Einblick in die Nachkriegszeit – Das AJR Journal

Im Januar 1946 erschien erstmals das Monatsblatt AJR Information, das Journal der Association of Jewish Refugees. Die AJR wurde im Jahr 1941 von jüdischen Flüchtlingen gegründet, die aus verschiedenen mitteleuropäischen Ländern nach Großbritannien immigriert waren. Die Organisation ist noch heute aktiv und engagiert sich besonders im Bereich der Sozialhilfe und Sozialarbeit für jüdische Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung sowie für deren Angehörige und Nachkommen. In der ersten Ausgabe von AJR Information vom Januar 1946 heißt es zu den Zielen des Journals: “One of the primary […]

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/861

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Europeana Cloud Bericht “Digital research practices, tools and scholarly content use”

Das Projekt Europeana Cloud: Unlocking Europe’s Research via The Cloud hat heute seinen Bericht zu digitalen Forschungsmethoden und Werkzeugen sowie dem wissenschaftlichem Umgang mit Inhalten in den Geistes- und Sozialwissenschaften veröffentlicht.

Die Analyse zeigt in drei aufeinander folgenden Kapiteln jeweils den aktuellen Stand zu den Themen digitaler Content (Bilder, Text, Video und Ton), digitale Methoden (z.B. Recherche, Verwalten von Inhalten, kollaboratives Arbeiten) und digitale Tools (z.B. Definition, Visualisierung) in den jeweiligen Fachcommunities.

Sie dient zudem als Grundlage für eine von Europeana Cloud durchgeführte online-Umfrage in den Communities, die derzeit ausgewertet wird.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2612

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Gastblogger_in werden!

Neben dem Soziologiemagazin stellen wir euch unseren soziologieblog als Plattform zur Verfügung, auf der ihr – ob Student oder Nachwuchswissenschaftlerin – eigene Beiträge veröffentlichen könnt. Dies können Essays, verschriftlichte Vorträge, Interviews oder kurze Artikel zu Filmen, Büchern, Blogs etc., vor … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5783

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Kurzbiographie I: Maria Anna Fürstin zu Salm (1624-1661)


Vorbemerkungen

Mit diesem Beitrag möchte ich, wie bereits angekündigt, eine Reihe biographischer Skizzen von adeligen Frauen der Frühen Neuzeit eröffnen. Neben dem rein Faktischen geht es mir auch darum, die vielen verschiedenen Fragestellungen, mit denen man das Leben einer frühneuzeitlichen Edelfrau untersuchen kann, anschaulich zu machen. In den Beiträgen werden regelmäßig unterschiedliche Quellen und Methoden im Fokus stehen, denn bekanntlich treten bestimmte Quellentypen in Abhängigkeit von der Fragestellung in den Vordergrund, während andere eher nur am Rande interessieren. Unterschiedliche Quellen verlangen jedoch andere Methoden zu ihrer Erschließung. Und manchmal kommt man zu ganz verschiedenen Ergebnissen, wenn man ein und dieselbe Quelle mit verschiedenen Methoden angeht. Indem ich also nicht nur kleine, abgerundete Biographien veröffentliche, sondern das geschichtswissenschaftliche ‚Handwerk‘, das dahinter steckt, offen lege, kann ich gleichzeitig einige Facetten des Forschungsbereichs ‚Adelige Frau‘ beleuchten, ohne zu theoretisch und abstrakt zu werden.

Maria Anna – eine besondere Edelfrau

Maria Anna Fürstin zu Salm wurde am 4. Mai 1624 als einziges Kind von Dietrich IV. Graf von Bronckhorst-Batenburg zu Anholt (1578-1649) und seiner zweiten Ehefrau Maria Anna von Immerzeel und Bokhoven auf Schloss Anholt geboren. Sie wuchs wahrscheinlich auf Schloss Anholt bei ihrem Vater auf. Über ihren Bildungsweg ist nichts weiter bekannt. Da ihr Vater verhältnismäßig hoch gebildet war, er sprach latein, italienisch und französisch und verfasste ein Alterswerk über Fragen der Moral und Politik (auf Französisch), so können wir davon ausgehen, dass auch Maria Anna eine der Zeit entsprechende Ausbildung bekommen hat. Ob sie nur Privatunterricht bekam oder auch ein adeliges Damenstift besuchte, ist nicht bekannt. Jedenfalls bezeugen die von ihr überlieferten Briefe, dass sie Französisch konnte. Ihre Familie zählte als ‘Bannerherrn’ des Herzogtums Geldern und der Grafschaft Zutphen seit dem Mittelalter zu den wichtigsten Adelsgeschlechtern der deutsch-niederländischen Grenzregion. Die Dynastie hatte sich allerdings im Spätmittelalter durch eine Reihe von Erbteilungen in mehrere Äste aufgespalten. Die Anholter Linie, der Maria Anna entstammte, ging zum Beispiel zurück auf ihren Ur-Ur-Ur-Großvater Dietrich I. (+1488). Was zum Zeitpunkt von Maria Annas Geburt noch niemand wissen konnte, mit ihr sollte die Zeit der Anholter Linie zu Ende gehen. Denn ihre Mutter starb im Wochenbett und da ihr Vater nicht wieder heiratete, war relativ schnell klar, dass Maria Anna Alleinerbin ihres Vaters werden würde. Als sogenannte ‘Erbtochter’ war sie eine Besonderheit unter den jungen heiratsfähigen Edelfrauen ihrer Zeit.

Heiratspläne

Zunächst einmal erhöhte ihr Status als Erbtochter Maria Annas Chancen auf dem Heiratsmarkt – was auch bitter nötig war, denn die Stellung der Familie in der adeligen Ranggesellschaft war alles andere als gefestigt. Ihr Vater Dietrich war nämlich erst 1621 zusammen mit seinem Bruder Johann Jakob vom Kaiser aus dem Freiherren- in den Reichsgrafenstand erhoben worden. Und so bedeutend und alt-eingesessen die Familie am Niederrhein auch sein mochte, für die Grafen und Fürsten des Reiches waren sie zunächst einmal Emporkömmlinge, denen man die Ranggleichheit nicht automatisch zugestehen durfte. War es grundsätzlich schwierig, in dieser Richtung geeignete Kandidaten für Maria Annas Hand zu finden, verbot es sich erst recht, die Heiratskandidaten ‘vor Ort’ zu suchen, wie man es in all den Jahrhunderten zuvor immer gehalten hatte. Denn die traditionellen Heiratspartner waren aus Sicht der nunmehr gräflichen Familie nicht mehr standesgemäß. Eine Fortsetzung des Konnubiums hätte die eigene Position noch weiter destabilisiert. Glücklicherweise kompensierte in gewisser Weise die Aussicht auf ein umfangreiches Erbe – Dietrich IV. war im Besitz mehrerer Herrschaften zwischen Anholt, Geldern und Kleve – den Makel des sozialen Aufstiegs. So verhandelte Dietrich in den 1630er Jahren gleich mit drei Grafenfamilien, allerdings kam es nie zu einer Eheberedung. Aus Sicht der Dynastie muss man sagen zum Glück, denn schließlich fand sich mit dem jungen Fürsten Leopold Philipp Carl zu Salm ein exquisiter Kandidat in Anholt ein. Die Familie Salm war zwar selbst erst 1623 in den Fürstenstand aufgestiegen, sie zählte aber unangefochten unter die altgräflichen Häuser im Reich. Einer von Leopold Philipps Vorfahren war im ausgehenden 11. Jahrhundert sogar Gegenkönig von Heinrich IV. gewesen. Für Dietrich von Bronckhorst-Batenburg war diese Verbindung also äußerst attraktiv. Über die Verhandlungen im Vorfeld der Eheberedung, die sicherlich einige Monate, wenn nicht sogar Jahre in Anspruch genommen haben werden, ist nichts weiter bekannt. Ein Mitspracherecht hatte Maria Anna bei dieser Angelegenheit nach allgemeiner Überzeugung nicht. Traditionell wurden die Verhandlungen zwischen dem Vater der Braut und dem Bräutigam, wenn er bereits mündig war, geführt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass Maria Annas Vater sie ernsthaft um ihre Meinung gefragt hat. Vorbilder dafür gab es. Wie auch immer Maria Annas Einstellung gegenüber Leopold Philipp Carl war, am 22. Oktober 1641 schlossen die Parteien einen Ehevertrag. Und so wurde die junge Gräfin zu Bronckhorst-Batenburg die Ehefrau des dritten Fürsten zu Salm.

Vliegenthart_01a_Bronckhorster Galeriebild 1645

Das sog. Bronckhorster Galeriebild (168 cm x 247 cm) aus dem Jahr 1645 wurde vermutlich von Dietrich IV. in Auftrag gegeben. Es zeigt in der Mitte ein idealisiertes Porträt von Maria Anna. Um sie herum sind Porträts von Vorfahren und exemplarische Gemälde der damaligen Familiengalerie gruppiert. Kleine Porträts des Herrscherpaares finden sich auf der linken Seite unterhalb der Gottesmutter.

 

Eine privilegierte Ehefrau?

Maria Annas Ausgangsposition in dieser arrangierten Beziehung war unter den Umständen der Zeit etwas Besonderes. Dies zeigt sich schon darin, dass wahrscheinlich keine Brautfahrt stattgefunden hat, also die Übersiedlung der Ehefrau von der väterlichen Residenz in die des Mannes. Die ersten von Maria Anna überlieferten Briefe vom Jahreswechsel 1641/42 sind alle “de Anholt” gezeichnet. Die meiste Zeit ihres Lebens sollte sie auf dort verbringen, wenn sie nicht zu längeren Besuchen bei ihrer Schwiegermutter in Neuviller-sur-Moselle oder in der Abtei Rèmiremont bei ihren Töchtern war. Auch der Ehevertrag verrät sehr günstige eheliche Rahmenbedingungen für Maria Anna: Für den Fall, dass ihr Mann vor ihr stirbt, erhält sie, wenn sie zusammen Kinder haben, die Regierung und ein Jahrgeld von 6000 Franken lothringischer Währung. Stirbt aber ihr Mann ohne Erben, dann steht ihr nicht nur die Regierung zu, sondern sie erbt außerdem die drei Herrschafften Neuviller, Baion und Tonnau, die ihr Mann mit in die Ehe gebracht hat. In beiden Fällen wäre Maria Anna als Witwe mehr als ausreichend abgesichert, ja sogar in einer komfortablen Situation – etwas, das nicht der Regelfall für adelige Witwen war.

Für Maria Anna von Vorteil war weiterhin, dass Dietrich in diesem Ehevertrag der Tochter bereits zu seinen Lebzeiten die Verfügungsgewalt über ihr Erbe in Aussicht stellte – eine Konsequenz aus ihrem Status als Erbtochter. Diese Regelung wurde schließlich 1645 wirksam, als Dietrich und Leopold Philipp Carl die förmliche Regierungsübergabe beurkundeten. Darin übertrug Dietrich unter Verweis auf die bereits im Ehevertrag ausgesprochene donatio inter vivos all seine “Herrschaften und Güter” auf den Schwiegersohn – gegen eine jährliche Zahlung von 1.200 Reichstalern und eine standesgemäße Ausstattung mit “nötigen Diener und Pferden”. Welche Rolle Maria Anna in dieser Abmachung zukam, wird aus dem Dokument leider nicht deutlich. Allerdings gibt es einige Urkunden über Rechtsgeschäfte, bei denen sie zusammen mit ihrem Ehemann auftritt. Auch Maria Annas Testament (eine erste Version von 1656 und eine zweite von 1658) belegt ihre besondere Stellung als Erbtochter. Sie legte nämlich fest, dass all ihre Herrschaften und Güter, die sie von ihrem Vater geerbt hat, ungeteilt ihrem ältesten Sohn Carl Theodor Otto zufallen sollten. Ihre anderen Kinder erhielten lediglich Jahresrenten zwischen 400 und 800 Reichstalern.

Die Indizien sprechen bisher dafür, dass Maria Anna, weil sie Erbtochter war, im Vergleich zur ‘durchschnittlichen’ fürstlichen Ehefrau autonomer schalten und walten konnte – und das nicht erst als Witwe, denen man üblicherweise ein großes Maß Autonomie zuspricht. Ob die hier skizzierten Rahmenbedingungen für die Ehe in der Praxis gehalten haben, ob also Maria Anna tatsächlich über das übliche Maß hinaus selbstständig und selbstbestimmt agieren konnte, das lässt sich hier (noch) nicht klären. Zugang zum Lebensalltag einer Fürstin erhält man nämlich vor allem durch ihre Korrespondenz. Einblicke in Maria Annas Lebensalltag als Fürstin kann ich aber leider noch keine bieten. Zwar sind Überreste ihrer Korrespondenz im Fürstlich Salm-Salm’schen Archiv überliefert, diese sind aber noch nie ausgewertet worden. Eine Ersterschließung, so perspektivreich sie auch ist, wird jede Menge Zeit verschlingen (auch weil 90% der Briefe auf Französisch verfasst sind).

Bildnachweis:

Adriaan W. Vliegenthart: Die Bildersammlung der Fürsten zu Salm, Zutphen 1981.

 

Quelle: http://edelfrauen.hypotheses.org/34

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Sonderausstellung Landesmuseum Mainz: "Mainz – Stadt der römischen Legionen – Im Dienst des Kaisers"

Nur noch bis Anfang des nächsten Jahres zeigt das Landesmuseum Mainz die große 

Kämpfende Legionäre

Mainz, Kästrich (aus der römischen Stadtmauer), 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. Jurakalkstein aus Lothringen – Landesmuseum Mainz. © GDKE, URSULA RUDISCHER

Anhand von etwa 270 Ausstellungstücken, die z.T. nach zehn Jahren nun zum ersten Mal wieder ausgestellt werden, kann sich der Besucher einen Eindruck von der Geschichte und Bedeutung der römischen Stadt Mainz verschaffen. Dabei wird die Entwicklung dieser wichtigen römischen Garnison vom ersten Jahrhundert n. Chr. (Germanenfeldzüge) bis zur Spätantike (Stützpunkt für Kriegsschiffe zur Veteidigung der Rheingrenze) abgedeckt.
Ergänzt wird die Sonderausstellung durch die Präsentation "AVE CAESAR - Feldherren und Kaiser im römischen Mainz", welche die überregionale Bedeutung der Stadt hervorheben soll, indem Aufenthalte bedeutender Persönlichkeiten der römischen Geschichte beleuchtet werden.
Das Rahmenprogramm zur Ausstellung bietet Vorträge, Führungen, Angebote der Museumspädagogik und Aktionen an ehemaligen Ausgrabungstellen sowie einen "Archäologie-Container".


Große Sonderausstellung "Mainz - Stadt der römischen Legionen - Im Dienst des Kaisers".
25.5.2013 - 5.1.2014
Landesmuseum Mainz,
Große Bleiche 49-51, 55116 Mainz

Quelle: http://provinzialroemer.blogspot.com/2013/11/sonderausstellung-landesmuseum-mainz.html

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Erinnerungsorte, Eintracht Braunschweig und der Geschichtsunterricht

 

Es gibt ein Datum in der Historie, das im niedersächsischen Braunschweig fast jeder zuordnen kann: das Jahr 1967. Es ist das Jahr, als die Fußballer des Braunschweiger Turn- und Sportvereins von 1895 (BTSV), kurz „Eintracht Braunschweig“, deutscher Fußballmeister wurden – mit sensationell wenig Punkten. Verbunden ist dieses Wissen bei den Braunschweigern mit dem Gefühl, diese Meisterschaft sei historisch irgendwie gerechtfertigt gewesen. Nun ist die Eintracht in dieser Saison nach 28 Jahren Abstinenz wieder in die 1. Bundesliga aufgestiegen und die Braunschweiger feiern die aufopferungsvoll, aber wenig erfolgreich kämpfenden Kicker samt ihrem Trainer Torsten Lieberknecht („Herzog Torsten“) hingebungsvoll dafür, dass sie – gleichgültig wie die Spiele ausgehen – der Stadt den Glanz und den Rang wiedergegeben hätten, der ihr gebühre.

 

Metropole Braunschweig

Woher kommen solche vom Rest Deutschlands wohl nicht zwingend geteilten Anwandlungen? Da argumentiert man unter Umständen so: Der Braunschweiger Herzog Heinrich der Löwe sei ein großer mittelalterlicher Herrscher gewesen und fast König geworden. Er habe Braunschweig und München gegründet (so gesehen ist Bayern München nur eine Unterabteilung des BTSV). Den sichtbaren Beweis für diese Größe könne man heute noch an vielen Gebäuden in der Stadt bewundern. Die Stadt Braunschweig sei eine der größten des Mittelalters und eine berühmte Hanse-Stadt gewesen. Einige Kundige können noch hinzufügen: Braunschweig sei eigentlich immer, jedenfalls bis zur Gründung des Landes Niedersachsen im Jahr 1946, ein selbstständiges Land gewesen. Wer die Schuld daran trägt, dass man diese einstmalige Größe eingebüßt habe, ist in Braunschweig ebenfalls Allgemeingut: Hannover.

Alles begann mit den Welfen …

Das Eintracht-Braunschweig-Narrativ handelt also von der Wiedererringung vergangener Größe. Die Erzählung fällt in der Stadt auf fruchtbaren Boden: weil sie gleichzeitig diffus und konkret ist, man sich nur halb gewusster historischer Versatzstücke bedienen muss, aber eben auch weil es ein Grundmuster historischer Erfahrung gibt, das durch verschiedene Inhalte aktualisiert werden kann. In der Tat, der Welfe Heinrich der Löwe (ca. 1130-1195) war einer der Großen des Reichs. Seine Niederlage gegen Barbarossa und die darauf folgende Verbannung nach England (1180) wird in der aktualisierten Form als Verlust von Größe gedeutet und bildet das Grundschema des Narrativs. Das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg entstand dann 1235 auf den Eigengütern der Welfen, sein Territorium umfasste nur noch eine Bruchteil von Bayern und Sachsen, über die Heinrich der Löwe einstmals herrschte. Aber das Drama ging weiter. Aufgrund von Erbteilungen entstanden im neuen Herzogtum erst mehrere, am Ende zwei Linien der Welfen, die in Hannover beziehungsweise in Braunschweig residierten. In das narrative Schema passt, dass nur die hannoversche Linie im 17. Jahrhundert die Kurwürde erringen konnte, also wieder auf die Stufe von Heinrich dem Löwen zurückkehrte.

Eine Geschichte des Abstiegs?

Die Erfahrung des 19. Jahrhunderts wird ganz ähnlich gedeutet. Das 1815 gegründete Königreich Hannover “ging” 1866 “unter” und wurde eine preußische Provinz. Das Herzogtum Braunschweig kämpfte erfolgreich um seine Selbstständigkeit, aber nun war es der industrielle Aufschwung, der die preußische Stadt Hannover an Braunschweig vorbeiziehen ließ. Am Anfang des Jahrhunderts hatte Hannover halb so viele Einwohner wie Braunschweig, am Ende doppelt so viele. Braunschweig lag wieder im Hintertreffen. Getoppt wurde diese Entwicklung 1946 mit der Gründung des Landes Niedersachsen. Das bis dato (vom gleichgeschalteten Nazi-Staat einmal abgesehen) selbstständige Land Braunschweig wurde dem neu gegründeten Land Niedersachsen zugeschlagen – mit der Landeshauptstadt: Hannover. Und im Sport? In Braunschweig wurde 1874 das erste Fußballspiel in Deutschland gespielt. Doch für die Erinnerung noch wichtiger: Braunschweig war 1963 Gründungsmitglied der Bundesliga, Hannover musste draußen bleiben. Endlich einmal hatte man den Rivalen abgehängt. Doch schon ein Jahr später stieg Hannover auf. In der Meistersaison 1966/67 gingen beide Spiele gegen Hannover verloren. Beide Mannschaften erlebten dann ein Auf und Ab zwischen verschiedenen Ligen, aber Hannover kickt seit 2002 wieder erstklassig, Braunschweig erst seit dieser Saison.

Ein Konzept für den Geschichtsunterricht

Was hat das alles mit Geschichtsunterricht zu tun? Wir finden in diesem (Eintracht-)Braunschweig-Narrativ einen Erinnerungsort. Erinnerungsorte sind mit Bedeutung aufgeladene Bezugspunkte einer Gruppe mit einem Überschuss an symbolischer und emotionaler Dimension. Wobei „Ort“ metaphorisch gemeint ist. Das Konzept des Erinnerungsortes ist mehr als die Beschreibung, was an oder mit einem Ort vorgefallen ist. Es geht auch um seine Rezeption, Inanspruchnahme, Vereinnahmung und Interpretation, also um die Frage, durch wen, durch welche Gruppe, er im Laufe der Geschichte in Anspruch genommen wurde, unter Umständen auch von verschiedenen Gruppen und/oder immer wieder anders. An Erinnerungsorten treffen Geschichts-, Erinnerungs- und Identitätskonstruktionen, Sachüberreste, Text- und Bildquellen sowie populäre und wissenschaftliche Darstellungen, manifestiert in vergangenen und gegenwärtigen Erzählungen wie in einem Brennglas aufeinander. Sind Erinnerungsorte dann nicht Agenturen des Geschichtsbewusstseins? Wäre es nicht lohnend, ihnen im Geschichtsunterricht einen größeren Stellenwert einzuräumen? Könnte die Befassung mit Erinnerungsorten nicht der Curriculumdiskussion neue Impulse geben, die erst vereinzelt wieder aufgenommen wird? Ich glaube, ja. Ich bin der Auffassung, wir finden in Erinnerungsorten, wenn sie auf lokale, regionale, nationale, europäische, außereuropäische (und globale?) Kollektive angewandt werden, ein heuristisches Mittel, um zu sagen, welche historischen Themen ein Kollektiv für relevant hält. Denn sie bilden die Basis für die Identitätskonstruktionen von Kollektiven. Für den Geschichtsunterricht hätte die Analyse von Erinnerungsorten den Vorteil, nicht einer normativen Identitätsvermittlung zu verfallen, sondern Identitätsbildung(en) selbst zum Gegenstand des Unterrichts zu machen.

 

Literatur

  • Bergmann, Klaus: Geschichtsunterricht und Identität, in: ders.: Geschichtsdidaktik. Beiträge zu einer Theorie historischen Lernens, 3. Aufl., Schwalbach/Ts. 2008, S. 90-99.
  • Cobet, Justus: Das europäische Narrativ. Ein Althistoriker blickt auf die Ordnung der Zeiten. In: Berg, Nicolas u.a. (Hrsg.): Konstellationen. Über Geschichte, Erfahrung und Erkenntnis, Göttingen 2011, S. 191-211.
  • François, Etienne: Auf der Suche nach den europäischen Erinnerungsorten, in: König, Helmut / Schmidt, Julia / Sicking, Manfred (Hrsg.): Europas Gedächtnis. Das neue Europa zwischen nationalen Erinnerungen und gemeinsamer Identität, Bielefeld 2008, S. 85-103.

Externer Link

 

Abbildungsnachweis
Fankurve der Eintracht Braunschweig im letzten Spiel der Saison 2012/13 gegen den FSV Frankfurt (2:2). © Chivista, Abbildung gemeinfrei.

Empfohlene Zitierweise
Bernhardt, Markus: Erinnerungsorte, Eintracht Braunschweig und der Geschichtsunterricht. In: Public History Weekly 1 (2013) 12, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2013-751.

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Archive und Twitter – einige selbstreflektive Gedanken

Ich muss bekennen: Meine eigene Aktivität auf Twitter ist noch recht jung. Lange habe ich geglaubt, 140 Zeichen dürften nicht annähernd ausreichen, um irgendeine Kommunikation zu führen, die auch nur ansatzweise fachlichen Standards genügen kann. Mit Facebook und einer Teil-Aktivität hier auf Archive 2.0 sah ich mich gut in den Sozialen Medien vertreten. Das war natürlich ein großer Irrtum. Eigentlich hätte ich es bereits bei der Offene-Archive-Tagung in Speyer ahnen müssen, der sich auch die Existenz dieses Blogs hier verdankt. Aber gut, damals war ich wohl irgendwie ein wenig schwer von Begriff. Jedenfalls war der Deutsche Archivtag 2013 für mich dann der Anlass, dieses Medium einmal näher auszuprobieren, insbesondere weil es mittlerweile mindestens eine gute Anleitung zum Twittern in der Wissenschaft im Netz gibt und gerade das Tagungstwittern nach spannendem Neuland klang. Und siehe da: Es hat nicht nur Spaß gemacht, sondern hat auch zum Entdecken einer völlig neuen Informationsebene und zum Kennenlernen vieler interessanter Leute geführt, deren Gedanken und Hinweise ich nicht mehr missen möchte. Und wir reden hier jetzt – um allen Kritikern zu begegnen – nicht vom morgendlichen Frühstück oder der abendlichen Partygestaltung, sondern von archivischen und geschichtswissenschaftlichen Fachinformationen. (Wie wenig „Spaß“ damit zwangsläufig verbunden sein muss, hat die ungemein intensive Nacherzählung der Pogromnacht unter @9nov38 gerade erst gezeigt.)

Tagungstwittern also, das war der Anfang. In Saarbrücken beim Deutschen Archivtag war so etwas noch nicht wirklich angekommen, auch wenn es doch eine kleine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen gab, die munter die Vorträge dokumentierten und kommentierten. (Ungeachtet der seltsamen Blicke in der Zuhörerschaft ob des vermeintlichen Herumspielens mit dem Handy.)

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Auch wurde jüngst von der Bundeskonferenz der Kommunalarchive getwittert, ebenfalls sehr löblich, auch wenn ich mir hier doch mehr als die wenigen versprengten Tweets gewünscht hätte. (Ja, da draußen lesen tatsächlich Leute mit, also gebt uns Informationen!)

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Vor diesem Hintergrund bleiben einem auf Twitter auch andere Tagungen nicht verborgen, die man nicht direkt im Blick hat, vielleicht weil es um historische Fragen geht, die einen allenfalls mittelbar interessieren, vielleicht weil es auch um Nachbarwissenschaften geht, die man nur mit halben Augen (wenn überhaupt) verfolgt. Schon bei kleinen Gruppen von Leuten, denen man auf Twitter folgt, kommt man aber recht schnell in Berührung mit solchen Themen, vielleicht weil die Leute, denen man folgt, selbst vor Ort sind, vielleicht weil sie entsprechende Vorträge kommentieren. Dabei bin ich auch in der kurzen Zeit, die ich auf Twitter dabei bin, auf zwei (nicht-archivische) Tagungen gestoßen, bei denen ich mich unweigerlich folgendes fragen musste:

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Vielleicht war das etwas hart formuliert, aber wenn man das dortige Aufeinanderprallen von Archivaren und Nicht-Archivaren schmerzhaft direkt verfolgen konnte, dann möglicherweise doch verständlich. Das erste waren die EDV-Tage in Theuern, die mir bis dato überhaupt nicht bekannt waren, aber mein Interesse auf sich gezogen hatten, weil dort – neben zahlreichen Vortragenden aus Bibliotheken und Museen – ein Archivarskollege über den Einsatz von sozialen Medien vortragen sollte: „Allheilmittel Web 2.0 und Social Media?“ lautete der fragende Titel, der mich gerade auch vor dem Hintergrund des eigenen archivischen Facebook-Auftritts sehr reizte. Nach mehreren Vorträgen über die Bedeutung und Rolle von sozialen Medien für Kultureinrichtungen folgte hiermit dann allerdings ein rigoroses Gegenprogramm – man hätte es am Untertitel schon ablesen können („Kritische Nachfragen zum Einsatz in Gedächtnisinstitutionen“):

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Da blieb nur ungläubiges Staunen über kuriose Vorschläge…

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… oder Sarkasmus…

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… oder der nicht unberechtigte Vorschlag, es doch gleich zu lassen:

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Ein bedauerlicher Einzelfall? Scheinbar nicht, wie dann jüngst bei einer Tagung zum Gedenkbuch zu Münchner NS-Euthanasie-Opfern erahnbar wurde. Auch hier stieß archivischer Konservativismus manchem Teilnehmer bitter auf:

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Bei solchen Reaktionen bleiben manche Fragen: Haben Archive eigentlich derartig andere Rahmenbedingungen als Bibliotheken, Museen oder andere Kultureinrichtungen, dass sie sich solchermaßen zurückhaltend im Bereich der sozialen Medien zeigen müssen? Ist diese Abstinenz überhaupt von Interesse, weil der Adressatenkreis vielleicht nur aus ein paar vernetzten Hipstern und Nerds besteht, die breite Nutzerklientel aber überhaupt nicht erreicht? Und: Wissen wir Archivarinnen und Archivare eigentlich, wie wir uns nach außen präsentieren (und altbekannte Klischeebilder wiederbeleben)?

Für mich (und wahrscheinlich für die allermeisten, die dieses Blog hier lesen) sind diese Fragen rein rhetorischer Natur. Klar kennen wir Archivarinnen und Archivare Schutzfristen und müssen sie beachten, klar müssen wir ressourcenschonend arbeiten und nicht jedem neuen Hype hinterherlaufen und klar muss uns unser Standing in der Öffentlichkeit interessieren. Aber das Bild, das wir offenbar – zumindest mancherorts – abgeben, scheint nicht besonders schmeichelhaft. Vielleicht wäre das früher gar nicht sonderlich aufgefallen, aber dieser neue riesige Informationsraum, den soziale Medien schaffen, sorgt für eine neue Offenheit und einen neuen Informationsfluss. Gut so. Wenn die potentiellen Nutzer und auch Partner(-institutionen) von Archiven uns derartig hart angehen, dann sollte uns das zu denken geben. Facebook und Twitter sind auch wunderbare Evaluationstools, die uns verraten, was man von uns hält und wie man sich uns wünscht. Man muss vielleicht nicht alles erfüllen, was an uns herangetragen wird, aber letztlich müssen die Nutzer der zentrale Maßstab für unsere Arbeit sein. Hören wir auf Sie!

Ach ja, dafür muss man natürlich in den sozialen Medien vertreten sein. Also: mehr Archive rein in Facebook, auf Twitter, wohin auch immer. Unsere Nutzer haben uns dort etwas zu sagen!

 

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/993

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Visual History

Fotoapparate-Friedhof von Sonja Allocca

Wer kontrollierte und bestimmte in der Krisen- und Umbruchphase des späten Staatssozialismus, welche Bilder in die Öffentlichkeit gelangten? Wie unterschieden sich diese Praktiken und der Umgang der Bildproduzenten mit ihnen in den einzelnen Ländern des Ostblocks? Welche Rolle spielen Schulbücher als visuelle Medien? Wie wird in ihnen die Geschichte des Staatssozialismus visuell repräsentiert? Wie nutzte die Wissenschaft das Medium der Fotografie, um ihre Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit sichtbar und nachvollziehbar zu machen? Welcher Techniken bediente sie sich dabei? Vor welchen Problemen stehen die Bildarchive im digitalen Zeitalter? Geht die Kompetenz der Bildarchivare verloren oder ergeben sich mit der Digitalisierung neue Möglichkeiten der historischen Kontextualisierung von historischen Bildmaterialien?

Dies sind einige der Fragen, denen sich das Verbundprojekt „Visual History.

[...]

Quelle: https://www.visual-history.de/2013/11/20/visual-history-institutionen-und-medien-des-bildgedaechtnisses/

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