Workshop “Forschungsdaten für Andere. Lizenzen und Werkzeuge für LiteraturwissenschafterInnen”

DARIAH-DE (http://de.dariah.eu) und die SUB Göttingen laden Interessierte zum Workshop “Forschungsdaten für Andere. Lizenzen und Werkzeuge für LiteraturwissenschaftlerInnen” ein.

“Primärdaten als Grundlagen für Veröffentlichungen sollen auf haltbaren und gesicherten Trägern in der Institution, wo sie entstanden sind, für zehn Jahre aufbewahrt werden.” Diese Empfehlung findet sich in den “Vorschlägen für gute wissenschaftliche Praxis” der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Doch allein mit der Archivierung von Daten ist die Nachvollziehbarkeit wissenschaftlicher Ergebnisse nicht gegeben. Daneben ist die Bereitstellung von Daten eine mindestens genauso wichtige wie berechtigte Forderung. Ein möglichst freier, überregionaler und langfristiger Zugriff auf Daten wirft aber eine Reihe von rechtlichen Fragen auf, die mit Hilfe von “Lizenzen” geregelt werden können. Sie geben u. a. Antworten darauf, was Wissenschaftler mit Forschungsdaten anderer tun dürfen und was nicht.

Die SUB Göttingen als Partner in DARIAH-DE (Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities) richtet einen Workshop zur Lizenzierung von Forschungsdaten aus. Der zweitägige Workshop richtet sich an LiteraturwissenschafterInnen, die selbst über Forschungsdaten verfügen, planen diese zu veröffentlichen und nun vor dem Problem der Lizenzierung ihrer Daten stehen.

Programm:

In einem ersten Themenblock werden durch Impulsreferate auf die rechtlichen Grundlagen der Forschungsdatenlizenzierung eingangen und die Themenkomplexe Urheberrechte, Nutzungsrechte und Datenschutz skizziert. Dabei sollen auch die praktischen Erfahrungen einzelner Projekte und Einrichtungen mit Lizenzlösungen für den internationalen und nationalen Datenaustausch diskutiert werden.

Im Rahmen der zweiten Einheit werden die TeilnehmerInnen die Gelegenheit bekommen, an einem eigenen Rechner Tools zu testen, die sie bei der Lizenzentscheidung und -erstellung unterstützen sollen. Die Ergebnisse des Nutzerfeedbacks des Workshops werden in die Weiterentwicklung dieser Tools einfließen.

Zwischen diesen beiden Themenblöcken werden die einzelnen TeilnehmerInnen die Gelegenheit haben, von ihren Erfahrungen und Anforderungen über die Bereitstellung von Daten zu berichten.

Ort: Historisches Gebäude SUB Göttingen, Papendiek 14; 37073 Göttingen, Vortragsraum 1.OG, Raumnummer: 1.207

http://www.sub.uni-goettingen.de/standorte-raumangebote/standorte-mit-oeffnungszeiten/historisches-gebaeude/

Beginn: 03.12..2014, 13.00 Uhr

Ende: 04.12.2014, 13.15 Uhr

03.12.2014

13.00-13.30

Registrierung und Imbiss

13.30-13.45

Begrüßung

Begrüßung und Vorstellung

13.45-14.00

Einführung

Präsentation DARIAH-DE, Einführung in die Thematik des Workshops

Wibke Kolbmann

14.00-14.40

30 min Vortrag

Rechtliche Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Daten – ein Überblick

John Weitzmann, iRights.Law, zur Person

14.40-15.20

30 min Impulsreferat

Wessen Texte, Korpora, Annotationen? Zur Problematik von Urheberschutz und Datenrecht im heureCLÉA-Projekt

Evelyn Gius, heureCLÉA, zur Person

15.20-16.00

Kaffeepause

16.00-16.40

30 min Impulsreferat

Genetisch-kritische und kommentierte Hybrid-Edition von Theodor Fontanes Notizbüchern im Open Access

Dr. Gabriele Radecke, Hybrid-Edition Fontane Notizbücher, zur Person

16:40-17.20

30 min Impulsreferat

N.N.

17.20-18:00

Abschluss-
diskussion

Referenten, Organisatoren & TeilnehmerInnen

ab 19.00

Gemeinsames Abendessen

04.12.2014

9.00-10.30

Fallbeispiele aus der Praxis

Vortrag oder Präsentationen der TeilnehmerInnen

TeilnehmerInnen

10.30-10.45

Kaffeepause

10.45-11.45

5-10 min je Tool

Einführung in die Lizenzierungstools

Creative Commons, Choose a license?

Licensing decision tool, OER

Public Domain Calculator

Thomas Kollatz,

Niko Beer,

Wibke Kolbmann

11.45-12:30

Praktische Vertiefung in die Anwendung der Tools

Ausfüllen der beiden Fragebögen

TeilnehmerInnen

12:30-13.15

Abschlussdiskussion und Nachbereitung des Workshops

Organisatoren & TeilnehmerInnen

Das aktualisierte Programm und weiterführende Informationen können Sie hier abrufen : https://docs.google.com/document/d/1ODkPX-pH0qaIz8dtzgKwd1BreS-s_G-x2Rb1ucXvEaY/edit?usp=sharing  und auf dem DARIAH-DE Portal . Für die Teilnahme wird ein Unkostenbeitrag von 10 Euro pro Tag für das Catering erhoben, den wir Sie bitten bei Tagungsbeginn zu entrichten. Reise- und Unterbringungskosten der TeilnehmerInnen können nicht übernommen werden. Am Ende des ersten Tagungstages bieten wir allen Teilnehmenden an, an einem gemeinsamen Abendessen zum Selbstkostenpreis teilzunehmen.

Anmeldungen sind ab sofort bis zum 20.11.2014 möglich. Verwenden Sie hierfür bitte das Registrierungsformular. Da der Workshop auf max. 25 Personen beschränkt ist, erfolgt die Vergabe der Plätze und eine Zusage über eine Teilnahme in der Reihenfolge der Anmeldungen.

Teilnehmer werden gebeten, Ihren eigenen Computer/Laptop mitzubringen, um an den Hands-On-Sessions aktiv teilnehmen zu können.

Bei inhaltlichen oder organisatorischen Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

 Wibke Kolbmann – Deutsches Archäologisches Institut – wibke.kolbmann@dainst.de und/oder David Wolf – SUB Göttingen – david.wolf@sub.uni-goettingen.de

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4181

Weiterlesen

Deutsch-französische Annäherung auf vier Rädern? Das Autorennen Paris-Berlin 1901

 

Le Petit JournalEin Gastbeitrag von Jan Hassink

„Was wir gestern Morgen auf dem Westender Rennplatz gesehen haben, das ist – ich zweifle nicht daran – ein Blick in unsere Zukunft.“ Als der liberale Publizist Friedrich Dernburg mit diesen Worten am 30. Juni 1901 seine Eindrücke von der Zieleinfahrt des Autorennens Paris-Berlin zusammenfasste, stand er offensichtlich noch ganz im Bann des Tags zuvor erfahrenen „Triumphzugs der Automobilisten“, so der Titel seines Essays.1 „Es steckt etwas darin, etwas Phantasievolles, Bestrickendes und zu gleicher Zeit etwas Brutales, Rücksichtsloses, beinahe Barbarisches. Mit einem Worte: etwas Modernes.“ Wie elektrisiert zeigte er sich von der eindrucksvollen Demonstration der „Hast und Rastlosigkeit in der Bewegung“ und dem „Drang nach individueller Ungebundenheit.“ Hellsichtig prophezeite er dem Automobil als genuinem Ausdruck der Moderne eine große Zukunft. Fast schon als etwas Erhabenes erscheint das Automobil bei Dernburg, in sich die Widersprüche der Moderne – die Ohnmacht des Menschen gegenüber der („barbarischen“) Technik und sein immer stärkerer Drang nach individueller Freiheit – verbindend.

Das Automobil – Fluch oder Segen?

Das dreitägige Autorennen, das die Fahrer im Sommer 1901 von Paris über Aachen und Hannover nach Berlin führte, beeindruckte nicht nur den Redakteur des Berliner Tageblatts, sondern war ein internationales Medienereignis. Die Faszination für das Automobil im Allgemeinen und das deutsch-französische Rennen im Besonderen äußerte sich in vielen Presseberichten dies- und jenseits des Rheins; sie ging dabei oft über eine Begeisterung für das rein Sportlich-Technische hinaus. Dernburg etwa gab dem Rennen eine politische Dimension: Er sah hier die „völkerverbindende Macht des Sports“ am Werk, der „dazu bestimmt [sei], die kriegerische Tendenzen im Menschen in einer milderen Gabe abzulösen.“ Schließlich wurde hier die geographische Nähe der beiden „Erbfeinde“ einmal ganz anders interpretiert: „sportlich“, nicht militärisch. Die „Maschen der Menschheit“, so Dernburg, seien „wieder einmal enger gezogen.“ Hier bündelten sich Technikbegeisterung, Fortschrittsglaube und politischer Optimismus auf eine Entspannung der deutsch-französischen Beziehungen.

Nicht alle teilten diese euphorische Einschätzung. Skeptisch fragte die Allgemeine Automobil-Zeitung (AAZ) als Reaktion auf das Rennen, „welch praktischen Nutzen es habe, automobile Ungethüme von der Species der Ueberwagen […] drei Tage hindurch über Stock und Stein rasen zu lassen“.2 Der „in Frankreich entstandene Schnelligkeitswahnsinn [greife] epidemisch um sich“. Ganz ähnlich erhoben sich auch in Frankreich kritische Stimmen zu der „Volupté de la Vitesse“, so der Titel eines Aufsatzes von Edmond Lepelletier im Écho de Paris vom 2. Juli 1901: „La vitesse, envisagée comme plaisir, comme un de ces adjuvants et de ces stimulants, fruits des paradis artificiels, dont Baudelaire a chanté et analysé les ivresses, tels que le vin, l’opium, les parfums, ne date que de l’avènement du pneu.” Der Automobilismus – eine dieser modernen Grenzüberschreitungen, die es einzuzäunen gelte, denn: „Les voluptueux de la vitesse […] sont des sadiques très désagréables, puisque leur jouissance égoïste appelle à son aide les blessures et la mort.”

Ein Autorennen als transnationaler Begegnungsort

Der neue Erfahrungsraum, den das Automobil und speziell der Automobilsport um die Jahrhundertwende öffnete – Stichworte „Überwagen“ und „Schnelligkeitswahn“ –, kann als ein transnationales Phänomen gelesen werden; exemplarisch verkörpert im Rennen Paris-Berlin. Die deutsch-französische Grenze wurde hier nicht nur physisch überschritten, sondern ebenso waren die Hoffnungen, Ängste und Zukunftserwartungen, die das rasende Auto hervorrief, an keine nationalen Grenzen gebunden. Auch der Gedanke von der „völkerverbindende[n] Macht des Sports“, von der Dernburg nach dem Rennen gesprochen hatte, wurde von der französischen Presse geteilt: „Comme la musique et la peinture, l’automobilisme et le sport n’ont pas de patrie“, wie man in der Ausgabe des Figaro vom 27. Juni 1901 lesen konnte. Und als transnationales Ereignis, das viele Franzosen anlässlich der gleichzeitig veranstalteten „Touristenfahrt“ von Paris nach Berlin führte – Dernburg nannte sie „eine Art Bierreise“ –, trug das Rennen durchaus zur „Völkerverständigung“ bei: „Ceux de nos compatriotes qui n’étaient jamais allés en Allemagne ont été stupéfaits de constater l’enthousiasme avec lequel on les accueillait […]. Ils ont pu voir que nos voisins ne nous détestaient nullement, et cela les a plus que surpris.“3 Die Begeisterung für das Neue war, im wahrsten Sinne des Wortes, grenzenlos. So bezeichnete Le Monde Illustré das Rennen als eine „solennité internationale“, und: „Nos chauffeurs reviendront enthousiasmés de Guillaume II.“4 Der Kaiser selbst ließ per Telegramm ausrichten, er sei „erfreut über das kameradschaftliche Zusammenwirken französischer und deutscher Wettfahrer.“5 Und der britische Rennfahrer Charles Jarrott, selbst Teilnehmer des Rennens, hielt es im Jahr 1906 rückblickend für eine „particularly happy idea of the French Club to hold a race between Paris and Berlin.“ Denn: „The bitterness of the struggle of the seventies was still existent, and it seemed almost impossible that even in a sporting event the nations could fraternize to the extent of opening up their roads for a race between the two great cities.“6 Der Erfolg der Veranstaltung schließlich hätte diese nationalistischen Bedenken aus dem Weg geräumt und das Gegenteil bewiesen.

Nicht nur auf sportlichem, auch auf industriell-wirtschaftlichem Gebiet stellte das Rennen eine deutsch-französische Zusammenarbeit dar. In seiner Rede beim hochrangig besetzten Festbankett anlässlich des Zieleinlaufs in Berlin fasste der preußische Handelsminister Theodor von Möller diesen Aspekt zusammen: Der „Fortschritt der Industrie“ sei nämlich „ein gleichmäßiges Product aller Culturnationen. Speciell wir beiden Nachbarvölker brauchen in der Industrie keinerlei Eifersucht aufeinander zu haben, sondern unsere Interessen sind in der Industrie wie im Handel durchaus gemeinsame.“7 Gemeinsame wirtschaftspolitische Interessen waren es wohl auch, die den Automobile-Club de France und sein deutsches Pendant, den Deutschen Automobil-Club, überhaupt erst dazu veranlasst hatten, das Rennen in Kooperation zu organisieren. Es bleibt ein offenes Feld für die Forschung, die engen personellen und institutionellen Kontakte zwischen beiden Verbänden näher zu untersuchen.

Eine besondere mediale Aufmerksamkeit zogen in Deutschland wie in Frankreich die an den beiden Rennen beteiligten Frauen auf sich. Die einzige Teilnehmerin des offiziellen Rennens, die Französin Camille du Gast – „Madame du Gast“, wie sie auch in der deutschen Presse durchweg genannt wurde – sei, so der Figaro, „une intrépide chauffeuse, […] qui conduit une voiture de 20 chevaux avec maëstria“. Und als „Madame Gobron“, die Frau eines französischen Automobilindustriellen, die Touristenfahrt erfolgreich mit einem Stundenmittel von 41 km/h beendet hatte, merkte die AAZ anerkennend an: „Das wäre für einen Chauffeur respektabel, um wie viel mehr für eine Chauffeuse!“8 Autorennen waren auf deutscher wie auf französischer Seite ein „männlicher“ Sport; die teilnehmenden Frauen stachen in der Berichterstattung jeweils besonders hervor.

Paris-Berlin StreckeVon Paris nach Berlin: Nördlich die Strecke der Rennfahrer, etwas weiter südlich die der Touristen

Das Autorennen, soviel zeigt der Blick in die Presse, wurde in der deutschen und französischen Öffentlichkeit nicht als eine bloße Sportveranstaltung wahrgenommen. Industrielle, soziale und politische Aspekte standen zuweilen derart im Vordergrund, dass die sportliche Seite mitunter nebensächlich wurde: „Le grand match franco-allemand […] dépasse de beaucoup de limites du terrain sportif. On en parle comme d’un événement international dans le peuple“, wie der Écho de Paris im Vorfeld die allgemeine Stimmung im Volk beschrieb.9

Nationalistische Ober- und Untertöne

Diese als positiv empfundenen Berührungspunkte und Verflechtungen sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Autorennen insbesondere in der politisch rechten Presse zuweilen nationalistisch überhöht wurde – dies ist gewissermaßen die Schattenseite der politischen Aufladung, die das Rennen erfuhr. Der Streckenverlauf – von Paris in die Hauptstadt des Deutschen Reichs – und der Wettkampfcharakter waren geradezu prädestiniert, dem Rennen eine chauvinistische, ja sogar revanchistische Note zu geben. Hier zeigte das Rennen weniger eine integrative, sondern eher eine trennende, abgrenzende Wirkung. Das Spektrum dieser nationalistischen Tendenzen ist weit gefasst: Es reichte von Kriegsmetaphorik und politischen Andeutungen bis hin zur Verurteilung des Rennens von Rechts als Ausdruck von Geschichtsvergessenheit.

So hieß es im Figaro etwa am 28. Juni 1901: „La dernière étape, Berlin, fait naître l’idée d’une revanche industrielle et, pour beaucoup, l’essentiel est de battre nos voisins sur leur propre terrain, dans cette lutte pacifique.“ Die Rede von einer „lutte pacifique“ und einer „guerre économique“, von der „revanche industrielle“ und einer „pointe de chauvinisme“ war in vielen französischen Zeitungsberichten präsent. Und auf die Frage, ob es nicht darum ginge, gerade gegen die Deutschen den Sieg davonzutragen, antwortete der Präsident des französischen Automobilclubs, Baron von Zuylen: „J’espère bien que nous triompherons des Allemands sur ce terrain pacifique.“10 Sprachlich waren die Grenzen zwischen militärischem Konflikt und sportlichem oder industriellem Wettkampf fließend. Le Vélo schrieb am 10. Juni 1901, die Deutschen würden auf industriellem Gebiet genauso handeln wie auf dem Schlachtfeld („champ de bataille“). Und als mit Henri Fournier ein Franzose als erster die Ziellinie in Berlin überquerte, sei die Begeisterung auf französischer Seite so groß gewesen, dass man hätte glauben können, Frankreich habe einen großen militärischen Sieg errungen, wie es der Écho de Paris am 30. Juni formulierte – wenngleich dessen „blonde[s] Haar und die treuherzigen blauen Augen [ihn] eher als einen Vollblutgermanen denn als Franzosen erscheinen“ lassen, wie die Allgemeine Automobil-Zeitung zu berichten wusste.

Das nationalistische und antisemitische Blatt La Libre Parole von Éduard Drumont empfand es gar als Schande, dass nun, gerade einmal dreißig Jahre nach dem verlorenen Krieg, Franzosen und Deutsche gemeinsam nichtsahnend durch so geschichtsträchtige Orte wie Sedan und Bazeilles fahren sollten – jene blutigen Kriegsschauplätze von 1870, wo noch die Väter der sorglosen Rennfahrer und Touristen bitter gegeneinander gekämpft hätten.11 Die rechtsgerichtete Autorité meinte lakonisch, es sei „la caractéristique des nations en décadence de se consoler avec des succès sportifs des défaites subies sur le champs de bataille sérieux.“12 Und allein die Tatsache, dass ein paar Franzosen mit dem Automobil nach Deutschland gefahren seien, dort ein Bankett abgehalten hätten und von deutschen Beamten mit freundlichen Worten bedacht worden seien, bezeuge noch gar nichts: „Des incidents aussi minuscules ne sont rien dans les relations de deux grandes nations.“13

Das Autorennen hat polarisiert, und ebenso ergibt sich für den heutigen Betrachter ein ambivalentes Bild. Indem es den Zeitgenossen auf beiden Seiten des Rheins die Moderne erfahrbar machen ließ, konstituierte es in Frankreich und in Deutschland einen gemeinsam geteilten „automobilen“ Erfahrungsraum – mit allen damit einhergehenden Ängsten und Hoffnungen. Auch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Autoclubs und die Annäherungen zwischen den „Touristen“ deuten auf wirtschaftlich-industrielle und soziale Verflechtung hin. Gleichzeitig, und entgegen solcher Transferprozesse, wurde das Bild des feindlichen Nachbarn in der Presse, zumindest auf französischer Seite, auf die sportlich-industrielle Ebene übertragen. In diesem Spannungsfeld zwischen wachsender Verflechtung einerseits und nationaler Abgrenzung andererseits verortet sich Paris-Berlin 1901.

 

Jan Hassink studiert seit 2010 Geschichte, Französisch und Latein an der Universität Marburg. Im Herbst 2014 hat er ein Praktikum am Deutschen Historischen Institut Paris absolviert, in dessen Rahmen auch dieser Blogeintrag entstanden ist.

_______

Abbildungen:

1. Le Figaro vom 27.06.1901, S. 2. (http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k285550z/f2.image)

2. Le Petit Journal, Supplément illustré vom 14.07.1901, S. 1. (http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k7164432.image.langDE)

_______

Bibliographie:

Buisseret, Alexandre: „Les femmes et l’automobile à la Belle Époque“, in: Le Mouvement social 192 (2000), S. 41-64. (http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5730002b.image.f43.tableDesMatieres)

Dulier, Jean-Robert: La triomphale course Paris-Berlin, Clermont-Ferrand 1967.

Flonneau, Mathieu: „Paris au cœur de la révolution des usages de l’automobile 1884-1908“, in: Histoire, économie & société 26 (2007), S. 61-74. (http://www.cairn.info/zen.php?ID_ARTICLE=HES_072_0061)

Gardes, Jean-Claude: „La course automobile ‘Paris-Berlin’ (1901) et sa transcription graphique dans les dessins du Rire“, in: Recherches contemporaines, numéro spécial „Image satirique“ (1998), S. 53-63. (http://idhe.u-paris10.fr/servlet/com.univ.collaboratif.utils.LectureFichiergw?ID_FICHIER=1348818743595)

Merki, Christoph Maria: „Das Rennen um Marktanteile. Eine Studie über das erste Jahrzehnt des französischen Automobilismus“, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 34 (1998), S. 69-91.

Ders.: „L’internationalisation du traffic routier avant 1914“, in: Relations internationales 95 (1998), S. 329-348.

Ders.: Der holprige Siegeszug des Automobils 1895-1930. Zur Motorisierung des Straßenverkehrs in Deutschland, Frankreich und der Schweiz, Wien, Köln, Weimar 2002.

  1. In: Berliner Tageblatt und Handelszeitung vom 30.06.1901, 1. Beiblatt.
  2. Allgemeine Automobil-Zeitung (AAZ) vom 07.07.1901, S. 5.
  3. La Vie au Grand Air vom 14.07.1901, S. 398.
  4. Le Monde Illustré vom 29.06.1901, S. 487.
  5. AAZ vom 07.07.1901, S. 21.
  6. Charles Jarrott: Ten Years of Motors and Motor Racing, London 1906, S. 103.
  7. Seine Rede ist abgedruckt in der AAZ vom 07.07.1901, S. 21.
  8. AAZ vom 14.07.1901, S. 12.
  9. L’Écho de Paris vom 21.06.1901, S. 1.
  10. L’Écho de Paris vom 17.04.1901, S. 1.
  11. Vgl. La Libre Parole vom 23.06.1901, S. 1.
  12. Zit. n. Le Vélo vom 02.07.1901.
  13. Zit. n. Pierre Souvestre: Histoire de l’Automobile, Paris 1907, S. 527. [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5495467j/f7.image.r=histoire%20de%20l%27automobile.langFR]

 

 

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2023

Weiterlesen

Nikola Langreiter: Weibliches Handarbeiten – zwischen Notwendigkeit und Überfluss…

Schade, dass ich da Pragbedingt nicht kommen kann:

Vortrag: Weibliches Handarbeiten - zwischen Notwendigkeit und Überfluss
Do, 16.10.2014, 18:00

Im Rahmen der Austellung Arbeiten ruthenischer Flüchtlinge im Ersten Weltkrieg: Stick- und Knüpfmusterstücke (Objekte im Fokus), die noch bis 02.11.2014 zu sehen ist!

Von Nikola Langreiter
Europäische Ethnologin, Textilservice Wortstellerei, Lustenau

Das Selbermachen mag auf den ersten Blick harm- und belanglos scheinen. Doch viele rezente soziale, kulturelle, politische und ökonomische Entwicklungen kommen in diesem Phänomen zum Ausdruck. Strategien des Umgangs mit diesen Entwicklungen lassen sich beobachten und Erkenntnisse über Kultur und Gesellschaft gewinnen. Ganz allgemein wird gefragt, warum Menschen jeweils selber machen und wie sie das in ihren Bedeutungshaushalt einbauen. Die aktuelle DIY-Welle ist ambivalent: Selbermachen passt zu neoliberalen Konzepten (Entrepreneurship, Eigenverantwortung) und kann zugleich als Widerständigkeit interpretiert werden (Konsumverweigerung, ökosoziale Verantwortung, Selbstbestimmung). Neben dem traditionellen Handarbeiten und Heimwerken sind die neuen DIY-Nischenökonomien und auch das Radical Crafting hier ein Thema.

Anhand von Beispielen aus diesen unterschiedlichen Feldern des Selbermachens beleuchtet der Vortrag Sinnstiftungen der Akteurinnen und Akteure sowie das Spannungsfeld Notwendigkeit und Überfluss.

Die Vortragende war von 1995 an vor allem freiberuflich als Kulturwissenschaftlerin tätig; Vertragsassistenzen an den Universitäten Wien und Innsbruck, Lehraufträge ebendort und am IFF/Universität Klagenfurt; dazwischen Verlags- und Redaktionsarbeit. Forschungsschwerpunkte: Biografieforschung, Tourismus im Alpenraum, Wissenschaftskulturen, DIY – mit einem anhaltenden Interesse für Geschlechterfragen; betreibt seit 2014 die Wortstellerei: http://www.wortstellerei.at

http://www.volkskundemuseum.at/jart/prj3/volkskundemuseum/main.jart?content-id=1360933676396&rel=de&article_id=1406530110276&event_id=1406530110297&reserve-mode=active

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022218162/

Weiterlesen

Ist die Demokratie resilient?

Abendstau in Kampala, 6. Oktober 2014

Abendstau in Kampala, 6. Oktober 2014

Neu Delhi und Kampala sind überall. Vielleicht nicht in München, okay. Aber selbst am beschaulichsten Ort der Welt lassen sich Unsicherheit und Krise kaum noch verdrängen. Klimawandel, Finanzkollaps, Islamischer Staat: Die Politik hetzt von einer Herausforderung zur nächsten, getrieben von der Aufmerksamkeitslogik der Medien, omnipräsent und scheinbar ohnmächtig zugleich. Zeit zum Nachdenken, Zeit zum Diskutieren? So knapp wie die Luft in Kampala und der Lebensraum in Neu Delhi.

„Schneller als die Demokratie erlaubt?“ fragt der Bayerische Forschungsverbund Fit for Change am 20. November im Münchner Kompetenzzentrum Ethik (18 Uhr, Geschwister-Scholl-Platz 1). Zugespitzt formuliert: Verlangen „Zeiten radikalen Wandels“ andere Formen der Macht und der Entscheidungsfindung? Dauert es nicht viel zu lange, alle zu hören und am Ende doch nur einen Kompromiss zu haben, der keinem wirklich hilft? Und: Braucht es nicht eine starke Frau (oder einen starken Mann), um Dinge durchzusetzen, die jedem Einzelnen wehtun, aber am Ende allen helfen? Auf dem Podium sitzen Julian Nida-Rümelin und Markus Vogt (beide Mitglieder des Forschungsverbunds) sowie Armin Nassehi. Moderation: Franz Mauelshagen.

Um die Herrenrunde zu unterstützen und vorzubereiten, soll schon vorher diskutiert werden – am besten hier in diesem Blog, mit allen, die dazu Lust haben. Basis sind Texte von Hans Jonas und Amartya Sen (Tyrannis vs. Demokratie), Wolfgang Haber und Ute Eser (Nachhaltigkeit und gutes Leben) sowie von Thomas Assheuer, Armin Nassehi und Hartmut Rosa, die sich vor zwei Jahren in der Wochenzeitung Die Zeit über Gesellschaftsdiagnosen gestritten haben. Gemeinsamer Nenner aller drei Debatten: Die Antwort hängt vom Menschenbild ab.

Hans Jonas hat 1979 über den „Vorteil totaler Regierungsgewalt“ nachgedacht, über die „wohlwollende, wohlinformierte und von der richtigen Einsicht beseelte Tyrannis“. Schön. 1979 konnte man das noch – in einem Atemzug nicht nur die „Schattenseite zentralistischer Macht“ erwähnen, sondern auch die Nachteile des „kapitalistisch-liberal-demokratischen Komplexes“. Das „Eigeninteresse der Betroffenen“, meint Jonas, erschwere im „demokratischen Prozess“ das, was eigentlich nötig sei. Seine Lösung: Eliten an die Macht. Bei Amartya Sen sieht die „Zukunftsverantwortung“ (Jonas) 14 Jahre und einen weltgeschichtlichen Wimpernschlag später ganz anders aus. Demokratie, öffentliche Wohlfahrt, Beschäftigungsprogramme. Und Sen hat Fakten: Wenn Geld in Gesundheit und Bildung fließe, gehe es den Menschen besser, und keine Demokratie habe je eine Hungersnot gesehen. Wer herrsche, habe immer genug zu essen. Um die Ärmsten der Armen werde sich nur da gekümmert, wo es eine Opposition gibt, eine halbwegs freie Presse und die Möglichkeit, abgewählt zu werden.

Fußgänger in Kampala, 5. Oktober 2014

Fußgänger in Kampala, 5. Oktober 2014

Noch einmal zwei Jahrzehnte später malt Wolfgang Haber (Jahrgang 1925) eher schwarz. Der Mensch wird von ihm auf einen „Urantrieb“ reduziert: „Wie komme ich auf bequeme Weise zu mehr?“ Und: „Was Menschen einmal erfunden und sogar technisch umgesetzt haben, bleibt in der Welt und lässt sich nicht unterdrücken.“ Siehe Kampala. Lieber im Stau stehen und die Luft verpesten als zu Fuß nach Hause gehen. Mit Blick auf das „Wachstum der menschlichen Biomasse“ hält Haber die Idee der Nachhaltigkeit für gescheitert. Wie könnten „künftige Generationen die gleichen Chancen wie die jetzt lebenden haben“, wenn die ohnehin schon zu knappe Fläche weiter schrumpfe? Zu kurz gesprungen, ruft Habers Schülerin Ute Eser, die deutlich jünger ist und vielleicht auch deshalb an „die Vernunftbegabung von Menschen“ glaubt sowie an „ihre Fähigkeit zur Selbstbeschränkung“.

Geht es bei Eser vs. Haber um Ethik und um Normativität, drehen Armin Nassehi und Hartmut Rosa in der Zeit-Debatte das große Soziologen-Rad. Der Anstoß kam von einem Journalisten. Thomas Assheuer hatte tief im „Mausoleum der Geistesgeschichte“ gewühlt und dort die Post-Theorien der 1980er Jahre ausgegraben: Postdemokratie, Postmoderne und Postsozial, Spätkapitalismus, Spätmoderne und Nachgeschichte. Sein Fazit: Der Markt sei „die letzte verbliebene Großmacht der Moderne; er gibt die Kommandos aus und hält mit ‚unsichtbarer Hand‘ die Gesellschaft fest im Griff“. Nassehi vs. Rosa ist dann auf den ersten Blick eine Schlacht aus dem Elfenbeinturm. Das „Jammern der Ewiggestrigen“ (Nassehi über kritische Theoretiker wie Rosa) gegen die „doppelte Armut“ der Systemtheoretiker (Rosa über die „Epigonen Niklas Luhmanns“). So weit, so langweilig.

Spannend ist das, wo sich beide einig sind: Es gibt keine einfachen Lösungen. „Politische Plausibilität muss sich vor einem Publikum bewähren, das womöglich wollen müsste, was es nicht will“, schreibt Nassehi, der auch sonst nicht an die Steuerbarkeit der Gesellschaft glaubt („Widerständigkeit der Gesellschaft für intervenierende Zugriffe“). Der Systemtheoretiker weiß, dass die Politiker um „das wählbarste Versprechen“ wetteifern und damit einer ganz anderen Logik folgen als (zum Beispiel) die Wirtschaft. Bei Rosa wächst der Pessimismus aus der „Steigerungslogik“, der die Moderne seiner Meinung nach folgt. Das Wachstum müsse weitergehen, auch wenn der Mensch heute von der Angst um den Status quo getrieben werde und nicht mehr von der Hoffnung, dass es seinen Kindern besser gehen möge. Wachstum, das den Planeten zerstört und doch keines der großen Probleme lösen zu können scheint. Trotzdem: Rosa glaubt an „die Gestaltbarkeit der Welt“ und an den Menschen, der dies leisten kann. Die Debatte ist eröffnet.

Literatur
Thomas Assheuer: Die Moderne ist vorbei. Die Zeit vom 26. Juli 2012, S. 52.
Ute Eser: Und sie zählen doch! Warum ethische Argumente für den Naturschutz entbehrlich sind. Eine Replik auf Wolfgang Haber. Natur und Landschaft 7/2014.
Wolfgang Haber: Die unbequemen Wahrheiten der Ökologie. Grünwald 2010, S. 48-65.
Hans Jonas: Prinzip Verantwortung. Frankfurt/Main 1979, S. 262f.
Armin Nassehi: Das „Goldene Zeitalter“ ist vorbei. Die Zeit vom 2. August 2012, S. 50.
Hartmut Rosa: Das neue Lebensgefühl. Die Zeit vom 16. August 2012, S. 52.
Amartya Sen: The Economics of Life and Death. Scientific American, May 1993, S. 40-47.

Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/265

Weiterlesen

Einladung zum 2. Berliner DH-Rundgang

Der Interdisziplinäre Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (ifDHb) lädt zum 2. Berliner DH-Rundgang ein. Gastgeber ist das Excellenzcluster Topoi. Besonderer Schwerpunkt dieses DH-Rundgangs wird der Umgang mit Geodaten sein.

Termin: Donnerstag, 23.10.2014, 18:00-19:30 Uhr
Ort: Exzellenzcluster 264 Topoi, Hittorfstr. 18, 14195 Berlin

Im zweiten DH-Rundgang präsentiert das Exzellenzcluster Topoi aktuelle Bestrebungen zu digitalen Methoden im Kontext der interdisziplinären Forschungsansätze des Exzellenzclusters. Das Themenspektrum der Digital Humanities stellt bei Topoi einen zentralen Aspekt dar, wobei durch die Vielzahl der beteiligten Forschungsgebiete und die damit verbundene Notwendigkeit der interdisziplinären Arbeit, digitale Instrumente in die tägliche Arbeit der Forscher integriert und weiterentwickelt werden. Dabei kommt es zu Synergieeffekten wobei bereits seit längerer Zeit im informationstechnologischen Sektor tätige Wissenschaften wie die Geographie, die Archäologie oder auch die Wissenschaftsgeschichte spezifische Anforderungen an die beteiligten Kooperationspartner stellt und in der Folge auch dort vermehrt computergestützte Methoden Anwendung finden.

Im Rahmen des DH-Rundgangs werden zunächst die bestehende Infrastruktur für die gemeinsame Forschungstätigkeit vorgestellt und die darauf basierenden Services zur Unterstützung der Forscher in der Anwendung digitaler Methoden präsentiert. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf den Weiterbildungsangeboten für die an Topoi beteiligten Forscher liegen. Die im Cluster etablierten Standards zur Sicherung, Verarbeitung und Auswertung von Sach- und Geodaten und die zur Anwendung kommenden Applikationen werden vorgestellt. Die Visualisierung der Forschungsergebnisse wird in Topoi unter anderem mit einer zentralen Webgisanwendung ermöglicht, die im Detail präsentiert wird.
Ein aktuelles Beispiel für die Entwicklung neuer Visualisierungsformen für Forschungsdaten stellt der PLATIN/GeoTemCo Geobrowser dar. Die Applikation wurde als zentrales Visualisierungstool für die Forschungsprojekte zum Atlas der Innovationen geschaffen um über eine Vielzahl von Schnittstellen die Integration von Datenmengen zu ermöglichen und diese in Abhängigkeit von Zeit und Raum darstellen zu können.

Programm
18:00 Uhr Begrüßung (Michael Meyer)
18:10 Uhr Forschungsinfrastruktur und Forschungsdatenbanken (Dominik Lukas)
18:30 Uhr Das Topoi-FORUM „Spatial Data“: Räumliche Analyse und Geodatenbanken (Undine Lieberwirth)
18:50 PlATiN/GeoTemCo – ein Geobrowser für den Digitalen Atlas der Innovationen (Jochen Büttner)

Die Veranstaltung ist kostenfrei, wir bitten Sie, sich verbindlich zum DH-Rundgang anzumelden.

Die nächsten DH-Rundgang-Termine:

  • 18. November 2014: Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB)
  • 9. Dezember 2014: Computerspielemuseum
  • 28. Januar 2015: Universitätsbibliothek und Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Februar 2015: Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) / Fachbereich Gestaltung
  • März 2015: Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland
  • April 2015: Deutsches Archäologisches Institut (DAI)
  • Mai 2015: Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG)
  • Juni 2015: Freie Universität Berlin / Institut für Informatik / AG Netzbasierte Informationssysteme

Sie wollen auch zu einem Berliner DH-Rundgang einladen? Dann schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail an info@ifdhberlin.de oder nehmen Sie telefonisch Kontakt zu uns auf.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website: http://www.ifdhberlin.de/arbeitsfelder/dh-rundgang/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4137

Weiterlesen

Österreichische Tage der Digitalen Geisteswissenschaften

Vom 1. bis 3. Dezember veranstaltet das ACDH die Österreichischen Tage der Digitalen Geisteswissenschaften. Diese Veranstaltung wird als Kick-Off für 10 neue DH-Projekte dienen, die im Rahmen der Programme  go!digital und Digitales kulturelles Erbe von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft gefördert werden.

Am zweiten Tag findet unter dem Titel save the data ein Workshop zu digitalen Repositorien und zu nachhaltiger Verfügbarkeit von digitalen Forschungsdaten statt. Der dritte Tag ist unter dem Motto link your data dem Thema Semantic web und Linked (Open) Data (LOD) gewidmet.

Weitere Informationen zur Veranstaltung und den Link zur Anmeldung finden Sie hier.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4127

Weiterlesen

Abstracts zur Tagung “Schule und Bildung am Oberrhein in Mittelalter und Neuzeit”

Am 10. und 11. Oktober findet in Neuenburg am Rhein eine von der Abteilung Landesgeschichte in Kooperation mit Dr. Ursula Huggle und der Stadt Neuenburg organisierte Tagung zum Thema “Schule und Bildung am Oberrhein in Mittelalter und Neuzeit” statt. Konzept und Programm wurden bereits hier im Blog veröffentlicht.

Im Vorfeld der Tagung werden nun hier die Abstracts zu den einzelnen Vorträgen veröffentlicht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die interessierte Öffentlichkeit können so schon vor der Tagung einen Einblick in einzelne Vorträge erhalten.

Wer nun kurzentschlossen Interesse an der Tagung hat: Eine unangemeldete Teilnahme an der ganzen Tagung oder einzelnen Vorträgen möglich!

Freitag, 10. Oktober 2014

Prof. Dr. Martina Backes (Freiburg i. Br.): „Nuwer sang?“ Die Liebeslieder des Brunwart von Auggen und die Tradition des höfischen Minnesangs am Oberrhein

Alle schuol sint gar ein wint / wan diu schuole al eine, dâ der Minne junger sint…
Alle Schulen taugen nichts außer der Schule, in der die Anhänger der Liebe sind. Die vermittelt solche Künste, dass man ihr den höchsten Rang zugestehen muss.
Es war der Sangspruchdichter Reinmar von Zweter, der in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts in einem seiner Gedichte die Auffassung vertrat, Minnesang sei nicht nur adliger Zeitvertreib und kultivierte Unterhaltung, sondern die Beschäftigung mit Liebesdichtung könne als zivilisatorische Schule dienen, wie es besser keine gäbe. Der Vortrag wird diesen didaktischen Anspruch der klassischen mittelalterlichen Liebeslyrik, der in einer Zeit, in der es Schulen als Institution nur im Bereich der lateinisch geprägten klerikalen Kultur gab, durchaus provokativ formuliert war, erläutern und vor diesem Hintergrund untersuchen, wie sich die erhaltenen Lieder des Neuenburger Schultheißen Johannes Brunwart von Auggen in die Tradition der höfischen Lyrik und der adligen Konversations- und Redekultur am Oberrhein einordnen lassen, wie ihr Publikum aussah und welche Gebrauchsinteressen Produktion und Rezeption von Minneliedern in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in diesem Raum bestimmten.

Prof. Dr. Jörg W. Busch (Frankfurt am Main): Die Schulmeister im „Neuenburger Urkundenbuch“ oder: Wer brachte Mathias von Neuenburg das Lesen und Schreiben bei?

Der Beitrag zeigt zunächst auf, welche Aufschlüsse das Regestenwerk zur Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein über die Rechtskultur in einer Breisgaukleinstadt ermöglicht. Doch vermag es für eine Pfarrschule in der Stadt nur elf Belege zu liefern, die im Hinblick auf den Laienstand der Schulmeister um 1300 und auf die Elementarbildung des berühmtesten Sohnes der Stadt erörtert werden. Wenn Matthias denn einer von ihnen war, erhielt er wie andere Schüler der Neuenburger Pfarrschule im 14. Jahrhundert dort Grund-lagen für den weiteren Bildungsweg vermittelt, kehrte aber nicht in die Stadt Neuenburg am Rhein zurück, was auch andere spätmittelalterliche Schüler in nur seltenen Fällen taten.

Dr. Heinz Krieg (Freiburg i. Br.): Matthias von Neuenburg und seine Chronik

Auf einer Tagung zur Bildungsgeschichte, die in Neuenburg stattfindet, darf ein Beitrag zu Matthias von Neuenburg nicht fehlen. Ähnlich wie auch bei anderen mittelalterlichen Menschen wissen wir über diesen bedeutenden Sohn der Stadt, der vor 1300 geboren wurde und vor 1370 verstorben ist, aber nur vergleichsweise wenig Gesichertes. Dennoch erlangte er Berühmtheit als Geschichtsschreiber, dessen Chronik als eine der wichtigsten erzählenden Quellen zur Reichsgeschichte und zur südwestdeutschen Landesgeschichte des 14. Jahrhunderts gilt. Demgemäß steht im Vortrag neben der Person des Autors vor allem sein Werk im Mittelpunkt, dessen Eigenart vor dem Hintergrund der typischen Merkmale mittelalterlicher Geschichtsschreibung näher beleuchtet werden soll.

Prof. Dr. Thomas Zotz (Freiburg i. Br.): Lateinschulen am südlichen Oberrhein in Spätmittelalter und früher Neuzeit

Die Schullandschaft am südlichen Oberrhein weist im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine Vielzahl von Lateinschulen auf, in den großen Bischofsstädten Basel und Straßburg, in Städten mittlerer Größe wie Colmar, Schlettstadt oder Freiburg bis hin zu kleineren Städten vom Schlage Breisachs oder Kenzingens. Die Trägerschaft einer Lateinschule war anfangs ein Stift, Kloster oder die Pfarrkirche, später ging sie in die Hand der Stadtgemeinde über. Der Vortrag will nach einem Gesamtüberblick am Beispiel von Freiburg und vor allem Schlettstadt die Entwicklung und Merkmale oberrheinischer Lateinschulen nachzeichnen; für die außerdem interessierenden Aspekte von Unterricht und Alltag wird es erforderlich sein, Beispiele aus anderen Gegenden ergänzend heranzuziehen.

Dr. Lorenz Heiligensetzer (Basel): Erasmus, Amerbach und die Basler Studentenschaft

Wer in der noch mehrheitlich analphabeten Vormoderne ein Studium ergriff, verfolgte einen besonderen Lebensweg. Als Studierender hatte er Anteil an den akademischen Freiheiten, beherrschte die Fachsprache Latein und konnte ausländische Universitäten besuchen; dagegen plagten die damaligen Studenten oft Geldnöte und eine insgesamt unsichere Existenz. Um letzterem abzuhelfen, bestand in Basel schon früh der von Erasmus von Rotterdam (?–1536) hinterlassene Stipendienfonds, aus dem dessen Verwalter Bonifacius (1495–1562) und Basilius Amerbach (1533–1591) zahllosen einheimischen wie auswärtigen Studenten Unterstützung gewährte. Das Referat widmet sich den Umständen, die zur Gründung der Stiftung führten, und zeigt dank der erhaltenen Protokolle der Stiftung auf, wie sie organisiert war und welche Gruppen daraus bedacht wurden. Letzteres erfolgt anhand einiger Fallbeispiele.

Abendvortrag: Prof. Dr. Felix Heinzer (Freiburg i. Br.): Wissen und Weisheit im Frauenkloster. Der Hortus Deliciarum Herrads von Hohenburg als Zeugnis hochmittelalterlicher Bildungsgeschichte

Die im ausgehenden 12. Jahrhundert auf dem Odilienberg unter Herrad von Hohenburg entstandene, 1870 bei der Beschießung Straßburgs vernichtete Handschrift des Hortus Deliciarum gehört zu den faszinierendsten Zeugnissen oberrheinischer Buchkultur des Hochmittelalters. Vor allem die über 300 Miniaturen und ihre komplexen Bezüge zu den textlichen Elementen der Handschrift stehen seit jeher im Zentrum der Beschäftigung mit Herrads Werk, das über Zeichnungen und Reproduktionen des frühen 19. Jahrhunderts zumindest indirekt zugänglich geblieben ist.
Mein Vortrag beschäftigt sich insbesondere mit den zahlreichen diagrammatischen „Text-Bilder“ im Hortus und fragt nach deren Funktion. Offenbar reduziert sich diese nicht nur auf eine verstehende Wahrnehmung der durch das Medium des Diagramms vermittelten Inhalte. Eigentliches „Lern-Ziel“ ist vielmehr deren Interiorisierung durch den Leser und Betrachter, d.h. pointiert formuliert: die „Ein-Bildung“ des Abgebildeten im Sinne seiner existentiellen Aneignung. So gesehen lässt sich der Hortus in der Tat als ein bedeutendes Zeugnis der Geschichte von Bildung unseres Raums lesen und deuten – einer Bildung freilich, die gegenüber modernen Konzepten von Lernen und Verstehen dezidiert anderen Spielregeln folgt.

Samstag, 11. Oktober 2014

Prof. Dr. Dieter Speck (Freiburg i. Br.): Schulen als politische Instrumente? Frühneuzeitliche Bildungsinitiativen am Oberrhein

Schulen bezeichnete Maria Theresia 1774 im Zusammenhang mit neuen Lehrplänen und ihrer Schulreform als Politikum. Schule wurde vom absolutistischen Staat als seine Aufgabe verstanden, in der frühen Neuzeit war es noch etwas anders. Damals sahen die Humanisten den Oberrhein als einen kulturell führenden Raum, in dem der Buchdruck erfunden worden war, wo es zahlreiche Schulen und Universitäten gab und der nach ihrer Meinung eine „pädagogische Landschaft“ war. Das Schulwesen war heterogen, sehr vielfältig und wurde im Verlaufe des 16. Jahrhunderts noch weitaus facettenreicher. Es bildeten sich jedoch kein Schulsystem, keine Schulpflicht, keine verpflichtenden Lehrpläne, keine verbindliche Verweildauer, keine Abschlussprüfungen oder Zugangsberechtigungen für Universitäten aus, Schulbildung und Universitäten waren ungenügend aufeinander abgestimmt. Reformation und Konfessionalisierung hatten auf das Schulwesen – und auch umgekehrt – beträchtliche Auswirkungen und so waren Schulen auch im politischen Fokus. Dazu sollen aus dem Oberrheinraum vier Beispiele unterschiedlichster Art aus Freiburg, Krozingen, Ensisheim und Rappoltsweiler vorgestellt werden. Die politische Tragweite aller dieser individuell, konfessionell und konzeptionell unterschiedlichen Schul- und Bildungsinitiativen im Zeitalter von Reformation, katholischer Reform und Konfessionalisierung ist offensichtlich. Wie Visitationen und Kirchenzucht waren sie alle typische Instrumente bei der Umsetzung der Konfessionalisierung. Die vorgestellten Beispiele am Oberrhein sind exemplarische Zeugnisse des Interesses an der Kindheit und eines nicht immer gradlinig verlaufenden Entwicklungsstranges, der längerfristig in einem staatlichen Schulwesen mündete und modellhaft für die Erziehungs- und Bildungsgeschichte des 16. Jahrhunderts steht.

Eric Ettwiller (Straßburg/Strasbourg): Die Germanisierung des elsässischen Bürgertums durch das höhere Mädchenschulwesen 1871–1918

Für das Verständnis der Situation vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist es nötig, ein Bild der europäischen Gesellschaft vor dem Krieg zu zeichnen, besonders im Hinblick auf Minderheiten. Die Historiker befassen sich damit, auch in Bezug auf Elsass-Lothringen. Eine besondere Gruppe stellen die Elsässer dar, eine deutschsprachige Bevölkerung, die von 1871–1918 im deutschen Kaiserreich lebte. Die zweisprachige gehobene Gesellschaftsschicht entwickelte durch ihre Zugehörigkeit zur französischen Nation vor der Annektierung eine fremdartige Einstellung. Ich interessiere mich daher für den Teil des elsässischen Bürgertums, der am schwierigsten vom Staat zu erreichen war: die Frauen, die in der Privatsphäre lebten und die großenteils in privaten Mädchenschulen erzogen wurden.
Neben dem einheimischen Bürgertum entstand nach 1871 aber auch ein neues gehobenes Bürgertum, Beamte und Offiziere aus dem sogenannten Altdeutschland. Die Töchter derselben befanden sich im ersten Jahr nach der Annektierung in einer schwierigen Lage. Ihnen standen keine städtischen höheren Töchterschulen zur Verfügung, sondern nur französisch gesinnte Privatinstitute. Um ihnen ebenfalls eine Schulbildung zu ermöglichen, beabsichtigte die deutsche Regierung 1872, private elsässische Pensionate in halböffentliche, später in städtische deutsche höhere Töchterschulen umzubilden. Darüber wurde nun in politischen Gremien verhandelt; im Landesausschuss debattierte man über Subventionierung und in den Rathäusern über Gründungs- oder Kommunalisierungsprojekte. Zuständig war nun die Schulverwaltung, das heißt der Oberschulrat für Elsass-Lothringen. Die öffentlichen höheren Mädchenschulen mussten sich gegen den mächtigen katholischen Klerus zur Wehr setzen, bevor sich die Verhältnisse besserten. Eine Studie über die Herkunft des Lehrpersonals soll uns einen Hinweis über die Stärke der vaterländischen Stimmung in jeder einzelnen Anstalt vermitteln. 1914 war die Germanisierung teilweise erreicht.

Prof. Dr. Eckhard Wirbelauer (Straßburg/Strasbourg): Eine Reichsuniversität in Straßburg? Konzepte für die Universitätsgründung nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71)

Noch während der kriegerischen Auseinandersetzungen 1870/71, die unter anderem die Zerstörung der Straßburger Bibliothek und ihrer reichen Bestände zur Folge hatten, begannen Überlegungen, wie die lange akademische Tradition in Straßburg fortgeführt werden sollte. Dabei trafen nationalistische und regionalistische, ja sogar transnationale Konzeptionen aufeinander.
Der Beitrag will diese Diskussionen nachzeichnen und offenlegen, welche Leitlinien bei der von Bismarck initiierten Neugründung der Universität Straßburg verfolgt wurden. Insbesondere soll dabei herausgearbeitet werden, ob und inwieweit die neue Einrichtung als „Reichsuniversität“ qualifiziert werden kann.

Prof. Dr. Wolfgang Hug (Freiburg i. Br.): Reformstufen der Lehrerbildung in Baden

Die professionelle Lehrerbildung entstammt (wie die allgemeine Schulpflicht) dem Geist und dem politischen Willen der Aufklärung. Am Anfang stand hier die 1774 in Freiburg gegründete Normalschule in Freiburg. Wie und wofür die Lehrer qualifiziert wurden, war eng mit dem Wandel von Staat und Gesellschaft verbunden. Im Zuge der Säkularisation wurde die Lehrerbildung verstaatlicht, im Großherzogtum Baden mit den Lehrerseminaren Rastatt (1835 Ettlingen) und Karlsruhe, die im Geiste Pestalozzis geführt wurden. Eine Demokratisierung in der 1848er Revolution wurde in der Reaktionszeit gebremst. Eine Neustrukturierung der badischen Lehrerbildung modernisierte 1904 die (schul-)fachliche und pädagogische Qualifikation und bewirkte eine zunehmende Verbürgerlichung des Lehrerstandes. In der Weimarer Republik schuf Baden 1926 fortschrittliche, halb-akademische, konfessionell getrennte Lehrerbildungsanstalten. Nach ihrer Schließung in der Weltwirtschafts- und Staatskrise von 1932 errichtete die NS-Regierung 1936 eine badische „Hochschule für Lehrerbildung“ in Karlsruhe, deren NS-Pädagogik maßgeblich von Ernst Krieck (geb. in Müllheim) bestimmt war. 1946 ordnete die französische Militärregierung die Lehrerbildung zur Re-Education neu: Pädagogien führten Volksschulabsolventen in vier Jahren ohne Abitur zum Studium an der in Lörrach eingerichteten Pädagogischen Akademie. 1949 erreichte die CDU-dominierte Regierung von (Süd)-Baden ihre Trennung in konfessionelle Akademien in Lörrach und Freiburg. 1962 errichtete Baden-Württemberg die Pädagogischen Hochschulen mit Abitur als Studienbedingung und Hochschulstatus des Lehrkörpers.

Dr. Torsten Gass-Bolm (Freiburg i. Br.): Das Ende der Penne. Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in der Bundesrepublik am Beispiel (süd-) west-deutscher Gymnasien 1945–1980

1968 sei ein entscheidender Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik – diese Überzeugung teilen die Anhänger der Studentenbewegung, die in diesem Jahr den notwendigen Aufbruch aus starren, autoritären Strukturen sehen, mit ihren Gegnern, die in 1968 einen Einbruch in die heile Nachkriegswelt und den Beginn eines bis heute wirkenden Kulturverfalls erblicken. Im Vortrag soll am Beispiel des Gymnasiums – insbesondere Gymnasien am Oberrhein – gezeigt werden, dass am Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zwar unbestritten ein Kulminationspunkt gesellschaftlichen Wandels war, dass die Wandlungsprozesse aber deutlich früher und oftmals wenig beachtet begannen und sich auch erst in kontroversen Aushandlungsprozessen der 70er und frühen 80er Jahre festigten.
Das Gymnasium der 50er Jahre verstand sich als elitärer Hort konservativer Werte. Bildung, Abendland, Christentum, traditionelle Konzepte von Erziehung, Gesellschaft und Geschlechterrollen sollten Bollwerke gegen die als feindlich wahrgenommene Moderne sein. Hier knüpfte das Gymnasium an Konzepte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts an. Die durchaus schon in der direkten Nachkriegszeit vorhandenen Reformkonzepte waren zunächst kaum durchzusetzen. Am Ende der 50er, insbesondere seit Beginn der 60er Jahre setzte ein Wandel ein – und dies auf vielen Gebieten. Statt die höhere Schule klein und elitär zu halten, wurde die Bildungsexpansion zunehmend gefördert. Erziehungskonzepte liberalisierten sich bereits vor 1968, die Geschlechtertrennung wurde zumeist aufgehoben. Der konservative Bildungsbegriff veränderte sich zu einem aufgeklärten. Statt Rezeption „ewig gültiger Werte“ wurde sukzessive der kritischen Auseinandersetzung Raum gegeben, im Deutschunterricht zog Bertolt Brecht ein.
Im Zuge der Studentenbewegung, die auch eine Schülerbewegung war, erreichten die Veränderungen ein atemberaubendes Tempo, eine Dynamik, der sich keine Schule entziehen konnte. Die bisherige Bereitschaft zur Reform mündete nicht selten in die generelle Infragestellung aller bisherigen Formen, von der Abiturfeier über die Goethe-Lektüre bis hin zur Existenz des Gymnasiums selbst. Hier endete auch die überraschend hohe Übereinstimmung, die die politischen Lager trotz aller Aufgeregtheit und Kontroversität in der Bereitschaft zur Veränderung miteinander verbunden hatte. Anfang der 70er Jahre kam es zur Spaltung zwischen denjenigen, die die Reformen weiter treiben wollten, und denjenigen, die sie anhalten oder zurückdrehen wollten. In diesen Auseinandersetzungen, die Züge eines Kulturkampfes annahmen, kam das Rad der Reform einerseits zum Stehen, andererseits wurden die in den Jahren zuvor erworbenen Veränderungen gefestigt, sei es in der Oberstufenreform 1972, der Ausweitung der Mitbestimmung der Schüler oder in der Ausbildung eines neuen Schüler-Lehrer-Verhältnisses. Bis ans Ende des Jahrzehnts hatte sich das Gymnasium neu definiert; es hat überlebt, ist aber nicht mehr die „Penne“ früherer Tage. Dieser Liberalisierungsprozess soll an Beispielen skizziert werden.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/699

Weiterlesen

Vortrag: Sarah Pichlkastner, Spital mit Wirtschaftsbetrieb oder Wirtschaftsbetrieb mit Spital? (15. 10. 2014)

Im Rahmen der Vortragsreihe „Geschichte am Mittwoch“ des Instituts für Geschichte der Universität Wien und zugleich des Jour fixe des Instituts für die Erforschung der Frühen Neuzeit wird Sarah Pichlkastner, wissenschaftliche Mitarbeiterin des FWF-Forschungsprojekts „Personal, Insassen und Organisationsform des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit“ am Institut für Österreichische Geschichtsforschung, am 15. Oktober 2014 vortragen zum Thema:

„Spital mit Wirtschaftsbetrieb oder Wirtschaftsbetrieb mit Spital? Einblicke in die Strukturgeschichte des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit“

Wiener Bürgerspital ca. 1770

Das Areal des Wiener Bürgerspitals kurz vor dem Umbau in ein Zinshaus auf dem zwischen 1769 und 1773 vom Obristwachtmeister Joseph Daniel Huber angelegten Vogelschauplan im Maßstab 1:1440 (Kupferstich von Jakob Wagner, J. Eberspach, C. G. Kurtz und Jacob Adam, 1778; Quelle: Privatarchiv Martin Scheutz)

Das auch im Veranstaltungskalender des IEFN publizierte Abstract zum Vortrag lautet:

Das Mitte des 13. Jahrhunderts gegründete Wiener Bürgerspital bildete in der Frühen Neuzeit die zentrale Armen- und Krankenversorgungseinrichtung der Stadt. Der im 19. Jahrhundert abgerissene riesige Gebäudekomplex erstreckte sich zwischen Kärntner Straße, Neuem Markt, Lobkowitzplatz, Albertina und dem heutigen Hotel Sacher. Die überlieferten Archivalien und dabei vor allem die erhaltenen Rechnungsbücher des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals vermitteln den Eindruck, dass es sich dabei um einen umfangreichen Wirtschaftsbetrieb handelte, der sozusagen als soziale Verpflichtung nebenbei noch ein Spital führte. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Spitäler wurden jedoch anders als heute nicht aus der öffentlichen Hand beziehungsweise über Versicherungen unterstützt, sondern finanzierten sich selbst: Von den Gründern und späteren WohltäterInnen mit umfangreichem Besitz und Einnahmequellen ausgestattet, war das Wiener Bürgerspital Wein- und Bierproduzent, Ackerbauer, Grundherr, Kreditgeber und vieles mehr. Der Vortrag soll erste Ergebnisse der derzeit laufenden strukturgeschichtlichen Untersuchung zum Wiener Bürgerspital vorstellen und gleichzeitig einen Ausblick auf die im Anschluss geplante tiefgehende Untersuchung zu InsassInnen, Personal und innerer Organisation geben.

Die Veranstaltung wird von Anton Tantner moderiert. Sie beginnt um 18.30 Uhr im Hörsaal 45 im Hauptgebäude der Universität Wien.

Quelle: http://bioeg.hypotheses.org/173

Weiterlesen

Jetzt anmelden zum fünften TextGrid Nutzertreffen: Norm- und Metadaten

Am 25. und 26. November 2014 wird am Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen das fünfte TextGrid-Nutzertreffen stattfinden. Der Themenschwerpunkt „Norm- und Metadaten“ verbindet dabei Erfahrungsberichte aus Projekten, die TextGrid nutzen, mit Workshops zur fortgeschrittenen Nutzung von TextGrid Laboratory und Repository im Bereich kontrollierter Vokabulare. Eine einführende Schulung zu Beginn erleichtert Neulingen den Einstieg in die Arbeit mit der virtuellen Forschungsumgebung.

Vorläufiges Programm:

25. November

12:00: Mittagsimbiss und Registrierung
13:00: Oliver Schmid (TU Darmstadt)/Philipp Vanscheidt (TU Darmstadt/Uni Trier): Einführung in TextGrid (Workshop)
15:00: Kaffeepause und Registrierung
15:30: Eröffnung
15:45: Philipp Vanscheidt (TU Darmstadt/Uni Trier): Das Metadatenschema von TextGrid (Vortrag)
16:00: Thomas Kollatz (Steinheim-Institut Essen): Text, Bilder und Metadaten – complete_input ins TG-Rep (Vortrag)
16:30: Nils Alberti/Christian Dietrich (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder): Von „Buchveröffentlichung“ bis „Zwangsarbeit“ – Die strukturierte Speicherung bio-bibliografischer Daten von jüdischen Autorinnen und Autoren in Berlin (1933-1945) (Vortrag)
17:00: Kaffepause
17:15: Christoph Plutte (Berlin)/Torsten Roeder (Würzburg): [Titel folgt] (Vortrag)
17:45: Bastian Lemitz (Uni Münster), Uwe Sikora, Hannes Riebl (SUB Göttingen): [Norm- und Metadaten in der "Bibliothek der Neologie"] (Vortrag)
20:00: Abendessen

26. November

09:00: Registrierung
10:00: Marcus Held (IEG Mainz): Kontrollierte Vokabulare für die historisch arbeitenden Wissenschaften – Theorie, Methode und Praxis (Workshop)
12:00: Mittagsimbiss
13:00: Martin de la Iglesia (SUB Göttingen): Entitäten in TEI (Workshop)

Weitere Informationen zu Vorträgen und Workshops sowie zur Anmeldung finden Sie auf der Website unter: http://www.textgrid.de/community/nutzertreffen-metadaten/

Die Anmeldefrist endet am 7. November.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4061

Weiterlesen

Jetzt anmelden zum fünften TextGrid Nutzertreffen: Norm- und Metadaten

Am 25. und 26. November 2014 wird am Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen das fünfte TextGrid-Nutzertreffen stattfinden. Der Themenschwerpunkt „Norm- und Metadaten“ verbindet dabei Erfahrungsberichte aus Projekten, die TextGrid nutzen, mit Workshops zur fortgeschrittenen Nutzung von TextGrid Laboratory und Repository im Bereich kontrollierter Vokabulare. Eine einführende Schulung zu Beginn erleichtert Neulingen den Einstieg in die Arbeit mit der virtuellen Forschungsumgebung.

Vorläufiges Programm:

25. November

12:00: Mittagsimbiss und Registrierung
13:00: Oliver Schmid (TU Darmstadt)/Philipp Vanscheidt (TU Darmstadt/Uni Trier): Einführung in TextGrid (Workshop)
15:00: Kaffeepause und Registrierung
15:30: Eröffnung
15:45: Philipp Vanscheidt (TU Darmstadt/Uni Trier): Das Metadatenschema von TextGrid (Vortrag)
16:00: Thomas Kollatz (Steinheim-Institut Essen): Text, Bilder und Metadaten – complete_input ins TG-Rep (Vortrag)
16:30: Nils Alberti/Christian Dietrich (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder): Von „Buchveröffentlichung“ bis „Zwangsarbeit“ – Die strukturierte Speicherung bio-bibliografischer Daten von jüdischen Autorinnen und Autoren in Berlin (1933-1945) (Vortrag)
17:00: Kaffepause
17:15: Christoph Plutte (Berlin)/Torsten Roeder (Würzburg): [Titel folgt] (Vortrag)
17:45: Bastian Lemitz (Uni Münster), Uwe Sikora, Hannes Riebl (SUB Göttingen): [Norm- und Metadaten in der "Bibliothek der Neologie"] (Vortrag)
20:00: Abendessen

26. November

09:00: Registrierung
10:00: Marcus Held (IEG Mainz): Kontrollierte Vokabulare für die historisch arbeitenden Wissenschaften – Theorie, Methode und Praxis (Workshop)
12:00: Mittagsimbiss
13:00: Martin de la Iglesia (SUB Göttingen): Entitäten in TEI (Workshop)

Weitere Informationen zu Vorträgen und Workshops sowie zur Anmeldung finden Sie auf der Website unter: http://www.textgrid.de/community/nutzertreffen-metadaten/

Die Anmeldefrist endet am 7. November.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4061

Weiterlesen