Die Farbtags des Kunstgeschichtsspiels ARTigo unter der Lupe


giovanni giacomettiAllgemeines zu Form und Farbe

Ein Gemälde besteht aus Farben und Formen. Zwar haben Formen für uns eine primäre Bedeutung, aber von Seiten der Wahrnehmung ist Form ein sekundäres Merkmal. Farbe schafft Form. Wo unterschiedliche Farbflächen aneinandergrenzen, entsteht eine Kontur, bzw. ergibt sich eine Form [1].

Die Farbtags bei ARTigo

Die Wortarten in ARTigo verteilen sich hauptsächlich auf Substantive, die einen Anteil von 83,3% aller vergebenen Tags ausmachen, Adjektive von 12,5% und Verben von 3,5%. Es gibt noch weitere Wortarten, aber deren Anteil ist zu gering, als Erwähnung zu finden [2].

Bei den Adjektiven bezeichnet der überwiegende Teil Farbe. Das sind also Tags wie z.B. „rot“, „grün“ oder „gelb“. Was sollen die vielen Farbtags? Aus Sicht eines Kunsthistorikers sind sie – da die Tags ja zur Verschlagwortung der Bilder dienen – eher eine Enttäuschung. Was soll man mit 20 Rot-, 35 Blau-, 40 Weiß-, 38 Schwarz-, 15 Braun- und 18 Grün-Tags, die von mehreren Spielern für ein Bild vergeben wurden, denn anfangen?

Und überhaupt: Warum taggen Spieler so häufig Farbe? Man könnte argumentieren, dass sie ja dafür Punkte bekommen. Wenn dem so wäre, würden sie immer Farben taggen, wenn sie ein farbiges Bild während des Spiels sehen. Dann müssten alle Bilder in etwa einen gleichen Prozentsatz von Farbtags aufweisen. Dem ist aber nicht so. Ich habe große Unterschiede bezüglich des Anteils der Farbtags an der Gesamtmenge von Tags bezüglich einer definierten Selektionsmenge festgestellt.

Die Art der Farbtags

Es werden in der Regel allgemeine Farbbezeichnungen wie „rot“, „grau“ oder „braun“ getaggt. Von den Farbnuancen werden am häufigsten „hellblau“, dann „dunkelblau“ getaggt. Es gibt auch schon mal Tags wie „hellrot“ oder „dunkelrot“, „hellgrau“ oder „dunkelgrau“, sowie „hellgrün“ oder „dunkelgrün“, insgesamt aber sehr wenig. Als einziger konkreter Blauton wird noch „azur“ getaggt. Doch das auch nur vereinzelt. Und das war es dann schon.

Warum taggen Spieler hauptsächlich einfache Farbnamen?

Tags wie „preußischblau“ oder „chromdioxidgrün“ sind absolute Einzelfälle und können deshalb vernachlässigt werden. Für eine Begründung muss man sich die Spielsituation vor Augen führen: Die Spieler haben eine Minute Zeit, um das angezeigte Bild zu taggen. Und da gibt es in der Regel mehr zu benennen, als Farben. In der Kürze der Zeit werden die Farben daher von den Spielern nur kategorisiert.

Abfrage und Zusammenfassung der Farbtags

Für die Farbanalysen frage ich folgende Farben ab, für die ich nur wenige Platzhalter verwende, weil ich festgestellt habe, dass die Ergebnismenge dann um Nicht-Farbtags erweitert wird. Frage ich „*ocker“ ab, erhalte ich im Ergebnis auch Tags wie „Hocker“. Deshalb habe ich die Abfrage auf folgende Begriffe hin optimiert:

siena, ocker, *braun, beige, schwarz, weiss, schwarzweiss, hellgrau, dunkelgrau, rot, hellrot, dunkelrot, orange, gelb, bunt, farbig, grün, hellgrün, dunkelgrün, türkis, blau, hellblau, dunkelblau, himmelblau, violett, lila, azur*, gold, silber, rosa, hellrosa.

In einem zweiten Schritt fasse ich die Tags, die verschiedene Töne bezeichnen, zur Hauptkategorie zusammen. Beispielsweise fasse ich „blau“, „hellblau“, „dunkelblau“, „himmelblau“ und „azur“ zu „blau“ zusammen:

  • Blau = blau + hellblau + dunkelblau + himmelblau + azur
  • Grau = grau + hellgrau + dunkelgrau
  • Grün = grün + hellgrün + dunkelgrün
  • Braun = braun + hellbraun + dunkelbraun
  • Rot = rot + hellrot + dunkelrot
  • Violett = violett + lila
  • Braun = braun + ocker + siena + beige
  • Farbig = farbig + bunt

Farbtags wie „silber“, „gold“, „schwarz“, „weiss“, „schwarzweiss“, „orange“, „türkis“ und „rosa“ werden in der Auswertung als einzelne Kategorie berücksichtigt, also nicht weiter zusammengefasst.

Mich interessiert, welche Unterschiede es bezüglich des Anteils der Farbtags bei abstrakten und gegenständlichen Abbildungen oder auch verschiedenen Stilepochen, wie impressionistischen vs. klassizistischen Bildern gibt. Diesen und weiteren Fragen werde ich in den nächsten Artikeln nachgehen.

 

Literatur:

Bild: Giovanni Giacometti, Waldinneres im Winter, Privatbesitz, 1929/1931, Digitale Quelle: www.artigo.org

[1] Hans Kreitler und Shulamit Kreitler: Psychologie der Kunst, 1980

[2] Elena Levushkina: Computerlinguistische Methoden in Community-basierten Anwendungen, 2014 (Dissertation)

Quelle: http://games.hypotheses.org/1661

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Tweetup #Shrigpin @Pinakotheken @davidshrigley @kulturkonsorten

Gestern Abend, gegen 18.15 Uhr habe ich beschwingt die Pinakothek der Moderne verlassen. Normalerweise bin ich, wenn ich so ein Haus verlasse, ganz schön k.o. von den vielen Eindrücken, dem Umhergehen und dem Betrachten. Ich habe dann dringend das Bedürfnis nach Erholung. Aber gestern war das anders. Ganz anders.

Denn gestern gab es in der Pinakothek der Moderne den Tweetup #Shrigpin zur Promotion der Ausstellung des Zeichners David Shrigley. Naja, Werbung halt, könnte man abwinkend sagen. Sicher, auf der einen Seite stimmt das. Auf der anderen Seite konnte ich an etwas teilhaben, dass nun wirklich nicht alltäglich ist:

Ca. 150 Personen dürfen die vom Künstler erstellte Skulptur sehen und dann zeichnen oder darüber twittern. Die wichtigste Regel: Niemand darf sie fotografieren. Noch vor der Ausstellungseröffnung am Donnerstag (10.4.) wird sie von Shrigley persönlich zerstört. Alles, was die Besucher dann noch von ihr sehen können, sind die Wahrnehmungen dieser etwa 150 Personen. Der Künstler spricht somit nur noch durch die Zeichnungen oder Texte (Tweets) Dritter. Das ist ein bisschen wie „Stille Post“. Er hat andere durch seine Skulptur, durch sein Werk inspiriert und sie zum Tun aufgerufen. Das Ursprungswerk des Künstlers dient als Mittel zum Zweck zur Inspiration der anderen. Nimmt man es weg – zerstört es – bleibt nur noch die Kommunikation darüber erhalten, die wiederum Auslöser für Inspiration der Besucher wird, die nur diese Kommunikation nicht aber das Kunstwerk selbst sehen. Sie werden angeregt, das Kunstwerk für sich selbst zu erschaffen und sich vorzustellen, wie es tatsächlich ausgesehen haben könnte. Und damit wird es wieder Auslöser für weitere Kommunikationsprozesse.

Tweet vs. Zeichnung

Vor Ort waren gestern 15 Twitterer und einige Zeichner. Zunächst war es im Raum recht ruhig. Der Künstler war anwesend.

Während die Zeichner auf ihr Medium festgelegt waren, wechselten nach einer Weile viele Twitterer vom Smartphone zu Papier und Stift; das Material lag für alle dort aus. Der Sprung von Twitter zur Zeichnung gelingt halt leichter, weil anders herum doch einige technische Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Allmählich lockerte sich die Atmosphäre. Der Künstler wurde angesprochen, leise Gespräche geführt.

Und jetzt die Qual der Wahl: Zeichnen oder Twittern? Ich entschied mich für beides. Die Zeit verging dann gefühlt auch doppelt so schnell. Denn kaum hatte ich mit dem Zeichnen begonnen, fing die Ideenmaschine an zu arbeiten und ich hätte mindestens einen halben Tag dort zubringen können. So aber arbeitete mein Kopf nach dem Tweetup weiter. Und er arbeitet immer noch. Ich hoffe, den Kulturkonsorten (Christian Gries, Sybille Greisinger, Harald Link) geht es ähnlich ! :-)

So long! And many thanks to David Shrigley!

Tweets und Fotos wurden von Christian Gries zum Nachlesen hier als storify zusammengestellt.

#shrigpin

Quelle: http://games.hypotheses.org/1627

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Die Wahrnehmung von Feinden und Fremden in den Chroniken des Jakob Unrest

1000 Worte Forschung: Dissertation (Mittelalterliche Geschichte) FU Berlin

Im späten 15. Jh. verfasste der Kärntener Kleriker Jakob Unrest drei Chroniken in frühneuhochdeutscher Sprache. Fern der akademischen Welt der Höfe und Universitäten schilderte er, was das Reich, die Welt, insbesondere aber seine Heimatregion bewegte. Seine Aufzeichnungen stellen eine wichtige, in manchen Bereichen die einzige, Quelle für das Geschehen in Kärnten in dieser Zeit dar.

Die drei von Unrest verfassten Chroniken erfuhren eine sehr unterschiedliche Rezeptions- und Überlieferungsgeschichte. Sein bei weitem umfangreichstes Werk ist die Österreichische Chronik, die Unrest bis an sein Lebensende fortführte, die in der Frühen Neuzeit jedoch offenbar kaum Beachtung fand. Sie ist nur in zwei Handschriften erhalten, beides Abschriften aus dem 16. Jahrhundert, von denen die eine, die Hannoveraner Handschrift (Hannover, Niedersächs. Landesbibl. N. XIII, 783.) erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt wurde, die andere, die Wiener Handschrift (Nationalbibl. Wien, cod. lat. n. 8007.) gar erst 1923 durch Karl Grossmann, der die Österreichische Chronik für die Monumenta Germaniae Historica edierte[1].

Die größte Rezeption unter seinen Werken erfuhr unmittelbar nach Unrests Tod vielmehr die Kärntener Chronik, der von der modernen Geschichtswissenschaft lange Zeit nur ein geringer literarischer und historiographischer Wert beigemessen wurde. Im auffälligen Gegensatz zu den anderen Chroniken gelangte sie in der Frühen Neuzeit zu weiter Verbreitung und ist heute noch in 22 Handschriften erhalten[2]. Sie wurde zum Vorbild und Ausgangspunkt einer Kärntner Landesgeschichtsschreibung, was wohl mit ihrer Instrumentalisierung zu legitimatorischen Zwecken zusammenhängt. Mit der Wiederentdeckung der Österreichischen Chronik und ihrer ersten Veröffentlichung im Druck 1724 begann allerdings die Beachtung für die Kärntner Chronik im gleichen Maße zu schwinden, wie das Interesse an der Österreichischen Chronik zunahm[3].

Bis heute eher wenig beachtet wurde die Ungarische Chronik. Sie ist in denselben Handschriften erhalten wie die Österreichische Chronik, in der Hannoveraner Handschrift allerdings nur als Bruchstück, so dass sie bis ins 20. Jh. nicht in voller Länge bekannt war und erst 1974 vollständig ediert wurde. Sie behandelt Leben und Taten der ungarischen Herrscher von Attila bis Matthias Corvinus und ist eine der ältesten bekannten Darstellungen ungarischer Geschichte in deutscher Sprache[4].

Unrest griff auf nur wenige andere Geschichtswerke zurück, wohl aber in hohem Maße auf Flugschriften, Gerüchte und andere kursierende Nachrichten sowohl aus Italien als auch aus dem Reich, die seine Hauptquelle für weiter entfernte Ereignisse bilden. Inhaltlich gilt Unrests Hauptaugenmerk jedoch seinem unmittelbarem Umfeld, der Region Kärnten und den habsburgischen Nachbarländern.

Dabei ist seine Leitlinie die Dynastiegeschichte, in der Ungarischen Chronik die Abfolge der ungarischen Könige, in der Österreichischen die der Habsburger. Dadurch, dass er nach einer kurzen Vorgeschichte, die die Lücke zur Chronik der 95 Herrschaften schließt, als deren Fortsetzer er sich verstand, Gegenwartschronistik betreibt, liegt der Schwerpunkt seiner Darstellung allerdings eindeutig auf der Herrschaft Kaiser Friedrichs III.

Die Kärntener Chronik enthält zwar nur wenig eigene Hinzufügungen Unrests und ist im Wesentlichen aus Versatzstücken aus anderen Geschichtswerken gebildet, doch ist sie durchaus absichtsvoll konstruiert. So wird in ihr durch die Rückverlegung des Zeremoniells der Herzogseinsetzungen auf dem Fürstenstein am Zollfeld bei Maria Saal eine Kontinuität des Herzogtums Kärntens behauptet[5].

Innerhalb dieses Rahmens liegt die eigentliche Stärke seiner Darstellungen im Bereich der Regionalgeschichte, wobei auch eigenes Erleben eine große Rolle spielen dürfte. Über Türkeneinfälle, Ungarnkriege und Bauernaufstände berichtet Unrest aus erster Hand. Immer wieder greift er dabei verbreitete Feindbilder seiner Zeit auf, die pejorative Darstellung des Fremden und Anderen nimmt einen wichtigen Stellenwert in seiner Darstellung ein. Stets ist der Anlass eine Abweichung des als Norm Empfundenen, so die vom Christentum im Falle der religiös begründeten Ablehnung von Juden und Häretikern. Unrest bedient sich antijüdischer Topoi, die im ausgehenden Mittelalter stark an Vehemenz zunahmen, und kolportiert auch die weitverbreiteten Ritualmordvorwürfe. Häretiker sind für ihn vor allem die Hussiten, die er als eine ansteckende, die Rechtgläubigkeit gefährdende Seuche beschreibt.

Soziale Aspekte sind der Grund für die Ablehnung der Schweizer oder ‚aufständischer’ Bauern, die Unrest häufig gleichsetzt. Hier ist es die Abweichung von der idealen Gesellschaftsordnung, die für Unrest noch immer der mittelalterliche Ständestaat ist, welche ihre Ausgrenzung begründet. Dabei ergeben sich jedoch durchaus Nuancen zwischen bäuerlicher Selbstvertretung, legitimem Widerstand und Rebellion.

Ein wiederum anderes Bild offenbart sich in Unrests Darstellung christlicher Feinde, die aus politischen Gründen als Gegner gesehen werden. Dies sind vor allem Venezianer, Franzosen, Burgunder und Ungarn, deren Bild starken Schwankungen unterworfen ist. Diese Feindschaften wechselten mit den politischen Konstellationen, wobei Unrest sich meist auf der Seite der Habsburger positioniert, wenn auch nicht völlig unkritisch. Ansonsten scheint oft die Haltung der jeweiligen Mächte den Türken gegenüber, die für ihn das Fremde und Feindliche schlechthin sind, der ausschlaggebende Faktor zu sein. Einem Vorkämpfer gegen die Türken, wie es beispielsweise Matthias Corvinus in seinen Augen ist, kann Unrest auch Feindschaft zu Habsburg und Kärnten vergeben.

Ziel der Dissertation ist es, die von Jakob Unrest wiedergegebenen Fremdwahrnehmungen zu analysieren und in ihrer Beziehung zueinander und zu seinem geistigen Umfeld begreifbar zu machen. Durch den vergleichenden Ansatz soll auch die Wahrnehmung und Darstellung von Fremdheit in der Geisteswelt der Zeit weiter erhellt werden. Es soll untersucht werden, inwieweit die in der zeitgenössischen ‚Öffentlichkeit’ dominierenden Diskurse Unrests Schaffen beeinflussten und inwieweit er diese Tendenzen zu instrumentalisieren und im Sinne seiner eigenen Ziele einzusetzen verstand. Dabei soll insbesondere der Frage nach der Konstruktion von Identität durch die Konstruktion von Alterität nachgegangen werden.

Ausgehend von der These eines bewussten Einsatzes dieser Motive soll die Untersuchung der dabei angewandten Methoden und der angestrebten Ziele der Darstellung ein besseres Verständnis von Unrests Welt- und Geschichtsbild und der Historiographie seiner Zeit ermöglichen.

Im engen Zusammenhang damit soll der Umgang Unrests mit seinen Vorlagen erhellt werden. Die Verarbeitung von Quellen, die eigentlich ursprünglich einem anderen, teilweise wohl gar einem propagandistischen Zweck dienten, ist wesentlicher Teil seines Schaffens.

Das Verhältnis von Reproduktion, Instrumentalisierung und eigenem Schaffen soll zur Erhellung des Verhältnisses von Öffentlichkeit und Historiographie und der Rolle des Geschichtsschreibers im späten Mittelalter beitragen.

[1] Jakob Unrest, Österreichische Chronik (MGH SS rer. Germ. N.S.11), Hannover/ Leipzig 1957, S.1-238.

[2] Vollständige Liste der Handschriften bei Grossmann: Jakob Unrests Österreichische Chronik, S. XIV.

[3] Jakob Unrest, Kärntner Chronik, in: Simon Friedrich Hahn (Hg.): Collectio monumentorum veterum et recentium ineditorum I, Braunschweig 1724, S.479-536.

[4] Jakob Unrest, Ungarische Chronik, in: Armbruster, Adolf, Jakob Unrests Ungarische Chronik, in: Revue Roumaine d’Histoire 13 (3) (1974), S.481-508., vgl. auch Krones, Jakob Unrests Bruchstück, S. 339-355.

[5] Vgl. hierzu insbesondere Moeglin, Jean-Marie, Jakob Unrests Kärntner Chronik als Ausdruck regionaler Identität, in: Peter Moraw (Hg.), Regionale Identität und soziale Gruppen im deutschen Mittelalter (ZHF Beiheft 14). Berlin, 1992, S. 165-191.

 

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/1348

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Wie Bilddatenbanken nach Schlagworten jagen

Die Verschlagwortung von Bilddatenbanken ist besonders effektiv, wenn möglichst viele Personen daran mitarbeiten. Wichtig ist, dass nicht nur Fachleute, sondern jeder mitmachen kann, das nennt sich dann Crowdsourcing und die Eingabe von Schlagworten nennt man taggen.

Auf den vier folgenden Websites kann man Bilder taggen. Durch die jeweils in unterschiedlichem Maß vorhandenen Zusatzinformationen zum jeweiligen Bild, erhält der Spieler in ebenfalls unterschiedlichem Maß Hinweisreize (Schlüsselreize), die zur Eingabe von Schlagworten animieren sollen. In welcher Art diese Hinweisreize gegeben werden, wird in den folgenden Abschnitten kurz dargestellt:

  • Bei Your Paintings werden Informationen zu Titel, Datierung, Technik, Maßen und Ort angezeigt. Um die Eingabe von Tags zu bewirken, werden sehr spezifische Schlüsselreize in Form folgender Fragen gestellt: What things or ideas can you see in this painting? Can you name any people in this painting? What places are shown in the painting? Does this painting relate to any event? Is there a clue in the title? What type of paining is it? What subjects do you see in this painting?
    Außerdem gibt ein Thesaurus bei der Eingabe der Tags Hilfestellung. Diese Site stellt dem Anwender die am meisten thematisch fokussierten Hinweisreize zur Verfügung.

Your Paintings

Bild 1: Screenshot Your Painings

  •  explorARTorium zeigt neben dem zu indizierenden Bild bereits vorhandene Tags an und der Spieler wird aufgefordert, neue (andere) Tags einzugeben. Außerdem kann sich der Tagger Zusatzinformationen wie Titel, Künstler, Region, Genre und Datierung anzeigen lassen.

explorARTorium

Bild 2: Screenshot explorARTorium

  • Das Brooklyn Museum zeigt unterhalb des Bildes eine kurze Beschreibung, die z.B. den Titel, Datierung und Maße nennt. Aus diesem Text kann der Spieler häufig einige Schlagworte entnehmen.

Brooklyn Museum

Bild 3: Screenshot Brooklyn Museum

  • Bei ARTigo erhält der Spieler während des Taggens keinerlei Information zum Bild. Die Zusatzinformationen, wie Titel, Künstler etc. werden erst nach einer Spielrunde von 5 Bildern dargeboten. Bei diesem Spiel vergibt der Spieler in sehr freier Art Schlagworte, denn seine Assoziationen werden nicht von Informationen wie dem Titel oder der Entstehungszeit des Bildes gebahnt.
    Die vorhandene Rechtschreibhilfe korrigiert eingegebene Begriffe, bietet aber nicht wie bei Your Paintings, Begriffe in Form eines Thesaurus an.

ARTigo

Bild 4: Screenshot ARTigo

Wie man bei den vier genannten Beispielen sehen kann, erfolgen die angezeigten Hinweisreize in unterschiedlicher Art und Menge. Werden bei ARTigo keine Schlüsselreize außer dem Bild angezeigt, so werden bei Your Paintings spezifische Fragen und ein umfangreicher Thesaurus eingesetzt. Es ist zu vermuten, dass die eingegebenen Schlagworte dies reflektieren. Daraus ergeben sich eine Menge Fragen:

  • Bei welcher Methode ist die Bandbreite der Schlagworte am größten?
  • Bei welcher Methode werden die meisten kunstgeschichtlichen Fachbegriffe eingegeben?
  • Wie wirken sich die angezeigten Zusatzdaten auf die Tags z.B. hinsichtlich Qualität und Quantität aus?
  • Welche Elemente machen die Methoden als Spiele attraktiv, bzw. auf welcher Site geben die Tagger während einer Session die meisten Schlagworte ein?
  • Wie wirkt sich die Anzeige bereits vorhandener Tags auf die Assoziationsfreude der Tagger aus?
  • Zu welchem Ergebnis führt ein umfangreicher Thesaurus beim Taggen?

Durch einen Vergleich der Tagging-Methoden wäre herauszufinden, welche Hinweisreize in welcher Kombination den Tagger animieren, qualitätsvolle Tags einzugeben und welche möglicherweise seine Assoziationen einschränken. Jede Darstellung von Zusatzinformation bedeutet schließlich einen entsprechenden Arbeitsaufwand. Deshalb wäre auch zu klären, wie viel Einsatz nötig ist, um ein Maximum an qualitativ hochwertigen Schlagworten zu erhalten. Es wäre schade, mit viel Aufwand das Gegenteil von dem zu erreichen, das man gerne hätte – qualitätshaltige Schlagworte.

Quelle: http://games.hypotheses.org/718

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Die Macht der Kategorien – und ihre Anwendung bei Computerspielen

Als ich neulich im Supermarkt einen Becher Rübensirup kaufen wollte, fand ich ihn nicht an der gewohnten Stelle. Bislang konnte man ihn bei den Marmeladen finden. Aber jetzt? „Ach“, dachte ich, „das haben sie wohl aussortiert“. Wo sollte ich suchen? Mir fiel keine sinnvolle Abteilung ein. Als ich schließlich eine Verkäuferin fragte, schickte sie mich zum Regal mit den Backzutaten. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, ihn hier zu suchen. Mir ist kein Backrezept bekannt, in das diese Zutat gehört. Für mich gehört Rübensirup auf die Frühstückssemmel.

An diesem einfachen Beispiel kann man sehen, dass die Zuordnung zu einer Kategorie zu Schwierigkeiten führt, wenn nämlich der, der die Sache einordnet, ein anderes Konzept verfolgt und im Kopf hat, als der, der die Sache sucht.

Doch wie ist das überhaupt mit den Kategorien? Das Kategorisieren ist ein sehr starker Neuromechanismus, dem wir unterliegen, denn Dinge in Kategorien einzuteilen macht das Denken und Erkennen leichter. Unser Gehirn vereinfacht die Dinge, denn das ist eine Strategie, um möglichst effizient funktionieren zu können. Wir kämen zu nichts mehr, müssten wir jede Sache und jedes Ding einzeln betrachten und darüber nachdenken. Dinge in Kategorien einzuteilen vereinfacht also unser Leben und das hat folgende Gründe:

  • Es gibt Neuronen, in denen speziell bei der Verarbeitung von Kategorien Aktivität gemessen wurde. In Versuchen mit Affen konnte dies nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass das Gehirn wesentliche Merkmale der wahrgenommenen Inhalte herausfiltert und sie als allgemeine und wichtige Information präsentiert. Dadurch wird eine kategoriale Präsentation von Reizen möglich, die die für das Gehirn aufwendige Arbeit, ständig Einzelheiten betrachten zu müssen, minimiert.
  • Außerdem verarbeitet unser Gehirn verschiedene Reize in verschiedenen Arealen. Bestimmte Gruppen von Neuronen verarbeiten senkrechte Kanten, andere Gruppen waagerechte, wieder andere Bewegung, noch andere Farbe etc. Das bedeutet nichts anderes, als dass Gruppen von Zellen jeweils eine bestimmte Kategorie von Reizen verarbeitet. Kategorien von Reizen treffen auf Kategorien von Neuronen.

So, wie es in unserem Gehirn ausschaut und zugeht, so haben wir unsere Umwelt aufgebaut und organisiert:

  1. Unsere Welt besteht aus Kategorien: Wir leben in einem Land, darin in einer Stadt, darin in einer Straße, hier in einem Haus, in einer Wohnung, die verschiedene Kategorien von Zimmern besitzt usw.
  2. Kategorien können eingebettet sein in Überkategorien oder sich in weitere Unterkategorien aufteilen. Die Beziehungen, die zwischen dem Geflecht von Kategorien entstehen, geben Orientierung und stellen Information zur Verfügung wo sich eine Sache in Bezug auf andere Sachen befindet. Welche Wege zurückgelegt werden müssen, um diese Sache zu finden. Das ist oft eine Art der räumlichen Orientierung – die wir als mentale Leistung ständig erbringen. Wenn ich einen Teelöffel brauche, dann suche ich ihn im Haus, in der Küche und dort in einer Schublade und nicht in der Garage.
  3. Der Computer mit all seinen Anwendungen fordert vom Benutzer räumliche Orientierung im virtuellen Raum. Hier ist die gleiche Orientierungsleistung zu vollbringen, wie in realen 3D-Welt. Die hier verwaltete Information liegt hauptsächlich in Kategorien vor, denn irgendwie muss man seine Daten wieder finden. Ob diese hierarchisch organisiert oder mit Tags versehen werden, ist dabei egal. Zum Wiederfinden benötigen wir ein Schlagwort, d.h. eine Kategorie.

Kategorienbildung bei Computerspielen

Wir Menschen teilen Dinge gerne in Kategorien ein. Das ist mit einem Lustgefühl verbunden. Spiele wie „Diamond Dash“ appellieren an unseren Mechanismus der Kategorienbildung und sprechen dieses Lustgefühl bei vielen Menschen mit einfachsten Mitteln an.

Die vom Spieler erforderliche Aktivität ist lediglich, dass eine Gruppe von mindestens drei gleichfarbigen „Juwelen“ angeklickt werden soll. Danach kommen neue Juwelen hinzu, wodurch sich die Anordnung der Juwelen ändert. Ist der Spieler nicht schnell genug, blinkt eine Gruppe auf, womit ihm signalisiert wird, darauf zu klicken.


Screenshot aus dem Spiel „Diamond Dash“. Dieses Spiel wird monatlich von
ca. 20 Mio. Spielern gespielt.

Während der Runden, die ich gespielt habe, ging es ausschließlich um die Kategorie „Farbe“. Ob auf einem höheren Level eine weitere Kategorie hinzukommt (die Spielsteine tragen Symbole), weiß ich nicht. Was im Spiel als Level bezeichnet wird, würde ich eine Spielrunde nennen, denn eine Steigerung des Schwierigkeitsgrades konnte ich nicht feststellen. Im Gegenteil: war ich längere Zeit nicht schnell genug, gab es irgendwann eine ultraleinfache Runde, bei der mir die passenden Gruppierungen quasi direkt vor den Mauszeiger fielen. Das Spiel macht eher den Anschein, den Spieler bei der Stange halten zu wollen; aber nicht mittels eines Schwierigkeitsgrades oder einer anderen nachvollziehbaren Logik, sondern algorithmisch berechneter Motivation.

Für alle, die den verschiedenen Social Games nichts abgewinnen können, hier ein Tipp: Schauen Sie doch einmal auf die ARTigo-Plattform. Dort gibt es bereits 5 Spiele, bei denen Sie etwas lernen und der Wissenschaft helfen können. Das ist doppelt sinnvoll genutzte Zeit.

Quelle: http://games.hypotheses.org/693

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Ein Blog und sein Zeitparadoxon


Um Zeitparadoxien zu erleben, muss man nicht mit dem Raumschiff Voyager zu entfernten Galaxien fliegen, sondern es reicht aus, ein Blog zu betreiben: Ich blicke zurück und stelle fest, dass ich schon 6 Monate mit diesem Blog arbeite. Das halbe Jahr ist wenig Zeit, aber es fühlt sich irgendwie lange an. Ich bemerke einen Unterschied zwischen tatsächlich vergangener und gefühlter Zeit (so wie bei der Wettervorhersage mit den tatsächlichen und gefühlten Temperaturen).

Wie das kommt, habe ich in dem Buch „Gefühlte Zeit – Kleine Psychologie des Zeitempfindens“ von Marc Wittmann erfahren. Dabei gibt es zunächst einen Unterschied zwischen erlebter, wahrgenommener Zeit (dem Hier und Jetzt), und der Zeitspanne, die retrospektiv (also im Nachhinein) beurteilt wird. Also der Beurteilung des Hier und Jetzt, nachdem es vergangen ist.

Passiert um mich herum viel, dann vergeht die Zeit schnell und es ist kurzweilig. Im Nachhinein beurteilt wird diese Zeit als länger empfunden, weil viel Neues und Aufregendes durchlebt wurde.

Anders verhält es sich, wenn wenig passiert. Dann ist mir langweilig und die Zeit deeehnt sich; sie vergeht also langsam. Beurteile ich diese Dauer retrospektiv, scheint die Zeit aber schnell vergangen zu sein, weil nichts erlebt wurde.

Genau so geht es mir mit meinem Blog, für das ich einmal die Woche schreibe. Da bleibt man gedanklich bei der Sache. Die Beschäftigung mit der Materie – nah dran oder manchmal etwas entfernt davon – ist dabei ständig gegeben und hilft mir bei der Einkreisung des Themas, gerade in der Anfangsphase der Dissertation. Ohne Blog hätte ich mich kaum so intensiv damit beschäftigt.

Außerdem übt sich das Schreiben, was ich als sehr positiv empfinde. Und ich habe festgestellt, dass es mir Spaß macht! Ich kann nur empfehlen, sich an ein Blog zu wagen. Es macht zwar Arbeit, aber bereits nach einem halben Jahr kann ich für mich feststellen, dass sich dieser Einsatz lohnt.

Quelle: http://games.hypotheses.org/618

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Wie wirken sich Farben auf unser Denken aus und was könnte das mit ARTigo zu tun haben?

Dass Farben mit Stimmungen und Gefühlen verbunden sind, dürfte jedem aus eigener Erfahrung bekannt sein. Schwarz als Farbe der Trauer und Rot als Farbe der Liebe sind nur zwei Beispiele dafür.  Aber haben Farben einen Einfluss auf unser Denken? Dazu wurde die Wirkung von Rot und Blau untersucht. Rot als wärmste Farbe auf der einen Seite, Blau als kälteste Farbe auf der anderen Seite des Farbspektrums.

Für das Experiment prägten sich Probanden während zwei Minuten 36 Wörter ein. Bei schwarzer Schrift auf blauem Hintergrund erinnerten sich die Versuchspersonen auch an Wörter, die ihnen vorher gar nicht dargeboten wurden. Menschen haben also bei einem blauen Hintergrund mehr Assoziationen.

Bei schwarzer Schrift vor rotem Hintergrund hatten die Probanden eine präzisere Erinnerung. Wörter wurden recht genau erinnert. Rot lenkt die Gedanken mehr auf Details und führt zu einer besseren Gedächtnisleistung.

Blau könnte man also als die Farbe der Kreativität bezeichnen. Blau ist mit Ruhe und Entspannung konnotiert. Nicht umsonst gilt die „blaue Stunde“ in England nach Arbeitsschluss als Stunde der Entspannung. Die Farbe Rot ist hingegen mit erhöhter Aufmerksamkeit verbunden. Warnhinweise sind deshalb häufig rot gestaltet.

In Bezug auf ARTigo wäre zu überlegen, ob man sich die positive Wirkung der Farbe Blau zunutze machen könnte. Denn dabei geht es um Assoziationen zu Kunstwerken. Sowohl naheliegende, als auch weiter entfernte Gedankenverbindungen sind hier gefragt. Ein blauer Bildschirmhintergrund ist für die Bilder sicherlich nicht angebracht, denn jede Hintergrundarbe beeinflusst wieder das zu taggende Bild. Eine Idee aber könnte die farbliche Gestaltung des Eingabe-Bereichs sein. Insgesamt wäre dies eine Frage des Designs der Website.

Übrigens: Wer als Computer-Arbeiter neue Ideen und Assoziationen benötigt, kann ja als Farbe für seinen Desktop-Hintergrund Blau verwenden. Das ist sicherlich nicht falsch.

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Mehr Forschungsergebnisse zum Einfluss von Farben auf unser Denken gibt es hier:
http://www.br.de/fernsehen/br-alpha/sendungen/geist-und-gehirn/geist-und-gehirn-manfred-spitzer-gehirnforschung134.html

Quelle: http://games.hypotheses.org/241

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Lieber ARTigo spielen als ins Museum gehen?

Bei einem Museumsbesuch verbringt der Betrachter vor einem Kunstwerk durchschnittlich elf Sekunden, ermittelte Martin Tröndle. Einen ausführlichen Bericht der Untersuchungen Tröndles kann man auf ZEIT ONLINE in dem Artikel Und die Herzen schlagen höher lesen.

Beim Spielen von ARTigo betrachtet der Spieler eine Minute lang intensiv ein Bild, das er beschreiben soll. Er verbringt also fast 6x so viel Zeit damit wie im Museum. Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass er davon auch mehr hat, als von einem Museumsbesuch.

„Was sehen die Besucher, wenn sie Kunst sehen? Was empfinden sie? Was nehmen sie mit? Wenn man Tröndles Studie richtig versteht, dann gehört die Zukunft des Museums diesen Fragen“(Zitat aus dem o.g. Artikel).

Zur Beantwortung dieser Fragen könnte vielleicht die ARTigo-Forschung einen Beitrag leisten.

Quelle: http://games.hypotheses.org/137

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Visuelle Ästhetik in der Mensch-Computer-Interaktion und im Interaktionsdesign

Kürzlich ist der Artikel „Visual Aesthetics in human-computer interaction and interaction design“ von Noam Tractinsky auf www.interaction-design.org erschienen.

Tractinsky trägt in seinem Artikel zahlreiche Forschungsergebnisse in Bezug auf visuelle Ästhetik über die Schnittstelle zwischen Mensch und Computer zusammen. Die folgenden Punkte sind mir besonders aufgefallen:

  • Ästhetische Eindrücke werden sehr schnell gebildet. Wir brauchen gerade eine halbe Sekunde dafür, uns ein Urteil zu bilden, ob wir eine Webpage schön oder nicht schön finden.
  • Das ästhetische Urteil bezieht sich dabei nicht nur auf die visuelle Schönheit einer Webpage oder Software, sondern auch auf Systemattribute, die Benutzerfreundlichkeit und eine allgemeine Zufriedenheit vermitteln, sowie die Leistung bzw. Funktionalität der Anwendung.
  • Wenn man der These von Donald Norman: “Attractive things work better” folgt, ergibt sich daraus die Frage, inwieweit visuelle Ästhetik nicht nur die Wahrnehmung des Anwenders beeinflusst, sondern auch dessen Leistung.

Ich beziehe nun die vorangegangenen Ergebnisse auf Computerspiele und formuliere Fragen, die sich in Bezug auf Computerspiele daraus ergeben:

Wie bereits oben erwähnt, bildet sich der Spieler sehr schnell ein Urteil über die visuelle Ästhetik eines Spiels. Dass es gender-spezifische Spielvorlieben bezüglich der Spielidee gibt, wird in der Literatur beschrieben (männliche Jugendliche spielen gerne Shooter-Spiele, Mädchen bevorzugen Casual Games, das sind Spiele, für die keine besonderen Vorkenntnisse oder ein hoher Zeitaufwand nötig ist und die schnell zu einem Spielerfolg führen.):

  • Gibt es neben dem gender-spezifischen Einfluss auf die Auswahl des Spielgenres auch einen ästhetischen Einfluss?
  • Welchen Einfluss hat der visuelle Eindruck innerhalb eines bevorzugten Spielgenres auf die Auswahl eines Spiels?
  • Inwieweit hängt die Attraktivität eines Spiels, d.h. wie häufig es gespielt wird, vom ästhetischen Eindruck ab. Ab wann nutzt sich ein Spiel ab, wird also seltener oder gar nicht mehr gespielt? Ist hier allein die Spielidee ausschlaggebend? Inwieweit könnten visuell-ästhetische Prozesse hieran beteiligt sein?
  • Welchen Einfluss auf die Wahl eines Spiels hat der Gamesound? Gibt es einen Zusammenhang zwischen visueller und auditiver Ästhetik auf die Auswahl von Spielen?

Ästhetik als Tüpfelchen auf dem i zu verstehen würde heißen, ihre Bedeutung auf unser Leben, Denken und Tun klar zu unterschätzen. Von der Wirkung ästhetischer Wahrnehmungsprozesse, die uns meistens nicht bewusst sind, nehmen wir, bildlich gesprochen, nur die Spitze des Eisbergs wahr – dies auch im Hinblick auf Computerspiele.

Quelle: http://games.hypotheses.org/126

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Warum finden wir ein Bild schön?

Wir alle verfügen über innere Bilder. Wenn wir an etwas denken, erscheint es häufig vor unserem inneren Auge, begleitet von angenehmen oder weniger angenehmen Gefühlen oder Gedanken.

Unsere innere Bilderwelt besteht zunächst aus dem Selbstbild, das wir von unserer eigenen Person haben, dann aus dem Menschenbild, das wir von den anderen um uns herum haben, und schließlich ist das Weltbild zu nennen, das wir von den größeren Zusammenhängen, in denen wir uns bewegen und leben, haben [1].

Wie entstehen diese Bilder in uns? Sie entwickeln sich aus Erfahrungen, die wir in unserem Leben machen. Das beginnt schon im Mutterleib mit den ersten Tast- und Geschmackserfahrungen. Richtig viele Erfahrungen sammeln wir dann nach der Geburt. Tut uns etwas gut, dann wollen wir das wiederholen und nochmal machen. Mögen wir etwas nicht, dann weigern wir uns und lehnen es ab. Das ist individuell verschieden, denn jeder hat seine eigenen Erfahrungen und damit seine eigenen Bilder. Indem wir etwas ablehnen und wiederholen, bewerten wir die Dinge und Bilder in uns. Bewerten heißt auch, dass wir sie mit einem Gefühl belegen. Somit sind alle Bilder automatisch bewertet und mit Emotionen verknüpft [2].

Ich frage mich, was das Gemälde eines Künstlers anderes als ein inneres Bild ist? Natürlich wurde aus diesem inneren ein äußeres Bild, indem es der Maler auf die Leinwand aufbrachte, sonst könnten wir es ja nicht sehen. Wobei sein inneres Bild nicht das Motiv selbst, sondern die Wahl des solchen ist. Dazu kommen der Pinselstrich und die Farbwahl, also der Ausdruck. Wenn zehn Maler vor demselben Motiv stehen und es malen, dann kommen zehn verschiedene Bilder dabei heraus: zehn verschiedene gemalte innere Bilder.

Beim Betrachten von Bildern in einem Museum begegnen sich die innere Bilderwelt des Künstlers und die innere Bilderwelt des Betrachters. Je nachdem, welche Berührungspunkte beide Bilderwelten haben, werden Gefühle im Betrachter geweckt, wie z.B. Freude, Ergriffenheit, Bewunderung oder Ablehnung und Irritation. Diese Berührungspunkte sind der Knackpunkt: Sie entscheiden nicht nur über Gefallen und Nichtgefallen, sondern auch über den Grad der Emotion, den wir beim Anschauen eines Gemäldes empfinden. Das ist meine Erklärung, warum wir ein Bild schön finden. Wobei meine Erklärung auch ein Bild ist.

[1] Gerald Hüther: Die Macht der inneren Bilder. Wie Visionen das Gehirn, den Menschen und die Welt verändern, Göttingen 2011

[2] Manfred Spitzer: Das Wahre, Schöne, Gute. Brücken zwischen Geist und Gehirn, Stuttgart 2009

Quelle: http://games.hypotheses.org/47

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