Workshop: Neue landesgeschichtliche Forschungen zur Geschichte der Weimarer Republik.Themenbereich Institutionengeschichte

Stärker noch als im Bereich der allgemeinhistorischen Epochendisziplinen hat die Beschreibung und Analyse von Institutionen einen festen Platz im landes- und regionalgeschichtlichen Arbeiten:

Einerseits ist die Beschäftigung mit längerfristig bestehenden und an bestimmten Zwecken orientierten Einrichtungen für jeden Historiker nicht zu umgehen, da diese als Produzenten ereignisübergreifender und serieller Überlieferung in vielen Fällen einen Blickwinkel auf das zu erfassenden Geschehen eröffnen, ohne freilich ein vollständiges und objektives Bild zu vermitteln. Erst das Wissen um ihre Arbeitsweise und ihre Funktionsprinzipien befähigt deshalb zu fundierter Quellenkritik und ermöglicht somit geschichtswissenschaftliche Erkenntnisbildung.

Als Instrument der Herrschaftsausübung ist das Wirken von Institutionen jedoch darüber hinaus ein unerlässlicher Schlüssel zum Verständnis der historischen Entwicklung eines Territoriums als Ganzes. So besteht wohl kein Zweifel, dass der Art der institutionellen Durchdringung, das heißt der für einen bestimmten Personenkreis oder ein Gebiet beanspruchte Regelungsanspruch, entscheidenden Einfluss auf das Leben der betroffenen Gruppen und ihr Verhältnis zueinander hat.

Verkürzt formuliert kann Institutionengeschichte folglich sowohl den Status einer Hilfswissenschaft als auch eines für sich selbst relevanten Fachgebiets mit Recht beanspruchen.

 

Freilich wurden mit der reinen Aufzählung und Abgrenzung von Macht- und Rechtsbereichen die Anwendungsmöglichkeiten von Institutionengeschichte lange Zeit unnötigerweise beschränkt: Mit der Überwindung der konventionellen Fixierung auf den Aspekt der Herrschaftsausübung ist es nun gängige Praxis, sich beispielsweise die Frage vorzulegen, was eine beliebige Einrichtung eigentlich zur sozial anerkannten Institution erhebt. Diese und ähnliche Perspektivverschiebungen schaffen und erhöhen die Aufmerksamkeit für unterschiedliche Formen der Legitimation und symbolischen Kapitalbildung, steigern die Sensibilität für schrittweise Funktionsverschiebungen oder betonen gängige und innovative Interaktionsmuster mit der außerinstitutionellen Umwelt.

Die sich daraus bereits ergebende Erkenntnis, dass es sich bei Institutionen im Kern um normative Strukturen, also sozial erzeugte Idealbilder handelt, welche ständig um die Realisierung des eigenen Anspruchs zu ringen haben, erweitert deshalb den traditionell landeshistorischen Erfassungshorizont: Sie gibt endgültig den Blick auf interne Abläufe sowie Brüche frei und ermöglicht mit der Ablösung einer rein funktionalen Bewertung den Übergang zu einer ergebnisoffenen Analyse von Institutionen. Anstelle definierter Kompetenzkataloge gewinnen somit inhärente Eigenlogiken an Profil, statt der Feststellung eines mehr oder weniger abgesteckten Handlungsrahmens rückt nun die Betonung variabel interpretierbarer Handlungsspielräume in den Vordergrund.

 

Die Untersuchung von Institutionen aller Art wird folglich auch in Zukunft ein fruchtbares Arbeitsfeld der Landesgeschichte bleiben und ist deshalb mit drei Dissertationsprojekten auf dem Workshop vertreten:

Beleuchtet Maria Magdalena Bäuml in ihrer Studie zum Bayerischen Ministerium für Unterricht und Kultus den gesamten Bereich der Bildungs-, Kirchen- und Kunstpolitik, beschäftigt sich Beatrix Dietel in breiterem zeitlichen Rahmen mit Voraussetzungen, Zielen und Inhalten der Hochschulpolitik im Freistaat Sachsen; Michael Schmitt legt schließlich den Fokus auf die Würzburger Professorenschaft in der Übergangszeit zur nationalsozialistischen Diktatur.

 

Zur Hauptseite des Workshopauftritts und zur Anmeldung gelangen Sie hier.

Zur Diskussion des Themenbereiches Personengeschichte gelangen Sie hier.

Zur Diskussion des Themenbereiches Infrastruktur- und Kommunalgeschichte gelangen Sie hier.

Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1285

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TwInterviews zu aktuellen Projekten

Es tut sich durchaus einiges in der Geschichtswissenschaft in Sachen Digitaler Wandel, zumindest mehr als viele Protagonisten in ihren alltäglichen Auseinandersetzungen und Diskussionen mit den skeptischen Off-Linern der Disziplin für möglich halten. Diese Perspektive verdient etwas optimistische Anreicherung. Im Januar werden deshalb über den Twitteraccount der AG eine Reihe von kurzen Interviews mit Kolleginnen und Kollegen geführt werden, die Einblick in aktuelle oder geplante Projekte ermöglichen sollen.

Das Format TwInterviews ist für die meisten der Gesprächspartner, für die hoffentlich vielen LeserInnen, aber auch für den Interviewer neu. Alle Beteiligten hoffen auf die Nachsicht und das freundliche Mitdenken aller interessierten Historikerinnen und Historiker.

Fragen, die Sie immer schon an einen der Interviewpartner stellen wollten, können Sie mir gerne vorab via EMail oder Twitter zukommen lassen. Ich bin für jeden Impuls dankbar.

Die TwInterviews werden geführt von Marko Demantowsky (Basel/Windisch). Homepage
Der Hashtag lautet: #j_twint
Die TwInterviews sollen im Nachgang dokumentiert und in diesem Blog abgelegt werden.

 

Programm

  • Georgios Chatzoudis: Stand der Arbeit und Perspektiven der Arbeit an L.I.S.A. Termin: 10.1., 13.00 Uhr (externer Link)
  • Prof. Dr. Claudine Moulin: Stand der Arbeit und Perspektiven der Arbeit am CDH Trier. Termin: 17.1., 13.00 Uhr (externer Link)
  • Prof. Dr. T. Mills Kelly: Zu seinem Buch: Teaching History in the Digital Age. Termin: 17.1., 14.00 Uhr (externer Link)
  • Dr. Lilian Landes: Stand der Arbeit und Perspektiven der Arbeit an recensio.net. Termin: 24.1., 13.00 Uhr (externer Link)
  • Prof. Dr. Gudrun Gersmann: Konzept und Planungen für die „E-Studies“ auf historicum.net. Termin: 24.1., 14.00 Uhr (externer Link)
  • Sven Tetzlaff: Zur Digital Policy der Körber-Stiftung/Bildung. Termin: 31.1., 13.00 Uhr (externer Link)
  • Dr. Jan Hodel: Zur Bilanz und zur Zukunft von Hist.net. T.: 31.1., 14.00 Uhr (externer Link)

Quelle: http://digigw.hypotheses.org/498

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Digitaler Toolkasten – 12/2013

Wozu ein Newsflash? Was soll das? Lernen mit digitalen Medien ist mittlerweile ein fester Bestandteil im Hochschulalltag. Durch die hochschulweite elektronische Lernplattform nutzen Studierende und Lehrende gleichermaßen verschiedene Medien für den Unterricht. Im Rahmen eines geförderten Projekts zur Entwicklung eines “digitalen Toolkastens” für den Einsatz in Präsenzlehre und Weiterbildung am Fachbereich Sozialwesen (vorerst am Beispiel der Medienpägogik-Module) sollen die Möglichkeiten digitaler Werkzeuge ausgelotet, erprobt und evaluiert werden. Im “Digitaler Toolkasten”-Newsflash wird regelmäßig vom Fortgang unser Aktivitäten berichtet. Die Finanzierung erfolgt aus dem Studienstrukturprogramm 2013 […]

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/3882

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NS-Raubgutforschung an der Bayerischen Staatsbibliothek

Die Bayerische Staatsbibliothek gab am Freitag, 8. November 2013, 136 Titel in 121 Bänden aus der Büchersammlung der Münchner Freimaurerloge “Zum aufgehenden Licht an der Isar” an den Distrikt Bayern der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland zurück. Zur Sammlung zählte eine größere Anzahl von Büchern und Zeitschriften überwiegend freimaurerischen und philosophischen Inhalts aus dem frühen 19. bis 20. Jahrhundert. Die Loge wurde im Sommer 1933 aufgelöst.

Raubgutforschung an der BSB

Die Bayerische Staatsbibliothek sucht seit 2003 in ihren Beständen nach NS-Raubgut. Sie orientiert sich damit an der Verpflichtung, die alle öffentlichen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland 1999 in einer gemeinsamen Erklärung zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz eingegangen sind. Die Förderung durch die Arbeitsstelle für Provenienzrecherche und Provenienzforschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz ermöglicht es nun, ihre Recherchen zum Abschluss zu bringen und Rückgaben durchzuführen.

Bücher der Freimaurer-Loge “Zum aufgehenden Licht an der Isar” in der BSB

1933 kam es wenige Wochen nach der Machtübernahme Hitlers zu ersten Ausschreitungen gegen Freimaurer in Deutschland. Ihr Zweck war es, die Brüder einzuschüchtern und zur Selbstauflösung ihrer Logen zu bewegen. Im August 1935 wurde die Schließung aller Logen angeordnet und die Freimaurerei verboten.

In München bestanden Anfang 1933 zehn Freimaurerlogen mit insgesamt über 800 Brüdern. Sämtliche Münchner Logen hörten noch im Lauf des Jahres 1933 auf zu existieren, darunter die “Loge zum aufgehenden Licht an der Isar”. Der gerichtlich bestellte Liquidator bot die Büchersammlung dieser Loge zum Kauf an. Zum Preis von 65 Reichsmark erwarb die Bayerische Staatsbibliothek daraufhin 186 Bände und arbeitete sie in den eigenen Bestand ein.

136 Bücher und Zeitschriften gelang es nun im Rahmen der NS-Raubgutforschung zu identifizieren. Da die “Loge zum aufgehenden Licht an der Isar” nach dem Ende des Nationalsozialismus nicht neu gegründet wurde, erfolgte die Rückgabe der Publikationen an den Distrikt Bayern der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland als übergeordneter Einrichtung. Dieser wird die Bücher und Zeitschriften dem Deutschen Freimaurermuseum in Bayreuth überlassen.

Geplante weitere Rückgaben

Weitere Rückgaben von NS-Raubgut werden derzeit vorbereitet, neben anderen Freimaurerlogen aus Deutschland und Österreich vor allem auch an jüdische Vorbesitzer sowie an den Verband katholischer Religionslehrer und Religionslehrerinnen an den Gymnasien in Bayern, an die Zeugen Jehovas und an Organisationen der Arbeiterbewegung.

Weitere Informationen zur Raubgutforschung an der Bayerischen Staatsbibliothek:

http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/ns-raubgut

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Dr. Stephan Kellner
Bavarica-Referent
Bayerische Staatsbibliothek
Ludwigstr. 16, 80539 München

E-Mail: Stephan.Kellner at bsb-muenchen.de
Tel. +89/28638-2278
Fax +89/28638-2804
URL: www.bsb-muenchen.de

www.bayerische-landesbibliothek-online.de
www.historisches-lexikon-bayerns.de
www.literaturportal-bayern.de

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https://lists.lrz.de/pipermail/geschichte-bayerns/2013-November/002299.html
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E-Mail Forum „Geschichte Bayerns“

Redaktion:
redaktion at geschichte-bayerns.de
http://www.geschichte-bayerns.de/
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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/663

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LPR Hessen schreibt MediaSurfer – MedienKompetenzPreis Hessen – aus

Auch in diesem Jahr schreibt die LPR Hessen wieder den MediaSurfer – den MedienKompetenzPreis Hessen – aus. Ziel dieser Ausschreibung ist es, den bewussten Umgang von Kindern und Jugendlichen mit den neuen Medien weiter zu fördern. Die Bewerbung ist ab sofort für Schulklassen, Vereine, Jugendclubs, Jugendinitiativen oder andere Gruppen aus Jugend- und Freizeiteinrichtungen möglich. Gesucht werden hessische medienpädagogische Projekte, die im Jahr 2013 von Kindern und Jugendlichen zwischen 3 und 18 Jahren durchgeführt wurden. Die möglichen Beitragskategorien umfassen Film/Video, Radio/Audio, Computer/Internet oder Handy. Bewerbungsschluss [...]

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/2940

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arts-humanities.net. guide to digital humanities & arts

arts-humanities.net aims to support and advance the use and understanding of digital tools and methods for research and teaching in the arts and humanities by providing information on projects creating and using digital content, tools and methods to answer research questions; Information on tools and methods for creating and using digital resources; a listing of […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/07/4593/

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Die „Musici“-Datenbank ist online

Seit dem 24. Mai 2013 ist die Musici-Datenbank online, welche Informationen zu europäischen Musikern in Italien zwischen 1650 und 1750 enthält. Zahlreiche Musiker reisten in dieser Epoche aus den unterschiedlichsten europäischen Regionen nach Italien, um zu musizieren, zu komponieren oder sich ausbilden zu lassen. Für viele von Ihnen war die Italienreise eine wichtige Stufe für […]

Quelle: http://digiversity.net/2013/musici-datenbank/

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Ein mobiles Medium? – Schiffszeitungen als Spiegel sozialer Konstruktionen auf interkontinentalen Schiffen im 19. Jahrhundert

 

Im Zentrum des Dissertationsprojektes stehen Schiffszeitungen, die von Passagieren während interkontinentaler Überfahrten im 19. Jahrhundert geschrieben und hera2usgegeben wurden. Da Schiffsreisen zu dieser Epoche noch mehrere Wochen bis Monate dauerten – abhängig von Ziel, Reiseroute und Schiffsgesellschaft – entwickelte sich der Alltag an Bord sehr schnell zu einer monotonen Routine, in die durch verschiedenen Unterhaltungsmaßnahmen wie Konzerte, Sportevents oder Schiffszeitungen Abwechslung gebracht werden sollte. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf Zeitungen, die vor der Erfindung des Funkverkehrs an Bord der Schiffe geschrieben wurden. Dieser Aspekt ist entscheidend, da die Passagiere bis dahin während der Reise von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt abgeschottet waren und dementsprechend fast ausschließlich über die Geschehnisse an Bord und somit über sich selbst reflektieren. Im Gegensatz zu anderen Quellen, die vor allem an Bord von Auswandererschiffen im 19. Jahrhundert entstanden (wie Tagebücher oder Briefe), hat die historische Forschung Schiffszeitungen bisher keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt, sodass das Projekt die erste Untersuchung dieses bisher komplett übersehenen Quellentypus darstellt.

Die Zeitungen erinnern in ihrer Erscheinung und Machart an Schüler- oder Studentenzeitungen. Sie wurden mit einfachsten Mitteln produziert, mit Hilfe kleiner Druckpressen oder mit der Hand geschrieben, in den meisten Fällen ohne die Beteiligung professioneller Journalisten oder Redakteuren und ausschließlich an die kleine Rezipientengruppe der Passagiere an Bord gerichtet. Sie erschienen  mehr oder weniger regelmäßig an Bord, teilweise wöchentlich, oftmals aber auch mehrmals in der Woche und imitieren sowohl in ihrem Aufbau als auch in ihrem Stil „gewöhnliche“ Zeitungen des 19. Jahrhunderts. Die Tatsache, dass sich bis heute ein so guter Quellenbestand erhalten hat, ist dabei ohne Zweifel dem „Souvenircharakter“ der Zeitungen geschuldet. In einem Großteil der Fälle konnten sich die Passagiere noch während der Überfahrt für einen professionellen Nachdruck der Zeitungen anmelden, der dann nach der Ankunft im Zielhafen in einer lokalen Druckerei in Auftrag gegeben wurde.

Interessanterweise werden fast alle Schiffszeitungen ausschließlich von und für die Passagiere der Ersten und Zweiten Klasse he rausgegeben, wobei teilweise sogar ein offizielles Verbot besteht, die Zeitungen auch unter den Passagieren der dritten Klasse zirkulieren zu lassen. Dies führte in einigen Fällen dazu, dass sich die Passagiere der dritten Klasse dermaßen aus der Passagiergemeinschaft ausgeschlossen fühlten, dass sie ihre eigene Schiffszeitung ins Leben riefen, wie beispielsweise im Fall der „Zeelandia Free Press“. Diese Zeitung wurde 1884 an Bord der „Zeelandia“ von den Passagieren der dritten Klasse gegründet. Diese hatten zuvor feststellen müssen, dass es ihnen nicht erlaubt war, die bereits bestehende Schiffszeitung der ersten und zweiten Klasse, die sogenannte „Look-Out“, zu lesen. Demensprechend titulierte sich die „Zeelandia Free Press“ selbst als „an opposition newspaper“ deren Veröffentlichung nach vier Ausgaben zur Einstellung des Konkurrenzblattes der ersten und zweiten Klasse führt. Das Projekt untersucht somit eine Reihe von sozialen Gruppen, deren einziger Berührungspunkt die Reise sowie der gemeinsame Raum des Schiffes ist und die so divers sind, dass sie sogar die Notwendigkeit sehen, sich eine eigene Präsenz in der Bordpresse zu sichern.

Schiffszeitungen spiegeln den sozialen Mikrokosmos, der sich in dem eng begrenzten Raum ausbildete, auf bemerkenswerte Weise wider und sind gleichzeitig ein Konstrukt der dortigen sozio-kulturellen Konfigurationen. Die Passagiere, die nicht nur verschiedenen Nationen, sondern auch den unterschiedlichsten sozialen Milieus entstammten, hatten an Bord kaum eine Möglichkeit sich zu ignorieren. Demensprechend lassen sich Phänomene wie Gruppenbildung und soziale Distinktionen, aber auch die Erwartungshaltung gegenüber den neuen Kontinenten inn1
erhalb der „Zufallsgemeinschaft“ der Reisenden in den Schiffszeitungen hervorragend ablesen.

Die bisherige historische Forschung, die sich mit der Globalisierung im 19. Jahrhundert beschäftigt, hat sich bisher vor allem auf die Anfangs- und Endpunkte globaler Verbindungen konzentriert. Im Gegensatz dazu steht in diesem Dissertationsprojekt der Zeitraum zwischen dem Moment, in dem die Passagiere an Bord gehen und dem Augenblick, in dem sie in der „neuen Welt“ ankommen, im Mittelpunkt. Es gilt dementsprechend, die Weltmeere nicht als „leeren“ historischen Raum zu verstehen, sondern im Gegenteil mithilfe der einzigartigen Quellen der Schiffszeitungen zu untersuchen, was diese Figur der zeitlichen und räumlichen Transition für die Akteure bedeutete.

Das Projekt ist nicht primär als eine medienhistorische Arbeit konzipiert, sondern möchte vor allem einen Beitrag zur Geschichte der Globalisierung im 19. Jahrhundert leisten. Die Akteure der Globalisierung, die hier untersucht werden, verbinden durch ihre Reise einerseits Kontinente miteinander, auf der anderen Seite sind sie während der Transition komplett von jeglichem Kontakt abgeschnitten. Diese außeralltägliche sozial-kulturelle Konfiguration findet ihre Repräsentation in den materialen schrifttragen Artefakten, den Schiffszeitungen, welche in meinem Dissertationsprojekt als ein „mobiles Medium“ verstanden werden.

Abbildungen:

Emperor of India off Bournemouth Pier

Steamer “Claudine” leaving Honululu

Alle Abbildungen: public domain.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1088

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Die lesbare Stadt – Zur historischen Gendertopografie Europas am Beispiel von Wien und Paris

Konzepte von Geschlecht strukturieren alle Aspekte des menschlichen Lebens, hier können die Gender Studies auf eine Vielzahl von Forschungsergebnissen verweisen. Doch welche Rolle spielen diese kulturellen Vorstellungen für die Form und Funktion von Städten und deren Teilräume? Diese Frage ist besonders in den historischen Wissenschaften bisher kaum beachtet worden, der Forschungsstand der Geschichtswissenschaften hierzu gleicht einer tabula rasa. So es Ziel des Dissertations-Projektes ‘Gendertopografie’, offen zu legen, wie Geschlechtsidentitäten urbanen Raum strukturieren können und die Topografie europäischer Städte prägen.

Panthéon Paris, Fassade
Der Begriff Gendertopografie meint die Beschreibung und die damit einhergehende Analyse des Raumes und der räumlichen Beziehungen zwischen Orten und Objekten sowie den AkteurInnen unter dem Gesichtspunkt von Gender. Dabei kommt ein relationaler Raumbegriff zur Anwendung, wie er in der Raumsoziologie entwickelt wurde.

Untersucht wird ein Zeitrahmen vom beginnenden 19. Jahrhundert bis zur Zwischenkriegszeit. Der Hauptfokus liegt allerdings auf der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Aus gedachten ‚offenen Enden‘ der Kernzeit leitet sich der größere Zeitrahmen ab. Diese offenen Enden sind nötig, da viele stadtplanerischen Maßnahmen und Bauvorhaben Langzeitprojekte waren. Auch auf Grund der theoretischen Ausgangsbasis des Projekts (‚hegemoniale Männlichkeit‘) ist es sinnvoll, die Analyse mit dem 19. Jahrhundert zu beginnen, da hier davon ausgegangen wird, das spätestens im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein bestimmtes Verständnis der Geschlechter gesamtgesellschaftlich wirksam war. Ausschlaggebender Grund für den Zeitrahmen ist jedoch die Entwicklung der Städte in Europa selbst. Vor allem mit dem 19. Jahrhundert kam es durch Verstädterung und Industrialisierung zu einem enormen Anstieg der Bautätigkeit und von stadtplanerischen Maßnahmen. Das trifft besonders auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zu. Analysiert werde Wien und Paris: Beide waren Metropolen von europäischem Rang, Millionenstädte und Repräsentantinnen einer europäischen Stadtkultur mit einer tief geschichteten Vergangenheit, die, trotz aller Unterschiede, bestens vergleichbar sind. Ihre Funktion als Primatstädte zweier europäischer Großmächte und Innenstädte, die hauptsächlich aus noch intakter Bausubstanz des 19. Jahrhunderts bestehen, sind zwei der wesentlichsten Kriterien der Vergleichbarkeit.

Als Quellen dienen einerseits die urbanen Räume selbst – von Inneneinrichtungen, Außengestaltungen von Gebäuden über Monumente und Plätze bis hin zu ganzen städtischen (Teil-) Räumen, von einzelnen Artefakten und Kunstwerken bis zur Architektur und Stadtplanung. Andererseits werden Quellen berücksichtigt, die Auskunft geben können über das frühere Erscheinungsbild der Stadt und die Beziehung zwischen der Gestalt des Stadtkörpers und kulturellen Praxen: Dokumente zu InitiatorInnen, AuftraggeberInnen, PlanerInnen, ArchitektInnen, KünstlerInnen, anderen Beteiligten und deren Intentionen – sowie Materialien zu den Reaktionen der EinwohnerInnen besonders zu Maßnahmen der Stadtplanung (hauptsächlich Zeitungsartikel). In den Fokus kommen diejenigen Räume, die repräsentativen Zwecken dienten und sich deshalb im Innenstadtbereich befinden.

Eingebettet in eine kulturhistorische Herangehensweise bildet der Ansatz der ‚hegemonialen Männlichkeit‘ den theoretischen Referenzrahmen des Projekts. Dieser Ansatz bietet eine geeignete Ausgangsbasis zur Erklärung jeweils zeitgenössisch vorherrschender Geschlechterkonzepte und stellt in den Gender Studies sowie in steigendem Ausmaß auch in der Geschlechtergeschichte eine der wichtigsten theoretischen Grundlagen dar. Anders als in den Queer Studies, die den Blick gelegentlich auf queere Aneignungen städtischen Raumes richten, geht es im Rahmen des Projektes um hegemoniale Genderkonzepte, die allerdings nicht ohne Marginalisierte gedacht werden können. Untersucht wird der Raum mit den Methoden der Diskursanalyse und Stadtsemiotik. Der Begriff ‚Stadtsemiotik‘ meint ein innovatives semiotisches Verfahren, das es ermöglicht, Raum lesbar zu machen – ausgehend von der Annahme, dass sich soziale und kulturelle Kontexte auch immer in der vom Menschen geschaffenen Umwelt abbilden. Dabei ist ein in weiten Teilen interdisziplinäres Vorgehen unabdingbar. Wissensbestände, Theorien und Methoden aus den Nachbardisziplinen der Geschichtswissenschaften – besonders der Architekturtheorie,  Kunstgeschichte, Stadt- und Raumsoziologie sowie der Europäischen Ethnologie – werden integriert, um wissenschaftliches Neuland zu betreten und eine auffällige Forschungslücke zu schließen.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/886

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Antisemitismus im 19. Jahrhundert in transnationaler Perspektive

Die Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten hat in Deutschland zu einer intensiven Beschäftigung mit der Geschichte des deutschen Antisemitismus geführt. Die Literatur ist mittlerweile in einer Weise angewachsen, dass sie auch von Experten kaum noch übersehen werden kann. Trotz der Vielzahl an Veröffentlichungen ist der Forschungsstand aber durch eine deutliche Fehlstelle gekennzeichnet, denn vergleichende oder transnationale Untersuchungen zum Antisemitismus sind bisher kaum vorgelegt worden.[1] Auch wenn dies angesichts des erheblichen organisatorischen Mehraufwands von Untersuchungen zur Transfer- und Verflechtungsgeschichte zwar nachvollzogen werden kann, so ist dies dennoch umso bedauerlicher, da der festzustellende nationale Tunnelblick zu Überzeichnungen und Ungenauigkeiten führt.[2]

Das Projekt wird an dieser Stelle ansetzen und ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert (Untersuchungszeitraum: 1830er-1890er Jahre) in einer transnationalen Perspektive als Transfer- und Verflechtungsgeschichte untersuchen. Da eine systematische Analyse des Antisemitismus in zwei oder mehr Ländern kaum geleistet werden kann, wird das Projekt am Beispiel des linken politischen Spektrums – und damit eines weiteren Forschungsdesiderats[3] – den Antisemitismus in Deutschland, Frankreich und Belgien in seiner transnationalen Dimension untersuchen.[4] In methodischer Hinsicht wird es sich um einen ideengeschichtlichen Zugang handeln, der um sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte wie den Kulturtransfer und die soziale Reichweite antisemitischer Ideen erweitert wird. Der quantitative und qualitative Stellenwert des linken im Vergleich zum rechten Antisemitismus wird dabei ebenso zu messen sein wie die mögliche gegenseitige Beeinflussung beider politischer Lager. Auch wenn der Antisemitismus in den Programmen linker Parteien und Organisationen bekämpft wurde, schließt das keineswegs aus, dass unter ihren Mitgliedern trotzdem antisemitische Ideen, Bilder und Stereotypen im Sinne eines „kulturellen Codes“ präsent waren.[5]

Charles Fourier 1772-1837

Charles Fourier (1772-1837)

Neben der Untersuchung der gegenseitigen Rezeption zwischen Deutschland und Frankreich (beispielsweise der Rezeption französischer Frühsozialisten in Deutschland), soll auch die Bedeutung von Emigranten in Westeuropa für die Verbreitung antisemitischer Stereotypen herausgearbeitet werden (herausragendes Beispiel hierfür ist sicherlich Michail Bakunin).[6] Belgien in seiner geographischen Mittellage zwischen Deutschland, Frankreich und den Britischen Inseln, als Zufluchtsstätte für politische Emigranten nicht nur aus Osteuropa und mit seiner Bedeutung für die Geschichte der politischen Linken in Europa wird die deutsch-französische Untersuchungsperspektive erweitern. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, welche Rolle Gruppen und Organisationen in Belgien für die Vermittlung antisemitischer Stereotypen zwischen den linken Milieus in Deutschland und Frankreich spielen konnten.[7] Ein weiterer Aspekt, der im Rahmen des Projekts angesprochen werden soll, betrifft die in der Frühzeit der Arbeiterbewegung noch festzustellenden Formen von Gewalt gegen Juden. Hier ist neben der Frage, warum diese Gewalt im Gegensatz zum rechten Antisemitismus verschwand, zu untersuchen, in welcher Weise in den Argumentationslinien und Legitimationsstrategien der Verantwortlichen eine transnationale Dimension nachgewiesen werden kann.[8]

Bakunin Portrait

Michail Bakunin (1814-1876)

Das Projekt wird auf einer breiten Quellenbasis aufbauen. Neben Publizistik aus dem linken Spektrum und Veröffentlichungen in Zeitungen entsprechender Parteien und Organisationen sollen Nachlässe sowie Behördenbestände (beispielsweise Zensur- und Polizeiakten) in Archiven in Frankreich, Deutschland und Belgien sowie im „Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis“ in Amsterdam herangezogen werden. Außerdem werden Karikaturen und gegenständliche Überlieferung, die antisemitisch grundierte Kapitalismuskritik wie Darstellungen des „jüdischen Bankiers“ oder Rothschilds thematisieren, in die Analyse integriert, um eine breitere und vielfältigere Quellengrundlage für das Projekt zu erhalten.[9]

Abbildungen: Charles Fourier, Michail Bakunin, beide public domain

 

[1] Zum Forschungsdesiderat der international vergleichenden Antisemitismusforschung vgl. Thomas Gräfe, Antisemitismus in Deutschland 1815-1918. Rezensionen – Forschungsüberblick – Bibliographie, Norderstedt 22010, S. 217.

[2] Ein besonders markantes Beispiel ist sicherlich die umstrittene These eines nahezu überzeitlichen „eliminatorischen Antisemitismus“ in Deutschland, die Daniel Jonah Goldhagen formuliert hat. Siehe Daniel Jonah Goldhagen, Hitler’s willing executioners: ordinary Germans and the Holocaust, New York 1996. Zum Vergleich siehe einführend Ulrich Wyrwa, Aus der Werkstatt des Vergleichs: Emanzipation und Antisemitismus in Deutschland und Italien, in: Werkstatt Geschichte 46 (2007), S. 65-73.

[3] Siehe jetzt aber Michel Dreyfus, L’antisémitisme à gauche. Histoire d’un paradoxe, de 1830 à nos jours, Paris 22011 [12009]. Siehe außerdem Michel Winock, La gauche et les juifs, in: Ders., Nationalisme, antisémitisme et fascisme en France, Paris 2004 [11982], S. 153-182. Michel Dreyfus spricht in seiner Studie zahlreiche Aspekte an, die für transnationale Fragen von Bedeutung sind, beispielsweise die Rezeption der französischen Frühsozialisten durch die deutsche Arbeiterbewegung.

[4] Vgl. Christoph Nonn, Antisemitismus. Darmstadt 2008, S. 114.

[5] Zum „kulturellen Code“ siehe Shulamit Volkov, Antisemitismus als kultureller Code, in : Dies., Antisemitismus als kultureller Code. Zehn Essays, München 2000 [1. Auflage unter dem Titel: Jüdisches Leben und Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert, München 1990], S. 13-36; J. Friedrich Battenberg, Antisemitismus als kultureller Code in der deutschen Geschichte. Anmerkungen zu Elementen einer antijüdischen Denkweise, in: Der Aufklärung zum Trotz: Antisemitismus und politische Kultur in Deutschland, Frankfurt am Main 1998, S. 15-52.

[6] Reinhard Rürup hat jüngst die Erforschung der Bedeutung französischer Autoren für die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland als wichtiges Desiderat ausgemacht. Vgl. Reinhard Rürup, Antisemitismus und moderne Gesellschaft: Antijüdisches Denken und antijüdische Agitation im 19. und frühen 20. Jahrhundert, in: Christina von Braun/Eva-Maria Ziege (Hgg.), Das bewegliche Vorurteil: Aspekte des internationalen Antisemitismus, Würzburg 2004, S. 81-100, hier S. 87-88.

[7] In seiner Studie verweist Michel Dreyfus auf den Antisemitismus in der belgischen Arbeiterbewegung und auf die hohe Relevanz dieses Untersuchungsgegenstands. Vgl. Dreyfus, S. 344-345.

[8] Siehe Arno Herzig, Judenhaß und Antisemitismus bei den Unterschichten und in der frühen Arbeiterbewegung, in: Ludger Heid/Arnold Paucker (Hgg.), Juden und deutsche Arbeiterbewegung bis 1933. Soziale Utopien und religiös-kulturelle Traditionen, Tübingen 1992, S. 1-18, zu den gegen Juden gerichteten Handwerkerunruhen in Wien 1848 vgl. ebda., S. 11.

[9] Hier ist darauf zu achten, ob diese Darstellungen tatsächlich linken Ursprungs waren oder im linken Milieu nur tradiert wurden. Zur bildlichen Überlieferung in der Emanzipationszeit siehe Peter Dittmar, Die Darstellung der Juden in der populären Kunst zur Zeit der Emanzipation, München/London/New York/Paris 1992. Dort ist auch eine der frühen Rothschild-Karikaturen unter dem Titel „Seyd umschlungen Millionen!“ zu finden, die im Übrigen eine naturgetreue Übernahme einer 1817 in England entstandenen Darstellung Nathan Rothschilds an der Londoner Börse darstellt. Vgl. ebda., Abb. 116, S. 211. Die englische Vorlage mit dem Titel „A View from the Royal Exchange“ befindet sich im British Museum in London (vgl. Inventar-Nr. AN00675449_001). Zu den Karikaturen siehe außerdem den Klassiker von Eduard Fuchs, Die Juden in der Karikatur. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte, München 1921. Einen sehr guten Einstieg in die dreidimensionale Überlieferung bietet Falk Wiesemann, Antijüdischer Nippes und populäre „Judenbilder“. Die Sammlung Finkelstein, Essen 2005.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/798

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