Der ganze Salon hängt voller Kunstwerke, fast jedes Zimmer gleicht einer Galerie und auch im Schlafzimmer reiht sich ein Bilderrahmen an den nächsten. Selbst im Badezimmer hängen Ölgemälde über der Wanne… Eine verzauberte Zeit Jahrelang war die Villa Flora das Domizil der Familie Hahnloser, mehrere Generationen bewohnten nach und nach das Haus in Winterthur mit dem wunderschönen parkähnlichen Garten. Vom Grün umrahmt zeigten sich Bronzeskulpturen im Freien; an den Wänden des Hauses brachten eigens angeschaffte Stofftapeten die hier hängenden Kunstwerke noch besser zur Geltung. … Kunstwerke über der Badewanne – “Verzauberte Zeit” in der Hamburger Kunsthalle weiterlesen →
2. Call: Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften
Vom 15.-18.09.2015 findet an der Universität Hamburg erstmals die Tagung “Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften” (FORGE 2015) statt.
Die Deadline für die Einreichung von Vortrags-, Poster- und Fachmessen-Abstracts wurde um eine Woche auf den 12.04.2015 verlängert.
- Zweiter Call for Papers -
Zu der Tagung können Beiträge zu allen relevanten Themen aus dem Bereich Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften eingereicht werden.
Themen, auf die im Rahmen der Tagung stärker fokussiert werden soll, sind:
– Fachspezifische Repositorien
– Nachhaltigkeit für Forschungsanwendungen und Software
– Vernetzung, Verbände und Initiativen
– Forschungsdateninfrastrukturen vs. Datenzentren
– Betriebs- und Geschäftsmodelle (“Wer soll das bezahlen?”)
– Sichtbarkeit von Forschungsdaten
– Rechtliche Fragen
Die Konferenzsprache ist Deutsch, es können aber auch Beiträge auf Englisch eingereicht werden.
Es sind drei Arten von Tagungsbeiträgen möglich:
– Vortrag – Einreichung eines erweiterten Abstracts (-800 Wörter)
– Poster – Einreichung eines Abstracts (-500 Wörter)
– Systemvorführung im Rahmen der Postersession – Einreichung eines Abstracts (-500 Wörter)
Akzeptiert werden ausschließlich Beiträge in elektronischer Form. Es gibt für die Einreichung keine speziellen Formatvorgaben. Die Begutachtung erfolgt anonym durch das Programmkomitee, aus dem Abstract darf daher die Autorenschaft nicht direkt hervorgehen. Jedes Papier muss vorweg eine kurze Zusammenfassung enthalten. Die Beiträge sind über das elektronische Konferenzsystem einzusenden. Akzeptierte Abstracts werden zur Konferenz in einem Book of Abstracts veröffentlicht.
Termine
12.04.2015: Deadline für die Einreichung von Beiträgen (Vorträge, Poster, Systemvorführungen, Stände auf der Fachmesse)
08.06.2015: Benachrichtigung über die Annahme der Beiträge
15.09.2015 – 16.09.2015: Workshops
16.09.2015 – 18.09.2015: Konferenz
- Fachmesse -
Im Rahmen der Tagung findet – parallel zur Postersession – eine Fachmesse zu Technologie und Methoden für Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften statt. Präsentiert werden sollen Software, Plattformen, Infrastrukturen, Initiativen und Aktivitäten, die im Zusammenhang mit dem Konferenzthema stehen.
Für nicht-kommerzielle Anbieter ist die Teilnahme kostenlos, von kommerziellen Teilnehmern wird erwartet, einen Teil des Caterings zu sponsern. Wenn Sie sich mit Ihrem Projekt, Produkt oder Ihrer Dienstleistung in diesem Rahmen präsentieren wollen, so schicken Sie uns bitte bis zum 12.04.2015 eine kurze Beschreibung (maximal 2 Seiten) der geplanten Präsentation. Die Veranstalter behalten sich vor, Anfragen zur Fachmesse ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
Zum Konferenzsystem
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4887
„Weltwissen“ ohne Kolonien: Hans Belting über Kolonialismus, Kunst und Ausstellungspraktiken
von Helen May und Gesche Schifferdecker
„Kann man andere Kulturen ausstellen, indem man ihre Kunst ausstellt?“, fragt sich Hans Belting, Professor Emeritus am Institut der Kunstwissenschaft und Medientheorie der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Und wenn man es versucht – wie umgeht man eine koloniale Perspektive auf die Kunst „der Anderen“? Wie gibt man nicht-westlichen Künstlern die Möglichkeit, sich zu präsentieren, ohne für sie zu sprechen?

Nelson Mandela, Steve Biko, Cissie Gool & Imam Haron (Cape Town / South Africa) (photo: tsn92 unter CC BY 2.0)
Belting gelingt es in seinem Artikel „Weltwissen“ ohne Kolonien, die Eckpunkte postkolonialer Kunst,- aber auch Kultur- und Literaturkritik zu verbinden, ohne dabei auf die üblichen „Buzzwords“ zurückzugreifen. Durch die Ausstellung von Kunst in Völkerkundemuseen wird impliziert, dass der westliche Kunstbegriff nicht für andere Kulturen gilt. Kontemporäre, globalisierte Kunst zeigt, wie abstrus und beeinflusst diese Haltung von dem ist, was von Edward Said als „Orientalism“ beschrieben wurde: Auch afrikanische Künstler arbeiten nicht mehr unbedingt mit Masken, sondern beispielsweise mit Foto und Video. Selbstverständlich unterscheiden sich Kunst und ihre Intentionen aber auch auf einem globalen Level: „Mag Kunst im Westen auch zu einer ermüdeten Routine geworden sein, so ist sie doch anderswo das Privileg freier Meinungsbildung.“ (17) An Regionen kann man dies allerdings nicht festmachen: Durch Migration und Wechselwirkungen der Globalisierung ist ein „Wurzelgeflecht von ‚Ethnoscapes‘“ (17) entstanden, und diese Diaspora prägt die Kunstproduktion.
Die Beschäftigung mit außereuropäischer Kunst sollte nicht nur eine Betrachtung „des Anderen“, sondern vielmehr auch „eine Frage nach der eigenen Kultur in einem global erweiterten Blickfeld“ (16) sein und im Sinne der Critical-Whiteness-Theory die westliche Deutungshoheit hinterfragen.
Belting, Hans (2012): „Weltwissen“ ohne Kolonien: Zur Zeitgenossenschaft anderer Kulturen. In: Diawara, Mamadou / Günther, Klaus / Meyer-Kalkus, Reinhart (Hrsg.): Über das Kolleg Hinaus. Joachim Nettelbeck dem Sekretär des Wissenschaftskollegs 1981-2012. Wissenschaftskolleg zu Berlin. Berlin 2012. S. 15-20.
Den Artikel sowie den vollständigen Sammelband „Über das Kolleg Hinaus“ finden Sie hier.
Quelle: http://wwc.hypotheses.org/600
A new open-access requirement in the UK

Scholars in the humanities sometimes ask themselves a question: what would it happen if universities will require everyone to publish in open-access? Would this help open-access journals become not only more accessible, but also more prestigious and highly-ranked than their commercial counterpart? A new requirement introduced in the regulation of the UK’s Research Excellence Framework (REF) has made a little but important step in this direction.
WeiterlesenÖ1-Diagonal zur Kartoffel
Diagonal - Radio für Zeitgenoss/innen
Zum Thema: Kartoffel. Die Kraft der Knolle. Präsentation: Johann Kneihs
Sie hat so viel zum Fortschritt beigetragen wie etwa die Eisenbahn, so ihr Biograf Larry Zuckerman: Ein Wunder der Natur, genügsam und ergiebig, ernährt sie auf einem kleinen Flecken Erde mehr Menschen als andere Nutzpflanzen. Sie enthält fast alle Vitamine und Spurenelemente und ist bis zum Polarkreis kultivierbar, wie auch auf 5000 Metern Seehöhe in den Anden. Von ihr zehrte das Proletariat während der Industriellen Revolution; nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden städtische Blumenbeete zu Kartoffeläckern.
Dabei hat jemand sie vielleicht als Kuriosität über den Atlantik mitgenommen, vielleicht im Jahr 1565. Auch wenn die Spanier in der Neuen Welt schon gute Geschäfte mit der "mehligen Wurzel" machten - was die Indios aßen, kam Europäern nicht auf den Tisch. Erst ein-, zweihundert Jahre später, nach Propaganda von Agrarökonomen und königlichen Befehlen, konnte sich das Nachtschattengewächs durchsetzen gegen Weizen im Westen sowie Roggen und Buchweizen im Osten des Kontinents. So wurde es im deutschen Sprachraum unter anderem als Erdapfel, Grundbirne oder Nudel heimisch.
Heute werden weltweit jährlich geschätzte 300 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet, die meisten übrigens in den Reisländern China und Indien (85 bzw. 45 Millionen Tonnen). Für verschiedene Industriezweige ist die Kartoffel Stärke-Lieferant, inzwischen auch gentechnisch modifiziert und experimentell weiterentwickelt. In Großbritannien gelten Fish and Chips als Nationalgericht, doch von der Vielfalt von rund 5000 Sorten findet sich eher wenig in Supermärkten und Restaurants: Ihr Image als Arme-Leute-Speise, als anspruchsloses Nahrungsmittel für einfache (und auch einfältige) Menschen, hängt der pummeligen Knolle auch in Redewendungen nach - bis hin zum Couch Potatoe.
Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022410615/
DSI: Database of Scientific Illustrators 1450-1950

Vesuv – Hamilton. Illustrator: Pietro Fabris (1730-1792 oder 1795), in: William Hamilton: Campi Phlegraei, Neapel 1776, Platte XXXVIII (gemeinfrei). Quelle: Wikimedia Commons. Das Bild zeigt die Nacht vom 11. Mai 1771, in der Sir William Hamilton Mitglieder des Sizilianischen Königshauses an den Rand des Lava speienden Vesuv führte. Fabris hat sich selbst in der Ecke links unten zeichnend mit abgebildet.
Der Missstand, dass es über die von Naturforschern, Medizinern oder Technikern beauftragten Zeichner, Stecher und Radierer bzw. Holzschneider, Maler, Koloristen, Lithografen, Fotografen und sonstige Illustratoren oft keine oder nur spärliche Informationen gibt, ist schon seit Langem bekannt und des Öfteren beklagt worden. Doch getan hat sich bislang wenig. Diese Lücke wollen wir nun schließen. Denn die neuen Medien erlauben einen prosopografischen Zugriff auf diese für das vertiefte Verständnis von Wissenschaftspraxis so wichtige Gruppe.
Aus einer Vielzahl verstreuter Quellen und Spezialinventare sowie durch ergänzende Recherchen im Internet werden derzeit von Klaus Hentschel und seinem studentischen Mitarbeiter Torsten Himmel die Daten zusammengetragen. Unter Mithilfe von Ann Hentschel erfolgt der Eintrag in eine von Christian Lehmann in MySQL implementierte Datenbank: DSI: Database of Scientific Illustrators 1450-1950. Derzeit (Stand: Februar 2015) finden sich dort bereits knapp 9400 Illustratorinnen und Illustratoren von Werken der Naturforschung, Medizin und Technik – die von uns angestrebte Zielmarke liegt höher. Aufgenommen werden Werke, die zwischen 1450 und ca. 1960 entstanden sind. Damit wollen wir einerseits mittelalterliche Koloristen und Initialenmaler, andererseits noch lebende und aktive Illustratoren ausschließen. Denn für sie gibt es spezielle Nachschlagewerke und Datenbanken der Mediävistik bzw. kommerzielle Handbücher.
Anatomie des parties de la génération de l’homme et de la femme. Illustrator: Jacques Fabien Gautier D’Agoty (1717-1785), Paris 1773. Farbiger Mezzotint-Druck. Quelle: National Library of Medicine (gemeinfrei)
Schwerpunkt der Stuttgarter DSI ist also die Periode des Buchdrucks vor dem Aufkommen der neuen Computer-basierten Medien und Repräsentationsformen. Fundamental für unsere Datenbank ist der Gedanke, dass die Auftraggeber der Illustrationen, seien dies Naturforscher oder gelehrte Institutionen wie Akademien oder wissenschaftliche Gesellschaften, über die Suchfelder „Auftraggeber“ („worked for“) bzw. über das Suchfeld „patronage“ recherchierbar sind, aber nicht mit eigenen Einträgen aufgenommen werden – im Vordergrund stehen die ausführenden Organe, also die Druckgrafiker, Modellisten, Maler und wissenschaftlichen Fotografen selbst. Denn sie sind bislang, wenn überhaupt, nur selten erfasst worden; von manchen ist vielfach nicht mehr als der Nachname oder ein Monogramm bekannt. Durch Kompilation einer Vielzahl heute verfügbarer Quellen verdichtet sich dieses Bild vielfach zu einem Kompositum, in dem zwar immer noch viele Puzzle-Steinchen fehlen, aber immerhin doch oft zumindest Konturen einer Vita und von Arbeitszusammenhängen deutlich werden, deren möglichst umfassende Rekonstruktion für eine praxisorientierte medizinische Wissenschafts- und Technikgeschichte sinnvoll ist.
Wie kann der Benutzer dieser Datenbank die zusammengestellten Informationen auffinden bzw. mit DSI arbeiten? Eine Suchmaske auf der Benutzerseite erlaubt die freie Recherche in den 20 Feldern der Datenbank, womit wir bereits an die technische Obergrenze des in solchen Datenbanken Üblichen gehen. Neben Nachnamen (Lastname) und Vornamen (Givennames) listet DSI (soweit von uns bereits recherchiert) auch alternative Schreibweisen , Künstlernamen bzw. Monogramme in Drucken usw. (Altnames) auf sowie das Geburts- und Todesjahr, den Todesort (Placedied), Kinder (Children), beruflich bedeutsame Verwandtschaftsverhältnisse (Relatives; Occupationfather) und Ehepartner (Marriage), wichtige Auftraggeber (Workedfor), Patronage-Bindungen und Mitgliedschaften (Patronage), Mitarbeitende an der Bildproduktion (Collab) und die wichtigste Region des Wirkens (Country of Activity). Für die Suche nach Illustratoren öffnet sich eine finite Optionsliste nach moderner Ländernomenklatur, um auch statistische Recherchen sinnvoll zu ermöglichen. Denn sonst müsste man nach historisch und geografisch stark veränderlichen Regionen wie Preußen oder dem Königreich Württemberg suchen, was statistische Aussagen unmöglich machen würde. Weitere Länder bzw. Regionen, in denen die betreffende Person gegebenenfalls gewirkt hat, werden am Anfang des Abschlussfelds „other“ mit eingetragen (z.B. bei Maria Sibylla Merian das Stichwort „Surinam“, wo ab 1699 ihre berühmten Studien zur Metamorphosis Insectorum Surinamesium entstanden). Dorthin gehören auch diverse andere Sondervermerke, die durch unser Raster nicht abgedeckt werden, z.B. zu anderen Berufsfeldern, in denen der Illustrator tätig war, oder zu Sekundärtexten zum weiteren Umfeld. Direkte Primärquellen und Sekundärliteratur hingegen werden von uns in den eigenen Feldern „archivals sources“ bzw. „pubsources“ eingetragen. Sofern im Internet verfügbar, werden in einem weiteren Feld auch repräsentative Samples der jeweiligen Illustrationen als Internetlink bereitgestellt. Hingegen wird in keinem Fall „Sonstiges“ von uns elektronisch archiviert oder gar eingescannt – damit ersparen wir uns knifflige Copyright-Fragen, die beim eigenen Hochladen von Abbildungsmaterial sofort in großer Zahl aufkämen.
Illustrator: Vishnupersaud, 1830-1832, in: Nathaniel Wallich: Plantae Asiaticae Rariores (gemeinfrei). Vishnupersaud (c. 1800-c.1840) war ein indischer, botanischer Zeichner, angestellt am Calcutta Botanical Garden, der u.a. im Auftrag der East India Company die Plantae Asiaticae Rariores illustrierte.
Mit wenigen Mausklicks erschließen sich dem Benutzer unserer Datenbank somit auf engem Raum zahlreiche weiterführende Quellen. Die von den Illustratoren jeweils nachgewiesenermaßen praktizierten Arbeitstechniken werden in einem eigenen Feld der Datenbank erfasst; neben basalen Grundtechniken wie Zeichnen, Malen, Stechen oder Radieren (drawing, painting, … or engraving) sind hier vielfach auch genauere Einträge gemacht worden, z.B.: „copperplate engraving and hand-coloring“ oder „lithography“, sodass sich kombinierte Suchanfragen mit trunkierten Wortwurzeln empfehlen. Auch externe Vorschläge für weitere Einträge können in einer separaten Maske gemacht werden. Diese werden von unserem Team sorgfältig geprüft und dann erst gegebenenfalls ergänzt sowie online gestellt. Für Anregungen und Kritik sind wir jederzeit dankbar.
Für das gesamte Projektteam: Prof. Dr. Klaus Hentschel, Universität Stuttgart
DSI: Database of Scientific Illustrators 1450-1950
Quelle: http://www.visual-history.de/2015/03/25/dsi-database-of-scientific-illustrators-1450-1950/
Commodification of everything – das Ende der Rechte?
Alles wird zur Ware, und was Ware ist, ist (ver)handelbar – auch grundlegende Rechte. Der Blog Klima der Gerechtigkeit der Heinrich-Böll-Stiftung verweist auf ein neues Gesetz zur Nachhaltigkeit in Ghana (Sustainable Development Law, SDL), das die Regierung dort am 1. August 2014 beschlossen hat. Dieses sieht vor, einen Markt für Nachhaltigkeitskredite zu schaffen – Firmen, die etwa bei der Rohstoffförderung natürliche Resourcen zerstören oder Ökosysteme verändern, können dies dann durch Maßnahmen an anderen Orten oder anderen Feldern “ausgleichen”. Diese Art der (äußerst umstrittenen) Ausgleichsmaßnahmen gibt es bereits in vielen westlichen und südlichen Staaten, insbesondere im Bereich Biodiversität und Klimaschutz, sie sind Teil der Maßnahmen, mit denen die Umweltgesetzgebung seit den 1990er Jahren “flexibilisiert” wurde. So verwundert es auch nicht, dass von der Europäischen Kommission finanzierte Experten an der Ausarbeitung der Details und der Umsetzung in Ghana beteiligt sind.
Bemerkenswert ist jedoch, dass sich das Gesetz nicht auf mehr auf Umweltgesetze beschränkt – in den neu zu schaffenden Kreditmarkt werden auch Menschen- und Gemeinschaftsrechte einbezogen.
Neben carbon credits, biodiversity credits und ecosystem credits sollen durch Projekte, die der Nachhaltigkeit dienen, auch community capital credits geschaffen werden können, definiert, wie eine Analyse der NGO FERN zitiert, als die “sum of
the natural and cultural assets belonging to a
community.” Ein jährliche Studie soll den Gesamtbestand an Nachhaltigkeitskapital erfassen und in einem nationalen Register mit dem zugehörigen Wert verzeichnen, und die darauf basierenden Kredite (generiert durch soziale oder Umweltprojekte) sind dann frei handelbar – und können etwa von anderen Firmen, im In- oder Ausland, gekauft werden, etwa um die Zerstörung von Ressourcen oder negative Effekte auf lokale Gemeinschaften “auszugleichen”.
Dies widerspricht geltenden Auffassungen von Recht, wonach Rechte eben nicht “veräußerbar” sind – aber es ist auch in anderer Hinsicht bedeutsam:
1) Die Austauschbarkeit verschiedener neu geschaffener (immatrieller) Waren, die bereits im Bereich “natürlicher” und “systemischer” Komponenten zu beobachten ist, erreicht damit eine ganz neue Dimension – und damit die Frage, wie und durch wen diese Austauschbarkeit konkret hergestellt wird. Das Gesetz enthält noch keine Details, wie genau der Wert der einzelnen Kredite berechnet werden soll. Dennoch ist bereits klar, dass dies die “Be-Wertung” kultureller, natürlicher oder menschlicher Eigenschaften verschiebt: Der Wert, den ein Ort wie ein Wald für eine ansässige Gemeinschaft hat, die von seinen Ressourcen lebt oder ihm eine bestimmte spirituelle Bedeutung zuschreibt, mag sich eklatant unterscheiden von dem Wert, den ihm eine nationale Agentur im Zuge ihrer Berechnung des Nachhaltigkeitskapitals zuweist – und dieser wird wiederum, bei einer Integration in internationale Märkte, von den höchst abstrakten und schwankenden Bewertungen internationaler Finanzmärkte abhängen. Dies gilt aber, im Fall von Ghana, dann nicht mehr nur für Tierarten oder seltene Ökosysteme, sondern auch für den “Wert” von Bildung, medizinischer Versorgung oder dem Recht vor Enteignung. Diese sind nicht mehr von der Perzeption der Träger der Rechte oder nationalem Recht abhängig, sondern werden ebenfalls in die Bewertungs-Maschinerie globaler Märkte einbezogen – mit der Folge, das sie sozusagen “zerbrechen” in jene kapitalisierbaren Aspekte, die der Markt bewerten kann, und diejenigen Aspekte von (Menschen)Recht, die dabei ausgeschlossen werden.
2) In letzten Zeit wurde vielfach über die Auflösung bzw. die Verschiebungen diskutiert, die eine assemblage oder more than human-Perspektiven auf den Rechtsbegriff haben. Traditionell unterscheidet das liberale, westliche Recht strikt zwischen Menschen, die unveräußerliche Rechte haben, und nicht-menschlichen Entitäten, die diese nicht (im gleichen Maß) besitzen, auch wenn diese starre Trennung durch die Entstehung von Umweltgesetzen, aber auch durch kritische Betrachtung des Begriffs der Menschenrechte faktisch, diese Trennung bereits über die letzten Jahrzehnte aufgeweicht wurde (bzw. gezeigt wurde, dass diese nie wirklich in dieser Form bestanden hat). Während aber die theoretischen Diskussionen in Richtung einer möglichen Ausweitung von Rechten auf nicht-menschliche Wesen zielen, zeigt sich faktisch eine ganz andere Tendenz: nämlich eine Integration des Humanen in die (marktförmigen) Netzwerke nicht-menschlicher Waren, eine Auflösung der Grenze, die das Mensch-Sein der Verwertung in Teilen noch geboten hat.
Quelle: http://gclf.hypotheses.org/121
Euren Kuchen essen wir nicht
Vor ein paar Monaten führten Kolleg_innen in Paderborn eine Aktion durch, um die Übernahme einer Kollegin zu erreichen. Sie einigten sich darauf, Buttons mit dem Namen der Kollegin zu tragen, und verweigerten den Verzehr eines Kuchens, den die Geschäftsleitung auf einer Teamsitzung austeilte. Unter anderem deshalb wurde die Kollegin übernommen und ist noch heute im Betrieb. Diese Aktion war weit mehr als nur ein symbolischer Akt: Sie zeigt, dass mit ein bisschen Absprache der tägliche individuelle Widerstand am Arbeitsplatz noch wirkungsvoller ist. Die Chef_innen spürten es deutlich: Das war ein ungeahnter Kontrollverlust.
Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022410405/
Albrecht von Waldstein – ein vergessener Katalog
Heute geht es darum, Versäumtes nachzuholen. Denn im Jahr 2007 erschien in Prag ein opulenter und grandioser Katalogband zu Wallenstein, ohne daß diesem in der deutschen Geschichtswissenschaft die gebührende Aufmerksamkeit zugekommen wäre:
Fučíková, Eliška / Čepička, Ladislav (Hrsg.): Waldstein. Albrecht von Waldstein. Inter arma silent musae?, Prag 2007.
Rezensionen in den wichtigen Zeitschriften des Fachs sind mir nicht bekannt, und überhaupt sieht es so aus, als ob die Rezeption dieses Buchs nicht wirklich stattgefunden hat. Auch die Bibliotheksnachweise halten sich, wie eine Recherche über den KVK zeigt, in erstaunlich überschaubarem Rahmen.
Warum dies so passierte, darüber kann ich nur spekulieren. Ob es der Titel war, der von „Albrecht von Waldstein“ sprach? Das mag ich kaum glauben, denn so weit ist der Weg von Waldstein zu Wallenstein nicht. Und es ist kein wirkliches Geheimnis, daß dies nun mal die tschechische Namensform für die im Deutschen übliche Variante „Wallenstein“ darstellt. Golo Mann hat damals in seiner Monographie die Namensvarietät erläutert, auch darauf hingewiesen, daß sein Namensträger sich selbst Waldstein schrieb (S. 10).
Definitiv stand einer Rezeption nicht die Sprache entgegen, denn es gibt eine deutsche Ausgabe des Bandes, die jede Verständnisbarriere aus dem Weg räumt. Ob es daran lag, daß es kein wirkliches Jubiläum gab, das den Blick der (Fach-)Öffentlichkeit auf diese Persönlichkeit gelenkt hätte? Der Anstoß zu diesem Buch war, wie das Geleitwort erklärt, eher ein politischer: Man wollte das Waldsteinpalais, das heute der Sitz des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik ist, im Bewußtsein der Öffentlichkeit stärker verankern – auch der europäischen. Dieses Anliegen sollte eine Ausstellung befördern, die wiederum von dem hier genannten Katalogband begleitet wurde.
Und dieser kann sich wirklich sehen lassen: ein über 600 S. starker Band, über 40 Artikel verteilt auf vier Sektionen, dazu ein umfänglicher Katalogteil, alles dies mit vielfach großformatigen und qualitativ hochwertigen Fotos veranschaulicht. Erarbeitet wurde er vor allem von tschechischen HistorikerInnen, und auch wenn einige österreichische Kollegen noch vertreten sind (ob die Nichtbeteiligung deutscher Fachvertreter die erstaunliche Nichtwahrnehmung in Deutschland miterklärt?), kann dieses Werk als absolut überzeugende Leistungsschau der tschechischen Historikerzunft gelten. Und nicht nur der Historiker, sondern ebenso der kunsthistorischen Disziplinen, die einen erheblichen Anteil daran haben, die unterschiedlichen Zeugnisse der Malerei, der Skulptur und der Architektur vorzustellen.
Gerade auf diesen kunsthistorischen Aspekt zielt auch die Frage im Titel des Katalogbandes: „Inter arma silent musae?“ Es lehnt sich sicher nicht unbewußt an das Ciceronische „inter arma silent leges“ an, doch der ganze Katalog ist darauf ausgerichtet, die Frage, ob denn die Musen zu Kriegszeiten verstummen, als rhetorisch zu entlarven. Zumindest in der Welt Wallensteins war dies nicht der Fall, dies will dieser Band zeigen. Und ich habe vor, in den nächsten Wochen immer wieder mal einzelne Aspekte, die mir in dem Band aufgefallen sind, vorzustellen.
Noch ein Wort zum Übersehen dieses Buchprojekts: Mir ist es im Jahr 2007 nicht anders ergangen als vermutlich einigen in der Zunft – ich habe damals, Schande über mein Haupt, nichts davon mitbekommen. Es bedurfte erst einer tschechischen Kollegin, die mich darauf hinwies und mir diesen Band auch beschaffte. Aber besser später als nie.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/619