Lemma „Publikation“, Historische Mitteilungen 2013/14
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Geschichtswissenschaftliche Blogs auf einen Blick
En articulant échelles individuelles et collectives, l’intention de ce colloque résolument comparatif est de repenser la question des expériences de guerre vécues par les contemporains et la manière dont ceux-ci les perçoivent, les endurent puis les « construisent » à partir d’une expérience originelle jugée le plus souvent fondatrice pour en proposer une histoire sociale et culturelle, ouverte sur les autres sciences sociales. Derrière la question des « premières fois » et des « initiations » dans la guerre de 1914-1918, c’est bien une interrogation sur le « pouvoir des commencements » que le colloque souhaite déployer. Il s’agit donc depuis l’individu jusqu’aux sociétés plongées dans la guerre, de penser la rupture et la nouveauté radicale que représenta, pour ses contemporains, celle qu’on appela, dès 1914, la Grande Guerre.
Foto: Auszug deutscher Soldaten aus ihrer Garnisonsstadt, 1. August 1914| Bundesarchiv, Bild 183-25684-0004 | CC-BY-SA 3.0 DE
Du lundi 30 juin au mercredi 2 juillet aura lieu à l’Historial de la Grande Guerre, Péronne (Somme) un colloque international.
09H00 ACCUEIL
09h30 INTRODUCTION
Nicolas Beaupré (Université Blaise Pascal, Clermont-Ferrand, IUF)
10h00 – 11h00 Modérateur : Jay Winter (Yale University)
PAUSE
11h30 – 12h30 Modératrice : Annie Deperchin (Université de Lille II)
PAUSE
13h30 – 15h30 Modératrice : Anne Rasmussen (Université de Strasbourg)
PAUSE
16h00 – 17h30 Modérateur : Nicolas Patin (Institut Historique Allemand Paris)
17h30 Cérémonie de remise des bourses Gerda Henkel du Centre international de recherche de l’Historial de la Grande Guerre, par Christian Manable, Président du Conseil général de la Somme, Pierre Linéatte, Président de l’Historial de la Grande Guerre, Jean-Jacques Becker, Président d’Honneur et Stéphane Audoin-Rouzeau, Président du Centre international de recherche de l’Historial de la Grande Guerre
20h00 Conférence
06h00 Cérémonies commémoratives de la bataille de la Somme : La Boisselle et Thiepval avec John Horne (Trinity College Dublin) et Philippe Nivet (Université de Picardie Jules Verne) (inscription obligatoire, rdv devant l’Historial)
14h00 – 15h30 Modérateur : Emmanuel Saint-Fuscien (EHESS Paris)
PAUSE
16h00 – 17h30 Modératrice : Franziska Heimburger (EHESS Paris)
PAUSE
20h30 – 22h00 Projection du film La cicatrice. Une famille dans la Grande Guerre de Laurent Veray, suivi d’un débat en présence de l’auteur, animé par Alexandre Sumpf(Université de Strasbourg) et Gene Tempest (Boston University) au Cinéma Le Picardy de Péronne.
09h00 – 11h00 Modératrice : Heather Jones (London School of Economics)
PAUSE
11h30 – 12h30 Modérateur : Benoît Majerus (Université du Luxembourg)
PAUSE
13h30 – 15h00 Modératrice : Laurence Van Ypersele (Université catholique de Louvain)
PAUSE
15h30 – 17h30 Modérateur : Arndt Weinrich (Institut Historique allemand Paris)
PAUSE
17h45 – 18h30 Débats conclusifs dirigés par Gene Tempest et Manon Pignot(Université de Picardie Jules Vernes, IUF)
Informations:
PROGRAMME 2014
Pour tout renseignement, veuillez contacter
c.fontaine [@] historial.org
Comité d’organisation:
Financeurs: L’interprétation simultanée français-anglais et anglais-français est soutenue par le Fonds Pascal.
Schon Sketchnotes ausprobiert? Und was ist eigentlich mit visual recording? Vor dem WordCamp 2014 in Hamburg am 14. und 15. Juni hatte ich mich mit beidem noch nicht wirklich befasst – was nun dringend nachgeholt werden soll… Das WordCamp 2014 in Hamburg hat mich positiv überrascht. Es war nicht nur ein spannender Einblick in die deutschsprachige Community, sondern lieferte auch Antworten auf viele WordPress-Fragen. Wer sich z.B. schon immer gefragt hat, wie man die 2-Klick Social Media Buttons in WordPress besser gestalten könnte, für den lieferte […]
Wer vor dem 50. Historikertag seine Zelte in Göttingen aufschlagen will, dem empfiehlt das Redaktionsblog das THATCamp, das als Vorkonferenz zum Historikertag vom 22. bis zum 23. September 2014 dort stattfinden wird. Seit gestern kann man sich dafür anmelden.
Doctor Science by JD Hancock Lizenz CC BY 2.0
Hinter dem THATCamp verbirgt sich das “The Humanities and Technology Camp” bei dem Geisteswissenschaftler, Informatiker, Bibliothekare und Archivare aufeinander treffen und spontan Sitzungen organisieren. Ziel ist es mit den unterschiedlichsten Kenntnissen gemeinsam zu lernen und Wissen auszutauschen. Das THATCamp in Göttingen soll sich vor allem mit den Themen Open Humanities, Open History und Open Access beschäftigen.
Das THATCamp ist überdies eine gute Möglichkeit die immer größer werdende de.hypotheses-Community kennenzulernen. Wir erwarten hier viele unserer Bloggenden und möchten uns mit allen Teilnehmenden über die aktuelle geisteswissenschaftliche Blogosphäre austauschen. Hashtag für das Treffen: #dehypo14
Zum Blog des THATCamps
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Der 1998 verstorbene Mediävist Hartmut Boockmann hat 1992 in der GWU einen Topos der Mittelalterdarstellungen in den Schulbüchern dekonstruiert: die Lehnspyramide. Seine Kritik richtete sich gegen die zahlreichen bunten Zeichnungen in den Schulbüchern, welche die mittelalterliche Gesellschaft in einem spitz zulaufendem Dreieck als drei- oder viergliedrige Ständeformation widerzuspiegeln vorgaben: König – Kronvasallen – Untervasallen – Hörige und leibeigene Bauern. In einer überzeugenden Argumentation, die auch immer die Möglichkeiten der schulischen Vermittlung im Blick behielt, hat Boockmann die Herkunft der Lehnspyramide analysiert. Doch auch 20 Jahre später findet sich die Pyramide, nun als Sinnbild der Ständegesellschaft, in den meisten Schulbüchern wieder.
Die Fehlinterpretation der Lehenspyramide als Abbild einer Gesellschaftsordnung anstatt einer Rechtsbeziehung geht laut Boockmann auf die seit dem späten 18. Jahrhundert geführte Feudalismus-Diskussion zurück, also den Versuch, “die mittelalterliche Sozialordnung insgesamt als feudal zu verstehen”. Er zieht daraus den Schluss, dass die Lehnspyramiden in den Schulbüchern unter Einschluss der Bauern nicht die mittelalterliche Gesellschaft illustrierten, “sondern vielmehr ein Bild von dieser, das seine Wurzeln im ausgehenden 18. Jahrhundert hat und nach heutiger Auffassung ein Mißverständnis ist”.1 Die Schulbücher um das Jahr 1990 verbreiteten mithin ein Geschichtsbild, das aus einer modernen Perspektive eine Gesellschaftsordnung des Mittelalters umfasste, die als primitiv bezeichnet werden konnte.
Wir machen einen Schnitt, springen von 1992 in die Gegenwart und schlagen ein beliebiges Schulbuch der Sekundarstufe I auf. Immerhin sind seit der vernichtenden Kritik an der Lehnspyramide über 20 Jahre verstrichen; ein Zeitraum, der selbst unter Berücksichtigung der Lücke, die bekanntermaßen Forschungsergebnisse brauchen, um in Schulbücher zu gelangen, ausreichend sein dürfte. Man könnte also annehmen, heute auf andere Illustrationen der mittelalterlichen Gesellschaft zu treffen – Boockmann hatte selbst Vorschläge dazu unterbreitet. Aber – man ahnt es schon: weitgehend Fehlanzeige. Die Lehnspyramiden feiern in etlichen Büchern fröhliche Urständ – nun allerdings als Ständeordnungen.
Doch es gibt Veränderungen: Lehnswesen und Grundherrschaft sind nun in der Regel als eigene Abschnitte aus der “Ständeordnung” ausgegliedert. Das macht die Sache aber keineswegs besser. Denn die “Ständeordnung” hat sich als Wiedergänger vom ursprünglichen Modell des Lehnszusammenhangs gelöst und führt nun in vielen Büchern ein Eigenleben. Sie verbreitet ein Bild über die mittelalterliche Gesellschaft, das den Eindruck ihrer Statik und Primitivität eher noch erhöht: “Als Mittelalter bezeichnen wir die Zeit zwischen 500 und 1500 nach Christus. In dieser Zeit gehörte jeder Mensch einem Stand an. Es gab drei Stände: Geistliche, Adlige, Bürger und Bauern. Die Kirche lehrte, dass Gott das so wollte.”2 Tausend Jahre Mittelalter werden als bleierne Zeit dargestellt, in der “die Kirche” bestimmte, wer welchen “Stand” in der Gesellschaft einzunehmen habe. Veränderungen und soziale Mobilität, die es in diesem Jahrtausend weiß Gott gab, fallen der “didaktischen Reduktion” zum Opfer.3 Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch eine Bildquelle, die sich seit einigen Jahren in nahezu jedem Schulbuch befindet: Das “Ständebild” des Johannes Lichtenberger von 1488 (meist datiert auf 1492), indem Christus als Richter auf einem Regenbogen den Ständen ihre Funktion zuweist: “Tu supplex ora, tu protege tuque labora”.4 Mit Hilfe dieser Quelle wird das Ideal einer Ordnungsvorstellung rückwirkend auf das gesamte Mittelalter übertragen, die zur Zeit ihrer Entstehung bereits überholt war: die statische Ständegesellschaft, in der niemand über seine Position nachzudenken brauchte – weil ja Gott alles bestimmte.
Überflüssig zu sagen, dass hier eine Konstruktion vorliegt, die schon aus dem Mittelalter selbst stammt. Ordnungsmodelle werden häufig dann thematisiert, wenn die Realität bereits über sie hinweggegangen ist. So auch hier. Und natürlich haben auch mittelalterliche Menschen über die Berechtigung dieser Ständevorstellungen nachgedacht: “Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?” Dieser Ausspruch stammt von John Ball, einem englischen Prediger, der damit während der Bauernrevolte in England im Jahr 1381 die Ständeordnung kritisierte.5
Es stellt sich also die Frage, warum viele Schulbücher nach wie vor die Ständeordnung als eine Art zementierten Ist-Zustand der mittelalterlichen Gesellschaft hinstellen, ohne auf deren Zeitgebundenheit oder auf zeitgenössische Kritik hinzuweisen, und die plausible Kritik von Boockmann und anderen nur vereinzelt und mühsam verarbeiten.6 Warum also ist die Lehnspyramide ein Wiedergänger des Geschichtsunterrichts? Ich denke, das hängt mit dem Metanarrativ unserer Lehrpläne und Geschichtsschulbücher zusammen, das wir eigentlich seit den 1970er Jahren überwunden glaubten. Natürlich gibt es heute nicht mehr die nationale Meistererzählung, aber es gibt eine andere “Geschichte”, die den Schülerinnen und Schülern als Metanarrativ präsentiert wird: die Fortschrittserzählung der westlichen Moderne, die etwa mit der Französischen Revolution beginnt und dann vom unaufhaltsamen Aufstieg der westlichen Werte berichtet: Menschenrechte, Demokratie, Emanzipation, Pluralismus, Innovation, Fortschritt. Demgegenüber können die älteren Epochen nur alt aussehen – und das tun sie auch.
Wer die heutigen Schulbücher durchblättert, wird das Mittelalter im Wesentlichen als Beschreibung und nicht als Erzählung finden: Leben im Kloster, Leben in der Stadt, Leben auf der Burg, Leben auf dem Lande; das Lehnswesen, die Grundherrschaft, die Herrschaft des Königs, das Verhältnis von Kaiser und Papst und vieles mehr. “Bilder aus der Vergangenheit” werden hier als stillgestellte Zeit präsentiert. Sie dienen als dunkle Folie, vor der die Moderne noch glänzender erscheint, weil sie die Menschen aus diesem engen, vorbestimmten Leben herausgeführt und ihnen eine Zukunft gegeben hat, mit der sie im Grunde selbst erst zum handelnden Individuum geworden sind. Wäre es nicht an der Zeit, dieses Narrativ über Bord zu werfen und den älteren Epochen ihre Geschichte wiederzugeben?
Literatur
Links
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Abbildungsnachweis
Die mittelalterliche Ständeordnung in der “Pronostacio” des Astrologen Johannes Lichtenberger, 1488. Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ständemodell_Lichtenberger.jpg (abgerufen am 6.6.2014).
Empfohlene Zitierweise
Bernhardt, Markus: Die Lehnspyramide – ein Wiedergänger des Geschichtsunterrichts. In: Public History Weekly 2 (2014) 23, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2164.
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Urban II. predigt den Ersten Kreuzzug 1095 in Clermont. Illustration aus den Grandes Chroniques de France (ca. 1455-60), Quelle: Wikimedia Commons
1000 Worte Forschung: Laufendes Habilitationsprojekt an der LMU München
Das Habilitationsprojekt untersucht Reden und Predigten, die Päpste in politischen Kontexten, vornehmlich Synoden und Konsistorien, gehalten haben. Im Zentrum stehen zufällig erhaltene Mitschriften und Berichte von Reden sowie Ansprachen, die in der Historiographie wiedergegeben werden. Der Form nach handelt es sich dabei meist um „Predigten“, also Vorträge, die primär auf biblische Texte rekurrierten und theologisch-moralischen Argumentationsmustern folgten. In Funktion und sprachlicher Gestaltung entsprechen sie aber gleichzeitig den seit der Antike verbreiteten Gattungen der öffentlichen, politischen Rede, also der Beratungs-, Gerichts- und Festrede.
Das Vorhaben schließt an das jüngst etablierte Forschungsfeld der „Oratorik“ insofern an, als es persuasive Tendenzen von Ansprachen ebenso herausarbeitet, wie deren Einbindung in einen rituellen Kontext und feierliche Inszenierungen, also nach dem komplexen Zusammenspiel von Deliberation, ritueller Persuasion und symbolischer Repräsentation fragt. Die Quellenlage verlangt zudem die Berücksichtigung von Fragen der „Perzeption“ und „Imagination“ politischer Redekultur. Vor allem mit dem ersten Bereich, also mit Ansprachen, die von „Ohrenzeugen“ perzipiert und aufgezeichnet wurden, hat sich die Forschung bislang befasst. Zu endgültigen Urteilen über deren Funktion für die päpstliche Gesetzgebung ist sie dabei allerdings nicht gekommen. Werden schon dazu neue Thesen vorzustellen sein, so bleiben für Reden, die in der Geschichtsschreibung wiedergegeben werden, noch sehr viel grundlegendere Fragen zu klären. Sie fanden lange Zeit kaum Beachtung, galten sie doch als mehr oder weniger fiktiv und folglich als wenig relevant für die (Papst-)Geschichtsforschung. Einen neuen Weg zeigen hier kulturgeschichtlich orientierte Ansätze auf, die textinhärenten Deutungen einen eigenen Wert zuschreiben.
Für den gewählten Untersuchungszeitraum, der mit dem Aufstieg des Papsttums zu einem bedeutenden politischen Faktor im 11. Jahrhundert einsetzt, ist die Quellenlage relativ ungünstig. Es liegen keine von den Päpsten selbst verfassten oder in ihrem engeren Umfeld gesammelten Predigten vor, sondern lediglich Aufzeichnungen von Ansprachen im Rahmen von „Konzilsprotokollen“, die oft nur fragmentarisch erhalten sind. Diese Überlieferungs- und Aufzeichnungssituation wird ebenso wie die spezifische Struktur und Texttradition dieser Quellen zu bedenken sein. Vor allem aber sind die vielfältigen Probleme zu beachten, die mit der Perzeption – verstanden als mehr oder weniger bewusst deutende, sinnliche Wahrnehmung – auditiver Akte verbunden sind.
Der wichtigste Ort der päpstlichen Predigt war im gesamten Mittelalter die Synode, die als repräsentative, politische Versammlung verstanden werden kann. Entgegen den vorherrschenden Annahmen wird zu zeigen sein, dass Päpste durchaus versuchten, die Versammlung durch persuasive Reden, also direktive Sprechakte, zu beeinflussen. In den Quellen finden sich bislang wenig beachtete Belege dafür, dass Päpste auch Beschlüsse zurückziehen und revidieren mussten und auf einen Tumult mit einer Predigt reagierten. Häufiger noch scheinen päpstliche Konzilspredigten eine rituelle Funktion erfüllt zu haben, ihr ungestörter Vortrag demonstrierte den Konsens von Papst und Synode in Entscheidungssituationen und evozierte regelkonforme Zeichen der Zustimmung. Die Aufmerksamkeit der mittelalterlichen „Ohrenzeugen“ richtete sich in diesen Fällen vor allem auf die zur Disposition stehenden rechtlich relevanten Aussagen. Spuren derartiger Vorträge finden sich auch in Rechtsdokumenten, insbesondere in „Synodalkonstitutionen“, ein Urkundentypus, in dem beispielsweise das Papstwahldekret von 1059 überliefert ist. Deutlich besser wird die Quellenlage am Übergang zum 13. Jahrhundert. Die Eröffnungsansprache, die Papst Innozenz III. (†1216) auf dem IV. Laterankonzil hielt, fand nicht nur Eingang in die Predigtsammlung des Papstes, sondern wurde auch in Konzilsberichten und von seinem Nachfolger Papst Gregors X. (†1276) aufgegriffen. Er wählte ebenfalls den Vers „Desiderio desideravi“ (Lk 22,15) als Thema seiner Eröffnungspredigt auf dem II. Konzil von Lyon und demonstrierte damit hörbar seine Anlehnung an die Politik seines Vorgängers.
Das zweite wichtige Forum für päpstliche Ansprachen war das öffentliche Konsistorium, also die Versammlung von Papst und Kardinälen, in der Gesandte und Bittsteller aus aller Welt empfangen wurden. Am günstigsten ist hier die Überlieferungslage für den Pontifikat Bonifaz’ VIII. (†1303). Einmalige Einblicke in die Perzeption päpstlicher Konsistorialansprachen in einem politisch heiklen Fall, nämlich der Absetzung zweier Kardinäle aus einer mächtigen Adelsfamilie, erlaubt eine Predigtmitschrift von 1297, die in eine Trierer Bistumschronik aufgenommen wurde. Nur aus dieser Rede lassen sich die eigentlichen Hintergründe dieses Vorgangs erschließen, die in der später offiziell verkündeten Bulle nur noch verklausuliert auftauchen. Vergleichbare Aufzeichnungen sind außerdem aus dem Pontifikat Innozenz’ III. bekannt, was einmal mehr zeigt, dass päpstliche Ansprachen keineswegs immer nur „rituell“ zu interpretieren sind, sondern sie durchaus der argumentativen Erläuterung getroffener Entscheidungen und damit auch der Persuasion dienen konnten.
Die genannten Berichte und Protokolle erlauben also erstmals methodisch fundierte Hypothesen über die Perzeptionsformen päpstlicher Predigten, eine weitere Ebene der Analyse wird auf historiographischen Texten aufbauen. Vergleicht man diese mit den oben genannten Konzils- und Konsistorialakten, offenbart sich, dass viele Papstpredigten in der Geschichtsschreibung tatsächlich als davon unabhängige Imaginationen zu lesen sind und denkbare, exemplarische oder wünschenswerte Ansprachen zeigen. Da im 11. Jahrhundert Heiligenviten häufig im Zuge einer „réécriture“ älterer Vorlagen überarbeitet wurden, finden sich hier die frühesten Beispiele für Päpste, die aus erzählästhetischen Gründen zu großen Predigern gemacht wurden. Generell spielt ab dem 12. Jahrhundert die Schilderung persuasiver Reden eine immer größere Rolle, das prominenteste Beispiel für eine fingierte Rede in der Historiographie des Mittelalters dürfte der Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. (†1099) auf dem Konzil von Clermont sein, wozu bereits eine Einzelstudie in den Medieval Sermon Studies erschienen ist.
In der Untersuchung werden die Ansprachen in historiographischen Texten also im Anschluss an kulturgeschichtliche Ansätze einerseits als Bestandteil textinhärenter Strukturen und des politischen „imaginaire“ ernst genommen. Andererseits werden die fingierten Vorträge auch in Bezug zu den Aufzeichnungen zu setzten sein, die in den auf Perzeption beruhenden Berichten und Protokollen zu finden sind. Schließlich folgen nicht wenige Geschichtsschreiber auch dem Darstellungsmodus von eher juristisch-protokollartig ausgerichteten Quellen. Möglicherweise lassen diese Überschneidungen am ehesten noch Rückschlüsse auf die Praxis der päpstlichen Predigt zu, was allerdings weiterer Klärung bedarf. Das Projekt zielt letztlich weniger darauf, sondern auf eine Erweiterung des Konzepts „Oratorikforschung“ um Fragen von „Perzeption“ und „Imagination“ politischer Redekultur des Hoch- und Spätmittelalters
Vom 8.–12.9.2014 veranstaltet der Virtuelle Forschungsverbund Edirom (Universität Paderborn und Hochschule für Musik Detmold) gemeinsam mit DARIAH-DE die diesjährige Edirom-Summer-School (ESS) im Heinz-Nixdorf-Institut der Universität Paderborn. Die Anmeldung zu den Kursen ist ab sofort auf der ESS-Website bis zum 31. Juli 2014 möglich.
Das Kursangebot reicht von allgemeinen Überblicksveranstaltungen zur DARIAH-DE Infrastruktur und zur Konzeption Digitaler Musikausgaben über Einführungen in die Text Encoding Initiative (TEI) und die Music Encoding Initiative (MEI) bis hin zu praxisorientierten Kursen u.a. zur Verwendung digitaler Editionswerkzeuge (Edirom Tools) oder zum Rendering von MEI Daten. Möglichkeiten zum Einblick in und zum Erfahrungsaustausch mit digital arbeitenden Editionsprojekten bietet das Edirom User Forum.
Im Rahmen des EADH Small Grants Programm kann in diesem Jahr ein Studentenstipendium für die Teilnahme an der ESS vergeben werden. Bewerbungsschluss hierfür ist am 20. Juli 2014. Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren, dem Kursprogramm und zur Kursanmeldung sind auf der ESS-Website erhältlich.
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3699
Im ersten Teil dieser losen Serie (Unterschiede zwischen Nord und Süd (I)) wurden Differenzierungen zwischen Nord- und Süchina betrachtet, die in der chinesischen Sprache gleichsam zu stehenden Wendungen geworden sind.
Der chinesische Literaturwissenschaftler Jiang Kanghu 江亢虎 (1883-1954), der unter anderem 1930-1933 an der kanadischen McGill University tätig war, widmete sich in seiner 1935 erschienenen Einführung in die Geschichte der chinesischen Kultur[1] den Unterschieden zwischen Nord- und Südchina. Jiang schrieb, dass diese Unterschiede schon im Wesen der Menschen deutlich zutage treten würden. Während die Bevölkerung Nordchinas als „dull, slow, conservative, and stubborn“ charakterisiert werden könne, wären die Südchinesen „clever, quick, more radical, but less stable.“ Auch im Zusammenhang mit der äußeren Erscheinung der Menschen sah er deutliche Unterschiede: die Nordchinesen wären „usually tall, heavy, and strongly built“, während man die Südchinesen als „comparatively small in size“ bezeichnen könnte. Der Norden habe mehr Gelehrte hervorgebracht, aus dem Süden dagegen wären eher die Literaten („more belles lettres writers“) gekommen. Einer eher materialistischen Philosophie im Norden stehe eine mehr idealistische Philosophie im Süden Chinas gegenüber. Für den Bereich der traditionellen chinesischen Kampfkunst (wushu 武術) nannte Jiang folgende Unterschiede: im Norden eher „offensive and active“, im Süden eher „defensive and passive“. Im Hinblick auf die Herkunft von Persönlichkeiten in Geschichte und Politik formulierte Jiang das folgende Modell: während die Mehrheit der Dynastiengründer aus dem Norden stammte, kamen die bedeutenden Staatsmänner überwiegend aus dem Süden – eng damit verknüpft und in diesem Sinne auch logisch erscheint seine letzte Gegenüberstellung: während Nordchina „more military leaders“ hervorgebracht habe, stammten aus dem Süden Chinas „more political leaders“. [2].
Offen bleibt, auf welche Quellen Jiang für diese Zusammenstellung zurückgegriffen hat: handelte es sich dabei ausschließlich um in der chinesischen Tradition fest etablierte Zuschreibungen oder griff er zur Veranschaulichung der Unterschiede auch auf “westliche” Darstellungen zurück?