Zum Ansehen: “Kathedralen des Wissens – Bibliotheken im Internetzeitalter”
Die sehr unterhaltsame Göttinger Diskussion von und mit Caroline Y. Robertson-von Trotha, Michael Kaiser, Thomas Kaufmann, Thomas Stäcker und Georgios Chatzoudis ist jetzt als Video verfügbar. Wir wünschen viel Spaß beim Ansehen:
GID Goettingen from maxweberstiftung on Vimeo.
Quelle: http://gid.hypotheses.org/462
Kulturgeschichtliches zu den Himmelsrichtungen (III): der Süden
Die Himmelsrichtungen hatten in der Kulturgeschichte Chinas ihren festen Platz in den – in ihren einzelnen Zuschreibungen zum Teil höchst unterschiedlichen – kosmologischen Systemen. (vgl. auch (I) der Norden und (II) der Osten)
Das Schriftzeichen nan 南 (“Süden”) zeigt ein Gebiet mit üppiger Vegetation. [1] Traditionell ordnete man dem Süden das Element (die Wandlungsphase) Feuer – einer der Namen des Feuergottes lautete Nanfangjun 南方君 (“Herr der südlichen Gegenden”) [2] – und die Farbe Rot zu (erst im 20. Jahrhundert wurde der Osten “rot”). Von den Planeten war dem Süden der Mars zugeordnet, von den Jahreszeiten der Sommer und von den inneren Organen das Herz. [3]
Mit dem Süden, der nach chinesischen Vorstellungen mit dem Leben assoziiert wird, ist traditionell auch der Gott der Langlebigkeit (Shouxing 壽星), eine Gestirnsgottheit, verknüpft: Dieser residiert in einem Palast im Süden, in dessen Garten auch das Kraut der Unsterblichkeit wachsen soll:
“Daher die Auffassung, daß, wenn ‘der Alte des Südscheffels’ [nanji laoren 南極老人] erscheine, im Reich der Mitte Frieden herrsche. Man opfert ihm, um langes Leben und damit zusammenhängend Gesundheit und Glück zu erlangen.” [4]
Rituellen Vorschriften entsprechend saß der Kaiser bei Audienzen mit dem Gesicht nach Süden gewandt, empfing so die positive Energie (yang) und somit “gleichsam als einziger die Ausstrahlung des Himmels aus der Richtung, wo die Sonne am hellsten scheint.” [5]
Zur Zeit der Yuan-Dynastie (1260/1279-1368) war nanren 南人 (“Menschen aus dem Süden”) die Bezeichnung der untersten der vier offiziellen Kategorien der Bevölkerung. Als nanren wurden all jene Bewohner Chinas bezeichnet, die bis 1279 im Herrschaftsbereich der Südlichen Song-Dynastie gelebt hatten. Die alternative Bezeichnung manzi 蠻子 lebte auch im Begriff Mangi beziehungsweise Manzi fort, den Marco Polo für Südchina verwendete. [6]
Ein Hinweis auf den Süden ist auch im chinesischen Ausdruck für Kompass enthalten. Der chinesische Ausdruck für Kompass lautet zhinan 指南 (bzw. zhinanzhen 指南針 , d.i. Kompassnadel), bedeutet wörtlich “der nach Süden weisende” beziehungsweise “Südweiser” und im übertragenen Sinn “Handbuch”. [7]
[1] Robert Morrison: A Dictionary of the Chinese Language. In Three Parts. Part II. Vol. I (Macao 1819), 608: “The region of heat and luxuriant vegetation. The region which contains and cherishes plants and living creatures.” [nach oben]
[2] Vgl. Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art (2008) 162 (“God of Fire”). [nach oben]
[3] Grand Dictionnaire Ricci de la langue chinoise, Bd. 4, S. 559 (Nr. 8080). [nach oben]
[4] Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München: Diederichs, 5. Aufl., 1996) 171 f. (“Langlebigkeit, Gott der”). [nach oben]
[5] Palastmuseum Peking. Schätze aus der Verbotenen Stadt (1985) 67. [nach oben]
[6] Charles O. Hucker: A Dictionary of Official Titles in Imperial China (Stanford: Stanford University Press, 1985) 339 (Nr. 4099). [nach oben]
[7] Herbert A. Giles: A Chinese-English Dictionary (Shanghai: Kelly & Walsh, 2. Aufl. 1912) 1007 (Nr. 8128). [nach oben]
Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/182
Archivbau virtuell: Bausteine für ein Archiv 2.0

Die Nachlässe der Minister, oder: Was haben Memoiren in einer Aktenedition zu suchen?
Wie bereits berichtet, ist der Kernbestand der von uns geplanten Edition – die 185 Sitzungsprotokolle des Gesamtreichsministeriums und die Beilagen dazu – inzwischen vollständig transkribiert beziehungsweise regestiert. Die weitere Arbeit konzentriert sich einerseits auf Sachkommentare zu diesem Material, andererseits auf die Ermittlung weiterer, nicht unmittelbar beiliegender Bezugsakten aus den nunmehr digitalisierten Beständen der Ministerien.

Anton von Schmerling legte in hohem Alter nach seinem Ausscheiden aus der aktiven (österreichischen) Politik umfangreiche “Denkwürdigkeiten” an, die heute als Manuskript im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv verwahrt werden.
Daneben ist aber für die kommenden Monate noch eine weitere Reihe von Demarchen geplant. In einer erklecklichen Zahl von Bibliotheken und Archiven, über weite Teile Deutschlands (und Österreichs) verstreut, soll in Nachlässe der Minister und Unterstaatssekretäre der Provisorischen Zentralgewalt Einsicht genommen werden. Recherchen im Laufe des vergangenen Jahres haben ergeben, daß es zu mehr als der Hälfte der Regierungsmitglieder in größerem oder geringerem Umfang handschriftliches Material gibt. Besonders reichhaltig sind der Nachlass des Justizministers Robert von Mohl in Tübingen und Stuttgart – allein seine gesammelten Briefwechsel füllen 20 Bände –, die Familienpapiere Gagern in Darmstadt, der Nachlass des Außen- und Marineministers August Jochmus in München sowie jener des Vorsitzenden des Ministerrats im Herbst 1848, Anton von Schmerling, in Wien. (Warum die aufeinander folgenden Leiter des Reichsministeriums manchmal Premierminister hießen und manchmal nicht, wäre eine eigene Geschichte.) Substantielle Bestände gibt es aber auch an etwas abgelegeneren Orten, etwa im Stadtarchiv Krefeld zum Finanzminister Hermann von Beckerath oder im Leiningenschen Schlossarchiv zu Amorbach zum ersten deutschen Premierminister, Karl zu Leiningen. Die fortschreitende Erschließung von Nachlässen und Autographen durch überlokale Datenbanken (genannt seien vor allem die ZDN sowie der Autographenkatalog KALLIOPE) hat außerdem erlaubt, kleinere Reste und Einzelstücke an einer Vielzahl von Standorten zu lokalisieren, die freilich gar nicht alle bereist werden können.
Andererseits sind auch Lücken festgestellt worden; von manchen Persönlichkeiten scheint überhaupt kein oder kein nennenswerter Nachlass jemals bekannt gewesen zu sein, so etwa von den beiden letzten Vorsitzenden Grävell und Sayn-Wittgenstein-Berleburg. In anderen Fällen sind Papiere, die im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert in Familienbesitz nachweisbar sind, heute unbekannten Verbleibs, etwa die in mehreren Arbeiten vor dem Zweiten Weltkrieg noch herangezogenen Materialien aus dem Besitz des letzten Justizministers Johann Hermann Detmold. Der umfangreiche Nachlass des kurzzeitigen Unterstaatssekretärs im Handelsministerium, Gustav Mevissen (der als Unternehmer und als Kölner Lokalpolitiker weit bekannter ist), ist dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln zum Opfer gefallen und auf absehbare Zeit nicht zu benutzen; und vom Grazer Nachlass des Erzherzog-Reichsverwesers selbst sind erhebliche Teile im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.
Was aber wollen wir mit diesen Quellen? Ihre Einbeziehung in eine Aktenedition ist ausgesprochen ungewöhnlich. Dahinter steht vor allem die folgende Überlegung: Die Protokolle selbst sind in aller Regel sehr lapidar formuliert. Zu vielen Punkten liest man dort Formulierungen in der Art von: Das Reichsministerium des Krieges legt den in dessen Akten unter Numero 1628 eingetragenen Bericht des Reichs-Commißärs Stedmann vom 21ten dieses Monats und die demzufolge für den Befehlshaber der Reichstruppen in Schleßwig-Holstein, Generalmajor von Bonin, entworfene – unter Numero 756 vom 29ten dieses Monats ausgefertigte Instruktion vor. Es wird beschlossen: letztere zu genehmigen (73. Sitzung vom 27. Dezember 1848, § 8). Zum Inhalt der erwähnten Dokumente erfährt man hier nichts oder fast nichts, in einzelnen Fällen werden nicht einmal Betreffe genannt; viel weniger kommen Diskussionen oder Begründungen für die Entscheidungen zur Sprache. Allenfalls wird zu einem Beschluss erwähnt, er sei nach stattgehabter Erörterung gefallen. Diese lakonische Kürze ist durchaus nicht ungewöhnlich; von Protokollen als Quellengattung darf grundsätzlich nicht erwartet werden, dass sie etwas anderes als die rechtlich relevanten Aspekte eines Vorgangs festhalten, in diesem Fall eben die Beschlüsse. Der Umstand unterscheidet die Protokolle des Reichsministeriums aber doch von einzelnen ähnlichen Quellen derselben Zeit, namentlich von den Wiener Ministerratsprotokollen, in denen regelmäßig auch von den Ministern vorgebrachte Standpunkte und Argumente wiedergegeben werden. (Dies rechtfertigt im Falle der österreichischen Protokolle für sich bereits den Grundsatz der Edition im Volltext, auch wenn er angesichts des Umfangs des Bestandes an der langen Bearbeitungsdauer und dem gewaltigen Umfang der Edition einen gewichtigen Anteil hat.)
Die Aufarbeitung der Beilagen und sonstigen Bezugsakten sowie die Verwertung von Sekundärliteratur in den Sachkommentaren sind natürlich die Mittel erster Wahl, um die Kürze der Protokolle auszugleichen und den Benutzerinnen und Benutzern unserer Edition die unausgesprochenen Zusammenhänge zu erschließen. Manches aber, zumal Atmosphärisches, steht in aktenförmigem Schriftgut nirgends. Daher kommt die Idee, dass es einerseits wünschenswert, andererseits aber angesichts des überschaubaren Gesamtumfangs des zu bearbeitenden Materials auch hinsichtlich des Aufwands vertretbar ist, Quellen anderer Art ergänzend hinzuzuziehen. Zeitnahe Briefe oder persönliche Aufzeichnungen einerseits, später niedergeschriebene Erinnerungen andererseits erscheinen dazu gerade wegen der ganz anders als bei Akten gelagerten Berichts- und Selbstdarstellungsabsichten, die in ihnen wirksam sind, als besonders interessante Texte. Dass die Anlage und auch die Aufbewahrung solcher Schriften, welche die neuere Quellenkunde im Bereich der Selbstzeugnisse oder „Ego-Dokumente“ verortet, bei bürgerlichen wie adeligen Akteuren des öffentlichen Lebens im 19. Jahrhundert besonders verbreitet war, kommt unseren Absichten zustatten; im Übrigen auch insofern, als erhebliche Mengen derartiger Quellen bereits in publizierter Form vorliegen. Die Durchsicht dieser Veröffentlichungen und die Anbringung von Verweisen ist daher Teil der Kommentierung der Akten; zusätzlich sollen aber bisher ungedruckte Stücke ediert werden, wo sie von besonderem Wert für die Anliegen unseres Forschungsvorhabens sind.
Klar sein muss dabei, gerade angesichts des Umfangs des potentiell verwertbaren Materials dieser Art, dass es sich nur um eine Auswahl handeln kann. Die Protokolledition und der Nachweis der Bezugsakten sind und bleiben das Pflichtprogramm unserer Edition, die Ergänzung aus Selbstzeugnissen der Beteiligten gleichsam die Kür. Ein Vollständigkeitsanspruch, wie er hinsichtlich des ersteren Punktes selbstverständlich einzuhalten ist, kann hinsichtlich des zweiten nicht eingelöst und soll daher gar nicht erhoben werden: Dazu müssten wohl sämtliche Abgeordnete, Reichsgesandte, Reichskommissare, aber auch die Minister der einzelstaatlichen Regierungen, mit denen die Zentralgewalt verkehrte, einbezogen werden, darüber hinaus aber auch noch andere Zeugen und Zeuginnen, die in welcher Kapazität auch immer – als Journalisten, als Beamte oder Militärs, als Ehefrauen von Politikern – Einblick in das Geschehen hatten. Eine erste wesentliche Beschränkung betrifft daher den Personenkreis: Die handschriftlichen Nachlässe werden nur für die Mitglieder des Reichsministeriums, also Minister und Unterstaatssekretäre, aufgesucht. Auch aus ihnen kann aber gewiss nicht jede Stelle, die in irgendeiner Weise für die Tätigkeit der Zentralgewalt relevant und bisher ungedruckt ist, von uns veröffentlicht werden. Es ist daher eine Auswahl zu treffen, die sich an der Relevanz für die Leitfragen unseres Projekts orientiert.
Was dabei im Einzelnen herauskommen wird, ist aber jetzt noch nicht zu sagen. Da es ja gerade darum geht, bisher Unveröffentlichtes zu finden, wissen wir noch nicht, was der Blick in die Nachlässe liefern wird. Mit dem Schmerling-Nachlass hat vor kurzem dieser Arbeitsgang begonnen, Anfang März sind dann bereits die Mohlschen Papiere an der Reihe. Was sich dabei ergibt, wird an dieser Stelle zu erfahren sein, bevor es dann in den Editionsband Eingang findet.
Tagungsvideos von Panel 1 sind online
Die Videomitschnitte von Panel 1 – “recensio.net zwei Jahre nach dem Onlinegang: Aussichten und Planungen für die Zukunft” – sind jetzt online auf L.I.S.A., dem Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung. Insgesamt gibt es heute vier Videos:
Begrüßung
Dr. Rolf Griebel (Bayerische Staatsbibliothek)
Prof. Dr. Gudrun Gersmann (Universität zu Köln)
Prof. Dr. Johannes Paulmann (Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz)
Vortrag
Dr. Lilian Landes (Bayerische Staatsbibliothek, Zentrum für Elektronisches Publizieren)
recensio.net – eine Bilanz zum zweiten Geburtstag
Vortrag
Prof. Dr. Gudrun Gersmann (Universität zu Köln)
Über die Rolle der wissenschaftlichen Rezension im Zeitalter sich wandelnder Publikationsmedien
Podiumsdiskussion
“recensio.net zwei Jahre nach dem Onlinegang: Aussichten und Planungen für die Zukunft”
mit
Prof. Dr. Gudrun Gersmann
Prof. Dr. Martin Baumeister (Deutsches Historisches Institut Rom)
Prof. Dr. Marko Demantowsky (Pädagogische Hochschule FHNW Basel)
Danny Millum (Reviews in History)
Moderation: Prof. Dr. Hubertus Kohle (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Quelle: http://rkb.hypotheses.org/462
Rezension “Johannes Cassian – Unterredungen mit den Vätern, Bd. 1″
Rezension Gabriele Ziegler (Übers.): Johannes Cassian. Unterredungen mit den Vätern – Collationes Patrum 1: Collationes 1-10 (= Quellen der Spiritualität 5), Münsterschwarzach: Vier-Türme-Verlag, 2011. 366 S., ISBN: 978-3-89680-705-2, EUR 29,90. Die Collationes Patrum gehören, seit Benedikt von Nursia sie seinen Mönchen zur Lektüre empfahl, zur eisernen Ration monastischen Schrifttums. Ihr Autor, der um 360 im Gebiet der Donaumündung am Schwarzen Meer geborene Johannes Cassian, verfasste sie nach 415 in seinem Alterssitz, dem von ihm gegründeten Kloster Sankt Victor in der Nähe von Marseille. [...]
Fascinating Margins. Towards a Cultural History of Annotation

Stadtbibliothek Trier, Stadtbibliothek Trier Hs. 1093/1694 [früher 1464] (Prudentius) fol1v
In the past twenty-five years, hundreds of Medieval manuscripts have lain in front of me in many libraries of the world, and my fascination (and love) for them has not diminished, on the contrary. My primary research topic, vernacular, medieval glosses, brought me to study intensively the life of the margins, interlinea and flyleaves of manuscripts and books– one could say to investigate their other, secondary and partially hidden life. In fact, during my research time at the Bodleian Library in Oxford, I had a nickname, “The Lady with the Lamp”, because of my sitting hours for hours, bending over manuscripts with a torch and a magnifying glass – preferably next to a window with natural light. Up to now, this is the best method for deciphering difficult marginal inscriptions, especially when they are not written with ink, but scratched with a dry point stylus in the parchment pages. Of course, one needs a lot of patience (and passion) for this sort of exercise, and it does have something of a Zen practice, bringing calm and a sense of timeless infinity in you.Marginalia in books became a genuine research topic for me, not only from the point of view of their importance for medieval philology – but as an essential cultural writing practice that we all know of and practice in our everyday life. In dealing with writing habits, apparently an almost natural compulsion or an urge to annotate can be noticed: C’est plus fort que soi, we just can’t help it. The French library scholar Daniel Ferrer characterizes this internal compulsion as a libido marginalium,[i] author Charles Simic points out „with which demonic obsession we cover the immaculate pages of our books with underlinings and scribblings“,[ii] and continues „Wheresoever I read, I of course need a pencil“.[iii]
A French speaking reader annotating Nietzsche (in French and German)
All in all, a larger book project emerged out of my interest in this topic, dealing with this special aspect of written culture through time, namely the writing and drawing of marginalia in texts and books. These annotations and other reading traces play a special role from the point of view of cultural and linguistic history, yet, up to now, they have not been analyzed in a greater context regarding their functional means as well as their textual and material tradition. On the one hand, these “paratexts” (Gérard Genette) belong to the rare witnesses of the historic and factual use and reception of books. Mark-ups in books help to answer the question by whom, when and why texts were read. Moreover, they uncover the process of knowledge acquisition and knowledge transmission throughout the ages. On the other hand, annotations are also closely linked to the materiality of the text, and a wide variety of layout strategies and inscription types can be identified. These will undergo further transformations following the medial change of letterpress printing and the digital world which will also result in the creation of new paratextual practices. My book project aims to study the cultural and historic dimension of annotating texts taking into account wide ranging interdisciplinary aspects. The typology of the wide variety of annotations which are in evidence since the Early Middle Ages will be analyzed. Furthermore, the annotations’ changes, transformations and tradition lines up to the modern digital age will be identified. The main focus of the research project lies on the diachronic analysis of the European tradition of annotations. However, the project will also draw a comparison between the European tradition and that of other written cultures, especially in Arabic and Asian areas.
A substantial corpus documenting annotation practices has already come together, and I hope to work on the project intensively in the next two years. Of course, I would be very grateful for further hints and thrilled about curious or unusual annotation practices my readers here have come across when reading or looking at manuscripts and books.
PS. After posting this blog I opened Twitter, and saw a cat walking through a manuscript (via @ttasovac, merci!)
Further reading:
Gérard Genette, Seuils, Paris 1987
Falko Klaes – Claudine Moulin, Wissensraum Glossen: Zur Erschließung der althochdeutschen Glossen zu Hrabanus Maurus, Archa Verbi 4 (2007) p. 68-89
Claudine Moulin, Zwischenzeichen. Die sprach- und kulturhistorische Bedeutung der Glossen, in: Rolf Bergmann und Stefanie Stricker (Hrsg.), Die althochdeutsche und altsächsische Glossographie. Ein Handbuch, Bd. 2, Berlin und New York: Walter de Gruyter 2009, p. 1658-1676
Claudine Moulin, Am Rande der Blätter. Gebrauchsspuren, Glossen und Annotationen in Handschriften und Büchern aus kulturhistorischer Perspektive, in: Autorenbibliotheken, Bibliothèques d’auteurs, Biblioteche d’autore, Bibliotecas d’autur, Quarto. Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs 30/31 (2010) p. 19-26
See also the Project “Kulturgeschichtliche Erschließung der volkssprachigen Glossenüberlieferung des Mittelalters“, Historisch-Kulturwissenschaftliches Forschungszentrum (HKFZ), University of Trier
and the Portal “Althochdeutsche und Altsächsische Glossen“, University of Bamberg.
[i] Introduction. «Un imperceptible trait de gomme de tragacanthe …», in: Paolo D’Iorio – Daniel Ferrer (Ed.), Bibliothèques d’écrivains, Paris: CNRS Éditions 2001, p. 13.
[ii] «mit welcher Besessenheit wir die makellosen Seiten unserer Bücher mit Unterstreichungen und Kritzeleien bedecken», in: «Was ich mit meinen Büchern tue», Frankfurter Allgemeine Zeitung, 213 (15. Oktober 2008), p. 33.
[iii] „Wo auch immer ich lese, brauche ich natürlich einen Bleistift.“, in: «Was ich mit meinen Büchern tue», Frankfurter Allgemeine Zeitung, 213 (15. Oktober 2008), p. 33.
“Share and follow research” – Academia.edu
Neben den allgemeinen sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Google+, die inzwischen auch von Wissenschaftler/innen – teilweise intensiv – genutzt werden, um sich zu vernetzen, ein Profil anzulegen, Informationen auszutauschen, zusammenzuarbeiten und wissenschaftliche Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln, gibt es spezielle soziale Netzwerke für Wissenschaftler/innen, die zunehmend auch im deutschsprachigen Raum genutzt werden: Ein Beispiel dafür ist Academia.edu. Im Dezember konnte Gründer Richard Price nun stolz twittern, dass sich bei Academia.edu 2 Millionen Mitglieder registriert haben; inzwischen sind es schon knapp 2250000. Academia.edu [...]
Unter dem Schutz des Kaisers
Sicherheit stellte auch schon in der vormodernen Gesellschaft einen hohen Wert dar. Und doch war es eine ausgesprochen fragile Komponente im Ordnungsgefüge dieser Zeit. Gerade in Kriegszeiten war die Sicherheit mehr als sonst bedroht. Wie konnte man sich ihrer vergewissern? Salvaguardien, Schutzbriefe also, erschienen als das probate Mittel, um sich vor Einquartierungen, der Erhebung von Kriegssteuern und anderem Unbill zu schützen. Wenig überraschend also, daß Schutzbriefe in dieser Zeit ein Massenphänomen darstellten.
Doch an wen sollte man sich wenden, um eine solche Salvaguardia zu erhalten? Nach den herkömmlichen Ordnungsvorstellungen war die eigene Obrigkeit dafür zuständig, Schutz und Schirm für die eigenen Untertanen zu gewährleisten; diese Schutzleistung stellte nicht zuletzt eine wichtige Legitimierung für jeden Herrschaftsträger dar. Schnell zeigte sich jedoch in Kriegszeiten, daß die eigene Obrigkeit, egal ob es ein Stadtmagistrat oder ein Reichsstand war, schnell an ihre Grenzen stieß. Deshalb war es nicht unüblich, daß sich Schutzsuchende – und das konnten Einzelpersonen jedweden Standes oder auch Kommunen bis hin zu Reichsständen sein – direkt an eine Kriegspartei wandten. Zwar ging vom Militär ja eigentlich die Gefahr aus, gleichzeitig erblickte man gerade in ihr die Instanz, den nötigen Schutz zu gewährleisten. Je nach Situation war es sogar naheliegend, sich von beiden, miteinander verfeindeten Armeen Schutzbriefe ausstellen zu lassen und so für jede Eventualität vorgesorgt zu haben.
Eine andere Möglichkeit war es, sich direkt an den Kaiserhof oder an den Reichshofrat zu wenden. Tobias Schenk, der schon seit einiger Zeit im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv wichtige archivarische Erschließungsarbeiten zum Reichshofrat betreibt, hat in zwei jüngst erschienenen Beiträgen aufschlußreiche Beispiele dafür angeführt: Reichsgeschichte als Landesgeschichte. Eine Einführung in die Akten des kaiserlichen Reichshofrats, in: Westfalen. Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde 90 (2012), S. 107-161; Das Alte Reich in der Mark Brandenburg. Landesgeschichtliche Quellen aus den Akten des kaiserlichen Reichshofrats, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 63 (2012), S. 19-71.
Wie die Titel zeigen, ist die Stoßrichtung beider Aufsätze eine ganze andere, doch geht er in beiden Fällen auch auf die Phase des Dreißigjährigen Kriegs ein und bietet für unser Thema der Salvaguardien einmal westfälische (S. 121 f.), ein anderes Mal brandenburgische Exempel (S. 41-46). Besonders letztere sind bemerkenswert, zeigen sie doch die Schwäche der Hohenzollernherrschaft in dieser Zeit. Nicht nur brandenburgische Untertanen suchten Schutz beim Kaiser, sondern die Kurfürstin Elisabeth Charlotte selbst, als strenge Calvinistin kaum einer prohabsburgischen Haltung verdächtig, erbat sich Anfang 1631 kaiserliche Schutzbriefe für ihre Güter.
Was brachten nun solche Schutzbriefe? Viele Episoden aus diesen Kriegsjahren belegen, daß Salvaguardien oftmals nur ein Stück Papier waren. Deswegen gab es nicht nur papierne Salvaguardien, sondern auch „lebendige“ (wie man sie zeitgenössisch nannte) – echte Soldaten also, die als Wachmannschaft einem Konvoi oder Reisenden beigegeben wurden. So etwas kostete natürlich noch mehr als ein Dokument, und auch diese Trupps garantierten nicht immer die ersehnte Sicherheit. Wichtig in dem Kontext ist aber die generelle Frage, welchen Effekt kaiserliche Schutzbriefe hatten: Hat man dem Reichsadler mehr Respekt entgegengebracht als dem Siegel irgendeines Kommandeurs? Dieser Frage geht Tobias Schenk nicht mehr nach, und im Zusammenhang seiner Aufsätze ist dies auch nicht seine Aufgabe gewesen. Doch genau hier lohnt es sich, die bereitgestellten Indizien weiterzuverfolgen und zu überprüfen, ob die kaiserlichen Schutzbriefe tatsächlich dazu beitragen konnten, die Präsenz des Reichs und des Kaisers in kriegsbedrohten Regionen aufrechtzuerhalten.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/93