Ein Rückblick zur Neueröffnung des Imperial War Museum London

 

Nach monatelanger Umbauzeit wurde am 19. Juli 2014 das Imperial War Museum in London neu eröffnet. Das Gebäude wurde vor allem in seiner inneren Baustruktur stark verändert – ein guter Anlass, im Rückblick zu zeigen, wie das IWM vor dem Umbau aussah… Im Zentrum der Neueröffnung stehen inhaltlich die „First World War Galleries“ und die Kunstausstellung „Truth and Memory: British Art of the First World War“. Mit beiden Ausstellungen begeht das Imperial War Museum das 100. Jubiläum des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges, einem Thema […]

 

 

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/1645

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Spendenmöglichkeit für österreichisches Justizopfer

Die österreichische Justiz scheint im Gleichschritt mit der Wiener Polizei die Teilnahme an Demonstrationen als Verbrechen bewerten zu wollen, wie der Fall des gestern verurteilten Josef S. zeigt, der selbst in Medien wie dem Spiegel Unverständnis hervorruft.
Wer nicht will, dass dies so bleibt, hat die Möglichkeit - so wie ich - zu spenden, in der Hoffnung, dass die österreichische Justiz wenigstens in der nächsten Instanz zur Besinnung kommt; unter http://freiheit-fuer-josef.familientagebuch.de/unterstuetzen/ werden zwei Spendenkonten genannt:

Ein privates Konto für die Familie:
Kto-Nr: 263528200 IBAN: DE89 8204 0000 0263 5282 00
BLZ: 82040000 (Commerzbank) BIC: COBADEFFXXX
Verwendungszweck: Wien

Spendenkonto für Josef der Ortsgruppe der Roten Hilfe Jena:
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Kto-Nr.: 4007 2383 09 IBAN: DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Wien

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/948988677/

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Tipp: Versöhnung durch Kunst?


Eine Auseinandersetzung mit indigenen australischen Soldaten im Ersten Weltkrieg

“Wenn manche Leute sagen, das ist ein verborgener Teil unserer Geschichte, dann muss man fragen: Für wen waren diese Dinge verborgen?” Dass zahlreiche indigene Soldaten im Ersten Weltkrieg in der australischen Armee gekämpft haben, scheinen sowohl die Öffentlichkeit als auch die Politik des Landes lange Zeit vergessen zu haben.

Obwohl ihnen in der Armee Gleichstellung versprochen wurde, hat man ihre Leistungen nach Ende des Krieges nur wenig gewürdigt. Und erst seit etwa zwanzig Jahren gesteht die Regierung öffentlich das staatlich verschuldete Unrecht gegenüber der indigenden Bevölkerung an. Tom Wright, der Stellvertretende Direktor der Sydney Theatre Company, setzte sich direkt zu Beginn des Gedenkjahres 2014 in dem Theaterstück “Black Diggers” mit der Rolle der Aborigines in den australischen Truppen auseinander.

Dirk Fuhrig vom Deutschlandfunk hat einen spannenden Beitrag über das Theaterstück gemacht, das Sie hier hören können.

 

Quelle: http://wwc.hypotheses.org/340

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Memory Boxes

The project Memory Boxes. An Experimental Approach to Cultural Transfer in History, 1500-2000 has come to its happy end:

Memory Boxes

This project between the Cultural History Department at the University of Turku, Finland and the Research Unit Historical Cultural Sciences at the University of Mainz, Germany started in 2010, when a group from Mainz (myself included) visited Turku and got to talking about cultural transfer/cultural encounters. Until it all really came together – finding the participants, finding a concept which promised some new insights into our research topics, and applying for funding from the DAAD (Germany) and the Academy of Finland, it was already late 2011.

2012 and 2013 saw us visiting each other twice a year, and really struggling with applying theory to the actual research. After all, the theoretical concept was supposed to add something to our projects. However, at the end of 2013 our articles, introductions and conclusion was finally done, and we (myself together with two lovely colleagues from Turku, Heta and Anna-Leena)  brought our book the last steps to be published. And now, it’s finally here!

Now, what is it all about?
Basically, our project group of ten people used the concept of memory boxes to be able to take a closer look at cultural transfer through time and space. A memory box is identified as a material or immaterial object (we used the categories topoi, personalities, and artefacts) which is encountered in different cultural contexts. Different meanings are attached to such a memory box in every different cultural setting, while at the same time, the older meanings still influence their interpretation. Therefore, a memory box helps us to understand a cultural setting by taking into account older influences.

Alright, alright – this sounds very abstract. To make it a bit concreter:
my case study was the development of the topos providence in 16th- and 17th century England as well as 17th- to 20th century America. It could clearly be stated, how this topos changed from a religious to a more political concept. In England, ideas of Protestant heroism – a sense of England as the Protestant nation – were attached through claiming the defeat of the Spanish Armada, the discovery of the Gunpowder-Plot, or the Glorious Revolution as providential. In the American colonies, shared experiences of settling a new country made up the basis of the understanding of providence. This understanding added to an American sense of being the foremost Christian nation.
In both cases, providence was not only understood as a religious idea of God’s hand in the world, but much more a political idea linked to national identity.
The concept of memory boxes made it possible to concentrate on this topic in isolation, and really grasp the different influences which played a role.

I admit, this propably still sounds very abstract. However, our project also looked (among others) at the Kalevala (a Finnish epic poem), representations of the Merovingian Queen Clotilde, the topos of Golden Age, or the coronation stone of the Scots as memory boxes.

All in all, I think it was a worthwhile project – and, it definitely opened my eyes for all these different circumstances where cultural transfer plays a role, and how it influences everyday-life.

Quelle: http://csarti.net/2014/07/memory-boxes/

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Die älteste erhaltene ungarische Evangelienübersetzung von 1466 digital zugänglich – Hussitenbibel mit Kalender

 

Cod.hung.1.4Der „Münchener Kodex“ ist das Kernstück der ungarischen Handschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek (Cod.hung. 1) und zugleich das sprachhistorische Denkmal der Ungarn-Forschung. Ab sofort ist er nicht nur in der Ausgabe von Szabó T. Ádám (BSB-Bestand: Hbh/Dp 3501[2), sondern auch im digitalen Faksimile der akademischen Welt frei über das Internet zugänglich. Das älteste Evangeliar in ungarischer Sprache (1466) ist Teil der sogenannten „Hussitenbibel“. Es gibt lediglich zwei weitere ungarische Codices, die zur Hussitenbibel gezählt werden – den Apor-Kodex (Übersetzung von 150 Psalmen – im Besitz des Szekler Nationalmuseums in Sfântu Gheorghe) und den Wiener Kodex (Auszüge aus dem Alten Testament - mittlerweile im Besitz der Széchényi-Nationalbibliothek).Cod.hung.1.2Die Geschichte der ungarischen Bibelübersetzung sowie die verschlungenen Wege, auf denen das Evangeliar und der Kalender ihre Wege in die Bayerische Staatsbibliothek gefunden haben, sind bemerkenswert. Wer würde vermuten, dass die älteste erhaltene zusammenhängende Bibelübersetzung auf Ungarisch jenseits der Grenzen des historischen Ungarn angefertigt wurde - im liberalen Fürstentum Moldau in dem Städtchen Târgu Trotuș (ungar. Tatros), wo die geflohenen Hussiten Asyl gefunden hatten - und dass im Kolophon der Sohn Hensel Emres (Emerichs) Németi György (Georg möglicherweise aus einem Ort namens Németi, eine Ortschaft mit Bezug zu deutschen Siedlern) als Schreiber genannt ist? Als Übersetzer der ungarischen Hussitenbibel gelten unter den meisten Forschern Valentinus de Ilok (ungar. Újlaki Bálint) und Thomas de Quinque-Ecclesiis (ungar. Pécsi Tamás), die in den Jahren 1399 bzw. 1411 an der Prager Universität immatrikuliert waren. Sie sollen später als Priester in Kemenitz (ungar. Kamanc, serb. Sremska Kamenica) in Syrmien gewirkt haben, einem Gebiet zwischen dem heutigen Kroatien und Serbien, zwischen den Flüssen Donau, Save und Drau, und in den Jahren 1438-1439 infolge der Inquisition in das Fürstentum Moldau geflohen sein. Die kirchenpolitischen Reformen des Jan Hus waren also bis tief nach Südost- und Osteuropa spürbar.

Cod.hung.1.1Der Kalender für die Jahre 1416-1435 und das Evangeliar wurden erst im Besitz des berühmten Diplomaten, Orientalisten und Humanisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506-1557) zusammengebunden und kamen 1558, im Jahr der Gründung der Hofbibliothek nach München. Es gibt keine eindeutigen Nachweise wie der Kalender und das Evangeliar in den Bestand Widmanstetters gelangten. Eine Theorie besagt, dass Widmanstetter den Codex vom französischen Orientalisten Guillaume Postel erhalten hat. Dieser hielt sich in den Jahren 1553-1554  zur gleichen Zeit wie Widmanstetter in Wien auf und hatte zuvor ausgedehnte Forschungsreisen mit einem Halt in dem Städtchen Târgu Trotuș unternommen. Die andere Theorie stützt sich auf die Orthographie: Genau wie in der Bibelübersetzung tauchen die orthographischen Neuerungen auch in der Druckerei des späteren Palatins Tamás Nádasdy auf. Für diese könnte das Evangeliar die Vorlage gewesen sein. Auch in privaten Briefen wandte Nádasdy die neue Orthographie an. Am Wiener Hof, an dem Widmanstetter von 1552-1556 wirkte, könnte die Übergabe bzw. Schenkung stattgefunden haben.

Cod.hung.1.3Im letzten September hat eine ungarische Studiengruppe von der ELTE die Bayerische Staatsbibliothek besucht und den Münchener Kodex begutachtet sowie die Digitalisierung dieser Handschrift gewünscht. Nicht zuletzt diesem Wunsch ist die BSB nachgekommen und hat einen weiteren Schritt in der digitalen Aufbereitung ihrer wertvollen Handschriften getan.

 

 Weiterführende Literatur (Auswahl):

  • Szabó,T. Ádám: Der Münchener Kodex (1466) als ungarisches Sprachdenkmal. In: Annales Universitatis Scientiarum Budapestinensis de Rolando Eötvös nomi-natae. Sectio linguistica 17 (1986), S. 3-36 [BSB-Bestand: Z 70.1768-16/17]

Richard Holzberger

 

 

Quelle: http://ostbib.hypotheses.org/482

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Ein Silberbecher und eine Ausstellungsdokumentation

Pokale werden vielfach als glorreiche Erinnerungen an große Erfolge gefertigt. Das war schon in Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs so, als ein Silberpokal eine ausgesprochen riskante, aber geglückte Aktion des Kölner Schiffers Dirck Schey feierte. Dieser hatte 1626 den spanischen Pfennigmeister (Zahlmeister) aus Köln entführt – und mit ihm das Geld, mit dem die am nördlichen Niederrhein garnisonierten spanischen Truppen bezahlt werden sollten: es handelte sich dabei um die stattliche Summe von 52.000 Reichstalern. Die Geschichte selbst wird auf einem in den Niederlanden gefertigten Silberbecher dargestellt, Zeichen für diesen gelungenen Coup über die spanische Macht.

Wiedergegeben ist sie im Begleitband zur Ausstellung „Köln in unheiligen Zeiten“: Stefan Lewejohann, Eine gefährliche Rheinfahrt, S. 80-83. Es handelt sich also um einen sehr knappen Beitrag, der geradezu wie ein Blogpost erscheint. In diesem Band gibt es eine ganze Reihe derartiger Skizzen, die schlaglichtartig ein Thema anreißen: nicht nur eine Episode wie die von den geraubten spanischen Soldgeldern, sondern auch zu Wenzel Hollars Stadtansicht von Köln, einem Ziborium aus dem Kölner Domschatz, einer Jan von Werth zugeschriebenen Rüstung und anderen mehr. Diese Kurzbeiträge im Umfang von ungefähr zwei Seiten leiten einzelne Sektionen in diesem Band ein; auf sie folgen dann einige längere Artikel, die aber meist auch nicht mehr als 10 S. umfassen.

In gewisser Weise sind diese kurzen Skizzen wie Blog-Beiträge in diesem Sammelband, und ich möchte festhalten, daß diese Konzeption sehr gut funktioniert. Denn hier bietet sich eine Möglichkeit, viele verschiedene Themen aufzugreifen und sie konturiert darzustellen, ohne gleich allzu tief in die Materie einzutauchen. Da die Ausstellung selbst von keinem Katalog begleitet wird, übernehmen die Kurzbeiträge auch diese Funktion, indem sie bestimmte Exponate aus dem Stadtmuseum vorstellen – hier aber eben nicht nur mit einem Karteikartentext, sondern vielfach mit einer knapp skizzierten Geschichte dazu.

Nun bin ich wahrlich kein Fachmann für Museumskunde und kann auch nicht behaupten, daß ich mich in der aktuellen Debatte darüber auskenne, wie man heutzutage eine Ausstellung und die dazu passende Publikation konzipiert. Sicher fehlt – das kann auch ich nicht leugnen – mit dem klassischen Katalogteil auch das veröffentlichte Register, das den Reichtum einer Ausstellung dokumentiert. Aber die numerisch gereihte Liste aller Exponate, vielleicht noch mit briefmarkengroßen s/w-Repros geschmückt, hat mir oft genug nur vor Augen gehalten, was ich alles nicht gesehen habe. Mit den Kurzbeiträgen hingegen erhält man immerhin schlaglichtartige Einführungen, die das Thema einer Ausstellung sicher nicht völlig fundiert, aber gerade in ihrer Beispielhaftigkeit sehr konkret vorstellen.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/497

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Archivwesen: Digitalisierte Quellen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz

http://www.gsta.spk-berlin.de/digitalisierte_archivalien_1612.html 2012 begann das GStA PK mit der Digitalisierung ausgewählter Bestände, Nachlässe und Sammlungen zur Bereitstellung im Web. Neben der Archivdatenbank umfasst der Digitale Forschungssaal des GStA PK daher künftig auch Digitalisate von Archivalien, die bislang nur in seinen Forschungssälen einsehbar waren, nun aber auch über das Web abgerufen werden können. Der Digitale Forschungssaal bietet […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/07/5265/

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Lexikon zur Computergeschichte: OS/2 1.x

Als ursprünglich von Microsoft und IBM gemeinsam entwickeltes Betriebssystem kam OS/2 1.0 (Planungsname CP/DOS) im Jahre 1987 auf den Markt, war noch textbasiert, bot aber Multitasking an. Während die Version 1.1 des Jahres 1988 mit dem Presentation Manager eine grafische Oberfläche enthielt, bot die 1989 erschienene Version 1.2 bereits Unterstützung für das HPFS-Dateisystem und somit […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/07/5240/

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Vom Münchner Petersturm in die Vorstädte: München im 19. Jahrhundert

Cover von: Elisabeth Angermair, München im 19. Jahrhundert. Frühe Photographien 1850-1914, Hg. vom Stadtarchiv München. Mit einer Einleitung von Michael Stephan, Schirmer/Mosel, München 2013.
Cover von: Elisabeth Angermair, München im 19. Jahrhundert. Frühe Photographien 1850-1914, Hg. vom Stadtarchiv München. Mit einer Einleitung von Michael Stephan, Schirmer/Mosel, München 2013.

Cover von: Elisabeth Angermair, München im 19. Jahrhundert. Frühe Photographien 1850-1914, Hg. vom Stadtarchiv München. Mit einer Einleitung von Michael Stephan, Schirmer/Mosel, München 2013.

Ein Zug von Elefanten mit orientalisch bekleideten Reitern und Treibern bewegt sich durch eine – wie die Bildunterschrift verrät – Münchner Straße. Diese Momentaufnahme aus dem Großstadtleben des späten 19. Jahrhunderts verwundert auf den ersten Blick und gehört mit Sicherheit zu einer der ungewöhnlicheren Szenen, die der 2013 erschienene Bildband „München im 19. Jahrhundert. Frühe Photographien 1850-1914“ enthält. Die Fotografie zeigt Elefanten einer Kaufmannsgruppe im Festzug zur Centenarfeier für König Ludwig I. im Jahr 1888, die entlang zahlreicher Schaulustiger durch die Neuhauser Straße in der Münchner Innenstadt zieht.

Die Elefanten der Kaufmannsgruppe im Festzug zur Centenarfeier, 1888.

Die Elefanten der Kaufmannsgruppe im Festzug zur Centenarfeier, 1888.

Doch auch die rund 270 übrigen Fotografien des Bildbands bieten spannende und facettenreiche Einblicke in das Alltagsleben der Münchner, die Stadtentwicklung der bayerischen Hauptstadt und historische (Stadt-)Ereignisse von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg.

Historischer wie auch konzeptueller Ausgangspunkt für den im Schirmer/Mosel Verlag veröffentlichten Band bildet das von Georg Böttger 1858 zusammengestellte Fotopanorama. Dabei handelt es sich um eine 360-Grad-Aufnahme, die Böttger vom Turm der Peterskirche – zwischen Viktualienmarkt und Marienplatz gelegen – aufgenommen hat. Sie besteht aus elf Einzelaufnahmen und bietet aus der erhöhten Position einen Aus- und Überblick über das damalige Münchner Stadtbild. Diese erste fotografische Gesamtaufnahme Münchens zeigt deutlich die Ränder der damals noch überschaubaren Residenzstadt. Die langsam in die Stadt hineinwachsenden Dörfer erscheinen am Horizont, und einige der bis heute das Stadtbild prägenden Gebäude ragen aus dem Dächermeer der Innenstadt als Orientierungspunkte heraus.

Das Panorama entstand zu einer Zeit des strukturellen Umbruchs, wie Michael Stephan in seiner Einleitung deutlich macht. Sein Text liefert den (stadt-)historischen Kontext der Aufnahmen, indem er die unter den Königen Max I. Joseph (1806-1825), Ludwig I. (1825-1848) und Maximilian II (1848-1864) vollzogenen Veränderungen von einer „beschaulichen Residenzstadt“ zur „ansehnliche(n) Hauptstadt des Königreichs Bayern“ mit seinen Prachtstraßen und Monumentalbauten schildert. Stephan beschreibt die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts langsam wachsende Einflussmacht der Bürger, die mit einer schwindenden Selbstverwirklichung der Regenten einherging. Ab 1880 bis in die 1910er-Jahre entwickelte sich München schließlich zu einer modernen Großstadt mit einer „vorausschauenden und innovativen Stadtentwicklungspolitik“ , die großteils von den Bürgern angestoßen wurde. Durch die Einleitung wird deutlich, dass die im Band versammelten Aufnahmen in einer Zeit entstanden, die von immensen städtebaulichen Veränderungen und sozialen, politischen sowie gesellschaftlichen Umstrukturierungen geprägt war. Die Stadt wuchs sowohl in der Fläche als auch hinsichtlich ihrer Bewohner und bekam in nur wenigen Jahrzehnten die sie heute prägende Struktur. Welche Bauvorhaben und Modernisierungen innerhalb der Periode realisiert wurden, fasst Stephan in einer Liste anschaulich zusammen.

Bis auf das Böttger-Panorama als Ausgangspunkt seiner Ausführungen finden Fotografien in Stephans Einleitung keine Erwähnung. Dies wird in der zweiten Einführung von Elisabeth Angermair nachgeholt. Ausgehend von Böttger und seiner Tätigkeit als Fotograf führt Angermair in ihrem Text mit dem Titel „ »alltäglich Kleinigkeiten, die (…) für die Kulturgeschichte von Wert sein können und werden«. Photographien von und für München“ in den Wirtschaftszweig der Fotografie und in die Münchner Fotografenkreise ein. Neben Böttger werden weitere Fotografen, deren Aufnahmen in den Band aufgenommen wurden, vorgestellt: Alois Löcherer, Franz Hanfstaengl, Joseph Albert, Johann Baptist Obernetter, Friedrich Sauer. Anhand deren Tätigkeit wird der ursprüngliche Entstehungskontext der Aufnahmen rekonstruiert. So entstanden sie zum Teil für die Münchner Stadtchronik, als Auftragsarbeiten oder für Verkaufszwecke. Deutlich wird auch, dass sich in der aufstrebenden Stadt eine lebendige Fotografieszene etablierte. Schließlich geht Angermair noch auf die Fotosammlung des Münchner Stadtarchivs ein und legt dar, aus welchen Beständen sich die historisch gewachsene Sammlung zusammensetzt, aus der die Aufnahmen dieses Bandes ausgewählt wurden.

Wie bereits in den beiden einführenden Texten bildet das Böttger-Panorama auch für den nachfolgenden Bildteil den Ausgangspunkt. Für die Publikation wurde es in seine elf Einzelaufnahmen zerlegt, die jeweils als Ausgangspunkt der den Band gliedernden Kapitel fungieren. So nimmt jedes Kapitel seinen Anfang bei Böttgers Standort auf dem Petersturm und erstreckt sich entlang seines Blicks in die jeweilige Richtung aus dem Zentrum hinaus. Anhand der folgenden Tafeln dringen die LeserInnen und BetrachterInnen beim Blättern in die einzelnen Stadtteile vor und werden auf eine Reise entlang der Blickrichtung Böttgers von St. Peter über die inneren Bezirke bis an die Stadtgrenze mitgenommen: der Neuhauser Straße folgend nach Westen; über das Kreuzviertel auf das spätere Westschwabing; durch das Tal und nach Neuhausen; vom Viktualienmarkt in die Au und nach Giesing.

 

Josef Zechbauer, Kinder vor einem Vorstadthaus an der heutigen Reitmorstraße, 1895.

Josef Zechbauer, Kinder vor einem Vorstadthaus an der heutigen Reitmorstraße, 1895.

Dabei wechseln sich Aufnahmen von Alltagsszenen, wie Kinder vor einem Vorstadthaus an der heutigen Reitmorstraße im Lehel oder Kunden auf dem Töpfermarkt der Auer Dult, mit Architekturaufnahmen vom Sendlinger Tor, dem erleuchteten Neuen Rathaus oder dem Maximilianeum ab. Einige Fotografien dokumentieren die städtebaulichen Veränderungen wie den Bau der Corneliusbrücke oder den Kopf der Bronzestatue Bavaria auf ihrem Transport zum heutigen Standort am Rand der Theresienwiese. Die Fotografien zeigen die mitunter großen sozialen Unterschiede zwischen der Bevölkerung in den Arbeitervierteln Haidhausen oder Westend und dem Bürgertum in Bogenhausen oder Nymphenburg. Zahlreiche Fotografien dokumentieren religiöse Feste, Faschingsumzüge und militärische Paraden sowie die Freizeitvergnügen im winterlichen Englischen Garten und ein sommerliches Bad in einem der vielen Stadtbäche.

Alois Löcherer, Der Kopf der Bavaria, vorbereitet für den Transport zur Theresienwiese, 7. August 1850.

Alois Löcherer, Der Kopf der Bavaria, vorbereitet für den Transport zur Theresienwiese, 7. August 1850.

Die Aufnahmen wurden großformatig auf den Seiten reproduziert und mit einer erläuternden Bildunterschrift wie auch dem Namen des Fotografen versehen. Die Einzelaufnahmen des Panoramas erstrecken sich am Anfang jedes Kapitels über den Falz auf zwei Seiten, sodass ein besserer Einblick in die vielen Details möglich ist. Gerade in Hinblick auf Angermairs Einleitung, die auch auf die unterschiedlichen fotografischen Verfahren und den Wandel der Fototechnik innerhalb des Zeitraums eingeht, verwundert es, dass jegliche Angaben über das Herstellungsverfahren, die Bildmaße und die Materialität der diesbezüglich mit Sicherheit recht unterschiedlichen Aufnahmen fehlen. Bei genauerer Bildbetrachtung fallen dennoch Details auf, die frühen Fotografien aus technischen wie auch ästhetischen Gründen zu eigen sind: Schatten, die auf sich zu schnell bewegende Personen schließen lassen, Unschärfen an den Bildrändern oder Stempel der einzelnen Fotografen.

Die auf dem hinteren Buchdeckel und der letzten Seite gegenübergestellten Stadtpläne von 1858 und 1908 visualisieren nochmals das von Stephan beschriebene rasante Wachstum der Stadt. Für diejenigen LeserInnen, die München nicht kennen, wäre es jedoch wünschenswert gewesen, einen größeren Stadtplan zu integrieren.

Davon abgesehen, bietet der Bildband sowohl Münchner StadtbewohnerInnen als auch Freunden der Stadt eine vielseitige und spannende Entdeckungsreise in das Stadtbild und -geschehen im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Bekannte Orte können entdeckt werden, deren Aussehen sich entweder kaum oder aber grundlegend geändert hat. Im Vergleich zwischen dem heutigen Aussehen und den Fotografien wird spürbar, wie sich eine Stadt – bedingt durch historische Ereignisse, Strukturveränderungen und Modernisierungen – aus sich selbst heraus verwandelt: Altes wird mit Neuem kombiniert, und verschiedene Zeitschichten lagern sich in einem gewachsenen Stadtbild übereinander.
Ermöglicht wird dieser lebendige Einblick durch die frühen Fotografien, von denen der Bildband lebt. Auf diese Weise stärkt die Publikation nicht zuletzt die Bedeutung historischer Aufnahmen als wichtige Quelle für Historiker, Architekten, Städteplaner, Soziologen und Kulturwissenschaftler.

 

Elisabeth Angermair
München im 19. Jahrhundert.
Frühe Photographien 1850-1914
Hg. vom Stadtarchiv München.
Mit einer Einleitung von Michael Stephan
320 Seiten, 278 Abbildungen in Duotone
ISBN 978-3-8296-0654-7
49,80 Euro, (A) 51,20 Euro, 66,90 CHF

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/07/21/vom-muenchner-petersturm-in-die-vorstaedte-muenchen-im-19-jahrhundert/

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