Kathrin Michels, Das Angebot der Freiwilligenzentralen im Kulturbereich

Seit 16 Jahren gibt es Freiwilligenzentralen in Deutschland, die Menschen, die sich engagieren möchten aber auch Institutionen, die ehrenamtliche Tätigkeiten anbieten möchten Hilfestellung durch Beratung und Vermittlung bieten. Zu den Aufgaben gehören die Öffentlichkeitsarbeit und die Beteiligung an der politischen Diskussion der untereinander gut vernetzten Freiwilligenzentralen.

Unterschieden werden die drei Begriffe des Ehrenamts, des bürgerschaftlichen Engagements und als modernster Variante die Freiwilligenarbeit. Für den kulturellen Bereich ist das ehrenamtliche Engagement die übliche Form. Entscheidend  ist, dass die Tätigkeit unentgeltlich erfüllt wird, auch wenn eine Kostenerstattung selbstverständlich ist. Ehrenamtler dürfen keine Tätigkeiten übernehmen, die vorher von bezahlten Kräften erledigt wurden.

Der Eindruck, dass ehrenamtliche Arbeit rückläufig ist, kann objektiv nicht bestätigt werden, aber die Fluktuation der Interessenten ist gewachsen.

Um die ehrenamtlich Tätigen bei der Stange zu halten, sollten bestimmte Rahmenbedingungen auf Seiten des Anbieters erfüllt sein. Dazu gehören die Regelung der Versicherungsfrage, die Kosten- und Sachmittelerstattung und die Bestimmung eines festen Ansprechpartners.

Es gibt ca. 2 Mio Menschen, die ehrenamtlich im Kulturbereich engagiert sind. Damit liegt der Kulturbereich gemeinsam mit dem Sozialbereich auf dem 4. Platz der verschiedenen Engagements. Insgesamt sind mehr Männer als Frauen ehrenamtlich tätig, wobei Männer sich eher für Sachen und Frauen eher für Menschen einbringen.

Archive oder andere kulturelle Institutionen, die mit Ehrenamtlern zusammen arbeiten möchten, sollten ihren Bedarf möglichst genau einschätzen und beschreiben, damit die Einsatzmöglichkeiten deutlich werden. Zitat Frau Michels: „Denken Sie nicht in Geld!“

Zu den Vorüberlegungen gehört allerdings auch die Entwicklung von Ablehnungsstrategien, denn nicht jede Person ist für jede ehrenamtliche Tätigkeit geeignet.

Es sollte berücksichtigt werden, dass das Ehrenamt die einzige selbstbestimmte Arbeit ist, die wir haben, bei der der Spaß nicht auf der Strecke bleiben darf. Es sollten Vereinbarungen getroffen werden, diese sind aber jederzeit kündbar. Das durchschnittliche zeitliche Engagement ist mit ca. 3-5 Stunden pro Woche anzusetzen.

Quelle: http://de.hypotheses.org/71691

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Podiumsdiskussion

Frage an Frau Wiggers: Wie sieht die Finanzierungssituation in den Niederlanden aus? Frau Wiggers erklärt, die staatlichen Archive in den Niederlanden seien nicht so unter Druck. die Einwerbung von Drittmitteln werde aber größeres Gewicht gewinnen und werde ein Lernprozess sein. Es gibt vermehrt Kooperationen zwischen staatlichen und kommunalen Archiven. Die gesetzliche Situation stehe jedenfalls erst einmal für die nächsten 10 Jahre fest.

Herr Fischer erklärt, man müsse sich „gnadenlos darüber im Klaren sein, was man will“. Es sei dann leichter, Gelder für kurzfristige Projekte zu bekommen.

Reaktion von Herrn Bartella: Hinweis auf das immense Fundraising für das Berliner Stadtschloss oder die Dresdner Frauenkirche. Beides sei nur erklärbar durch ein gesellschaftliches Bedürfnis an Historizität. Die Frage sei daher für Archive, wie man seine Belange für die Öffentlichkeit aktivieren könne.

Reaktion von Frau Wiggers, die zustimmt. Die Öffentlichkeitsarbeit werde an Bedeutung gewinnen.

Herr Fischer erklärt, für spektakuläre Aufgaben sei Geld da, aber für alltägliche Bedarfe fehlen die Mittel. Man solle nicht Verlorenes wieder aufbauen, sondern Vorhandenes bewahren.

Herr Bartella: Das breite Interesse an Geschichte sei z. B. an den zahlreichen historischen Filmen der letzten Jahre ablesbar. Dieses Interesse sei nutzbar. Die Profession der Archivare sei hinsichtlich der Nutzbarmachung dieses Interesses noch nicht professionell genug: „Graben Sie ein Loch, kippen Sie ihr Archiv rein, holen Sie’s wieder raus und sehen Sie, wieviel Geld Sie dafür kriegen!“

Frau Wiggers: Die Kooperationen mit fachfremden Partnern könne bei der Nutzbarmachung des vorhandenen Interesses bereichend sein.

Herr Fischer drückt die Hoffnung aus, dass angesichts der Struktur der Gesellschaft die Bedeutung der Geschichte und derer, die sie vermitteln, wachsen.

Herr Soénius: Es gebe Möglichkeiten und Grenzen der Förderung. die Rolle der Fördervereine werde wachsen, es werde aber auch Konkurrenzkämpfe um die Wahrnehmung durch die potentiellen Förderer geben. Einzelne Punkte, z. B. Bestände müssten stärker in den Vordergrund gestellt werden.

Herr Richter: Es gebe den Bundesverband der deutschen Stiftungen mit 3.800 Mitgliedern. Fördermöglichkeiten seien oft nicht bekannt. Vielleicht könne es z. B. von den Städten Hilfestellungen bei der Antragstellung geben.

Herr Fischer: Der Austausch finde auf der Fachbereichsebene statt. Die Findigkeit des jeweiligen Archivars bleibe gefordert. Stiftungen seien aber auch kein Allheilmittel. Es schütteten auch nicht alle Geld aus. Möglichkeiten der Stiftungsförderung seien abrufbar auf der Webseite des Innenministerium mit einem Verzeichnis der Stiftungen.

Herr Bartella weist auf die Schrift des Deutschen Museumsbundes hin: Zwischen Akzeptanz und Diskrepanz. Zur Lage der Museen in Deutschland. Hier gibt es eine Bestandsaufnahme und Hinweise dazu, wie sich Akquise und Öffentlichkeitsarbeit darstellen.

Quelle: http://lvrafz.hypotheses.org/1054

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Rezensionsüberblick 5/2013 | #HistMonast

Seit Dezember erscheint hier auf dem Gemeinschaftsblog “Ordensgeschichte” ein monatlicher Rezensionsüberblick, zu dessen Erstellung alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Für den nun folgenden Überblick über Rezensionen, die im Mai 2013 online erschienen sind, wurden sehepunkte, H-Soz-u-Kult, recensio.net, H-Net Reviews, Francia-Recensio, Reviews in History, H-ArtHist, histara, The Medieval Review, IASLonline, Concilium medii aevi und die Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte ausgewertet; die Zusammenstellung muss sich aber künftig natürlich nicht darauf beschränken. Wer sich in Zukunft beteiligen oder Ergänzungen anbringen möchte, ist herzlich eingeladen. Die Rezensionen wurden auch in die Bibliographie bei Zotero aufgenommen.    Epochenübergreifend Schenk, Tobias: [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/4700

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Gute Kontakte – Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck als wissenschaftlicher Netzwerker

Eine gute Vernetzung in der Scientific Community gilt heutzutage in Wissenschaftskreisen als unentbehrlich. Auch im frühen 19. Jahrhundert spielte der „gute Draht“ zu den Fachkollegen eine entscheidende Rolle bei der Etablierung und Verbreitung neuer Forschungsergebnisse. Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck und seine Leidenschaft für das Wissensgebiet der Botanik sind hier ein gutes Beispiel. Die Auswertung der erhaltenen Korrespondenz des Dycker Schlossherrn mit botanischen Einrichtungen und wissenschaftlichen Akademien deutet an, dass er nicht nur Zeit seines Lebens regen Kontakt mit Botanikern und auch Forschungsreisenden in der ganzen Welt pflegte, sondern sich hierüber auch alternative Zugänge zum neusten Wissen seiner Zeit ermöglichte. Für die eigenen Forschungen dürfte ihm dieses – noch mühsam mit Tinte und Feder betriebene – „Social Network“ überaus dienlich gewesen sein.

Martin Otto Braun

Quelle: http://rhad.hypotheses.org/109

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Vier Schätze des Studierzimmers (II)

Während archäologische Befunde den Gebrauch von tuscheähnlichen Substanzen bereits für das Neolithikum belegen, schrieb man die Erfindung der Tusche traditionell dem Kalligraphen Wei Dan 韋誕 (179-253) zu[1]. Das später in der Bedeutung “Tusche” gebrauchte Schriftzeichen mo 墨 bezeichnete ursprünglich eine Methode der Bestrafung, bei der das Gesicht geschwärzt beziehungsweise tätowiert wurde[2].

Zumindest ab der Han- (206. v. – 220 n. Chr.) und bis in die Song-Zeit (960-1279) war der Ruß, den man beim Verbrennen von Kiefernholz gewann, der zentrale Bestandteil chinesischer Tusche. Erst danach wurde auch Lampenruß – der beim Verbrennen tierischer, pflanzlicher und mineralischer Öle entstand – für die Tuscheproduktion verwendet.[3]. Wie Song Yingxing 宋應星 (1587-1666?) in seiner in der ausgehenden Ming-Zeit (17. Jahrhundert) entstandenen technisch-naturkundlichen Enzyklopädie Tiangong kaiwu 天工開物 (“Die Nutzung der natürlichen Vorkommen”) schrieb, wurden damals 90% der Tusche aus Kiefernruß und nur 10 % aus Lampenruß gewonnen[4]

Für die Veredelung der Tusche stand ein breites Repertoire erlesener Ingredienzen zur Verfügung:

Der Abrundung von Farbe und Glanz der Tusche diente die Zugabe von feinst zerstoßenen Perlen, die Beimengung von Schweine- und Karpfengalle sowie von Extrakten aus Galläpfeln, Granatapfelschalen, Päonienrinde usw. Das Rosinchen für den Kenner war die olfaktorische Aufbesserung mit Hilfe von Kampfer, pulverisierten Nelken, Sandelholzaroma, Moschus, etc.[5]

Wie wichtig die Herstellung der Tusche war, spiegelt sich nicht zuletzt darin, dass vor allem ab der Tang-Zeit (618-906) eine ganze Reihe von bedeutenden Produzenten namentlich bekannt sind.[6]

Die Masse, die nach längerem Bearbeiten in einem Mörser entstand, wurde schließlich in Formen gepreßt und getrocknet, so dass feste Tuschestücke entstanden. Vor dem Schreiben mussten diese Tuschestücke – im Laufe der Geschichte zunächst Kugeln oder Halbkugeln, später dann rechteckig – in einem Reibstein unter Hinzufügen von angerieben werden. [7]

  1. Tsien Tsuen-hsuin: Paper and Printing (= Joseph Needham (Hg.): Science and Civilisation in China. Volume 5: Chemistry and Chemical Technology, Part 1; Cambridge 1985) 237 f.
  2. Vgl. ebd., 238.
  3. Vgl. Klaus Flessel: “Die Erfindung des Buchdrucks in China sowie einige Anmerkungen zu seiner frühen Nutzung” In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 57 (2003) 267 f.
  4. Tsien: Paper and Printing, 241. Zu Song vgl. Dagmar Schäfer: “Der Außenstehende. Song Yingxing 宋應星 (1587-1666?). In: Heiner Roetz (Hg.): Kritik im alten und modernen China (Jahrbuch der Deutschen Vereinigung für Chinastudien 2, Wiesbaden 2006) 165-178.
  5. Flessel, “Erfindung des Buchdrucks”., 268. Vgl. dazu auch Tsien: Paper and Printing, 246 sowie Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 219 “Pflanzliche Beimengungen der Tusche (zusammengestellt nach den Erwähnungen im Mopu fashi)
  6. Vgl. dazu Tsien: Paper and Printing, 245 f.
  7. Vgl. Roland G. Knapp (Text), Michael Freeman (Fotos): Things Chinese. Antiques – Crafts – Collectibles (Tokyo/Rutland/Singapore, 2011) 41 f.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/523

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Abstract zum Vortrag von Dr. Claudia Kauertz: Die Fördergrundsätze des LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrums für archivische Aufgaben

Die Leiterin des Sachgebiets Archivberatung des LVR-AFZ Dr. Claudia Kauertz erläutert die Grundsätze der Förderung nichtstaatlicher rheinischer Archive im Kontext der Kulturförderung des LVR. Ihr Vortrag beginnt am 14. Juni um 10.00 Uhr.

Mit der Vielzahl seiner Kulturdienststellen in den verschiedenen Regionen des Rheinlandes sowie mit seinen Beratungsleistungen und Fortbildungsangeboten tritt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als bedeutender Kulturförderer in Erscheinung. Darüber hinaus stellt der LVR finanzielle Fördermittel zur Weiterentwicklung der verschiedenen Kultursparten bereit. Auch die nichtstaatlichen Archive im Rheinland profitieren von den an verschiedener Stelle und in unterschiedlicher Höhe zur Förderung der archivischen Infrastruktur vom LVR bereit gestellten Zuschussmitteln. Allein in den letzten 5 Jahren hat der LVR im Rahmen verschiedener Förderprogramme insgesamt Mittel in Höhe von ca. 1,78 Mill. Euro an nichtstaatliche rheinische Archive ausgegeben.

Der vorliegende Beitrag informiert über die verschiedenen Fördermöglichkeiten, die der LVR allen nichtstaatlichen rheinischen Archiven – sowohl Kommunalarchiven wie auch übrigen Archiven – anbietet. Dabei geht er sowohl auf Fördermaßnahmen ein, bei denen die Mittel maßgeblich vom Land bereit gestellt, aber von den beiden nordrhein-westfälischen Landschaftsverbänden bewirtschaftet und vergeben werden, wie auch auf die vom LVR aus eigenem Etat zur Verfügung gestellten Zuschussmittel. Letztere werden den rheinischen Archiven v. a. im Rahmen der allen Kultureinrichtungen zu Gute kommenden Regionalen Kulturförderung vom LVR-Kulturdezernat (Dezernat 9) sowie im Rahmen der spartenspezifischen Archivförderung vom LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum (LVR-AFZ) zur Verfügung gestellt. Der Fokus liegt dabei auf der Archivförderung des LVR-AFZ, dessen Fördergrundsätze und -kriterien vorgestellt werden.

Quelle: http://lvrafz.hypotheses.org/953

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“…und trageten die blauen Röck so lang, bis sie vom Leib herbfauleten, vor auch wenn einer ohne das ein Schwein ist.” – Eine neue Quelle zur Salzburger Domliturgie


Neuerwerbung im Archiv der Erzdiözese Salzburg – Bemerkungen für den Dom-Ceremoniar Band II.

Vorderdeckel der Bemerkungen für den Dom-Ceremoniar

Vorderdeckel der Bemerkungen für den Dom-Ceremoniar

Im Juni 2013 konnte für das AES eine wichtige Quelle zur Domliturgie erworben werden. Die “Bemerkungen für den Dom-Ceremoniar” enthalten einige Dokumente finanzielle Angelegenheiten die Domkustorei betreffend aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert und dann laufende Bemerkungen über verschiedene Liturgien am Dom und andere Feierlichkeiten in Anwesenheit des Erzbischofs vom beginnenden 19. Jahrhundert bis 1869. Beigefügt sind auch Aufstellungspläne, genaue zeitliche Abläufe und auch persönliche Bemerkungen zur Liturgie und ihren Begleitumständen.

Der gut erhaltene Band mit Lederrücken und schönem Marmorpapier am Vorder- und Hinterdeckel ist 352 Seiten stark und besitzt ein handschriftliches recht ausführliches Register.

Aus diesem Band soll eine besonders bemerkenswerte Mitteilung zur Kleidungsausstattung der Domchoralisten wiedergegeben werden:

Pro memoria

Alle 3 Jahre um das Fest ascensionis D. N. J. Ch. beckommen die Choralisten die blauen Chorröck. anno 1781 haben die Choralisten anstatt die Chorröck anmessen zu lassen, das Tuch in natura nehmen wollen, um ihnen ein Kleid machen zu lassen, welches aber ich Franciscus Moschee als dermahliger Subcustos nicht zugegeben habe, weilen, wann man es denen Choralisten angehen ließe, auch die Meßner und Ministranten, wie auch der Meßner in Mirabell auch practiciren wollten, zu dem ließen, auch die Choralisten den alten Chorrock wenden, und  in Fall, es sterbete einer ein halbes oder Viertljahr nach bekommenen neuen Röcken, so hätte der Nachfolger anstatt eines neuen, den alten umgewendeten, und auf solche Art wurde der Nachfolger defraudiert. Auf dieses sollte der Subcustos sehr bedacht seyn, solches intereßirtes und schmutziges Wesen abzustellen, denn wenn man solches angehen ließe, so wären die Choralisten im Stand, und trageten die blauen Röck so lang, bis sie vom Leib herbfauleten, vor auch wenn einer ohne das ein Schwein ist.

Doppelseite mit Planskizzen zu verschiedenen Feierlichkeiten

Doppelseite mit Planskizzen zu verschiedenen Feierlichkeiten

 

Quelle: http://aes.hypotheses.org/105

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Pommersche Gravamina, Teil V – Menschenfresserei

Nr. 52 der Pommerschen Gravamina: Aufgrund der rigorosen Eintreibung von Kriegssteuern durch die Besatzer verlieren die Menschen im Land ihre Lebensgrundlagen; allenthalben breitet sich Hunger aus. Man behilft sich damit, junge Triebe und Knospen von den Bäumen zu ernten, manche essen „wie das Viehe“ Gras, ja manche werden mit Gras im Mund verhungert aufgefunden. Die Not treibt die Menschen sogar dazu, sich vom Fleisch der Toten zu sättigen, und einige haben sogar „jhr eygenen Eltern Fleisch gefressen“. Vor zwei Monaten, so der Bericht in dieser Flugschrift, habe „ein Weib jr Kind schlachten / selbiges kochen / vnd sich also deß Hungers erwehren wollen“.

Mit diesem Passus ist in der Schilderung der Exzesse seitens der kaiserlichen Söldner und der Not, die die Bevölkerung erleiden mußte, ein Höhepunkt erreicht. Schon auf dem Titelblatt findet sich die Formulierung, „wie gantz Tyrannisch / Vnchristlich vnd Barbarisch“ das Militär sich verhalten habe, und am Ende der Gravamina wird das Verhalten der kaiserlichen Truppen derart bewertet, „daß es auch Tartarn vnnd Türcken nicht so gar arg gemacht haben würden“ (S. 15). Die Wortwahl macht bereits deutlich, daß in den Augen der pommerschen Gesandtschaft die Militärs nicht einfach nur über die Stränge geschlagen haben, sondern daß sie alle verbindlichen Normen verletzt und Greuel verübt haben, wie sie allenfalls in der Welt der Barbaren üblich sein konnten (siehe zu dieser Thematik auch meinen Aufsatz im Sammelband Kriegsgreuel). Die Folgen dieser Exzesse münden in einer Hungersnot, die die Menschen immer mehr verzweifeln läßt und zu immer radikaleren Mitteln der Sättigung antreibt, wobei die „vnnatürlichen Speisen“ von Knospen und Gräsern bis zum Fleisch der Toten und dann der getöteten eigenen Kinder reicht.

Deutlich sichtbar wird hier in der Darstellung die dramaturgisch aufgebaute Klimax. Vor einigen Jahren hat Daniel Fulda Anthropophagieberichte aus dem Dreißigjährigen Krieg dahingehend gedeutet, daß sie auch dazu dienten, das nicht für möglich gehaltene Ausmaß von Gewalt und Exzeß zu beschreiben, das eben auch jede göttliche Ordnung verletzt (im Sammelband Ein Schauplatz herber Angst, 1997). Dabei arbeitet er auch die „ästhetische Faszination“ dieses Tabus heraus und auch die rhetorische Technik in der Darstellung, deren Steigerungsprinzip sich genau in dieser Form auch in der pommerschen Schilderung wiederfinden läßt.

Mit diesem Ansatz wird natürlich in keiner Weise darüber entschieden, ob die Schilderung der pommerschen Verhältnisse übertrieben oder gar völlig fiktiv ist (was auch D. Fulda nicht behauptet). Letztlich läßt sich dies nicht beweisen – aber eben auch nicht abstreiten, und die Not der Menschen in diesen Zeiten mag tatsächlich auch Fälle von Kannibalismus befördert haben. Wichtig bleibt aber doch zu sehen, daß die Schilderungen in diesen Beschwerden nicht einfach nur berichteten, wie es war, sondern durchaus einer spezifischen Rhetorik folgten, einer Rhetorik zumal, die als solche auch identifiziert und verstanden werden wollte, eben um das schier unermeßliche Elend in Worte zu kleiden, das die Menschen damals in Pommern erlitten.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/157

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Wladislaw II. und Ludwig II. – Das jagiellonische Erbe in Kamenz

Das vom böhmisch-ungarischen König Wladislaw II. in Kamenz gegründete Franziskanerobservantenkloster St. Annen steht im Mittelpunkt des Vortrags von Jan Rüttinger M.A., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sakralmuseum St. Annen in Kamenz, am Donnerstag den 13.06.2013. Zum Abschluß der Ausstellung Camencia Jagellonica. Die Gründung des Franziskanerklosters St. Annen in Kamenz, die am 16.06.2013 schließt, werden nochmal die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Klosters beleuchtet, sowie die intensive Förderung durch die jagiellonischen Herrscher Wladislaw II. und Ludwig II. Die Besonderheit der letzten franziskanischen Klostergründung in der Oberlausitz als eine herrschaftliche Stiftung [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/4685

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Fortbildung “Web 2.0 und Kommunalarchive”

Termin: 1. Oktober 2013

Referenten: Dr. Antje Diener-Staeckling (LWL-Archivamt für Westfalen), Dr. Bastian Gillner (Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland), Thomas Wolf (Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein)

Ort: LWL-Archivamt für Westfalen, Münster

Teilnehmerzahl: 15

Kosten: 35 €

Anmeldeschluss: 2. September 2013

“Seit einigen Jahren finden neben dem herkömmlichen Internetauftritt zunehmend auch Web 2.0-Anwendungen Eingang in die Kommunen, auch befördert durch eine allgemeine Initiative des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Als Teil der Verwaltung haben sich kommunale Archive immer mehr mit veränderten Nutzererwartungen auseinaderzusetzen oder können mit neuen Möglichkeiten ihre klassische Aufgabenerfüllung optimieren. Doch was ist das überhaupt: Blogs, Facebook, Twitter und Co?

Das Seminar möchte verschiedene Formen von Anwendungen vorstellen und zeigen, welche sozialen Medien für Archive möglich und sinnvoll erscheinen. Damit ist auch das “Einmann/Einfrau-Archiv” angesprochen, das seine Ressourchen gut einteilen muss. Hier können umfassende Informationen zu den Instrumenten des Web 2.0 helfen, um eigene Konzepte in diesem Bereich zu entwicklen, die die Arbeit des Archivs unterstützen und erleichtern werden.”
Link zum Fortbildungs-Programm (PDF)

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/683

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