Gegenwart zu erhalten, seine Lehre aus der Vergangenheit ziehen, um in der Gegenwart authentisch zu bleiben. Dokumentiert man diese Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte und präsentiert die bewältigten Lernprozesse öffentlich, kann mit Zuversicht davon ausgegangen werden, dass begangene Fehler in der Zukunft vermieden werden können. Die Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte wird wahrgenommen und von Öffentlichkeit und Presse aufgegriffen und weiter verbreitet, was wiederum für weitere Unternehmens- bzw. Markenbekanntheit sorgen kann. Denn das jeweilige Unternehmen kann im Bereich „corporate social responsibility“ verdeutlichen, dass es seine Rolle als „Bestandteil der Alltagskultur“10, nämlich als „corporate Citizen“ verantwortungsvoll wahrnimmt, indem es durch seine

„Entscheidungen, Produktentwicklungen und […] [sein] Marketing die Gesellschaft in ihren Strukturen sowie das Leben der Menschen und ihre Gewohnheiten, mithin deren Geschichte, entscheidend prägt.“11

Der offene und transparente Umgang mit der eigenen Unternehmensgeschichte fördert im Zusammenhang mit der Vorstellung der Marken-, Produktgeschichte und der Unternehmenstraditionen die Glaubwürdigkeit des Unternehmens in der Öffentlichkeit und schafft Vertrauen und Nähe bei Kunden.

Zusammengefasst ist das sogenannte „History Management“ eines Unternehmens der verantwortungsvolle Umgang mit der eigenen Unternehmensgeschichte sowie das Ausschöpfen der Potenziale und vermittelt dem Kunden, dass das Unternehmen selber seine Vergangenheit, mit den positiven (daher erwähnenswerten) Kapiteln der Unternehmensgeschichte, aber auch vor allem mit allen Schattenseiten und Krisen (umso erwähnenswerter),  aufarbeitet, sich zu Fehlern bekennt und daraus die notwendigen Schlüsse für die Gegenwart und Zukunft des Unternehmens zieht.

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2012): Die Notwendigkeit des „History Managements“ in der heutigen Zeit. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 


Bibliographie:

  1. Siehe Herbrand, Nicolai Oliver / Röhrig, Stefan: History Management – Grundzüge eines umfassenden Ansatzes zur Ausschöpfung des Erfolgspotenzials Markenhistorie, in: Herbrand, Nicolai Oliver / Röhrig, Stefan: Die Bedeutung der Tradition für die Markenkommunikation. Konzepte und Instrumente zur ganzheitlichen Ausschöpfung des Erfolgspotenzials Markenhistorie. Stuttgart 2006. S. 564.
  2. Ebenda S. 563.
  3. Vgl. Janssen, Philip / Krawietz, Marian: Geschichte als Kapital, in: Pressesprecher, 05/2004. Berlin 2004. S. 26.
  4. Siehe Schug, Alexander: History Marketing. Ein Leitfaden zum Umgang mit Geschichte in Unternehmen. Bielefeld 2003. S. 16
  5. Vgl. Herbrand / Röhrig 2006. S. 565.
  6. Siehe Herbrand / Röhrig 2006. S. 566.
  7. Vgl. Buß, Eugen: Die gesellschaftliche Bedeutung von Traditionsbildern, in: Herbrand, Nicolai Oliver / Röhrig, Stefan: Die Bedeutung der Tradition für die Markenkommunikation. Konzepte und Instrumente zur ganzheitlichen Ausschöpfung des Erfolgspotenzials Markenhistorie. Stuttgart 2006. S. 199-212.
  8. Siehe Herbrand / Röhrig 2006. S. 570.
  9. Siehe Herbrand / Röhrig 2006. S. 564.
  10. Siehe Herbrand / Röhrig 2006. S. 573.
  11. Vgl. Schug, Alexander: History Marketing. Ein Leitfaden zum Umgang mit Geschichte in Unternehmen. Bielefeld 2003. S. 18.

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Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/05/die-notwendigkeit-des-„history-managements-in-der-heutigen-zeit/

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Wissenschaft als Dienstleistung?

Es klingt wie eine Provokation, was Alexander Schug und seine Vergangenheitsagentur anbietet: Geschichte als Marketinginstrument. Doch auch Unternehmen haben Geschichte. Diesem Bedürfnis, die eigene Geschichte aufzuklären – weil ein Firmenjubiläum ansteht oder dringender Klärungsbedarf über die Zeit zwischen 1933 und 1945 besteht – kommt die sog. Unternehmensgeschichte nach. Über das schwierige Verhältnis von Marketing und Wahrheitsfindung, über Kritik, Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Form der Geschichtsschreibung sprechen Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit Alexander Schug im MONTAGSRADIO 03/2012.

Unternehmensgeschichte ist nicht unbedingt an eine Universität angebunden, so dass sich ein freier Markt für diese Dienstleistungen von Historikern herausgebildet hat. Die Vergangenheitsagentur von Alexander Schug ist ein solcher Anbieter. Sie richtet sich an kleine und mittelständische kleine Betriebe, an Institutionen und Verbände, die ihre eigene Geschichte erforschen lassen wollen. Dabei ist es nicht zwangsläufig die notwendige Aufklärung über Zwangsarbeiter in der NS-Zeit, die aufgearbeitet werden soll und muss. Auch die Vergewisserung über die eigene Herkunft, über Traditionen und Werte kann als Motivation in einer Welt dienen, die primär von Marktgesetzen beherrscht ist. Den Umgang mit dunklen Flecken und allzu schönen Erfolgsgeschichten, die Arbeit eines historischen Dienstleisters und die Gesetze des Marktes erkundet das heutige Montagsradio.

Und hier gehts direkt zum MP3.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/02/20/wissenschaft-als-dienstleistung/

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Vergangenheit als Marketinginstrument?

Alexander Schug from kooperative-berlin on Vimeo.

Inwiefern lässt sich Zeitgeschichte vermarkten und sollte Vergangenheit überhaupt vermarktet werden? Verzerrt sich die Erforschung der Vergangenheit nicht, sobald sie dem Marketing dient? Im kommenden MONTAGSRADIO 03/2012 sprechen Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit dem Historiker Alexander Schug, dem Mitbegründer und Geschäftsführer der Vergangenheitsagentur. Demnächst erscheint hier das komplette Gespräch.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2012/02/20/vergangenheit-als-marketinginstrument/

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(H-Soz-u-Kult): Job: Freie Mitarbeit “Unternehmenshistorische Archivrecherche” (Rheinland-Pfalz)

From: Reiner Schmidt Date: 13.01.2011 Subject: Job: Freie Mitarbeit "Unternehmenshistorische Archivrecherche" (Rheinland-Pfalz) ------------------------------------------------------------------------ ifu - Institut für Unternehmensgeschichte, nördliches Rheinland-Pfalz (Montabaur-Hachenburg) ifu - Institut für Unternehmensgeschichte sucht eine/n freie/n Mitarbeiter/in für die Auswertung von unternehmenshistorischen Quellen (handschriftliche Akten, ca. 1860-1960). März/April 2011, Zeitaufwand: ca. 3 - 4 Wochen; Raum: nordöstliches Rheinland-Pfalz (Region Montabaur - Hachenburg). [...]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2011/01/982/

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