Legende und Geschichte – die römische Königszeit, Teil 3

Von Stefan Sasse

Dies ist der dritte Teil der Artikelserie. Im ersten Teil besprachen wir die ersten beiden mythischen Könige Roms, Romulus und Numa. Im zweiten Teil besprachen wir die folgenden beiden Könige, Hostilius und Marcius. In dieser Folge widmen wir uns den zwei nächsten Königen, Tullius und Priscus.

Lucius Tarquinius Priscus
Der vierte König Roms, Ancus Marcius, hatte zwei Söhne. Da sich in der römischen Gesellschaft jener Tage das Erbschaftsprinzip noch nicht durchgesetzt hatte, leitete sich daraus auch kein Herrschaftsanspruch ab. Da beide Söhne bei Marcius' Tod nicht in der Stadt waren, hatte es der fünfte König, der etruskische Adelige Lucius Tarquinius Priscus, leicht, den Senat von der Eignung seiner eigenen Wahl zu überzeugen. Tarquinius Priscus war aus Etruria gekommen, wo er wegen seiner griechischen Wurzeln von einer politischen Laufbahn ausgeschlossen war. Bei seiner Ankunft in Rom hatte ein Adler ihm die Mütze weggenommen und wieder auf den Kopf gesetzt, ein Zeichen künftiger Größe, das Ancus Marcius dazu gebracht hatte, ihn zum Vormund seiner Kinder zu ernennen. Tarquinius vergrößerte den Senat (unter anderem um die Familie der Octavii, aus denen Augustus hervorgehen würde), führte Krieg gegen die Latiner und Sabiner, in deren Rahmen er die Zahl der equites verdoppelte, und brachte die Kriege mit Landgewinn für Rom zum Abschluss. In Rom selbst baute er den Circus Maximus, begann den Bau des Jupitertempels auf dem Kapitol und errichtete die Cloaka Maxima, um das Problem der Abwässer und Versumpfung in den Griff zu bekommen. Auf seine Herrschaft gehen außerdem viele römische Symbole zurück, etwa das Purpur als Königsfarbe oder der herrschaftliche, von vier Pferden gezogene Streitwagen. 


Es scheint, als ob wir mit Lucius Tarquinius Priscus langsam das Gelände der Mythen und Sagen verlassen und in belastbareres Territorium vorstoßen. Rom war in seiner Gründerzeit immer noch politisch von den Etruskern abhängig, so dass ein etruskischer Adeliger als römischer König durchaus Sinn macht. Tarquinius Priscus erwirbt auch gleich die notwendigen legitimatorischen Zeichen, die römische Herrscher sich später noch oft zusprechen würden: eine Prophezeiung (der Adler mit der Mütze), die den Herrscher als göttergewollt betrachtet, und militärischer Erfolg. Tarquinius Priscus besiegte Sabiner und Latiner und eroberte diverse Städte, was den Griff Roms auf das Umland festigte, und kehrte im Triumphzug nach Rom zurück, eine Praxis, die auch später die höchste Ehrung der Stadt sein und in der Kaiserzeit ausschließlich den Kaisern vorbehalten sein würde. Auf diese Art und Weise hatte er die Referenzen beisammen, die einen großen Römer in den Augen der Zeitgenossen ausmachten. Es fällt auf, die mundän diese Tätigkeiten sind. Die Sabiner und Latiner werden nicht entscheidend geschlagen, und einige Städte werden erobert - ein Erfolg, gewiss, aber nicht mehr legendär wie frühere Könige.

Cirus Maximus in einem Modell
Interessanter sind da seine politischen Reformen. Die Vergrößerung des Senats brachte eine Welle neuer, ihm getreuer Gefolgsleute in Roms Legislative, eine Taktik, die auch spätere Generationen gerne anwenden werden. Er verdoppelte außerdem die Ränge der equites, was eine deutliche Vergrößerung der Armee mit sich brachte, deren Ränge sich in jener Zeit noch aus den Besitzenden rekrutierten. Gleichzeitig verschaffte es Roms Mittelschicht eine breitere Basis, was für das spätere Wachstum der Stadt bedeutsam sein dürfte. Interessant sind auch seine baulichen Maßnahmen: der Circus Maximus, eines der Wahrzeichen der Stadt, wird auf ihn zurückgeführt und erlaubt das aristrokratische Vergnügen der Wagenrennen. Livius vermerkt in seinen Darstellungen, dass Patrizier und Senatoren sich im Circus eigene, erhöhte Logen bauten, was den legitimatorischen Charakter des Bauwerks unterstreicht, indem es Besuchern deutlich die Rangunterschiede zeigt. Gleiches gilt für den Bau des Jupitertempels, mit dem sich Tarquinius Priscus als legitimer König zeigt, der den Göttern huldigt. 

Der Bau der Cloaka Maxima schließlich ist für Rom von kaum zu überschätzender Bedeutung, da er das Problem von Seuchen reduziert und große Gebiete für den Bau von Gebäuden befreit, so dass auch das Gebiet zwischen den sieben Hügeln Roms bewohnbar wurde. Die Bedeutung des Königs liegt daher in einer Konsolidierung Roms, weniger in seiner Erweiterung. In Tarquinius Priscus' angeblicher Herrschaft wurden die Grundlagen gelegt, die es später zu einer Metropole und zur Herrscherin des Mittelmeers machten. Wie immer ist die tatsächliche Existenz sehr fraglich: Priscus regierte angeblich 38 Jahre lang, bevor er in einer Revolte ermordet wurde, und die vielen Bauvorhaben sind für einen Mann trotz dieser Länge beachtlich. Nichtsdestotrotz erreichen wir ein Stadium der römischen Geschichte, das glaubhafter erscheint als das vorhergehende. 

Servius Tullius
Die angesprochene Revolte war laut Livius eine Intrige der Söhne Ancus Marcius', um Tarquinius Priscus zu ermorden und selbst die Herrschaft zu übernehmen. Tarquinius Frau Tanaquil aber behauptete, der König sei nur verwundet und nutzte die Zeit, um Servius Tullius als Regenten zu proklamieren. Danach wurde der Tod Priscus' bestätigt und Tullius als neuer König ausgerufen. Weder Marcius' Söhne noch die Priscus' wurden so neue Könige - das Erbschaftsprinzip wurde ein letztes Mal abgewendet. Es bleibt unklar, ob Roms letzter König - Tarquinius Superbus - ein Sohn oder Enkel Tarquinius Priscus' war. So oder so würde zuerst Servius Tullius für, wir ahnen es, eine Periode von rund 40 Jahren herrschen.

Bereits sein Herrschaftsantritt ist von Unklarheiten überschattet: war er der erste König, der direkt vom Volk ausgerufen und vom Senat nicht bestätigt wurde, oder wurde er vom Senat gewählt, ohne dass das Volk gefragt wurde? So oder so war seine Wahl die erste ihrer Art. Wie so häufig umgibt auch ihn eine Prophezeiung: laut Livius erschien ein Feuerring um Tullius' Kopf, der zu seiner Königswahl führte. Niemand anderes als Kaiser Claudius erklärte dies später für Unsinn und erklärte ihn zu einem etruskischen Söldner. Servius' Herrschaft beginnt, wie könnte es anders sein, mit Krieg gegen Veiji und die Etrusker, was zu diesem Zeitpunkt als eine Art Mannbarkeitsprobe für römische Herrscher angesehen werden kann. Wie bereits bei Tarquinius Priscus ist das Resultat dieser Konflikte wenig relevant; bedeutsam ist, dass die militärischen Siege Tullius die notwendige Legitimität in den Augen der Römer verschafften. 

SPQR-Standarte
Bedeutsam aber sind die so genannten Servianischen Reformen, die Roms Entwicklung zu einer Republik zementierten. Unter Tullius erhielten wesentlich größere Teile der Bevölkerung das Wahlrecht, als dies bisher der Fall gewesen war. Das Wahlrecht wurde außerdem formalisiert (indem die Bevölkerung entsprechend ihres Vermögens und ihrer Steuerleistung in Klassen eingeteilt wurde, deren Stimmen unterschiedlich viel Gewicht besaßen, die so genannten Zenturien) und gleichzeitig das Gerichtswesen auf eine deutlich rechtsstaatlichere Grundlage gestellt, als dies bisher der Fall gewesen war - Grundlage des späteren Siegeszugs römischen Rechts. Unter Tullius wurden zudem die verbliebenen, bisher unerschlossenen drei der sieben römischen Hügel (besiedelt und die Stadt damit deutlich vergrößert (was gleichzeitig auch die Gruppe der Wahlberechtigten, die durch die Reformen bereits vergrößert worden war, noch einmal explodieren ließ). Für das einfache Volk und die Armen, die er mit einigen Sozialprogrammen bedachte, wurde Servius Tullius damit zu einem großen Helden und zum wohl beliebtesten Politiker seiner Zeit. Tullius machte sich damit allerdings viele Feinde. Tarquinius Superbus hatte eine seiner Töchter geheiratet, mit der konspirierte und Tullius auf den Stufen des Senats ermorderte, um selbst die Herrschaft anzutreten.

Auch die Herrschaft des Servius Tullius passt etwas zu gut in den römischen Gründungsmythos, um wahr zu sein, aber die Details seiner Herrschaft selbst lassen den Schluss zu, dass sie vergleichsweise akkurat sind. Die weitere Besiedlung Roms auf einen speziellen Herrscher festzuschreiben macht wenig Sinn, dürfte aber erst mit der städtischen Infrastruktur Tarquinius Priscus' wirklich möglich geworden sein. Gleichzeitig sind die Servianischen Reformen geradezu das Anlegen einer Straße zur Republik, auf die die späteren Gründer um Brutus nur zurückgreifen mussten. Die Republik konnte sich somit effektiv mit dem Willen des letzten "guten" König Roms legitimieren, was einfach zu günstig ist, um blanker Zufall zu sein. Die Aufteilung des römischen Elektorats durch Tullius würde für eine sehr lange Zeit die konstitutionelle Grundlage Roms bilden, ebenso das von ihm eingeführte Zensuswahlrecht und die "rule of law", die auf ihn zurückgeht. Letztere ist von gewaltiger Bedeutung und ohne die durch die Legende des Numa von der Schwurtreue der Römer auch nicht vorstellbar; die Königslegenden greifen hier also direkt ineinander über. Ohne dass die Römer die Gesetze kodifizieren und einhalten ist das Funktionieren einer Republik nicht vorstellbar, würde sie unter dem Ansturm skrupelloser, ambitionierter Männer zerbrechen - wie es denn auch im 1. Jahrhundert vor Christus geschah.

Neuzeitliche Darstellung einer Senatssitzung (Cicero vs. Catalina)
Es ist auch interessant, dass nun bereits zwei römische Könige ermordet wurden. Die Umstände verweisen dabei jedes Mal auf ambitionierte Männer, die selbst an die Macht kommen wollen, und dabei auch noch Verwandte oder enge Berater des jeweils letzten Königs. Die Machtmechanismen der späteren Republik aber waren so gestaltet, dass gerade solche Szenarien verhindert werden: der Cursus Honorum, also die Ämterabfolge (Ädile, Prästoren, Tribune, Konsuln und so weiter), die mit ihren Mindestabständen (meist zehn Jahre) und Mindestaltern kometenhafte Aufstiege verhinderte, die Wahlen, die Nepotismus erschwerten, weil die direkte Abstammung weniger zählte als der Ruf des jeweiligen Aristokraten, die kurze Amtsdauer und das Kollegialitätsprinzip - alle diese Mechanismen scheinen geradezu mit der Blaupause der römischen Könige im Kopf gestaltet worden zu sein. Oder aber natürlich, die römischen Königslegenden wurden genauso geschrieben, dass sie ein abschreckendes Beispiel darstellten, um Kritiker an der etwas schwerfälligen republikanischen Regierungswechselei schnell abfertigen zu können. Hier zeigt sich die legitimatorische Wirkmacht der historischen Legenden.

So oder so dienen die ersten sechs römischen Könige allesamt als Sagen, anhand derer zum einen die Entwicklung Roms als auch die klassischen römischen Tugenden - Treue, Tapferkeit, (politische) Ambition, Führungsstärke, Entschlossenheit - illustriert werden konnten. Die Könige sind überlebensgroße Figuren, oftmals durch göttliche Fügung limitiert und mit langen Regierungszeiten gesegnet, die aber gleichzeitig stets durch andere ambitionierte Männer unter Druck geraten. Was also passiert, wenn diese Männer kein Ventil für ihre Ambitionen finden, und wenn der König selbst nicht ein weiser, fähiger Mann, sondern stattdessen ein hochmütiger Tyrann ist? Nun, dann wird es wohl Zeit, eine Republik zu gründen, nicht wahr?

Bildhinweise: 
Tarquinius Priscus - Guillaume Rouille (Public Domain)
Modell Roms - Pradigue (CC-BY-SA 3.0)
Servius Tullius - Guillaume Rouille (Public Domain)
SPQR-Standarte - Bascavia10 (CC-BY-SA 3.0)
Senatssitzung - Cesare Maccari (Public Domain)

Buchhinweise:

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2014/09/legende-und-geschichte-die-romische.html

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Das Sachsenross im Wappen der Welfen: Das lange Leben einer Legende

Als im Jahre 1995 die Ausstellung „Tapfrer Heinrich, sei willkommen!“ im Herzog-Anton-Ulrich-Museum, Dom und Landesmuseum in Braunschweig eröffnete, schrieb Rolf Michaelis in der Einleitung eines Artikels der Tageszeitung DIE ZEIT (Nº 34/1995) über Heinrich den Löwen und eben jene Ausstellung folgendes: „Verwirrung total. ‚Der Löwe’ ist Ehrenname des Mannes, dessen persönliches Wappentier jedoch ein goldenes Pferd ist (das springende weiße Niedersachsenroß bis heute)“. Es scheint an dieser Stelle, als habe der Autor des Artikels eine Annahme gemacht, die sich seit dem 15. Jahrhundert standhaft hält, historisch aber nicht belegbar ist. Gemeint ist die Aussage, dass Heinrich der Löwe und das gesamte welfische Geschlecht als Träger jenes Wappentiers bezeichnet werden, das wir heute noch aus dem Wappen des Landes Niedersachsen und in abgeänderter Form in vielen weiteren Wappen – nicht nur auf Deutschland begrenzt – finden (u.a. NRW, Kent [UK]). Historische Belege für das Sachsenross – literarische und heraldische Quellen Crantz (1448-1517) schreibt z.B. in seiner Saxonia von ca. 1500, dass Heinrich der Löwe, nach seiner Rückkehr aus England, zwei Löwen im Wappenschild und das Sachsenross in der Helmzier trug[1]. Crantz beschreibt, dass Heinrich die zwei Löwen bevorzugte (praeferere), nachdem er aus dem Exil zurückgekehrt war. Das Sachsenross wurde von ihm […]

Quelle: http://heraldica.hypotheses.org/1396

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Auf der Suche nach dem Lokalen

Der Sammelband Environmental Imaginaries of the Middle East and North Africa (2011) enthält es einen interessanten Beitrag von Leila M. Harris. Er basiert auf Feldstudien, hauptsächlich ausführlichen Interviews mit der lokalen Bevölkerung im Südosten der Türkei, in jenem Gebiet, das im Rahmen des umstrittene “South-Eastern Anatolia Programme” (GAP, Great Anatolia Project, in Turkish: Güneydoðu Anadolu Projesi) “entwickelt” werden soll. Dieses größte Entwicklungsprojekt der Türkei soll unter anderem 22 Staudämme umfassen. Jenseits der kontroversen Diskussionen um das Projekt ergeben sich aus den Interviews, die Harris mit der lokal ansässigen Bevölkerung geführt hat, zwei interessante Aspekte:

Aber die interviewten Kleinbauern teilen gerade nicht die kritische Perspektive, die Umweltaktivisten, aber auch liberale Intellektuelle auf die “Entwicklung” des Gebietes und der damit verbundenen Modernisierung der Landwirtschaft haben. Sie sind vielmehr mehrheitlich der Überzeugung, dass die Probleme, die die technischen Neuerungen bisher hervorgerufen haben (etwa die Versalzung des Bodens) das Streben nach technischem “Fortschritt” nicht in Frage stellen:

“narratives reveal that farmers and state agents engage the evidence of environmental degradation to argue for more technoscience, and more state intervention, not less.” (204, Hervorhebung im Org.)

Ein Ergebnis, das Harris unter anderem auf die geradezu mythische Aufladung des Entwicklungsbegriffes zurückführt. Technischer Fortschritt in der Landwirtschaft wird als “point of entry for other possibilies wahrgenommen, perhaps even viewed as an opening for broader associations with modernity and wealth” (206). Die Moderne ist, zumindest im Südosten der Türkei, offenbar immer noch ein Versprechen.

Zweitens stellt Harris klar, dass sich, im Gegensatz zu anderen Arbeiten, die die “lokale” Perspektive dem “scientific or state knowledge” strikt entgegensetzen (193), diese beiden Kategorien in ihrer Untersuchung nicht trennen lassen. Sie vermischen sich stattdessen in Form eines “hybridized knowdedge” vermischen (200). Die Interviewten interpretieren ihre Situation nicht aus einer lokalen Perspektive heraus,

“[they] connect their local practices (e.g., crop choice or pesticide use) to state practices, as well as to scales and notions of national belongings (e.g., the idea of benefiting the national economy through cotton production) […] offering a challenge to what is meant by ‘local knowledges’.” (202)

Dies führt mich zurück zum Problem des Lokalen, dass sich bereits bei der Konzeption meiner Arbeit aufgetan hat. Das ‘Lokale’ ist, wo post-strukturalistische Ansätze in den Geisteswissenschaften vorherrschen, zu einem umworbenen Terrain geworden: Man möchte die spezifisch lokale Perspektive herausarbeiten, die Praktiken auf der lokalen Ebene, die Sichtweisen und Handlungen der lokalen (und damit in vielen Fällen subalternen) Akteure zeigen. Dies entspringt häufig dem lobenswerten Anspruch, Akteure zu Wort kommen zu lassen oder ins Bild zu rücken, die historische oder gesellschaftliche Analysen bisher vernachlässigt oder übergangen haben. Aber es führt, jenseits von praktischen Problemen (etwa bei der Analyse lokaler oder subalterner historischer Praktiken durch die Brille hegemonialer Überlieferung) zu einer Essentialisierung des Lokalen, die sich wenig mit den dekonstruktivistischen Ansprüchen decken, die die Arbeiten eigentlich verfolgen. Theoretisch und empirische Arbeiten haben in den letzten Jahren gezeigt, wie problematisch der unkritische Bezug auf das Lokale, so etwa Arjun Appadurai in Modernity at large oder die Arbeiten, die Akhil Gupta and James Ferguson in Anthropological Locations versammelt haben. Ulrike Freitag stellt in der Einleitung zum Sammelband Translocality fest:

“[T]he notion of the ‘local’ remains a critical one. Criticism of the earliert view of places, communities and cultures as counded and fixed localities sparked numerous debates. It has become mostly accepted by now the locality is “produced” socially and culturally, often in contexts of heightened mobility of different scales, and of transgression of boundaries, which were already noted to be central to translocal perspectives on localities.” (9).

Diese Erkenntnis ändert wenig daran, dass die Attraktivität des ‘Lokalen’ ungebrochen hoch ist. “Für uns ist vor allem eine lokale Perspektive interessant”, wurde mir mehrfach gesagt, als ich zu Beginn meiner Arbeit erste Gespräche führte. Oder: “Das lässt sich doch gut einander gegenüberstellen: die lokale und die globale Perspektive auf den Wald.” Und ich kann nicht leugnen, dass auch ich implizit davon ausging, durch die Einbeziehung der ‘lokalen’ Akteure eine Perspektive einbringen zu können, die kritischer, authentischer, ja, irgendwie anders als die westlich-globalisierte war.
Es gibt eine ganze Reihe von Arbeiten, die so begonnen haben – und deren Ergebnis dann unter anderem war, dass das lokale viel weniger lokal war als zunächst angenommen. Aber auch wenn das ‘Lokale’ im Laufe der Arbeit dann de-konstruiert wird, stellt sich, gerade zu Beginn einer Arbeit die Frage, wie man diese Dichotomie auch konzeptionell umgehen kann. Wenn das ‘Lokale’ problematisch ist, wenn das Lokale immer auch globalisiert ist, was setzt man ihnen entgegen, den vereinheitlichten und vereinheitlichenden Diskurse und Praktiken einer hergestellten Globalität? Wie kann man es bezeichnen und definieren? Oder welche Pespektive lässt sich einnehmen, die diese Dichotomien umgeht oder gar überwindet?

Zitierte LIteratur:

Appadurai, Arjun (1996): Modernity at large. Cultural dimensions of globalization. Minneapolis, Minn: University of Minnesota Press (Public worlds, v. 1).

Harris, Leila M.: Salts, Soils and (Un)Sustainibilites? Analyzing Narratives of Environmental Change in Southeastern Turkey. In: Davis, Diana K.; Burke, Edmund (Hg.) (2013): Environmental imaginaries of the middle east and north africa. Athens: Ohio University Press, S. 192-218.

Gupta, Akhil; Ferguson, James (1997): Anthropological locations. Boundaries and grounds of a field science. Berkeley: University of California Press.

Freitag, Ulrike; Oppen, Achim von (2010): Introduction “Translocality”. An approach to connection and transfer in area studies. In: Ulrike Freitag und Achim von Oppen (Hg.): Translocality. The study of globalising processes from a southern perspective. Leiden [The Netherlands], Boston: BRILL (Studies in global social history, v. 4), S. 1–21.

Quelle: http://gclf.hypotheses.org/48

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Workshop zu korpuslinguistischen Methoden am 7./8. Oktober in Berlin

Die Forschung mit korpuslinguistischen Methoden innerhalb geisteswissenschaftlicher Disziplinen stellt neben der Erstellung der Ressourcen auch Aufgaben hinsichtlich der Datenverarbeitung und Konvertierung, deren Analyse, Speicherung und des Zugriffs.

Das LAUDATIO-Projekt gibt zu diesen Themen einen Workshop vom 07.10.-08.10.2014 an der Humboldt-Universität zu Berlin ausgerichtet vom Computer- und Medienservice und dem Lehrstuhl für Korpuslinguistik und Morphologie. Der Workshop richtet sich an Anwender und Entwickler von korpuslinguistischen Methoden, Werkzeugen und Software. Wir stellen u.a. das LAUDATIO-Repository, das Such- und Visualisierungstool ANNIS und das Konverter-Framework SaltNPepper vor.

Der Workshop ist auf 45 Teilnehmer begrenzt und ist anmeldepflichtig. Für die Pausenverpflegung erheben wir eine kleine Teilnehmergebühr von 16,33 €.

Alle Informationen zum Workshop und zur Registrierung finden Sie auf

http://www.laudatio-repository.org/laudatio/workshop-2014/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4033

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Herzogenburg: Von Editionen und Nachlässen

Eine kuriose Geschichte hat sich vor kurzem im Archiv des Augustiner Chorherrenstiftes Herzogenburg im unteren Traisental zugetragen: Im Vorjahr erschien in der Reihe der Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung die Edition der Kalendernotizen des Propstes Hieronymus Übelbacher (1710–1740), der maßgeblich für die Barockisierung des Stifts Dürnstein in der Wachau verantwortlich war. Die Publikation wurde herausgegeben und kommentiert von Helga Penz, die nicht nur Leiterin des Referats für die Kulturgüter der Orden sondern auch Archivarin im Stift Herzogenburg ist, wo sich heute das Archiv des aufgehobenen Stifts Dürnstein befindet. Die Präsentation der Edition im Oktober 2013 hatte in Dürnstein in festlichem Rahmen stattgefunden.

Dürnstein Editionspräsentation

Präsentation der Edition im Oktober 2013 im Stift Dürnstein

Einer der Schreibkalender des Propstes Hieronymus war jahrzehntelang verschollen und stand deshalb für die Edition nicht zur Verfügung. Nun aber – nicht einmal ein Jahr nach Erscheinen derselben – ist dieser verloren geglaubte Band in einem Nachlass aufgetaucht und an das Stift Herzogenburg zurückgegeben worden. Ein entsprechender Bericht findet sich auf der Facebook-Seite des Klosters.

Herzogenburg Übelbacher

Es bleibt zu hoffen, dass die Edition in irgendeiner Form einen Nachtrag erhalten wird können – zumal möglicherweise durch das nun wiedergefundene Diarium neue Erkenntnisse über das theologische Programm des Dürnsteiner Kirchturms gewonnen werden könnten.

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/392

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Digital Humanities Award von DARIAH-DE

Ab sofort und bis zum Einsendeschluss am 1.Dezember 2014 schreibt DARIAH-DE einen Digital Humanities Award aus.

Im Rahmen des Awards sollen innovative Beiträge und Forschungsvorhaben von mit digitalen Ressourcen und/oder digitalen Methoden arbeitenden Studierenden und NachwuchswissenschaftlerInnen der Geistes- und Kulturwissenschaften, der Informatik und den Informationswissenschaften ausgezeichnet werden.

Weitere Informationen unter https://de.dariah.eu/dh-award-programm

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Verliehen werden die Preise im März 2015 im Rahmen des DH Summits (Nähere Infos zum Event folgen in Kürze). Insgesamt werden Preise im Gesamtwert von 1.800 Euro vergeben.

Bewerbungsberechtigt sind B.A.- und M.A.-Studierende, die aktuell an ihrer Abschussarbeit schreiben (bzw. an Projekten wie folgt aufgelistet) oder NachwuchswissenschaftlerInnen, die diese in den letzten 12 Monaten abgegeben haben/aktuell an wissenschaftlichen Einzel- oder Gruppen (Abschluss-)projekten, Softwareprojekten, Tools, Studien oder (Infrastruktur-)Konzepten arbeiten.

Bewerben können sich auch Studierende mit eigenen DH-Projekten. Die Bewerbung von (studentischen) Gruppen ist
erwünscht. Zugelassen sind alle wissenschaftlichen Arbeiten, die an Universitäten im deutschsprachigen Raum erstellt werden bzw. wurden.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an: dh-award@de.dariah.eu

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4026

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Deutsche Kriegsfotografie im Zweiten Weltkrieg – Zwischen privater und professioneller Praxis

Autoren: Armin Kille, Thomas Lienkamp

Der Zweite Weltkrieg ist trotz der zeitlichen Distanz von fast 75 Jahren wie kein anderer Krieg in der deutschen Erinnerungskultur präsent. Es handelt sich um ein historisches Ereignis, das bis in die heutige Zeit auf individueller wie kollektiver Ebene von allen Generationen mit ganz bestimmten Bildern assoziiert wird. Bilder, die sich größtenteils auf Fotografien beziehen, die dem damaligen Geschehen auch tatsächlich entstammen. Diese ausgeprägte visuelle Dimension der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg hängt unmittelbar mit dessen historischer Situierung im beginnenden „Visuellen Zeitalter“ zusammen. In keinem vorherigen Krieg spielte die private und professionelle Produktion von fotografischen Bildern eine so große und wirkmächtige Rolle.

Das Forschungsblog verortet sich bewusst im Forschungsfeld der Visual History1. Dem Ansatz der Visual History folgend werden Fotografien, zusätzlich zu ihrer Rolle als Quelle, auch “als eigenständige Gegenstände der historiografischen Forschung”2 erfasst. Somit werden sie nicht nur als Darstellungsobjekt einer vergangenen Realität betrachtet, sondern ebenso als Vermittler von Wahrnehmungshorizonten und Denkhintergründen, als Multiplikator von Sehgewohnheiten und Ästhetiken sowie als Erzeuger einer eigenen Realität verstanden.

Um einen möglichst breiten Blick über das Themenfeld der deutschen Kriegsfotografie zu erreichen, werden in thematisch und methodisch ergänzenden Beiträgen die beiden wichtigsten Gruppen von Bildautoren in einer eng kooperierenden Projektgruppe untersucht:

Professionelle Fotografen lieferten im staatlichen Auftrag Aufnahmen, durch die ein einheitlich konstruiertes Bild des Krieges für die Öffentlichkeit entstehen konnte. Die eigens dafür in den „Propagandakompanien“ (PK) zusammengefassten Berufsfotografen begleiteten die Einheiten der Wehrmacht und der Waffen-SS und erstellten Material für die Kriegsberichterstattung in den deutschen und neutralen Medien. Ihre vorrangige Prämisse war dabei die gezielte Modellierung einer virtuellen Kriegsrealität, eines gewollten Bild des Krieges, das den Zielen und Zwecken der Staats- und Wehrmachtführung entsprach und der deutschen Öffentlichkeit vermittelt werden sollte.

Andererseits wurden durch die zahlreichen privat fotografierenden Soldaten sehr viele individuelle Bilder des Krieges konstruiert. Durch diverse technische Neuerungen begünstigt erreichte das Fotografieren auch im privaten Gebrauch einen Höhepunkt und entwickelte sich in den 1920er Jahren zu einem alle Gesellschaftsschichten durchdringenden Phänomen. Es zeigte sich, dass Amateure und Knipser gerade auch in der Ausnahmesituation Krieg weiter fotografierten und in ihren Aufnahmen zwischen soldatischer Alltagsfotografie, touristischem Blick und bellizistischer Sensationsfotografie oszillierten. Dabei gestalteten die Soldaten, bewusst wie unbewusst, ihren ganz privaten Bilderkosmos.

Auch wenn die fotografischen Quellen ausreichend vorhanden sind, handelt es sich bei einem Vergleich zwischen privater und professioneller Kriegsfotografie im Zweiten Weltkrieg bis heute um ein weitgehendes Forschungsdesiderat. Das konzipierte Blogprojekt möchte seinen Beitrag leisten, diese Lücke, 75 Jahre nach Kriegsanfang, weiter zu schließen.

  1. Vgl. weiterführend Paul, Gerhard, Visual History. Version 3.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 13.03.2014, URL: http://docupedia.de/zg/Visual_History_Version_3.0_Gerhard_Paul?oldid=88771, Stand: 31.07.2014.
  2. Vgl. Paul, Gerhard, Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006, S. 25.

Quelle: http://2wkvisuell.hypotheses.org/52

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Erfahrungsbericht zur RMA Konferenz 2014

In diesem Post möchte ich von der Annual Conference der Royal Musical Association (RMA) berichten, die vom 4. bis 6. September 2014 in Leeds stattfand. Auch wenn dies thematisch nur bedingt zu meinem Blog passt, mag mein kurzer Erfahrungsbericht dennoch für den ein oder anderen interessant sein. Die RMA ist das britische Pendant der Gesellschaft für Musikforschung (GfM). In diesem Jahr feierte sie nicht nur ihr 140-jähriges Bestehen (Gründung: 1874), sondern auch das 50. Jubiläum der Jahrestagung und die 70. Wiederkehr der Verleihung des Titels „Royal“.

 

 

 

 

 

 

Zunächst zum Ablauf: Ähnlich wie bei den Jahrestagungen der GfM waren die insgesamt etwa 70 Vorträge zu 24 „Sessions“ thematisch gebündelt. Jede Session enthielt meist drei kurze Vorträge von etwa 20 Minuten, danach gab es Möglichkeit zur Diskussion. Neben eher traditionellen Themen wie Notation im Mittelalter oder „The Exotic and the Sublime in French Opera“ waren zwei Blöcke explizit auf die britische Musikgeschichte ausgerichtet, zudem gab es Ausflüge in die finnische und südamerikanische Musik. Die Panels zu „Street Music in the Late Nineteenth Century“, zu „Popular Music and Gender“ sowie zur aktuellen Thematik des elektronischen Publizierens trugen zur Breite der thematischen Aufstellung bei. Prozentual gesehen beschäftigten sich die meisten Vorträge mit einer „Kernzeit“ der Musikgeschichte von etwa 1700 bis 1910. Positiv aufgefallen ist mir, dass schon an zweiter Stelle die Vorträge zur Neuen Musik folgten, einer Zeitspanne, die ich hier grob fasse von Arnold Schönberg bis heute. Eine Session war allein dem Schaffen von Thomas Adès gewidmet, eine weitere der (De-)Konstruktion der Geschichte(n) von Elektronischer Musik. Es gab es nur einen Vortrag, der sich explizit mit der Musikwissenschaft selbst auseinandersetzte (wohlbemerkt mit der finnischen).

Hier ein kurzer Einblick in einige ausgewählte Präsentationen: David Hunter (University of Texas at Austin) wies Händels Verbindungen zur Royal Africa Company nach und zeigte, dass im 18. Jahrhundert Instrumente und Opernaufführungen zum Teil mit Geld aus Sklavenhandel finanziert wurden. Es liege in der Verantwortung der Musikwissenschaft, so Hunters Appell, diese Zusammenhänge aufzudecken. Besonders gefallen hat mir die Video-Präsentation (wegen Abwesenheit) von Joshua B. Mailman (Columbia University): Die Rede von der „Struktur“ der Musik sei metaphorisch, so seine Aussage, und impliziere etwas Statisches und sei deshalb nicht geeignet für dynamische Formen. Er schlug stattdessen die Metapher des „Vessel“ vor in Bezug auf musikalische Form: In der doppelten Bedeutung von Blutgefäß (durch das etwas fließt) und Schiff (das auf dem Fluss steuert) sei die Dualität der Zeit besser abgebildet. Diese Dualität spiegle sich wider in der Musik als Partitur (das Subjekt kann vor und zurück gehen in der Zeit) und als Klang (das Subjekt erlebt, wie die Zeit vergeht). Inwieweit man nun bei der musikalischen Analyse von Vessel statt von Struktur reden sollten, sei dahingestellt. Mailmans Überlegungen regen jedoch dazu an, fachübliche Begrifflichkeiten und ihre Implikationen zu reflektieren.

Gascia Ouzounian (Queen’s University Belfast) bot in ihrem Vortrag eine kleine Geschichte des binauralen Hörens (des Hörens mit zwei Ohren), mit dem ich mich zuvor noch nie beschäftigt hatte. Ebenso interessant war die Vorstellung des Forschungsprojekts TaCEM (Technology and Creativity in Electroacoustic Music) von Wissenschaftlern aus den Universitäten von Huddersfield und Durham. Das Projekt verfolgt das Ziel, besser zu verstehen, wie Komponisten von Elektronischer Musik arbeiten. Zu diesem Zweck wurden einige Komponisten beauftragt, mit der gleichen Technologie (zur Klangverarbeitung) ein Werk zu schreiben. Anhand von Komposition und Technologie soll dann der Entstehungsprozess des Werkes nachvollzogen werden. Ob es sich bei diesem Versuch um eine moderne Form von Quellenarbeit handelt? Kontext des Projekts ist die Problematik, dass bei Werken Elektronischer Musik nicht immer klar ist, welche Technologien dem Komponisten zur Verfügung standen. Angesicht der – für Experimente typischen – unnatürlichen Ausgangssituation ist allerdings zu fragen, wie weit die Aussagekraft der Ergebnisse reicht.

Bei der Tagung gab es auch zwei besonders exponierte Vorträge, darunter die „Peter Le Huray Lecture“, gehalten von Alexander Rehding (Harvard University). In seiner Präsentation stellte Rehding (der übrigens gebürtig aus Deutschland stammt) die These auf, dass musikalische Instrumente auch theoretische (für die Musiktheorie nutzbare) Informationen enthalten können. Dieser Vortrag ist mir besonders gut im Gedächtnis geblieben: Mit einer technisch sehr guten Powerpoint-Präsentation und einem mitreißenden Vortragsstil konnte man Rehdings Ausführungen mit Freude folgen. Die Traditionalisten unter den Musikwissenschaftler mögen nun sagen, dass es auf den Inhalt und nicht auf die Rhetorik ankomme, und dass eine (amerikanisch geprägte) Entertainment-Mentalität womöglich das Inhaltliche überblende. Ich sehe das so: Ein sehr guter Vortrag, gepaart mit einer mitreißenden Rhetorik und technisch wohlgesetztem Bildmaterial könnte die Musikwissenschaft auch für weitere nicht-akademische Kreise interessant machen …

Die „Eward J. Dent Medal“ wurde Elizabeth Eva Leach (University of Oxford) verliehen, die zahlreiche Publikationen vorzuweisen und der Alten Musik-Forschung ein neues Gesicht gegeben hat (so hieß es in der Erklärung). In ihrem Vortrag beleuchtete sie den Aspekt des Trostes in der Musik von Guillaume Machaut und verband dafür kulturgeschichtliche und psychoanalytische Ansätze mit musikwissenschaftlicher Quellenarbeit.

Zu den Vorträgen, die ich gehört habe (etwa ein Drittel aller Vorträge), kann ich folgende Einschätzung äußern: Wie überall gab es gute und weniger gute Vorträge, insbesondere in Bezug auf den Vortragsstil, aber auch bezüglich der Forschungsdesigns, deren Relevanz und Kohärenz unterschiedlich ausfielen. Positiv ist mir aufgefallen, dass jeder Vortragende gleich im ersten Satz seine Hauptthese auf den Punkt brachte, die er dann im Folgenden erläuterte und elaborierte. Das macht das Nachvollziehen von Vorträgen mit weniger gelungener Dramaturgie leichter. Allerdings hat dies in einigen Fällen auch folgendes Problem mit sich gezogen: Erst wird eine starke These geäußert, dann werden zahlreiche Fakten gesammelt und interpretiert, und schließlich wird im letzten Satz die Anfangsthese wieder aufgegriffen, ohne jedoch mehr als nur oberflächlich von den herangezogenen Quellen und Fakten untermauert zu sein. So wurde das, was zu Anfang in großen Worten versprochen wurde, nicht immer eingelöst.

Abschließend noch ein paar Bemerkungen zur allgemeinen Atmosphäre: Ein großer Aufenthaltsraum bot die Möglichkeit sich in den Kaffeepausen auszutauschen. Dabei war die  Kommunikation wenig von Formalitäten geprägt: So kam man recht schnell ins Gespräch mit anderen und hielt gerne ein wenig Smalltalk mit seinen Sitznachbarn. Das Kennenlernen und Knüpfen von Bekanntschaften wurde vielleicht auch dadurch erleichtert, dass grundsätzlich keine Titel auf den Namensschildern standen. Insgesamt herrschte eine freundliche Atmosphäre, mit kleinen Witzeleien hier und da – selbst bei der sonst so trockenen Mitgliederversammlung. Fazit: Eine gute Gelegenheit, um die englische Musikwissenschaft kennenzulernen, mit dem ein oder anderen Vorurteil aufzuräumen und die Gepflogenheiten und das Selbstverständnis der Musikwissenschaft in Deutschland und England zu vergleichen.

Quelle: http://avantmusic.hypotheses.org/222

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Die digitalen Sammlungen der Pariser Stadtbibliotheken (Mittwochstipp 48)

Zur Pariser Bibliothekslandschaft mit ihren zahlreichen Einrichtungen gehören auch mehrere spezialisierte städtische Bibliotheken unterschiedlicher Ausrichtung mit einem umfangreichen Online-Angebot. Sie präsentieren sich auf einer gemeinsamen Website, die die einzelnen Bibliotheken vorstellt, aktuelle Informationen und praktische Hinweise für die Nutzung vor … Weiterlesen

Quelle: http://francofil.hypotheses.org/2799

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