Europäische Netzwerke der geistlichen Ritterorden an der Kurie im 13. Jahrhundert

1000 Worte Forschung: Laufendes Habilitationsprojekt im Fach Mittelalterliche Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Ausgangspunkt und Fragestellung

Den drei großen geistlichen Ritterorden, den Templern, Johannitern und dem Deutschen Orden, unterstellt man vielfach ähnlich den etwas später entstandenen Bettelorden eine große Nähe zu den Päpsten. Sie hätten, beim Deutschen Orden wegen dessen Nähe zu den Staufern natürlich mit Einschränkungen, als eine Speerspitze der römischen Kurie bei der Durchsetzung von deren Zielen vor Ort gegen die Diözesanbischöfe sowie gegen lokale und regionale Machthaber gewirkt. Im Gegenzug seien sie von den Päpsten reich privilegiert worden. Dass sowohl die Ritter- als auch die Bettelorden wegen ihrer exemten Stellung kritisiert wurden, ist unbestreitbar. Aber welchen Einfluss sie an der römischen Kurie wirklich hatten, ist bisher noch nie im vergleichenden Zusammenhang untersucht worden. Das Habilitationsprojekt möchte dies für die geistlichen Ritterorden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts versuchen.



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Quelle: https://mittelalter.hypotheses.org/11268

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Ein süddeutsches Graduale des Deutschen Ordens: die Handschrift St. Peter a VII 20 in Salzburg

Bernhart Jähnig zum 75. Geburtstag gewidmet Gliederung 1. Einleitung 2. Die Handschrift: Kodikologie 3. Die Handschrift: Inhalt und Besonderheiten 3.1. Das Temporale 3.2. Das Sanktorale 3.2.

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/8903

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Die Außenpolitik des Deutschen Ordens unter Hochmeister Konrad von Jungingen (1393-1407)

1000 Worte Forschung: Abgeschlossene Dissertation Hamburg 2015, erscheint Mitte 2016 bei V&R unipress in der Reihe Nova Mediaevalia, Band 15. „Blüthenzeit“ – mit dieser Bezeichnung wurde die Hochmeisterschaft Konrads schon von Johannes Voigt 1834 charakterisiert.[1] Anlass für eine solche Bewertung…

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/8114

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Der königlich-bayerische Hubertusritterorden & sein Zeremonienkleid

Obwohl hier in Bayern der Orden des Hl. Georg als Hausritterorden der Wittelsbacher wohl die meiste Bekanntheit genießt, ist es eigentlich ein anderer, der als oberster Hausorden der Dynastie gilt: Der königlich-bayerische Hausritterorden vom Heiligen Hubertus.

Am 3. November wird der Gedenktag des Hl. Hubertus von Lüttich (*655-†727) gefeiert. Viele hundert Jahre nach der Erhebung der Reliquien des Bischofs gründete Gerhard II. von Jülich-Berg im Jahre 1444 den Orden des Heiligen Hubertus, um an seinen Sieg in der Schlacht bei Linnich an eben jenem Hubertustag zu erinnern. Doch wie kam der Orden nun nach Bayern?



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Quelle: http://hofkultur.hypotheses.org/41

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Ein unbekanntes Fragment mit den Homilien des Beda Venerabilis

In den letzten Jahren wurden die 386 liturgischen Fragmente, die sich hauptsächlich an den Amtsrechnungen der ehemaligen preußischen Ämter befanden, wissenschaftlich bearbeitet.[1] Ein weiterer Band soll nun die nicht-liturgischen Fragmente erschließen, so dass der gesamte Fragmentbestand aus dem Historischen Staatsarchiv in Königsberg dann der Forschung vorliegt. Die meisten der in diesem Bestand vorhandenen deutschsprachigen Fragmente wurden von Ralf Päsler bereits aufgearbeitet.[2] Gleichwohl sollen diese deutschen Fragmente und die neu aufgetauchten in dem abschließenden Katalog erneut aufgeführt werden.

Recto-Seite 2 mit Beschriftung des Trägerbandes GStA Berlin, vorläufige Signatur XX. HA, Hs 86, Nr. 21 (Bild: Anette Löffler)

Recto-Seite 2 mit Beschriftung des Trägerbandes
GStA Berlin, vorläufige Signatur XX. HA, Hs 86, Nr. 21
(Bild: Anette Löffler)

In diesem Fundus befindet sich ein Doppelblatt aus Pergament, das als Kopert zur Jahresrechnung des Amts Neuhaus in den Jahren 1600/1601 gedient hatte, wie die Kopert-Beschriftung aus dem frühen 17. Jahrhundert ausweist.[3] Die Bindungslöcher der Jahresrechnung sind noch sichtbar, ebenso der Platz des ehemaligen Signaturschildchens. Das für die Sekundärverwendung als Kopert an den Rändern umgeknickte Pergament wurde inzwischen in der Restaurierungsabteilung des GStA geglättet. Die 1. Seite des Doppelblatts wurde am Rand beschnitten, was einen Textverlust von ca. 20% nach sich zog. Mit einem Schriftraum von 370 x 230 mm und einem Außenmaß der kompletten Seite von 400 x 260 mm besaß der ehemalige Codex eine stattliche Größe im Großfolio-Format.

Die Ausstattung ist vergleichsweise unspektakulär. Die Überschriften sind in roten Majuskeln gehalten. Neben einzeiligen schwarzen Lombarden existiert zu Beginn einer neuen Homilie eine vierzeilige rote Lombarde mit ornamentaler Verzierung. Bei der Schrift handelt es sich um eine spätkarolingische Minuskel. Die Datierung dieser Minuskel sowie die Provenienzbestimmung gestaltet sich hingegen schwieriger als erwartet.

Das Schriftbild der Minuskel ist sehr einheitlich und weist einen gleichmäßigen Duktus auf. Die einzelnen Buchstaben sind wenig geneigt. Ober- und Unterlängen sind vergleichsweise kurz, lediglich beim x sind sie weiter nach unten ausladend.  Abbreviaturen werden außerordentlich zurückhaltend verwendet. Der Schreiber benutzt sie lediglich bei Worten wie dni/dno/dns (domini/domino/dominus), xpo/xpm/xpi (Christo/Christum/Christi), apli/aplis (apostoli/apostolis), usq (usque), ee (esse), spu (spiritu), frs (fratres), nros (nostros), kmi (karissimi), nob (nobis), oma (omnia), sci (sancti), dm/ds/do (deum/deus/deo). Pro wird selten abgekürzt (z. B. proposita: Verso-Seite 2, rechte Spalte, Z. 23), dasselbe gilt für per (z. B. semper: Recto-Seite 1, rechte Spalte, 5, Z. von unten). Generell verwendet der Schreiber den gängigen Abkürzungsstrich für m und n. Eine spezifische Ausprägung findet sich bei e caudata, also etwa in den Wörtern nre (nostre) oder ecce (ecclesie). Hier führt der Schreiber von der unteren Rundung des e einen keilförmigen Strich von rechts oben nach links unten.

Aufgrund der Schriftmerkmale ergibt sich eine Datierung in die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Allerdings weist das äußere Erscheinungsbild auf die Abschrift von einer wesentlich älteren Vorlage. Darauf  weist bspw. auch der Schriftmodus auf der Verso-Seite 1 hin, wo eine neue Homilie beginnt. Sowohl die Schrift als auch die Anlage dieser Textstellen verweisen auf einen älteren Text. Die Rubriken führen wie im Homéliaire bavarois folgenden Text [vi]gilia sancti Petri [et Pauli] euangelium secundum Iohannem, gefolgt von dem Text aus Iohannes 21,15-19. Im Anschluss findet sich die Rubrik Omelia [venera]bilis Bede presbiteri [de eode]m lectione.[4] Auch die Schrift ist einer älteren Quelle nachempfunden, indem die Rubriken in Majuskeln ausgeführt werden und zudem auch die Schrift der Vorlage imitiert wird. Dies zeigt sich bspw. an dem Majuskel-M, das durch seine Bögen ganz eindeutig auf entsprechende alte Quellen hinweist.

Ein Vergleich mit anderen Texten ergibt bezüglich der Datierung ein gewissermaßen leicht diffuses Bild. Eine Datierung in die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts erscheint deshalb angebracht.[5] In Verbindung mit einer möglichen Provenienz gestaltet sich das Bild allerdings nicht einheitlicher. Zwar sind die meisten der von der Schrift vergleichbaren Handschriften im weitestgehend süddeutschen Raum einzuordnen, dennoch dürfte das hier vorliegende Fragment nicht zwangsläufig ebenfalls in dieser Gegend zu verorten sein. Ähnliche Schriftelemente finden sich bspw. in einem möglicherweise aus Köln stammenden Psalter Hs 45, der um 993/996 geschrieben wurde, wobei diese Datierung für die hier vorliegenden Fragmente nicht in Frage kommen.[6] Gleiches gilt für die ähnliche Schriftausprägung in dem Homiliar Cod. Aug. perg. XVI von der Reichenau, das in das 2. Drittel des 10. Jahrhunderts datiert wird.[7] Zwei weitere liturgische Handschriften bzw. Fragmente aus der Mitte des 11. Jahrhunderts sind von der Schrift noch vergleichbar. Dies ist einmal ein Pontifikale aus Südost-Deutschland, welches sich heute in der Stadtbibliothek Schaffhausen befindet,[8] sowie ein wahrscheinlich aus England stammende Psalterfragment aus dem Bestand des Schlossmuseums Sondershausen.[9]

Die in diesem Fall statthaft erscheinende Datierung in die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts ist eben auch der uneinheitlichen Überlieferung sowie der alten Vorlage geschuldet. Damit ist aber auch wahrscheinlich, dass das vorliegende Homiliar-Fragment nur ganz allgemein aus dem deutschen Überlieferungsbereich stammt. Eine Entstehung in Preussenland scheidet aufgrund des Alters somit vollständig aus.

Auf welchen Wegen diese Handschrift nach Preussenland gelangte, ist nicht mehr rekonstruierbar. Im Ordensland müssten selbstverständlich eine erhebliche Anzahl derartiger Handschriften in Benutzung gewesen sein. Allein schon für das Stundengebet waren derartige Bücher notwendig. Allerdings sind kaum Hinweise auf die Existenz von Homiliaren im Ordensland zu finden. In den Statuten des Deutschen Ordens finden sich weder in der Regel noch in den Gesetzen oder in den Gewohnheiten entsprechende Indizien für eine Verwendung von Homiliaren.[10] Im Großen Ämterbuch des Deutschen Ordens, in dem auch der Buchbesitz in den einzelnen Komtureien, Pfarren und Kirchen wenn auch sehr plakativ und lediglich in quantitativem Maßstab aufgeführt wird, kommt nur zum Jahr 1405 für die Pfarrei Thorn ein omelia de sanctis vor.[11] Nicht von der Hand zu weisen ist natürlich auch die Vermutung, dass die Handschriften, die wir heute als Homiliare bezeichnen in den mittelalterlichen Quellen anderweitig bezeichnet werden, etwa als Lectionarium, Sermonarium o.ä.[12] Auch Arno Mentzel-Reuters konnte in seiner Habilitation über den Buchbesitz im Deutschen Orden keine expliziten Homiliare erkennen.[13] Im Großen Ämterbuch finden sich unter den Begriffen buch mit sermones oder predigbucher wenigstens einige wenige Nachweise.[14] Auch ein buch dorinne lectiones kommt in den Jahre 1507 und 1508 für Preussisch Mark vor.[15]

Dennoch befanden sich im Ordensbesitz mit Sicherheit Homiliare. Nach der Reformation und der Umwandlung des preußischen Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum wurde ein Teil der ehemaligen Buchbestände der Ordenskonvente in der Ordensliberei Tapiau aufbewahrt.[16] Diese Bestände wurden 1541-1543 in die Schlossbibliothek nach Königsberg überführt. Von dieser Überführung existiert ein heute im GStA Berlin aufbewahrtes Verzeichnis.[17] Dort finden sich zwar mehrfach Predigtsammlungen sowie einige liturgischen Handschriften, unter den knapp 340 Büchern ist jedoch kein Homiliar genannt oder umschrieben.

Wie die meisten Jahresrechnungen der preußischen Ämter sind auch die des Amtes Neuhaus nahezu lückenlos überliefert. Weitere Fragmente wurden für einige Neuhauser Jahresrechnungen „verarbeitet“. So sind auch die Jahre 1593/94, 1601/02, 1605/06, 1607/08, 1614/15, 1615/16, 1617/18 sowie 1619/20 mit liturgischer Makulatur versehen.[18] In diesen Zeitraum fügt sich das vorliegende Fragmente den Rechnungsjahren 1600/01 perfekt ein. Außerdem legt dies den Gedanken nahe, dass diese Amtsrechnungen offensichtlich von demselben Buchbinder in einer Art konzertierter Aktion eingebunden wurden. Ihre Zugehörigkeit zu einer Konventsbibliothek des Deutschen Ordens gewinnt dadurch an Gewicht, dass es sich bei der liturgischen Makulatur um Handschriften handelt, die der Liturgie des Deutschen Ordens folgten.[19]

Beginn der Homilie zu Vigilia Petri et Pauli GStA Berlin, vorläufige Signatur XX. HA, Hs 86, Nr. 21 (Bild: Anette Löffler)

Beginn der Homilie zu Vigilia Petri et Pauli
GStA Berlin, vorläufige Signatur XX. HA, Hs 86, Nr. 21
(Bild: Anette Löffler)

Inhaltlich gesehen handelt es sich um Teile der Homilien 20 und 22 des Beda Venerabilis.[20] Aus den fehlenden Textteilen ergibt sich, dass es sich bei diesem Doppelblatt um das zweitinnerste einer Lage handeln muss. Beide Homilien entstammen dem Sanktorale. Homilia 20 birgt Teile zu dem Fest der Geburt Johannes des Täufers (24. Juni), Homilia 22 mit dem Initium Virtutem nobis perfectae dilectionis den Beginn zur Vigil von Petrus und Paulus (28. Juni). Diese beiden Homilien finden sich außer im Homéliaire bavarois noch im Homiliar von Mondsee, im Homiliar des Hrabanus Maurus sowie in der Sammlung des Smaragdus.[21] Ihren Stammplatz besitzen diese beiden Homilien allerdings im Homeliar des Paulus Diaconus, wo sie auch direkt aufeinander folgen.[22] In der genannten Reihenfolge erscheinen die beiden Homilien auch im Homeliar von Mont Saint-Michel, einer Handschrift des 12. Jahrhunderts.[23] Die Homilie zur vigilia von Petrus und Paulus ist allerdings nicht mit der im Fragment vorliegenden identisch, obwohl das Initium gleich beginnt, dann aber wie schon aus der Überschrift im Codex kenntlich sich als Omelia Claudii presb. de eodem lectione, also einem Auslegungsteil des Alcuin zum Johannes-Evangelium, erweist.[24]

Die textliche Überlieferung orientiert sich überwiegend an der Handschriftenfamilie, die in der Edition der Classis I B (Codices deteriores) zugehörig sind.[25] Lediglich mit der Handschrift L der Classis II A (Codices meliores) weist das Fragment weitere Gemeinsamkeit in der Textüberlieferung auf.[26]Alle vier Textzeugen stammen aus dem 10. bis 11. Jahrhundert. Allerdings sind im vorliegenden Fragment weitere, in der Edition nicht berücksichtigte, Textvarianten vorhanden. In Homilia 20 wird das Wort autem durch ein enim ersetzt.[27] Und zu Beginn der Homilia 22 heißt es im Fragment totiens statt toties und wenige Zeilen darunter in dominum statt in deum.[28] Noch eine weitere Abweichung taucht in Homilia 22 auf, nämlich die Einfügung von et gegen Ende des Textes.[29]

 

[1] Anette Löffler: Fragmente liturgischer Handschriften des Deutschen Ordens im Historischen Staatsarchiv Königsberg (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung 18, hg. von Udo Arnold), Lüneburg 2001; dies.: Fragmente liturgischer Handschriften des Deutschen Ordens aus dem Historischen Staatsarchiv Königsberg/Preußen II (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung 24, hg. von Udo Arnold), Marburg 2004; dies.: Fragmente liturgischer Handschriften des Deutschen Ordens im Historischen Staatsarchiv Königsberg/Preußen III (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung 28, hg. von Udo Arnold), Marburg 2009.

[2] Ralf Päsler: Katalog der mittelalterlichen deutschsprachigen Handschriften der ehemaligen Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg (Schriften des Bundesinstituts für Ostdeutsche Kultur und Geschichte 15, hg. von Uwe Meves), Oldenburg 2000, hier S. 154-179. Dazu auch ders.: Deutschsprachige Sachliteratur im Preußenland bis 1500. Untersuchungen zu ihrer Überlieferung (Aus Archiven, Bibliotheken und Museen Mittel- und Osteuropas 2, hg. von Klaus Garber und Axel E. Walter), Köln 2003.

[3] Signatur des Trägerbandes: GStA Berlin, XX. HA., Ostpr. Fol. 7662. Das Fragment trägt die vorläufige Signatur Hs 86, Nr. 21.

[4] Henri Barré: Les Homéliares carolingiens de l’École d’Auxerre. Authenticité – Inventaire – Tableaux comparatifs – Initia (Studi e Testi 225), Città del Vaticano 1962, S. 25-26 und 218.

[5] Für kollegialen Rat danke ich einmal mehr Prof: Dr. Herrad Spilling, Stuttgart.

[6] Glaube und Wissen im Mittelalter. Die Kölner Dombibliothek, Köln 1998, S. 219-224, mit weiterer Literatur.

[7] Vor dem Jahr 1000. Abendländische Buchkunst zur Zeit der Kaiserin Theophanu, Köln 1991, S. 116-117, mit weiterer Literatur.

[8] Europas Mitte um 1000, hg. von Alfried Wieczorek / Hans-Martin Hinz, 3 Bde., Stuttgart 2000, hier Bd. 3, S. 434-435.

[9] Bestandskatalog zur Sammlung Handschriften- und Inkunabelfragmente des Schloßmuseums Sondershausen, hg. von Gerlinde Huber-Rebenich / Christa Hirschler (Sondershäuser Kataloge III), bearb. von Matthias Eifler, Almuth Märker und Katrin Wenzel, Jena 2004, S. 119.

[10] Max Perlbach (Hg.): Die Statuten des Deutschen Ordens, Halle 1890, ND Hildesheim 1975.

[11] Walther Ziesemer (Hg.): Das Größe Ämterbuch des Deutschen Ordens, Danzig 1921, S. 462, Z. 7.

[12] Ein mitteldeutsches Lektionarfragment aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts befindet sich bspw. unter den deutschen Königsberger Fragmenten, s. Ralf Päsler: Katalog der mittelalterlichen deutschsprachigen Handschriften der ehemaligen Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, hg. von Uwe Meves (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte 15), München 2000, S. 173.

[13] Arno Mentzel-Reuters: Arma spiritualia. Bibliotheken, Bücher und Bildung im Deutschen Orden (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 47, hg. von Michael Knoche), Wiesbaden 2003.

[14] Ziesemer (wie Anm. 11) für den obersten Marschall in der Komturei Königsberg in den Jahren 1431-1438 16 predigebucher, S. 29, Z. 15; S. 32, Z. 13; S. 34, Z. 35; S. 39, Z. 6; S. 40, Z.21 oder für die Sakristei der Komturei Osterrode 1449 5 bucher sermonen S. 337, Z. 31 und 35.

[15] Ziesemer (wie Anm. 11), S. 146, Z. 27 und S. 147, Z. 37.

[16] Hans-Georg Malz: Das Bibliothekswesen des Deutschen Ordens in Preußen unter besonderer Berücksichtigung des Verzeichnisses der Ordensliberei Tapiau, ungedruckte Diplomarbeit, Köln 1970, hier S. 55 ff.

[17] GStA Berlin, EM, Tit. 71,1, Nr. 43. Ein weiterer Abdruck auch bei Eckhard Grunewald: Das Register der Ordensliberei Tapiau aus den Jahren 1541-1543, in: Berichte und Forschungen. Jahrbuch des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte 1 (1993), S. 55-91.

[18] Löffler I (wie Anm. 1), Nr. 128, S. 157-158; Nr. 133-137, S. 162-169; Nr. 139, S. 170-172.

[19] Nr. 128, 135, 137, 139 und 140: Missale OT;Nr. 133 und 134: Antiphonarium OT;

[20] Beda Venerabilis Opera, Pars III: Opera homiletica, Pars IV: Opera rhytmica (Corpus Christianorum, Series Latina 122), Turnhout 1965, S. 333-334, 342, 344 und. 346-348. Patrologiae cursus completus, series Latina (künftig: PL), hg. von Jacques-Paul Migne, Paris 1844 ff., 94, Sp. 210-214 und 214-219.

[21] Barré (wie Anm. 4), S. 25-26 und 218.

[22] Reginald Grégoire: Homéliaires liturgiques médiévaux. Analyse de mansucrtits (Biblioteca della „Studi medievali“ 12), Spoleto 1980, S. 461, Nr. 44-45, in der Überlieferung der Karlsruher Handschrift Hs. Augiensis 15 aus dem 9. Jahrhundert..

[23] Raymond Étaix: Homéliaries patristiques latins. Recueil d’études de manuscrits médiévaux (Collection des études Augustiniennes, Série moyen âge et temps modernes 29), Paris 1994, S. 281, Nr. 129, zu Beginn des Sommerteils des Sanktorale.

[24] Étaix (wie Anm. 23), S. 281; PL 100, Sp. 1000D-1003B.

[25] CCSL 122 (wie Anm. 20), S. XVII-XVIII.

[26] CC SL 122 (wie Anm. 20), S. XVIII.

[27] CCSL 122, (wie Anm. 20), S. 333, Z. 178.

[28] CC SL 122 (wie Anm. 20), S. 344, Z. 7 und 10.

[29]  CC SL 122, (wie Anm. 20), S. 347, Z. 206, zwischen erant und ceteri.

Über die Autorin: Dr. Anette Löffler M.A. promovierte zu einem Thema der spätmittelalterlichen hessischen Landesgeschichte. Nach der Promotion war sie in verschiedenen Handschriftenabteilungen, in Bibliotheken und Archiven als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Liturgie des Deutschen Ordens, Fragmentforschung sowie die Erforschung mittelalterlicher Buch- und Bibliotheksbestände.

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/889

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Liturgische Handschriften des Deutschen Ordens im Ordensland Preußen und in der Ballei Böhmen-Mähren. Ein Vergleich


Missale des Deutschen Ordens (Fragment). GStA Berlin, Hs 85, Nr. 361. Foto: Anette Löffler

Liturgische, mittelalterliche Handschriften gelten gemeinhin als omnipotent: überall vorhanden, überall verfügbar und inhaltlich ziemlich gleichartig, ein Stück Massenware. Die Omnipotenz zeigt sich unter anderem bereits an der großen Anzahl von Faksimiles einzelner liturgischer Handschriften.[1] Die Erschließung liturgischer Codices in den Bibliotheken weist jedoch auf die trotz ihrer äußerlichen Gleichartigkeit sehr unterschiedliche Liturgieausprägung hin.[2] Inzwischen gibt es eine weitreichende Forschung zu diesem Thema aus kodikologischer, theologischer, historischer und musikwissenschaftlicher Sicht.[3]

Die oben aufgeführte Verallgemeinerung muss bezüglich des Deutschen Ordens sehr stark relativiert werden. Natürlich waren die notwendigen liturgischen Texte in den meisten Ordenskirchen vorhanden, aber überliefert haben sich nur sehr wenige.  Dies gilt gleichermaßen für die Balleien im Reich wie für das Ordensland Preußen. Insgesamt ca. 50 liturgische Handschriften und ca. 300 liturgische Fragmente des Deutschen Ordens sind heute bekannt.[4] Die Balleien Böhmen und Mähren sowie Preußen nehmen hier zwei Extrempositionen ein. Während jedoch für Böhmen nur wenige Forschungsergebnisse bezüglich liturgischer Codices zumal des Deutschen Ordens, vorliegen,[5] ist Preußenland vergleichsweise gut erschlossen.[6]

Aus diesen insgesamt wenigen heute noch vorhandenen Handschriften und Fragmenten auf die Liturgie und ihre regionale Ausprägung zu schließen, ist schwierig, aber absolut notwendig. Ein Vergleich von zwei Ordensregionen verdeutlicht die unterschiedlichen Überlieferungsbedingungen… [Den vollständigen Artikel können Sie  h i e r  als pdf-Datei ansehen oder herunterladen].

[1] Eine Zusammenfassung unter http://www2.bsz-bw.de/bibscout/A/AM/AM40000-AM97400/AM58000-AM59900/AM59000/AM.59050.

[2] Über die Handschriftenkataloge zu liturgischen Codices siehe in http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/hs-online.htm. In den letzten Jahren sind verstärkt auch Kataloge liturgischer Fragmente erschienen. Siehe hierzu  Maria Kapp: Handschriftenfragmente im Stadtarchiv Goslar. Teil I: Die liturgischen Fragmente, Goslar 1994. Weiter: Handschriften in Goslar, bearbeitet von Maria Kapp. Wiesbaden 2001 (= Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen, Kurzkatalog 5). Ausgewählte liturgische Fragmente aus der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg. Aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens des Liturgiewissenschaftlichen Instituts Regensburg (Institutum Liturgicum Ratisbonense), hg. von Karl Joseph Benz, unter Mitarbeit von Raymond Dittrich. (Bischöfliches Zentralarchiv und Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg, Kataloge und Schriften, hg. von Paul Mai, Band 23) Regensburg 2007. Konrad Wiedemann / Bettina Wischhöfer: Einbandfragmente in kirchlichen Archiven aus Kurhessen-Waldeck (Schriften und Medien des Landeskirchlichen Archivs Kassel 21). Kassel 2007.

[3] Hier sei nur auf einige Beispiele verwiesen: Hanns Peter Neuheuser: Rechtssicherung durch Sakralisierung. Die Eintragung von Rechtstexten in liturgische Handschriften, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Kanonist. Abt. 121 (2004), S. 355-405. Paula Väth: Die spätmittelalterlichen liturgischen Handschriften aus dem Kloster Salem (Europäische Hochschulschriften, 28, 178), Frankfurt a. M. et al. 1993.

[4] Diese werden heute in der Staatsbibliothek Bamberg, der KBR Brüssel, der BPGAN Danzig, der ULB Darmstadt, der ULB Fulda, der WLB Stuttgart, der Seminarbibliothek Pelplin, der BM Laon, der KB Stockholm, der StB Olmütz, dem GStA Berlin, dem PfarrA Wissembourg, dem Archiv Utrecht, im HStA Marburg, Pfarrarchiv Lengmoos, Musée La Chartreuse in Molsheim sowie im Zentralarchiv des Deutschen Ordens Wien aufbewahrt.

[5] Hana Vlhovä: Katalogisierung und Edition mittelalterlicher liturgischer Handschriften aus Böhmen, in: Die Erschließung der Quellen des mittelatlerlichen liturgischen Gesangs, hg. von David Hiley, Wiesbaden 2004, S. 217-240.

[6] Zu den Katalogen der liturgischen Fragmente siehe Fußnote 47. An Spezialuntersuchungen Henryk Piwoński: Kult swiętych w zabytkach liturgicznayh Krzyżaków w Polsce (Heiligenverehrung in liturgischen Schriften der Deutschordensritter in Polen), in: Archiwa, Biblioteki i Musea Kościelne 42 (1983), S. 284-346. Ders.: Indeks sekwencij w zabytkach liturgicznych Krzyzakow w Polsce (Index sequentiarum in monumentis liturgicis Cruciferorum in Polonia), in: Archiwa, Biblioteki i Muzea Kościelne 51 (1985), S. 221-244. Waldemar Rozynkowski: Krzyżackie księgi liturgisczne w parafiach diecezij: Chełmińskiej, Pomezańskiej, Warmińskiej oraz Włocławskiej po 1466 roku, in: Kościół w Polsce, hg. von Jan Walkusz (Dzieje i kultura 4), Lublin 2005, S. 237-246.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/861

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Die Kriegsführung des Deutschen Ordens im Baltikum

Zur Zeit des Hochmittelalters herrschte die allgemein verbreitete Denkweise, dass die Herrschaftsbildung und der Erwerb von Besitztümern in einem heidnischen Gebiet durch christliche Herrscher sowie Ritter und Adlige dazu dienten, dort die christliche Mission voranzutreiben und zu schützen und alle Widerstände gegen das Christentum zu beseitigen. So sollte der „weltliche Arm“, das heißt militärische und politische Mittel die Ausbreitung des Christentums vorantreiben. Mit der Bewältigung dieser Aufgaben waren Ritterorden wie der Deutsche Orden betraut, die im Heiligen Land gegründet worden waren.1

So kam es im Jahre 1147 dazu, dass erstmals erwogen wurde, das ursprüngliche Vorhaben der Kreuzzugsidee, nämlich die Verteidigung des Christentums bzw. die Wiedergewinnung heiliger Stätten in Jerusalem, auf die Gebiete der Heiden in den Gebieten wie Brandenburg, Mecklenburg und Pommern zu übertragen. Bei dieser Adaption der Kreuzzugsidee ging es darum, einen „religiös verdienstlichen Heidenkampf[…]“2 für die „Wiedererlangung christlicher Besitzrechte oder zum Schutze der Kirche oder der Christen“3 gegen die als heidnisch bezeichneten Völker in nordosteuropäischen Gebieten zu führen. Ursprünglich musste ein, im Sinne des von Kirchenvater Augustinus von Hippo ausgerufener, „gerechter Krieg“ „im Namen und auf Anordnung einer legitimen Autorität“4 wie z.B. dem Papst oder dem Kaiser ausgerufen werden. Weiterhin musste dem heiligen Krieg ein gerechter Kriegsgrund wie eine Unrechtshandlung des Gegners zugrundeliegen und gute Absichten mussten mit der Ausübung des Krieges verbunden sein.5

Im folgenden Artikel soll der heutige Forschungsstand über das Kriegswesen des Deutschen Ordens in Preußen, Livland vorgestellt werden.

Ab der Mitte des 12. Jhr. begannen die Kreuzzüge gegen die heidnischen Elbslawen und gegen Ende des 12. Jhr. bzw. am Anfang des 13. Jhr. gegen die heidnischen Völker im Baltikum. Unter ihnen waren neben den Letten, Kuren, Esten auch die Litauer, Prußen und Liven.6 Letztere drei Völker sollten vor allem vom Deutschen Orden, einem geistlichen Ritterorden, christianisiert werden. Sogenannte geistliche Ritterordnen entstanden am Anfang des 12. Jhr. n. Chr. im Zusammenhang mit den Kreuzzügen von europäischen, christlichen Herrschern gegen muslimische Herrscher im Heiligen Land. Diese Ritterorden waren ähnlich einem geistlichen Glaubensorden mit Gelübden der „Keuschheit, Armut und Gehorsam“7 organisiert, verbanden dieses jedoch mit einer Art christlichem Rittertum und dem organisierten militärischem Kampf gegen die Gegner der Christen. Als einer der drei größten geistlichen Ritterorden war der Deutsche Orden als ein Feldlazarett (“Hospital Sankt Mariens des Deutschen Hauses zu Jerusalem”8) nach dem Dritten Kreuzzug im Zeitraum vom Winter 1189 bis Frühjahr 1190 entstanden. Diese Gruppe von Ordensbrüdern,  die sich aus Bremer und Lübecker Kreuzfahrern zusammen setzte, machte es sich zur Aufgabe, die Kranken und Verletzten während einer Belagerung zu versorgen und sich am Heidenkampf zu beteiligen.9 Obwohl nach der Eroberung Akkons in Syrien die Brüder des neuen Ordens nicht die Befehlsgewalt über alle Spitäler Akkons erhielten, nahmen ihre Besitztümer und ihr Einfluss in und um Akkon zu. Im Laufe der nächsten Jahre erhielten sie weitere Privilegien und waren für die „Versorgung der Pilger, Kranken und Bedürftigen“10 zuständig und wurden nach ihrer Erhebung 1198 zu einem Ritterorden auch in den militärischen Kampf gegen die Sarazenen einberufen.11 Schließlich wurde die Erhebung zum Ritterorden am 19. Februar 1199 von Papst Innnozenz III. bestätigt.12

Der heutige Forschungsstand über die Kriegsführung des Deutschen Ordens

Nach der Rückeroberung des Heiligen Landes durch die Sarazenen ab 1291 zogen sich auch die Brüder des Deutschen Ordens endgültig von dort zurück. Dem Deutschen Orden blieben zahlreiche einzelne Besitzungen im Heiligen Römischen Reich und auch außerhalb des Reiches, jedoch besaßen sie kein zusammenhängendes größeres Territorium, über das sie alleine herrschen konnten.13 Zudem mussten sie auf der Balkanhalbinsel die Besitzung Burzenland in Siebenbürgen, die sie für ihre Hilfe in der Schlacht von 1211 gegen die Kumanen vom König von Ungarn erhalten hatten, wegen ihrer Vertreibung von dort bereits um 1225 wieder verlassen.14

Der Deutsche Orden im Baltikum

Schließlich wurde um 1225/1226 der Orden dringend gebeten, Konrad von Masowien zu helfen, seine Grenzen gegen den Einfall der heidnischen Prußen zu verteidigen.15 Außerdem sollte die Christianisierung des Baltikums fortgeführt werden, denn bereits von 1200 bis 1226 hatten polnische Herzöge zahlreiche vergebliche Versuche unternommen, durch Kreuzzüge die heidnischen Prußen zu christianisieren. Der 1216 vom Papst Innozenz III. zum Bischof von Preußen ernannte Christian organisierte viele dieser gewaltsamen Unternehmungen und bemühte sich zugleich, Besitzungen östlich der Weichsel im pommerellischen-prußischen Grenzgebiet zu erlangen.16 Im Kruschwitzer Vertrag übergab Konrad um 1230 dem Deutschen Orden, unter der Leitung des Hochmeisters Hermann von Salza, Gebiete wie das Kulmer Land, das Löbauer Land, alle künftigen eroberten Gebiete im Preußenland sowie die am linken Weichselufer gelegenen Städte Orlow und Nessau, die als die Ausgangspunkte für die ersten Eroberungsfeldzüge fungieren sollten.  Kaiser Friedrich II. stattete in der Goldenen Bulle von Rimini, deren Ausstellung entweder auf 1226 oder 1235 datiert wird, den Deutschen Orden mit weiteren Privilegien zur Eroberung des Preußenlandes aus und bestätigte die Schenkungen Konrads.17

So begannen die Ordensbrüder ab 1230/1231 unter der Leitung des Landmeisters Hermann von Balk mit der Eroberung des Preußenlandes „entlang der Weichsel und […] der Ostküste“18 und errichteten mit Hilfe der Kreuzfahrer  zahlreiche Städte und Burgbefestigungen, sorgten für die „Ansiedlung christlicher Bevölkerung“19, verpflichteten die unterworfenen Prußen zu Dienstleistungen und unternahmen gewaltsame Missionierungsversuche der Prußen. Zudem wurden die Ordensritter bei ihren ersten Kreuzzügen gegen die Prußen durch die Truppen der polnischen Herzöge aus Kujawien, Masowien, Schlesien und dem pommerellischen Herzog Swantopolk unterstützt.20

Bis 1233 war das Kulmerland weitestgehend erobert und man zog in das prußische Pomesanien und errichtete dort Stützpunkte und griff prußische Burgen an. Ab 1237 wurden die Pogesanier unterworfen und die Burg Elbing (Elbląg) errichtet.21 Von 1240 bis 1255 eroberte man auch die Gebiete des Samlands an der Küste. Das Preußenland wurde ab 1243 in die vier Diözesen Pomesanien, Kulmerland, Ermland und Samland aufgeteilt und unterstand dem Schutz des Papstes. Schließlich wurden die Gebiete Preußens bis 1283 vom Deutschen Orden erobert.22

Zusätzlich zu den errungenen herrschaftlichen Befugnissen im Preußenland hatte sich auch in Livland um 1236 eine Perspektive für die Etablierung des Deutschen Ordens ergeben: Nach einer verheerenden Niederlage gegen die Litauer in Schaulen (Šiauliai) wurde der Schwertbrüderorden auf Geheiß des Papstes Gregor IX. vom Deutschen Orden inkorporiert und der Deutsche Orden führte die Missionierung Livlands weiter. Bereits seit 1185 hatten deutsche Kaufleute und Hartwig II, der Erzbischof von Hamburg-Bremen friedliche Versuche unternommen, die Liven zu christianisieren. Als dies scheiterte, ergriff man mit den Kreuzzügen gewaltsame Mittel zur Christianisierung der Bewohner Livlands und gründete 1202 den Schwertbrüderorden, der den Bischof bei seiner Mission unterstützen sollte.23 Die Missionierung Livlands ging einher mit der „systematischen Unterwerfung des Landes“24, was bedeutete, dass Livland zu zwei Dritteln in je zwei bischöfliche Kirchenstaaten unterteilt wurde und das letzte Drittel dem Schwertbrüderorden gehörte. Auch der Deutsche Orden durfte nach der Inkorporation des Schwertbrüderordens nur ein Drittel Livlands eigenständig beherrschen und unterstand „wie zuvor die Schwertbrüder, der Oberhoheit des Bischofs von Riga.“25 Von 1242 bis 1244 eroberte der Deutsche Orden zudem das benachbarte Kurland und ließ 1245 in Goldingen (Kuldīga) eine Burg errichten. Ein Drittel des Kurlandes unterstand künftig dem Deutschen Orden, zwei Dritteln den Bischöfen, allerdings war der Orden im Kurland nicht, wie in Livland, „der Obödienz des Bischofs unterworfen.“26 Die Organisation des Deutschen Ordens gliederte sich vermutlich seit ihren Anfängen in fünf Ämter (Großgebietiger), die dem Hochmeister untergeben waren. Es gab den Großkomtur, der die meisten Besitzungen des Ordens besaß und verwaltete und der Stellvertreter des Hochmeisters war. Weiterhin war der Spittler „der Oberaufseher des Spitalwesens“, der Tressler „verwaltete die Privatschatulle und das persönliche Vermögen des Hochmeisters“27. Dem Obersttrappier oblag die Zensorenbefugnis über Kleidung und Erscheinung der Ordensritter und dem Marschall oblag alle Befehlsgewalt über das Militär. Zusätzlich gab es die Landmeister von Preußen und Livland sowie den Deutschmeister, der für die Balleien im Deutschen Reich zuständig war.28

Eine direkte Verbindung der Gebiete des Deutschen Ordens – Livland, Kurland und Preußen – war über Land nicht gegeben, denn zwischen Preußen und Livland steckte mit dem Land der heidnischen Samaiten, zugehörig zum Großfürstentum Litauen, ein Keil.29 Die jeweiligen politischen Gegebenheiten sowie die geo-strategische Lage des Deutschen Ordens in Livland und Preußen bargen angesichts der zentralen Vorhaben des Deutschen Ordens wie der Oberherrschaft über die heidnischen Gebiete, dem Heidenkampf und der Christianisierung reichlich Konfliktpotenzial: Der Deutsche Orden befand sich einerseits inmitten prußischer Bevölkerung und benachbart zu polnischen Herzögen, andererseits inmitten der Liven und benachbart zu russischen und litauischen Fürsten sowie weiteren heidnischen Völkern. Auch die fortschreitende Expansion und die Machtzunahme des Deutschen Ordens sorgten für weitere Konflikte, die sich wiederholt in kriegerischen Auseinandersetzungen entluden. Folglich war die Eroberung und Besiedlung der Gebiete Preußen und Livland über die Jahre mit erheblichen Widerständen seitens der indigenen Bevölkerung oder der benachbarten Fürstentümer verbunden. Zwei dieser kriegerischen Auseinandersetzungen sollen im Folgenden beispielhaft und  überblicksartig vorgestellt werden, um daran anknüpfend den Forschungsstand über das Kriegswesen des Deutschen Ordens in Preußen und Livland zu ermitteln.

Die Feldzüge des Deutschen Ordens im Baltikum

Grundsätzlich unterscheidet man bei den kriegerischen Auseinandersetzungen des Deutschen Ordens im Baltikum zwischen territorialen Feldzügen und religiös-begründeten Feldzügen. Erstere hatten ihren Ursprung meist in politischen Differenzen und bei letzteren wurde die Ausführung des Feldzuges mit religiösen Zwecken begründet. Diese religiös begründeten Feldzüge können als eine Fortführung der Kreuzzüge verstanden werden. Welche machtpolitischen Ziele und Absichten im Einzelnen mit den Kriegen des Deutschen Ordens im Baltikum verfolgt wurden, steht aber nicht im Vordergrund dieser Untersuchung.

Ein Beispiel für einen territorialen Feldzug des Deutschen Ordens stellt folgende Begebenheit in Livland dar: Um sein eigenes Herrschaftsgebiet in Livland zu erweitern und „die Stellung des Ordenszweigs zu festigen und dessen Unabhängigkeit zu stärken“30, drängte der Deutsche Orden nach der Übernahme herrschaftlicher Befugnisse darauf, weitere Gebiete östlich von Livland wie die Fürstentümer Pleskau und Novgorod einzunehmen. Zwar eroberte der Deutsche Orden im Jahr 1240 die Stadt Pleskau (Pskow), wurde aber von dort wieder zurückgedrängt und erlitt am 5. April 1242 am Peipussee unter dem Landmeister Hermann Dietrich von Grüningen eine Niederlage gegen ein russisches Heer unter dem Großfürsten Alexander Newsky.31

Religiös-begründete Feldzüge des Deutschen Ordens stellten im Baltikum mitunter die jährlichen bzw. im Sommer und Winter stattfindenden „Littauerreisen“ oder „Preußenreisen“ dar, bei denen ab dem Jahr 1302/1304 aus dem Deutschen Reich und aus Westeuropa zahlreiche Kreuzfahrer kamen, um an den Grenzen Livlands gegen vermeintlich heidnische Gegner zu kämpfen. Unter den Gegnern des „Heidenkampfes“ waren auch die Litauer, die ab 1386 offiziell und in den Augen des Bischofs von Riga nicht mehr heidnisch waren, jedoch trotzdem unter dem Vorwurf angegriffen wurden, sie täuschten ihre Bekehrung nur vor. Diese „Reisen“ oder Heerfahrten wurden als Raubzüge geführt; man mag als Beweggründe und Motivation der „Reisenden“ für die Feldzüge zu Recht politische, ethische Gründe und auch das pure Vergnügen am Rittersport anführen; für die Christianisierung der angegriffenen Völker brachten diese Unternehmungen keinen Erfolg. Auch eine päpstliche Bulle von 1402 hielt den Deutschen Orden nicht davon ab, weitere Feldzüge zu führen. Erst 1422 ebbten die Angriffe ab und wurden allmählich eingestellt.32

Die Art der Kriegsführung

Hinsichtlich der Art der Kriegsführung des Deutschen Ordens mit den Strategien und angewendeten Kampftaktiken sowie den in Feldzügen verfolgten Zielsetzungen ist laut aktuellem Forschungsstand folgendes zu konstatieren: Für die Eroberung, Besetzung und Verwaltung der Gebiete des Deutschen Ordens im Baltikum stellten die zahlreichen Siedlungstätigkeiten, aber vor allem die Städtegründungen (die meist als Großburgen befestigt waren) und der Bau oder Ausbau von Burgbefestigungen eine zentrale Rolle dar. Durch die Burgen konnte auch der Zugang zur Weichsel, zum Frischen Haff und zum Nogat und damit auch zu Nachschüben an Truppen und Ressourcen gesichert werden.33 In den Burgen, die bis 1270 als Holz-Erde-Befestigungen konstruiert waren, waren häufig Komtureien enthalten, die, als das administrative und militärische Zentrum des Ordens, mit dem Komtur und zwölf ihm untergebenen Ordensrittern, begleitet von jeweils zwei Knechten sowie weiteren Kreuzfahrern, Waffenträgern oder Söldnern besetzt waren.34 Weitere wichtige Verwaltungs-einheiten des Deutschen Ordens waren zudem die Konvente und Kapitel.35

Bezüglich der Art und Weise, wie Kriege zwischen dem Deutschen Orden und seinen Gegnern geführt wurden und wie sich die Heftigkeit dieser kriegerischen Auseinandersetzungen begründete, ist zunächst festzustellen, dass niemand von seinem Gegner Schonung erwartete und daher brutal und erbarmungslos gekämpft wurde. Außerdem waren die vom Deutschen Orden geführten Kriege in der Regel Heidenkriege bzw. mussten als Kriege gegen Heiden deklariert sein, sodass die Gegner des Deutschen Ordens – eben da sie als heidnisch bezeichnet wurden  –  keinen Anspruch darauf hatten, „nach den Regeln des Rittertums behandelt zu werden.“36 Die im Baltikum praktizierte Kriegspolitik des Ordens mit der Kriegsstrategie der „Verbrannten Erde“ ähnelte einem Vernichtungskrieg, der nicht nur die vollständige militärische Unterwerfung der Gegner beinhaltete, sondern auch die Zerstörung der gegnerischen Infrastruktur, einhergehend mit der Plünderung sämtlicher verwertbarer Ressourcen sowie der Geiselnahme von Frauen und Kindern.37 Natürlich kämpften die Ordensbrüder im Baltikum auf eine andere Art und Weise als ihre Ordensbrüder im Heiligen Land, doch waren die Vernichtungskreuzzüge zeitgemäß und populär und im Kontext der frühmittelalterlichen Kreuz- und Feldzüge gängige Praxis.38

Bei den Feldzügen gegen die Prußen, aber auch auf den „Littauerreisen“ agierten die Truppen des Deutschen Ordens und der Kreuzfahrer in der Regel so, dass sie die Prußen bei ihren Wohnsitzen angriffen, ihre wirtschaftlichen Ressourcen wie z. B. Felder niederbrannten oder plünderten. Sie nahmen Frauen und Kinder zu Gefangenen, töteten alle waffenfähigen Männer, zerstörten Burgen und Dörfer, sodass ihren Gegnern nichts zur Wiederherstellung und Regeneration übrigblieb. Zudem sandte man häufig Kundschafter aus, bevor man einen Feldzug unternahm.39 Obwohl die Ritter des Deutschen Ordens sicherlich zu Beginn der Eroberung Preußens über die dortigen geographischen Gegebenheiten keine so guten Kenntnisse wie die Prußen besaßen, erwuchs ihnen im Kampf dadurch meist kein größerer Nachteil, da sie von ihrer Organisation, der Kampftaktik, ihrer Kampfausrüstung mit gepanzerten Reitern und Armbrust sowie ihrer Kampfstärke, deutlich im Vorteil waren.40

Die Kriege mussten jedoch aufgrund der geographischen Gegebenheiten anders als in mediterranen Ländern geführt werden, denn im Preußenland und Livland waren Truppenbewegungen oftmals durch dichte Wälder, Moore, Kälte und Schnee behindert. Hier waren die leicht bewaffneten baltischen Völker im Vorteil, die zudem die bessere Kenntnis über die geographischen Gegebenheiten besaßen. Für die Durchführung von Winterfeldzügen war man darauf angewiesen, dass Seen und Flüsse zugefroren waren.41

Um ein detaillreicheres Bild von der Art der Kriegsführung des Deutschen Ordens im Baltikum zu erhalten, ist es lohnenswert die Beschreibungen der Chroniken des Deutschen Ordens wie z. B. die des Peter von Dusburgs oder die der Älteren Hochmeisterchronik näher zu untersuchen. Viele der in diesem Artikel aufgeführten Beschreibungen der Kriegsführung finden sich auch in den Darstellungen wieder, doch manches Detail tritt in den Beschreibungen der Chronik auch deutlicher heraus. Auch muss immer wieder der Versuch unternommen werden die Darstellungen der Chroniken auf ihre jeweilige Authenzität zu überprüfen. Mit Sicherheit werden in der nächsten Zeit diese Versuche die weitere Forschungsdebatte über die Kriegsführung des Deutschen Ordens bestimmen.

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2012): Die Kriegsführung des Deutschen Ordens im Baltikum. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 


Bibliographie:

  1. Vgl. Boockmann, Hartmut: der Deutsche Orden. Zwölf Kapitel aus seiner Geschichte. München 1981. S. 73ff. ; Labuda, Gerard: Teil 2. Entstehung und Entwicklung des Deutschordensstaates in Preussen, in: Biskup, Marian / Labuda, Gerard: Die Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen. Wirtschaft – Gesellschaft – Staat – Ideologie. Osnabrück 2000. S. 115.
  2. Siehe Boockmann 1981. S. 74.
  3. Siehe Riley-Smith, Jonathan, s.v. Kreuzzug, in TRE 20. S. 1.
  4. Siehe Riley-Smith, Jonathan, s.v. Kreuzzug, in LMA 5, S. 1508.
  5. Vgl. Riley-Smith, Jonathan, s.v. Kreuzzug, in LMA 5, S. 1508.
  6. Vgl. Labuda, Gerard: Teil 1: Das ursprüngliche Preussen, in Preussen, in: Biskup, Marian / Labuda, Gerard: Die Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen. Wirtschaft – Gesellschaft – Staat – Ideologie. Osnabrück 2000. S. 110.
  7. Siehe Sarnowsky, Jürgen: Der Deutsche Orden. München 2007. S. 8 u. 19.
  8. Siehe Sarnowsky 2007. S. 9.
  9. Vgl. Schreiber, Hermann: Der Deutsche Orden unter den Kreuzrittern. Hamburg 2008. S. 62 ; Labuda in Labuda/Biskup 2000. S. 118.
  10. Siehe Militzer, Klaus: Die Geschichte des deutschen Ordens. Stuttgart 2005. S. 14.
  11. Vgl. Sarnowsky 2007. S.15.
  12. Vgl. Militzer 2005. S. 12-14 ; Sarnowsky 2007. S. 15 ; Boockmann 1981. S. 32.
  13. Vgl. Boockmann 1981. S. 38 ; Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 122-132.
  14. Vgl. Sarnowsky 2007. S. 28 -31 ; Schreiber 2008. S. 72-81 ; Boockmann 1981. S. 38 ; Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 132-138.
  15. Vgl. Boockmann 1981. S. 69.
  16. Vgl. Sarnowsky 2007. S. 32-33 ; Boockmann 1981. S. 71ff. ; Labuda in: Labuda/Biskup 2000. S. 102-107.
  17. Vgl. Sarnowsky 2007. S. 35-36 ; Militzer, Klaus: Die Geschichte des deutschen Ordens. Stuttgart 2005. S. 63-64 ; Boockmann 1981. S. 81-87. Anm.: Vermutlich stand der Kaiser 1226 in Verhandlungen mit dem Deutschen Orden und Konrad von Masowien sowie Reichsfürsten. Die Ausstellung einer Goldbulle um 1226 bleibt aber umstritten.
  18. Siehe Sarnowsky 2007. S. 34.
  19. Siehe Sarnowsky 2007. S. 34.
  20. Vgl. Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 163.
  21. Vgl. Militzer 2005. S. 66 ; Schreiber 2008. S. 114.
  22. Vgl. Sarnowsky 2007. S.39 ; Labuda in: Biskup/Labuda. S. 150 ; Boockmann 1981. S. 94-96.
  23. Vgl. Sarnowsky 2007. S. 34.
  24. Siehe Labuda in Labuda/Biskup 2000. S. 110.
  25. Siehe Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 155.
  26. Siehe Militzer 2005. S. 79.
  27. Siehe Schreiber S. 63-64. ; Biskup in Labuda/Biskup 2000. S. 301.
  28. Vgl. Biskup in Labuda/Biskup 2000.  S. 300.
  29. Vgl. Boockmann 1981. S. 94.
  30. Siehe Militzer 2005. S. 79.
  31. Vgl. Sarnowsky 2007. S. 39 ; Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 155.
  32. Vgl. Paravicini, Werner, s.v. Preußenreise, in: LMA VII. S. 197 ; Boockmann, Hartmut: s.v. Preußenreise, in LMA III. S. 774 ; Militzer 2005. S. 117 ; Hruschka, Constantin: Kriegsführung und Geschichtsschreibung im Spätmittelalter : eine Untersuchung zur Chronistik der Konzilszeit. Köln 2001. S. 98-99 ; Boockmann 1981. S. 160 ; Ziegler, Uwe: Kreuz und Schwert. Köln 2003. 144-148.
  33. Vgl. Militzer 2005. S. 65-66 u. S. 74 ; Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 163.
  34. Vgl. Labuda in Biskup/Labuda 2000. S. 180-185 ; Militzer 2005. S. 71 u. 105-106.
  35. Vgl. Biskup in Labuda/Biskup 2000.  S. 300.
  36. Siehe Boockmann 1981. S. 168.
  37. Vgl. Hruschka 2001. S. 108.
  38. Vgl. Forey, Alan: The military orders: from the twelfth to the early fourteenth centuries. Basingstoke 1992. S. 48 ; Hruschka 2001. S. 100.
  39. Vgl. Militzer 2005. S. 117 ; Labuda in Labuda/Biskup 2000. S. 185.
  40. Vgl. Labuda in Labuda/Biskup 2000. S. 185 ; Militzer 2005. S. 66.
  41. Vgl. Forey 1992. S. 49.

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Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/04/die-kriegsfuhrung-des-deutschen-ordens-im-baltikum/

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